Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5663

zur Abstimmung: Ollenhauer 1 (SPD) 5702D Dr. von Merkatz (DP) 5703A Renner (KPD) 5703B Frau Wessel (Z) 5704B von Thadden (DRP) 5704C Abstimmungen 5704D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Aufhebung von Kriegsvorschriften (Nr. 2093 der Druck- sachen); Mündlicher Bericht des Aus- schusses, für Rechtswesen und Verfas- sungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2236 [neu] der Drucksachen) 5705B 144. Sitzung. Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 5705B Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951. Abstimmungen 5706A Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Geschäftliche Mitteilungen . . . . 5664A, 5705A die Kreditanstalt für Wiederaufbau (Nr 2233 der Drucksachen) 5706B Änderungen der Tagesordnung . . 5664A, 5706B Ausschußüberweisung 5706B Eintritt des Abg. Dr. Niklas in den Bundes tag 5664B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verteilung des im Geschäftsjahr Anfrage Nr. 85 der Zentrumsfraktion betr 1950 erzielten Reingewinns der Bank Überprüfung der Subventionen an die deutscher Länder (Nr. 2244 der Druck- Margarineindustrie (Nrn. 2196 und 2279 sachen) 5706C der Drucksachen) 5664B Scharnberg (CDU) 5706C Anfrage Nr. 89 der Fraktion der FDP betr Ausschußüberweisung 5706C Umsatzsteuersatz für Tabakgroßhandel (Nrn. 2243 und 2280 der Drucksachen) . . 5664B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP und Z eingebrachten Beschlußfassung des Bundesrats zum Ge- Entwurfs eines Gesetzes zur assungAnp setz zur Vermeidung von Härten in der der Facharztordnung für die deutschen knappschaftlichen Rentenversicherung bei Ärzte an die Fortschritte der medizini- längerer bergmännischer Tätigkeit . . . 5664B schen Wissenschaft und Praxis (Nr. 2255 Entgegennahme und Besprechung einer Er- der Drucksachen) 5706D klärung der Bundesregierung (Saarfrage) Ausschußüberweisung 5706D in Verbindung mit der Antrag des Bundesministers der Finanzen Beratung der Interpellation der Abg. vom 4. Mai 1951 auf Zustimmung des Strauß, Dr. Mende, Dr. Hamacher u. Gen. Bundestages zur Veräußerung eines betr. Saarfrage (Nr. 2115 der Druck- bundeseigenen Grundstücks gemäß § 47 sachen) und mit der Abs. 3 der Reichshaushaltsordnung (Nr 2246 der Drucksachen) 5706D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD- betr. Regelung der Saarfrage (Nr. 2114 Ausschußüberweisung 5706D 5664C der Drucksachen) Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 5664C schusses für Heimatvertriebene (22. Aus- Strauß (CSU), Interpellant 5672A schuß) über den Antrag der Fraktion der Dr. Schmid (Tübingen) (SPD), KPD betr. Wahrung der Interessen der Antragsteller 5677D aus dem westlichen Ausland ausgewie- Dr. Wuermeling (CDU) 5686D senen Deutschen (Nrn. 2227, 1826 der Drucksachen) Dr. Seelos (BP) 5688D 5706D Beratung vertagt Mayer (Stuttgart) (FDP) 5689D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 5692C Beratung des interfraktionellen Antrags Loritz (WAV) 5693D betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 184) Ewers (DP) 5694D 5707A Beschlußfassung Dr. Ott (BHE-DG) 5696B 5707C Goetzendorff (DRP-Hosp.) 5698A Beratung der Übersicht Nr. 28 über An- von Thadden (DRP) 5696B träge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen Niebergall (KPD) 5698D (Umdruck Nr. 165) 5707C Dr. Hamacher (Z) 5701C Beschlußfassung 5707C zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 5702C Nächste Sitzung 5707C Unterbrechung der Sitzung . . 5702D Schröter (CDU) 5706B 5664 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951

Die - Sitzung wird um 14 Uhr 5 Minuten durch a) Entgegennahme einer Erklärung der Bun den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet. desregierung; b) Beratung der Interpellation der Abgeord- Präsident Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren! ten Strauß, Dr. Mende, Dr. Hamacher und Ich eröffne die 144. Sitzung des Deutschen Bundes- Genossen betreffend Saarfrage (Nr. 2115 tages und bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die der Drucksachen); Bekanntgabe der entschuldigten Abgeordneten. c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Regelung der Saarfrage (Nr. 2114 Frau Albertz, Schriftführerin: Der Präsident hat der Drucksachen). Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Stegner und Dr. Dorls. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß für die Gesamtheit dieses Gegenstandes der Tagesord- Der Präsident hat Urlaub erteilt für drei Tage nung — Antrag und Interpellation - eine Aus- den Abgeordneten Dr. Preusker, Dr. Gülich, Karpf, sprachezeit von 180 Minuten vorgesehen wird. — Dr. Gerstenmaier, Böhm, Agatz, Vesper. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstan- Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach die den ist. Abgeordneten: Stauch für eine Woche wegen einer Zunächst erfolgt also die Entgegennahme einer Studienreise nach, Frankreich, Kohl (Heilbronn) für Erklärung der Bundesregierung. Das Wort hat der eine Woche wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Herr Bundeskanzler. Spies für zwei Wochen wegen Krankheit, Bausch für drei Wochen wegen einer Studienreise nach den Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Meine Damen und USA, Behrisch und Blachstein für vier Wochen meine Herren! In der Saarfrage hat sich in der wegen einer Studienreise nach Jugoslawien. letzten Zeit einiges ereignet, was die Bundesregie- Entschuldigt ist der Abgeordnete Jahn. rung zwingt, zu dem gesamten Problem der Saar erneut Stellung zu nehmen. Zu den Tatsachen, die Präsident Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren, neuerdings eingetreten sind, gehören das Verbot ich darf annehmen, daß die Gesuche um Urlaub, der Einreise von Bundestagsabgeordneten ins Saar- soweit er über eine Woche hinausgeht, von Ihnen gebiet, das Verbot der Demokratischen Partei, im genehmigt worden sind. Saargebiet und endlich der Brief, den der französi- sche Außenminister Herr Schuman am 9. Mai 1951 Ich bitte Sie, davon Kenntnis zu nehmen, und an den Ministerpräsidenten Hoffmann gerichtet hat. bitte um Ihre Zustimmung dazu, daß der für mor- gen vorgesehene Mündliche Bericht des Ausschusses Der Deutsche Bundestag hat sich zuletzt am 10. für Geld und Kredit betreffend Einsparung von März 1950 eingehend mit der Saar befaßt. Die Aus- 150 Millionen DM Zinsen — Drucksache Nr. 2101 — führungen, die ich damals machte, faßte ich in fol heute mit dem sachlich damit in Zusammenhang genden Punkten zusammen: „Die endgültige Rege- stehenden Punkt 5 der Tagesordnung behandelt lung der Verhältnisse an der Saar muß in einem wird. — Das Haus ist damit einverstanden. mit uns, d. h. mit der Bundesrepublik zu schließen- Weiterhin, meine Damen und Herren, habe ich den Friedensvertrag erfolgen. Daraus ergibt sich, in unserem Kreise als Abgeordneten zu begrüßen daß vor Abschluß des Friedensvertrages an der den für den heimgegangenen Abgeordneten Loibl Saar keine Verhältnisse geschaffen werden dürfen, im Wahlkreis Donauwörth in den Bundestag ge- deren Änderung durch den Friedensvertrag nicht wählten Bundesminister Herrn Professor Dr. mehr möglich ist. Niklas. Ich heiße ihn in dieser neuen Eigenschaft (Abg. Rische: Das gilt auch für West in unserem Kreise willkommen und wünsche ihm deutschland!) eine erfolgreiche, Arbeit. Wir haben den dringenden Wunsch, daß an der (Beifall bei den Regierungsparteien.) Saar die Grundsätze der Freiheit und der Demo- kratie verwirklicht werden. Wir wünschen eine Die amtlichen Mitteilungen werden wie üblich Regelung der Saarfrage, die den Interessen aller ohne Verlesung ins Protokoll aufgenommen:- beteiligten Staaten einschließlich Frankreichs und Der Herr Bundesminister der Finanzen hat auch des Saargebiets gerecht wird." unter dem 23. Mai 1951 die Anfrage Nr. 85 der Ich habe aber damals keinen Zweifel darüber ge- Fraktion des Zentrums betreffend Überprüfung lassen, daß die Saarfrage unter keinen Umständen der Subventionen an die Margarineindustrie — zu einer Störung der Bemühungen, , zwischen Drucksache Nr. 2196 — beantwortet. Die Ant- wort wird als Drucksache Nr. 2279 verviel- Deutschland und Frankreich gute Beziehungen her- fältigt. zustellen, und damit zu einer Erschwerung des Aufbaues von Westeuropa führen dürfte. Der „Herr Bundesminister der Finanzen hat weiter unter dem 26. Mai 1951 die Anfrage An diesen Grundsätzen hat sich für mich nichts Nr. 89 der Fraktion der FDP betreffend geändert, insbesondere auch nicht an dem letzten Umsatzsteuersatz für Tabakgroßhandel — Grundsatz. So unangenehm und so störend die von Drucksache Nr. 2243 — beantwortet. Die mir eingangs erwähnten Vorfälle sind, so sind sie Antwort wird als Drucksache Nr. 2280 verviel- doch letzten Endes zeit- und personenbedingt; sie fältigt. geben aber keine Veranlassung, von der Linie der für Deutschland, Frankreich, Europa und den Welt- Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom frieden entscheidenden Politik der Integration 25. Mai beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes Europas und der Herstellung eines guten Einver- zur Vermeidung von Härten in der knapp- nehmens zwischen Frankreich und Deutschland, das schaftlichen Rentenversicherung bei längerer die Grundlage dieser Integration Europas ist, abzu- bergmännischer Tätigkeit einen Antrag gemäß gehen. Es sei mir aber gestattet, hier dem dringen- Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. den und lebhaften Wunsche Ausdruck zu geben, daß die Weltlage und die Erfordernisse unserer Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Zeit, die für alle Völker gelten, in das gleiche Punkt 1 der Tagesordnung: Verständnis, die gleiche. Würdigung finden wie bei Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5665 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) uns, auch gegenüber bagatellhaften Querelen aus laut den Eindruck, als sei das das letzte Wort, das Saarbrücken. die französische Regierung in der Saarfrage zu (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.) sprechen habe. Diese Konventionen haben aber dann ein merkwürdiges Schicksal gehabt. Während Ich werde an der Verfolgung der Europapolitik und der saarländische Landtag die Abkommen in einer der Politik der Herbeiführung eines guten Ver- einzigen Sitzung wenige Tage nach der Unterzeich- hältnisses zwischen Deutschland und Frankreich nung in Bausch und Bogen ratifizierte, trotz aller Zwischenfälle unbedingt festhalten. (Zuruf von der KPD: Der Landtag!) (Beifall bei den Regierungsparteien.) hat es sich die französische Regierung bis zum Ich lasse mich von der Verfolgung dieser Politik Oktober, also volle sieben Monate, überlegt, ehe sie am allerwenigsten durch Herrn Hoffmann aus die Saarkonventionen ihren gesetzgebenden Kör- Saarbrücken abbringen. perschaften zur Zustimmung vorlegte. Über die (Erneuter Beifall bei den Regierungspar Gründe dieser zögernden Behandlung möchte ich teien. — Zurufe von der KPD.) hier keine Vermutungen aussprechen. Die Frage ist berechtigt, was die Bundesregierung (Abg. Rische: Von Washington!) in dem verflossenen Jahr getan hat, um die von mir Wenn Sie die Saarpresse in dieser Zeit verfolgt wiedergegebenen Grundsätze zur Geltung zu brin- haben, so werden Sie die Nervosität, ja die Angst gen. Wir haben gegen die französisch-saarlän- haben feststellen können, die bei der Saarregie- dischen Konventionen vom 3. März 1950 bei der rung wegen der verzögerten Ratifikation der Saar- Alliierten Hohen Kommission Verwahrung einge- konventionen herrschte. Tatsächlich sind sie dann legt und dabei unter anderem auf folgendes ver- in Kraft gesetzt worden, nämlich am 31. Dezember wiesen. Nach den Erklärungen der Alliierten vom des vergangenen Jahres; allerdings mit einem sehr 5. Juni 1945 hat Deutschland nicht aufgehört, als beachtlichen Unterschied: Die politischen Konven- Staat nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember tionen, d. h. die Abkommen, in denen die Separa- 1937 zu bestehen. tion der Saar vom übrigen Deutschland steckt, sind (Abg. Dr. Laforet: Sehr richtig!) von der französischen Regierung ohne parlamen- Das Grundgesetz der Bundesrepublik ist zwar nur tarische Ratifikation in Kraft gesetzt worden. von dem deutschen Volke in elf Ländern geschaffen (Abg. Renner: Haben wir das hier nicht worden; das deutsche Volk in elf Ländern hat aber auch schon mal erlebt? Bei uns?) zugleich für die Deutschen gehandelt, denen mitzu- Bei der Beratung der Konventionen in der franzö- wirken versagt war. sischen Nationalversammlung am 21. Oktober des (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungs vergangenen Jahres sagte Außenminister Schuman parteien. — Abg. Renner: Das ist der hierzu wörtlich: Denkfehler bei Ihnen!) Die nicht ratifikationsbedürftigen Abkommen Die Bundesregierung, die sich auf freie demokra können ohne Mitwirkung der Parlamente ge tische Wahlen stützt, ist daher befugt und ver- ändert werden. Es kann notwendig sein, diese pflichtet, die deutschen Rechte und Interessen ins- Abkommen leicht und schnell ohne Eingreifen gesamt zu wahren. Durch das Potsdamer Abkom- • des Parlaments den in ständiger Entwicklung men befindlichen Bedürfnissen anzupassen. (Abg. Rische: Seit wann gilt es denn noch?! Aus diesen Worten, meine Damen und Herren, — Zuruf des Abg. Renner) durften wir entnehmen, daß die Befürchtung, die und andere alliierte Erklärungen wurde grundsätz- französische Regierung habe sich endgültig auf die lich festgelegt, daß der Gebietsstand Deutschlands Saarkonventionen festgelegt, nicht zu Recht besteht nur durch einen Friedensvertrag geändert werden und daß die französische Regierung unsere Ansicht kann. teilt, daß das letzte Wort über die Saar noch nicht (Sehr richtig! links. — Abg. Strauß: Oder gesprochen ist. Neiße-Linie!) - Hier knüpft der Briefwechsel, der am 18. April Infolgedessen betrachtet die Bundesregierung die dieses Jahres anläßlich der Unterzeichnung des Saar rechtlich als einen Teil Deutschlands. Schumanplans zwischen mir und Außenminister (Lebhafter Beifall bei den Regierungspar Schuman stattgefunden hat, unmittelbar an. Durch diesen Briefwechsel ist nicht gesagt, daß sich die teien.) Bundesregierung und die französische Regierung Die alliierten Regierungen, an die diese Note, über eine Lösung der Saarfrage einig wären. Wohl deren Inhalt ich Ihnen eben mitgeteilt habe, ge- hat die französische Regierung wiederholt erklärt, richtet war, haben die Note widerspruchslos zur daß sie den Gedanken einer Annexion des Saarge- Kenntnis genommen. biets, wie er 1919 bestand und wie er 1945 und (Zuruf von der KPD: Das ist aber nett!) später im Saargebiet propagiert wurde, endgültig Wir haben darüber hinaus die Genugtuung ge- aufgegeben hat. Wenn wir in diesem Punkt mit der habt, daß das von uns in Anspruch genommene französischen Regierung völlig einig sind — denn, Recht, gesamtdeutsche Interessen international zu meine Damen und Herren, die Saar ist deutsches wahren, in der Erklärung der alliierten Außen- Land von jeher gewesen und seine Bevölkerung minister zur Deutschlandfrage in New York im wird für immer deutsch bleiben —, September vorigen Jahres beinahe mit den gleichen (lebhafter Beifall) Worten anerkannt wurde, die sich in unserer Note so sind wir mit der französischen Regierung über zur Saarfrage vom 5. Mai finden. die Lösung, die ihr gegenwärtig vorzuschweben (Abg. Rische: Das verstößt gegen Potsdam! scheint, aus verschiedenen Gründen nicht einig. — Zurufe von rechts: Moskau-Agent! Außenminister Schuman ist genötigt gewesen, Mund halten! Ruhe!) sehr viel öfter als ich zur Saarfrage zu sprechen: Die französisch-saarländischen Konventionen vom Am 20. Oktober des vergangenen Jahres vor der 3. März vorigen Jahres erweckten in ihrem Wort- Assemblée Nationale, am 15. November vor dem 5666 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) Rat der Republik, am 20. Februar dieses Jahres an- daß seine Bevölkerung darin vertreten ist, bis läßlich der Debatte über den Etat des französischen ein Friedensvertrag das Statut der Saar end- Hohen Kommissars im Saargebiet vor der Assem- gültig regelt, blée Nationale und am 25. April dieses Jahres noch Das heißt ganz klar und deutlich, daß die Bevölke- einmal vor dem Rat der Republik. Aus seinen Aus- rung des Saargebiets, nicht aber ein Saarstaat im führungen ist zu entnehmen, daß die französische Europarat vertreten sein soll. Regierung gegenwärtig die Lösung der Saarfrage in (Sehr gut! bei der FDP.) der Schaffung eines selbständigen, von Deutschland politisch getrennten souveränen Saarstaates, eines Ich glaube, daß Außenminister Schuman ganz zweiten Luxemburg, sucht und daß sie den Wunsch recht hatte, als er sich dem Drängen seines Parla- hat, diesem souveränen Saarstaat die internationale ments, mit der Bundesregierung in eine Diskussion Anerkennung zu verschaffen. über die Saarfrage einzutreten, am 20. Februar dieses Jahres mit der Bemerkung entzog, er wolle (Hört! Hört! rechts.) in der Saarfrage keine sterilen Auseinandersetzun- Hierzu, meine Damen und Herren, möchte ich gen mit der Bundesregierung führen; in der Politik vorweg etwas Grundsätzliches vom europäischen werde der recht behalten, der die stärkeren Nerven Standpunkt aus sagen. Ich würde diese Lösung habe. Das dürfen auch wir uns zu Herzen nehmen, schon vom europäischen Standpunkte aus unbedingt meine Damen und Herren, und wir können das um ablehnen müssen. Wir streben auf ein vereinigtes so eher tun, als wir ,bei der Behandlung der Saar- Europa hin, in dem die Grenzen fallen sollen. Es frage bisher jedenfalls bewiesen haben, daß wir erscheint mir antiquiert, in diesem Stadium der Herren unserer Nerven sind. europäischen Entwicklung noch erst neue euro- (Abg. Renner: Ist ja schön!) päische Zwergstaaten schaffen zu wollen. Wir haben deshalb auch im Europarat die Saarfrage (Sehr richtig! und Beifall bei den Regie ruhig auf uns zukommen lassen; ausgewichen sind rungsparteien und bei der SPD.) wir ihr nicht. Die Zulassung der Saarregierung als Ich kann mir auch nicht denken, meine Damen und Signatar der Konvention des Europarates über die Herren, welchen überzeugenden Grund die fran- Menschenrechte und Grundfreiheiten mußte den zösischen Verfechter dieses Gedankens ins Feld Verdacht erwecken, daß hier — durch die Hintertür führen könnten. Auf die Frage: „Warum soll ein — der Versuch gemacht wurde, die Saarregierung selbständiger Saarstaat geschaffen werden?", gibt und damit das zweite Luxemburg in den Kreis der es keine Antwort, wenn die Elemente dieser Ant- europäischen Regierungen einzuführen. Wir haben wort nicht in den Vorstellungen einer Vergangen- hierauf mit der gebotenen Deutlichkeit reagiert und heit wurzeln, in denen man sich gegenseitig Land- dem Generalsekretär des Europarats eine Rechts- gebiete abnahm oder sich durch Puffer- und Satel- verwahrung zugeleitet, in der ausdrücklich fest- litenstaaten schützen zu müssen glaubte. gestellt ist, daß es kein politisches Statut für das (Beifall bei den Regierungsparteien.) Saargebiet gibt, auf Grund dessen dieses Land als völkerrechtlich handlungsfähig legitimiert wäre Das habe ich vom europäischen Standpunkt aus ge- und daß diese Rechtslage auch durch die Unter- sagt. zeichnung eines internationalen Abkommens durch Vom deutschen Standpunkt aus ist folgendes zu das Saargebiet nicht berührt wird. Wir haben diese sagen. Ob das Saargebiet von Frankreich annektiert Rechtsverwahrung auch der Alliierten Hohen Kom- oder ob es zu einem zweiten Luxemburg gemacht mission notifiziert, die dagegen ebensowenig Ein- wird, ist von unserem deutschen Standpunkt aus wendungen erhoben hat wie gegen unsere Saar- gesehen gleichgültig. Von unserem Standpunkt aus note vom 5. Mai. Somit ist auch hier bei diesem gesehen ist es immer nur die Separation, die Los- Anlaß unser Rechtsstandpunkt voll gewahrt wor- reißung von Deutschland; und die Saarpolitiker, die den. sich für diese Lösung stark machen, können sich Demselben Versuch, die Saar beim Abschluß nicht darüber beklagen, wenn die Verfechter einer eines multilateralen internationalen Vertrages als solchen Separation in unseren Augen als- Separa- Vertragspartner in den Kreis der europäischen tisten gelten! Staaten einzuführen, sind wir bei der Unterzeich- (Beifall bei den Regierungsparteien und nung des Schumanplans begegnet. Die Saarregie- bei der SPD. — Abg. Renner: Das ist für rung hat bei der französischen Regierung die For- ihn ein gefährliches Wort!) derung gestellt, das Saargebiet müsse als siebtes Land und damit als gleichberechtigter Partner des Mit dem Bestreben, dem Saargebiet internatio- Schumanplans zugelassen werden. Nach den Er- nale Anerkennung als Staat zu verschaffen, haben fahrungen, die wir mit den Ansprüchen der Saar- wir uns im vergangenen Jahre auseinandersetzen regierung in Straßburg gemacht haben, haben wir müssen., Die Saarregierung hat die Aufnahme des auf diese Absicht mit der gebotenen Deutlichkeit Saarlandes als assoziiertes Mitglied in den Europa- reagiert. Ein Versuch, die Saarregierung zur Unter- rat und die Zulassung eines Beobachters der Saar- zeichnung des Vertrages zuzulassen, hätte ein Schei- regierung zu den Sitzungen des Ministerkomitees tern des Vertrags zur Folge gehabt. Hieraus haben in voreiliger Weise als eine Gleichstellung der wir der französischen Regierung gegenüber kein Saarregierung mit der Bundesregierung und als Hehl gemacht. Schwierigkeiten ähnlichen Ausmaßes eine internationale Anerkennung eines selbständi- hätten sich auch dann ergeben, wenn die franzö- gen Saarstaates gedeutet. Ich sagte, daß dies vor- sische Regierung den Anspruch erhoben hätte, den eilig war. Die Saarregierung hätte gut daran getan, Vertrag zweimal — d. h. einmal im eigenen Na- wenn sie sich des Beschlusses des Ministerkomitees men und im Namen der Saarregierung — zu unter- vom 3. November 1949 erinnert hätte, der wörtlich zeichnen. Auch durch dieses Verfahren wäre das lautete: Saargebiet als eine politische, durch die franzö- Da die Lage in den Besatzungszonen West- sische Regierung vertretene völkerrechtliche Ein- deutschlands dazu geführt hat, daß die Saar heit anerkannt worden. Als die Saarregierung ein- augenblicklich nicht im Europarat vertreten ist, sah daß sie mit einer Zulassung als siebter