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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Natur und Mensch - Jahresmitteilungen der naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg e.V.

Jahr/Year: 2007

Band/Volume: 2007

Autor(en)/Author(s): Gerstmeier Werner

Artikel/Article: Botanische Wanderungen in der Pala-Gruppe (Dolomiten) 97-104 © Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V.; download www.zobodat.at

ISSN 0077-6025 Jahresmitteilungen 2007 Seite Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V. Natur und Mensch Nürnberg 2008 9 7 - 104 Marientorgraben 8, 90402 Nürnberg

Werner Gerstmeier

Botanische Wanderungen in der Pala-Gruppe (Dolomiten)

Der Rolle-Pass ist ein guter Ausgangspunkt für sehen dem Pellegrino-Pass und dem Valles-Pass Exkursionen in die Pala-Gruppe, die südlich der liegen, im Val Venegia und in der Umgebung Marmolata liegen und zu den Dolomiten gehö­ von San Martin di Castrozza. Viele seiner Funde ren. Die imposante Gebirgswelt der Pala-Grup­ wurden durch Bertoloni (1775-1869) veröffent­ pe (Kalke aus der Trias-Zeit), das Gebiet zwi­ licht. Franz von Hausmann (1810-1878) und schen Valles-Paß und Pellegrino-Paß (Porphyr) italienische Botaniker bearbeiteten den Colbri- und die Südseite der Marmolata (z.B. Trias) con und den Castellazzo. Der Colbricon ist ein sind leicht erreichbar. Botanisch interessante Ziele sind Umge­ bung des Rolle-Passes in Rich­ tung der Pala-Gruppe (Kalk), die Cavallazza (Silikat) und das Gebiet zwischen Pellegrino- und Valles-Paß (Silikat).

Botanische Erforschung

Der Rolle-Pass und seine Umge­ bung hat Botaniker seit 200 Jah­ ren fasziniert. In diesem Artikel, einer kurzen Zusammenfassung Rolle-Pass, im Hintergrund Tognazza und Cavallazza aus P r o s s e r & F e s t i (2000, Sei­ te 11 ff), werden die Exkursionen einiger Botaniker erwähnt, die in den wissenschaftlichen Namen ei­ niger Alpenblumen verewigt wor­ den sind. Fachini (1788-1852) begann um 1828 die botanische Erkundung des Fassa- und des Fleims-Tales. Faccini war Arzt und gab 1838 seinen Beruf auf, um sich ganz der floristischen Erkundung des zu widmen. Er botani­ sierte u.a. im Paneveggio, auf der Lusia und Bocche, wenig auffälli­ gen Bergen (ca. 2700 m), die zwi- Castellazzo am Rolle-Pass

