Verträglichkeitsanalyse für die Verlagerung und Erweiterung eines ALDI Nord- Lebensmitteldiscounters in Neuenkirchen gem. § 11 Abs. 3 BauNVO

Verfasser: Dipl.-Ing. Marc Föhrer M.A. Ulf Braun M. Sc. Ramona Kröll

Dortmund, 24. Oktober 2018

Im Auftrag von: Gemeinde Neuenkirchen

Auftragnehmer

Hörder Hafenstraße 11 Tibarg 21 Beiertheimer Allee 22 Markt 9 44263 Dortmund 22459 Hamburg 76137 Karlsruhe 04109 Leipzig Fon: +49 231 8626890 Fon: +49 40 53309646 Fon: +49 721 14512262 Fon: +49 341 92723942 Fax: +49 231 8626891 Fax: +49 40 53309647 Fax: +49 721 14512263 Fax: +49 341 92723943

Stadt + Handel Beckmann und Föhrer Stadtplaner PartGmbB

[email protected] www.stadt-handel.de

Amtsgericht Essen, Partnerschaftsregisternummer PR 3496, Hauptsitz: Dortmund

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ______iii 1 Ausgangssituation und Zielsetzung ______1 2 Methodik ______3 3 Beschreibung Planvorhaben ______9 3.1 Mikrostandort ______9 3.2 Sortimente und Verkaufsflächen ______11 4 Markt- und Standortanalyse ______13 4.1 Makrostandort ______13 4.2 Wettbewerbssituation und Ableitung des Untersuchungsraums ______15 4.3 Angebotsanalyse ______16 4.4 Nachfrageanalyse ______19 4.5 Städtebaulich-funktionale Charakterisierung der zentralen Versorgungsbereiche im Untersuchungsraum (Standortprofile) ______22 4.6 Bewertung der angebots- und nachfrageseitigen Strukturen ______29 5 Marktposition des Planvorhabens ______31 5.1 Einzugsgebiet ______31 5.2 Umsatz Bestandsmarkt ______33 5.3 Umsatzprognose Planvorhaben ______33 6 Auswirkungsanalyse ______39 6.1 Einordnung in das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Gemeinde Neuenkirchen 2018 ______39 6.2 Absatzwirtschaftliche Auswirkungen ______44 6.3 Städtebaulich-funktionale Auswirkungen des Planvorhabens ______46 6.3.1 Räumliche Nahversorgung in Neuenkirchen ______47 6.3.2 Qualitative Nahversorgung in Neuenkirchen ______48 6.3.3 Quantitative Nahversorgung in Neuenkirchen ______48 6.4 Auswirkungen auf das Ortszentrum (insbesondere hinsichtlich der _____ avisierten „Pol-Struktur“) ______49 6.5 Städtebauliche Einordnung der Umsatzumverteilungen auf die ______integrierte Nahversorgung in Neuenkirchen ______51 6.6 Städtebauliche Einordnung der Umsatzumverteilungen auf zentrale Versorgungsbereiche und die integrierte Nahversorgung im Neuenkirchener Umland ______53 6.7 Berücksichtigung einer Verkaufsflächenreduktion des Planvorhabens _ 55 6.8 Einordnung in die landesplanerischen Zielstellungen ______57 7 Zusammenfassung der Ergebnisse______60 Anhang ______I Abbildungsverzeichnis ______I

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Tabellenverzeichnis ______II Literatur und sonstige Quellen ______III

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Abkürzungsverzeichnis Abs...... Absatz B ...... Bundesstraße BAB ...... Bundesautobahn BauGB ...... Baugesetzbuch BauNVO ...... Baunutzungsverordnung BGF ...... Bruttogeschossfläche bspw...... beispielsweise BVerfGH ...... Bundesverfassungsgerichtshof BVerwG ...... Bundesverwaltungsgericht bzw...... beziehungsweise d. h...... das heißt EW ...... Einwohner EH ...... Einzelhandel gem...... gemäß ggf...... gegebenenfalls GVKF ...... Gesamtverkaufsfläche i. d. R...... in der Regel inkl...... inklusive i. H. v...... in Höhe von i. S...... im Sinne IZ ...... Innenstadtzentrum L ...... Landesstraße LEP NRW ...... Landesentwicklungsplan NRW m ...... Meter m² ...... Quadratmeter max...... maximal Mio...... Millionen NuG ...... Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel NRW ...... Nordrhein-Westfalen NVZ ...... Nahversorgungszentrum ÖPNV ...... öffentlicher Personennahverkehr OVG ...... Oberverwaltungsgericht p. a...... per annum rd...... rund S...... Seite s...... siehe s. o...... siehe oben s. u...... siehe unten siL ...... städtebaulich integrierte Lage u. a...... unter anderem v. a...... vor allem VG ...... Verwaltungsgericht vgl...... vergleiche v. H...... von Hundert VKF ...... Verkaufsfläche ZVB ...... zentraler Versorgungsbereich z. B...... zum Beispiel z. T...... zum Teil

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1 Ausgangssituation und Zielsetzung

In Neuenkirchen ist die Verlagerung und Erweiterung des ALDI Nord-Marktes von der Bahn- hofstraße 19 auf das sog. Hecking-Gelände projektiert. Der Markt befindet sich aktuell in Siedlungsrandlage und soll auf eine im EHZK Neuenkirchen 20181 ausgewiesene Potenzial- fläche innerhalb des ZVB OZ Neuenkirchen verlagert werden. Im Zuge der Verlagerung ist eine Verkaufsflächenerweiterung von aktuell 795 m² GVKF 2 auf 1.200 m² GVKF projektiert. Eine Nachnutzung des Altstandortes mit zentren- und nahversorgungsrelevanten bzw. zen- trenrelevanten Sortimenten wird in diesem Zusammenhang ausgeschlossen 3. Bei dem Planvorhaben handelt es sich somit um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb (> 800 m² VKF/1.200 m² BGF). Demnach wird die Regelvermutung gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO ausgelöst. Mehr als unwesentliche Auswirkungen auf den Bestand oder die Ent- wicklung zentraler Versorgungsbereiche und/oder die integrierte Nahversorgung können demnach nicht per se ausgeschlossen werden. In der Folge bleibt zu prüfen, ob gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO keine negativen absatzwirtschaftlichen und/oder städtebaulichen Aus- wirkungen zu erwarten sind. Des Weiteren ist die Konformität zur Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts für die Gemeinde Neuenkirchen 2018 (Entwurf) 4 sowie zum LEP NRW 2017 zu prüfen. Stadt + Handel wurde angefragt, die zu erwartenden absatzwirtschaftlichen und städtebau- lichen Auswirkungen des Planvorhabens zu untersuchen und letztlich zu bewerten, ob mit schädlichen Auswirkungen im Sinne § 11 Abs. 3 BauNVO zu rechnen ist und insbesondere auch zu würdigen ob es den zentralen Zielstellungen zur Ortszentrenentwicklung (insbeson- dere ausgewogene „Pol-Struktur“) entspricht. Wie mit der Gemeinde Neuenkirchen abgestimmt, wird zudem eine mögliche Erweiterungsoption des gem. EHZK als Nahversor- ger eingestuften Netto-Marktes auf bis zu 800 m² GVKF mitberücksichtigt. Die Gemeinde sieht eine Sicherung als städtebaulich zielführend an und würde aufgrund der Nahversor- gungsfunktion eine Erweiterung auf 800 m² GVKF im Falle an sie herangetragener Veränderungswünsche entsprechend ermöglichen. Als Grundlage für das weitere Planverfahren werden im vorliegenden Gutachten folgende Punkte untersucht und bewertet:

1 Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes für die Gemeinde Neuenkirchen (Stadt + Handel 2018). Im Folgenden als EHZK Neuenkirchen 2018 bezeichnet. 2 Im Bestandsmarkt ist eine derzeit nicht belegte Verkaufsfläche von rd. 30 m² festzustellen, welche vormals von einem Bäcker genutzt wurde. Diese ist in der Folge und i. S. eines Worst Case-Ansatzes nicht in die Bestandsumsatzberechnung mittels Flächenproduktivitäten einzubeziehen. 3 Vgl. Stadt + Handel (2008), S. 90 – Leitsatz III; Stadt + Handel (2018), S. 42, 44. 4 Im Folgenden als EHZK Neuenkirchen 2018 bezeichnet.

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Absatzwirtschaftliche und städtebauliche Auswirkungen . Auswirkungen auf den Bestand und/oder die Entwicklungsmöglichkeiten der Versor- gung der zentralen Versorgungsbereiche und/oder die integrierte Nahversorgung im Untersuchungsraum. . Hier insbesondere Fokus auf die Ortszentrenentwicklung in Neuenkirchen (sog. Pol- Modell) und die Neuenkirchener Nahversorgungsstruktur.

Einordnung gemäß kommunalplanerischer Grundlagen . Einordnung in das EHZK Neuenkirchen 2018; . Zudem Fokus auf die Ortszentrenentwicklung in Neuenkirchen (sog. „Pol-Modell“) und die Neuenkirchener Nahversorgungsstruktur.

Einordnung gemäß landes- und regionalplanerischer Grundlagen . Einordnung in den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen 2017 (Großflächiger Einzelhandel); . Einordnung in den Regionalplan Münsterland 2014. Die gutachterlichen Aussagen und Einschätzungen beruhen u.a. auf: . Daten und Bewertungen des EHZK Neuenkirchen 2018; . Daten und Bewertungen der Evaluierung zur Ortszentrenentwicklung 2016; . Angaben des Betreibers bzw. Auftraggebers zum geplanten Neuobjekt; . eigener Vor-Ort-Begehung und Verkaufsflächenerhebung.

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2 Methodik

Im Folgenden wird die dem Gutachten zu Grunde liegende Methodik in Kürze dargestellt.

Angebotsanalyse Stadt + Handel hat im Rahmen der Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts im Juni 2017 eine vollständige Einzelhandelsbestandserhebung in der Gemeinde Neuenkir- chen durchgeführt. Für die Erstellung dieses Verträglichkeitsgutachtens hat Stadt + Handel im März 2018 zudem eine Neuerhebung des untersuchungsrelevanten Einzelhandelsbestan- des außerhalb der Gemeinde Neuenkirchen durchgeführt. Die Erhebungen erfolgten durch eine Standortbegehung und sortimentsgenaue Verkaufsflächenerfassung (differenziert nach innen und außen liegender Verkaufsfläche) der im Sinne der Untersuchungsfragen relevanten Betriebe bzw. Sortimente im Untersuchungsraum (s. u.) wie folgt: Gemeinde Neuenkirchen: . Erfassung des kompletten Bestands in dem untersuchungsrelevanten Sortimentsbe- reich im Haupt- und Randsortiment. Weiterer Untersuchungsraum: . außerhalb zentraler Versorgungsbereiche: Erfassung strukturprägender Angebots- standorte im untersuchungsrelevanten Hauptsortiment (mind. 300 m² VKF) 5; . innerhalb zentraler Versorgungsbereiche: Erfassung des kompletten Bestands in dem untersuchungsrelevanten Sortimentsbereich im Haupt- und Randsortiment. Die aktuelle Rechtsprechung zur Verkaufsflächendefinition des Bundesverwaltungsgerichtes (u. a. BVerwG 4 C 14.04 und BVerwG 4 C 1.16) vom November 2005 bzw. 2016 findet im Rahmen der Bestandsüberprüfung Anwendung. Es wird angesichts der vorliegenden Planungskonzeption sowie der städtebaulichen Aus- gangslage der Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel (= zentren- und nahversorgungsrelevant gemäß „Neuenkirchener Liste“, vgl. Stadt + Handel 2018, S. 55) für untersuchungsrelevant eingeschätzt. Die Analyse des Einzelhandelsbestandes dient in erster Linie der methodischen Grundlage zur Sortimentsbetrachtung und den absatzwirtschaftlichen Berechnungen.

5 Nach fachlichem Dafürhalten kann, unter Berücksichtigung der spezifischen örtlichen Gegebenheiten, diesen Einzelhandelsbetrieben (außerhalb zentraler Versorgungsbereiche) eine nennenswerte Relevanz für die Ver- sorgung der Bevölkerung attestiert werden. Neben der Struktur der örtlichen Bestandsbetriebe findet insbesondere auch die Dimensionierung des Planvorhabens hierbei Berücksichtigung. Im vorliegenden Gut- achten werden diese Betriebe, in Bezug auf die Untersuchungsfragestellung, als strukturprägende Wettbewerber bezeichnet.

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Umsatzschätzung (Bestandsumsätze der Betriebe im Untersuchungsraum) Zur Beurteilung der absatzwirtschaftlichen Auswirkungen des Planvorhabens wird eine Um- satzschätzung der untersuchungsrelevanten Betriebe und Sortimente im Untersuchungsraum durchgeführt 6. Basis für die Umsatzschätzung der untersuchungsrelevanten Einzelhandels- strukturen sowie für die Umsatzprognose des in Rede stehenden Planvorhabens bilden: . Branchen- und betriebsübliche Leistungskennziffern (u. a. EHI handelsdaten aktuell, Retail Real Estate Report Germany der Hahn-Gruppe), . Kennwerte aus Unternehmensveröffentlichungen, . laufende Auswertung von Fachliteratur, . Kennwerte aus Einzelhandelsgutachten aus dem Untersuchungsraum. Umsatz des Planvorhabens . Die Bestandsdaten basieren auf Echtdaten seitens des Betreibers für den Bestands- betrieb ALDI Nord (an der Bahnhofstraße 19). . Die Umsatzprognose basiert auf diesen Bestandsdaten sowie zur Verfügung gestell- ten Informationen zur Entwicklung des erweiterungsbedingten Umsatzes von Vergleichsstandorten der Fa. ALDI Nord, Annahmen und Bewertungen hinsichtlich des Einzugsgebietes (s. Kapitel 5.1) sowie der angestrebten Verkaufsflächenerweite- rung unter Berücksichtigung der Beibehaltung der Artikelanzahl. Auf Basis der Eingangsparameter wird die zu erwartende Flächenproduktivität abgeleitet. Umgang mit der Erweiterung durch Verlagerung Eine isolierte Betrachtung der Erweiterungsfläche und deren Auswirkungen ist unzulässig, da mit einer Verkaufsflächenerweiterung durch Verlagerung meist auch qualitative Änderungen einhergehen, welche die Attraktivität von Betrieben z.T. mehr als unwesentlich steigern kön- nen 7. Daher ist der prognostizierte Gesamtumsatz des durch das Planvorhaben neu strukturierten und in eine attraktivere Lage (Standortbereich Hecking) verlagerten Betriebes, unter Beachtung der bestehenden Wirkungen des Marktes, in die Berechnung der absatz- wirtschaftlichen Auswirkungen einzubeziehen. Methodisch wird dies durch eine Einstellung des tatsächlich zu erwartenden Mehrumsatzes in die Modellberechnungen erreicht. Letztlich verpflichtet dieses Vorgehen zu einer intensiven städtebaulichen Würdigung der absatzwirt- schaftlichen Auswirkungen, da entsprechende Vorschädigungen etc. zu beachten sind. Durch dieses Vorgehen wird erreicht, dass der Umsatz des, mit einer höheren Ausstrahlungskraft ausgestatteten Planvorhabens, korrekt in die Berechnung der Auswirkungen unter Berück- sichtigung der gegebenen städtebaulichen Situation eingestellt wird.

6 Alle Angaben zu Kaufkraft, Umsatz und Flächenproduktivitäten in Euro sind Bruttowerte. 7 Vgl. Urteile des OVG Münster vom 06.11.2008 (10A 1417/07 und 10A/ 2601/07).

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Im Zuge der projektierten Verlagerung erfahren auch die Bestandsbetriebe am Standortbe- reich Hecking eine zusätzliche Attraktivierung, sodass hier davon auszugehen ist, dass insbesondere der dort angesiedelte EDEKA-Markt nicht von Umsatzumverteilungen betrof- fen sein, sondern auch durch den ALDI Nord-Markt am Standort profitieren wird. Im Sinne einer Worst Case-Betrachtung ist daher auch das, für den EDEKA zu erwartende, zusätzlich erzielte Umsatzplus (durch eine gesteigerte Attraktivität am Standort) umsatzumverteilungs- relevant für die weiteren Bestandsbetriebe im Untersuchungsraum. Dieses Umsatzplus des EDEKA-Marktes wird mit 0,3 Mio. Euro p.a. zusätzlich für die Berechnungen angenommen. Für den Bestandsmarkt ALDI Nord ist nach Informationen des Auftraggebers keine Nachnut- zung mit zentren- und nahversorgungsrelevanten bzw. zentrenrelevanten Sortimenten geplant. Diese Annahme ist Bewertungsgrundlage für dieses Gutachten. Berücksichtigung von (hypothetischen) Erweiterungsmöglichkeiten/-spielräumen weite- rer Lebensmittelmärkte in Neuenkirchen Die Angebotsstrukturen des ZVB OZ Neuenkirchen werden durch Lebensmittelmärkte in städtebaulich integrierten Lagen ergänzt. Diese leisten einen bedeutenden Beitrag zur Nah- versorgung in Neuenkirchen und sollen gemäß EHZK Neuenkirchen 2018 weiter erhalten und ggf. weiterentwickelt werden (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 48). Insbesondere für den Netto-Markt an der Emsdettener Straße ist aufgrund der aktuell nicht mehr als marktgängig zu bezeichnenden Dimensionierung ein langfristiger Fortbestand nicht gesichert. Aufgrund der hohen Nahversorgungsbedeutung des Marktes für die umliegende Bevölkerung wird diesem im vorliegenden Gutachten daher ein Entwicklungsspielraum auf bis zu 800 m² GVKF (+ 200 m² GVKF gegenüber dem aktuellen Bestand) eingeräumt. (Min- destens) diese Erweiterung wird aus fachlicher Sicht als zwingende Voraussetzung für den langfristigen Erhalt des Standortes angesehen und daher entsprechend bereits berücksich- tigt. Es ist davon auszugehen, dass die durch eine hypothetische Erweiterung des Netto- Marktes ausgelösten Umsatzumverteilungen neben dem Planvorhaben ALDI überwiegend die weiteren Strukturen im ZVB OZ Neuenkirchen, davon insbesondere den LIDL-Markt, tan- gieren werden. Die mit einer hypothetischen Erweiterung des Netto-Marktes einhergehenden absatzwirt- schaftlichen und städtebaulichen Auswirkungen werden im Sinne eines Worst Case-Szenarios im vorliegenden Gutachten kumulativ zu den Auswirkungen des Planvorhabens ALDI Nord berücksichtigt. Auch für den LIDL-Markt im Norden des ZVB OZ Neuenkirchen bestehen grundsätzliche Erweiterungsbestrebungen. Mit einer hypothetischen Verkaufsflächenerweiterung des LIDL- Marktes – in einer aus städtebaulicher Sicht wünschenswerten Lage – würde eine deutliche Stärkung des ohnehin derzeit schwächeren nördlichen „Pols“ erfolgen, sodass dadurch keine städtebaulichen/nahversorgungsstrukturellen Risiken zu erwarten wären, sondern eine städ- tebaulich wünschenswerte Zielstellung umgesetzt würde. Ein solches mögliches – jedoch

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aktuell nicht konkretes – Vorhaben findet in der vorliegenden Analyse keine Berücksichti- gung. Nach Angaben der Gemeinde Neuenkirchen verfügt der K+K-Markt an der Wettringer Straße aufgrund fehlender Potenzialflächen über keine Erweiterungsmöglichkeiten. Eine grundsätzlich mögliche Erweiterungsoption des K+K-Marktes im siedlungsstrukturell abgesetzten Ortsteil St. Arnold ist aufgrund der Entfernung zu den weiteren Bestandsbetrie- ben in Neuenkirchen und seiner Ausrichtung auf den Ortsteil St. Arnold nicht Bestandteil des vorliegenden Gutachtens.