Ver- und indem es als wünschenswert erachtet wird, tragsstaat nicht rechnen könne, konzentrierten sich Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5667 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) ihre Anstrengungen auf diese von mir eben ge- könnten wir mit einer ebenso ruhig denkenden I kennzeichnete Lösung. Auch diesen Gedanken hat französischen Regierung zu einer Einigung über die die französische Regierung, um den Schumanplan Saarfrage auch schon' vor dem Friedensvertrag nicht zu gefährden, fallen lassen. kommen. In dem Ihnen bekannten Briefwechsel, den ich (Abg. Dr. von Brentano: Sehr gut!) am 18. April dieses Jahres mit dem französischen Diese Einigung kann aber nur nach dem Grundsatz Außenminister vollzogen habe und der einen inte- erfolgen, den ich von Anfang an vertreten habe: grierenden Bestandteil des Vertrags über die Mon- Frankreich hat wirtschaftliche Interessen im Saar- tanunion bildet, sind die deutsche und die franzö- gebiet; wir haben wirtschaftliche und nationale In- sische Regierung, beide unter Wahrung ihrer eige- teressen in diesem Lande. Zwischen diesen Interes- nen Standpunkte, übereingekommen; daß die end- sen muß im Geiste einer ehrlichen und zu Kompro- gültige Regelung der Saarfrage nur durch einen missen bereiten europäischen Zusammenarbeit ein Friedensvertrag oder einen gleichartigen Vertrag Ausgleich gefunden werden, der allen gerecht wird, erfolgen kann. Ich betone — das scheint mir von insbesondere aber den Wünschen der Saarbevölke- besonderer Wichtigkeit zu sein —, daß bisher eine rung selber. solche vertragliche Abmachung zwischen der deut- schen und der französischen Regierung nicht be- (Abg. Rische: Die Kohlen wollen Sie wohl standen hat. Eine solche Vereinbarung aber schließt verschenken?!) in sich, daß bis zu dieser endgültigen Regelung von Die Schwierigkeiten, die uns trotz unseres guten keiner Seite Handlungen vorgenommen und Ver- Willens in den Weg gelegt wurden, kamen bisher hältnisse geschaffen werden dürfen, die eine end- sehr viel weniger von der französischen Regierung gültige Regelung durch den Friedensvertrag illu- als vielmehr von der Saarregierung, sorisch machen würden. (Sehr wahr! irf der Mitte und rechts) (Abg. Dr. von Brentano: Sehr gut!) die die Zeichen der Zeit nicht verstehen will und Bereits im Frühjahr des Jahres 1950 ist durch einen Verzweiflungskampf um ihre Existenz einen Kabinettsbeschluß festgelegt worden, daß wir kämpft. keinen Saarstaat anerkennen. Die Saarregierung — (Sehr gut! in der Mitte und rechts.) ich stelle das ausdrücklich vor aller Öffentlichkeit Wenn die deutsche und die französische Regierung fest — ist weder von uns noch von einer anderen sich darüber einig sind, daß der gegenwärtige Zu als der französischen Regierung anerkannt worden stand an der Saar provisorisch ist, so müssen sich und von dieser, der französischen Regierung, wie auch die Herren der Saarregierung dieser Tatsache der Briefwechsel vom 18. April zweifelsfrei fest- beugen. stellt, nur vorbehaltlich der endgültigen Regelung (Abg. Rische: So wie in Westdeutschland! im Friedensvertrag oder in einem gleichartigen -- Gegenrufe rechts: Kommunisten, Schna Vertrag. bel halten! — Abg. Rische: Undemokra Der Herr französische Außenminister hat diese tische Zwischenrufe!) Tatsache auch anerkannt, als er am 24. April dieses Über die Saarfrage wird im Friedensvertrag oder Jahres im Rat der Republik sagte: in einem anderen Vertrag entschieden. Diese Ent- Wenn es eine außenpolitische Souveränität für scheidung muß in Übereinstimmung mit dem Wil- den Saarstaat geben soll, so genügt dazu keine len der Saarbevölkerung stehen. Die Saarregierung, zweiseitige Erklärung. Er muß von dritten meine Damen und Herren, ist nichts anderes als Staaten anerkannt werden. Keiner der Signa- eine Verwaltungsbehörde in einem Lande, über das tarstaaten des Schumanplans hat den derzeiti- in einem Vertrage entschieden werden soll, gen Zustand an der Saar anerkannt. Keiner hat (Abg. Dr. Schäfer: Sehr wahr!) daran gedacht, einen diplomatischen Vertreter bei der Saarregierung zu akkreditieren. an dem die Saarregierung sicherlich nicht als Ver handlungs- und Vertragspartner teilnehmen wird. Ich darf also zusammenfassend feststellen, daß (Beifall bei den Regierungsparteien.) die Bundesregierung nichts versäumt hat, um den deutschen Rechtsstandpunkt zu wahren. Gegen- die- Sie hat die Pflicht, dafür zu sorgen, daß sich im sen Rechtsstandpunkt hat die Alliierte Hohe Kom- Saargebiet durch eine offene und freie Aussprache mission keine Einwendungen erhoben. Wir können ein Urteil der öffentlichen Meinung über die im mit Befriedigung feststellen, daß es durch den Friedensvertrag oder in einem anderen Vertrag zu Briefwechsel vom 18. April 1951 zum ersten Male, findende Endlösung bilden kann. gelungen ist, diesem Rechtsstandpunkt Geltung in (Abg. Rische: Das haben Sie ja gerade hier einem` internationalen Vertrag zu verschaffen. Be- verboten! — Zuruf rechts: Kommunistische sonders wichtig erscheint es mir, daß hierbei zwi- Verräter, schweigen!) schen der deutschen und der französischen Regie- Ich denke, daß wir uns hier nicht mehr bei der rung, die an der Saarfrage in erster Linie inter- Bedeutung oder Bedeutungslosigkeit der Wahlen essiert sind, eine Rechtsgrundlage für die künftige zum saarländischen Landtag von 1947 aufzuhalten Gestaltung der Verhältnisse an der Saar geschaffen brauchen. worden ist. Ich betone nochmals, daß dieser Brief- (Zustimmung in der Mitte.) wechsel integrierender Bestandteil des Vertrags Wir haben uns hierüber an dieser Stelle am über die Montanunion ist. Die in ihm dargelegte 10. März 1950 ausgesprochen. Inzwischen sind aber Rechtsauffassung ist auch von den übrigen Signa- der Bundesregierung weitere Dokumente bekannt- tarmächten dieses Vertrags anerkannt worden. Dar- geworden, die die Machenschaften, die zu diesen in sehe ich einen Erfolg, der um so größer ist, als Wahlen führten, vollends klarwerden ließen. Ich er ohne Lärm, ohne Drohung und ohne Geschrei zum möchte mich hier auf das Zeugnis der katholischen Fenster hinaus erreicht worden ist. Geistlichkeit des Saargebietes berufen, die in einer (Beifall bei den Regierungsparteien.) von den Dechanten des Saargebietes einstimmig ge- Wenn wir auf diesem Weg fortfahren, wenn faßten Erklärung vom 26. März 1950, die dem Mi- wir — um das Wort von Herrn S chuman nochmals nisterpräsidenten Hoffmann zugeleitet wurde, fol- zu gebrauchen — die ruhigen Nerven behalten, so gendes feststellten: 5668 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) Wir sehen uns heute genötigt, zur Steuerung men und Herren, war die Saarbevölkerung auch 1 der Wahrheit und zur Gewissensberuhigung während der Zeit der Verwaltung des Gebiets vieler Katholiken folgendes festzustellen. Der durch den Völkerbund nicht gehindert, der in ähn- heutige Status des Saargebietes beruht auf dem licher Weise, wie das heute der Fall ist, eine end- Ergebnis der Landtagswahl vom 5. Oktober gültige Regelung der staatlichen Zugehörigkeit des 1947. Bei dieser Wahl standen die Katholiken Gebiets vorbereiten sollte. vor der Entscheidung über christlich oder nicht- Ich bedaure sehr, daß sich der französische Herr christlich orientierte Politik. Mit dieser Ent- Außenminister durch seinen Brief an den saarlän- scheidung wurde leider verknüpft eine Ent- dischen Ministerpräsidenten den Vorwurf gegen die scheidung für oder gegen den wirtschaftlichen Demokratische Partei zu eigen gemacht hat, sie sei Anschluß, der eine Trennung von Deutschland verfassungswidrig und sie sei nazistisch. Da wir und eine begrenzte Autonomie im Rahmen nach dem Briefwechsel vom 18. April dieses Jahres einer Wirtschaftsunion mit Frankreich zur das gleiche legitime Interesse an der politischen Ge- Folge habe. Die Entscheidung wurde erleichtert staltung des Saargebiets haben wie die französische durch die Zusicherung, daß der politische Sta- Regierung, da wir uns zudem bei der Unterzeich- tus des Saargebiets erst durch den Friedensver- nung des Schumanplans ganz allgemein zur gegen- trag endgültig geregelt werde. Die christlichen seitigen Konsultation verpflichtet haben, wird uns, Wähler, soweit sie nicht weiße Zettel abgaben, wie ich hoffe, die französische Regierung das Ma- wollten mit ihrer Stimmabgabe an erster terial, das ihr gegen die Demokratische Partei vor- Stelle die christlich-kulturellen Forderungen liegt, zur Kenntnis bringen. schützen und durchsetzen. Viele waren sich (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien. — nicht bewußt, viele haben es schweren Herzens Zuruf des Abg. Renner.) auf sich genommen, daß sie sich damit gleich- Auf diese Weise wird die erforderliche Klärung zeitig vom bisherigen Vaterland vorübergehend auch unter Mitwirkung der hierfür in Frage kom- lossagen müßten. menden Stellen der Bundesregierung unschwer her- (Hört! Hört! in der Mitte.) beigeführt werden können. Sollte sich dabei zeigen, Diese Wahl war nicht frei von Furcht, von daß die verfassungsrechtlichen und politischen Vor- Zwang und von Unwissenheit. würfe gegen die Demokratische Partei unbegründet (Hört! Hört! in der Mitte. — Zuruf von sind, so zweifle ich nicht daran, daß die franzö- der KPD: Wo war denn damals Ihr sische Regierung ihren Einfluß in Saarbrücken Protest?) wiederum geltend machen wird, um einen bedauer- Dieser Erklärung der Geistlichkeit des Saar- lichen Mißgriff wiedergutzumachen. gebietes ist kaum noch etwas hinzuzufügen. Wenn (Sehr gut! und Bravo! bei den Regierungs es aber geschehen muß, so möchte ich den jetzigen parteien. — Lachen bei der KPD. — Abg. Chef des Presse- und Informationsamtes der Saar- Niebergall: Das glauben Sie?) regierung zitieren, der als Landtagsabgeordneter im Ich würde also bitten, die Entwicklung dieser An- Landtag des Saargebietes am 15. November 1947 gelegenheit, die die Bundesregierung sicherlich 1) über die Wahlen vom Oktober 1947 sagte: nicht auf sich beruhen lassen wird, mit Ruhe und Die Befragung, die man hier durchgeführt hat, mit den von Herrn Schuman empfohlenen guten ist als sehr problematisch zu bezeichnen, wenn Nerven abzuwarten. ein Volk unter der Peitsche der Not und des Ich möchte aber diese Gelegenheit benützen, um Hungers seine Entscheidung trifft. zu einigen anderen Aspekten des Saarproblems (Abg. Rische: Das war doch Ihr Wahlsieg mich wenigstens kurz zu äußern. Es paßt uns nicht, damals!) meine Damen und Herren, wenn Deutsche im Saar- Die Saarregierung, meine Damen und Herren, hat gebiet auch in der Sprache der Gesetze dieses bisher so gehandelt, als ob es einen vom übrigen völkerrechtlich überhaupt nicht als Staat bestehen- Deutschland getrennten Saarstaat gäbe, der eine den Gebiets als Ausländer behandelt werden. endgültige und unabänderliche Einrichtung- sei. Sie (Sehr wahr! und Sehr richtig! bei den hat so gehandelt, als ob die Präambel ihrer Verfas- Regierungsparteien.) sung als ein Palladium mit allen Mitteln der Ge- walt zu verteidigen wäre. Die Saarregierung tut so, Wir möchten, daß damit endgültig Schluß gemacht als ob durch die Präambel ihrer Verfassung, wird. Die Öffentlichkeit in der Bundesrepublik die die politische Trennung der Saar von hat sich mit vollem Recht hierüber und über alles, Deutschland ausspricht, ein Rechtszustand geschaf- was aus dieser Konzeption hergeleitet wird, fen worden sei, der nicht mehr zur Erörterung ge- empört. stellt werden dürfe. Aus diesem Grunde hat die (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.) Saarregierung die Demokratische Partei des Saar- Es handelt sich aber nicht nur um gefühlsmäßige, gebietes verboten. Die deutsche Öffentlichkeit hat sondern in erster Linie um rechtliche Erwägungen. diese von den Kennern der innersaarländischen Diese Erwägungen sind in einem Runderlaß des Kabalen und Intrigen lang erwartete Maßnahme Bundesministers des Innern vom 9. November 1950 mit der größten Empörung aufgenommen, niedergelegt, der die Rechtslage hinsichtlich der (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!) im Saargebiet auf dem Gebiete der Staatsange- und ich zweifle nicht, daß dieses Hohe Haus mit der hörigkeit erfolgten Regelung eindeutig klarstellt. Bundesregierung in der Verurteilung einer Maß Solange der Status des Saargebiets im Friedens- nahme einig sein wird, die mehr als ein Fehler ist. vertrag nicht anders geregelt ist, als er bei dem Die Auffassung der Saarregierung entbehrt jeder Zusammenbruch des Hitlerregimes 1945 bestand, Logik. Die endgültige Lösung der Saarfrage kann bleiben die Bewohner des Saargebiets, die bei nur durch den Friedensvertrag oder einen gleich Kriegsende deutsche Staatsangehörige waren, in artigen Vertrag herbeigeführt werden, wenn die ihrem Verhältnis zur Bundesregierung deutsche Saarbevölkerung zuvor durch eine gründliche Er Staatsangehörige. örterung Gelegenheit gehabt hat, sich über ihre (Lebhafter Beifall bei den Regierungs eigenen Wünsche klarzuwerden. Daran, meine Da parteien) Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5669 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) Das saarländische Staatsangehörigkeitsgesetz vom Volksabstimmung. Der Versailler Vertrag ließ die 15. Juli 1947 übt auf die deutsche Staatsangehörig- deutsche Staatsangehörigkeit der Bewohner des keit der Bewohner des Saargebiets keinen Einfluß Gebietes völlig unberührt. Die Autoren des Ver- aus, sailler Vertrages sind dabei von dem zutreffenden (Bravo-Rufe in der Mitte) und in der Natur der Sache liegenden Gedanken gleich unter welchen Umständen und Voraus- ausgegangen, daß es mit einer nur vorläufigen setzungen von einem Erwerb der saarländischen Rechtsstellung eines Gebietes unvereinbar ist, die Staatsangehörigkeit gesprochen wird. Dieser unser Staatsangehörigkeitsverhältnisse der in dem Ge- Rechtsstandpunkt ist so unanfechtbar, daß einer biet lebenden Menschen zu ändern. der französischen Senatoren, die Außenminister Die Saarregierung legt ihrem Staatsangehörig- Schuman seine ,angebliche Untätigkeit in der Saar- keitsgesetz die 'Idee des Bestehens einer saarlän- angelegenheit zum Vorwurf machen — übrigens, dischen Nation zugrunde, ,die das Staatsvolk für meine Damen und Herren, ganz wie bei uns —, einen Saarstaat liefern soll. Wer eine saarländische (Heiterkeit) Nation konstruiert, meine Damen und Herren, dazu nur folgendes zu sagen hatte: macht sich des saarländischen Nationalismus schul- Auch Wenn der deutsche Rechtsstandpunkt dig. Eine Sünde gegen Europa und dazu noch eine juristisch vertretbar ist,. so liegt in ihm eine lächerliche Sünde! Feststellung, die wir aus politischen Gründen (Sehr gut! und Heiterkeit.) nicht zulassen dürfen. Wir haben genug der Nationen! Wer den Natio- (Abg. Kunze: Hört! Hört!) nalismus überwinden will, kann nicht gleichzeitig Ich möchte mit diesem Hinweis nicht den Ge- neue Nationalgefühle züchten. danken aufkommen lassen, daß die französische (Sehr richtig!) Regierung in der Saarfrage die Politik — mit an- Die Saar ist deutsch, und ganz Deutschland ein- deren Worten: die Macht — vor das Recht stellen schließlich der Saar wird sich mit Frankreich in will. Im Gegenteil, ich bin der Auffassung, daß Europa zusammenfinden. durch den Briefwechsel vom 18. April der Rechts- boden von beiden Regierungen eindeutig und (Lebhafter Beifall bei den Regierungs endgültig bezogen wurde. parteien.) (Abg. von Brentano: Sehr gut!) Herr Hoffmann hat einmal von einem Dreiklang Frankreich —Saar—Deutschland gesprochen. Ich Die Saarregierung wird ihre eigene Konzeption glaube, je weniger wir von dem Mißton Saarstaat ebenfalls in diesen völkerrechtlich gezogenen Rah- hören, desto besser werden wir den E i n klang men einbauen müssen. Sie tut das leider nicht, mit Frankreich herstellen können. und damit setzt sie sich eben der Gefahr aus, daß sie auch von uns an ihre Pflichten erinnert wird. (Sehr gut! und Beifall bei den Regierungs Ich denke hier in erster Linie an die leidigen Aus parteien.) Weisungen aus dem Saargebiet und an die Diskri- Die Saarregierung wird, wenn sie nach dem minierung der deutschen Bevölkerung des Saarge Geist und Buchstaben des deutsch-französischen biets nach politisch Berechtigten und nach politisch Notenwechsels vom 18. April verfahren will, sich Rechtlosen. Nach einer Auskunft, die uns die Alli- verpflichten müssen, daß die Bewohner des Saar- ierte Hohe Kommission gegeben hat, wurden seit gebietes keiner Verfolgung und keiner Vergel- Kriegsende 2171 Deutsche aus dem Saargebiet aus- tungsmaßnahme oder Schlechterstellung wegen der gewiesen. Haltung unterworfen werden, die sie in Beziehung (Hört! Hört! in der Mitte.) auf Fragen einnehmen, deren Regelung dem Frie- Ein großer Teil dieser Ausweisungen ist im Laufe densvertrag vorbehalten bleibt. der Zeit rückgängig gemacht worden. Zur Zeit sind (Abg. Rische: Das muß man hier auch tun! aber noch 193 saarländische Familien von ihrer — Gegenrufe von der Mitte und rechts. — Heimat ferngehalten. - Abg. Renner: Quatschkopf da drüben!) (Pfili-Rufe rechts.) Ich habe diese Forderung bereits am 9. Februar der Es ist für uns aber nicht entscheidend, ob einer Alliierten Hohen Kommission gegenüber angemel- oder ob tausend aus politischen Gründen aus dem det, die unsere Note auch der Saarregierung zur Saargebiet ausgewiesen werden. Kenntnis gebracht hat. Leider haben wir bis jetzt (Sehr richtig!) kein Anzeichen dafür gespürt, aus dem sich ent- nehmen ließe, daß die Regierung des Herrn Hoff- Es handelt sich um den Grundsatz! Die Unter- mann dieser rechtlich wohlbegründeten Forderung scheidung zwischen saarländischen Staatsangehö- eine Folge geben will. Im Gegenteil, durch das rigen und deutschen Ausländern im Saargebiet ist Verbot der Demokratischen Partei hat sie die völlig unzulässig. letzte Maske fallen lassen. (Lebhafter Beifall bei den Regierungs (Zuruf von der KPD: Wie Adenauer!) parteien.) Ich möchte hier daran erinnern, daß sogar im Ver- Die Bevölkerung des Saargebietes fordert von ihrer sailler Vertrag, also zu einer Zeit, als die damalige Regierung die volle Freiheit der politischen Mei- französische Regierung offen auf die Annexion des nungsäußerung gerade in den Fragen, die die poli- Saargebietes hinarbeitete — sie tut das heute nicht, tische Zukunft des Landes betreffen. das möchte ich nochmals unterstreichen —, (Zurufe des Abg. Renner: Dasselbe fordern (Lachen bei der KPD. — Abg. Renner: wir für die Bevölkerung Westdeutschlands.) Das glauben Sie?!) Sie verwahrt sich dagegen, daß diese Freiheit durch alle Personen im Saargebiet, die am Tage des In- offenen oder, versteckten Druck eingeengt wird. krafttretens des Vertrages dort ihren Wohnsitz Hier möchte ich noch einen grundsätzlichen hatten, volle politische Gleichberechtigung ge- Punkt herausstellen. Wenn die Saarfrage im Frie- nossen, auch hinsichtlich der Beteiligung an der densvertrag gelöst werden soll, so darf die Bun- 5670 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) desregierung hinsichtlich der Geltendmachung ihrer Ich möchte mich vorläufig auf diese Bemerkun Auffassung im Saargebiet nicht schlechter gestellt gen beschränken. Ich habe dabei die Stellung der sein als die französische Regierung. Saarwirtschaft im Schumanplan mit Absicht nicht (Sehr richtig! Sehr gut! bei den Regierungs erörtert, weil ich möchte, daß die innenpolitische parteien.) Lage im Saargebiet, die uns zunächst beschäftigt, eine einheitliche Stellungnahme dieses Hauses mög- Die Saarregierung hatte es sich angewöhnt, Zeitun- lich machen wird, wie dies auch am 10. März des gen aus dem Bundesgebiet, die zu Saarfragen in vergangenen Jahres der Fall war. Die Saarfrage einer ihr unsympathisch erscheinenden Weise Stel- kann nur dann 'zu einer guten Lösung gebracht lung nahmen, entweder zu verbieten oder einfach werden, wenn sie nicht zu einer Parteifrage ge- ihre Verbreitung im Saargebiet zu verhindern. macht wird. (Pfuirufe. — Zurufe von der KPD: Was (Zustimmung in der Mitte.) tun Sie denn hier? Hier verbieten Sie doch Bei der Erörterung des Gesetzentwurfes über die auch! — Gegenrufe von der Mitte und europäische Montanunion, den wir mit tunlichster rechts. — Zuruf des Abg. Renner. — Abg. Beschleunigung einbringen werden, werden sich Strauß: Moskau, halt's Maul!) die partei- und innenpolitischen Gegensätze mit Wir haben unseren Standpunkt auch hierzu der aller Schärfe herausstellen. Hierbei wird selbst- Alliierten Hohen Kommission dargelegt, und ich verständlich auch auf die Saarfrage zurück- möchte hoffen, daß mit dieser Methode nunmehr gegriffen werden müssen. Bis dahin wird es sich Schluß gemacht wird. zeigen müssen, ob der durch das Verbot der Demo- (Abg. Rische: Hoffentlich hier auch! — kratischen Partei des Saargebietes ohne unsere Gegenruf rechts: Hier machen wir Schluß Schuld durch die Saarregierung aufgeworfene Kon- mit euch!) flikt bereinigt werden kann. Wir werden uns auch Es sind uns leider Fälle bekannt geworden, — — auf allen uns zur Verfügung stehenden anständigen Wegen darum bemühen. Es wird uns auch eine (Anhaltende Zurufe von der KPD. — Gewähr dafür gegeben werden müssen, daß das Glocke des Präsidenten.) Recht der freien Meinungsäußerung über alle im Friedensvertrag zu lösenden Fragen für die Saar- Präsident Dr. Ehlers: Das Wort hat der Herr Bun- bevölkerung uneingeschränkt gewährleistet wird deskanzler. Ich bitte, ihn nicht ständig zu unter- und daß damit unsere Auffassung von der Bedeu- brechen. tung des Briefwechsels vom 18. April Anerken- (Abg. Renner: Ach Gott, ach Gott!) nung findet. — Herr Abgeordneter Renner! Ich verbitte mir, Das Saargebiet wurde in seiner Eigenschaft als daß Sie meine Maßnahmen kritisieren. Ich rufe Sie assoziiertes Mitglied des Europarates zur Unter- zur Ordnung! zeichnung der Konvention des Europarates über (Beifall bei den Regierungsparteien.) die Menschenrechte und Grundfreiheiten zuge- lassen. Die Saarregierung ist verpflichtet, diesen Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Es sind uns leider Grundrechten in ihrem Bereich Rechnung zu Fälle bekanntgeworden, daß Bewohner des Saar- tragen. Die Bundesregierung wird die Aufmerk- gebiets, die nach Bonn gekommen sind, schweren samkeit des Europarats auf die Tatsache lenken, Nachteilen ausgesetzt waren. daß die Saarregierung gegen diese Grundrechte verstoßen hat. (Pfui-Rufe in der Mitte und rechts.) (Bravo-Rufe