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Einblick in die Nordseite der Pala-Gruppe ursprünglicher Berg auf der anderen Seite des ten auch dieses Gebiet. Sündermann wies den Rolle-Passes. Der Castellazzo ist der leicht zu­ sehr seltenen Wulfens Mannsschild Androsace gängliche Hausberg am Rolle-Pass und besteht wulfeniana am Cavallazza und Colbricon nach, sowohl aus sauren als auch aus basischen Ge­ die Art fand auch Heinrich Handel-Mazzetti steinen. Sendtner (1823-1895) veröffentlichte (1882-1940) an den Seen von Lusia. Adriano eine Liste der Arten, die er am Castellazzo und Fiori (1865-1950), der Autor der berühmten gegenüber an der Cavallazza fand. Interessant Flora analitica d'Italia, suchte hier Pflanzen in ist ein Fundort von Saxifraga cernua an der Ca­ den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. vallazza. Sündermann (1864-1946) beschrieb Hans Melchior (1894-1984) arbeitete über die am Juribrutto Prim ula juribella, eine Hybride Verbreitung von Saxifraga depressa und war aus Primula minima und Primula tyrolensis. am Juribrutto, Col Margherita (heute mit Seil­ Ab 1900 wurde die Region intensiv von deut­ bahn leicht erreichbar) und auf der Cima di schen und italienischen Botanikern erforscht, Laste unterwegs. Buttler beschrieb die neue Art von denen hier nur einige genannt werden. Draba dolomitica. Pignatti u.a. erstellten pflan­ Hoffmann aus Berlin besuchte um 1900 die Ro- zensoziologische Aufnahmen dieses Gebietes. setta, den Colbricon, die Umgebung des Rolle- Zu erwähnen sind auch die Arbeiten von Boiti Passes, Castellazzo sowie Cavallazza und die (1910-1999) u.a. über das Val Venegia und die Lusia-Region. Arpad von Degen war in San intensive Beschäftigung von Prosser und Festi Martino, Cavallazza und Rosetta, Adolf Engler mit diesem Gebiet. Besonders durch die Flora auf der Rosetta und Bocche-Region und Adolf von Prosser und Festi liegt eine umfangreiche Pichler und Gustav Seelos auf dem Castellaz­ und faszinierende Arbeit vor. zo. Karl Wilhelm Dalla Torre (1850-1928) und Ludwig von Samtheim (1861-1914) besuch­

98 © Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V.; download www.zobodat.at Geologische Erforschung schnitten, 1879 dann die berühmte Arbeit von Edmund von Mojsisovics (1839-1907) über die per Name Dolomiten ist dem französischen Dolomiten. In der Folgezeit waren und sind die Adligen Deodat de Dolomieu aus einem kleinen Dolomiten Gegenstand intensiver Forschung. Dorf in der Nähe von Grenoble verbunden. Er bereiste zwischen 1789 und 1790 die Berge Ti­ Sonntag, 29. Juli 2007: Anreise rols und beschrieb ein neues kalkiges Mineral, das aber bei der Reaktion mit Salzsäure nicht Am Abend traf sich unsere Gruppe im Hotel das übliche Aufbrausen zeigte. Dieses Gestein Passo Rolle. Am Pass gibt es mehrere kleine hatte er an zwei Orten gesammelt. Die erste Hotels; unser Hotel hat neben einer sehr guten Stelle war in den Stubaier