Nachfrageanalyse Die Datenbasis der Nachfrageseite basiert auf sortimentsspezifischen, postleitzahlbezoge- nen IFH-Kaufkraftkennziffern aus dem Jahr 2017 für die Kommunen im Untersuchungsraum sowie auf von IT.NRW 2017 und der Gemeinde Neuenkirchen veröffentlichten Einwohner- zahlen. Für Neuenkirchen kann zudem auf die Ergebnisse der im Rahmen der Evaluierung der Orts- zentrenentwicklung durchgeführte Passantenbefragung (vgl. Stadt + Handel 2016) zurückgegriffen werden (bspw. zu Kopplungsaktivitäten innerhalb des Ortskerns, Kunden- herkunft etc.).

Städtebauliche Analyse Als Grundlage wurden die Abgrenzungen und Analysen der zentralen Versorgungsbereiche des kommunalen Einzelhandelskonzepts herangezogen. Die Innenstädte, städtische Neben- zentren sowie Nahversorgungszentren sind städtebaurechtlich und landesplanerisch ein Schutzgut im Sinne des BauGB, der BauNVO und des LEP NRW. Für Neuenkirchen erfolgt eine enge Orientierung an den Aussagen des EHZK Neuenkirchen 2018 und der Evaluierung der Ortszentrenentwicklung 2016. Hierauf basierend können Auswirkungen auf die Entwicklung der ausgewiesenen zentralen Versorgungsbereiche durch das Planvorhaben ermittelt und dargestellt werden.

Absatzwirtschaftliche Auswirkungen Die Ermittlung der durch das Planvorhaben potenziell ausgelösten Umsatzumverteilungen ist ein wichtiger Analyseschritt der Auswirkungsanalyse. Aus diesem wird erkennbar, von wel- chen Einzelhandelsstandorten und somit letztlich aus welchen Kommunen und wiederum aus welchen städtebaulichen Lagen eine Umsatzumverteilung in welcher Größenordnung zu er- warten sein wird. Damit steht ein absatzwirtschaftliches Untersuchungsergebnis fest, das Rückschlüsse auf die daraus resultierenden Auswirkungen zulässt. Die Berechnung der Um- satzumverteilung erfolgt basierend auf einem Gravitationsmodell. Gemäß der aktuellen

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Rechtsprechung ist ein sogenannter realitätsnaher Worst Case Fall 8 in die Untersuchung ein- zustellen. Eingangswerte für die Umsatzumverteilungsberechnung sind neben den Daten des Planvor- habens die ermittelten Verkaufsflächen, die Flächenproduktivitäten gemäß Unternehmensveröffentlichungen und Branchenfachliteratur sowie die daraus resultierenden Umsatzsummen. Berücksichtigung finden innerhalb der Umsatzumverteilungsberechnung folgende Parameter: . die Gesamtattraktivität der erfassten Standorte unter Einbeziehung der Entfernung zum Vorhabenstandort; . Agglomerationswirkungen in den bestehenden Zentren; . Verkaufsflächenausstattung der untersuchten Betriebe; . großräumige und siedlungsstrukturelle verkehrliche Anbindung der untersuchten Be- triebe; . Wettbewerbsrelevanz der Anbieter und Angebotsstandorte zum Planvorhaben. Auf dieser Grundlage werden sodann Ergebnisspannweiten von Umsatzumverteilungswerten ermittelt. Die Anwendung einer fixen Umsatzumverteilungsgröße, wie etwa die in der Rechtsprechung wiederholt angeführte 10 %-Größenordnung, ist allerdings sowohl fachlich als auch gemäß der aktuellen Rechtsprechung allein nicht zielführend. Bei kleinräumiger Betrachtungsweise innerhalb der Siedlungs- und Zentrenstruktur kann die Schwelle möglicher negativer städte- baulicher Auswirkungen je nach städtebaulicher Ausgangslage bereits bei deutlich weniger als 10 % liegen (vgl. VG Arnsberg 4 K 572/04; OVG -Brandenburg 3 D 7/03.NE).

Städtebauliche Auswirkungen des Planvorhabens Die zu erwartenden Umsatzumverteilungen werden für die zentralen Versorgungsbereiche und sonstigen Standortbereiche im Untersuchungsraum dargestellt und mit den Ergebnissen der Bestandsaufnahme des Städtebaus verknüpft und bewertet. Dadurch werden die Aus- wirkungen anhand vorhabenspezifischer Kenngrößen ebenso ablesbar wie anhand absatzwirtschaftlicher Varianten im Sinne eines realitätsnahen städtebaulichen Worst Case. Ergänzend zu der oben bereits dargestellten Methodik werden in der vorliegenden Verträg- lichkeitsanalyse noch weitere Analyseschritte vorgenommen um die aufgeworfenen Fragestellungen möglichst situativ, umfassend und aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten

8 Aus fachgutachterlicher Sicht ist es weder notwendig noch von der Rechtsprechung gefordert, alle Eckdaten möglichst nachteilig für das Vorhaben einzustellen. Dies wird im Übrigen auch nicht in der Grundsatzentschei- dung des OVG NRW (Preussen-Park-Entscheidung, vgl. OVG NRW, Urteil vom 07. Dezember 2000, 7A D 60/99.NE) gefordert. Vielmehr ist eine realistische Worst Case-Betrachtung und Bewertung von Vorhaben gefordert, die„... die realistischerweise zu erwartenden Entwicklungen in den Blick nimmt“. Vgl. BVerwG, Ur- teil vom 27. März 2013, 4 CN 6.11.

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und zu bewerten. Für Neuenkirchen gilt es insbesondere auch zu würdigen ob das Planvor- haben den zentralen Zielstellungen zur Ortszentrenentwicklung (insbesondere ausgewogene „Pol-Struktur“) entspricht. Insofern erfolgt eine intensive Würdigung der Auswirkungen auf städtebaulich-funktional besonders relevante Versorgungslagen und deren Entwicklungs- möglichkeiten in Neuenkirchen (hier: Fokus auf das Hauptsortiment Nahrungs- und Genuss- mittel). Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen ergänzenden Analyseschritte erfolgt im jeweiligen Kapitel.

Dynamische Wirkungsanalyse Da es sich bei dem Planvorhaben um ein Bauvorhaben in Form einer Verlagerung und Erwei- terung handelt, wird der Markteintrittszeitpunkt des projektierten ALDI Nord-Marktes mit gewisser zeitlicher Verzögerung stattfinden. Mit einer Marktreife des realisierten Planvorha- bens ist in frühestens vier Jahren zu rechnen (Ende 2022). Aufgrund dieses Zeitrahmens sind Veränderungen im Nachfragevolumen bis zur vollständigen Marktwirksamkeit zu berücksich- tigen. Diesbezüglich relevante Faktoren sind insbesondere die Bevölkerungszahl im Einzugsbereich und die Kaufkraftentwicklung pro Einwohner im relevanten Sortimentsbe- reich (hier: Entwicklung der Kaufkraft für den stationären Einzelhandel auf Basis der Entwicklungsdynamik in der Branche und der Entwicklung der Onlineanteile). In diesem Zu- sammenhang wird auf eine umfassende Studie des BBSR/HDE aus dem Jahr 2017 zurückgegriffen, welche auf verschiedenen Studien sowie Experteninterviews fußt. Die Prog- nosewerte der Studie basieren u.a. auf IfH-Kaufkraftzahlen, welche auch seitens Stadt + Handel Verwendung finden, womit aus fachlicher Sicht eine inhaltliche Konsistenz gegeben ist. In den kommenden vier Jahren (bis zur vollkommenen Marktreife des Planvorhabens) ist ge- mäß Prognose IT.NRW 2017 (auf Basis der Einwohnerzahlen vom 01.01.2014) eine leicht negative Entwicklung der Bevölkerung im Untersuchungsraum und in Neuenkirchen zu er- warten (s. Kapitel 4.1) Für den Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel wird seitens der Studie des BBSR/HDE 2017 eine positive jährliche Umsatzentwicklung des stationären Handels bis Ende 2022 prognostiziert. Das heißt, es wird ein überdurchschnittliches Wachstum der Branche im Vergleich zur Entwicklung der Onlineanteile prognostiziert (s. Kapitel 4.4). Unter Berücksichtigung der vorgenannten Prognose werden die für das Planvorhaben rele- vanten konkreten und bis zum erwarteten Markteintritt des Planvorhabens realisierten Einzelhandelsvorhaben berücksichtigt 9. Dabei sind die konkret, planungsrechtlich abgesi- cherten weiteren Einzelhandelsvorhaben ebenso in die Prognose einzubeziehen, wie absehbare Schließungen von vorhabenrelevanten Einzelhandelsbetrieben im Einzugsgebiet. Eine entsprechende Darstellung erfolgt in Kapitel 4.3.

9 Huma-Urteil vom 01.12.2015 - AZ 10 D 91/13.NE.

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3 Beschreibung Planvorhaben

In Neuenkirchen ist die Verlagerung und Erweiterung des ALDI Nord-Marktes von der Bahn- hofstraße 19 auf das sog. Hecking-Gelände projektiert. Der Markt befindet sich aktuell in Siedlungsrandlage und soll auf eine im EHZK Neuenkirchen 2018 ausgewiesene Potenzialflä- che innerhalb des ZVB OZ Neuenkirchen verlagert werden. Im Zuge der Verlagerung ist eine Verkaufsflächenerweiterung von aktuell 795 m² GVKF 10 auf 1.200 m² GVKF projektiert.

3.1 Mikrostandort

Der Vorhabenstandort befindet sich gemäß EHZK Neuenkirchen 2018 auf einer ausgewiese- nen Potenzialfläche innerhalb des ZVB Ortszentrum Neuenkirchen. Die Zufahrt zum Markt wird perspektivisch über die Industriestraße erfolgen. In nördlicher, südlicher und östlicher Richtung vom Planvorhaben schließt Wohnbebauung sowie einige öffentliche Nutzungen an. Westlich des Vorhabenstandortes befindet sich u. a. der im Jahre 2014 eröffnete EDEKA- Markt, ein Rossmann Drogeriefachmarkt und ein modernes Baumarktkonzept (Werkers Welt), welche bereits auf dem Hecking-Gelände angesiedelt sind. Eine konkrete bauliche Ausrichtung und Konzeption des projektierten Marktes auf der Planfläche steht noch nicht abschließend fest. Fachlich ist eine möglichst offene Konzeption in eindeutiger Orientierung zum Ortskern zu empfehlen.

10 Im Bestandsmarkt ist eine derzeit nicht belegte Verkaufsfläche von rd. 30 m² festzustellen, welche vormals von einem Bäcker genutzt wurde. Diese ist in der Folge und i. S. eines Worst Case-Ansatzes nicht in die Bestandsumsatzberechnung mittels Flächenproduktivitäten einzubeziehen.

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Abbildung 1: Mikrostandort des Planvorhabens

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis EHZK Neuenkirchen 2018 (Stadt + Handel 2018).

Die verkehrliche Anbindung für den motorisierten Individualverkehr (MIV) ist über die Indust- riestraße gegeben, welche in nördlicher Richtung eine direkte Anbindung in die weiteren Bereiche des Ortszentrums gewährleistet. In südlicher Richtung besteht eine Anbindung an den Westfalenring, welcher in der Folge an die wichtigen größeren Verkehrszüge ange- schlossen ist. Der Vorhabenstandort ist zudem über verschiedene Nebenstraßen für die umliegenden Wohnbereiche erreichbar. Am Vorhabenstandort besteht ein umfassendes Parkplatzangebot. Folglich ist die Erreichbarkeit mittels MIV als gut zu bewerten. Der Anschluss an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erfolgt über die Bushalte- stelle „Feldhof“ unmittelbar östlich des Ortszentrums, welche sich in rd. 500 m fußläufiger Entfernung vom Vorhabenstandort befindet. In südlicher Richtung vom Planvorhaben am Westfalenring befindet sich eine weitere Bushaltestelle (rd. 500 m). Über diese nächstgele- genen Haltestellen besteht die Anbindung an eine Regionalbuslinie nach u. a. und Wettringen. Zwischen der Hauptsiedlung Neuenkirchen und der Siedlung St. Arnold fährt von Montag bis Freitag ein Bürgerbus. Die Anbindung an den ÖPNV ist als ortsüblich zu bezeichnen.

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Das Planvorhaben ist innerhalb des ZVB OZ Neuenkirchen verortet. Die nächstgelegenen zentralen Versorgungsbereiche sind damit die sich außerhalb der Gemeindegrenze Neuen- kirchens befindlichen zentralen Versorgungsbereiche in der Gemeinde Wettringen (Ortskern Wettringen in rd. 4,9 km Entfernung) bzw. im Stadtgebiet Rheine (NVZ Felsenstraße in rd. 4,6 km Entfernung). Die nächstgelegenen strukturprägenden Wettbewerber sind der direkt gegenüber des Vor- habenstandortes befindliche EDEKA-Markt sowie der in rd. 200 - 300 m Entfernung südwestlich gelegene K+K-Markt and er Wettringer Straße. In rd. 600 m fußläufiger Entfer- nung nordöstlich des Vorhabenstandortes sind zudem die Anbieter K+K und LIDL verortet.

3.2 Sortimente und Verkaufsflächen

Bei dem Planvorhaben handelt es sich um ein großflächiges Einzelhandelsvorhaben mit ei- nem nahversorgungsrelevanten Kernsortiment. Der Anteil der zentrenrelevanten Sortimente liegt bei Lebensmittelsupermärkten in der Regel bei max. 10 % und dies ist auch vorliegend der Fall. Der Sortimentsschwerpunkt des Vorhabens liegt im Bereich Nahrungs- und Genuss- mittel. Bei ALDI handelt es sich um einen sog. „Hard-Discounter“. „Der Hard-Discounter, der sich durch ein (beschränktes) Sortiment von 700-900, max. 1.500 Artikeln auszeichnet, wobei die- ses von Handelsmarken dominiert wird (Beispiele: ALDI, Norma). Davon abzugrenzen sind Soft-Discounter: „Soft- und Markendiscountermärkte führen ein (beschränktes) Sortiment von über 1.500 Artikeln, wobei dieses durch ein ausgewogenes Verhältnis von Handelsmar- ken und Markenartikeln geprägt ist (Beispiel: LIDL, Netto, Penny).“ 11

11 Vgl. Gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (2014), S. 69.

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Das Flächenprogramm des Planvorhabens stellt sich nach Sortimenten untergliedert wie folgt dar.

Tabelle 1: Sortimente und Verkaufsflächen des Planvorhabens (Bestand/Planung) VKF VKF VKF VKF Bestand/ Bestand Planung Veränderung Planung in m² in m² in m² Sortimente in % Lebensmitteldiscounter ALDI Nord (Bestand: 765 m² VKF/Planung: 1.200 m² VKF) Nahrungs- und Ge- 80 615 960 + 345 nussmittel Drogeriewaren 10 75 120 + 45 sonstige Sortimente (überwiegend Akti- 10 75 120 + 45 onswaren) Bäcker (Bestand: 30 m² VKF/Planung: -)* Nahrungs- und Ge- (Wegfall des Bä- 100 30 - 30 nussmittel ckers) Gesamt ** 795 1.200 + 405 Quelle: Verkaufsfläche: Angaben des Vorhabenträgers; Verkaufsflächenaufteilung: vergleichbare Vorhaben nach Erhebungen von Stadt + Handel 2008 - 2016; * Die genehmigte Verkaufsfläche ist aktuell durch keinen Betreiber belegt (vormals Bäcker); ** Differenzen zur Gesamtsumme rundungsbedingt.

Die Verkaufsfläche im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel wird insgesamt 960 m² betra- gen (+ 315 m²). Im Sortiment Drogeriewaren wird eine Verkaufsfläche von 120 m² erreicht (+ 45 m²). Die sonstigen Sortimente werden ebenfalls auf 120 m² Verkaufsfläche angeboten. Unter sonstige Sortimente fallen i. d. R. eine Vielzahl unterschiedlicher Warengruppen, die in Aktionen und mindestens wöchentlich wechselnd angeboten werden (Aktionswaren).

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4 Markt- und Standortanalyse

In diesem Analyseschritt werden die für das Planvorhaben relevanten räumlichen Strukturen sowie Angebots- und Nachfragekennziffern aufbereitet, dargestellt und mit Blick auf das Planvorhaben bewertet. Es erfolgt außerdem eine Kurzbeschreibung der zentralen Versor- gungsbereiche im Untersuchungsraum.

4.1 Makrostandort In der Gemeinde Neuenkirchen leben 13.915 12 Einwohner. „Die Gemeinde Neuenkirchen liegt im Norden des Kreises Steinfurt unmittelbar an der Lan- desgrenze zu Niedersachsen und ist Teil des Münster. An die Gemeinde Neuenkirchen grenzen die Kommunen Rheine, Emsdetten, Steinfurt und Wettringen [sowie die Gemeinde Salzbergen] an. Die Gemeinde Neuenkirchen ist nach der nordrheinwestfälischen Landesentwicklungspla- nung als Grundzentrum ausgewiesen. Das nächstgelegene Mittelzentrum ist die Stadt Rheine, welche […] östlich an Neuenkirchen angrenzt. Die Stadt Münster in einer Entfernung [von] rd. 35 km ist das nächstgelegene Oberzentrum. Aus Sicht des motorisierten Individualverkehrs ist die Erreichbarkeit der Gemeinde Neuen- kirchen – damit im Umkehrschluss aber auch die Erreichbarkeit der nahegelegenen Konkurrenzstandorte – als gut zu bezeichnen. Über die Bundesstraße 70 ist die Gemeinde an die nördlich verlaufende Bundesautobahn 30 angebunden. Eine Anbindung an das nächst- gelegene Oberzentrum Münster erfolgt über die […] [Landstraße 580 und die Bundesstraße 54]. Des Weiteren liegt westlich der Gemeinde die , die eine regionale Verbindung in Nord-Süd-Richtung darstellt. In den öffentlichen Personennahverkehr ist die Gemeinde Neuenkirchen durch Busverbin- dungen, die u. a. einen Anschluss an das Mittelzentrum Rheine gewährleisten, eingebunden. Eine Haltestelle für den schienengebundenen Personennahverkehr weist die Gemeinde Neu- enkirchen nicht auf.“ (vgl. Stadt + Handel 2008, S. 11f).

12 Vgl. Gemeinde Neuenkirchen (2017): Einwohnermeldeamt (Stand: 14.06.2017; nur Hauptwohnsitz).

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Abbildung 2: Lage und Gemeindegrenze der Gemeinde Neuenkirchen

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: OpenStreetMap – veröffentlicht unter ODbL.

Die Gemeinde Neuenkirchen teilt sich aufgrund der kompakten Siedlungsstruktur in zwei Ortsteile auf (s. Tabelle 2), wobei der Ortsteil Neuenkirchen mit 11.481 Einwohnern den Be- völkerungsschwerpunkt darstellt (rd. 83 %).

Tabelle 2: Bevölkerung und Bevölkerungsanteile in Neuenkirchen

Name Ortsteil Einwohner Bevölkerungsanteil in % * Neuenkirchen 11.481 83

St. Arnold 2.434 17

Neuenkirchen gesamt 13.915 100 Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis EHZK Neuenkirchen 2018 (Stand: 14.06.2017). * Werte ge- rundet.