rechts.) Der Chefredakteur der „Saarländischen Volks- wird gegen- zeitung" hat deshalb seine Stellung verloren. Auch die Alliierte Hohe Kommission über den Vorgängen im Saargebiet nicht untätig (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.) bleiben können. Ich darf auch auf den Fall eines Angestellten eines (Zuruf rechts: Hoffentlich!) - saarländischen Landratsamtes hinweisen, dessen Ich habe deshalb gestern dem geschäftsführenden Ausweisung damit begründet wurde, er sei mit Vorsitzenden der Alliierten Hohen Kommission Dr. -Schumacher im Briefverkehr gestanden. eine Note zugeleitet, in der unter anderem folgen- (Erneute Rufe von den Regierungs des ausgeführt ist: parteien: Hört! Hört!) Die Bundesregierung hält die drei in der Alli- Demgegenüber möchte ich wünschen, daß der Saar- ierten Hohen Kommission vertretenen Regie- bevölkerung der Weg nach Bonn in Zukunft eben- rungen für verpflichtet, auf die Entwicklung so offensteht wie der nach Paris. der Saarfrage Einfluß zu nehmen. Nachdem (Beifall bei den Regierungsparteien.) bei der Moskauer Außenministerkonferenz im Jahre 1947 eine Einigung über die von der Wer aus dem Saargebiet Gedanken, Wünsche und französischen Regierung erhobenen Forderun- Vorschläge an uns heranbringen will, der soll das gen hinsichtlich des Saargebietes nicht erzielt tun, und er soll daran ebensowenig gehindert wer- worden war, sind die Regierungen der Ver- den wie der Saarbewohner, der mit seinen An- einigten Staaten, des Vereinigten Königreichs liegen nach Frankreich geht. und der Französischen Republik übereingekom- (Zustimmung in der Mitte und rechts.) men, daß das Saargebiet in das französische Ich möchte aber nicht, daß hier nun wieder die Zoll- und Währungsgebiet einbezogen werden gleiche Einseitigkeit entsteht, die das System des soll. Sie haben in einem Protokoll vom 20. Fe- Ministerpräsidenten Hoffmann kennzeichnet. Ich bruar 1948 die technischen Anordnungen klar- würde es nur begrüßen, wenn die saarländischen gestellt, die sich aus der wirtschaftlichen An- , Politiker, die das tun wollen, das gleiche tun wür- gliederung der Saar an Frankreich ergeben. den, was wir auch tun. Auch sie sollten sich um Aus diesem Protokoll, das die Alliierte Hohe ein Verhältnis zu Frankreich bemühen, das ihnen Kommission der Bundesregierung auf deren eine offene und freie Aussprache nach allen Seiten Bitte am 12. März dieses Jahres zur Kenntnis hin ermöglicht. gebracht hat, kann die Bundesregierung in Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5671 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) keiner Weise entnehmen, daß mit der Einbezie — Ach, Sie alter „Demokrat", seien Sie doch ruhig! hung der Saar in das französische Zoll- und (Heiterkeit. — Abg. Renner: Sie alter West Währungsgebiet die politische Abtrennung des rheinländer! Was verstehen Sie schon Gebietes von Deutschland verbunden sein unter „Demokratie"!) sollte. Die These, daß die Einbeziehung der Saar in das französische Zoll- und Währungs- Die Saarregierung hat durch zahlreiche Ge- gebiet nicht durchgeführt werden könne ohne setze eine gleichzeitige politische Abtrennung des — so fährt die Note fort —, Gebietes vom übrigen Deutschland, wurde nie- die in der Öffentlichkeit vielfach unbemerkt mals von allen Westalliierten angenommen, blieben, weil im Saargebiet keine oppositio- sebstverständlich auch nicht von der Bundes- nelle Presse geduldet wird, sich die Mittel zur regierung. Die Präambel der Saarverfassung Unterdrückung jeder ihr nicht genehmen poli- enthält zwar Bestimmungen über die politische tischen Meinung geschaffen. Hierher gehören Abtrennung des Gebietes vom übrigen Deutsch- die Verordnung über die Regelung des Ver- land, aber abgesehen von den Tatsachen, die sammlungswesens im vom 24. Fe- inzwischen über die Umstände, unter denen die bruar 1948, die Verordnung über die vorläufige Wahlen zum saarländischen Landtag stattge- Regelung des Pressewesens vom 9. März 1948, funden haben, bekanntgeworden sind, kann ein das Gesetz über den Aufenthalt im Saarland solcher Landtagsbeschluß eines nicht souve- vom 29. Juli 1948, das Gesetz zur Abänderung ränen Territoriums keine völkerrechtlichen und des Strafgesetzbuches vom 9. Juli 1950 sowie staatsrechtlichen Wirkungen, die sich auf die zur Zeit dem saarländischen Landtag zur Deutschland erstrecken sollen, bewirken. Beratung vorliegenden Gesetze zum Schutz der (Sehr richtig! rechts.) demokratischen Ordnung des Saarlandes, über die Zulassung politischer Parteien und über Dieser Ansicht sind offenbar die drei West- den Schutz des saarländischen Arbeitsmarktes. alliierten Regierungen ebenfalls, da sie ja trotz Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu wol- dieser Präambel der Bundesregierung immer len, muß im vorliegenden Zusammenhang we- wieder erklärt haben, daß die endgültige Re- nigstens darauf hingewiesen werden, daß im gelung der Saarfrage dem Friedensvertrag Saargebiet politische Parteien nur auf Grund vorbehalten bleibt. Hierüber wurde auch an- eines einstimmigen Beschlusses der Regierung läßlich der Unterzeichnung des Vertrags über mit Zweidrittelmehrheit des Landtages zuge- die Europäische Gemeinschaft für Kohle und lassen werden können. Dies bedeutet praktisch Stahl in Paris am 18. April dieses Jahres zwi- die Ausschaltung jeder der Regierung nicht ge- schen der Bundesregierung und der französi- nehmen Opposition. schen Regierung in einem Briefwechsel ein Ein- vernehmen erzielt. In diesem Briefwechsel, der (Abg. Renner: Die machen wenigstens noch einen integrierenden Bestandteil des Vertrags- ein Gesetz, wenn sie verbieten!) werks bildet, sind die beiden Regierungen Der politische Druck, unter dem die Saarbevöl- übereingekommen, daß die endgültige Rege- kerung steht, findet' in der polizeilichen Über- lung des Status der Saar nur durch einen Frie- wachung aller Versammlungen und in einer mit densvertrag oder einen gleichartigen Vertrag aller Gründlichkeit durchgeführten Telef on- erfolgen kann. Diese Vereinbarung schließt und Postüberwachung im Hinblick auf das auch weiter in sich, daß an der Saar nichts geschehen in der Saarverfassung anerkannte Grundrecht darf, was der Regelung im Friedensvertrag der Freiheit der politischen Meinungsäußerung vorgreift und diese so zu einer inhaltlosen einen besonders beschämenden Ausdruck. Geste macht. (Abg. Rische: Genau wie bei uns! — Die Regierung der französischen Republik Gegenruf von der Mitte: Genau wie in — so heißt es in dieser Note an die Hohe Kommis- Moskau! — Zurufe von der KPD.) sion zwecks Weitergabe an die westalliierten Re- — Manchmal glaube ich, Sie sind Beauftragter des gierungen - Herrn Hoffmann. die sich in dem Briefwechsel vom 18. April (Beifall rechts. Abg. Renner: Nein, nein! ihren eigenen Standpunkt bewahrt hat, würde — Wir sind auch nicht Beauftragte von nicht nach den Grundsätzen des Briefwechsels Herrn Truman!) vom 18. April handeln, wenn sie die Bestre- Da es im Saargebiet in den vier Jahren nicht bungen der Saarregierung unterstützen würde, möglich war, eine ordentliche Verwaltungs- die darauf hinauslaufen, jede Erörterung über gerichtsbarkeit zu schaffen, besitzt die Saar- die endgültige Lösung der Saarfrage im Frie- bevölkerung auch keine Rechtsmittel zur Wah- densvertrag durch die Bevölkerung des Saar- rung ihrer staatsbürgerlichen Rechte. gebietes vor dem Zustandekommen des Frie- Die Bundesregierung sieht in dem Verbot densvertrages zu unterbinden. Selbst wenn der Demokratischen Partei eine Schlechterstel- man die Vorschriften der Präambel als einen lung einer politischen Gruppe, die in Hinsicht integrierenden Bestandteil der Verfassung des auf den im Friedensvertrag oder einem gleich- Saargebietes ansehen will, so ist es doch in artigen Vertrag zu regelnden Status der keinem demokratischen Staat der Welt einzel- Saar eine andere Ansicht vertritt als die Saar- nen Gruppen oder .Parteien verwehrt, über regierung. Wert oder Unwert bestimmter Verfassungs- Die Bundesregierung bittet die in der Alliier- vorschriften, soweit es sich nicht um die demo- ten Hohen Kommission vertretenen Regierun- kratische Grundordnung selbst handelt, zu dis- gen, die infolge der Besetzung Deutschlands kutieren ,und auch Vorschläge für die Ände- und durch das Abkommen vom 20. Februar rung der Verfassung auf legalem Wege zu 1948 über die Einbeziehung der Saar in das machen. französische Zoll- und Währungsgebiet die (Abg. Renner: Wer lacht da? Wie steht's Verantwortung für die Wahrung der demokra- denn damit bei uns, Herr Adenauer?) tischen Grundrechte an der Saar übernommen 5672 Deutscher Bundestag — 144. Sitzurig. Soria, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Bundeskanzler Dr. Adenauer) haben, die geeigneten Schritte zu unternehmen, treten kann, stellen wir in der Rangfolge der Grö- damit im Saargebiet die uneingeschränkte ßenordnung unserer Lebensfragen und unserer Freiheit der Meinungsäußerung und der Wil- Schicksalsnotwendigkeiten uns heute ganz -klar vor lensbildung hinsichtlich der Fragen hergestellt Augen, daß die Schaffung der Vereinigten Staaten wird, die im Friedensertrag ihre endgültige von Europa, vorbereitet durch eine Wirtschafts- Regelung finden sollen. union der europäischen Staaten, für uns den Vor- Ich zweifle nicht daran, daß die in der Alliierten rang Nummer 1 hat. Hohen Kommission vertretenen Regierungen dem (Abg. Dr. von Brentano: Sehr gut!) Standpunkt der Bundesregierung Verständnis ent Die dafür nötigen Vorarbeiten und Voraussetzun- gegenbringen werden. Wir fordern die Freiheit der gen dürfen aber nicht durch die P olitik der Saar- politischen Meinungsäußerung und Willensbildung verwaltung, die sich etwas hochtrabend mit dem für die Saar und die Beseitigung aller gesetzlichen Titel „Regierung" bezeichnet, gestört werden. und verwaltungsmäßigen Beschränkungen,gen, die die- ser Freiheit heute im-Wege st hen. (Abg. Dr. Laforet: Sehr richtig!) Ich hoffe, daß das Hohe Haus der Regierung Auch die sogenannte Saarregierung muß sich der hierbei seine uneingeschränkte Zustimmung geben Größenordnung Nummer 1, der Schaffung Europas, wird. beugen und darf nicht aus der treuhänderischen Verwaltung der Saar eine Saarpolitik und aus der (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts, Saarpolitik ein politisches und persönliches Saar- teilweise Beifall bei der SPD.) geschäft machen. Präsident, Dr. Ehlers: Zur Begründung der Inter- Am 6. Juni 1947, als in München die Minister- pellation der Abgeordneten Strauß, Dr. Mende, Dr. präsidentenkonferenz begann, traf dort ein Tele- Hamacher und Genossen, Drucksache Nr. 2115, hat gramm der damaligen Regierungskommission der das Wort der Abgeordnete, Strauß. Saar, unterzeichnet von dem Generalsekretär Kuchenbecker, ein, daß die saarländische Wirtschaft Strauß (CSU), Interpellant: Herr Präsident! nach Frankreich orientiert sei und sich immer mehr Meine Damen und Herren! Die Vorgänge an der dorthin orientieren werde. Deshalb sei die Ent- Saar im Laufe der letzten Jahre, in zunehmendem sendung eines Vertreters zur Münchener Minister- Maße im Laufe der letzten Monate und in wesent- präsidentenkonferenz zweck- und gegenstandslos. lichem Maße im Laufe der allerletzten Zeit haben Dies geschah ein halbes Jahr vor dem sogenannten die Berechtigung der Interpellation der Abgeord- Wirtschaftsanschluß an Frankreich. Uns interessiert neten Strauß, Dr. Mende, Dr. Hamacher und Ge- an dieser Tatsache in Erinnerung an die damalige nossen, Drucksache Nr. 2115, in vollem Umfange Konferenz gerade, daß die Separatisten des bestätigt. Westens überhaupt nicht erschienen sind und die Diese Interpellation ging nicht von der Ziel- Separatisten des Ostens sich von der Konferenz setzung aus, irgendwelche Gegensätze zu verschär entfernt haben. fen. Sie diente nicht de Arbsicht, das europäische (Sehr richtig! rechts.) Gespräch, das bei den Verhandlungen in Paris in Herr Kuchenbecker ist heute Präsident des saarlän- erfolgreicher Weise - geführt wurde, auch nur dischen Verwaltungsgerichtshofes, der mangels Ge- irgendwie zu belasten. Sie hatte in keiner Weise die setz keine Tätigkeit au süben kann. Herr Kuchen Absicht vof Augen, etwa das wiedererwachende becker soll demnächst auch über die Gesetzmäßig- Vertrauen zwischen dem deutschen Volke und dem keit des Verbots der Demokratischen Partei des französischen Volke in irgendeiner Weise zu be- Saarlandes mitentscheiden. einträchtigen oder zu stören. Wohl aber sollte diese Interpellation in der deutschen Öffentlichkeit und Zweitens darf ich nun auf die im Oktober 1947 auch draußen über die wirklichen Vorgänge an der stattgefundenen Landtagswahlen eingehen. Diese Saar Klarheit schaffen, und sie sollte als Warnung Wahlen haben ausschließlich zu dem Zweck statt- dienen, um eine Entwicklung zu verhindern, die gefunden, einen Landtag aufzustellen, und dieser weder für die Saarbevölkerung noch für -Deutsch- Landtag sollte die von einer 20 -Männer-Kommis- land noch für Frankreich von Vorteil sein kann. sion vorbereitete Verfassung annehmen. Das Er- (Abg. Dr. von Brentano: Sehr richtig!) gebnis der Landtagswahlen von 1947 wird heute von der Saarregierung und einigen französischen Diese Interpellation ist durch die Erklärung des Persönlichkeiten mehr und mehr zu einem Volks- Herrn Johannes Hoffmann ausgelöst worden, daß entscheid umgedeutet und mißbraucht, als ob da- der französische Außenminister den Schuman mals gleichzeitig die Abtrennung von Deutschland plan nach seiner Vorstellung mit doppelter Unter- durch die Bevölkerung gebilligt worden wäre. Diese schrift unterzeichnen werde. Gerade nach dieser Wahl stand unter dem Eindruck des Hungers, der Erklärung des Herrn Johannes Hoffmann über die an der Saar noch künstlich verschärft worden war, doppelte Unterschrift Frankreichs unter den Schu- und unter der Hoffnung einer wirtschaftlichen Bes- manplan gewinnt die Tatsache, daß der französische serung nach der Abtrennung von Deutschland und Außenminister nur einmal unterschrieben hat, und dem wirtschaftlichen Anschluß an Frankreich. Die erhält der Notenwechsel vorn 18. April im Sinne Wahl stand ferner unter dem Druck von mehreren eines Erfolges der Bundesregierung eine besondere Ausweisungswellen der Jahre 1946 und 1947. Die Bedeutung. Wahlen trugen, intern gesehen, gemeindepolitischen (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!) Charakter und hatten viellicht kulturpolitische Be- Außerdem ist diese Interpellation durch die deutung. Sie werden heute umgefälscht als Ple- immer stärkeren Anzeichen von undemokratischen biszit für die Loslösung von Deutschland. Wir und sogar diktatorischen Maßnahmen zur Unter- müssen dazu ausdrücklich und eindringlich feststel- drückung einer jeden echten Opposition im Saar- len: Eine Volksabstimmung über eine Volkszuge- gebiet ausgelöst worden. hörigkeit hat nach dem Sinn der Atlantik -Charta Damit über den Hintergrund der Gesinnung, in im Saargebiet seit 1945 niemals stattgefunden. der wir uns mit diesen ernsten Sorgen an die (Lebhafte Zustimmung in der Mitte Bundesregierung gewandt haben, kein Zweifel auf- und rechts.) Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30 Mai 1951 5673 (Strauß) Eine solche Volksabstimmung, wenn dieses Wort nisses und für persönliche Zwecke im klaren Wider heute hier ausgesprochen wird, kann nur in einer pruch zum Willen der Bevölkerung mißbraucht Fragestellung vorgelegt werden, und diese lautet: wird, haben wir in dieser Interpellation die dort Bist du für eine Abtrennung von Deutschland? aufgeführten Fragen gestellt. Sie kann nicht in der Fragestellung vorgelegt wer- Ich darf zur Frage. Nr. 1 folgendermaßen Stellung den: Bist du für eine Rückkehr oder für einen nehmen. Im Saargebiet ist bis heute keine echte Wiederanschluß an Deutschland?, weil das Saar- Gewaltenteilung eingeführt, wie es in einer nor- gebiet völkerrechtlich niemals von Deutschland ge- malen Demokratie üblich ist. Freiheit der Presse, trennt worden ist und weil mit einer solchen Frage- Freiheit der Versammlung, Freiheit der Vereini- stellung de jure eine Abtrennung des Saargebiets gung, Freiheit der Meinung, Freiheit der Person, von Deutschland nachträglich anerkannt würde, ob- Wahrung des Fernsprech-, Post- und Telegrafen- wohl sie nie stattgefunden hat. geheimnisses sind in der saarländischen Verfassung In diesem Zusammenhang darf ich mich auf das formal niedergelegt, werden aber. bis zur gegen- Zeugnis eines französischen Professors, Georges wärtigen Stunde häufig und in schwerwiegenden Scelle, Direktor des Instituts für internationales Fällen immer wieder gebrochen. Die Verwaltung Recht und Professor an der Sorbonne in Paris, be- nimmt dort Vollmachten der Gerichtsbarkeit für rufen. Er unterscheidet in seinen Ausführungen bei sich in Anspruch, indem sie z. B. — ohne dafür zu- den. Volksabstimmungen zwischen dem Begriff der ständig zu sein — Parteiverbote erläßt und Haus- Bestätigung und dem Begriff der Entscheidung, suchungen vornimmt. Die Gesetzgebung übernimmt und er sagt über die Bestätigung folgendes: Aufgaben der Gerichtsbarkeit, indem nach dem Ge- Die ersteren, setz betreffend die Bildung einer Verfassungskom- — die Bestätigungen —, mission über die Erklärung der Verfassungswidrig- keit von Gesetzen sowie über die Auslegung und welche in der Vergangenheit am häufigsten an- Interpretation von Verfassung und Gesetzen eine gewandt worden sind, dienen nur dazu, um Kommission entscheidet, in der ausschließlich Ab- Abtrennungen und einseitige Annexionen oder geordnete Stimmrecht haben. Das heißt doch nichts bereits getroffene Maßnahmen zu bestätigen, anderes, als daß man den Teufel bei seiner Groß- welche von den Regierungen bereits durchge- mutter verklagt führt sind. Es sind dies wirkliche Augen- (Heiterkeit) täuschungen, denn die Regierungen greifen zu oder daß der Delinquent über die Frage „schuldig diesen Volksbefragungen nur, wenn sie ihrer oder nicht" selbst zu Gericht sitzen kann. Ich darf sicher sind, und es gibt kein Beispiel mich bei dieser Frage auf das Zeugnis eines saar- dafür, daß durch sie jemals etwas an bereits ländischen Landtagsabgeordneten selbst berufen, vollendeten Tatsachen geändert worden wäre. der bei der Debatte über die Bildung dieser Ver- Am häufigsten werden diese bestätigenden fassungskommission folgende Äußerung gebraucht Volksbefragungen von annektierenden Regie- rungen vorgenommen und ausgeführt unter hat: der Kontrolle ihrer Handlanger, ja selbst unter Meine Damen und Herren, machen Sie, was Sie I dem Zwang einer militärischen Besatzung. wollen. Das Schlimmste neben der Diktatur der Einzelpersönlichkeit ist die Parteidiktatur. Wenn heute von einer freien Entscheidung des Daran gehen Staaten genauso zugrunde wie an Saarvolkes die Rede ist, dann kann es sich nicht einer Diktatur des Einzelnen. um die Bestätigung einer Maßnahme der Vergan- Und er sagte in diesem Zusammenhang weiter: genheit handeln; es , kann sich lediglich um eine freie Entscheidung über die Lösung für die - Zukunft Wenn so selbst die Verfassungskommission handeln. gegen die Verfassung gebildet werden kann, dann Gnade Gott der Demokratie, die wir erst (Abg. Dr. von Brentano: Sehr richtig!) schaffen wollen, und der Verfassung, die wir Diese freie Entscheidung über eine Lösung für die dem Volk geben. Zukunft ist im Sinne der Atlantik-Charta auch — und wir wagen das zum Ausdruck zu bringen — Es gibt im Saargebiet keine Verwaltungsgerichts- -s barkeit. Wohl besteht ein Verwaltungsgerichtshof, ein Präjudiz für den Geist und für den Inhalt, den der aber bis jetzt nicht tätig werden kann, weil bis- der Friedensvertrag in dieser Frage haben muß. her kein entsprechendes Gesetz verabschiedet wor- (Zustimmung in der Mitte.) den ist. Der Verwaltungsgerichtshof kann nur in Im Zusammenhang mit den Landtagswahlen darf Wahlangelegenheiten tätig werden. Dieser Verwal- ich auch noch aufs das Schreiben eingehen, das be- tungsgerichtshof soll jetzt ohne gesetzliche Grund- reits in der Regierungserklärung erwähnt worden lage über etwas entscheiden, was ihm unter Be- ist, das Schreiben, welches der katholische 'Dechant rücksichtigung der Natur einer echten Demokratie Braun im Auftrage sämtlicher Dechanten und in keinem Falle zustehen kann. Er soll über die Pfarrer des Saargebietes an die Regierung gerichtet Rechtmäßigkeit des Verbotes der Demokratischen hat. Er stellt im letzten Absatz der Erklärung aus- Partei des Saarlandes entscheiden. Darüber kann drücklich fest — und dieses Schreiben stammt erst nur ein Verfassungsgerichtshof entscheiden. Herr vom 26. März 1950 —: Hoffmann will nun einen- Verfassungsgerichtshof Bis heute ist das Saarvolk — wie auch Léon einrichten — der Antrag dafür ist im saarländischen - Blum ausdrücklich bekannte — noch nicht klar Landtag eingebracht worden —, er soll aber mit und eindeutig über seinen außenpolitischen drei Nichtparlamentariern und vier Parlamen- Willen befragt worden, so daß die übliche amt- tariern besetzt werden. Die Verfassungsmäßigkeit liche Auslegung der bisherigen drei Wahler- der Gesetze, die Verfassungsmäßigkeit und Recht- gebnisse als politische Willenskundgebung des mäßigkeit der Anordnungen der Regierung kann Saarvolkes nicht einer objektiven Interpreta- nur durch einen echten Verfassungsgerichtshof fest- tion entspricht. gestellt werden. Um zu verhindern, daß die Politik einer kleinen Wir haben im Saargebiet eine vorläufige Presse- Clique um Herrn Hoffmann herum an der Saar zu ordnung vom Jahre 1948. Sie enthält Lizenzzwang, einer Trübung des deutsch-französischen Verhält- stäidige Verbote, Es gibt keine Rechtsmittel da- 5674 Deutscher ,Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Strauß) 1 gegen, da bisher kein Verwaltungsgerichtshof für Nach der saarländischen Verfassung besteht auch I solche Fragen zuständig ist. Darum kann die das Postgeheimnis. Das Postgeheimnis ist dort nicht Opposition an der Saar keine Zeitung erhalten. Die mehr als ein paar Worte ohne jeden Begriff und SPS, die Sozialdemokratische Partei des Saarlandes, ohne jeden Inhalt. Noch wird nach wie vor im stellt in unseren Augen auch keine echte Opposition Saargebiet jedes interessante Telefongespräch abge- in diesem Sinne dar, sondern in den meisten Fragen hört, noch werden Briefe zensiert. Selbstverständ- eine seiner Majestät gehorsamst untertänige