Alpen, die zweite an Küche auch einen angenehmen Speisesaal und der Straße oberhalb des Porphyrs zwischen Bo­ einen Seminarraum. Als besonderes Glück hat­ zen und Trient. Dolomit, der Name für dieses ten wir die ganze Woche klares und wunder­ neue Gestein, erschien erst einige Jahre später. bares Wetter. Fast jeden Tag zauberte König Als dann die ersten englischen Alpinisten die Laurin bei der Dämmerung die Farben seines bizarr geformten Bleichen Berge 1864 bekannt berühmten Rosengartens für kurze Zeit auf die machten, benannten sie diese Berge nach dem Berge der Pala-Gruppe. Gestein: Dolomiten. In dieser Veröffentlichung wurde auch die regionale Geologie nach den Montag, 30. Juli 2007: Vom Rolle-Pass zur Forschungsergebnissen des Barons von Richt­ Segantini-Hütte - Schauwandern unter der hofen (1833-1905) beschrieben. Allerdings war (3186 m) damals die geographische Region der Dolomi­ ten weiter gefasst als heute, auch die Kamischen Wir wandelten vom Rolle-Pass (1980 m) zur und Julischen Alpen wurden dazu gerechnet. Cervino-Hütte und gemütlich ansteigend zur Im geologischen Beitrag wurden auch die me- Segantini-Hütte (2170 m). Die Segantini-Hütte tamorphen Gesteine bei Brixen im Norden und liegt idyllisch am Fuß der imposanten Cimone die der Cima d'Asta im Süden erwähnt. Unter della Pala. metamorphen Gesteinen versteht man Gesteine Im Geröllschutt und an den Felsen am Fuß der Erdkruste, die durch Druck- und Tempera­ der Schauseite der Pala-Gruppe ist die Do- turänderungen, oft sogar bei Durchsetzung mit lomitenflora mit schönen Arten vertreten: Gasen und Flüssigkeiten, umgewandelt worden Dolomiten-Fingerkraut Potentilla nitida, Dolo- sind. miten-Schafgarbe Achillea oxyloba, Silber- Vor ca. 200 Jahren gab es die sogenannten Nep- Schafgarbe^cM/ea clavenae, die kleinen Blätter tunisten im Gefolge des deutschen Geologen der Tiroler Primel Primula tyrolensis, Zwerg- Werner; nach deren Meinung sind die „Granite“ Primel Primula minima, Alpen-Hahnenfuß unterhalb der Sedimente der Meere zu finden. Ranunculus alpestris, Monte Baldo-Anemone So wurde die Entdeckung, dass im Marmor­ Anemone baldensis, Triglav-Enzian Gentiana bruch von Canzoccoli bei Predazzo der „Gra­ terglouensis, Rätischer Mohn Papaver rhaeti- nit“ oberhalb des „mesozoischen Kalkes“ vor­ cum, auf den Wiesen Bergwohlverleih Arnica kommt, zum Gegenstand intensiver Forschung. montana. Viele Naturforscher kamen, um sich diese Stel­ Die Wanderung ist ein Botanik-Klassiker, aller­ le anzusehen: Alexander von Humboldt 1822, dings muss man hier intensiv suchen. Weitere Leopold von Buch zwischen 1822 und 1826 Arten sind hier der Steinschmückei Petrocallis und weitere Geologen. 1860 erschien der Klas­ pyrenaica aus der Familie der Kreuzblütler siker von Richthofen über die westlichen Do­ Brassicaceae und der Nickende Steinbrech lomiten mit faszinierenden geologischen Profil­ Saxifraga cernua mit dem Suchhinweis „un­