Für die Gemeinde Neuenkirchen wird für Ende 2022 gemäß IT.NRW 2017 eine leicht nega- tive Bevölkerungsentwicklung von rd. „minus“ 2,9 % bezogen auf die aktuelle Einwohnerzahl prognostiziert. Für die Nachbarkommunen Rheine und Wettringen, welche sich ebenfalls teil- weise im Untersuchungsraum befinden (s. folgendes Kapitel), wird hingegen eine stagnierende bis leicht positive Bevölkerungsentwicklung prognostiziert (+ rd. 0,1 % in Rheine; + rd. 2,8 % in Wettringen)13 .

13 Berechnungen Stadt + Handel auf Basis IT.NRW 2017 (zum: 01.01.2023).

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4.2 Wettbewerbssituation und Ableitung des Untersuchungsraums Der Untersuchungsraum orientiert sich zunächst am Einzugsgebiet des Planvorhabens, aller- dings wird dieser weiter gefasst als das Einzugsgebiet. Der weiter als das Einzugsgebiet (s. Kapitel 5) gefasste Untersuchungsraum stellt sicher, dass auch die Überschneidungen von Einzugsgebieten weiterer Angebotsstandorte (insbesondere der systemgleichen Wettbe- werber) mit dem Einzugsgebiet des Planvorhabens hinsichtlich ihrer absatzwirtschaftlichen Bedeutung berücksichtigt werden. Durch die Überschneidung der Einzugsgebiete ergeben sich für die Angebotsstandorte konsequenterweise Auswirkungen, welche in der Analyse der absatzwirtschaftlichen und städtebaulichen Auswirkungen berücksichtigt werden müssen. Für die Ableitung des Einzugsgebietes werden die verkehrliche Erreichbarkeit, der Betriebs- typ des Vorhabens sowie v. a. die Standorte systemgleicher Wettbewerber im unter- suchungsrelevanten Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel berücksichtigt. Zudem erfährt das Einzugsgebiet des Vorhabens eine Einschränkung durch Zeit-Distanz-Faktoren (siehe detaillierte Ausführungen in Kapitel 5.1).

Abbildung 3: Untersuchungsraum

Quelle: Eigene Darstellung; Eigene Bestandserhebung 03/2018 und 07/2017; Kartengrundlage: O- penStreetMap – veröffentlicht unter ODbL; ZVB-Abgrenzungen: EHZK Neuenkirchen (Stadt + Handel 2018); Masterplan EZH Rheine (Junker & Kruse 2012); Nahversorgungskonzept Rheine (Junker & Kruse 2015).

Der Untersuchungsraum umfasst aufgrund der Kopplungsbeziehungen im Ortszentrum bzw. im Bereich Hecking die gesamte Gemeinde Neuenkirchen. Darüber hinaus werden aufgrund

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der Wegebeziehungen sowie der vorhandenen Angebotsstrukturen zusätzlich die Gemeinde Wettringen und Teile der Stadt Rheine in den Untersuchungsraum inkludiert. In nordöstlicher bzw. östlicher Richtung wird der Untersuchungsraum durch die vorhandenen Angebotsstruk- turen in Rheine sowie durch die insgesamt drei systemeigenen Lebensmitteldiscounter ALDI Nord begrenzt. In östlicher Richtung besteht durch die Gleisanlage und die Bundes- straße 481 eine zusätzliche Barrierewirkung, wodurch der Untersuchungsraum ebenfalls begrenzt wird. Eine weitere Ausdehnung des Untersuchungsraums ist aufgrund von zuneh- menden Raum-Zeit-Distanzen nicht gegeben. Der Untersuchungsraum deckt sich demnach etwa mit dem Untersuchungsraum aus der Verträglichkeitsanalyse für die Entwicklung der Hecking-Fläche aus dem Jahre 2012. Im Untersuchungsraum sind sechs zentrale Versorgungsbereiche, davon einer in Neuenkir- chen (OZ Neuenkirchen), vier in Rheine (STZ Mesum, GVZ Dorenkamp-Mitte, NVZ Felsenstraße, NVZ Hauenhorst) und einer in Wettringen (Ortskern Wettringen) verortet. Der Bestandsmarkt ALDI Nord befindet sich außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches und die geplante Verlagerung soll in den abgegrenzten ZVB OZ Neuenkirchen erfolgen. Mobilitätsaspekte und Zufallseinkäufe führen angesichts der attraktiven Lage und der Kopp- lungsbeziehungen zu einer leicht darüber hinausgehenden Streuung der Umsatzherkunft, die im Sinne eines realitätsnahen Worst Case-Ansatzes jedoch nicht weiter in die Berechnungen eingestellt wird.

4.3 Angebotsanalyse

Angebotsrelevante Annahmen Wie in Kapitel 2 geschildert, werden im Sinne einer dynamischen Wirkungsanalyse absehbare Veränderungen am relevanten Bestand im Rahmen dieser Untersuchung berücksichtigt. Dies betrifft konkrete, planungsrechtlich abgesicherte weitere Einzelhandelsvorhaben sowie ab- sehbare Schließungen von vorhabenrelevanten Einzelhandelsbetrieben im Einzugsgebiet. Diesbezüglich sind Stadt + Handel nach Abstimmung mit der Gemeinde Neuenkirchen keine zu berücksichtigenden Veränderungen bekannt. relevante Angebotsstrukturen im Untersuchungsraum Im Untersuchungsraum sind neun Lebensmitteldiscounter (inkl. Planvorhaben) und zwölf Le- bensmittelsupermärkte verortet. Das Angebot im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel wird durch zwei Getränkemärkte arrondiert. Insgesamt sind 15 der 23 struktur- prägenden Anbieter (inkl. Getränkemärkten, inkl. Planvorhaben) in zentralen Versorgungsbereichen verortet. Mit ALDI Nord (5 x, inkl. Planvorhaben), Netto (2 x) und LIDL (2 x) sind drei bundesweit agie- rende Anbieter im Segment Lebensmitteldiscounter im Untersuchungsraum vertreten. Die Lebensmitteldiscounter weisen Gesamtverkaufsflächen zwischen rd. 600 m² und rd. 1.300 m²

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auf. Die durchschnittliche Gesamtverkaufsfläche der Lebensmitteldiscounter beträgt aktuell rd. 970 m². Im Untersuchungsraum sind sechs EDEKA-Märkte und sechs K+K-Märkte verortet, welche Gesamtverkaufsflächen zwischen rd. 400 m² und rd. 2.000 m² (inkl. separaten Getränkemarkt) aufweisen. Die durchschnittliche Gesamtverkaufsfläche dieser Anbieter beträgt rd. 1.190 m². In Neuenkirchen sind aktuell drei Lebensmitteldiscounter (LIDL, Netto und das Planvorhaben ALDI Nord) und vier Lebensmittelsupermärkte (K+K (3 x), EDEKA) angesiedelt. Das Verhältnis der Verkaufsflächen in den Bereichen LM-Discount zu LM-Vollsortiment (Su- permärkte, Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser) weicht – unter Berücksichtigung eines leicht höheren Discount-Anteils in den neuen Bundesländern – mit 33 % zu 67 % innerhalb Neuenkirchens vom Bundesdurchschnitt ab 14 . Folglich ist das discountierte Lebensmittelseg- ment im Vergleich zum vollsortimentierten Segment leicht unterrepräsentiert. Die Analyse des Einzelhandelsbestands in dem untersuchungsrelevanten Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel ergab folgende Werte für Verkaufsflächen und Umsätze.

14 Eigene Berechnung auf Basis EHI handelsdaten aktuell 2017. Verkaufsfläche Discount: 38 %, Verkaufsfläche Supermärkte, Große Supermärkte, SB-Warenhäuser: 62 %.

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Tabelle 3: Verkaufsfläche und Umsatz Nahrungs- und Genussmittel im Untersuchungsraum (bezogen auf untersuchungsrelevante Angebotsstrukturen; siehe Kapitel Methodik) VKF Umsatz Lagedetail Kommune in m² in Mio. Euro OZ Neuenkirchen 3.750 16,2 Neuenkir- sonstige Lagen* 2.500 12,5 chen sonstige Lagen (OT St. Arnold) 600 2,6

STZ Mesum 3.500 20,7

GVZ Dorenkamp-Mitte 2.100 10,9

Rheine NVZ Felsenstraße 2.600 14,1

NVZ Hauenhorst 400 1,9

Sonstige Lage 2.200 5,8

ZVB Ortskern Wettringen 3.500 16,1 Wettringen sonstige Lagen < 500 < 1,0

Gesamt ** 21.400 101,9 Quelle: Verkaufsfläche: Einzelhandelsbestandserhebung Stadt + Handel 03/2018 und 07/2017; Um- satzschätzung: Eigene Berechnung auf Basis EHI 2017 und Hahn Gruppe 2017; Verkaufsflächen auf 100 m² gerundet, Umsätze auf 0,1 Mio. Euro gerundet; * inkl. Bestandsbetrieb ALDI Nord an der Bahnhofstraße; ** Differenzen zur Gesamtsumme rundungsbedingt.

Die Angebotssituation in Neuenkirchen konzentriert sich im untersuchungsrelevanten Sorti- mentsbereich Nahrungs- und Genussmittel schwerpunktmäßig auf den ZVB Ortszentrum Neuenkirchen. In Neuenkirchen ist hinsichtlich des Betriebstyps Lebensmitteldiscounter ak- tuell ein „Soft“-Discounter (LIDL), ein Marken-Discounter (Netto) und der Bestandsbetrieb des Planvorhabens als einziger „Hard“-Discounter angesiedelt 15 . Der Netto-Markt und der verlagerungsrelevante ALDI Nord-Markt befinden sich aktuell außerhalb der Abgrenzungen des zentralen Versorgungsbereiches. Im Zuge der Evaluierung der Ortszentrenentwicklung (2016) konnte für das Ortszentrum eine insgesamt positive Entwicklung der Angebotsstrukturen festgestellt werden: „Entwicklung der Angebotsstrukturen im Ortszentrum: . Die Neuenkirchener Entwicklungen sind in den Kontext aktueller handelsrelevanter Trends (insbesondere Online-Handel, Konzentrationsprozesse, Wettbewerb durch

15 Es kann zwischen Hard-Discountern wie Aldi bzw. Norma und den Soft- bzw. Markendiscountern wie Lidl oder Netto unterschieden werden. Hard-Discounter führen eine geringere Artikelanzahl und weisen einen höheren Anteil an Eigenmarken auf.

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größere Mittel- und Oberzentren, fehlende Flächen in kleinteilig strukturierten Orts- zentren) zu stellen. In diesem Zusammenhang zeigt sich das Neuenkirchener Ortszentrum erfreulicherweise vergleichsweise stabil im Vergleich mit anderen Kom- munen ähnlicher Größenordnung. . Auch die Entwicklung des Hecking-Geländes konnte in diesem Kontext einen Beitrag leisten. So stieg die Betriebsanzahl im Ortszentrum moderat (+ 2 Betriebe) und die VKF insgesamt deutlich an (+ rd. 3.610 m² VKF) ohne dass es zu signifikanten Rück- gängen der Verkaufsflächen in den bestehenden Lagen gekommen ist (nur minus rd. 330m² VKF). Der südliche Pol des Ortszentrums ist durch die Entwicklungen auf dem Hecking-Gelände deutlich gestärkt worden. Die übrigen Lagebereiche im Ortszent- rum haben sich seit der Entwicklung des Hecking-Geländes insgesamt stabil entwickelt. . In der Hauptlage des Ortszentrums ist die Verkaufsfläche seit 2011 stabil geblieben und es konnten zudem 2015 zwei Einzelhandelsbetriebe mehr erfasst werden, so dass hier eine positive Entwicklung seit 2011 zu bewerten ist. . Lediglich in den Nebenlagen und in dem funktionalen Ergänzungsbereich sind rück- läufige Betriebsanzahlen (fünf) sowie rückläufige Verkaufsflächenzahlen (rd. 320 m² VKF) festzustellen. . […] . Die positiven Ergebnisse werden durch die durchgeführte Passantenbefragung be- stätigt. Gemäß der Einschätzung der befragten Passanten hat die Entwicklung des Hecking-Geländes zur Attraktivitätssteigerung des Ortszentrums und zur Frequenz- steigerung beigetragen. . Für Neuenkirchen als Einkaufsort konnte im Vergleich zur Befragung aus 2010 eine nennenswerte Steigerung der Durchschnittsnote erreicht werden (2010: 2,9; 2015: 2,3). Rd. 61 % der Passanten bewerteten bei der aktuellen Befragung den Aspekt Einkaufen in Neuenkirchen mit sehr gut bzw. gut.“ (vgl. Stadt + Handel 2016, S. 30).

4.4 Nachfrageanalyse

Für die Bewertung des Planvorhabens hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die Bestands- strukturen im Untersuchungsraum sind neben der Kenntnis der angebotsseitigen Rahmen- bedingungen auch die monetären Gegebenheiten auf der Nachfrageseite von Bedeutung. Anhand der ansässigen Bevölkerung und der einzelhandelsrelevanten Kaufkraftdaten im Un- tersuchungsraum lässt sich das in einem Gebiet vorhandene einzelhandelsrelevante, sortimentsgruppenbezogene Kaufkraftpotenzial ermitteln. Der Untersuchungsraum und auch die Gemeinde Neuenkirchen weisen eine Kaufkraftkenn- ziffer von rd. 96 (IFH 2017) auf, d. h. sie liegt unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts

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(= 100). Unter Berücksichtigung der ermittelten Einwohnerzahl ergibt sich für den Sorti- mentsbereich Nahrungs- und Genussmittel im Untersuchungsraum ein Kaufkraftpotenzial von rd. 110,1 Mio. Euro/Jahr und in Neuenkirchen von rd. 31,9 Mio. Euro/Jahr. Die nachfolgende Tabelle stellt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft im untersuchungsrele- vanten Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel im abgeleiteten Untersuchungsraum dar.

Tabelle 4: Einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Mio. Euro im Untersuchungsraum Sortimentsbereich Einwohner Kommune Nahrungs- und Genussmittel Neuenkirchen 13.915 31,9

Rheine (teilweise) 26.027 59,7

Wettringen 8.168 18,5

Untersuchungsraum gesamt 48.110 110,1 Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis: Kaufkraft: IFH Köln (2017); Einwohnerzahlen: Gemeinde Neuenkirchen (Stand: 14.06.17); IT.NRW (2017) (Stand: 30.06.2017); * Kaufkraft auf 0,1 Mio. Euro gerundet.

Die Zentralität 16 im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel beträgt in Neuenkirchen somit aktuell rd. 98. Demnach sind im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel leichte Kaufkraftabflüsse festzustellen. Insgesamt ist im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel seit 2011 ein nennenswerter Zuwachs der Zentralität (+ 10) festzustellen, der insbesondere durch die innerstädtische Ein- zelhandelsentwicklung auf dem Gelände der ehemaligen Textilfabrik Hecking zu begründen ist 17 . Das mit der Hecking-Entwicklung formulierte Ziel einer (rechnerisch) annähernd vollumfäng- lichen Kaufkraftbindung in Neuenkirchen konnte demnach fast erreicht werden. Leichte Entwicklungspotenziale sind jedoch weiterhin zu erkennen.

Berücksichtigung des sich verändernden Nachfragepotenzials (s. Kapitel 2) Unter Berücksichtigung eines Planungs- und Bauzeitraums von etwa 2 - 3 Jahren, sowie einer Zeitspanne von einem weiteren Jahr bis zum Eintritt der vollständigen Marktwirksamkeit des Planvorhabens wird die Nachfragesituation im Folgenden für Ende 2022 abgebildet.

16 Die Zentralität (bzw. Zentralitätskennziffer) einer Kommune verdeutlicht das relative Verhältnis zwischen den erzielten Umsätzen und der potenziell verfügbaren Kaufkraft vor Ort. Sie wird als Quotient dieser beiden Werte ermittelt. Ein Wert unter 100 beinhaltet, dass in der Summe aller Kaufkraftzuflüsse und -abflüsse Ein- zelhandelskaufkraft in andere Orte abfließt; ein Wert über 100 beschreibt umgekehrt den per Saldo erkennbaren Gewinn aus anderen Orten. 17 Vgl. Stadt + Handel 2016, S. 10

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Folgende Einflussfaktoren sind für die Entwicklung der Nachfragesituation von Relevanz: . Bevölkerungsentwicklung im Untersuchungsraum bis Ende 2022; . Entwicklungsdynamik der Branche Nahrungs- und Genussmittel; . Entwicklung des Onlineanteils; Wie bereits in Kapitel 4.1 dargestellt, ist im gesamten Untersuchungsraum mit einer insge- samt leicht negativen durchschnittlichen Bevölkerungsentwicklung von insgesamt rd. „minus“ 0,3 % zu rechnen 18 („minus“ rd. 2,9 % in Neuenkirchen; + rd. 0,1 % in Rheine; + rd. 2,8 % in Wettringen). Aus der Studie des BBSR/HDE 2017 lässt sich bis Ende 2022 eine Entwicklung der Kaufkraft für den stationären Einzelhandel im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel von + rd. 4,9 % ableiten. In Summe ergibt sich somit für den Untersuchungsraum eine durchschnittliche Entwicklung der Nachfrage im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel um + rd. 4,6 % bzw. rd. 5,0 Mio. Euro auf rd. 115,1 Mio. Euro. In der folgenden absatzwirtschaftlichen Betrachtung (s. Kapitel 6.2) findet diese positive Kaufkraftentwicklung Berücksichtigung.

18 Nach Einwohneranteilen gewichteter Wert.

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4.5 Städtebaulich-funktionale Charakterisierung der zentralen Versor- gungsbereiche im Untersuchungsraum (Standortprofile)

Grundlage für die Bewertung der städtebaulichen Auswirkungen, welche aus dem Planvor- haben resultieren, bilden städtebaulich-funktionale Analysen der möglicherweise durch die ausgelösten Umsatzumverteilungen betroffenen zentralen Versorgungsbereiche. Für die städtebaulichen Analysen der im Untersuchungsraum gelegenen zentralen Versorgungsbe- reiche wurde auf das Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Gemeinde Neuenkirchen (Stadt + Handel 2018), den Masterplan Einzelhandel für die Stadt Rheine (Junker & Kruse 2012), das Nahversorgungskonzept für die Stadt Rheine (Junker & Kruse 2015), sowie auf eigene Vor-Ort-Analysen zurückgegriffen. Nachfolgend werden die städtebaulichen Analy- sen mit den wesentlichen Inhalten dargestellt. Die Gemeinde Wettringen verfügt über ein Einzelhandels- und Zentrenkonzept, welches je- doch nicht veröffentlich wurde. Auf Anfrage seitens Stadt + Handel wurde dieses nicht zur Verfügung gestellt. Auf Grundlage einer vor-Ort-Erhebung wurde ein faktischer zentraler Versorgungsbereich identifiziert. Die nachstehend vorgenommene Abgrenzung dieses Be- reiches erfolgte unter Berücksichtigung von städtebaulichen und funktionalen Kriterien und auf Basis des tatsächlichen vorhandenen Einzelhandels- und Gewerbebesatzes. Eine endgül- tige Bestimmung und Abgrenzung der zentralen Versorgungsbereiche ist im Einzelhandels- und Zentrenkonzept präzisiert, da es einer wertenden Gesamtbetrachtung der räumlichen Strukturen in Wettringen bedarf. Für Neuenkirchen erfolgt in Kapitel 6 darüber hinaus noch eine tiefergehende Analyse.