Oppo- lich ist, daß das Telegrafengeheimnis nicht ge- sition, die den Mund nur so weit aufmachen darf, wahrt wird. Es geht hier in diesem Zusammenhang wie vorher abgesprochen worden ist und wie es auch nicht um die Frage, ob das durch saarländische ausreicht, um bei Naiven den Glauben an die Beamte oder durch französische Organe geschieht. Existenz einer Opposition hervorzurufen. Wesentlich ist die Tatsache, daß dieser Bruch des Diese Opposition hat bisher genau so Verfassungs Postgeheimnisses in der Hauptsache deshalb ausge- - übt wird, um alle Beziehungen und Verbindungen und Verwaltungsmaßnahmen der Regierung ge- zwischen dem Saargebiet und Deutschland zu billigt. Für die echte Opposition gibt es keinen Zu- gang zum Rundfunk, der von der Regierung und unterbrechen, so schwierig wie möglich zu machen, ihrer Partei ständig gebraucht wird. sie unter eine stille, latente Drohung zu stellen und letzten Endes damit politische Wirkungen zu er- Theoretisch haben wir im Saargebiet die Ver- zielen. sammlungsfreiheit. Jede Versammlung muß ange- Wir hören auch, daß an der Saar die Freiheit der meldet werden. Sie wird von uniformierter und Person gelten soll. Ich sagte schon vorhin im Zu- Kriminalpolizei vor und hinter dem Vorhang über- sammenhang mit den Landtagswahlen, daß die wacht. Reden werden mitstenographiert, Autos, die Ausweisungswelle im Jahre 1946 und 1947 bereits vorfahren, werden notiert. Die Versammlung der dazu gedient hat, die Landtagswahlen vorzube- DPS ist am 6. Mai wegen Beunruhigung der Bevöl- reiten. Wir haben bei der Abfassung unserer Inter- kerung verboten worden. pellation ganz besonders an diesen Punkt, die Frei- Wir haben im Saargebiet formal auch die Ver- heit der Person, gedacht. Der hoffmannhörige Chef- einsfreiheit. Das Verbot der DPS ist auf Grund von redakteur, der Verbreiter von Hoffmanns Erzäh- angeblicher Verfassungswidrigkeit verhängt wor- lungen und Phantasien in der „Saarländischen den, weil durch sie vor Abschluß eines Friedens- Volkszeitung", Herr Dorscheid, hat dieser Interpel- vertrages eine Änderung des gegenwärtigen Zu- lation entgegengehalten, daß wir falsch informiert standes angestrebt worden sei. Der MRS, die Be- seien, daß nur Kommunisten und Funktionäre des wegung zum Anschluß des Saarlandes an Frank- sowjetzonalen Sicherheitsdienstes ausgewiesen wor- reich — was ja auch eine Vorwegnahme der end- den seien. gültigen Regelung bedeuten würde —, ist nicht (Hört!, Hört! in der Mitte.) verboten worden, obwohl er offen den politischen Zu dieser Behauptung der saarländischen, Regie- Anschluß des Saargebietes an Frankreich propa- rungsstimme, als die man die SVZ wohl bezeichnen giert hat. Der MRS braucht nicht verboten zu wer- kann, darf ich nur zwei Dinge verlesen, einmal eine. den. Er hat Schiffbruch erlitten trotz des Gewissens- Bekanntmachung der Militärregierung. Sie stammt zwanges, der bezüglich der Mitgliedschaft ausgeübt vom 6. Juli 1946. Dort heißt es: worden ist. Am Dienstag wurde im Saargebiet eine Polizei- Als wir — Abgeordnete der CDU/CSU, der FDP aktion von nicht unerheblichen Ausmaßen und des Zentrums — am Abend des 5. Mai zum Be- durchgeführt. Diese Maßnahmen hatten den such der Kundgebung der Demokratischen Partei Zweck, eine gewisse Anzahl Familien nicht des Saarlandes in das Saargebiet einreisen wollten, saarländischer Herkunft, deren Mitglieder in wurden wir trotz Vorhandenseins aller benötigten der Nazipartei eine wichtige Rolle spielten, aus Papiere durch saarländische Kriminalpolizei ange- dem Saargebiet zu entfernen. Diese Familien halten und mit einem Aufenthaltsverbot von 48 wurden angewiesen, sich in der Provinz Würt- Stunden belegt. Für den ganz hinterhältigen Fall, temberg niederzulassen. Sie sind nicht Gegen- daß einer dieser Teilnehmer über ein französisches stand einer Internierungsmaßnahme und haben Visum verfügen und unter dem Vorwand einreisen- ferner die Möglichkeit, in aller Freiheit Nach- sollte, nur durchreisen und nach Frankreich weiter- richten nach der Saar zu übermitteln. reisen zu wollen, hat man vorsorglich motorisierte Zu dieser Ausweisung nimmt das State Depart- Verkehrsstaffeln bereitgestellt, um uns das Geleit ment der USA im Jahre 1948 in folgender Weise bis zur französischen Grenze zu geben! Stellung: (Abg. Dr. von Brentano: Wie aufmerksam!) Diejenigen, welche sich der gegenwärtigen Bei einem meiner früheren Aufenthalte im Saar- Tendenz am entschiedensten feindselig zeigten, gebiet hat mich ein Beamter um folgendes gebeten: — der Tendenz der Saarregierung — Wenn eines Tages wiederum die Grenze zwischen wurden aus dem Saarland ausgewiesen. Diese dem Bundesgebiet und dem Saargebiet fallen sollte, Aktion kam auf ihren Höhepunkt im Juni 1947, die Grenze, die von Separatisten gegen den Willen als ungefähr 1500 Familien aus der Saar ver- des Volkes errichtet worden ist, dann möge man ja trieben und in andere Teile der französischen nicht die Zugehörigkeit zum MRS, zur Anschluß- Besatzungszone zerstreut wurden. bewegung an Frankreich, bei saarländischen Beam- Ein Opfer dieser Ausweisung, die angeblich nur ten zu Maßnahmen gegen sie verwerten, weil sie Kommunisten und sowjetzonale Sicherheitsleute durch ihre Vorgesetzten dazu gezwungen worden seien. erfaßt hat, ist unter anderem auch der katho- lische Pastor Burgarten geworden. Pastor Bun (Hört! Hört! in der Mitte.) garten hat zu der Behauptung des Herrn Dor- Er hat damit die Bitte ausgesprochen, ihnen vor scheid, daß nur Kommunisten und Sicherheits- einer eventuellen Spruchkammer später nicht die organe der sowjetzonalen Institutionen ausge- Zugehörigkeit zum MRS formal oder praktisch zur wiesen worden seien, Stellung genommen. Er hat Last zu legen, und er hat mich noch dringlicher ge- wegen der Behauptung des Herrn Dorscheid an- beten, ja nicht etwa seinen Namen zu nennen. gefragt. Herr Dorscheid schreibt nämlich: Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5675 (Strauß) Uns wäre es interessant, einmal zu erfahren hat der Heilige Stuhl einen Apostolischen Visi welche deutschgesinnten Staatsbürger ausge- tator ernannt; aber es handelt sich um einen wiesen oder der Freiheit beraubt wurden. Er Visitator, nicht um einen Apostolischen Admi- wird uns die Antwort schuldig bleiben. nistrator. Indessen üben die Bischöfe jenseits Gemeint bin damit ich, der Abgeordnete Strauß. d?r saarländischen Grenze ihre Autorität auf Die Antwort darauf gibt der katholische Pastor kirchlichem Gebiet noch frei aus. Es ist für Bungarten. Pastor Bungarten, der vom Gauleiter niemand ein Geheimnis, daß diese Autorität Bürckel im „Dritten Reich" wegen seiner Einstellung sich auch auf politischem Gebiet auswirkt, und gegen das Regime des Dritten Reiches bereits zwei- zwar in 'einem der saarländischen Autonomie mal aus dem Saargebiet ausgewiesen wurde, der und der franco-saarländischen Zusammen- im Laufe des Dritten Reiches wegen seines Kamp- arbeit feindlichen Sinne. Die Einsetzung eines fes gegen die Diktatur, gegen den Nationalsozialis- saarländischen Bischofs muß deshalb die erste mus, ständig unter Polizeimaßnahmen litt und Voraussetzung einer saarländischen Selbstän- unter Polizeidruck lebte, fragt die Saarregierung: digkeit sein. Sie muß durch den saarländischen Ministerpräsidenten mit Unterstützung der Wollen Sie behaupten, daß ich ausgewiesen französischen Regierung vom Vatikan gefor- wurde als kommunistischer Funktionär oder dert werden. als Angehöriger des SSD? Wollen Sie im Ernst Meine Damen und Herren, nach dem im Saar- weiterhin behaupten, daß keine deutsch- land geltenden Strafprozeßrecht bedarf es zu jeder gesinnten Saarbürger ausgewiesen wurden, Haussuchung eines richterlichen Untersuchungs- sondern nur kriminell belastete oder bolsche- befehls. Beim Verbot der Demokratischen Partei wistische Elemente? des Saarlandes haben sich die Herren geweigert, Stufen Sie mich aber nicht in die Gruppe der in die Haussuchung einzuwilligen. Sie wurden kriminellen oder bolschewistischen Ausgewie- unter Androhung der sofortigen Verhaftung ge- senen ein, dann frage ich Sie folgendes: Sind zwungen, die Haussuchung bei sich vornehmen zu Sie bereit, nun einmal endlich in aller Offent- lassen. Mir ist beim Lesen dieser Nachricht ein lichkeit die realen Gründe meiner Ausweisung Vorgang in Erinnerung gekommen, der sich bei uns vom 6. Januar 1948 bekanntzugeben? Sind Sie in Bayern in den letzten Tagen ereignet hat. Dort bereit, in aller Öffentlichkeit zu bekennen, ob haben 600 Polizisten auf Grund eines richterlichen Sie oder jemand anderes die Verantwortung Untersuchungsbefehls das Ausländerlager, das so- für meine Ausweisung aus dem Saarland genannte Valka-Lager in Nürnberg durchsucht. trägt? Sind Sie bereit, mir, dem 76jährigen, Dieses Lager ist eine Unterbringungsstätte von endlich das elementarste Recht eines Staats- vielen politischen Flüchtlingen aus der Tschecho- bürgers zu gewähren, wieder in das Saargebiet, slowakei, es ist aber auch Asyl für eine Reihe von die Stätte meiner 23jährigen Seelsorgertätig- schwer kriminellen Elementen und gleichzeitig ein keit zurückzukehren, um dort zu verweilen, Unterschlupf für Waffen geworden, mit denen Ver- oder wollen Sie in die Fußtapfen des NSDAP- brechen gegen Leben und Eigentum begangen wer- Gauleiters Bürckel treten, der mich zweimal den. Die amerikanische Militärregierung in Bayern aus der Saar entfernen ließ, dessen Unrecht hat das Vorgehen der Polizei als verfassungs- und verewigen und dessen Brutalität noch über- gesetzwidrig bezeichnet, weil nicht jeder der 600 treffen? Polizisten einen Durchsuchungsbefehl bei sich in Mit dieser ausführlicheren Darstellung des Falles der Tasche gehabt hat. Bungarten wollte ich nur einmal beweisen, daß die (Abg. Fisch: Weil die Insassen ihre Antwort der Regierung des Saarlandes in der. SVZ Freunde sind!) auf unsere Interpellation nichts anderes ist als ein ganz kläglicher Versuch, sich um eklatante Tat- — Ich glaube, die waren längere Zeit Ihre Freunde, sachen herumzudrücken und ebenso eklatante Herr Kollege. Lügen zu verbreiten. (Abg. Fisch: Da sind Sie falsch informiert!) Es gibt noch eine Reihe von Fällen, deren- Dar- — Wenn Sie mir Ihren Informationsdienst zur Ver- stellung hier zu weit führen würde. Erst im No- fügung stellten, wäre ich genau so gut informiert vember 1950 ist auch der Diözesan -Jugendseel- wie Sie. sorger des Bistums ausgewiesen worden. Wir Im Zusammenhang mit dem Verbot der DPS und sind wohl darüber informiert, warum Pastor Bun- den darauf folgenden Maßnahmen darf ich wohl garten ausgewiesen wurde. Es geschah deshalb, noch einmal kurz auf die eigenartige Angelegen- weil er an den Heiligen Vater wegen des Ver- heit zu sprechen kommen, die mit dem sogenann- bleibs bei den angestammten Bistümern Trier und ten Schuman-Brief zusammenhängt. Am 5. Juni Speyer einen von mehr als 300 Priestern unter dieses Jahres hat Herr Hoppe, der gegenwärtige schriebenen Brief gerichtet hat. Aus diesem und Leiter des saarländischen Informationsamtes, ehe- aus keinem anderen Grunde ist Pastor Bungarten maliger kommunistischer Landtagsabgeordneter, ausgewiesen worden. Wenn wir dafür noch eine erklärt, daß enge Beziehungen zwischen der Demo- Bestätigung bräuchten, würden wir sie finden, in- kratischen Partei des Saarlandes und der Soziali- dem wir einmal die Stimme eines französischen stischen Reichspartei bestünden. Am 6. Mai wurde Abgeordneten, der dort der Vorkämpfer der fran- die Kundgebung der Demokratischen Partei des zösischen Saarpolitik antiquierten Stiles ist, ver- Saarlandes verboten. Am 7. Mai wurden in Straß- nehmen. Am 20. Oktober 1950 erklärte dieser Ab- burg durch eine unbekannte Dame Abschriften geordnete Jaques Bardoux, Präsident der Franzö- eines Telegramms in englischer Sprache an die sisch-Saarländischen Vereinigung von vor 1935, gesamte Presse mit Ausnahme der deutschen Präsident der franco-saarländischen Freundschafts- Presse verteilt, eines Telegramms, das Herr Dr. gruppe, führender Saarpolitiker Frankreichs in der Dorls und Herr Remer im Namen der Sozialisti- Nationalversammlung: schen Reichspartei an den Generalsekretär des Die Saar hat noch keinen Bischof. Auf Grund Europarats geschickt haben sollen und in dem sie der Intervention der französischen Regierung gegen das Verbot der DPS protestiert und ihre 5676 Deutscher Bundestag 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Strauß) Solidarität mit der Demokratischen Partei des Einzug in den Westen halten würde, nachdem uns Saarlandes erklärt haben sollen. Die sofort auf- im Osten schon seit Jahren dieses Beispiel der Ver- genommenen Nachforschungen haben ergeben, daß zerrung vorexerziert worden ist. dieses Telegramm niemals beim Generalsekretär 3. Wir haben uns in dieser Interpellation auch des Europarats eingetroffen ist. Herr Dr. Doris gegen die Maßnahmen der Endgültigkeit gewendet. hat sich bereit erklärt, in einer vor dem Notar Zu diesen Maßnahmen der Endgültigkeit sollte aufgenommenen eidesstattlichen Versicherung zu auch die Schaffung eines Begriffes der saarländi- erklären, daß dieses Telegramm nie abgesandt wor- schen Staatsangehörigkeit und der saarländischen den sei, daß zwischen ihm und seiner Partei auf Nationalität gehören. Der Deutsche ist Ausländer; der einen Seite und der Demokratischen Partei der Franzose kann gleichzeitig Saarländer sein. des Saarlandes auf der anderen Seite keine Be- Der Saarländer kann Franzose, nicht aber Deut- ziehungen bestünden oder jemals bestanden hätten. scher sein. Wir stellen mit aller Deutlichkeit fest: Mit dieser plumpen Telegrammfälschung — es ist Wenn auch nach dem saarländischen Staatsange- ganz gleich, wer sie begangen hat — wollte man hörigkeitsgesetz die deutsche Staatsangehörigkeit auch diejenigen deutschen Politiker diffamieren, der Saarländer im Verhältnis zur Saarregierung die sich zum deutschen Gedanken an der Saar be- erloschen ist — die deutsche Staatsangehörigkeit kennen und schon bisher dafür eingetreten sind. der Saarländer im Verhältnis zur Bundesregierung Noch am 7. .Mai gab der saarländische Rundfunk und zur Bundesrepublik ist nicht erloschen! dieses Telegramm durch. Interessant ist nur, daß die Telegrammabschriften auf einem Papier an- (Sehr richtig!) gefertigt sind -- man kann ja nie genau nachweisen, Es gibt kein Vaterland, das von Homburg an welches Papier jemand benutzte —, das genau der Saar bis nach St. Wendel an der Saar geht, dem Papier entspricht, das der saarländische Rund- wie es Herr Hoffmann in der Antwort auf den funk im allgemeinen verwendet. Am 8. Mai hat Hirtenbrief vom 15. März 1947 von sich bekannt das saarländische Informationsamt dieses Bären- hat. Es gibt nur eine Lüge von der saarländischen telegramm der saarländischen Presse zur Ver- Nationalität, und von ihr ist es nur ein Schritt fügung gestellt, die es gerne übernommen hat. Am zur saarländischen Ideologie und damit zu einem 8 und 9. Mai weilten Monsieur Grandval, der Hohe Mikronationalismus, auf bayerisch: einem Natio- Kommissar des Saargebiets, und Herr Minister- nalismus aus der Pinscherperspektive. präsident Johannes Hoffmann in Paris, um sich (Heiterkeit.) dort angeblich über den Austausch von Gesandt- Wirtschaftlich ist das Saargebiet vor allem nach schaften zu unterhalten. Am 8. und 9. Mai! Das Frankreich orientiert. Französische Normenvor- Datum des 8. Mai trägt auch der Brief des Herrn schriften sollten übernommen werden; unter dem Schuman an die Saarregierung, in dem er emp- Widerstand der Wirtschaft sind sie fallengelassen fiehlt, gegen die DPS wegen ihrer Tätigkeit die worden. Alle Exportverträge gehen über die Hohe geeigneten Maßnahmen zu ergreifen oder sie in Kommission nach Paris zur Entscheidung. Wir diesem Sinne zu betrachten und zu behandeln. haben auch von Maßnahmen gehört, die auf End- Wenn auch niemals faktisch ein Kausalzusam- gültiges in allen Angelegenheiten der Kulturpoli- menhang nachgewiesen werden kann, der Sinn- tik, im besonderen der Erziehung, hinzielten. Bei zusammenhang zwischen diesen vorläufigen Ereig- der Aufführung deutscher Stücke müssen Tan- nissen, zwischen dem Besuch des Herrn Hoffmann tiemen bis zu 28 0/o der Einnahmen gezahlt wer sowie dem Besuch des Herrn Grandval in Paris den, bei der Aufführung französischer Stücke wer- und dem Datum, das der Brief des Außenministers den diese Tantiemen erlassen. Schuman an die Saarregierung trägt, ist gegeben, Wir haben das gleiche bei der Personalpolitik. wenn auch Außenminister Schuman heute erklärt, Der Direktor der Universität Saarbrücken ist Fran- es sei ihm Material zur Verfügung gestellt worden, zose, ebenso zwei Drittel der Lehrkräfte; die Lehr- das ihn zu diesem Schritt veranlaßt habe. Wir sprache ist zum Teil französisch, wogegen gar wollen ihm auf der anderen Seite aber ruhig zu- nichts einzuwenden ist, z. B. aber auch für deutsche gute halten, daß die Herren, die das Telegramm Rechtsgeschichte. Französisch sind aber auch der für die Weltöffentlichkeit gefälscht haben,- mit die Direktor der Schule für Kunst und Handwerk, der sem Telegramm auch hausieren gegangen sind und Direktor des staatlichen Konservatoriums, sämt- es benutzt haben, damit ihnen der geeignete Brief liche maßgebenden Leute der Régie des Mines, der zur Verfügung gestellt wurde. Direktor des Landesamtes Saar, der General- Diese Methoden, meine sehr verehrten Damen direktor der Vereinigten Saarländischen Elektri- und Herren, erinnern verzweifelt an Vorgänge, zitätswerke, der Saareisenbahn, der Generaldirek- wie sie bei uns einmal stattgefunden haben, Vor- tor von Völklingen und Neunkirchen, die General- gänge aus einem Geiste, gegen den die Saarregie- direktoren aller Großbanken und Versicherungen, rung heute angeblich zu kämpfen vorgibt. ebenso Innenminister Hektor, Spezialminister für 2. Im Europarat sitzen heute saarländische Dele Ausweisungen, Verbote und Haussuchungen, eben- gierte neben deutschen Delegierten. Das Saarland so der Landespolizeipräsident in Saarbrücken. ist gegen unseren Willen assoziiertes Mitglied ge- Diese Liste kann noch beliebig ergänzt werden. worden. Der Deutsche Bundestag hat die Kon- Wir haben aus französischem Munde gehört, daß vention der Menschenrechte ebenso wie der saar- das Saarland verpflichtet ist, seine Bevölkerung, ländische Landtag ratifiziert. Die Deutsche Bundes- die europäische Einheit und die europäische Sicher- regierung und der Deutsche Bundestag halten sich heit mitverteidigen zu helfen, aber als saarlän- an diese feierliche Verpflichtung. Im Saargebiet dische Division unter französischen Fahnen. ist bisher die Konvention der Menschenrechte nicht Am Tage nach der Paraphierung des Schuman mehr gewesen als ein Fetzen Papier. Wir legen plans und wenige Stunden vor der Abreise des feierlich Verwahrung dagegen ein, weil wir uns französischen Staatspräsidenten nach Paris kam die mit aller Kraft dagegen wehren, daß die Entwer- Nachricht, daß saarländische und französische Ge- tung, die Verzerrung und der Mißbrauch der Be- sandtschaften ausgetauscht werden sollen. Das griffe von Freiheit und Recht damit auch seinen Haus der Saarregierung ist in Paris gekauft. Haus Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5677 (Strauß) und Diensträume für den französischen Gesandten zur Verfügung zu stellen, damit eine unbelastete in Saarbrücken werden von der Saarregierung zur Persönlichkeit die Verwaltung an der Saar im Verfügung gestellt. Gesandtschaften sind im allge- Geiste der demokratischen Grundrechte und in der meinen ein völkerrechtlicher Anerkennungstat- Gesinnung der Atlantik -Charta bis zur endgültigen bestand. In diesem Falle stellen wir fest: Ganz Klärung in einem Friedensvertrage oder einem gleich, welchen Titel man diesen Vertretungen gibt, ähnlichen Vertrage führt. Johannes Hoffmann hat ob sie Konsulate, Gesandtschaften oder Botschaften gezeigt, daß er unfähig oder unwillig war, gegen- sind, gleichgültig, welche Begriffe und welche über Frankreich Gefühl und Einstellung der deut- Namen verwendet werden, der Austausch solcher schen Bevölkerung an der Saar in richtiger Weise Vertretungen kann kein völkerrechtlicher Anerken- zu interpretieren. nungstatbestand sein. Nach dem Notenwechsel 4. Wir stellen deshalb fest, daß der Kampf um Schuman —Adenauer wurden die französischen die politischen und wirtschaftlichen Interessen Kreisdelegationen im Saargebiet in konsularische Deutschlands an der Saar weder gegen Europa noch Agenturen umgewandelt. gegen Frankreich gerichtet ist. Wir lehnen die be- 5. Wir haben aus diesem Grunde in unserer wußten Zweck- und Propagandalügen mit aller Interpellation bei der Regierung die Entsendung Schärfe ab, daß dieser Kampf nationalsozialisti- eines deutschen Bevollmächtigten ins Saargebiet schem Geiste entspringe. Es ist ein Kampf um das angeregt. Wir stellen im Zusammenhang damit Selbstbestimmungsrecht eines deutschen Bevölke- — und um keinen Irrtum aufkommen zu lassen — rungsteils, es ist ein Kampf gegen den Chauvinis- ausdrücklich fest, daß es sich bei der Entsendung mus und gegen einen gezüchteten Kleinnationalis- eines solchen Bevollmächtigten und bei diesem mus und es ist damit ein Kampf für die Grund- Wunsch nicht um die Anerkennung des Saarstaates sätze, um derentwillen von den Demokratien der handelt, sondern um das Recht, durch einen deut- letzte Krieg geführt worden ist. Die Saarländer schen Bevollmächtigten dort Informationen einzu- wollen und sollen ehrliche Deutsche und damit holen und durch diesen Bevollmächtigten, dem- gute Europäer sein, aber nicht halbe oder schlechte gegenüber die Saarregierung auskunftspflichtig ist, Franzosen. zuverlässig über die Vorgänge an der Saar infor- Wir haben als besten Grundsatz für das fried- miert zu werden. Wir wollen damit nur die gleiche liche Zusammenleben der Völker und für die Be- Basis für den Ausgang bei den Friedensverhand- seitigung aller Konflikte aus der Vergangenheit lungen oder einem ähnlichen Vertrage für uns den Grundsatz gelernt, dessen Verwirklichung wir sichern. Bei diesem -Bevollmächtigten handelt es auch hier fordern: Recht und Freiheit sollen vor sich in keiner Weise um irgendeine diplomatische Macht und Vorteil gehen. Vertretung, die auf diplomatischem Wege mit der (Lebhafter Beifall bei den Regierungs Saarregierung zu verkehren hat. parteien.) Wir möchten zum Schluß zusammenfassend unsere Forderungen bekanntgeben: Präsident Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren! 1. Ich darf 'annehmen, daß die Herren Interpellanten Deutschland hat politische und wirtschaftliche die Beantwortung der Interpellation als mit der Interessen an der Saar. Frankreich hat wirtschaft- Erklärung der Bundesregierung erfolgt ansehen. liche Interessen an der Saar und sollte, um diese zu sichern, keine politischen haben. (Zustimmung.) 