99 © Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V.; download www.zobodat.at ter einem Felsblock nordwestlich am Fuß der nivalis, Mannsschild-Steinbrech Saxifraga Cimone della Pala“. Leider wurden wir zwi­ androsacea, Alpen-Ehrenpreis Veronica al­ schen diesen zahlreichen Felsblöcken nicht pina wachsen in diesem Biotop. Ellenberg fündig. Nachmittags bestiegen wir noch den beschreibt diese Pioniergesellschaft auf dün­ Castellazzo, den Hausberg am Rolle-Pass. Un­ nen und feinerdigen Humusböden: „Selbst sicherheit wegen eines möglichen Gewitters dort, wo diese Gesellschaft nur fragmenta­ ließ uns schnell absteigen und auf der Cervino- risch ausgebildet ist, zeichnet sie sich meistens Hütte angenehm verweilen. Die idyllisch ge­ durch Ranunculus alpestris aus, der die Kalk- legene Hütte liegt eine halbe Stunde Gehzeit Schneeböden im Juli dicht an dicht mit seinen oberhalb des Rolle-Passes und ist zum Ausklang weißen Blütensternen schmückt“ (RUNGE eines Tages sowie als Quartier für mehrere Tage 1990, Seite 172). Diese Pflanzengesellschaft ist sehr gut geeignet. oft dem Gletscherweiden-Spalier benachbart. Weitere Arten waren der Mauerpfeffer-Stein­ Dienstag, 31. Juli 2007: Rosetta (2578 m) brech Saxifraga sedoides, der hier häufig im Geröll zwischen 2000-2200 m auf Kalk Nach kurzer Fahrt vorbei am spektakulären und Dolomit verkommt. In der Umgebung Aufschluss der Werfen-Formation erreichten der Rosetta-Hütte steigt diese Art bis auf wir , den Hauptort 2600 m. Der Triglav-Enzian Gentiana ter- der Pala-Gruppe. San Martino ist ein mondänes glouensis wächst zerstreut bei der Rosetta- Bergdorf mit angenehmem Flair. Mit Sessellift Hütte. Schöne Exemplare von gelbem Alpen- und Seilbahn fuhren wir auf die Bergstation der Mohn Papaver alpinum ssp. rhaeticum und Rosetta (2700 m). Der Höhenunterschied zum Alpen-Grasnelke Armeria alpina erfreuen den Gipfel der Rosetta beträgt nur ca. 150 m, so war Wanderer. genügend Zeit und Muße, Pflanzen zu suchen. Die Umgebung der Rosetta-Hütte ist sehr gut Mittwoch, 1. August 2007: Der Mariotta- erforscht, wie zahlreiche und genaue Fundort- Höhenweg - Vom Col Margherita zur Cima Angaben in PROSSER & FESTI belegen. Die di Juribrutto Umgebung dieser Hütte ist ein sehr reizvolles und bequemes Gebiet, nach Pflanzen zu su­ Eine etwas längere Fahrt führte uns durch chen. Bergwald mit Picknickplätzen und alpine Ra­ Im Umkreis des Gipfels ist auch Saxifraga fac- sen über den Valles-Pass zum Pellegrino-Pass. chinii, ein Dolomiten-Endemit oberhalb 2400 m, Die Seilbahn vom Pellegrino-Pass (1918 m) nachgewiesen. Danach wandelten wir durch brachte uns bequem auf die Bergstation, den Mondlandschaft der Pala-Hochfläche ein Stück Col Margherita (2545 m). Von dort folgten wir in Richtung Pradidali-Hütte (2278 m) und nah­ dem aussichtsreichen Mariotta-Höhenweg über men den gleichen Weg zurück. Die Felslandschaft Porphyr-Brocken („ Saponaria pumila- Weg “) war wenig differenziert, doch wuchsen einige in Richtung Forcella Vallazza (2524 m) und Dolomiten-Arten. In den humosen Mulden, zur Cima Juribrutto (2694 m). An der Forcella die lange vom Schnee bedeckt waren, kam im­ Vallazza wachsen schöne Himmelsherold-Pols­ mer wieder eine Schneetälchen-Gesellschaft in ter. Der Aufstieg auf das Plateau auf die Cima Ausbildung der Blaukressen-Flur vor: Schwarze Juribrutto ist steil und rutschig. Die Region ist Schafgarbe Achillea atrata, Blaue Gänsekresse vergleichsweise wenig auffällig, die dunklen Arabis caerulea, Alpen-Ruhrkraut Gnaphalium Farben des Porphyrs geben dieser Landschaft hoppeanum, Alpengemskresse Pritzelago al- besonders bei bedecktem Himmel ein un­ pina (Hutchinsia alpina), Alpen-Hahnenfuß wirkliches Aussehen. Nach Süden fallt dieser Ranunculus alpestris, Schnee-Ampfer Rum ex Gebirgszug zum Valles-Pass sanft ab, nach Nor-