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Tabelle 5: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Neuenkirchen

Ortszentrum Neuenkirchen Lage Ortsteil Neuenkirchen Ausdehnung Das Ortszentrum verläuft entlang der Hauptstraße und Emsdettener Straße inkl. Rück- wärtiger Bebauung. Im Norden wird der ZVB durch das Gelände des Lebensmitteldiscounters nördlich der Straße Zum Thie und im Süden durch das He- cking-Gelände bzw. die Josefstraße begrenzt. Einzelhandelsstruktur Angebotsstruktur Angebotsschwerpunkte bilden Warengruppen der kurz- und mittelfristigen Bedarfs- bereiche, darunter insbesondere Nahrungs- und Genussmittel sowie Bekleidung. rel. Magnetbetriebe EDEKA, K+K, LIDL Verkehrliche Einordnung Motorisierter Verkehr Östlich und südlich des Zentrums verläuft der Straßenzug Westfalenring, welcher das Ortszentrum mit den übrigen Stadtteilen sowie in der Folge mit der Nachbarstadt Rheine und der Gemeinde Wettringen verbindet. ÖPNV Anbindung an das Netz des ÖPNV über verschiedene Bushaltestellen am Rande des Zentrums. Räumlich-funktionale Einordnung Organisationsstruktur Größtenteils kleinteilige Strukturen, insbesondere entlang der Fußgängerzone im Be- reich Hauptstraße und Emsdettener Straße. Versorgungsfunktion gesamte Gemeinde ZVB-Abgrenzung

Quelle: Stadt + Handel 2018, S. 43. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Stadt + Handel 2018, S. 42 ff.

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Tabelle 6: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Stadtteilzentrum Mesum (Stadt Rheine)

Stadtteilzentrum Mesum (Stadt Rheine) Lage Stadtteil Mesum Ausdehnung Entlang der Alten Bahnhofstraße mit Abzweigzungen im Kreuzungsbereich zur Rheiner Straße im Norden sowie bis zum Straßenzug Burgsteinfurter Damm im Süden. Einzelhandelsstruktur Angebotsstruktur Angebotsschwerpunkt bilden Güter des kurzfristigen Bedarfsbereichs, ergänzt um An- gebote aus den Warengruppen der mittel- und langfristigen Bedarfsstufe. rel. Magnetbetriebe EDEKA, ALDI Nord, LIDL, Netto Verkehrliche Einordnung Motorisierter Ver- Großräumige Erreichbarkeit über die B 481 sowie L 578 sowie über mehrere Neben- kehr straßen. ÖPNV Anbindung an das Netz des ÖPNV durch den nahegelegenen Bahnhof Rheine-Mesum sowie über eine Bushaltestelle. Räumlich-funktionale Einordnung Organisationsstruk- Während im Süden des Zentrums vornehmlich großflächige Strukturen zu finden sind, tur dominieren im Norden kleinteilige Angebote. Versorgungsfunk- Stadtteil Mesum sowie umliegende Stadtteile tion ZVB-Abgrenzung (Veränderungen im dargestellten Einzel- handelsbesatz möglich)

Quelle: Junker und Kruse 2012, S. 115. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Junker und Kruse 2012, S. 115-116.

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Tabelle 7: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungszentrum Hauenhorst (Stadt Rheine)

Nahversorgungszentrum Hauenhorst (Stadt Rheine) Lage Stadtteil Hauenhorst Ausdehnung Im Kreuzungsbereich Mesumer Straße/Brochtruper Straße. Einzelhandelsstruktur Angebotsstruktur Kompakte Struktur mit kleinflächigen Lebensmittelvollsortimenter, ergänzt um einige kleinteilige Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe. rel. Magnetbetriebe EDEKA Verkehrliche Einordnung Motorisierter Ver- Das Zentrum grenzt an die K 77 mit Verbindung in die Innenstadt von Rheine sowie zur kehr L 578. Weiterhin besteht über die K 66 eine Anbindung nach Neuenkirchen bzw. den Stadtteil Mesum. ÖPNV Anbindung an das Netz des ÖPNV durch die Bushaltestelle Hauenhorst Dorfplatz. Räumlich-funktionale Einordnung Organisationsstruk- EDEKA als wesentlicher Magnetbetrieb für die umliegenden Betriebe. tur Versorgungsfunk- Stadtteil Hauenhorst tion ZVB-Abgrenzung

Quelle: Junker und Kruse 2012, S. 130. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Junker und Kruse 2012, S. 130/131.

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Tabelle 8: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungszentrum Felsenstraße (Stadt Rheine)

ZVB Nahversorgungszentrum Felsenstraße (Stadt Rheine) Lage Stadtteil Dutum/Dorenkamp Ausdehnung Im Kreuzungsbereich Felsenstraße/Neuenkirchener Straße. Einzelhandelsstruktur Angebotsstruktur Kompakter Standort bestehend aus Lebensmittelvollsortimenter und -discounter so- wie ergänzenden kleinteiligen Betrieben. rel. Magnetbetriebe EDEKA, ALDI Nord Verkehrliche Einordnung Motorisierter Verkehr Gute Anbindung für den MIV aufgrund der Lage an der Neuenkirchener Straße (K 57), welche als Ausfallstraße der Innenstadt von Rheine fungiert und den Standort zudem mit der B 70 verbindet. ÖPNV Anbindung an das Netz des ÖPNV durch die unmittelbar am Zentrum liegende Bus- haltestelle Sassestraße. Räumlich-funktionale Einordnung Organisationsstruk- Kopplungsstandort aus Lebensmittelvollsortimenter und -discounter mit funktionaler tur Architektur und großzügiger Stellplatzanlage. Versorgungsfunktion Angrenzende Siedlungsbereiche der Stadtteile Dutum, Wadelheim und Dorenkamp ZVB-Abgrenzung (Veränderungen im dar- gestellten Einzelhandelsbesatz möglich)

Quelle: Junker und Kruse 2015, S. 34. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Junker und Kruse 2015, S. 33-34.

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Tabelle 9: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Grundversorgungszentrum Doren- kamp-Mitte (Stadt Rheine)

Grundversorgungszentrum Dorenkamp-Mitte (Stadt Rheine) Lage Stadtteil Dutum/Dorenkamp Ausdehnung Am Pfarrer-Bergmannshof-Platz zwischen dem Verkehrszug Breite Straße im Norden und Windthorststraße im Süden. Einzelhandelsstruktur Angebotsstruktur Kompakter Standort bestehend aus Lebensmittelvollsortimenter und -discounter so- wie ergänzenden kleinteiligen Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben. rel. Magnetbetriebe EDEKA, ALDI Nord Verkehrliche Einordnung Motorisierter Verkehr Gute Erreichbarkeit durch die zentrale Lage im Stadtteil Dorenkamp nahe der Innen- stadt sowie die großzügig dimensionierte Stellplatzanlage zwischen den beiden Lebensmittelanbietern. ÖPNV Anbindung an das Netz des ÖPNV durch die nahegelegene Bushaltestelle Ferdinan- dstraße. Räumlich-funktionale Einordnung Organisationsstruktur Aufwändig neu gestalteter Platzbereich umgeben von modernen Nahversorgungsan- bietern. Versorgungsfunktion Stadtteile Dorenkamp-Nord und –Süd sowie Teile Dutums ZVB-Abgrenzung (Veränderungen im dar- gestellten Einzelhandelsbesatz möglich)

Quelle: Junker und Kruse 2012, S. 115. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Junker und Kruse 2012, S. 115-116.

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Tabelle 10: Standortprofil (faktischer) zentraler Versorgungsbereich Ortskern Wettringen

Ortszentrum Wettringen Lage Ortsteil Ortskern Ausdehnung Der ZVB erstreckt sich entlang des Ortskerns vom Wettringen im Bereich der Hügel-, Kirch- und Bergstraße. Einzelhandelsstruktur Angebotsstruktur Angebot aus allen Bedarfsbereichen, wobei die Lebensmittelmärkte als Magnetbe- triebe fungieren. rel. Magnetbetriebe EDEKA, K+K, ALDI Nord Verkehrliche Einordnung Motorisierter Verkehr Gute Anbindung für den MIV durch das Zusammentreffen der überörtlichen Haupt- verkehrsstraßen L 567 in Richtung Schüttorf, K 65 in Richtung Neuenkirchen sowie K 61 mit Anbindung an die B 70. ÖPNV Anbindung an das Netz des ÖPNV durch die im Zentrum gelegene Bushaltestelle Wettringen Kirche Räumlich-funktionale Einordnung Organisationsstruktur Großflächige Lebensmittelanbieter ergänzt um größtenteils kleinteilige Einzelhan- delsstrukturen Versorgungsfunktion Gemeindegebiet Wettringen ZVB-Abgrenzung (Veränderungen im dar- gestellten Einzelhandelsbesatz möglich)

Quelle: Eigene Darstellung und eigene Vor-Ort-Erhebung Stadt + Handel 03/2018. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Junker und Kruse 2010, S. 54 und eigene Vor-Ort-Erhebung Stadt + Handel 03/2018.

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4.6 Bewertung der angebots- und nachfrageseitigen Strukturen Im Hinblick auf die im Anschluss folgende Bewertung des Planvorhabens hinsichtlich der ab- satzwirtschaftlichen und städtebaulichen Auswirkungen sind folgende räumliche, quantitative und qualitative Rahmenbedingungen von besonderer Bedeutung: . Aus nahversorgungsstruktureller bzw. räumlicher Sicht ist die Ausstattung mit nah- versorgungsrelevanten Angeboten in den wesentlichen Siedlungsbereichen Neuenkirchens im Hinblick auf Nahversorgungsoptionen als nahezu flächendeckend einzustufen. . Im Untersuchungsraum sind neun Lebensmitteldiscounter (inkl. Planvorhaben ALDI Nord) und zwölf Lebensmittelvollsortimenter verortet. Das Angebot im Sortiments- bereich Nahrungs- und Genussmittel wird durch zwei Getränkemärkte arrondiert. . Die Zentralität im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel liegt in Neuenkirchen aktu- ell bei rd. 98, wodurch in den vergangenen Jahren eine deutliche Steigerung der Zentralität (aufgrund der „Hecking-Entwicklung“), jedoch gleichermaßen auch noch in geringem Maße abfließende sortimentsspezifische Kaufkraftpotenziale festzustel- len sind. . In Summe ergibt sich für den Untersuchungsraum eine durchschnittliche Entwicklung der Nachfrage im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel um + rd. 4,6 % bzw. rd. 5,0 Mio. Euro auf rd. 115,1 Mio. Euro. . Der Bestandsbetrieb ALDI Nord befindet sich in Siedlungsrandlage. Im Zuge der Ver- lagerung und Erweiterung ist der Markt perspektivisch innerhalb des ZVB Ortszentrum Neuenkirchen verortet. . Dass eine Verlagerung angesichts der festgestellten Strukturen bzw. Strukturentwick- lung im Ortskern (s.o.) weiterhin angedacht werden kann, wird durch die Evaluierung der Ortszentrenentwicklung (2016) betont: „Eine zusätzliche Attraktivierung des Be- reiches Hecking im Einzelhandelsbereich ist im Hinblick auf ein möglicherweise entstehendes Standortübergewicht kritisch zu würdigen. Allenfalls die bereits 2011 diskutierte Verlagerung des Lebensmitteldiscounters ALDI aus der bestehenden Ein- zellage zum Standort Hecking kann aus fachgutachterlicher Sicht weiterhin angedacht werden, da der ALDI bereits heute erhebliche Frequenzen für das Ortszentrum aus- löst und durch eine Verlagerung auf die Hecking-Fläche noch besser in die Ortszentrenstruktur integriert werden könnte. In diesem Zusammenhang wäre jedoch eine nicht-nahversorgungs- und nicht-zentrenrelevante Nachnutzung des jetzigen ALDI Standortes sicherzustellen.“ (vgl. Stadt + Handel 2016, S. 32). . Eine Entwicklung wäre allerdings an die unbedingte Vorgabe geknüpft, dass das Pol- Modell des Ortszentrums durch eine Stärkung des Bereiches Hecking nicht gefährdet wird. Dies gilt es im Folgenden zu untersuchen.

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. Eine konkrete Konzeption bzw. Ausrichtung des Marktes steht noch nicht abschlie- ßend fest. Fachlich wird eine möglichst offene und eindeutig in Richtung des Ortskerns orientierte Entwicklung empfohlen. . Im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auch auf andere ZVB ist weiterhin relevant: Insgesamt sind 14 der 22 strukturprägenden Wettbewerber (inkl. Getränkemärkten, ohne Planvorhaben) in zentralen Versorgungsbereichen verortet. Es ist anzunehmen, dass vorhabenbedingte Umsatzumverteilungen sich insbesondere für die nächstgele- genen Lebensmittelanbieter, hier vor allem die systemgleichen bzw. systemeigenen Lebensmitteldiscounter, ergeben.

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5 Marktposition des Planvorhabens

In diesem Kapitel erfolgt, unter Berücksichtigung der verschiedenen Einflussgrößen, die Ab- grenzung eines Einzugsgebietes sowie die Herleitung einer Umsatzprognose für das Planvorhaben.

5.1 Einzugsgebiet

Grundsätzlich ist anzumerken, dass Einzugsgebiete nicht als statische Gebilde anzusehen sind, sondern vielmehr als modellhafte Abbildung eines Teilraumes, aus dem potenziell der wesentliche Kundenanteil des betrachteten Vorhabens stammt. Mögliche diffuse Zuflüsse von außerhalb liegen in der Natur der Sache. Das aufgezeigte Einzugsgebiet endet deshalb nicht an den dargestellten Grenzen. Der über das abgegrenzte Einzugsgebiet hinausge- hende Bereich ist als Ferneinzugsgebiet zu definieren, aus welchem mit Streuumsätzen zu rechnen ist. Dieses Gebiet ist nicht zum Einzugsgebiet zu zählen, da die Verflechtungsinten- sität deutlich nachlässt und die Einflüsse von Konkurrenzstandorten deutlich überwiegen. Bei der Abgrenzung des perspektivischen Einzugsgebiets haben ergänzend zur Angebots- und Nachfragesituation insbesondere folgende Punkte Berücksichtigung gefunden: . die zu erwartende Attraktivität und Anziehungskraft des Planvorhabens (u.a. Branche, Betreiber, Größe, Standorteigenschaften); . die projektrelevante Wettbewerbssituation, wie z.B. die Entfernung und Attraktivität der relevanten Wettbewerber im engeren und weiteren Standortumfeld; . die verkehrlichen, topographischen und naturräumlichen Gegebenheiten im Untersu- chungsraum; . die sich durch Raum-Zeit-Distanzen ergebenden Einkaufsorientierungen der Wohn- bevölkerung; . die administrative Gliederung innerhalb des Untersuchungsraumes sowie traditionelle Einkaufsorientierungen der Bevölkerung. . Zudem konnte auf die Ergebnisse der Evaluierung der Ortszentrenentwicklung (2016) bzw. auf die in deren Rahmen durchgeführte Kundenherkunfts- und Passantenbefra- gungen zurückgegriffen werden. Diese zeigen, dass sich das Einzugsgebiet der Märkte auf dem Hecking-Gelände ganz überwiegend auf Neuenkirchen selbst bezieht (rd. 90 bis 92 %) (vgl. Stadt + Handel 2016, S. 20). Das Kerneinzugsgebiet orientiert sich unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation, des siedlungsräumlichen Umfelds und der Topographie an der räumlichen Ausdehnung der beiden siedlungsräumlichen Schwerpunkte Neuenkirchens, da das Planvorhaben den einzi- gen „Hard“-Discounter in Neuenkirchen darstellt. Des Weiteren wird der ALDI Nord-Markt im Zuge der Verlagerung besser in die Ortszentrenstruktur eingebunden. Aufgrund des

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„Fehlens“ eines Lebensmitteldiscounters im Ortsteil St. Arnold wird auch dieser Siedlungs- bereich in das Kerneinzugsgebiet inkludiert. Das erweiterte Einzugsgebiet umfasst darüber hinaus das restliche Gemeindegebiet Neu- enkirchens. Aufgrund der Verkaufsflächendimensionierung und Ausrichtung des Planvorhabens (einziger „Hard“-Discounter in Neuenkirchen) sowie der Kopplungsbeziehung am Vorhabenstandort, kann davon ausgegangen werden, dass der gesamtgemeindliche Ver- sorgungsauftrag des Ortszentrums erfüllt wird und das Planvorhaben insbesondere im discountierten Segment zur Versorgungsfunktion beiträgt. Eine weitere Ausdehnung des er- weiterten Einzugsgebietes ist aufgrund von zunehmenden Raum-Zeit-Distanzen nicht gegeben. Mobilitätsaspekte und Zufallseinkäufe führen angesichts der attraktiven Lage und der Kopp- lungsbeziehungen zu einer leicht darüber hinausgehenden Streuung der Umsatzherkunft, die im Sinne eines realitätsnahen Worst Case-Ansatzes jedoch nicht weiter in die Berechnungen eingestellt wird. Abbildung 4 stellt den Untersuchungsraum, die Wettbewerbsstandorte sowie das Einzugs- gebiet (unterteilt in Kerneinzugsgebiet und erweitertes Einzugsgebiet) dar.

Abbildung 4: Einzugsgebiet des Planvorhabens

Quelle: Eigene Darstellung; Eigene Bestandserhebung 03/2018 und 07/2017; Kartengrundlage: O- penStreetMap – veröffentlicht unter ODbL; ZVB-Abgrenzungen: EHZK Neuenkirchen (Stadt + Handel 2018); Masterplan EZH Rheine (Junker & Kruse 2012); Nahversorgungskonzept Rheine (Junker & Kruse 2015).

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5.2 Umsatz Bestandsmarkt Für die nachfolgenden Analysen liegen Stadt + Handel aktuelle Umsatzzahlen zum Bestands- betrieb ALDI Nord in Neuenkirchen vor 19 . Der Bestandsbetrieb ALDI Nord erzielt demnach eine Flächenproduktivität, die deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt (6.610 Euro/m² VKF, vgl. EHI 2017). Die aktuelle Flächenproduktivität beträgt demnach rd. 9.200 Euro/m² VKF.

5.3 Umsatzprognose Planvorhaben Durch die vorgesehene Verlagerung und Verkaufsflächenerweiterung wird es zu einer Mo- dernisierung und Attraktivierung des Betriebes kommen. . Es wird davon ausgegangen, dass eine Erweiterung u. a. zu einer Optimierung logistischer und arbeitsprozessualer Abläufe beitragen wird. Diese Effekte werden auf der Kostenseite relevant und beeinflussen den Umsatz nicht. . Es ist jedoch ebenfalls zu berücksichtigen, dass es durch die vorgesehene Verla- gerung und Verkaufsflächenerweiterung des Lebensmitteldiscounters zu einer Modernisierung und Optimierung des Planvorhabens in Relation zu Wettbewerbs- strukturen (Verkaufsflächendimensionierung, Sortimentsstruktur, Angebots- präsentation) kommen wird. . Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass bei nahezu gleichbleibender Sorti- ments- und Artikelanzahl die Flächenproduktivität eher absinkt, da lediglich die Präsentationsfläche zunimmt. Seitens des Betreibers wurde Stadt + Handel umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung gestellt, auf Basis dessen nachfolgend eine Umsatzprognose des Planvorhabens erfolgt. Die zur Verfügung gestellten Daten und Informationen beziehen sich dabei auf fünf mit dem Planvorhaben hinsichtlich ihrer räumlichen Lage in einer eher ländlichen Region und ihrer aktuellen wie projektierten GVKF etwa vergleichbaren ALDI Nord-Märkte. Es handelt sich um Erweiterungen in den vergangenen fünf Jahren. Auf eine konkrete Darstellung der einzelnen Märkte inkl. der entsprechenden VKF- und Umsatzentwicklungen soll auf Wunsch der Fa. ALDI Nord verzichtet werden. Insofern erfolgt eine aggregierte Darstellung der wesentlichen Erkenntnisse aus der Analyse des Datenmaterials: . Es handelt sich um Verkaufsflächenerweiterungen um rd. 270 m² bis rd. 490 m² GVKF auf 1.000 bis 1.200 m². Die durchschnittliche Erweiterung lag bei 48 % gegenüber der ursprünglichen GVKF.