2. Die wirtschaftlichen Interessen Frankreichs an Ich darf weiter unterstellen, daß eine Besprechung der Saar werden durch die Herauslösung von der Interpellation im Zusammenhang mit der Be- Kohle und Stahl aus den nationalen Wirtschafts- sprechung der Erklärung der Bundesregierung er- einheiten infolge des Schumanplans in einer folgen soll. höheren europäischen Einheit gesichert. Darum (Erneute Zustimmung.) sollte Frankreich seine politische Hand aus dem Der Abgeordnete Dr. Schmid wünscht, die Be- Saargebiet zurückziehen, um Herrn Hoffmann und gründung des Antrages der SPD mit deren Bei- seinen separatistischen Mitarbeitern keinen Rück- trag zur Aussprache zu verbinden. Ich darf damit halt für eine Störenfried-Politik zwischen -Deutsch- die Aussprache über die Erklärung der Bundes- land und Frankreich und für ihre antieuropäische regierung, die Interpellation und den Antrag der Tätigkeit abzugeben. Das Saarproblem soll und Fraktion der SPD eröffnen. darf keine Erschwerung für die Schaffung eines Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmid. vereinigten Europas und keine Vorbelastung für eine deutsch -französische Verständigung sein. Dr. Schmid (Tübingen) (SPD), Antragsteller: 3. Wir können Herrn Hoffmann und sein Kabi- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nett nicht als die Regierung eines autonomen Staa- habe im Namen der Fraktion der SPD den von ihr tes betrachten und demgemäß behandeln. Deshalb eingereichten Antrag zu begründen und gleichzeitig sind auch alle Versuche Herrn Hoffmann, sich auf zu der soeben vom Herrn Bundeskanzler abgege- dieser Grundlage an Bonn zu wenden und dort zu benen Regierungserklärung Stellung zu nehmen. ' verhandeln, von vornherein zum Scheitern ver- Der Herr Bundeskanzler hat in dieser Regie- urteilt. Wir warnen aber die Saarbevölkerung vor rungserklärung im wesentlichen zum Ausdruck ge- dem falschen Glauben, der ihr durch eine ver- bracht, daß die Regierung der Bundesrepublik die logene Propaganda aufgezwungen wird, daß die Saar als einen Bestandteil des deutschen Staatsge- deutsche Bundesrepublik kein Interesse an den bietes betrachtet; daß sie der Auffassung ist, daß Verhältnissen an der Saar habe, weil sie nicht be- eine endgültige Regelung dessen, was man das reit und in der Lage ist, mit Herrn Hoffmann zu Saarproblem nennt, erst in einem Friedensvertrage verhandeln. Wir fordern Herrn Hoffmann auf, das oder in einem gleichwertigen Vertrage erfolgen Verbot der Demokratischen Partei des Saarlandes könne, und sie hat uns mitgeteilt, daß die fran- als ernstete Erschwerung des Gesprächs zwischen zösische Regierung durch eine an sie gerichtete Note Deutschland und Frankreich und als eine Erschwe- sich zu der gleichen Auffasung bekannt habe. Sie rung für die endgültige Regelung der Verhältnisse hat uns zu verstehen gegeben, daß sie aus diesen zurückzunehmen, Wir fordern ihn auf, sein Amt Gründen eine auf Schaffung vollendeter Tatsachen 5678 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Dr. Schmid [Tübingen]) ausgehende französische Politik an der Saar nicht Bereich der Tatsächlichkeiten folgt, ein Verhalten, für loyal halten könne. Weiter haben wir von der das geeignet ist, den in der Rechtsverwahrung an- Regierung vernommen, daß sie auf Grund sicheren gesprochenen Rechtszustand tatsächlich herzustel- Materials behaupten könne, daß an der Saar keine len oder seine Herstellung wenigstens zu begünsti- rechtsstaatlichen Verhältnisse bestehen, wie es ins- gen. Die Bundesregierung hat in ihrer bisherigen besondere das Verbot der Demokratischen Partei Politik nicht immer nach diesen Grundsätzen ge- des Saarlandes ausweise. Freilich hat uns die Re- handelt. Ich werde das des Näheren auszuführen gierung hierzu gesagt, daß sie zwar den Vorfall haben. aufs höchste bedauern müsse, daß man diesen Vorfall Zunächst ein Wort über die Rechtslage an der aber wohl nicht Paris zur Last legen dürfe, sondern Saar. Was der Herr Bundeskanzler hierüber als die Herrn Hoffmann und seinen Helfershelfern in Saar- Meinung der Regierung ausgeführt hat, ist richtig brücken. und bedarf keiner Ergänzung. Ebenso richtig ist, Schließlich, wenn ich recht verstanden habe, hat was der Kollege Strauß gesagt hat. Ich glaube, die Bundesregierung erklärt, daß sie bei allem daß ich es mir schenken kann, weitere Rechtsaus- festen Willen, an ihrer bisherigen Außenpolitik führungen über dieses Thema zu machen. Ich stelle festzuhalten, nun doch gewisse Zusicherungen ver- fest: Das Saargebiet ist völkerrechtlich betrachtet lange, Zusicherungen bezüglich der Saar, ehe sie nichts anderes als ein Teil der französisch besetzten den Vertrag über die Montanunion diesem Parla- Zone Deutschlands, und zwar ein Teil, der von der ment zur Ratifikation vorlegen könne. Besatzungsmacht einem Sonderregime unterworfen Habe ich richtig verstanden, Herr Bundeskanzler? worden ist; (Zuruf von der Regierungsbank: Nein!) (Sehr richtig! in der Mitte) — Dann tut es mir leid, mich geirrt zu haben. denn einseitige Maßnahmen vermögen nirgends auf Schließlich ist uns dann weiter noch gesagt wor- der Welt Völkerrecht zu schaffen. den, daß in einer Note an die westlichen Be- (Erneute Zustimmung.) satzungsmächte diese gebeten worden sind, dafür Wenn die Hohen Kommissare mit ihrer in der zu sorgen, daß an der Saar rechtmäßige Zustände Note vom 23. Oktober 1950 vertretenen Auffassung eintreten; und letzten Endes hat uns der Herr Bun- recht haben, daß die Bundesrepublik das alleinige deskanzler ermahnt, die Nerven zu behalten, und Recht habe, die Rechte des früheren Deutschen hat seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, daß dies Reiches bis zur Friedensregelung zu übernehmen auch in Paris und anderswo der Fall sein möge. und bis zur Wiedervereinigung Deutschlands das Dann werde schließlich alles gut gehen. deutsche Volk in internationalen Angelegenheiten Nun, meine Damen und Herren, das Zutrauen zu vertreten, dann hat die Bundesregierung auch des Herrn Bundeskanzlers in die politische Heil- das Recht, international in Angelegenheiten aufzu- wirkung guter Nerven in allen Ehren — gute Ner- treten, die das Saargebiet betreffen, und sich intern ven sind eine gute Sache; aber die Hoffnung daß und nach außen der Rechte der Deutschen anzuneh- alle, auf die es ankommen könnte, überall gute Ner- men, die — nur durch Wirkung von Tatsachen ihrer ven haben werden, scheint mir doch reichlich hypo- Jurisdiktion entzogen —, an der Saar leben. Sie thetisch zu sein; und im Bereiche der Politik ge- mischt sich damit nicht in fremde Angelegenheiten nügen Hypothesen so wenig wie gute Absichten. ein, sondern macht damit ein legitimes eigenes Gute Absichten wie Hypothesen werden erst von dem Recht geltend. Eine klarere Aktivlegitimation, als Augenblick an politisch erheblich, von dem an sie eine sie in der zitierten Note der Hohen Kommissare gute Politik auslösen; und Politik ist immer nur dort zum Ausdruck kommt, kann es nicht geben. am Werk, wo Tatsächlichkeiten geschaffen werden, Gestatten Sie mir eine Bemerkung. Auch bei uns d. h. wo man sich so verhält, daß der Partner vor in Deutschland hat sich ein Sprachgebrauch einge- Entscheidungen gestellt wird, deren Folgen ihm bürgert, der geeignet ist, die Klarheit dieser recht- nicht gleichgültig sein können. Nach der Tauglich lichen Situation zu verwischen In der Note der keit ihrer Maßnahmen und nicht nach ihren Ab- Bundesregierung vom 18. April 1951 findet sich sichten ist zu entscheiden, ob sich eine Regierung dieser Sprachgebrauch auch, der etwa besagt, daß politisch richtig, d. h. zweckmäßig verhalten- hat. die „endgültige Regelung des Status der Saar" nur (Sehr richtig! bei der SPD.) durch den Friedensvertrag erfolgen könne. Wird Nun, Rechtsverwahrungen haben ihren Wert, damit nicht dem Mißverständnis Raum gegeben, einen großen Wert und sie sind wichtig. Aber wenn daß die Saar heute noch keinen klaren rechtlichen sie allein bleiben, haben sie nicht mehr Wert als Status habe? ein Alarmsignal, und wenn nichts auf sie folgt, wer- (Sehr wahr! bei der SPD.) den alle Rechtsverwahrungen wirkungslos — jeden- Die Saar hat einen rechtlichen Status, der eindeu- falls dort, wo es sich nicht nur um Randerscheinun- tig ist: sie ist ein Bestandteil des deutschen Staats- gen, sondern um politische Grundverhältnisse han- gebiets. delt. Sie werden dann in der Welt der Tatsachen (Beifall bei der SPD.) . nur so ernst genommen wie ein Nachtusch oder wie Wenn etwas einer rechtlichen Regelung bedürfte, das Sichsträuben eines Mannes, der entschlossen so wäre das nicht der heutige rechtliche Status der ist, schließlich doch mitzugehen, wenn die Respekts- Saar, sondern eine etwaige Veränderung dieses frist, die man sich schuldig ist, einmal abgelaufen rechtlichen Status, der dann nach den Vorschriften sein wird. des Völkerrechts durch einen neuen zu ersetzen (Sehr gut! bei der SPD.) wäre. Wäre es nicht gut, meine Damen und Herren, Rechtsverwahrungen sind politisch nur dann er- wenn wir unseren Sprachgebrauch ein bißchen sorg- heblich — und es handelt sich bei den Dingen, von fältiger wählten? Wir laufen sonst Gefahr — was denen wir hier sprechen, um Politik und ;nicht ich hier sage, gilt für uns alle —, etwas als zweifel- darum, Handakten für einen künftigen Zivilprozeß haft erscheinen zu lassen, das keinen Zweifel leidet! anzulegen —, Und noch eine Bemerkung: Man spricht so oft (Sehr richtig! bei der SPD) von Völkerrecht, das auf Grund alliierter Verein- wenn auf die Rechtsverwahrung ein Verhalten im barungen für uns geschaffen worden sei. Nun, Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5679 (Dr. Schmid [Tübingen]) alliierte Vereinbarungen und ihre Dignität in allen gearbeitet worden. Diese 20 Männer wurden von Ehren; sie vermögen aber kein Recht für Deutsch- der Verwaltungskommission des Saarlandes, also land zu schaffen. Deutschland können rechtlich nur von den Beauftragten und Vertrauensleuten des Vereinbarungen entgegengehalten werden, die es Hohen Kommissars an der Saar ernannt. E rnst selber mit getroffen hat! Roth, der in Straßburg Verstorbene, der von seiner (Abg. Dr. Laforet: Sehr richtig!) Partei vorgeschlagen worden war, wurde abge- lehnt. Man wußte schon, was für Leute man zu Nun sagt man in Paris und auch anderswo: Ja, delegieren hatte. das ist alles richtig, aber inzwischen hat sich doch an der Saar einiges vollzogen, das man nicht weg (Zuruf von der KPD: Das weiß man auch disputieren kann. Man sagt, das Saarvolk habe sich in Bonn!) doch durch einen eigenen freien Entschluß von Der Entwurf der Verfassung durfte vor der Wahl Deutschland losgesagt, und es habe sich eine Ver- zum Landtag, der diese Verfassung zu beschließen fassung gegeben. Man sagt weiter: Völkerrecht hin, hatte, nicht publiziert werden. Die Ausgabe der Völkerrecht her: Staaten entstehen originär; sie be- „Volksstimme", der sozialdemokratischen Zeitung stehen auch dann, wenn ihre Entstehung nicht von in Saarbrücken, in der die gesamte Verfassung ab- völkerrechtlichen Akten begleitet wird. Wenn sie gedruckt war, wurde verboten, genauer gesagt, die sich durchgesetzt hätten, sagt man, hätten sie An- Zensur nahm die schon gesetzte Verfassung heraus, spruch auf Anerkennung durch dritte Staaten, auch und der verbliebene Raum mußte mit Feld-, Wald- durch den Altstaat, von dem sie sich etwa separiert und Wiesenartikeln ausgefüllt werden. Ein von haben sollten. Nun ja, es gibt eine Saarverfassung Ernst Roth verfaßter Artikel über die Präambel vom 15. Dezember 1947. Ja — in der Präambel durfte nicht erscheinen. Der Text der Verfassung dieser Verfassung wird „die politische Unabhängig- wurde einige Tage vor der Wahl zum Landtag auf keit des Saarlandes vom deutschen Reich" erklärt. den Rathäusern ausgelegt. Dort sollte die Bevölke- So heißt es wörtlich. Was ist das politisch, moralisch rung die Verfassung einsehen, und großmütiger und juristisch wert, und wie ist das zustande ge- weise hat man für die 900 000 Bewohner des Saar- kommen? gebietes 10 000 Exemplare drucken lassen, die sie auf den Rathäusern abholen konnten. Als der er- Der Wille eines Volkes wird überall in der Welt weiterte Vorstand der Sozialdemokratischen Partei durch eine ordnungsgemäß durchgeführte Volks- im Saargebiet mit 18 :3 Stimmen beschloß, eine abstimmung mit klarer, eindeutiger Fragestellung Volksabstimmung über die Verfassung zu verlan- ermittelt. An der Saar ist nie ein Plebiszit erfolgt. gen, wurde ein Teil seiner Mitglieder einzeln zu Man hat sich damit begnügt, einen Landtag Herrn Grandval geholt und dort einzeln „aufge- wählen zu lassen. Glaubt man denn wirklich, klärt". daß man mit Anspruch auf politische, moralische und juristische Beachtung die Frage, ob sich (Abg. Rische: Das macht heute Jakob mehr als 900 000 Menschen endgültig von ihrem Kaiser! — Heiterkeit.) Mutterlande loslösen wollen, so nebenher beant- Ein paar Tage später erklärte sich dasselbe Gre- worten lassen kann? Ich habe da einen Artikel des mium mit 20 : 4 Stimmen gegen eine Volksabstim- Herrn Johannes Hoffmann vor mir liegen, den er mung. Das heiße ich Regierungskunst! im Jahre 1930 geschrieben hat. Darin spricht er — (Zuruf von der Mitte: Ihr habt da gut und er meint uns — von „unseren Brüdern, die zu reden!) uns gehören und zu denen wir gehören; nur eine Als der Landtag gewählt war und über die Ver- Grenze ist dazwischen, eine lächerliche Grenze, ein- fassung abstimmen sollte, ließ Herr Grandval fünf gezeichnet auf den Karten, nicht aber in unseren sozialdemokratische Abgeordnete, die erklärt hat- Herzen." Das sagt der Stifter der Saarnation, ten, gegen die Präambel der Verfassung — also (Heiterkeit) gegen die Separations -Präambel — stimmen zu und er fährt fort: wollen, zu sich kommen. Einer von ihnen hat mir Will man in Frankreich wahren Frieden mit persönlich berichtet, daß Herr Grandval den fünfen Deutschland, will man der Saarbevölkerung- ihr damals summa summarum gesagt habe, wenn die Recht geben, will man eine ehrliche wirtschaft- Abstimmung nicht so ausgehe, wie vorgesehen, liche Zusammenarbeit, die auch im wohlver- werde Frankreich von den liberalen Verwaltungs- standenen Interesse Frankreichs liegt -- nun methoden von heute zu den Methoden der Be- gut, wir sind dazu bereit. Dann gebe man uns satzungsmacht zurückkehren, aber erst unser einziges politisches Recht: die (Hört! Hört! bei der SPD) freie, unbeeinflußte Abstimmung, je eher, um und sie würden das zu verantworten haben. so lieber. Sie ist die Waffe und Hoffnung, daß (Hört! Hört! bei der SPD.) wir heimkehren dürfen ins Vaterhaus als freie Söhne eins freien, einigen, zu neuer Größe er- Und was hat man der Bevölkerung selber ge- stehenden deutschen Vaterlandes. sagt? Man hat ihr gesagt — es gibt ja tausend Sprachrohre, vermittels derer man so etwas in eine (Zuruf von der Mitte: Wie schön!) Bevölkerung hineinflüstern kann —, wenn das So schrieb Herr Hoffmann im Jahre des Heils Saargebiet bei Deutschland verbleiben wolle, wür- 1930. Warum denkt er heute, seit er von der Be- den die Kohlengruben als Reparationen in An- satzungsmacht zum Ministerpräsidenten in Saar- spruch genommen; würden die Industriewerke nach brücken erkoren worden ist, anders? Warum wagt der Methode Morgenthau demontiert; würden die er denn heute dieses Plebiszit nicht, und warum Lebensmittellieferungen aus den übrigen Ländern erklärt er heute — vielleicht indem er die Worte der französischen Zone wegfallen — denn von dort eines seiner Vorgesetzten nachredet —, daß es an kamen die Lebensmittellieferungen nach dem Saar- der Saar kein Plebiszit geben werde, denn ein gebiet, und nicht aus Frankreich —, Plebiszit sei undemokratisch? (Sehr wahr! bei der SPD) (Lachen in der Mitte.) und dann würde auch die Saarbevölkerung die er- Der Entwurf dieser Verfassung ist von einer Ver- drückenden Reparationszahlungen leisten müssen, fassungskommission von 20 Mitgliedern aus die die Deutschen zu erwarten hätten, und es 5680 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den -3O. Mai 1951 (Dr. Schmid [Tübingen]) werde das Saargebiet dann einen recht schlechten für die französische Republik ein Kontrahieren mit Umrechnungskurs zum französischen Franc be- sich selbst.. kommen. (Beifall bei der SPD, in der Mitte und Die Bevölkerung stand dem Sog dieser Propa- rechts.) ganda hilflos gegenüber, sie war einseitiger Pro- Und was ist das für eine Autonomie, bei der ent- paganda ausgesetzt, sie war abgeschnitten vom scheidende innerpolitische Maßnahmen wie Partei- Verkehr mit dem übrigen Deutschland und seiner verbote und vieles andere durch Briefe des fran- Presse. Die Rundfunksender wurden damals unter zösischen Außenministers ausgelöst werden können, alliierter Aufsicht betrieben. Im Saargebiet hun- bei der. der Hohe Kommissar erklären kann, daß gerte mari mehr als sonstwo in Deutschland, und er' die Einführung des Mitbestimmungsrechts in der schließlich hat man dem Volke dort das Märchen Industrie der Saar nicht dulden werde, denn die eingetrichtert, Deutschland existiere nicht mehr. Saar könne keine anderen Gesetze haben als Die Saarverfassung — so mußte jeder denken — Frankreich. ist die logische Konsequenz der Verhältnisse, in (Hört! Hört! bei der SPD.) denen wir nun einmal leben müssen, wenn wir nicht physisch untergehen wollen. Uns kann nur Und was ist das für eine Autonomie, bei der ein noch der wirtschaftliche Anschluß an Frankreich fremder Hoher Kommissar das erste und das letzte helfen; dann erhalten wir wenigstens die Möglich- Wort in allen politischen Angelegenheiten hat? Man keit, physisch zu existieren. — Ist es denn da ein lese doch die Artikel 2 bis 4 der allgemeinen, der Wunder, daß die Bevölkerung an der Saar eben politischen Saarkonvention, und vor allen Dingen: die Listen wählte, die man ihr präsentierte — man lese die beiden geheimen Zusatzprotokolle, in andere hatte sie ja nicht vor sich liegen —, denen dem Hohen Kommissar das entscheidende diese Listen, auf die die Dienststellen des Herrn Recht bei der Ernennung der wichtigen Beamten, Grandval einen recht maßgeblichen Einfluß ge- in Polizeiangelegenheiten und letzten Endes allem, nommen haben? Und ist es ein Wunder, daß das so was politisch interessant ist, zuerkannt wird. Die geschaffene Gebilde eine Monstrosität geworden ist? Saarkonventionen und die geheimen Zusatzproto kolle — das ist die wahre Verfassung der Saar! Im allgemeinen sind Verfassungen der Ausdruck des Freiheitswillens eines Volkes und nicht seines (Sehr gut! bei der SPD.) Willens zur Selbsterniedrigung. Was ist das für eine seltsame Union, bei der kein (Sehr richtig!) einziger Franzose einem Saarländer unterstellt ist, weder in der Wirtschaft noch in der Verwaltung, Verfassungen wollen Instrumente der Selbst- aber Zehntausende von Saarländern einigen Fran- bestimmung und nicht der Unterwerfung sein. In zosen? der Saarverfassung aber setzt sich das Saarvolk Und was ist das für eine Autonomie, im Namen selbst einen Landvogt, und sogar in der Präambel, derer die neugegründete Universität Saarbrücken an dem Ort der Verfassung, in den man sonst das einem französisch beherrschten Verwaltungsrat Pathos einer Verfassung zu legen pflegt. unterstellt ist und einem französischen Rektor, (Zuruf von der KPD.) einem Rektor, der gestern 45 Studenten, die mit dem Omnibus nach Bonn fahren wollten, bedeutet Dieser Landvogt soll das letzte Wort in allen Dingen haben — und er hat dieses letzte Wort in hat, das gehe nicht! allen Dingen. Und glaubt man denn, daß so etwas (Hört! Hört! uhd Pfui-Rufe bei der SPD in den Gehirnen der 900 000 Menschen an der und den Regierungsparteien.) Saar gewachsen sein kann? Man spricht so gern von der europäischen Uni- Die angebliche Autonomie des Saargebiets ist versität Saarbrücken. Aber eine solche Universität eine Protektoratsverfassung, die m an — weil sich ist noch keine europäische Universität. das heutzutage besser macht —, von einem ein- (Sehr richtig!) geschüchterten Landtag beschließen ließ. In der Ich bin für eine Europäisierung und Entnationali- ganzen Welt gehen die politischen Methoden und sierung aller Universitäten, überall, die völkerrechtlichen Formen des klassischen- Kolo- (Beifall bei der SPD) nialismus zurück. An der Saar wurden sie in der Form dieser Verfassungskomödie neu eingeführt. aber nicht im Wege einseitiger Maßnahmen und Auflagen. (Sehr wahr! bei der SPD.) (Lebhafter Beifall bei der SPD und bei Und warum hat man das getan? Man hat es ge- den Regierungsparteien.) tan, um die Saarkonventionen aus der Taufe heben Die Verfassung des Saarlandes ist sonst — man zu können, diese Konventionen, die die Bergwerke muß es sagen — wunderschön; sie enthält nicht auf die Dauer von 50 Jahren Frankreich zur un- weniger als 59 Grundrechtsartikel. Was waren wir kontrollierten Ausbeutung überlassen, die der daneben, die wir das Grundgesetz der Bundes- Besatzungsmacht die Verwaltung der Eisenbahnen republik schufen, für armselige Wichte! praktisch in die Hände spielen, und das für dauernd, die dazu Frankreich über die Sequester (Heiterkeit.) betriebe die Produktion der Hütten sicherten, die, Welch ein Rekord an Menschenrecht ist an der weiter die Banken und Versicherungen in franzö- Saar aufgestellt worden! Und was ist daneben die sische Hände gaben und damit auch die Spargelder Verfassungswirklichkeit? Nun, diese Verfassungs- der Saarbevölkerung großenteils dem französischen wirklichkeit ist die Karikatur eines Rechtsstaates. Kapitalmarkt zuleiteten — von den Zolleinnahmen Die Wirklichkeit an der Saar weist wenig von und anderem ganz zu schweigen. In allen Kommis- lebendig gewordenen Grundrechten auf, aber dafür sionen, die in diesen Konventionen vorgesehen sind, alle Merkmale des Polizeistaates. hat Frankreich die ausschlaggebende Stimme. Das (Sehr richtig! rechts.) ist keine gute Sache, und man berufe sich nicht auf Politische Parteien bedürfen der