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Blick vom Rolle-Pass zur Pala-Gruppe

den machen diese Berge durch die steile Wand Von diesem Panorama-Platz wanderten wir einen unzugänglichen Eindruck. über den Bergrücken zwischen Stellungen aus Am Wege wuchsen zahlreiche Exemplare dem 1.Weltkrieg und an Felsen vorbei hinü­ der Klebrigen Primel Primula glutinosa, der ber zur Cavallazza (2324 m). Besondere Arten Zwerg-Primel Primula minima und vom Zwerg- waren u.a. Himmelsherold Eritrichium nanum Seifenkraut Saponaria pumila. An der Forcella und das Zwerg-Seifenkraut Saponaria pumila. gedeiht der Himmelsherold Eritrichium nanum Ein steiler Abstieg führte uns zum idyllischen und am Wege die Rosenwurz Rhodiola rosea. Colbricon-See (1927 m) mit gleichnamiger Der Fassaner Steinbrech Saxifraga depressa Hütte. Von der Hütte führt ein kurzer Weg zum war nicht zu finden; wahrscheinlich wächst er Rolle-Pass, ein längerer Steig hinauf zum abge­ an der schwer zugänglichen Nordseite. legenen Colbricon, und ein anderer Weg bringt Um uns den „stellenweise mühsamen“ Abstieg den Wanderer nach San Martino di Castrozza. über die Nordseite zur sparen, wanderten wir den gleichen Weg zurück. Über die Forcella di Freitag, 3. August 2007: Castellazzo Juribrutto könnte man unter den rechtsseitigen Felsenwänden auf dem Sentiero della Pace zu­ Unsere heutige Wanderung führte vom Rolle- rück zum Pellegrino-Pass wandern. Ausklang Pass zur Cervino-Hütte (2082 m); dann be­ war im Rifugio Flora Alpina in der Nähe des stiegen wir den Castellazzo (2333 m) von der Passes. Rückseite. An einer Felsformation konnten wir die Dolomiten-Glockenblume Campánula Donnerstag, 2. August 2007: Cavallazza morettiana und die Schopfige Teufelskralle Physoplexis comosum bestätigen. Da wir noch Mit dem Sessellift am Rolle-Pass erreichten wir Zeit hatten, konnten wir noch den rasigen schnell und bequem die Tognazza (2209 m). Bergrücken der Costazza (2290 m) queren und

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É © Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V.; download www.zobodat.at in der Cervino-Hütte einkehren. Die zierliche Segantini-Hütte und über die Cervino-Hütte Saumnarbe Lomatogonium carinthiacum aus zurück. Beide Hütten sind für eine Einkehr wie der Familie der Enziangewächse soll bei den geschaffen. ausgetretenen Wegen der Kühe des Bergrückens Sonntag, 4. August 2007: Abreise oder Lusia- zwischen Costazza und Castellazzo Vorkom­ Region men. Heute war der Abreisetag. Als Ergänzung war Samstag, 4. August 2007: Vom Passo Valles noch eine Exkursion in die Lusia-Bocche- ins Val di Venegiotta Juribrutto-Region möglich. Eine längere Fahrt führte dazu nach Moena. Von dort brachte uns Vom Valles-Pass (2031 m) wandelten wir auf eine Seilbahn zur Lusia-Pass-Hütte (2055 m). dem Dolomiten-Höhenweg 2 hinauf zur Forcella Nach Süden fällt der Bergrücken sanft und ra­ di Venegiotta (2313 m) mit herrlichem Blick zur sig ab, nach Norden dagegen steil und abwei­ Cimone della Pala. Die Forcella di Venegiotta send. Wir wandelten auf einem Höhenweg in (Suchtipp Saxifraga depressa) ist ein Einschnitt Richtung Cima di Lusia (2490 m) und such­ zwischen einem Bergrücken und den Ausläufern ten die Nordseite des Sees ab. Dann stiegen des Monte Mulaz. An den Felsen fanden wir die wir zum Joch hinauf und ließen den gesperr­ seltene Dolomiten-Glockenblume Campanula ten Klettersteig rechts liegen. Gleich auf der morettiana und beim Abstieg ins Val Venegiotta Nordseite des Jochs fanden wir zu unserer einen Flimmelsherold-Felsen. Dieser Felsen Begeisterung die ungewöhnlichen Blätter ist wunderschön mit dieser Pflanze überwach­ des Fassaner Steinbrechs. Der endemische sen, die die Berge mit dem Himmel verbindet. Saxifraga depressa hat relativ große und von Ein Gegenanstieg führte uns nochmals zur der Form verkehrt eiförmige, vom dreizähnige