19 Zur Verfügung gestellt durch ALDI Nord im September 2018.

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. Die Flächenproduktivitäten im Jahr vor der jeweiligen VKF-Erweiterung lag zwischen rd. 7.000 und rd. 9.900 Euro/m² GVKF. Die durchschnittliche Flächenproduktivität be- trug rd. 8.700 Euro/m² VKF. . Die Umsatzentwicklung durch Erweiterung lag im darauffolgenden Jahr bei rd. „mi- nus“ 23 % bis „plus“ 16 %. Im Durchschnitt betrug die prozentuale Steigerung rd. 2 %. . Die Flächenproduktivitäten nach der Erweiterung lagen bei rd. 5.200 bis rd. 6.500 Euro/m² VKF. Im Durchschnitt betrug die Flächenproduktivität rd. 6.000 Euro/m² VKF. . Insofern ging die Flächenproduktivität durch die VKF-Erweiterung im darauffolgen- den Jahr um durchschnittlich rd. 31 % zurück. Dabei lag der Maximalwert bei rd. 47 % und der geringste Wert bei rd. 20 %. . Seit dem betrachteten Ausgangsjahr 2013 ging die Flächenproduktivität der betrach- teten ALDI Nord-Märkte bis zum Jahr 2017 (nach Umbau und dem Erlangen einer gewissen Marktreife) um durchschnittlich rd. 25 % zurück. Dabei lag der Maximalwert bei rd. 28 % und der geringste Wert bei rd. 19 %. Nach Auswertung der zur Verfügung gestellten Informationen zu den Vergleichsmärkten und der Berücksichtigung der ortsspezifischen Gegebenheiten sowie der prognostizierten positi- ven Nachfrageentwicklung im Untersuchungsraum ist davon auszugehen, dass der ALDI Nord-Markt nach Verlagerung und Erweiterung eine Flächenproduktivität von rd. 7.000 Euro/m² VKF erreichen wird. In den seitens des Betreibers zur Verfügung gestellt Daten findet sich eine Entwicklung eines ALDI Nord-Marktes, für den zwischen dem betrachteten Ausgangsjahr 2013 und dem Jahr 2017, nach der Erweiterungsmaßnahme und dem Erlangen einer gewissen Marktreife, eine deutlich geringere Abnahme der Flächenproduktivität von rd. „minus“ 19 % festzustellen ist (s.o.). Im vorliegenden Fall ist eine derart geringe Abnahme der Flächenproduktivität zwar nicht zu erwarten, aber letztlich aufgrund der relativ geringen Fallzahl der untersuchten Ver- gleichsstandorte auch nicht gänzlich auszuschließen. Um hier einem realitätsnahem Worst Case-Ansatz gerecht zu werden, wird in einer oberen Variante daher eine Abnahme der aktuellen Flächenproduktivität des Bestandsmarktes um rd. 19 % angenommen und eine daraus resultierende Flächenproduktivität von 7.450 Euro/m² GVKF zugrunde gelegt 20 .

20 Der hier angesetzte Wert entspricht angesichts der Ableitung aus der Betrachtung eines Zeitraumes von 3 - 4 Jahren bereits der Prognosepflicht, sodass hier kein zusätzlicher Aufschlag aus der in Kapitel 4.4 dargestell- ten positiven Kaufkraftentwicklung in Neuenkirchen begründbar ist.

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Tabelle 11: Flächenproduktivitäten und Umsatzprognose des Vorhabens

Bestand nach Erweiterung Umsatz- Flächenpro- Flächenpro- Umsatz Umsatz differenz duktivität duktivität in Mio. Euro in Mio. Euro in Mio. in Euro/m 2 in Euro/m 2 p. a. p. a. Euro p. a.** Sortimentsbereich VKF VKF Lebensmitteldiscounter ALDI Nord (Bestand: 765 m² VKF/Planung: 1.200 m² VKF) Nahrungs- und 5,7 6,7 - 7,2 + 1,1 - 1,5 Genussmittel 7.000 Drogeriewaren 0,7 0,8 - 0,9 + ~ 0,2 9.200 - sonstige Sortimente 7.450 (überwiegend 0,7 0,8 - 0,9 + ~ 0,2 Aktionswaren) Bäcker (Bestand: 30 m² VKF/Planung: -) * Nahrungs- und - - - Genussmittel Gesamt ** 7,0 8,4 - 8,9 + 1,4 - 1,9

NuG gesamt 5,7 6,7 - 7,2 + 1,1 - 1,5 Quelle: Flächenproduktivitäten, Umsatzschätzung/-prognose: Eigene Berechnungen auf Basis von Echtdaten des Betreibers; Werte auf 100 Euro bzw. 0,1 Mio. Euro gerundet; * Die genehmigte Verkaufsfläche ist aktuell durch keinen Betreiber belegt (vormals Bäcker). Folglich ist für den Bestand kein Umsatz für den Bäcker in die Berechnung einzustellen. ** Differenzen zur Gesamtsumme rundungsbedingt.

Unter Zugrundelegung der oben genannten Daten wird für den Lebensmittelmarkt nach der Verlagerung und Erweiterung ein perspektivischer Jahresumsatz von rd. 8,4 - 8,9 Mio. Euro prognostiziert (+ rd. 1,4 - 1,9 Mio. Euro). Rund 6,7 - 7,2 Mio. Euro werden hiervon auf den Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel entfallen (rd. + 1,1 - 1,5 Mio. Euro). Im Sortiment Drogeriewaren wird ein perspektivischer Jahresumsatz von rd. 0,8 - 0,9 Mio. Euro prognostiziert (+ rd. 0,2 Euro). Auf die sonstigen Sortimente entfallen ebenfalls rd. 0,8 - 0,9 Mio. Euro des Gesamtumsatzes (+ rd. 0,2 Mio. Euro). Der Umsatz in den sonstigen Sortimenten verteilt sich auf mehrere verschiedene Sortimente, wodurch pro Sortiment ein relativ geringer Umsatzanteil erreicht wird. Angesichts des gerin- gen Umsatzzuwachses bei den sonstigen (z. T. nahversorgungsrelevanten) Sortimenten und im Sortiment Drogeriewaren sind keine städtebaulich negativen Auswirkungen auf Bestand oder Entwicklungsmöglichkeiten von zentralen Versorgungsbereichen oder die integrierte Nahversorgung im Untersuchungsraum in diesen Warengruppen zu erwarten. Insofern wer- den diese Sortimente im weiteren Verlauf der Analyse nicht tiefergehend betrachtet. Im Zuge der projektierten Verlagerung erfahren auch die Bestandsbetriebe am Standortbe- reich Hecking eine zusätzliche Attraktivierung, sodass hier davon auszugehen ist, dass

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insbesondere der dort angesiedelte EDEKA-Markt nicht von Umsatzumverteilungen betrof- fen sein, sondern vielmehr durch den ALDI Nord-Markt am Standort profitieren wird. Im Sinne einer Worst Case-Betrachtung ist daher auch das, für den EDEKA zu erwartende, zu- sätzlich erzielte Umsatzplus umsatzumverteilungsrelevant für die weiteren Bestandsbetriebe im Untersuchungsraum. Dieses Umsatzplus des EDEKA-Marktes wird mit 0,3 Mio. Euro p.a. zusätzlich für die Berechnungen angenommen. Zusätzliche Berücksichtigung der hypothetischen Erweiterungsoption des Netto-Mark- tes, Emsdettener Straße - Kumulierte Betrachtung Wie in Kapitel 2 beschrieben, ist ein Fortbestehen des Netto-Marktes an der Emsdettener Straße ohne eine Erweiterungsmöglichkeit langfristig nicht gesichert. Dem Markt wird daher – insbesondere im Hinblick auf die geplante Verlagerung und Erweiterung des ALDI Nord- Marktes – ein gewisses Erweiterungspotenzial auf eine mögliche GVKF von bis zu 800 m² (+ 200 m²) eingeräumt. Eine solche hypothetische Erweiterung würde sich ebenfalls auf die Bestandsstrukturen im Untersuchungsraum, inkl. dem Planvorhaben ALDI Nord auswirkten, sodass nachfolgend eine kumulierte Betrachtung der Auswirkungen des Planvorhabens ALDI Nord und der möglichen Erweiterung des Netto-Marktes erfolgt. Diesbezüglich ist hinsichtlich der Umsatzprognose des Planvorhabens ALDI Nord zusätzlich folgendes zu berücksichtigen: . Die bundesdurchschnittliche Flächenproduktivität für den Lebensmitteldiscounter Netto liegt bei rd. 4.500 Euro/m² VKF bei einer durchschnittlichen Gesamtverkaufsflä- che von rd. 740 m². 21 . In Zusammenschau der oben aufgeführten Argumente und insbesondere aufgrund seiner unterdurchschnittlichen Verkaufsflächendimensionierung ist davon auszuge- hen, dass der Netto-Markt aktuell eine leicht überdurchschnittliche Flächen- produktivität von rd. 4.700 Euro/m² VKF erzielt. . Das Planvorhaben ALDI Nord und die eingeräumte mögliche Erweiterung des Netto- Marktes werden auch untereinander Umsatzumverteilungen induzieren. In diesem Zu- sammenhang ist aufgrund der bestehenden Entfernung des Planvorhabens sowie des Netto-Marktes zueinander, der Systemgleichheit der Anbieter (Lebensmitteldiscoun- ter) und der kaum mehr steigerbaren Zentralität im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel von gewissen absatzwirtschaftlichen Auswirkungen untereinander aus- zugehen (Kannibalisierungseffekte). In Folge dessen ist bei einer hypothetischen Erweiterung des Netto-Marktes von einer sinkenden Flächenproduktivität beider Be- triebe auszugehen. In der Zusammenführung der aufgeführten Faktoren ergeben sich somit die nachfolgenden sortimentsspezifischen Umsätze in Spannweiten (Moderate Case und Worst Case).

21 Eigene Berechnung auf Basis EHI 2017.

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Tabelle 12: Flächenproduktivitäten und Umsatzprognose des Planvorhabens ALDI Nord (unter Berücksichtigung der Auswirkungen einer hypothetischen VKF-Erweiterung des Netto-Marktes) Bestand nach Realisierung Flächenpro- Flächenpro- Umsatzdiffe- Umsatz Umsatz duktivität duktivität renz in Mio. in Mio. Euro in Mio. in Euro/m 2 in Euro/m 2 Euro p. a. p. a. Euro p. a. Sortimente VKF VKF Lebensmitteldiscounter ALDI Nord (Bestand: 765 m² VKF/Planung: 1.200 m² VKF) Nahrungs- und 5,7 6,4 - 6,8 + 0,8 - 1,2 Genussmittel 6.700 Drogeriewaren 0,7 0,8 - 0,9 + 0,1 - 0,2 9.200 - sonstige Sortimente 0,7 7.100 0,8 - 0,9 + 0,1 - 0,2

Gesamt* 7,0 8,0 - 8,5 + 1,0 - 1,5

Netto (Bestand: 600 m² GVKF, hypothetische Erweiterungsoption auf bis zu 800 m² GVKF) Nahrungs- und 2,3 2,6 - 2,8 + 0,4 - 0,5 Genussmittel 4.100 Drogeriewaren 0,3 ~ 0,3 + < 0,1 4.700 - sonstige Sortimente 0,3 4.350 ~ 0,3 + < 0,1

Gesamt* 2,8 3,3 - 3,5 + 0,5 - 0,7

Bäcker (im ALDI Nord Bestand: 30 m² VKF/Planung: -) * Nahrungs- und - - - Genussmittel Bäckerei (im Netto, Bestand/hypothetische Planung: 20 m² GVKF) Nahrungs- und 0,3 0,3 +/- 0 Genussmittel Umsatzplus des - 0,3 + 0,3 EDEKA-Marktes NuG gesamt 8,2 9,7 - 10,2 + 1,4 - 2,0 Quelle: Flächenproduktivitäten, Umsatzschätzung/-prognose (Planvorhaben): Eigene Berechnun- gen auf Basis von Echtdaten des Betreibers; Umsatzschätzung/-prognose (weitere Betriebe): Eigene Berechnungen auf Basis EHI 2017; Werte auf 100 Euro bzw. 0,1 Mio. Euro gerundet; * Die genehmigte Verkaufsfläche ist aktuell durch keinen Betreiber belegt (vormals Bäcker). Folglich ist für den Bestand kein Umsatz für den Bäcker in die Berechnung einzustellen. ** Differenzen zur Gesamtsumme rundungsbedingt.

Die dargestellten Flächenproduktivitäten liegen unterhalb des Ausgangswertes für die Be- standsmärkte. Dies begründet sich insbesondere mit den Auswirkungen der beiden Entwicklungen untereinander (Kannibalisierungseffekte), in dessen Zusammenhang für beide Betriebe sinkende Flächenproduktivitäten zu erwarten sind.

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Unter Zugrundelegung der oben genannten Daten wird für das Planvorhaben ALDI Nord nach der Verlagerung und Erweiterung ein perspektivischer Jahresumsatz von rd. 8,0 - 8,5 Mio. Euro prognostiziert (+ rd. 1,0 - 1,5 Mio. Euro). Rund 6,4 - 6,8 Mio. Euro werden hiervon auf den Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel entfallen (rd. + 0,8 - 1,2 Mio. Euro). Für die hypothetische Erweiterung des Netto-Marktes (800 m² GVKF) wäre ein perspektivi- scher Jahresumsatz von rd. 3,3 - 3,5 Mio. Euro zu prognostizieren (+ rd. 0,5 - 0,7 Mio. Euro). Rund 2,6 - 2,8 Mio. Euro würden hiervon auf den Sortimentsbereich Nahrungs- und Genuss- mittel entfallen (rd. + 0,4 - 0,5 Mio. Euro).

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6 Auswirkungsanalyse

In den folgenden Kapiteln werden die Auswirkungen des Planvorhabens hinsichtlich der im Kontext der Untersuchungsfragen relevanten Aspekte dargestellt. Unter Berücksichtigung des EHZK Neuenkirchen 2018 werden folgende Fragen beantwortet: . Welche Rolle nimmt das Planvorhaben bzgl. der Versorgungsfunktion des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Neuenkirchen ein? . Wie ordnet sich das Planvorhaben in die Vorgaben des Einzelhandelskonzeptes ein? Hier insbesondere Fokus auf die Ortszentrenentwicklung in Neuenkirchen (sog. Pol- Modell) und die Neuenkirchener Nahversorgungsstruktur. . Welche städtebaulichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche auch außer- halb Neuenkirchens sowie die Nahversorgungsstruktur und deren Entwicklungs- möglichkeiten sind zu erwarten? . Wie ordnet sich das Planvorhaben in die Vorgaben der Landes- und Regionalplanung ein?

6.1 Einordnung in das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Gemeinde Neuenkirchen 2018

Das EHZK Neuenkirchen 2018 definiert folgende übergeordnete Leitziele der räumlichen Einzelhandelsentwicklung in Neuenkirchen:

Tabelle 13: Übergeordnete Leitlinien der Einzelhandelsentwicklung in Neuenkirchen Übergeordnete Leitlinien der Einzelhandelsentwicklung in Neuenkirchen

. Sicherung der Bedeutung des Ortszentrums . Sicherung der strukturellen Stärken des Zentrums

. Sicherung und räumlich-strukturelle Verbesserung der Nahversorgungssituation

. Räumliche Konzentration des Einzelhandels insgesamt auf leistungsfähige und zu- kunftsfähige Standorte

. Zukunftsfähige Arbeitsteilung zwischen den Versorgungsbereichen

Quelle: Stadt + Handel 2018, S. 32.

Diese wurden zudem im Rahmen der Entwicklung auf dem Hecking-Gelände bereits im Jahr 2012 wie folgt konkretisiert: „Folgende Entwicklungsziele sollen für das Ortszentrum zukünftig verfolgt werden: . Sicherung der gesamtgemeindlichen Zentralität,

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. Stärkung des Betriebstypenmixes im Ortszentrum, . Ergänzung der Sortimentsvielfalt, . Schaffung von marktadäquaten und zukunftsfähigen Flächen, . Qualitativer Ausbau der Nahversorgungssituation. Eine Einzelhandelsentwicklung sollte genutzt werden, um die Strukturen im Ortszentrum von Neuenkirchen städtebaulich und funktional zu ergänzen und auch zu einer Qualifizierung des gesamtgemeindlichen Angebots von Nahrungs- und Genussmitteln beitragen. Im Hinblick auf den überwiegend kleinteiligen Einzelhandelsbestand und der bestehenden Nahversor- gungsstrukturen im Ortszentrum ist eine maßvolle Entwicklung auf der Fläche Hecking Ziel führend.“ (vgl. Stadt + Handel 2012, S. 23). Diesbezüglich ist folgendes festzuhalten: . Sicherung der gesamtgemeindlichen Zentralität: o Angesichts des geplanten modernen und marktgängig aufgestellten Marktes kann eine leichte Steigerung der sortimentsspezifischen Zentralitätskennziffer erreicht werden, wenngleich diese angesichts des aktuellen Wertes von rd. 98 kaum mehr steigerungsfähig ist: o „Durch die Aldi Verlagerung/Erweiterung wird es überwiegend zu Umvertei- lungen in Neuenkirchen kommen und realistischerweise nur zu einer geringe[n] Steigerung der Zentralität.“ (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 40). . Stärkung des Betriebstypenmixes im Ortszentrum: o Im ZVB OZ Neuenkirchen ist aktuell kein „Hard“-Discounter angesiedelt. Durch das Planvorhaben wird ein solches discountiertes Betreiberkonzept un- mittelbar am südlichen Pol des Ortszentrums realisiert, was in der Folge zu einer Steigerung sowie insbesondere einer Ausdifferenzierung im discountier- ten Lebensmittelsegment innerhalb des Ortszentrums führen wird. o Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung des aktuell im Vergleich zum vollsortimentierten Segment (rd. 67 % VKF-Anteil) leicht unterrepräsen- tierten discountierten Segments (rd. 33 % VKF-Anteil, s. Kapitel 4.3). Dieses Ungleichgewicht würde durch das Planvorhaben einen nahezu bundesdurch- schnittlichen Wert erreichen (sodann: 37 % zur 63 %). . Schaffung von marktadäquaten und zukunftsfähigen Flächen: o Der aktuelle Bestandsbetrieb verfügt über eine nicht mehr vollumfänglich marktgängige Verkaufsflächenausstattung, wodurch ein längerfristiger Be- trieb insbesondere auch aufgrund der Siedlungsrandlage des Marktes und der damit zusammenhängenden geringen Bedeutung für die Nahversorgung, nicht gesichert ist (s. Kapitel 6.3.1 und Abbildung 5). Das Planvorhaben wird

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im Bereich des Hecking-Geländes mit einer großzügigen und modernen sowie marktgängigen Verkaufsfläche geplant. Insbesondere angesichts der Kopp- lungslage mit u. a. dem EDEKA-Markt und dem Drogeriefachmarkt Rossmann sowie der integrierten Lage ist der Vorhabenstandort als zukunftsfähig zu be- werten. o Die Kopplung mit den bestehenden Betrieben ist jedoch insbesondere hin- sichtlich der räumlich-funktionalen Zielstellung eines funktionierenden „Pol- Modells“ zu würdigen (s.u.). . Qualitativer Ausbau der Nahversorgungssituation: o „Es ergibt sich keine Verschlechterung der räumlichen Nahversorgung durch eine mögliche Aldi-Verlagerung. Bereits im EHK 2012 wurde dem Aldi Markt eine geringe Nahversorgungsfunktion attestiert.“ (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 40). o „Durch eine Erweiterung und Verlagerung kann der Discounter langfristig am Standort Neunkirchen gesichert werden. zudem [sic!] ist die Umsetzung eines modernen Filialkonzepts möglich. Insofern liefert die Verlagerung einen Bei- trag zur qualitativen Nahversorgung. “ (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 41). Räumliche/standortbezogene Entwicklungsziele für Neuenkirchen Aus dem EHZK geht zunächst die untergeordnete Bedeutung des ALDI Nord-Marktes für die Nahversorgung in Neuenkirchen hervor. Daher wird im Nahversorgungskonzept des EHZK Neuenkirchen 2018 eine Verlagerung des Marktes zum Hecking-Gelände empfohlen (s. nach- folgende Abbildung).