Genehmigung den Vertragscharakter dieser Konventionen. Kon- durch die Regierung — was doch nichts anderes trahieren mit Herrn Johannes Hoffmann ist doch heißt, als daß eine der Regierung nicht genehme Deutscher Bundestag 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1961 5681 (Dr. Schmid [Tübingen]) Politik nicht betrieben werden kann. Die Post wird hat sich jüngst hier in Bonn der Präsident der Be- überwacht -- das hat Herr Strauß näher ausge- ratenden Versammlung des Europarates, Henri führt —; die Presse der Bundesrepublik wird fern- Spaak, geäußert. Er hat gesagt, wie man denn in gehalten, wenn sie Artikel bringt, die den Herren Zukunft noch von westlicher Demokratie sprechen in Saarbrücken nicht gefallen. Politisch uner- könne, wenn man politische Argumente mit Polizei- wünschte Personen werden ausgewiesen. Noch 1948 gewalt beantworte. wurde Ernst Roth ausgewiesen und vor einigen (Sehr richtig!) Wochen der frühere Abgeordnete und französische Offenbar tut' man es deswegen, weil man gegen die Staatsangehörige Danzebrink, der nur das „Ver- Wahrheit kein anderes Mittel zu haben glaubt als brechen" begangen hat, die Innenpolitik Johannes eben Polizei. Hoffmanns zu mißbilligen. Kundgebungen oppo- (Abg. Rische: Lehr schickt sie schon!) sitioneller Gruppen werden verboten. Bundestags- abgeordneten wird die Einreise unmöglich ge- Was heißt denn „gegen die Grundgedanken der Verfassung verstoßen?" Der Justizminister in Saar- macht — (Zurufe von der KPD.) brücken, Braun, hat im Jahre 1947 vor der Verfas- sungskommission des Saargebietes ausgeführt: von einem entsprechenden Verbot für französische Abgeordnete hat man bisher noch nichts gehört ... Die verfassungsmäßige demokratische Grund ordnung des Staates ist das, was wir schützen Herr Hoffmann verfügt über einen Fonds von wollen. Das bedeutet nicht, daß ich, wenn ich 60 Millionen Francs für die Propaganda für das —wiedasMRS Saarland, das ist das Mouvement pour le Rattachement de (Abg. Rische: à la Kaiser!) _ la Sarre à la — über einen Dispositionsfonds in Höhe von 20 Mil- für den politischen Anschluß lionen Francs und über einen Fonds von 30 Mil- — in Klammern: natürlich an Frankreich — lionen Francs, euphemistisch „Fonds zur Unter- stützung der Europabewegung" genannt, zusam- bin, einen Angriff auf die demokratische men rund 1,2 Millionen DM für das Jahr 1951. Und Grundordnung der Verfassung unternehme. über diesen Fonds kann er verfügen, ohne daß der Denn was ich anstrebe, nämlich den Anschluß Rechnungshof seine Verfügungen nachprüfen an einen demokratischen Staat, ist niemals un- könnte. demokratisch. (Abg. Rische: Das ist hier bei Kaiser Er hatte recht, der Herr Minister Braun. Will man genau so!) heute behaupten, die Bundesrepublik sei etwa ein undemokratischer Staat, und man habe deswegen Der Landespolizeipräsident Lackmann ist franzö- die Demokratische Partei des Saarlandes leider ver- sischer Staatsangehöriger ebenso wie sein Chef, der bieten müssen? Oder gilt an der Saar nicht gleiches Innenminister Hektor. Recht für alle Nachbarn? (Abg. Rische: Kaiser hat alte Nazis, die Nein, diese Partei ist verboten worden, weil sie schreiben!) eine Auffassung über die Grundlegung des deutsch- Die Krönung der polizeistaatlichen Praxis ist das französischen Verhältnisses vertritt, die der f ran- Verbot der UPS vom 21. Mai dieses Jahres. Bei zösischen Politik nicht gefällt. Durch den Brief des dieser Partei handelt es sich um eine ordnungs- Außenministers Schuman an Herrn Hoffmann mäßig von der seinerzeitigen Militärregierung zu- vom 9. Mai wurde kundgetan, daß es über diese gelassene und lizenzierte Partei. Ihr Programm Frage an der Saar nur eine Auffassung geben darf. lautet: Bis zum Friedensvertrag soll die Saarfrage Und, meine Damen und Herren: wenn die Propa- entpolitisiert werden, d. h, das bisherige Protek- ganda gegen die Schaffung vollendeter Tatsachen, toratssystem soll dadurch ersetzt werden, daß ein die die endgültige Regung präjudizieren sollen, Beobachter der Bundesrepublik und ein Beobachter verfassungswidrig ist, d wenn eine Partei, die der französischen Republik eine unpolitische, neu- solches betreibt, verboten werden kann, warum trale und rein fachliche Verwaltung des Saargebiets- wurde dann nicht seinerzeit, ehe sie aus Mangel überwachen. Meinungsverschiedenheiten zwischen an Masse einging, die Bewegung zum Anschluß der diesen beiden Beobachtern soll ein Kontrollorgan Saar an Frankreich verboten, dieses Mouvement, des Europarates schlichten. Die Bundesrepublik 'wie das ja zu keinem anderen Zweck gegründet worden auch Frankreich sollen auf die politische, kulturelle ist, als um den Anschluß des Saargebiets an Frank- und sonstige Durchdringung des Saargebiets ver- reich und damit die Vernichtung der Autonomie des zichten und diese Frage dem Willen der Bevölke- Saargebietes vorzubereiten? rung überlassen. Das Programm sieht dann weiter (Sehr richtig! bei der SPD und den Regie vor,_ daß die Regierung in eine Verwaltung umge- rungsparteien.) wandelt und daß der deutsche Markt wieder ge- Und warum wird denn heute nicht die Kommun- öffnet werden solle. Als erstrebenswertes Ziel wird nistische Partei an der Saar verboten, die Wiedereinführung des Wirtschafts- und Zoll- systems angesehen, das in der Zeit von 1920 bis (Abg. Renner: Die soll wohl auch verboten 1935 bestanden hat. werden?) die offen die Herren in Saarbrücken des Landes- Und mit welcher Begründung wurde diese Partei verrats zeiht? Wohl verstanden, nur in Saar- verboten? Einmal: ihr Programm widerspreche den brücken, nicht entsprechend in Leipzig. Grundgedanken der Verfassung. Und weiter: die Partei störe die ruhige wirtschaftliche und soziale (Abg. Rische: Auch hier!) Entwicklung im Saargebiet, sie erschwere die Aber Herr Johannes Hoffmann hat sich noch in deutsch-französische Verständigung und mache eine seiner Rede am 21. Mai dieses Jahres, in der er europäische Lösung der Saarfrage unmöglich. auf dieses Treiben hinweist, wohlweislich gehütet, Außerdem habe sie laufend unwahre Behauptun- die Auflösung der Kommunistischen Partei anzu- gen über die Saarregierung verbreitet und mache kündigen. das Saarland, seine Verfassung und seine staat- (Abg. Rische: Ihre Funktionäre sperrt man lichen Einrichtungen verächtlich. Zu diesem Verbot ein!) 5682 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Dr. Schmid [Tübingen])

— Warum denn, Herr Rische? Ich will es Ihnen Saar mit diesen Artikeln des Europarat-Statuts sagen; Sie kommen von sich aus doch nicht darauf: aufzuwerfen und geeignete Folgerungen zu ziehen, (Heiterkeit.) wenn sie damit nicht gehört werden sollte. Herr Hoffmann braucht einen Popanz, (Sehr richtig! bei der SPD.) (Lebhafte Zustimmung bei der SPD und Noch eines zum Brief Robert Schumans vom den Regierungsparteien) 9. Mai. Es heißt dort, der verbotenen Partei sei im Hinblick auf den er sagen kann: „Wer deutsch vorzuwerfen, daß sie in dem Saarstatut ein Regime denkt, fördert die Kommunisten." Das ist der substituieren wolle, das die Existenz einer auto- Grund, weswegen er sie braucht und weswegen er nomen Saar leugnet und damit „par anticipation", sie nicht verbietet. das heißt im Wege der Vorwegnahme, die end- gültige Regelung der Saarfrage bestimmen wolle. (Abg. Rische: Das ist ja eine eigentümliche Nun, das scheint mir, doch nicht ganz folgerichtig lächerliche Begründung!) gedacht zu sein. Wer hat denn etwas zu antizi- Warum das Verbot der DPS? Nun, man hat sie pieren versucht? Jener, der die Saarkonventionen verboten, weil man die kommenden Wahlen fürch- geschaffen hat, oder jener, der die Dinge an der tet, weil man an tausend Anzeichen erkannt hat, Saar politisch neutralisieren will, um auf diese daß das Volk an der Saar sich wieder gefangen Weise eine einwandfreie Gesamtregelung möglich hat. Ich will hier auf die Symptome nicht näher zu machen? Wenn schon durch die Forderung der eingehen. Sie kennen ja diese Dinge, sogar aus Freiheit der politischen Meinungsäußerung das unserer Presse. Durch das Verbot dieser Partei endgültige Schicksal der Saar vorweggenommen will man die Opposition einschüchtern, auch die wird, auf welch schwachen Füßen muß dann die Opposition, die sich in anderen Parteien, insbeson- These stehen, die Saarländer stünden mit über- dere in der Sozialdemokratischen Partei des Saar- wältigender Mehrheit auf dem Baden der heutigen gebietes immer lebendiger regt. Darum scheut man de-facto-Regelung! sich nicht, ein in der Konvention der Menschen- Und wie nimmt sich eine solche Feststellung bei rechte — die der Europarat angenommen hat — einem Manne aus, der am 20. Februar dieses Jahres verbrieftes Recht, das da heißt „Freiheit der demo- vor dem Senat in Paris ausgeführt hat, daß die kratischen Meinungsäußerung" aufzuheben. Man französische Politik nach wie vor darauf angelegt but es, weil man weiß, daß dieses Regime nur ge- sei, auch durch Maßnahmen im Saargebiet selbst rettet werden kann, wenn man Neuwahlen ohne — und dabei wurden die Saar-Konventionen als oppositionelle Parteien und ohne eine ernst zu neh- Maßnahmen zitiert, die die Staatlichkeit des Saar- mende oppositionelle Presse durchführt. gebiets konsolidieren sollten — die Abtrennung (Abg. Strauß: Sehr richtig!) dieses Gebietes von Deutschland praktisch zu voll Es ist für mich besonders schmerzlich, feststellen ziehen? zu müssen, daß dies alles auf einen Brief hin ge Es steht doch fest — und hier nützt doch kein schehen ist, der die Unterschrift Robert Schumans Versuch, über die Tatsachen hinwegzublicken —: trägt. — Herr Kollege Strauß, ich glaube nicht, daß trotz Europa-Politik, trotz Schumanplan ist die Ihre Hypothese richtig ist, daß der französische Loslösung der Saar von Deutschland ein integrie- Außenminister durch ein Stückchen gelben Durch- render Hauptbestandteil der französischen Außen- schlagpapiers zu seinem Briefe hätte bewogen wer- politik geblieben. Und es steht fest — Sie sehen es den können. doch jede Woche —, daß die französische Regie- (Sehr gut! bei der SPD.) rung keine Gelegenheit vorübergehen läßt, die er- Dazu schätze ich nun doch die Ernsthaftigkeit hofften Endresultate dieser Politik durch Schaf- seines Denkens zu hoch ein. fung vollendeter Tatsachen vor einer endgültigen Ich glaube nicht, daß die Kunststücke, die man rechtlichen Regelung vorwegzunehmen. Immer an der Saar versucht, viel nützen werden, auch wieder können wir beobachten, daß sie mit viel wenn man oppositionelle Parteien nicht zuläßt. Die Geschick und viel Beharrlichkeit darauf ausgeht, Bevölkerung an der Saar kann ja bei der- Wahl solche Gelegenheiten zu schaffen. weiße Zettel abgeben und damit zum Ausdruck Ich stelle die Frage: Wie hat die Regierung der bringen, was sie von dem Regime hält. Sie hat Bundesrepublik auf diese französische Politik rea- schon bei den letzten Wahlen da und dort weiße giert? Diese Frage ist nicht von der Beantwortung Zettel abgegeben. Bisher haben es 10 % der Wäh- der Frage zu trennen, welche Rolle die Saar inner- ler so gehalten. Bei der nächsten Wahl könnten es halb der politischen Gesamtkonzeption der Bundes- 80 % werden, wenn es sich einmal herumgespro- regierung spielt und spielen muß. Ist für sie die chen hat, wie man auch wählen kann. Saar-Politik nur ein Punkt unter vielen anderen, (Abg. Renner: Bei der Volksbefragung bei wohl eine sehr wichtige Sache, aber doch nur ein uns werden es 90 °/o!) relativ bedeutsames Anliegen, dem andere vor- Diese Zustände an der Saar entsprechen nicht gehen könnten? Oder ist der endgültige Verbleib dem, was die Art. 3, 4 und 5 des Statuts des der Saar bei Deutschland für die Bundesregierung Europarates als Voraussetzung für die Mitglied- im Rahmen ihrer politischen Gesamtkonzeption ein schaft im Europarat bestimmen. Für diese Mit- prinzipales Anliegen, etwas, das der Relativierung gliedschaft ist danach Voraussetzung — ich spreche nicht fähig ist, etwas, dem die Priorität vor an- noch gar nicht von der Menschenrechtskonvention deren auch höchst bedeutsamen politischen Ziel- —, daß auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates jede setzungen zukommen muß? Dies muß so sein; denn seiner Jurisdiktion unterworfene Person im Genuß sonst wird es nicht möglich sein, irgend etwas der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sein Großes und Europäisches wirksam und mit Aus- muß. Im Saargebiet ist das nicht der Fall. sicht auf dauernden Bestand zu schaffen. Nun frage ich die Regierung, ob sie glaubt oder Wenn es sich nur um Kohle, nur um Eisenhütten ob sie nicht glaubt, es den Menschen an der Saar handelte — nun, dann könnte man vielleicht strei- schuldig zu sein, im Ministerrat des Europarates ten. Aber es handelt sich um Menschen, es die Frage .der Unvereinbarkeit der Zustände an der handelt sich um mehr als 900 000 Menschen, Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5683 (Dr. Schmid [Tübingen]) denen man das Recht verwehren will, sich französischen Politik an der Saar die Grundlage in Freiheit als Glieder des Volkes zu bekennen, und die Intensität nehmen. Man sagte uns: Nun, zu dem sie nach ihrer Gedankenwelt und sobald wir Deutschen in Straßburg sind, verliert ihrer Geschichte seit je gehören. Da geht es um auch die Frage der Zugehörigkeit des Saargebietes Absolutes. Da gibt es kein halb und halb, sondern zu Deutschland jedes politische Interesse für die da gibt es nur ja und nein und den Willen zur Franzosen. Wir hatten soviel Glauben nicht und Konsequenz nach außen und nach innen. haben gewarnt, die Franzosen würden diesen Der Kampf um die Einheit Deutschlands, der Schritt vielleicht dahin auswerten, daß die Bundes- doch ein Kampf um die Einheit Europas ist, kann republik sich mit dem an der Saar geschaffenen nur geführt werden, wenn Recht überall Recht Zustand abgefunden hätte. Man hat uns der Klein- und Unrecht überall Unrecht ist und wenn die gläubigkeit dem Geiste Straßburgs gegenüber ge- Regierungen diesem Wissen entsprechend handeln. ziehen, und es fiel damals häufig das böse und Wenn wir uns dem Geschehen an der Saar gegen- törichte Wort von unserem angeblichen Nationalis- über im Prinzip anders verhalten als gegenüber mus. Nun, am 20. Februar 1951 hat der franzö- dem Geschehen im Osten — welche politische, juri- sische Außenminister vor dem Senat erklärt, zwar stische und moralische Legitimation haben wir habe die Bundesregierung das Saarland und die dann noch für unseren Kampf um die geraubten Saarregierung nicht anerkannt, aber das Bestehen Ostgebiete? des de-facto-Zustandes an der Saar sei unter an- derem tatsächlich — nicht de iure, aber tatsäch- (Zustimmung bei der SPD und beim lich — durch die Bundesrepublik dadurch aner- Zentrum.) kannt worden, daß ihre Vertreter neben denen des Dabei ist das Prinzip entscheidend. Ist dieses auf- Saargebiets auf den Bänken des Europarats Platz gegeben, kann man für die Sache selber nicht mehr genommen haben. streiten. Ich brauche hier nicht darzulegen — Ihnen (Hört! Hört! bei der SPD.) gesagt, meine Herren da drüben '(zur KPD) —, daß die Lebensverhältnisse der Menschen an der Saar Das ist deutlich, und es ist klar, daß der franzö- mit denen der Menschen im Osten nicht vergleich- sische Außenminister damit etwas sagen wollte. bar sind und daß ich hier keinen Vergleich ziehen Er wollte damit zum Ausdruck bringen, daß er der oder auch nur anregen will. Meinung sei, daß aus diesem Umstand, etwas aus- gehe, wenn nicht Rechtswirkungen, so doch min- Darum handelt die Bundesregierung nur dann richtig, wenn sie der Erhaltung der Zugehörigkeit destens politische Wirkungen. der Saar zu Deutschland innerhalb ihrer Politik (Abg. Euler: Wenn nicht eine deutliche eine zentrale Stellung einräumt — auch um Euro- Rechtsverwahrung ausgesprochen wird!) pas willen, das nur auf dem Fundament des Rechts — Ich komme darauf noch zu sprechen, Herr Kol- aufgebaut werden kann, und weil man sich an lege Euler. Europa versündigt, wenn man — und sei es auch (Abg. Kunze: Reicht die Redezeit denn nur durch Unterlassen — die Hand dazu böte, daß noch dafür aus?) sich durch blindes Verschulden drüben im Westen — Herr Kollege Kunze, ich habe Sie nicht ver- eine neue Irredenta bildet. Wir sollten nicht ver- standen; es tut mir leid, Ihnen darum nicht ant- gessen, welches Unglück über die Welt gekommen worten zu können. ist, weii man einmal einen Freistaat Danzig ge- schaffen hat! Übrigens eine Frage: Warum hat man denn auf diese Rede, die doch ein politisches Ereignis ersten Ich habe aus der Regierungserklärung den Ein- Ranges war, ein Ereignis, das der Aufmerksamkeit druck gewonnen — und ich hoffe, daß ich mich der Bundesregierung nicht entgangen sein dürfte, diesmal nicht getäuscht habe —, daß die Zuge- nicht geantwortet? hörigkeit der Saar zu Deutschland für die Bundes- regierung etwas Unabdingbares ist, demgegenüber (Sehr richtig! Sehr gut! bei der SPD.) es nichts ins Feld zu führen gibt. Ich freue mich, Ich meine, dazu hätte man etwas sagen müssen, daß die Regierung dieser Meinung Ausdruck ver- etwas, das vielleicht wirksamer gewesen wäre, liehen hat. Herr Euler, als nachträgliche Rechtsverwahrungen. Eine solche Politik kann natürlich wie jede (Erneute Zustimmung bei der SPD.) Politik nur im Rahmen der Mittel getrieben wer- Und nun frage ich weiter: Will die Bundes- den, die man hat. regierung nicht im Hinblick auf Art. 26 des (Sehr gut! bei der CDU.) Europarat-Statuts, der davon spricht, daß die — Aber, Herr Kollege, Politik ist nicht nur die assoziierten Mitglieder Staaten sind, im Ministerrat Kunst des Möglichen. Hinter diesem Satz kann Protest dagegen einlegen, daß dieser einen Be- sich manchmal Phantasielosigkeit und Freude an obachter der Saarregierung zugelassen hat? Sie Untätigkeit verstecken. Politik ist vielmehr auch kann das tun; denn als man uns eingeladen hatte, die Aufgabe, das Notwendige möglich zu machen, war nur davon die Rede, daß die Saar„ bevölkerung" vertreten werden sollte, und niemand sprach da- (Sehr gut! bei der SPD) von, daß man eine Saar„ regierung" in die Gremien zum mindesten aber nichts dazu beizutragen, daß des Europarats aufnehmen wolle. das Notwendige unmöglich werden könnte. Die Bundesregierung hat weiter geglaubt, durch Nun, hat die Bundesregierung immer nach dieser die Unterzeichnung des Schumanplans die franzö- Erkenntnis gehandelt? Sie sagt es. sischen Absichten auf die Saar dämpfen zu können. Sie hat gewissen Warnungen gegenüber, die wir Man sagte: Wenn schon Kohle und Stahl in Europa ausgesprochen haben, erklärt, daß sie die Maß- gemeinsam verwaltet werden, welche praktische nahmen, vor denen wir warnten, gerade um der` Bedeutung kann es dann für die Franzosen noch Saar willen treffe, deren Lage sie so bessern wolle haben, daß die Saar zu Deutschland gehört? So und werde. Die Bundesregierung hat geglaubt, der sagte man uns, als wir warnten und darauf hin- Eintritt Deutschlands in den Europarat gleichzeitig wiesen, was ein solcher Schritt alles zu präjudi- mit Vertretern der Saar-Bevölkerung werde der zieren vermöchte. 5684. Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Dr. Schmid [Tübingen]) Unter anderem hatten wir gesagt, man werde Und am 9. Mai, am Tage nach unserer Debatte in durch die Unterschrift nicht umhin können, das der Beratenden Versammlung über den Schuman- Recht Frankreichs auf völkerrechtliche Vertretung plan, hat. Herr Minister Robert Schuman den Brief des Saargebiets als eines selbständigen Landes zum an Johannes Hoffmann geschrieben, den Brief, auf mindesten faktisch anzuerkennen. Art. 79 des Grund dessen die Partei verboten worden ist, von Montan-Vertrages nennt die Saar — in einer, der wir heute so oft gesprochen haben, und auf wie ich glaube, unverfänglichen Weise; vielleicht Grund dessen das Recht auf freie politische Willens- ' aber hätte dieser Artikel besser anders formuliert bildung an der Saar aufgehoben worden ist. werden sollen. Wir sagten, man werde so einen Das, meine Damen und Herren, sind die Reali- völkerrechtlichen Vertrag mit einem Teile des täten. In der Politik gelten nicht unsere Vorstellun- deutschen Staatsgebietes abschließen, der dabei gen von den Dingen, sondern die Tatsachen; denn durch einen Staat vertreten wird, der es von diese und nicht jene bestimmen die Wirklichkeit, Deutschland loslösen will. in der wir leben müssen. Als der Herr Bundeskanzler und sein Staats- Eine Zeitung, die unserer Partei im allgemei- sekretär nach dem 18. April nach Bonn zurückkehr- nen nicht wohlwill, die „Frankfurter Allgemeine ten, sagten sie uns, es sei ein großer Erfolg erzielt Zeitung", hat zu diesen Dingen am 25. Mai ge- worden. Der Herr französische Außenminister habe schrieben: nicht als völkerrechtlicher Vertreter des Saar- gebiets unterzeichnet, sondern — ich erinnere mich Die französische Regierung hat erst abgewartet, noch einigermaßen — die wirtschaftlichen Haupt- bis ihr die Unterzeichnung des Schumanplans interessenten an der Saarwirtschaft hätten gewisser- sicher erschien, und dann hat sie im Saarge- maßen gemeinsam die Montanindustrie der Saar biet zugeschlagen, um jede Gegnerschaft gegen in den gemeinsamen Pool eingebracht. Kurz darauf . die Hineinführung in die französische Schutz- sagte der Außenminister Schuman: natürlich habe herrschaft unmöglich zu machen. er mit Wirkung für das „Saarland" als franzö- (Hört! Hört! bei der SPD.) sischer Außenminister unterschrieben, und es habe Angesichts dieser Tatbestände kann man doch doch nicht anders sein können, denn es gehe doch wohl nicht gut behaupten, daß die Außenpolitik der bei der Montanunion um die Übertragung von Regierung, daß die Art, wie sie geführt wurde, eine Hoheitsrechten; und natürlich werde darum das Verbesserung der deutschen Position an der Saar Saarparlament die Montanunion zu ratifizieren herbeigeführt habe. haben! (Hört! Hört! bei der SPD.) (Sehr wahr! bei der SPD.) Auch diese Erklärung ist, glaube ich, deutlich. Sie Man weist gern auf den Notenwechsel hin, der kam in Bonn manchem unerwartet; aber das dem Vertrag über die Montanunion beigegeben konnte doch nur geschehen, weil man die Rede des worden ist. Nun, was enthält dieser Notenwechsel? französischen Außenministers vor dem Senat Er enthält die gegenseitige Erklärung, daß der end- offenbar nicht gelesen hatte. Dort hat er am gültige Status der Saar nur durch einen Friedens- 20. Februar erklärt: „Auch wenn wir im Namen vertrag fixiert werden könne, und die gegenseitige der französisch-saarländischen Wirtschaftsunion Feststellung, daß die Unterschrift der deutschen handeln, handeln wir im Namen zweier unter- Regierung nicht als juristische Anerkennung der schiedener und unabhängiger Staaten." Loslösung der Saar von Deutschland gewertet wer- (Lebhafte Rufe: Hört! Hört! bei der SPD.) den dürfe. Was dies an Bedrohlichem alles beinhaltet, brauche Nebenbei gesagt: In Saarbrücken — und nach der ich hier nicht auszuführen. Diese Erklärung kannte Presse zu schließen wohl auch da und dort in Paris man oder mußte man kennen — und man hat trotz- — legt man diesen Briefwechsel anders aus als wir dem unterschrieben. Und nun frage ich, was man das in Bonn tun. denn tun wird, wenn einmal die Ratifikations- (Hört! Hört! bei der SPD.) urkunden hinterlegt werden, und wenn dann in Dort legt man den Briefwechsel so aus, daß die der von dem französischen Außenminister vor- deutsche Regierung durch diesen Notenwechsel ver- gelegten Urkunde steht, daß das französische Par- pflichtet sei, den jetzigen Status an der Saar bis lament zugestimmt hat und daß nach Artikel sound- zum Friedensvertrag — bis zum Friedensvertrag so der Verfassung des Saarlandes auch das Saar- nur! — als Rechtszustand anzuerkennen. Herr parlament zugestimmt hat und daß infolgedessen Braun hat in einer der letzten Sitzungen der Be- die Montanunion nunmehr in Rechtswirksamkeit ratenden Versammlung des Europarates diesen getreten sei. Wird denn durch einen solchen Akt Standpunkt vertreten. Ich halte diesen Standpunkt nicht die völkerrechtliche Subjektivität des Saar- für unsinnig. Aber man sieht, auf welche Weise und gebiets zum mindesten postuliert? aus was allem man Kapital zu schlagen versuchen Und wie stand es mit der Meinung, durch die kann. Unterstützung der Wirtschaftsunion verbessere man die deutsche Position an der Saar vom Dieser Notenwechsel ist natürlich etwas und er Wirtschaftlichen her? Am 13. Juni hat der Herr hat seine Bedeutung; aber letzten Endes bringt er Bundeskanzler noch erklärt — ich lese nur den doch politisch nichts, was nicht schon mehrmals er- letzten Satz vor —: „Das Saarproblem verliert klärt worden wäre. Aber wird denn. durch diese durch den Schumanplan in ganz großem Maße Rechtsverwahrungen das eigentliche Problem über- seine Bedeutung." haupt getroffen? Das Problem ist doch nicht so sehr, daß man Rechtsansprüche nicht verschweigen darf (Bewegung bei der SPD.) — natürlich darf man das nicht, natürlich muß man Nun, einige Tage nach der Unterzeichnung hat der deswegen Rechtsverwahrungen erheben —; aber französische Außenminister kundgetan, das Ziel das Problem ist doch: Handelt eine deutsche Regie- der französischen Außenpolitik bleibe dasselbe; es rung politisch richtig, wenn sie für die Dauer von sei nach wie vor auf die Schaffung eines unab- 50 Jahren mit einem Staate eine so enge Bindung hängigen Saarstaates gerichtet. eingeht wie sie die Montanunion darstellt, mit (Zurufe von der SPD.) einem Staate, der ihr offen erklärt ein wesentliches Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bohn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5685 (Dr. Schmid [Tübingen]) Ziel seiner Politik sei, ein lebenswichtiges Stück aus Und schließlich hat es ja etwas zu bedeuten, daß dem Volkskörper Deutschlands herauszuschneiden, die Rücktrittsgesuche Monsieur Grandvals nicht an- (Hört! Hört! und Sehr richtig! bei der SPD) genommen worden sind und daß er, statt im De- partement Moselle für die Partei des General de und der heute schon alles tut, um durch Schaffung Gaulle zu kandidieren, weiter die französische Po- vollendeter Tatsachen gegen das Völkerrecht und litik an der Saar zu betreiben haben wird. gegen jeden echten Geist einer europäischen Poli- (Hört! Hört! bei der SPD.) tik, ja gegen den vorgegebenen Zweck der Montan- union sich der Erreichung dieses Ziels zu versichern. Immer wieder versichert man uns, Frankreich wolle keine Annexion der Saar. Sicher will es das Was kann nach dem Beitritt Deutschlands zum nicht. politischen System des Europarats denn das Ziel (Zuruf links: Doch!) einer solchen Politik Frankreichs sein? Doch nicht mehr politische Sicherung gegen einen deutschen Es wäre auch sehr ungeschickt, das zu wollen. Heute . Angriff; doch nicht mehr Sicherung des Bezugs von erzielt man denselben Effekt, zu dem man früher Kohle aus der Saar, die man angeblich für die das schwerfällige Instrument der Annexion Minette in Lothringen braucht; doch offenbar etwas brauchte, auf andere Weise. Man separiert, macht anderes, etwas rein Politisches, das ich nicht anders autonom und setzt einen Hohen Kommissar ein. deuten kann als Schwächung Deutschlands an und (Zuruf von der KPD: Oder macht den für sich, selbst eines Deutschland, das die Ver- Schumanplan) fügung über seine Montanindustrie einer inter- Wenn dann noch Wirtschaftskonventionen dazu nationalen hohen Behörde übergeben hat, in der kommen, was braucht man da noch viel zu annek Deutschland von neun Mitgliedern zwei stellt. Will tieren? Ja, was kann man da noch viel annektieren? man da noch behaupten, daß diese Außenpolitik richtig gewesen sei und daß es heute noch richtig Ich möchte darauf hinweisen, welche Haltung die sei, sie fortzusetzen? französische Regierung eingenommen hat, als das Deutsche Reich der Weimarer Republik mit oster- Ich weiß, man übt einen starken Druck aus, auch reich die Konvention über die Zollunion abge- einen moralischen Druck. Auch in Straßburg wurde schlossen hat. das getan, und André Philip iat uns dort gesagt: noch seien die Tränen der Mütter nicht trocken und (Sehr richtig! rechts.) wir sprächen von der Saar! Damals hat die französische Regierung erklärt; wenn ein kleiner Staat mit einem großen Staat in Nun: Glaubt man französischerseits, die Saar zur ein so enges wirtschaftliches Verhältnis trete, dann Befriedigung von Reparationsansprüchen fordern komme das praktisch dem politischen Anschluß zu müssen? Aber: die Herauslösung von 900 000 Deutschen aus ihrem Vaterland hat mit Repara- gleich, auch wenn er nicht expressis verbis aus- tionen nichts zu tun! gesprochen sei. (Hört! Hört! bei der SPD.) (Sehr richtig! bei der SPD.) Noch in seinem Brief vom 9. Mai hat der franzö- Was Deutschland schuldet, hat Gesamtdeutschland sische Außenminister gesagt, daß durch die Zoll- zu leisten und dies in Geld und in Sachwerten, aber und Währungsunion mit Frankreich die politische nicht in Menschen! Loslösung des Saargebietes von Deutschland voll (Beifall bei der SPD.) zogen worden sei. Und was die moralische Seite anlangt: ohne Was ist zu tun? Die Bundesregierung muß ihren Zweifel, es gibt da eine moralische Seite und ein Rechtsverwahrungen und ihrer Note ein Verhalten moralisches Problem, an dem wir schwer zu tragen folgen lassen, das in der Logik dieser Rechtsver- haben und das wir nie außer acht lassen dürfen. wahrungen liegt. Genügt es denn wirklich festzu- Aber Unrecht macht man nicht durch Unrecht gut, stellen, daß alle die Dinge, von denen wir heute und Unrecht wird nicht durch den Hinweis .auf sprechen, zeit- und personenbedingt seien? Was ist größeres Unrecht zu Recht gemacht. Man wird sich denn nicht zeit- und personenbedingt in der Ge- drüben fragen müssen: Will man Deutschland- schichte? Genügt es wirklich zu sagen, man lasse gegenüber dem Bedürfnis nach Sühne, nach noch so sich durch diese Dinge von dem Bemühen, ein gutes gerechter Sühne Raum geben, oder will man ein trag- Einvernehmen zwischen Deutschland und Frank- fähiges Fundament für eine bessere Zukunft bauen? reich herzustellen, nicht ablenken? Ja, wer von uns Wenn man dies will, nun, — dann muß man eben will denn nicht ein gutes Verhältnis zwischen Politikin machen, d. h. seine Maßnahmen im H Deutschland und Frankreich? blick auf ihre Auswirkungen in der Zukunft aus- (Sehr gut! bei der SPD.) wählen und nicht mit dem Blick auf die Vergangen- Wer will denn nicht die Integration des Westens heit. in den Vereinigten Staaten von Europa? Die Frage Wir wissen, daß man der Bundesregierung gut ist doch: Wie soll das geschehen? Die Frage ist zuredet. Vielleicht hat man ihr auch in Aussicht ge- doch: Was muß getan werden, damit dieses Werk stellt, daß nach den französischen Wahlen anders wirklich gelingt und daß das Gebäude hält, lautende Erklärungen abgegeben werden könnten. (Sehr wahr! bei der SPD) Wir hoffen nicht, daß die Bundesregierung glaubt, daß nicht nur ein Kartenhaus aufgebaut wird; die allein durch Zuschauen, durch gutes Zureden, durch Frage ist doch, daß man von den Deutschen nicht Wiederholen ihres Rechtsstandpunktes, durch den Unterwerfung verlangen darf, eine Unterwerfung, Ausspruch ihres Bedauerns über das Geschehene, die sich böse rächen müßte, wenn irgendeiner in durch Noten, in denen man darum bittet, vertrags- Deutschland auf den Gedanken käme, man müsse mäßige Zustände herzustellen, eine Politik um- drohen. Man kann doch wirklich nach all dem, lenken zu können, deren Ziele und Methoden so was wir wissen, nicht mehr davon sprechen, daß eindeutig ein Kernstück einer so traditionsgebun- man in Paris so sehr viel Verständnis für das habe, denen Politik ausmachen, wie es die französische was an der Saar nötig sei. Nach dem Brief vom leider Gottes ist. 9. Mai kann man das doch nicht mehr sagen. Man (Abg. Arnholz: Sehr wahr!) kann da doch nicht mehr sagen, daß der böse Jo- 5686 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Dr. Schmid [Tübingen]) hannes Hoffmann nur die guten Absichten störe, Wir müssen kämpfen. Kämpfen heißt eben, leider die man in Paris habe. Die Saarregierung Gottes, zuweilen nein sagen, um den Platz für das kann doch nur tun, was Paris genehmigt oder vor- gute Ja freimachen zu können. schreibt. (Erneuter lebhafter Beifall bei der SPD.) (Beifall bei der SPD.) Daß wir den Krieg verloren haben, ist eine Auch der Appell an unsere guten Nerven genügt Binsenwahrheit. Ihre Erkenntnis entbindet uns nicht. Auch die besten Nerven können reißen. Es nicht von der Verpflichtung, den Bestand Deutsch- ist Sache der Politik einer Regierung, Verhältnisse lands auch und gerade im Zuge einer europäischen zu schaffen oder vorzubereiten, die unsere Nerven Politik. zu wahren. Europa kann ja nur aus heilen nicht auf diese Zerreißprobe stellen. Es hat doch Gliedern bestehen, wenn es dauern soll. Mit ver- auch wenig Sinn, darauf hinzuweisen, daß man in stümmelten Gliedern wird es nie gedeihen: Paris sieben Monate mit der Ratifizierung gewartet (Sehr gut! bei der SPD.) habe. Nun, ich glaube, da gibt es doch sehr deut- liche Äußerungen der verantwortlichsten Männer in Auch ein geschlagenes Volk hat Mittel: die Paris, die sehr viel eindeutiger zu interpretieren Kräfte, die von seinem Willen zur Selbstachtung sind als diese Sieben-Monats-Pause in den Arbei- und Selbsterhaltung ausgehen. Und auch ein ge- ten des französischen Parlaments. Wenn der fran- schlagenes Volk hat Waffen: das Recht und die zösische Herr Außenminister in Paris gesagt hat, Festigkeit in der Verfolgung des Rechts. Nur durch gewisse Saar -Konventionen — die politischen — sie schafft man dem Frieden und dem guten Willen 'brauche man nicht zu ratifizieren und solle man der Menschen eine dauerhafte Stätte auf dieser nicht ratifizieren, denn man müsse in der Lage sein, Welt. Und auch einem geschlagenen Volk wird es sie durch einfache Vereinbarungen ohne Beteiligung nicht abgenommen, sich zu entscheiden. Die Ent- der Parlamente rasch zu ändern, damit man sie scheidungen, vor denen wir Deutsche noch lange rasch der Entwicklung anpassen könne, — wer er- stehen werden, werden von uns fast immer auch laubt uns denn, nach all dem, was geschehen ist, fordern, daß wir zwischen dem breiten bequemen davon auszugehen, der französische Herr Außen- und dem steilen schmalen Weg wählen. Immer wird minister habe damit gemeint, es könne sich einmal die Versuchung an uns herantreten, den breiten darum handeln, sich an eine im deutschen Sinne Weg dem schmalen vorzuziehen. Hüten wir uns davor, eine Politik zu betreiben, bei der man gerade gehenden Entwicklung anzupassen? durch die Vorteile, die man am jeweils heutigen (Sehr gut! bei der SPD.) Tage einzuheimsen glaubt, das verlieren muß, Ich glaube, er hat doch wohl eher gemeint, man worum es am Tage der Schicksalsentscheidung für müsse schnell handeln können, wenn die Entwick- Europa und für Deutschland gehen wird! lung im Sinne der französischen politischen- Ziele (Lebhafter anhaltender Beifall bei der SPD.) geht. Natürlich wird die Bundesregierung immer ver- Präsident Dr. Ehlers: Das Wort hat der Abgeord- suchen müssen, auf normalem Wege durch Verein- nete Dr. Wuermeling. barungen zu regeln, (Zuruf in der Mitte: Aha!) Dr. Wuermeling (CDU): Meine sehr geehrten was zwischen zwei Nachbarstaaten geregelt werden Damen und Herren! Im Hinblick auf die bisherige muß. — Daß ich das sage, Herr Kollege, sollte Sie Ausdehnung der Debatte haben wir, d. h. die noch nicht wundern! vorgesehenen Redner, uns dahin abgesprochen, nur zu einem Bruchteil von unserer Redezeit Gebrauch (Erneuter Zuruf von der Mitte.) zu machen 'und uns darauf zu beschränken, nur Aber wenn Sie sich nicht endgültig der Möglich wesentliche Gedanken vorzutragen. Ich darf namens keit begeben wollen, eines Tages den Endkampf an der Fraktion der CDU/CSU angesichts der Aus- der Saar mit Aussicht auf Erfolg zu kämpfen, dann führungen meines Herrn Vorredners kurz folgende müssen Sie künftig davon absehen, politische Bin- Gedanken darlegen. dungen von höchster Tragweite einzugehen, solange Die heutige Rede des Herrn Bundeskanzlers hat an der Saar nicht die Meinungsfreiheit und die erneut bestätigt, daß die Politik der Bundes- politische und sonstige Koalitionsfreiheit hergestellt regierung von dem Gedanken durchdrungen ist, die , sind; und solange nicht durch solide Garantien Saarfrage nicht zu einer Störung der Beziehungen sichergestellt ist, daß Frankreich seine endgültige zwischen Deutschland und ,Frankreich und damit zu Haltung von dem Ergebnis einer freien, unbeein- einer Erschwerung des Aufbaus von Westeuropa flußten Volksabstimmung abhängig machen wird, werden zu lassen. Aus diesem Grunde hat die Re- (Beifall bei der SPD) gierung die Saarfrage, deren einzig mögliche ge- und solange man in Paris nicht bereit ist, Fragen, rechte Endlösung ein Herzensanliegen des gesamten die das Saargebiet betreffen, mit Bonn zu ver- deutschen Volkes ist, stets mit besonderem Takt, handeln, so' wie es das Völkerrecht verlangt. aber deshalb nicht weniger mit Geradlinigkeit, (Sehr richtig! bei der SPD.) Festigkeit und Konsequenz behandelt. Nur, wenn man dieses Junktim herstellt, wird es Angesichts der Darlegungen des Herrn Professor einen Sinn haben, die Mächte, die es angeht, um Schmid möchte ich zusammenfassend noch einmal Verhandlungen zu bitten. Das zu fordern ist der auf folgende Feststellungen des Herrn Bundes- Inhalt und Sinn unseres Antrags, den wir aus deut- kanzlers hinweisen. Erstens: Es ist weder von deut- scher und aus europäischer Verantwortung heraus scher Seite noch von seiten dritter Staaten jemals gestellt haben. die völkerrechtliche Einheit eines Saarstaates an- erkannt worden. Zweitens: Auch der offizielle Der Herr Bundeskanzler hat einmal gesagt, wir Sprecher Frankreichs hat erklärt, daß ein Saar- müssen uns zentimeterweise vorwärts kämpfen. Das staat durch zweiseitige Erklärungen allein nicht ist richtig, wenn man die Betonung nicht nur auf geschaffen oder anerkannt werden könne. Drittens: das Längenmaß, sondern auch auf das Verbum, Der Herr Bundeskanzler hat genau wie der Redner nämlich auch auf „kämpfen" legt. der Opposition eindeutig erklärt, daß das Saar- (Zustimmung bei der SPD.) gebiet nach wie vor Bestandteil Deutschlands ist. Deutscher Bundestag -- 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5687 (Dr. Wuermeling) Viertens: In dem Schriftwechsel anläßlich des Bitte, Herr Abgeordneter! Schumanplans vom 18. April 1951 ist ausdrücklich (CDU): Meine Damen und festgelegt, daß die endgültige Regelung des Status Dr. Wuermeling des Saargebiets im Friedensvertrag erfolgen werde. Herren! Ich sehe nicht ein, warum nicht eine ge- Dieser Standpunkt ist nicht nur von Frankreich, meinsame Linie von Regierung und Opposition in sondern von allen drei Westalliierten anerkannt diesem gemeinsamen deutschen Anliegen erreich- worden. Die Anerkennung dieses Standpunktes bar gewesen ist, eine gemeinsame Linie, wie sie führt zu, der Konsequenz, daß den Vertretern der in anderen Ländern stets als eine einheitliche Li- Auffassungen beider Teile im Saargebiet bis zum nie der Volksvertretung gewahrt zu werden pflegt. Abschluß des Friedensvertrags völlige Freiheit ge- (Sehr richtig! bei der CDU.) geben werden muß. Daraus ergeben sich die Forde- Es ist eine schmerzliche Tatsache, daß wir im Nach- rungen, die vom Herrn Bundeskanzler und auch kriegsdeutschland nicht dazu kommen, in deutschen von meinem Fraktionskollegen Strauß gestellt Lebensfragen eine Einheit nach außen zu finden, worden sind. weil uns diese Einheit nach außen von der Oppo- Der Herr Kollege Schmid hat beanstandet, die sition immer wieder verweigert wird. Regierung habe sich im wesentlichen auf Rechts- (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.) verwahrungen beschränkt. Es handelt sich aber Es ist nicht Aufgabe dieser Diskussion; den Grün- dabei nicht nur um Rechtsverwahrungen, sondern den nachzugehen, aus denen sich dieser Zustand auch um gegenseitige Erklärungen, um Erklärungen entwickelt hat; das scheint mir bei anderer Gele- zwischen der Bundesrepublik und den Alliierten, genheit besser und zweckmäßiger zu sein. insbesondere auch der französischen Republik. Meine Damen und Herren! Wenn ich nun noch- Im übrigen fragen wir den Herrn Kollegen mals auf die Linie der Bundesregierung zurück- Schmid, wenn er diese Beanstandungen erhebt, ein- kommen darf, so darf ich sagen: sie scheint mir von mal: Welche anderen Mittel und Wege hat er uns der politisch einzig vernünftigen Erwägung aus- denn gewiesen, damit wir schneller und besser gegangen zu sein, daß Friede und Verständigung zu anderen Verhältnissen an der Saar kommen? zwischen Völkern, die allzu lange und allzu oft ge- (Beifall bei der CDU.) geneinander gestanden haben, nicht durch erneute Aufpeitschung nationaler Leidenschaften herbeige- Zudem, meine Damen und Herren, darf ich auch führt werden können, sondern daß nur durch ein ehr- den Satz nicht unterdrücken, daß ich das Gefühl liches gegenseitiges Verstehen und Zueinanderfin- habe, Herr Professor Schmid hat mit manchem den auf der Grundlage gemeinsamer Menschheits- Satz, den er hier unterstreichend ausgesprochen hat, ideale der Gerechtigkeit und der Freiheit das Boll- dem gemeinsamen deutschen Anliegen der Oppo- werk des Friedens und der Ordnung in Europa ge- sition und der Regierung nicht gedient. schaffen werden kann, das allein der uns alle (Sehr gut! bei den Regierungsparteien. — gleichmäßig bedrohenden Gefahr aus dem Osten Unruhe bei der SPD und Zuruf: Irrtum!) auf die Dauer wirksam zu widerstehen vermag. Es scheint mir nicht Aufgabe dieses Hauses zu sein, Wir werden uns auch durch die politischen Er- Standpunkte des anderen Partners zu unter- eignisse an der Saar, die sich in der letzten Zeit streichen, und nachdrücklich zu unterstreichen, von dort abgespielt haben, in dieser Erkenntnis nicht denen wir der Überzeugung sind, daß sie im irre machen lassen; denn wir sind und bleiben — wesentlichen einer Vergangenheit angehören. trotz allem! — der Überzeugung, daß die Dinge an der Außerdem sehe ich auch — gerade nach den Aus- Saar nicht diesen Lauf genommen hätten, wenn die führungen des Herrn Professor Schmid — nicht ihre Herrschaft nicht einem freien Willensentschluß recht, weswegen eine gemeinsame Linie von Re- des deutschen Saarvolkes verdankende Saarregie- gierung und Opposition in .dieser Frage nicht hat rung sich als Vollstrecker des wirklichen Willens des erreicht werden können. Saarvolkes betätigen würde, anstatt in fortgesetzter (Zurufe von der D.) Handlung zeitlich längst überholte Separationsten- denzen vorgestriger Konzeption zu konservieren Präsident Dr. Ehlers: Herr Abgeordneter, darf und diese bei der Besatzungsmacht als angeblichen ich unterbrechen! Ich habe nicht genau gehört,- aber Willen des Saarvolkes zu propagieren. ich habe eben das Wort „Flegel" gehört. (Abg. Dr. von Brentano: Sehr richtig!) (Abg. Frau Dr. Weber: Ja, das ist ausge Dabei kann man die Feststellung nicht unter sprochen worden!) drücken, daß die Konservierung dieser überholten Herr Abgeordneter Dr. Arndt, ich frage Sie, ob ich Separationstendenzen zugleich die Konservierung das Wort „Flegel" von Ihnen richtig verstanden der eigenen, dem deutschen Saarland seinerzeit un habe? ter der Drohung des Hungers Lind der Demontage (Abg. Dr. Arndt: Von mir?) aufgedrängten Machtposition der gegenwärtigen Ich bitte um Entschuldigung. — Deshalb frage ich. Saarregierung bedeutet. Der frühere französische Ministerpräsident Reynaud sagte kürzlich einmal (Zuruf von der SPD: Nein, „friedfertig" habe über den Unterschied zwischen einem Staatsmann ich gesagt! — Zurufe von der CDU: Nein!) und einem Politiker: „Ein Staatsmann ist ein Es ist die einstimmige Feststellung des Vorstandes; Politiker, der sich in den Dienst seines Vol daß das Wort „Flegel" gefallen ist. Darf ich fragen, kes stellt. Ein Politiker dagegen ist ein Staats wer das Wort gebraucht hat? mann, der das eigene Volk in seinen Dienst stellt." (Abg. Dr. von Brentano: Ich glaube, der Ab Wäre Herr Johannes Hoffmann mehr Staats- geordnete Wehner! — Weiterer Zuruf von mann als Politiker, dann würde man auch in Frank- der CDU: Er ist hinausgegangen!) reich schwer Anlaß finden, die separate Auffassung — Ich kann im Augenblick nicht feststellen, von des separierten Herrn Hoffmann und seiner viel- welchem Abgeordneten der Zwischenruf „Flegel" fach 'unter dem Druck höherer Gewalt stehenden gemacht worden ist. Ich hätte diesen Zwischenruf Anhänger und Mitläufer zu unterstützen und zum sonst selbstverständlich mit einem Ordnungsruf ge- Bestandteil der eigenen Politik zu machen. rügt. (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) 5688 Deutscher Bundestag -- 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Dr. Wuermeling) Es