Lomatogonium carinthiacum, Sella-Pass

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Blätter. Der Rundweg führte uns sehr zufrieden Fundorte von Vandellis Mannsschild Androsace zur Mittelstation der Seilbahn. vandelli nach PROSSER sind zahlreiche Stellen in der Lagorai-Kette, an der südwestlichen Seite Exklusive Arten des Gebietes der Cavallazza, der Bergrücken der Cavallazza Piccola sowie Rinne und Felsen nordwestlich Einige Fundortangaben ausgewählter Arten des Kleinen Colbricon auf 2430 m Höhe. sind aus Prosser & Festi (2000) entnommen und Der sehr seltene Wulfens Mannsschild aufgelistet. Androsace wulfeniana ist u.a. westlich unter­

Das Dolomiten-Hungerblümchen Draba dolomitica kommt nur im Gipfelbereich des Monte Mulaz (2900 m) und am Fuße der Cimone della Pala vor. Das Alpen-Kugelschötchen Rhi- zobotrya alpina kommt nur auf Dolomit oberhalb 2500 m vor. Fundorte liegen entlang des Weges 702 (Dolomiten-Flöhenweg2) süd­ lich der Rosetta-Hütte auf2220 m, zerstreut am Fuße der Felsen zwi­ schen Venegiotta-Pass, der West­ seite des Mulaz auf 2200-2300 m Saxifraga depress a , Blätter und etwas unterhalb des Mulaz- Passes (2550 m). halb des Gipfels auf 2270 m sowie zwischen Der Nickende Steinbrech Saxifraga cernua Cavallazza Piccola und Forcella auf 2226 m kommt u.a. in einer kleinen Population ober­ nachgewiesen. halb der Hotels in Richtung der Tognazza vor, Der Triglav-Enzian Gentiana terglouensis an einem Porphyr-Block 700 m südlich des Sees kommt zerstreut an mehreren Stellen vor, z.B. von San Pellegrino und am Osthang des Monte in der Umgebung der Rosetta-Hütte. Cavallazza bei 2200 m. Der Zarte Enzian Gentiana tenella kommt Der seltene Fassaner Steinbrech Saxifraga de- zerstreut auf Kalk und Dolomit vor. Er ist u.a. pressa ist ein Endemit auf Silikat der Berge südlich der Rosetta-Hütte an der Gabelung der des Fassa-Tales. Er kommt in der Region Wege 702/715 und entlang des Weges 701 von Cima Laste, Cima Bocche, Lusia-See, Forcella Col Verde zur Rosetta-Hütte auf 2400 m nach­ Juribrutto und Forcella Vallazza vor. Auch auf gewiesen. Silikat im Bereich des Venegiotta-Passes, auf Den Ungleichzähnigen oder Dolomiten-Enzian der Cavallazza und auf dem Colbricon ist er Gentiana anisodonta müsste man westlich der nachgewiesen. Forcella Juribrutto suchen. Auch im Val Venegia, Der Dolomiten-Mannsschild Androsace hans- das eine landschaftlich schöne Verbindung zwi­ mannii ist an Dolomiten-Felsen oberhalb von schen Valles-Pass und Rolle-Pass herstellt, ist 2200 m zu finden. Fundorte sind z.B. Felsen diese Art nachgewiesen. am Fuße südlich der Cimone della Pala (2250- Das kleine Tauemblümchen oder die Saumnarbe 2400 m), nordwestlich der Rosetta-Hütte und Lomatogonium carinthiacum gehört zur Familie zwischen Passo Mulaz (2650 m) und Monte der Enziangewächse und wächst auf den Rücken Mulaz (2790 m). zwischen Costazza und Castellazzo.