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Abbildung 5: Empfehlungen zur Nahversorgung

Quelle: EHZK Neuenkirchen 2018, S. 48 (Stadt + Handel 2018).

Der Vorhabenstandort befindet sich gemäß EHZK Neuenkirchen 2018 auf einer Potenzialflä- che östlich des Hecking-Geländes innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Neuenkirchen (s. folgende Abbildung).

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Abbildung 6: Räumliche Festlegung des Ortszentrums als zentraler Versorgungsbereich

Quelle: Eigene Darstellung, auf Basis EHZK Neuenkirchen 2018, S. 43 (Stadt + Handel 2018).

„Gegenüber dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept 2012 wird im Sinne der perspektivi- schen Fortentwicklung des Ortszentrums die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches im Süden zudem um die Potenzialfläche im Kreuzungsbereich Indust- riestraße/Pastorskamp erweitert. „[Die damit zusammenhängende] bereits 2011 diskutierte Verlagerung des Lebensmitteldis- counters ALDI aus der bestehenden Einzellage zum Standort Hecking kann aus fachgutachterlicher Sicht weiterhin angedacht werden, da der ALDI bereits heute erhebliche Frequenzen für das Ortszentrum auslöst und durch eine Verlagerung auf die Hecking-Fläche noch besser in die Ortszentrenstruktur integriert werden könnte. In diesem Zusammenhang wäre jedoch eine nicht-nahversorgungs- und nicht-zentrenrelevante Nachnutzung des jetzi- gen ALDI Standortes sicherzustellen.“ (Stadt + Handel 2016, S. 32. Vgl. Stadt + Handel 2012, S. 25 f.).“ (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 44). Das EHZK Neuenkirchen 2018 formuliert den folgenden, das Planvorhaben betreffenden An- siedlungsleitsatz:

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„Leitsatz III: Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment Aufgrund der hohen Bedeutung, die die nahversorgungsrelevanten Sortimente als Kunden- magnet und für die Besucherfrequenz im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Neuenkirchen haben, sowie mit Blick auf den begrenzten absatzwirtschaftlichen Entwick- lungsrahmen im Bereich der zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente, sollen Einzelhandelsvorhaben mit einem zuzuordnenden Hauptsortiment primär im Ortszentrum Neuenkirchen angesiedelt werden 22 . Hier ist derzeit insbesondere auf eine ausgewogene Entwicklung zwischen dem nördlichen und dem südlichen Zentrenpol zu achten. […] […] Für den Ortsteil Neuenkirchen bedeutet dieser Leitsatz, dass es kein zusätzliches absatz- wirtschaftliches Potenzial für die Ansiedlung eines zusätzlichen Lebensmittelmarktes in Neuenkirchen gibt. Eine Standortverlagerung des ALDI-Marktes an die Industriestraße ist nach eingehender Prüfung denkbar (s.o.). […]“ (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 59f.) Diesbezüglich ist folgendes festzuhalten: . Das Planvorhaben verfügt über ein zentren- und nahversorgungsrelevantes Hauptsor- timent. Es befindet sich nach der projektierten Verlagerung innerhalb der Abgrenzungen des ZVB OZ Neuenkirchen. . Die Überprüfung für die Verlagerung des ALDI Nord-Marktes ist somit letztlich insbe- sondere unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Pol-Struktur des Ortszentrums und der Auswirkungen auf die Nahversorgung zu bewerten (s. folgende Kapitel). Das Planvorhaben ist kongruent zu den Zielen und Grundsätzen des EHZK Neuenkirchen 2018, insofern von der projektierten Verlagerung keine Gefährdung der „Pol“-Struktur des ZVB OZ Neuenkirchen ausgeht (siehe folgende Kapitel).

6.2 Absatzwirtschaftliche Auswirkungen Die Umsatzumverteilungen im untersuchungsrelevanten Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel liefern eine wichtige Grundlage für die weitergehende städtebaulich-funktio- nale Bewertung des Planvorhabens. Unter Berücksichtigung der positiven Entwicklung des sortimentsspezifischen Kaufkraftvolu- mens (s. Kapitel 4.4) werden die zu erwartenden Umsatzumverteilungen des Planvorhabens im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel insgesamt leicht abgemildert. So wird der Vorhabenumsatz (s. Kapitel 5.3) den zu erwartenden Umsätzen der Bestandsstrukturen Ende 2022 gegenübergestellt, wodurch eine leicht geringere prozentuale Umsatzumverteilung im Vergleich zu den heutigen Bestandsumsätzen resultiert.

22 Sofern ohne schädliche Auswirkungen auf die wohnortnahe Grundversorgung und landesplanerische und städtebauliche Gründe (Schutz von ZVBs in Nachbarkommunen) nicht entgegenstehen.

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Zur besseren Nachvollziehbarkeit der Daten erfolgt die Darstellung sowohl rein informato- risch für die Bestandssituation (ohne Berücksichtigung der Einwohner-/Kaufkraft- Entwicklung) als auch für den Prognosehorizont 2022. In der städtebaulichen Würdigung der absatzwirtschaftlichen Auswirkungen (s. Kapitel 6.5 und 6.6) erfolgt aufgrund der Aufgaben- und Zielstellung dieses Gutachtens der Bezug auf die Prognose 2022. Im Zuge der projektierten Verlagerung erfahren auch die Bestandsbetriebe am Standortbe- reich Hecking eine zusätzliche Attraktivierung, sodass hier davon auszugehen ist, dass insbesondere der dort angesiedelte EDEKA-Markt nicht von Umsatzumverteilungen betrof- fen sein, sondern vielmehr durch den ALDI Nord-Markt am Standort profitieren wird. Im Sinne einer Worst Case-Betrachtung ist daher auch das, für den EDEKA zu erwartende, zu- sätzlich erzielte Umsatzplus umsatzumverteilungsrelevant für die weiteren Bestandsbetriebe im Untersuchungsraum. Dieses Umsatzplus des EDEKA-Marktes wird mit 0,3 Mio. Euro p.a. zusätzlich für die Berechnungen angenommen. Es erfolgt zudem eine Berücksichtigung der zusätzlichen absatzwirtschaftlichen Auswirkun- gen, welche mit einer möglichen Erweiterung des Netto-Marktes an der Emsdettener Straße auf eine GVKF von 800 m² einhergehen würden (s. Kapitel 2 und 5.3). Mobilitätsaspekte und Zufallseinkäufe führen angesichts der attraktiven Lage und der Kopp- lungsbeziehungen zu einer leicht darüber hinausgehenden Streuung der Umsatzherkunft, die im Sinne eines realitätsnahen Worst Case-Ansatzes jedoch nicht weiter in die Berechnungen eingestellt wird.

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Tabelle 14: Umsatzumverteilungen im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel

Bestand Prognose 2022 Umsatz- Umsätze Umsatzumverteilung Umsatzumverteilung prognose in Mio. in Mio. in Mio. in Mio. in % in % Kommune Lagedetail Euro Euro Euro Euro OZ 16,2 0,7 - 0,9 4 - 6 16,5 0,7 - 0,9 4 - 6 Neuenkirchen Neuenkir- sonstige Lagen* 4,3 0,1 - 0,2 3 - 4 4,4 0,1 - 0,2 3 - 4 chen sonstige Lagen 2,6 ** ** 2,6 ** ** (OT St. Arnold) STZ Mesum 20,7 ~ 0,1 < 1 21,8 < 0,1 < 1 GVZ Doren- 10,9 ~ 0,1 ~ 1 11,5 ~ 0,1 ~ 1 Rheine kamp-Mitte NVZ 14,1 0,4 - 0,5 2 - 3 14,9 0,4 - 0,5 2 - 3 Felsenstraße

NVZ Hauenhorst 1,9 ** ** 2,0 ** **

sonstige Lagen 5,8 ** ** 6,1 ** ** ZVB Ortskern 16,1 ~ 0,1 ~ 1 17,4 ~ 0,1 ~ 1 Wettrin- Wettringen gen sonstige Lagen < 1,0 ** ** < 1,0 ** ** Für die Bestandsstrukturen im Untersuchungsraum umvertei- i. S. eines Worst Case-Ansatzes wird kein Streuumsatz für das Plan- lungsneutraler Vorhabenumsatz vorhaben angenommen (‚Streuumsatz‘) Gesamt*** 93,7 1,4 - 2,0 - 98,1 1,4 - 2,0 - Quelle: Verkaufsfläche: Einzelhandelsbestandserhebung Stadt + Handel 07/2017 und 03/2018; Um- satzschätzung/-prognose: Eigene Berechnung auf Basis EHI 2017 und Hahn Gruppe 2017 sowie ständige Auswertung von Fachliteratur; Verkaufsflächen auf 100 m² gerundet, Um- sätze auf 0,1 Mio. Euro gerundet; * ohne Bestandsmarkt ALDI Nord (Planvorhaben) und Netto, Emsdettener Straße; ** empirisch nicht mehr valide darstellbar; *** Differenzen zur Gesamtsumme rundungsbedingt.

Von dem Planvorhaben wird – inklusive der Berücksichtigung einer möglichen Erweiterung des Netto-Marktes (und damit einhergehender Kannibalisierungseffekte) – und einer zu er- wartenden Umsatzsteigerung des benachbarten EDEKA-Marktes von rd. 0,3 Mio. Euro, eine Umsatzumverteilung im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel von rd. 1,4 - 2,0 Mio. Euro zu Lasten von Wettbewerbern im Untersuchungsraum ausgehen.

6.3 Städtebaulich-funktionale Auswirkungen des Planvorhabens

Folgend werden die Auswirkungen des Planvorhabens dargestellt und bewertet.

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6.3.1 Räumliche Nahversorgung in Neuenkirchen Der Bestandsbetrieb des ALDI Nord-Marktes befindet sich aktuell in siedlungsräumlicher Randlage in Neuenkirchen. Im Zuge des Planvorhabens wird dieser auf eine Potenzialfläche innerhalb des ZVB OZ Neuenkirchen verlagert. Gemäß des Nahversorgungskonzepts für Neuenkirchen wird dem Standort des Bestandsbetriebs eine geringe Bedeutung für die Nah- versorgung attestiert (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 48 und s. Abbildung 5). In der Gemeinde Neuenkirchen gibt es aktuell keinen weiteren „Hard“-Discounter, wodurch eine bessere Ein- bindung des Marktes in die Siedlungsstrukturen, die räumliche Versorgungsfunktion für diesen Betriebstyp verbessern würde. Der Vorhabenstandort verfügt über eine etwas höhere Mantelbevölkerung (rd. 2.000 EW) als der Altstandort (rd. 1.300 EW) in siedlungsräumlicher Randlage, wobei die räumliche Nahversorgung der Bevölkerung insgesamt aufgrund der be- stehenden Betriebe im Umfeld (Hecking-Gelände) nicht nennenswert verbessert wird.

Abbildung 7: Standort des Planvorhabens und 500 m-Radien um bestehende LM-Discounter

Quelle: Eigene Darstellung; ZVB Abgrenzung: EHZK Neuenkirchen (Stadt + Handel 2018); Karten- grundlage: OpenStreetMap – veröffentlicht unter ODbL.

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6.3.2 Qualitative Nahversorgung in Neuenkirchen Das Verhältnis der Verkaufsflächen in den Bereichen LM-Discount zu LM-Vollsortiment (Su- permärkte, Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser) weicht – unter Berücksichtigung eines leicht höheren Discount-Anteils in den neuen Bundesländern – mit 33 % zu 67 % innerhalb Neuenkirchens vom Bundesdurchschnitt ab 23 . Somit wird insbesondere der Entwicklungsbe- darf im discountierten Bereich deutlich (s. hierzu auch Kapitel 4.3). Nach Realisierung des Planvorhabens steigt der Anteil LM-Discount auf 37 % an, wodurch ein nahezu bundes-durch- schnittlicher Wert erreicht wird. Des Weiteren sind aktuell drei Lebensmitteldiscounter in Neuenkirchen angesiedelt, von denen lediglich das Planvorhaben ALDI Nord als „Hard“-Dis- counter einzustufen ist. Das Planvorhaben ALDI Nord weist durch seine Ausrichtung ein Alleinstellungsmerkmal in Neuenkirchen auf. Folglich leistet dieser einen eindeutigen Beitrag zur Angebotsvielfalt im kurzfristigen Bedarfsbereich.

6.3.3 Quantitative Nahversorgung in Neuenkirchen Der im EHZK Neuenkirchen 2018 dargestellte absatzwirtschaftliche Entwicklungsrahmen bis 2027 zeigt auf, dass für den Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel innerhalb Neu- enkirchens aktuell kein Potenzial für Neuansiedlungen zur Verfügung steht. „Zur Optimierung der Nahversorgungsstruktur sollten [vielmehr] vorhandene Entwicklungspotenziale im Le- bensmittelsegment u.a. für die Verlagerung inkl. marktgerechter Aufstellung des ALDI- Marktes genutzt werden. Auch eine Erweiterung der Lebensmitteldiscounter Netto und LIDL sind in Erwägung zu ziehen, um die Anbieter langfristig in Neuenkirchen zu halten. “ (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 30). Aktuell wird im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel eine Zentralität von rd. 98 erreicht. Gemäß EHZK Neuenkirchen 2018 liegt die Zielzentralität in diesem Sortimentsbereich bei rd. 100. Im Zuge der Realisierung des Planvorhabens würde die Zentralität ansteigen und der Zielwert von 100 folglich leicht überschritten werden (rd. 101), da ein gewisser Anteil des zusätzlichen Umsatzes von außerhalb des Gemeindegebietes rekrutiert werden könnte (s. Kapitel 6.2). Die Verkaufsflächenausstattung im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel pro Ein- wohner läge zukünftig bei rd. 0,52 m². Dieser Wert ist als überdurchschnittlich zu bewerten (im Bundesdurchschnitt rd. 0,40 m² VKF NuG/EW). „Über die ermittelten Verkaufsflächenpotenziale hinausgehende Entwicklungen sind […] nur dann sinnvoll, wenn sie [, wie im vorliegenden Fall] die angestrebte räumlich-strukturelle Ent- wicklung des Einzelhandels in Neuenkirchen forcieren können – z. B. durch eine Stärkung des

23 Eigene Berechnung auf Basis EHI handelsdaten aktuell 2017. Verkaufsfläche Discount: 38 %, Verkaufsfläche Supermärkte, Große Supermärkte, SB-Warenhäuser: 62 %.

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Ortszentrums und der Optimierung der Nahversorgungsstrukturen .“ (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 31).

6.4 Auswirkungen auf das Ortszentrum (insbesondere hinsichtlich der avi- sierten „Pol-Struktur“) Durch das Planvorhaben erfolgt eine nennenswerte Stärkung des südlichen Pols des ZVB OZ Neuenkirchen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser bereits heute wettbewerbsstark auf- gestellt ist (u. a. EDEKA, Rossmann, Werkers Welt). Grundsätzlich sind zwei starke „Nahversorgungspole“ eindeutig im Sinne der gemeindlichen Zielstellungen zur Ortszentrenentwicklung. Entsprechende Synergien zwischen Nahversor- gungspolen und Ortszentrum konnten nachgewiesen werden, denn „Ungeachtet der standortbezogenen Unterscheide bzgl. der Kopplungsintensitäten wird ausgehend von die- ser Befragung doch sehr deutlich, dass die an das Ortszentrum „angedockten“ Lebensmittelmärkte einen sehr hohen Frequenzbeitrag für das Ortszentrum leisten.“ (siehe zudem folgende Abbildung aus der Evaluierung zur Ortszentrenentwicklung, 2016, S. 24)

Abbildung 8: Haben Sie heute im historischen Ortszentrum von Neuenkirchen eingekauft (Fuß- gängerzone und Seitenstraßen) oder beabsichtigen Sie dies heute noch zu tun?

Standort Aldi Standort Hecking Standort Lidl 1% 2% 3%

33% 34% 38%

64%

65% 60%

n=280 n=302 n=315

Ja Nein k.A./Weiß nicht Quelle: Stadt + Handel 2016, S. 24, auf Grundlage Passantenbefragung Stadt + Handel 12/2015.