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Der bekannte Himmelsherold Eritrichium na- ben wir teilweise erkundet. Die Abhänge wären num kommt oberhalb 2000 m zerstreut vor. weiterer Suche wert. Die geheimnisvolle Lago- Fundorte sind in der Umgebung der Rosetta, rai-Kette bietet viele Wanderungen, allerdings unterhalb Cimone della Pala, unterhalb des sind die Anstiege beschwerlich. Die Bergkette Gipfels der Cavallazza gegen Westen sowie in Lusia-Bocche-Juribrutto ist durch zwei Seil­ der Juribrutto-Bocche-Lusia-Kette. bahnen von Norden und durch breite Almwege von Süden gut zugänglich. Die Region mit Sili­ Ausblick kat als Untergrund ist botanisch sehr interessant und bietet reizvolle Wanderungen. In dieser Woche haben wir gemeinsam und intensiv Pflanzen in der Pala-Gruppe gesucht. Ich danke den Damen und Herren dieser Als Vorbereitung bin ich mit meiner Frau vie­ Gruppe für ihr großes Interesse und die uner­ le Wege gegangen und habe lange in der Lite­ müdliche Bereitschaft, Pflanzen zu bestimmen. ratur (Anchisi 1995, Prosser & Festi 2000) Sehr gerne denke ich auch an unser Hotel und recherchiert. Zahlreiche Arten haben wir gefun­ die köstlichen Trentiner Weine, die wir abends den, doch haben sich einige sehr seltene Arten genießen konnten. Für mich ist die Pala-Region vor unseren Augen verborgen. Saxifaga cernua, immer noch teilweise unerforscht und sehr inte­ Androsace wulfeniana, Rhizobotrya alpina und ressant. Ich freue mich auf weitere Reisen mit Lomatogonium carinthiacum warten noch dar­ dem Buch von PROSSER & FESTI (2000) im auf, dass wir sie erneut finden. Rucksack, um nach weiteren Arten zu suchen.

Folgende Exkursionen würden die Wanderun­ Literaturauswahl gen nach meiner Recherche und Kenntnis des Gebietes noch ergänzen. Da jedoch die Fundor­ Anchisi : Escursioni floristiche sulle Alpi. te seltener Arten nach meiner Erfahrung klein­ 1995 räumig und punktuell sind, ist die Suche trotz B osellini : Geologie der Dolomiten. Bozen genauer Angaben sehr zeitaufwendig. 1998 (Athesia) Die rutschigen und nicht ungefährlichen Schutt- Kompass-Wanderbuch Dolomiten. Auflage 5- kare oberhalb der Baita Segantini bieten ein in­ 03. Rum/Innsbruck teressantes Artenspektrum, die Felsblöcke am Geyer : Die Südalpen zwischen Gardasee und Fuße der Cimone della Pala haben wir teilweise Friaul. Berlin, Stuttgart 1993. Sammlung Ge­ abgesucht. Auch Mulaz-Pass, Mulaz-Hütte und ologischer Führer Band 86 (Bomträger) der namengebende Berg sind durch die Höhe Lauber u.a..: Flora Alpina. Bern 2004 (Haupt) und exklusive Lage botanisch interessant. Je­ LAMMERER: Wege durch Jahrmillionen. 1991 doch sind durch die langen Gehzeiten Über­ (Athesia) nachtungen auf der Hütte unvermeidlich. Der Prosser & Feste La Flora del Parco Naturale nahe liegende Castellazzo ist einen stunden­ Paneveggio Pale di San Martino. Rovereto langen Aufenthalt wert, um die unterschiedli­ 2000. chen Gesteine und das Plateau und die Felsen Runge : Die Pflanzengesellschaften Mitteleuro­ abzusuchen. Der Höhenweg zwischen Rosetta pas. Münster 1990 (Aschendorff) und Pradidali erschließt eine artenreiche Berg­ region. Da man allerdings mit reiner Gehzeit von 6 Stunden rechnen muss, um die Seilbahn Anschrift des Verfassers: wieder zu erreichen, muss man auf den Hütten Werner Gerstmeier übernachten. Die auffällige Cavallazza hat ei­ Bahnhofsteig 46b nen ganz besonderen Reiz, die Felsen oben ha­ 91560 Heilsbronn

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