Insgesamt ist eine damit hohe Interaktion zwischen den einzelnen Standortbereichen in Neu- enkirchen festzustellen. Im Zuge der Vorhabenrealisierung wird der südliche Pol durch einen weiteren Magnetbetrieb nennenswert gestärkt. In diesem Zusammenhang ist zwar von einer Steigerung der Kopp- lungsaktivitäten auf dem Hecking-Gelände auszugehen, jedoch hat die Passantenbefragung in Neuenkirchen gezeigt, dass bereits heute Austauschbeziehungen zwischen dem bestehen- den ALDI Nord-Markt und den Betrieben auf dem Hecking-Gelände bestehen (vgl. Stadt + Handel 2016, S. 25) und demnach eine sehr deutliche Stärkung des Bereiches Hecking ge- genüber der heutigen Situation nicht zu erwarten ist. Dies gilt insbesondere auch aufgrund der weiterhin rein auf nahversorgungsrelevante Sortimente ausgerichteten Konzeption des

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Standortbereiches und einer nicht vorhandenen Funktionsmischung. Aufgrund der eindeuti- gen Nahversorgungsausrichtung des ALDI Nord-Marktes ist auch nicht davon auszugehen, dass Kopplungspotenziale mit dem historischen Ortszentrum durch eine Angebotsergänzung im Bereich Hecking geringer ausfallen werden, da zahlreiche Nutzungen weiterhin nicht am Standort Hecking angeboten werden (Dienstleistungen, Gastronomie, kleinere Fachge- schäfte, zahlreiche Sortimente). Insofern stellt sich primär die Frage ob oder inwiefern die Verlagerung des ALDI Nord-Mark- tes zu Auswirkungen auf den nördlichen Zentrenpol und somit möglicherweise zu einem „Umkippen“ der Polstruktur führen kann. Dies ist maßgeblich abhängig von der Intensität der Auswirkungen auf den nördlichen Zentrenpol. Durch das Planvorhaben und die berücksichtigte hypothetische Erweiterungsmöglichkeit des Netto-Marktes an der Emsdettener Straße werden Umsatzumverteilungen auf den ZVB OZ Neuenkirchen i. H. v. rd. 0,7 - 0,9 Mio. Euro, bzw. rd. 4 - 6 % induziert. Die Umsatzumvertei- lungen zu Lasten des Ortszentrums bewegen sich damit zwar in einem moderaten Bereich, jedoch verdeutlichen die Strukturkennziffern (s. insbesondere Kapitel 6.3.3), dass der Wett- bewerb in Neuenkirchen durch die Entwicklungen in den vergangenen Jahren als intensiv bewertet werden kann und demnach auch geringe Umsatzumverteilungen sehr vorsichtig im Hinblick auf damit einhergehende Auswirkungen auf bestehende Strukturen zu bewerten sind. Die zu erwartenden Umsatzumverteilungen werden insbesondere den Lebensmitteldiscoun- ter LIDL sowie den Lebensmittelvollsortimenter K+K im Norden des ZVB OZ Neuenkirchen tangieren. Der EDEKA-Markt auf dem benachbarten Hecking-Gelände wird hingegen von deutlichen Kopplungsvorteilen profitieren und voraussichtlich einen höheren Gesamtumsatz erzielen als bisher (s. Kapitel 2 und 6.2). Der LIDL und der K+K-Markt profitieren aktuell aufgrund ihrer Lage innerhalb des ZVB OZ Neuenkirchen ebenfalls von Kopplungsvorteilen. Dennoch ist der nördliche Pol im Vergleich zum Süden des ZVB aktuell bereits schwächer aufgestellt, da sowohl der Umfang an Ver- kaufsflächen, der Betriebstypen- und der Sortimentsmix sowie auch die Parkplatzsituation nicht als ebenbürtig gegenüber der Hecking-Fläche zu bewerten sind. In Bezug auf die am nördlichen Pol des ZVB verorteten Bestandsstrukturen ergeben sich Umsatzumverteilungen von bis zu rd. 8 % (im Worst Case). Insofern sind die festgestellten einzelbetrieblichen Umsatzumverteilungen für den LIDL- und den K+K-Markt als zu hoch zu bewerten. Auch ist zu berücksichtigen, dass das Planvorhaben eine höhere Gesamtverkaufsfläche als der direkte Wettbewerber LIDL anstrebt. Städtebaulich negative Auswirkungen auf den ZVB OZ Neuenkirchen in seinem heutigen Bestand und seinen Entwicklungsmöglichkeiten – hier insbesondere Schwächung des nördli- chen Pols und somit Auswirkungen auf die Polstruktur – sind aufgrund der festgestellten Umsatzumverteilungen auf die Bestandsbetriebe (nördlicher Pol) zwar sehr unwahrscheinlich,

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insbesondere aufgrund eines nicht gänzlich auszuschließenden Worst Case-Falls besteht je- doch ein – wenngleich geringes – Restrisiko für den nördlichen Zentrenbereich. Im Sinne eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den beiden Lebensmitteldiscountern und unter Berücksichtigung des kaum mehr vorhandenen quantitativen Entwicklungspoten- zials im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel (s. Kapitel 4.4, kaum mehr steigerungsfähige Zentralität) ist in diesem Zusammenhang eine geringfügige Reduktion der projektierten Ge- samtverkaufsfläche des ALDI Nord-Marktes zu empfehlen.

6.5 Städtebauliche Einordnung der Umsatzumverteilungen auf die inte- grierte Nahversorgung in Neuenkirchen Aufbauend auf den absatzwirtschaftlichen Ergebnissen aus der Umsatzumverteilungsberech- nung erfolgt deren städtebauliche Einordnung. Die städtebaulichen Konsequenzen für sonstige Lagen in Neuenkirchen werden im Folgenden aufgezeigt. Auswirkungen auf die sonstigen Lagen in Neuenkirchen (ohne OT St. Arnold) (Auswirkungen auf die wohnortnahe Versorgung) Für die Bestandsstrukturen in den sonstigen Lagen im Kernort Neuenkirchen , welche Nah- versorgungsfunktionen in ihren jeweiligen Einzugsgebieten übernehmen, ergeben sich im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel insgesamt Umsatzumverteilungen i. H. v. rd. 0,1 - 0,2 Mio. Euro bzw. rd. 3 - 4 %. Die sonstigen Nahversorgungslagen in Neuenkirchen beschränken sich (aufgrund der mit be- rücksichtigten hypothetischen Erweiterungsoption des Netto-Marktes im südlichen Siedlungsbereich des Ortsteils Neuenkirchens) überwiegend auf den K+K-Markt unmittelbar südlich des Hecking-Geländes sowie kleinere Angebotsstrukturen. Im Nahversorgungskon- zept wird für beide Märkte eine Standortsicherung empfohlen (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 48 und s. Abbildung 5). Für die südwestlichen Siedlungsbereiche ist angesichts der geringen Mantelbevölkerung eine fußläufige Versorgung als unrealistisch zu bewerten. Dies deckt sich auch mit den Emp- fehlungen im EHZK Neuenkirchen 2018 (s. Abbildung 5). Im 500 m-Radius um den aktuellen Bestandsstandort des ALDI Nord-Marktes ist eine Mantelbevölkerung von rd. 1.300 Einwoh- ner festzustellen, im Zuge der Vorhabenrealisierung würden rd. 2.000 Einwohner im 500 m- Radius versorgt werden 24 . Dem Bestandsstandort wird gemäß EHZK Neuenkirchen 2018 eine geringe Bedeutung für die Nahversorgung zugeschrieben. Der K+K-Markt wird insbesondere aufgrund der zu erwartenden Steigerung der Gesamtat- traktivität des Hecking-Geländes und der zu erwartenden Umsatzsteigerung des EDEKA- Marktes von Umsatzumverteilungen tangiert. Diese sind grundsätzlich als moderat zu be- zeichnen. Der K+K-Markt verfügt über keine Erweiterungsoptionen, sodass eine

24 Eigene Berechnungen auf Basis IT.NRW 2018.

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vorhabenbedingte Marktschließung des K+K-Marktes langfristig nicht vollständig auszu- schließen ist. Die Versorgung der umliegenden Bevölkerung könnte in diesem Fall jedoch weiterhin durch den Lebensmittelvollsortimenter EDEKA in unmittelbarer räumlicher Nähe gewährleistet werden, sodass mit einer Marktschließung des K+K-Marktes keine städtebau- lich negativen Auswirkungen für die Nahversorgung der Bevölkerung einhergehen würde. Der Netto-Markt befindet sich in einer integrierten Lage und ist überwiegend auf die Nah- versorgung der umliegenden Wohnbevölkerung ausgerichtet. Der Markt stellt einen der nächstgelegenen systemgleichen Lebensmitteldiscounter zum Planvorhaben dar. Angesichts der nicht mehr vollkommen marktgängigen Verkaufsflächenausstattung des Betriebes wurde im vorliegenden Gutachten eine hypothetische Entwicklungsmöglichkeit des Marktes zur Standortsicherung mitberücksichtigt, insbesondere, da dem Netto-Markt eine wichtige Nah- versorgungsbedeutung zukommt (s. Abbildung 5 und Kapitel 6.3.1). Unter Berücksichtigung dieser hypothetischen Erweiterungsoption ist eine vorhabenbedingte Marktschließung des Netto-Marktes nicht zu erwarten. Städtebaulich negative Auswirkungen auf die integrierten Nahversorgungsstruktur im Kernort Neuenkirchen (ohne Ortsteil St. Arnold) sind nicht zu erwarten. Auswirkungen auf die sonstigen Lagen im OT St. Arnold (Auswirkungen auf die wohnortnahe Versorgung) Für die Bestandsstrukturen in den sonstigen Lagen in Neuenkirchen (Ortsteil St. Arnold) , welche Nahversorgungsfunktionen in ihren jeweiligen Einzugsgebieten übernehmen, gehen Umsatzumverteilungen in empirisch nicht mehr nachweisbarer Höhe aus, wodurch keine städtebaulich negativen Auswirkungen zu erwarten sind. Der K+K-Markt im Ortsteil St. Arnold ist überwiegend auf die wohnortnahe Versorgung ausgerichtet. Aus diesem Grund wird für den Markt im Nahversorgungskonzept eine Standortsicherung empfohlen (vgl. Stadt + Handel 2018, S. 48 und s. Abbildung 5). Angesichts des differenzierten Betriebstyps sowie der siedlungsräumlich abgesetzten Lage, wird die Nahversorgung im Ortsteil durch das Plan- vorhaben nicht gefährdet. Städtebaulich negative Auswirkungen auf die integrierten Nahversorgungsstruktur in Neu- enkirchen (Ortsteil St. Arnold) sind nicht zu erwarten.

Städtebaulich negative Auswirkungen auf den Bestand und die Entwicklungsmöglichkei- ten zentraler Versorgungsbereiche (insbesondere Gefährdung des nördlichen „Pols“ und somit Gefährdung der „Pol“-Struktur sind zwar sehr unwahrscheinlich, insbesondere auf- grund eines nicht gänzlich auszuschließenden Worst Case-Falls besteht jedoch ein – wenngleich geringes – Restrisiko für den nördlichen Zentrenbereich des ZVB OZ Neuen- kirchen. Es wird daher eine geringfügige Reduktion der projektierten Gesamtverkaufsfläche des ALDI Nord-Marktes empfohlen (s. Kapitel 6.7).

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6.6 Städtebauliche Einordnung der Umsatzumverteilungen auf zentrale Versorgungsbereiche und die integrierte Nahversorgung im Neuen- kirchener Umland

Aufbauend auf den absatzwirtschaftlichen Ergebnissen aus der Umsatzumverteilungsberech- nung erfolgt deren städtebauliche Einordnung. Die städtebaulichen Konsequenzen für zentrale Versorgungsbereiche und sonstige Lagen in den Umlandkommunen (bezogen auf den Untersuchungsraum) werden im Folgenden aufgezeigt. Stadt Rheine Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich STZ Mesum Durch das Planvorhaben werden Umsatzumverteilungen auf den ZVB STZ Mesum i. H. v. un- ter 0,1 Mio. Euro bzw. unter 1 % induziert. Diese verteilen sich überwiegend auf die insgesamt vier vorhandenen strukturprägenden Lebensmittelanbieter, sodass die ohnehin als gering zu bezeichnenden Umsatzumverteilungen einzelbetrieblich kaum spürbar sein wer- den. Für die kleinflächigen Angebotsstrukturen, welche im Einzelnen nicht im direkten oder zu- mindest nur in begrenztem Wettbewerb mit dem Planvorhaben stehen, sind keine wesentlichen Auswirkungen zu erwarten. Städtebaulich negative Auswirkungen auf den ZVB STZ Mesum in seinem heutigen Bestand und seinen Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht zu erwarten. Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich GVZ Dorenkamp-Mitte Durch das Planvorhaben werden Umsatzumverteilungen auf den ZVB GVZ Dorenkamp- Mitte i. H. v. rd. 0,1 Mio. Euro bzw. rd. 1 % induziert. Diese werden insbesondere die struk- turprägenden Lebensmittelanbieter ALDI Nord und EDEKA tangieren. Angesichts der monetär sowie prozentual als gering zu bewertenden einzelbetrieblichen Auswirkungen sind keine negativen Auswirkungen wie Marktschließungen oder -umstrukturierungen zu erwar- ten. Für die kleinflächigen Angebotsstrukturen, welche im Einzelnen nicht im direkten oder zu- mindest nur in begrenztem Wettbewerb mit dem Planvorhaben stehen, sind keine wesentlichen Auswirkungen zu erwarten. Städtebaulich negative Auswirkungen auf den ZVB GVZ Dorenkamp-Mitte in seinem heuti- gen Bestand und seinen Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht zu erwarten. Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich NVZ Felsenstraße Durch das Planvorhaben werden Umsatzumverteilungen auf den ZVB NVZ Felsenstraße i. H. v. rd. 0,4 - 0,5 Mio. Euro bzw. rd. 2 - 3 % induziert. Dies bedingt sich aufgrund der Lage an der Neuenkirchener Straße und der damit verbundenen gute Anbindung an die Gemeinde Neuenkirchen. Das NVZ Felsenstraße verfügt ebenfalls über einen ALDI Nord- und einen

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EDEKA-Markt, sodass der Standortbereich dem projektierten Hecking-Gelände in dieser Hin- sicht stark ähnelt. Es handelt sich demnach um einen der nächstgelegenen vergleichbaren Wettbewerbsstandorte. Insbesondere der im ZVB ansässige ALDI Nord-Markt wird von den zu erwartenden Umsatzumverteilungen tangiert werden. Bei diesem handelt es sich um einen leistungsstarken und betriebseigenen Anbieter, wodurch keine negativen Auswirkungen wie Marktschließungen oder -umstrukturierungen zu erwarten sind. Für die kleinflächigen Angebotsstrukturen, welche im Einzelnen nicht im direkten oder zu- mindest nur in begrenztem Wettbewerb mit dem Planvorhaben stehen, sind keine wesentlichen Auswirkungen zu erwarten. Städtebaulich negative Auswirkungen auf den ZVB NVZ Felsenstraße in seinem heutigen Bestand und seinen Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht zu erwarten. Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich NVZ Hauenhorst Durch das Planvorhaben werden Umsatzumverteilungen auf den zentralen Versorgungsbe- reich NVZ Hauenhorst in empirisch nicht mehr valide darstellbarer Höhe induziert. Für die kleinflächigen Angebotsstrukturen, welche im Einzelnen nicht im direkten oder zu- mindest nur im begrenzten Wettbewerb mit dem Planvorhaben stehen, sind ebenfalls keine wesentlichen Auswirkungen zu erwarten. Städtebaulich negative Auswirkungen auf den ZVB NVZ Hauenhorst in seinem heutigen Be- stand und seinen Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht zu erwarten.

Auswirkungen auf sonstige Lagen in Rheine (Auswirkungen auf die wohnortnahe Versor- gung) Für die Bestandsstrukturen in den sonstigen Lagen in Rheine , welche Nahversorgungsfunk- tionen in ihren jeweiligen Einzugsgebieten übernehmen, ergeben sich Umsatzum- verteilungen in nicht mehr valide darstellbarer Höhe, sodass keine negativen Auswirkungen wie Marktschließungen oder -umstrukturierungen zu erwarten sind. Städtebaulich negative Auswirkungen auf die integrierte Nahversorgung in Rheine und de- ren Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht zu erwarten.

Gemeinde Wettringen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich Ortskern Wettringen Durch das Planvorhaben werden Umsatzumverteilungen auf den ZVB Ortskern Wettringen i. H. v. rd. 0,1 Mio. Euro bzw. rd. 1 % induziert. Die Umsatzumverteilungen tangieren vor allem die strukturprägenden Lebensmittelanbieter ALDI Nord, EDEKA und K+K. Angesichts der monetär sowie prozentual als gering zu bewertenden einzelbetrieblichen Auswirkungen

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sind keine negativen Auswirkungen wie Marktschließungen oder -umstrukturierungen zu er- warten. Für die kleinflächigen Angebotsstrukturen, welche im Einzelnen nicht im direkten oder zu- mindest nur in begrenztem Wettbewerb mit dem Planvorhaben stehen, sind keine wesentlichen Auswirkungen zu erwarten. Städtebaulich negative Auswirkungen auf den ZVB Ortskern Wettringen in seinem heutigen Bestand und seinen Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht zu erwarten.

Auswirkungen auf sonstige Lagen in Wettringen (Auswirkungen auf die wohnortnahe Ver- sorgung) Für die Bestandsstrukturen in den sonstigen Lagen in Wettringen , welche Nahversorgungs- funktionen in ihren jeweiligen Einzugsgebieten übernehmen, ergeben sich Umsatzum- verteilungen in nicht mehr valide darstellbarer Höhe, sodass keine negativen Auswirkungen wie Marktschließungen oder -umstrukturierungen zu erwarten sind. Städtebaulich negative Auswirkungen auf die integrierte Nahversorgung in Wettringen und deren Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht zu erwarten.

Städtebaulich negative Auswirkungen auf den Bestand und die Entwicklungsmöglichkei- ten zentraler Versorgungsbereiche und die integrierte Nahversorgung im Neuen- kirchener Umland sind nicht zu erwarten.

Im Sinne einer dynamischen Wirkungsanalyse wurden in der vorliegenden Analyse für das Prognosejahr 2022 zusätzliche Kaufkraftpotenziale (Veränderung der Einwohnerzahlen, Ent- wicklung der Kaufkraft) in Höhe von rd. 5,0 Mio. Euro berücksichtigt. Sollte diese – aus jetziger Sicht als realitätsnah einzuschätzende – Prognose nicht oder nur in Teilen eintreten, wären weiterhin städtebaulich negative Auswirkungen auf den Bestand und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche und die integrierte Nahversorgung in Umlandkommunen Neuenkirchens nicht zu erwarten.

6.7 Berücksichtigung einer Verkaufsflächenreduktion des Planvorhabens

Vom Planvorhaben ALDI Nord gehen in seiner projektierten Dimensionierung von 1.200 m² GVKF im zugrunde gelegten Moderate Case, im Hinblick auf die monetär wie prozentual grundsätzlich als gering bis moderat zu bezeichnenden Umsatzumverteilungen auf die Be- standsbetriebe im Untersuchungsraum zunächst nicht zwingend städtebaulich negative Auswirkungen auf den Bestand und die Entwicklungsmöglichkeiten zentraler Versorgungs- bereiche und die integrierte Nahversorgung aus. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Versorgungssituation nach Vorhabenrealisierung sowie unter Bezugnahme der kaum steigerungsfähigen Zentralität im Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel wird aus fachgutachterlicher Sicht, insbesondere im Hinblick auf

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die Belastbarkeit der vorliegenden Analysen hinsichtlich eines nicht gänzlich auszuschließen- des Worst Case-Szenarios, dennoch eine geringfügige Verkaufsflächenreduktion der mit 1.200 m² projektierten Gesamtverkaufsfläche auf 1.150 m² GVKF empfohlen. Dies gilt ins- besondere hinsichtlich der Erhaltung der „Pol“-Struktur im Ortszentrum sowie der aktuell bestehenden Nahversorgungssituation. Bei dieser Verkaufsflächendimensionierung könnte dem Planvorhaben eine angemessene Entwicklungsperspektive (+ 385 m² VKF) bei gleich- zeitiger Reduktion der Auswirkungen auf das Ortszentrum und die integrierte Nahversorgung zugestanden werden. Gleichzeitig kann dem nahegelegenen Netto-Markt an der Emsdettener Straße eine gewisse Entwicklungsoption zur Standortsicherung auf bis zu 800 m² GVKF zugestanden werden. Durch diese Reduktion der GVKF ist auch im Falle des eher unwahrscheinlichen Eintretens eines Worst Case-Szenarios nachweislich mit keinen ne- gativen städtebaulichen Auswirkungen zu rechnen. Im Zuge einer reduzierten Verkaufsflächenerweiterung ist folgendes zu beachten: . Durch die empfohlene Reduktion ergeben sich verringerte Kannibalisierungseffekte bei zusätzlicher Berücksichtigung einer hypothetischen Erweiterungsoption des Netto-Marktes (s. auch Kapitel 5.3). . Die zu erwartende Flächenproduktivität für den Netto-Markt würde sich dadurch auf rd. 4.200 - 4.400 Euro/m² VKF erhöhen, während die Flächenproduktivität des ALDI Nord-Marktes weiterhin rd. 6.700 - 7.100 Euro/m² VKF beträgt. . Durch die empfohlene Reduktion wird für den ALDI Nord-Markt ein perspektivischer Jahresumsatz von rd. 7,7 - 8,2 Mio. Euro („minus“ rd. 0,3 - 0,4 Mio. Euro) prognosti- ziert. Davon werden rd. 6,2 - 6,5 Mio. Euro („minus“ rd. 0,3 Mio. Euro) auf den Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel entfallen. Auf das Sortiment Droge- riewaren und auf sonstige Sortimente werden jeweils rd. 0,8 Mio. Euro („minus“ unter 0,1 Mio. Euro) entfallen. . Angesichts der deutlich reduzierten Umsatzumverteilungen von bis zu rd. 0,6 - 0,8 Mio. Euro, resp. 4 -5 % auf den ZVB OZ Neuenkirchen (resp. bis zu 7 % auf den nörd- lichen Pol im Worst Case), kann eine Gesamtverkaufsfläche von 1.150 m² auch in einem Worst Case-Szenario als angemessen dimensioniert angesehen werden. Unter Berücksichtigung der geringen prozentualen Umsatzumverteilungen sowie der per- spektivischen Zentralität im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel von rd. 100 sind keine städtebaulich negativen Auswirkungen für den Bestand oder die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche oder die integrierte Nahversorgung zu erwarten (hier: insbesondere Erhalt der Polstruktur und Sicherung der räumlichen Nahversor- gung in Neuenkirchen). . Im Sinne einer dynamischen Wirkungsanalyse wurden in der vorliegenden Analyse für das Prognosejahr 2022 zusätzliche Kaufkraftpotenziale (Veränderung der Einwohner- zahlen, Entwicklung der Kaufkraft) in Höhe von rd. 5,0 Mio. Euro berücksichtigt. Sollte diese – aus jetziger Sicht als realitätsnah einzuschätzende – Prognose nicht oder nur

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in Teilen eintreten, wären in dieser geringfügig reduzierten Dimensionierung von 1.150 m² GVKF weiterhin keine städtebaulich negativen Auswirkungen auf den Be- stand und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche und die integrierte Nahversorgung in Neuenkirchen zu erwarten. Alle nachfolgend dargestellten Ergebnisse und Bewertungen beziehen sich auf die in diesem Kapitel abgeleitete – als städtebaulich verträglich zu bewertenden – Gesamtver- kaufsfläche von 1.150 m².

6.8 Einordnung in die landesplanerischen Zielstellungen Im Folgenden werden die für die vorliegende Verträglichkeitsanalyse relevanten Vorgaben des Landesrechts (LEP NRW 2017) und der Regionalplanung (Bezirksregierung Münster - Re- gionalplan Münsterland 2014) dargestellt.

Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen 2017 (Großflächiger Einzelhandel) 6.5-1. Ziel Standorte des großflächigen Einzelhandels nur in Allgemeinen Siedlungsbe- reichen: . „Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunut- zungsverordnung dürfen nur in regionalplanerisch festgelegten Allgemeinen Siedlungsbereichen dargestellt und festgesetzt werden.“ Bzgl. 6.5-1 Ziel ist festzuhalten: . Der Vorhabenstandort an der Industriestraße befindet sich gemäß Regionalplan Münsterland 2014 in einem Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB) (vgl. Regierungsbe- zirk Münster - Regionalplan Münsterland 2014, Blatt 3). . Damit entspricht das Vorhaben dem 6.5-1 Ziel des LEP NRW 2017 (Großflächiger Ein- zelhandel). 6.5-2 Ziel Standorte des großflächigen Einzelhandels mit zentrenrelevanten Kernsorti- menten nur in zentralen Versorgungsbereichen: „Dabei dürfen Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit zentrenrelevanten Kernsortimenten nur: . in bestehenden zentralen Versorgungsbereichen sowie . in neu geplanten zentralen Versorgungsbereichen in städtebaulich integrierten Lagen, die aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung sowie verkehrsmäßigen Anbindung für die Versorgung der Bevölkerung zentrale Funktionen des kurz-, mittel- oder langfristigen Bedarfs erfüllen sollen, dargestellt und festgesetzt werden.“ Bzgl. 6.5-2 Ziel ist festzuhalten:

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. Das Planvorhaben verfügt gemäß „Neuenkirchener Liste“ über ein zentren- und nah- versorgungsrelevantes Hauptsortiment. Diese Sortimente werden i. d. R. wohnortnah bereitgestellt. . Der Vorhabenstandort des Planvorhabens befindet sich innerhalb des abgegrenzten zentralen Versorgungsbereiches OZ Neuenkirchen. . Damit entspricht das Vorhaben dem 6.5-2 Ziel des LEP NRW 2017 (Großflächiger Ein- zelhandel). 6.5-3. Ziel Beeinträchtigungsverbot: . „Durch die Darstellung und Festsetzung von Kerngebieten und Sondergebieten für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit zentrenrelevanten Sortimenten dürfen zentrale Versorgungsbereiche von Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigt werden.“ Bzgl. 6.5-3. Ziel ist festzuhalten: . Entsprechend der erfolgten Analyse möglicher absatzwirtschaftlicher Auswirkungen und deren städtebaulichen Bewertung in Kapitel 6.2 bis 6.6 werden durch das Plan- vorhaben – unter Berücksichtigung der in Kapitel 6.7 empfohlenen Verkaufs- flächenreduktion – keine wesentlichen Beeinträchtigungen auf zentrale Versorgungs- bereiche ausgelöst. . Die avisierte „Pol-Struktur“ des ZVB OZ Neuenkirchen bleibt auch nach Realisierung des Planvorhabens weiterhin funktionsfähig bestehen (s. insbesondere Kapitel 6.4). . Damit entspricht das Vorhaben dem 6.5-2 Ziel des LEP NRW 2017 (Großflächiger Ein- zelhandel). Das Planvorhaben ist kongruent zu den Zielen/Grundsätzen des Landesentwicklungs- plans Nordrhein-Westfalen 2017.

Regionalplanerische Vorgaben aus dem Regionalplan Münsterland 2014 Grundsatz 10: Nahversorgung sichern, Attraktivität der Zentren erhöhen, Einzelhandels- konzepte entwickeln und fortschreiben! . Grundsatz 10.3: „Durch Bauleitplanung soll sichergestellt werden, dass die Errichtung und Erweiterung von Vorhaben des großflächigen Einzelhandels […] zu keinen we- sentlichen Beeinträchtigungen der zentralen Versorgungsbereiche oder der Nahversorgung führen.“ Das Planvorhaben wird wie folgt in die regionalplanerischen Vorgaben eingeordnet: . Wesentliche Beeinträchtigungen im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO sind nicht zu er- warten (s. Kapitel 6.2 bis Kapitel 6.6).

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Ziel 4: Die Einzelhandelsentwicklung auf die Allgemeinen Siedlungsbereiche konzentrie- ren! . Ziel 4.1: „Kerngebiete sowie Sondergebiete für Einkaufszentren sowie großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO dürfen nur innerhalb der Allgemeinen Siedlungsbereiche dargestellt bzw. festgesetzt werden […].“ Das Planvorhaben wird wie folgt in die regionalplanerischen Vorgaben eingeordnet: . Analog zu der landesplanerischen Einordnung befindet sich der Planstandort inner- halb eines Allgemeinen Siedlungsbereiches. Dem Vorhaben kann somit eine Kongruenz zu den Zielen des Gebietsentwicklungsplans Münster – Regionalplan Münsterland 2014 attestiert werden.

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7 Zusammenfassung der Ergebnisse

In Neuenkirchen ist die Verlagerung und Erweiterung des ALDI Nord-Marktes von der Bahn- hofstraße 19 auf das sog. Hecking-Gelände projektiert. Der Markt befindet sich aktuell in Siedlungsrandlage und soll auf eine im EHZK Neuenkirchen 2018 ausgewiesene Potenzialflä- che innerhalb des ZVB OZ Neuenkirchen verlagert werden. Im Zuge der Verlagerung ist eine Verkaufsflächenerweiterung von aktuell 795 m² GVKF auf 1.200 m² GVKF projektiert. Eine lebensmittelbezogene Nachnutzung des Altstandortes wird in diesem Zusammenhang aus- geschlossen. Stadt + Handel wurde angefragt, die zu erwartenden absatzwirtschaftlichen und städtebau- lichen Auswirkungen des Planvorhabens zu untersuchen und letztlich zu bewerten, ob mit schädlichen Auswirkungen im Sinne § 11 Abs. 3 BauNVO zu rechnen ist und insbesondere auch zu würdigen, ob es den zentralen Zielstellungen zur Ortszentrenentwicklung (insbeson- dere ausgewogene „Pol-Struktur“) in Neuenkirchen entspricht. Wie mit der Gemeinde Neuenkirchen abgestimmt, wurde zudem eine mögliche Erweiterungsoption des zum Vorha- benstandort nahegelegenen Netto-Marktes auf bis zu 800 m² GVKF mit berücksichtigt. Als Grundlage für das weitere Planverfahren wurden im vorliegenden Gutachten folgende Punkte untersucht und bewertet: Für die Realisierung des Planvorhabens sprechen folgende Aspekte: . Der „Hard“-Discounter ALDI Nord stellt hinsichtlich seiner Ausrichtung ein Alleinstel- lungsmerkmal in Neuenkirchen dar. Folglich leistet dieser einen erheblichen Beitrag zur Angebotsvielfalt und sollte unbedingt in Neuenkirchen gehalten werden. . Der Vorhabenstandort besitzt eine höhere Mantelbevölkerung (rd. 2.000 EW) als der Altstandort (rd. 1.300 EW) in siedlungsräumlicher Randlage. . Nach Realisierung des Planvorhabens steigt der Anteil im LM-Discount Segment auf einen Wert von rd. 37 % an, wodurch ein nahezu bundesdurchschnittlicher Wert er- reicht wird. . Das Planvorhaben wird bereits im EHZK Neuenkirchen 2012 behandelt und als mög- liche Entwicklungsoption angesehen. Der Vorhabenstandort befindet sich innerhalb des ZVB OZ Neuenkirchen. Grundsätzlich fügt es sich in die Zielstellungen zur Ent- wicklung des Hecking-Geländes ein (Fachmarkt/nahversorgungsrelevant). Allerdings macht die Analyse folgende Risiken deutlich, die auch zeigen, dass das Planvor- haben überdimensioniert ist, da: . die Umsatzumverteilungen unter Beachtung der bereits intensiven Wettbewerbssitu- ation bzw. hohen VKF-Ausstattung in Neuenkirchen relativ hoch ausfallen; . das Planvorhaben größer dimensioniert ist als der LIDL-Markt im nördlichen Nahver- sorgungspol und der nördliche Nahversorgungspol dadurch zukünftig zunehmend schwächer aufgestellt sein wird als der südliche „Pol“;

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. im EHZK Neuenkirchen 2018 eine Zielzentralität von rd. 100 im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel ausgewiesen wird und dieser Wert im Zuge der Realisierung des Planvorhabens leicht überschritten wird (rd. 101). Im Zuge der in diesem Gutachten vorgenommen Analyse werden letztlich folgende Emp- fehlungen formuliert: . eine Verkaufsflächenreduktion auf 1.150 m² Gesamtverkaufsfläche. . Begrenzung des Umfangs zentrenrelevanter Randsortimente trotz der Lage im ZVB auf maximal 10 % der Gesamtverkaufsfläche (entspräche dann einer Auswei- tung um rd. 25 m² VKF gegenüber der heutigen Situation) . eine eindeutige Orientierung des ALDI Nord-Marktes bzw. Parkplatzflächen und Wegebeziehungen in Richtung Ortszentrum. Alle nachfolgend dargestellten Ergebnisse und Bewertungen beziehen sich auf die redu- zierte – als städtebaulich verträglich zu bewertenden – Gesamtverkaufsfläche von 1.150 m².

Einordnung gemäß kommunalplanerischer Grundlagen . Das Planvorhaben befindet sich perspektivisch innerhalb der Abgrenzungen des ZVB OZ Neuenkirchen. . Die Verlagerung des ALDI Nord-Marktes an den Vorhabenstandort wird im EHZK Neu- enkirchen grundsätzlich positiv bewertet (vgl. u.a. Stadt + Handel 2018, S. 41f.). . Es ist damit kongruent zu den Zielen und Grundsätzen des EHZK Neuenkirchen 2018, insofern von der projektierten Verlagerung keine Gefährdung der „Pol“-Struktur des ZVB OZ Neuenkirchen ausgeht.

Absatzwirtschaftliche und städtebauliche Auswirkungen . Eine Beeinträchtigung der Zentren- und Nahversorgungsstruktur im dargestellten Un- tersuchungsraum sowohl in deren Bestand als auch hinsichtlich ihrer Entwicklungs- möglichkeiten ist, auch unter Berücksichtigung einer hypothetischen VKF-Erweiterung des Netto-Marktes an der Emsdettener Straße auf bis zu 800 m² GVKF und ausgehend von den ermittelten Umsatzumverteilungswerten nicht zu erwarten (s. Kapitel 6.2 bis 6.6).

Einordnung gemäß landes- und regionalplanerischer Grundlagen . 6.5-1. Ziel: Der Vorhabenstandort an der Industriestraße befindet sich gemäß Regio- nalplan Münsterland 2014 in einem Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB) (vgl. Regierungsbezirk Münster - Regionalplan Münsterland 2014, Blatt 3). 6.5-1 Ziel wird demnach erfüllt.

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. 6.5-2. Ziel: Der Vorhabenstandort befindet sich innerhalb des abgegrenzten zentra- len Versorgungsbereiches OZ Neuenkirchen. 6.5-2 Ziel wird demnach erfüllt . . 6.5-3. Ziel: Entsprechend der erfolgten Analyse möglicher absatzwirtschaftlicher Aus- wirkungen und deren städtebaulichen Bewertung in Kapitel 6.2 bis 6.6 werden durch das Planvorhaben keine wesentlichen Beeinträchtigungen auf zentrale Versorgungs- bereiche ausgelöst. 6.5-3 Ziel wird demnach erfüllt . . Ziel 4 (Regierungsbezirk Münster – Regionalplan Münsterland 2014): Der Regional- plan Münsterland 2014 weist in der zeichnerischen Darstellung das Plangebiet als Allgemeinen Siedlungsbereich aus. Damit entspricht das Vorhaben dem Ziel 4 des Regionalplans. Das Planvorhaben ist kongruent zu den Ausführungen und Vorgaben des EHZK Neuen- kirchen 2018. Durch das Planvorhaben werden – unter Berücksichtigung der empfohlenen geringfügigen Verkaufsflächenreduktion auf rd. 1.150 m² GVKF – die „Pol- Struktur“ des ZVB OZ Neuenkirchen und die Sicherung der Nahversorgung nicht beein- trächtigt. Weiterhin wird durch die geplante Verlagerung eine bessere strukturelle Einbindung des Marktes erreicht. Das Planvorhaben ist damit kongruent zu den landesplanerischen Zielstellungen sowie zu Ziel 4 des Regionalplan Münsterland 2014. Städtebaulich negative Auswirkungen auf Bestand und Entwicklung zentraler Versor- gungsbereiche und/oder die integrierte Nahversorgung im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO sind von dem Planvorhaben nicht zu erwarten.

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Anhang Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Mikrostandort des Planvorhabens ______10 Abbildung 2: Lage und Gemeindegrenze der Gemeinde Neuenkirchen ______14 Abbildung 3: Untersuchungsraum ______15 Abbildung 4: Einzugsgebiet des Planvorhabens ______32 Abbildung 5: Empfehlungen zur Nahversorgung ______42 Abbildung 6: Räumliche Festlegung des Ortszentrums als zentraler ______Versorgungsbereich ______43 Abbildung 7: Standort des Planvorhabens und 500 m-Radien um bestehende ___ LM-Discounter ______47 Abbildung 8: Haben Sie heute im historischen Ortszentrum von Neuenkirchen __ eingekauft (Fußgängerzone und Seitenstraßen) oder beabsichtigen Sie dies heute noch zu tun? ______49

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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Sortimente und Verkaufsflächen des Planvorhabens ______(Bestand/Planung) ______12 Tabelle 2: Bevölkerung und Bevölkerungsanteile in Neuenkirchen ______14 Tabelle 3: Verkaufsfläche und Umsatz Nahrungs- und Genussmittel im ______Untersuchungsraum ______18 Tabelle 4: Einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Mio. Euro im ______Untersuchungsraum ______20 Tabelle 5: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum ______Neuenkirchen ______23 Tabelle 6: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Stadtteilzentrum _____ Mesum (Stadt Rheine) ______24 Tabelle 7: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungs- _____ zentrum Hauenhorst (Stadt Rheine) ______25 Tabelle 8: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungs- _____ zentrum Felsenstraße (Stadt Rheine) ______26 Tabelle 9: Standortprofil Zentraler Versorgungsbereich Grundversorgungs- ___ zentrum Dorenkamp-Mitte (Stadt Rheine) ______27 Tabelle 10: Standortprofil (faktischer) zentraler Versorgungsbereich ______Ortskern Wettringen ______28 Tabelle 11: Flächenproduktivitäten und Umsatzprognose des Vorhabens ____ 35 Tabelle 12: Flächenproduktivitäten und Umsatzprognose des Planvorhabens __ ALDI Nord (unter Berücksichtigung der Auswirkungen einer ______hypothetischen VKF-Erweiterung des Netto-Marktes) ______37 Tabelle 13: Übergeordnete Leitlinien der Einzelhandelsentwicklung in ______Neuenkirchen ______39 Tabelle 14: Umsatzumverteilungen im Sortimentsbereich Nahrungs- und ______Genussmittel______46

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Literatur und sonstige Quellen

Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmittelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ (2002). BBSR/HDE (2017): Online-Handel – Mögliche räumliche Auswirkungen auf Innenstädte, Stadtteil- und Ortszentren, Bonn. EHI (2017): EHI handelsdaten aktuell 2017, Köln. Gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (2014): Definitionen zur Einzel- handelsanalyse. Definitionen für die Beurteilung von Einzelhandelsimmobilien und Geschäftslagen sowie für die Erstellung von Einzelhandelsanalyse, Auswirkungsgutachten und kommunalen Einzelhandelskonzepten, Wiesbaden. Hahn Gruppe (2017): Hahn Retail Estate Report 2017/2018, Bergisch Gladbach. IfH (2017): Einzelhandelsrelevante Kaufkraft 2017, Köln.

IPW (2013): Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK). Neuenkirchen - Orts- mitte, Wallenhorst.

Junker & Kruse (2012): Masterplan Einzelhandel für die Stadt Rheine – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts, Dortmund.

Junker & Kruse (2015): Nahversorgungskonzept für die Stadt Rheine – in Ergänzung zum Masterplan Einzelhandel, Dortmund.

Stadt + Handel (2012): Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts für die Ge- meinde Neuenkirchen, Dortmund.

Stadt + Handel (2016): Neuenkirchen – Evaluierung Ortszentrenentwicklung, Dortmund.

Stadt + Handel (2018): Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts für die Ge- meinde Neuenkirchen, Dortmund.

Sonstige Quellen

Homepage IT.NRW, www.it.nrw.de.

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