ist nicht verwunderlich, daß es noch Franzosen und persönliche Freiheit und Selbstbestimmung für gibt, die Herrn Hoffmanns überholte Saarpolitik unsere Saar zu fordern. In diesem Sinne billigen vertreten. Aber beschämend ist es, daß Herr Hoff- und begrüßen wir in vollem Umfange und unein- mann im Saarland eine separate Politik treibt und geschränkt die heutige Erklärung des Herrn vorgibt, das im echten Auftrag des Saarvolkes zu Bundeskanzlers und besonders auch die gestern an tun, den er in diesem Sinne nie erhalten hat und die drei Westalliierten 'gerichtete Note. Wir unserer Überzeugung nach auch niemals erhalten möchten. Ihnen vorschlagen, daß das Hohe Haus in wird. Bestätigung dieser Regierungserklärung die nach- (Beifall bei den Regierungsparteien.) folgende Entschließung annimmt: So ist es letztlich nicht unser französisches Nachbar- Der Bundestag stimmt der Erklärung der volk — so sehen wir die Dinge — , mit dem wir Bundesregierung zur Saarfrage zu. ja gemeinsam ein einheitliches, freiheitliches und Er unterstützt mit Nachdruck die in der Note friedliches Europa schaffen wollen, so ist es nicht an die Hohe Kommission vom 29. Mai 1951 Frankreich, das der Erreichung dieses unseres ausgesprochene Bitte, die in der Hohen Korn- hohen europäischen Zieles die entscheidenden mission vertretenen Regierungen mögen die Schwierigkeiten bereitet, sondern es ist die Volks- geeigneten Schritte unternehmen, damit im fremdheit einer sich nur auf eine unglückliche erste Saargebiet die uneingeschränkte Freiheit der Nachkriegssituation stützenden Saarregierung, die Meinungsäußerung und der Willensbildung sich durch ihr Handeln nicht nur von der deutschen auch hinsichtlich der Fragen hergestellt wird, Heimat, sondern auch vom Gedanken der europä- die im Friedensvertrag ihre endgültige Rege- ischen Konföderation separiert und dadurch zu lung finden sollen. Er appelliert an die demo- einem Störer der europäischen Einheit und des kratischen Völker der Welt und insonderheit europäischen Fortschritts wird. an die im Europarat vertretenen demo (Sehr richtig! in der Mitte.) kratischen Völker Europas, für die Herstellung Die deutsche und die französische Regierung haben des demokratischen Freiheitszustandes an der ja den wesentlichsten Streitpunkt des Saar- Saar einzutreten, den die Menschenrechte er- problems bereits untereinander bereinigt, indem heischen. sie durch den Schumanplan das eigentliche Streit- Meine Damen und Herren! Zum Schluß nur objekt, die Saargruben und die Saar -Stahlerzeu- noch wenige Sätze: Wir würden uns am Wieder- gung, auf die gemeinsame europäische Ebene aufbau Europas und an den Menschenrechten, zu hinaufverlagert haben. Auf dieser Ebene stehen denen gerade wir uns nach allem Erlebten mit sie sich als gleichberechtigte Partner mit gemein- heißem Herzen bekennen, versündigen, wenn wir samer, gleicher Zielsetzung bei der gemeinsamen jetzt nicht alles tun würden, um politische Freiheit, Betreuung der Saargruben und der Stahlerzeugung Recht und persönliche Würde des Menschen auch an der Saar gegenüber, so daß doch der wirtschaft- im deutschen Saargebiet wiederherzustellen. lich-politische Ausgangspunkt für die frühere fran- Und ein letztes, was schon angeklungen ist, aber zösische Saarpolitik heute bereits entfallen ist. auch hier nicht unterdrückt werden kann: Wie Diese Dinge sollte man sehen, und darauf sollte sollen wir erfolgreich unseren Kampf gegen die man aufbauen, anstatt diese früheren Konzeptionen Oder-Neiße-Grenze weiterführen, wenn den Sowjets jetzt hier von der Tribüne des Bundestages aus und ihren Helfershelfern in der Ostzone das Argu- noch zu unterstreichen. ment in die Hand gegeben würde, daß unter den Meine Damen und Herren, damit sind auch die freiheitlichen Grundsatzen der westlichen Welt ein wesentlichen wirtschaftlich -politischen Begründun- wichtiger Gebietsteil ohne Zustimmung der einge- gen für die in der aufgezwungenen Präambel zur sessenen Bevölkerung von seinem Mutterlande ge- Saarverfassung festgelegte politische Separation löst wird? Die Separation an der Saar gegen den widerlegt, die Herr Hoffmann heute — aus allzu Willen der Bevölkerung wäre Wasser auf die durchsichtigen Gründen — mit allen .ihm verfüg- Mühlen der Herren Pieck, Grotewohl und Stalin, baren Diktaturmethoden zu verteidigen sucht. und kein rechtlich und freiheitlich denkender Staat Unser Ringen um die Freiheit für die Saar- richtet sollte sich dazu hergeben, diese Mühlen in Gang sich also eigentlich nicht gegen unseren franzö- zu halten. sischen Nachbarn, sondern gegen diejenigen Leute, Schließlich möchte ich zum Ausgangspunkt die in Frankreich und in der Welt in völliger Ver- meiner Darlegungen zurückkehren mit einem noch- kehrung der Tatsachen den Eindruck erwecken maligen leidenschaftlichen Bekenntnis zu unserem wollen, als bedürfe unser deutsches Saargebiet des unbeirrbaren Glauben an ein auf der Grundlage Schutzes Frankreichs gegen seine deutsche Heimat. der Menschenrechte für alle Europäer konföde- Wir werden nicht ruhen und rasten, bis unsere Saar riertes Europa, dessen geistige Grundlagen auch die wieder in freier Selbstbestimmung ihren wirklichen Garantie für die freie Selbstbestimmung der Saar Willen über ihren politischen Status erklären kann. in sich tragen und der Schlüssel zur Gerechtigkeit Das Saargebiet wurde ja nicht vom National- und zum Frieden sind. Wir lassen uns diesen sozialismus befreit, um jetzt mit Diktaturmethoden Glauben nicht nehmen, weil er das Kernstück in einen Dauerzustand neuer Unfreiheit, persön- unseres Glaubens an eine bessere, friedliche Zu- licher Unsicherheit und Bevormundung überführt kunft Deutschlands und Frankreichs wie auch zu werden. Das Saargebiet wurde wie alle anderen Europas und der ganzen Welt ist. europäischen Gebiete vom Nationalsozialismus be- (Beifall bei der CDU/CSU.) freit, um sich gemeinsam mit allen anderen Völkern Europas der Segnungen der Freiheit und der natür- Vizepäsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Ab- lichen Menschenrechte zu erfreuen. geordnete Dr. Seelos. Es ist Pflicht des Deutschen Bundestages, der namens des ganzen` deutschen Volkes, des Volkes in Dr. Seelos (BP): Herr Präsident! Meine Damen den Grenzen von 1937, zu sprechen berufen ist, an und Herren! Als ich die bisherige Debatte in mich das Gewissen der Welt zu appellieren und politische aufnahm, da habe ich meine Rede -- zu meiner Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5689 (Dr. Seelos) Schande muß ich gestehen: meine vorbereitete Rede ich an den französischen Außenminister, Herrn --- beiseite geschoben, Schuman, der schon einmal in einem Zeitpunkt, als (Heiterkeit.) die deutsch-französischen Beziehungen Anfang des und ich habe mir gesagt: Das Saarproblem besteht vorigen Jahres auf einem toten Punkt angelangt doch nicht bloß aus einer Aufzählung von Fakten, waren, die Initiative ergriffen und durch seinen aus juristischen Deduktionen mit fast Vorlesungs- wirklich genialen Akt des Vorschlages des charakter, sondern man muß in dieser wichtigen Schumanplans im Mai vorigen Jahres einen Sache hier das Herzblut spüren, das uns alle wesentlichen Schritt zur Überwindung dieses toten durchpulst, wenn man zu dieser Frage spricht. Punktes getan hat. Herr Schuman hat sich ja aus- drücklich noch vor wenigen Wochen — im April — (Beifall in der Mitte und rechts.) dazu bekannt, daß die große Mehrheit der Hier muß man die Wärme spüren, die das ganze Franzosen davon überzeugt sei, daß sie nicht mehr deutsche Volk erfüllt, wenn wir uns zu unseren in den Irrtum ihrer Politk nach dem ersten Welt- Brüdern an der Saar bekennen. krieg zurückfallen dürften. Dem entspricht auch (Erneuter Beifall in der Mitte und rechts.) die geradezu ergreifende Formulierung der Man hätte uns viel von dem, was in den juristischen Präambel im Schumanplan, die davon spricht, daß Darlegungen gesagt worden ist, ersparen können, endlich die alten Rivalitäten beseitigt werden vor allem dem Volke draußen, das ja das nicht müssen und daß durch neue schöpferische Ideen alles versteht, wenn man hier, wie es in demo- endlich Friede in die Welt kommen soll. Ich bin kratisch -parlamentarischen Einrichtungen üblich der Überzeugung und spreche die Hoffnung aus, ist, den auswärtigen Ausschuß damit befaßt und daß auch diesmal Herr Schuman, nachdem er schon dort das Wesentliche und das Unwesentliche aus- seinen unklugen Brief an den saarländischen einandergeschieden hätte. So kann ich nur eines Ministerpräsidenten geschrieben hat, zu dem Ent- sagen: Das, was hätte gesagt werden müssen, hat schluß kommen kann, wieder einen gewissen bisher voll und ganz nur die Regierungserklärung schwierigen Punkt, einen neuralgischen Punkt in getroffen, die bei aller erforderlichen Sachlichkeit dem Verhältnis zwischen Frankreich und Deutsch- und Nüchternheit eine tiefe Wärme in der Be- land zu beseitigen. Wir hoffen, daß es endlich urteilung des Problems spüren ließ möglich sein wird, bald Wahlen im Saargebiet ab- zuhalten, die unter internationaler oder deutsch- (Beifall bei der BP und bei den Regierungs französischer Aufsicht und Kontrolle stattfinden parteien) können und die den klaren Willen der Saar- und die — auch das mußte man durchfühlen — bevölkerung zum Ausdruck bringen sollen. noch viel mehr sagen wollte, als sie eben in einer Einen zweiten Appell möchte ich an dieses Haus Lage, wie sie die Regierung zu berücksichtigen richten. Diese Abstimmung wird erleichtert, wenn hat, sagen konnte. die Saarländer das Gefühl haben, daß sie sich im (Bravo! in der Mitte und rechts.) Rahmen der Bundesrepublik wohlfühlen und daß Wir freuen uns, daß das Leitmotiv der Re- sie in ihrem Lande so handeln und leben können, gierungserklärung der Wille blieb, die Beziehungen wie es ihnen gefällt. Denken Sie daran, wenn hier zu Frankreich nicht abreißen zu lassen, sondern dauernd Versuche gemacht werden, den födera- immer weiter auf diesem Gebiet im positiven Sinne listischen Charakter des Bundes in Richtung auf zu arbeiten; und wir freuen uns auch darüber, daß einen zentralistischen Einheitsstaat zu ändern. die europäische Idee das Leitmotiv der Regierungs- Dann noch einen Appell an die Welt. Die Welt erklärung blieb. Wir betrachten all das, was von hat zum ersten Male wieder Deutschland Wohl- der Regierung angeführt worden ist — wie die wollen und Sympathie entgegengebracht, als sich Ablehnung der Gleichberechtigung der Saar in Berlin in der Verteidigung der Menschenrechte und Straßburg, die Ablehnung des Wunsches, das Saar- in der Abwehr gegen undemokratische östliche land als siebtes Land in den Schumanplan aufzu- Diktaturen mannhaft und mutig zeigte und als nehmen, die Reaktion der Saarvertreter in Straß- ganz Westdeutschland in diesem Abwehrkampf burg, die Reaktion von Herrn Grandval, die- Reak- gegen den Osten, dem Kampf für die Demokratie, tion des Ministerpräsidenten Hoffmann in Paris hinter Berlin stand. auf die Schritte der deutschen Regierung —, als (Zurufe von der KPD.) ganz große positive Fakten, als Tatsächlichkeiten Die Welt soll uns jetzt, da wir das sehr undemo- und nicht als Hypothesen, wie sie der Vertreter der kratische Verhalten der Saarregierung kritisieren SPD geschildert hat. Wir billigen daher auch die und darauf bestehen, daß auch an der Saar die Schritte, die die Bundesregierung bei der Hohen Menschenrechte in ihrem vollen Umfang gelten Kommission zu unternehmen gewillt ist. müssen, ebenso ihre Unterstützung gewähren. Ich glaube, daß ein stärkerer Eindruck von der Saardebatte im Inland und im Ausland erzielt (Beifall bei der BP und bei den Regierungs worden wäre, wenn wir zu einer gemeinsamen Er- parteien.) klärung gekommen wären. Aber es ist auch so er- freulich, daß von allen Sprechern aller Parteien — Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat Herr auch der Opposition — gute, wesentliche Argumente Abgeordneter Mayer. vorgebracht worden sind. Man soll es der Oppositon Mayer (Stuttgart) (FDP): Herr Präsident Meine nicht verübeln, wenn sie manches mehr sagt, als bamen und Herren! Gestatten Sie, daß ich nach der eine Regierung sagen kann. Ich muß sogar sagen, „außenpolitischen Generaldebatte" mit ihren kriti- daß ich die Rede von Herrn Professor Schmid als sierenden und moralisierenden Bemerkungen wie- einen durchaus konstruktiven Beitrag zu der der zum Thema „Saar" komme. Ich will im Gegen- Lösung des Problems ansehe, wenn auch starke satz zu meinem Vorredner die Aufzeichnung dessen, Bedenken in dieser Rede angemeldet worden sind. was ich zu sagen beabsichtigt habe, nicht weglegen, Ich möchte zu Einzelheiten nicht weiter Stellung sondern ich will im wesentlichen das auch sagen, nehmen, sondern meine Ausführungen in drei was ich sagen wollte, weil ich glaube, daß es gesagt Appellen zusammenfassen. Den ersten Appell richte werden muß. Es muß, vielleicht gar nicht so sehr in 5690 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Mayer [Stuttgart] ) diesem Hohen Hause, sondern angesichts der Welt- Die Bevölkerung an der Saar erkennt die Rechts- öffentlichkeit gesagt werden. gültigkeit des Saarregimes genau so wenig an wie Zunächst, meine Damen und Herren, habe ich wir — wir nicht, weil ihr die Legitimität und n. amens meiner Fraktion zu erklären, daß wir uns Souveränität fehlen, die Leute an der Saar nicht, rückhaltlos hinter die Erklärungen des Herrn Bun- weil sie noch besser als wir wissen, wie das Regime deskanzlers und die Note der Bundesregierung zustande kam, in welchem Maße es hörig ist, und stellen, weil sie die Auswirkungen dieses Regimes ver- spüren. Die durch einseitiges Vorgehen geschaffene (Beifall bei der FDP und in der Mitte) Lage an der Saar hat, wie heute wiederholt fest- daß wir die bisher gegen die Entwicklung an der gestellt worden ist, keinerlei Stütze in den Ab- Saar unternommenen Schritte und die eingelegten machungen der Alliierten untereinander und keine Rechtsverwahrungen billigen und daß wir das Ver- in ihren Abmachungen mit Deutschland. Die Wahl, trauen haben, daß auch künftig nichts von dem ver- auf die sich Herr Hoffmann beruft, war unter dem säumt wird, was geschehen muß, um Deutschland Druck der Not und fremden Willens zustande ge- und Europa vor neuen Fehlentwicklungen und kommen. Wie die sogenannte Verfassung zustande neuen Rückfällen in eine überholte nationalistische kam, wurde hier ausführlich dargelegt. Dem Volk Territorialpolitik zu bewahren. war sie nicht bekannt. Ihm ist aber mittlerweile So sehr wir die Erklärung der Bundesregierung bekanntgeworden, daß die wenigen zugelassenen begrüßen, so sehr bedauern wir den Anlaß, nicht. Parteien damals nur zugelassen wurden, wenn sie nur weil nationale Interessen unseres Volkes ge- als Minimum in ihr Programm den wirtschaftlichen kränkt und deutsche Menschen um ihre primitiv- Anschluß an Frankreich und die politische Sepa- sten, von allen Kulturnationen erst kürzlich feier- ration von Deutschland als Forderung aufnahmen. lich bestätigten Rechte betrogen wurden und Die Gründungsakten der DPS, die uns als Beweis- werden, sondern weil an der Saar das neue Europa mittel vorliegen, erweisen, wie stark damals der gekränkt wird, indem man den Geist verleugnet Vertrauensmann der Besatzungsmacht, Monsieur und höhnt, in dem es werden soll. Gegen diese Gauthier, Einfluß genommen hat. Er setzte bei der Kränkung, gegen die Unfreiheit, gegen die im Gründung dieser Partei durch, daß die ursprüng- Namen der Demokratie geübte polizeistaatliche Will- lichen Gründer zurücktraten, weil sie zu deutsch kür an der Saar hat sich die Partei aufgelehnt, schienen, daß Leute fremder Staatsangehörigkeit deren Verbot den Anlaß zur heutigen Debatte gab. als Gründer auftraten, Gegen sonst gar nichts! Ich habe im Hinblick auf die (Hört! Hört! in der Mitte) heutige Aussprache das Schrifttum der DPS durch- daß auf dem Programm das Bekenntnis zu einer gesehen. Ich bin an keiner Stelle einer Forderung föderalistischen deutschen Bundesrepublik ge- begegnet, die darüber hinausgegangen wäre. Ich bin strichen, daß das Bekenntnis zur deutschen Kultur- an keiner Stelle der ihr vorgeworfenen Heim -ins- gemeinschaft ausgemerzt werden mußte und daß Reich-Parole begegnet. Ich habe an keiner Stelle an ihre Stelle die Forderung des wirtschaftlichen Formulierungen oder Forderungen , gefunden, die Anschlusses an Frankreich und des kulturellen Aus- o den durch infame Verdächtigungen oder plumpe tausches mit Frankreich aufgenommen wurde. Fälschungen belegten Behauptungen Beweiskraft (Hört! Hört! in der Mitte.) geben könnten, daß diese Partei Verbindung oder Unter Zwang hat die sogenannte Demokratie an Gemeinschaft mit neofaschistischen Gruppen im der Saar begonnen, und mit Zwang wird sie ,fort- Bundesgebiet hätte. Ich stieß überall nur auf den geführt. Monsieur Gauthier und Monsieur Grandval Protest gegen ein System der Willkür und des könnten über Einzelheiten Auskunft geben, bei- Terrors, der Rechtlosigkeit und der Entmündigung spielsweise auch darüber, wie damals das Tele- von fast einer Million deutscher Menschen. Aber gramm an die Moskauer Konferenz zustande kam selbst wenn diese Partei mehr gewollt hätte, wenn und wie andere „spontane Willensäußerungen" des sie die Rückgliederung der Saar an Deutschland sogenannten Saarvolkes zustandegekommen sind. angestrebt hätte, wäre das — wie Herr Professor Die Saar lebt auch heute noch unter dem Zwang. Schmid den Herrn Justizminister an der Saar Auch nachdem die sogenannte Saarregierung sich vorhin richtig zitiert hat — kein Grund- für ein durch ihren Beitritt zum Europarat zu einer demo Verbot gewesen. Sie hat es aber gar nicht getan, kratischen Regierungsmethode verpflichtet und den die verbotene DPS; sie hat sich nicht einmal gegen Pakt von Rom über die Menschenrechte unter- diesen Pseudo-Staat gewendet, sondern sie hat nur zeichnet hat, dauern der Terror und der Druck un- gegen die Art gekämpft, wie er beherrscht wird. vermindert an. Sie verschärfen sich mit der wachsen- Daß sie dazu ein Recht hatte, kann niemand den Erkenntnis des Herrn Hoffmann, daß die Tage leugnen, der sich in den vergangenen Jahren auch seines Regimes gezählt sind. nur ein Weniges um das gekümmert hat, was an der Saar gespielt wurde, und der heute dieser . Es gibt keine Freiheit an der Saar. Das muß die Debatte folgte. Weil die DPS sich zur rechten Zeit Welt wissen, das soll die Welt heute von hier aus zum Sprecher des unterdrückten Volkes gemacht hören. Die Freiheit der Meinung wird unterdrückt, hat, daher ihr Aufschwung, der Herrn Hoffmann das Post- und Fernsprechgeheimnis wird nicht ge- so bedrohlich erscheint, daß er jetzt zum Polizei- wahrt. Saarländische Minister geben in aller Offen- knüppel gegen sie gegriffen hat. Die Opposition ist heit und Schamlosigkeit dem Parlament Kenntnis nicht von ihr durch staatsfeindliche Umtriebe ent- von abgehörten Ferngesprächen. Die Bespitzelung facht worden, sondern die im Volke vorhandene ist widerwärtig und nicht geringer als im Dritten und immer mehr wachsende Opposition hat die Reich. Der Parteitag der DPS fand in einem Lokale jetzt verbotene Partei hochgetragen. Das Volk hat statt, in dem die Regierung heimlicherweise Abhör- sich ihrer als Sprecher und als Dolmetscher bedient. mikrophone hatte einbauen lassen. Aus den Tiefen eines gekränkten Volkes, nicht aus (Hört! Hört! in der Mitte.) dem bösen Willen einer Parteiführung ist die Er- Es gibt keine Pressefreiheit an der Saar, und es bitterung gegen Herrn Hoffmann und gegen sein soll auch nach dem neuen Entwurf eines Presse- Regime gewachsen. gesetzes keine Pressefreiheit geben. Es existieren an (Sehr richtig! bei der FDP.) der Saar statt früher 15 Zeitungen heute drei, von Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5691 (Mayer [Stuttgart)) denen die größte französisch ist und je eine der SPS zu bezahlen, das jetzt erstellt wird. Die Saarwirt- und CVP gehören. Der DPS hat man nicht nur schaft hat bisher aus den Marshallplangeldern keine Zeitung gestattet, sondern man hat ihr sogar 1% von dem erhalten, was ihr im Verhältnis ihrer die Herausgabe hektographierter Mitteilungsblätter Kapazität zu der französischen zustehen würde. verboten. Nicht nur die Herausgabe von Zeitungen Diese Verhältnisse, meine Damen und Herren, unterliegt einer Lizenzierungspflicht, sondern auch nicht der Wille einer Partei, haben den Unwillen, die Betätigung als Journalist. Voraussetzung für die haben die Opposition an der Saar mobilisiert. Gewährung der Konzession ist das Bekenntnis zur Dieser Unwille wendet sich primär genau so wenig Präambel der sogenannten Saarverfassung, ist das gegen Frankreich, wie sich unser eigener Unwille Bekenntnis zum Verrat an Deutschland. gegen Frankreich in erster Linie kehrt. Die Be- Es gibt an der Saar keine Koalitionsfreiheit — völkerung an der Saar und wir wollen letztlich und das wurde schon gesagt —, nicht nur nicht für die erstlich nur Freiheit und Recht und den Frieden. Parteien, auch nicht für die wirtschaftlichen Ver- Den Frieden vor allem mit Frankreich! Aber so bände, noch nicht einmal für die Sportvereine. Alles schafft man keinen Frieden, und so bereitet man wird reglementiert mit dem Ziel, auch die leiseste weder Europa noch die Einigung seiner Völker vor. oppositionelle Regung zu unterbinden. Und was Um des Friedens unserer Völker und um dieses. damit nicht erreicht wird und erreicht werden kann, Europas willen beschwören wir Frankreich und versucht man mit Ausweisung oder mit der Dro- seinen Außenminister, das Unrecht an der Saar so hung mit ihr zu erreichen. Sie haben heute gehört, schnell wie möglich zu liquidieren. daß man dabei weder haltmacht vor alten, ehr- Solange ein widernatürliches Staatsgebilde mit würdigen, verdienten Geistlichen noch vor alten willkürlichen Grenzen gegen den Willen der Be- Weggenossen des Herrn Hoffmann noch vor an- völkerung an der Saar aufrechterhalten wird, liegt erkannten Kämpfern gegen den Nationalsozialismus. etwas zwischen Deutschland und Frankreich. Wir Über die Rechtswidrigkeit der Statuierung einer aber wollen nicht, daß in Zukunft etwas zwischen saarländischen Staatsangehörigkeit wurde aus- uns liege. Die gegebene Zustimmung Frankreichs, reichend gesprochen, über die Handhabung des daß die Endregelung an der Saar erst mit dem Staatsangehörigkeitsrechtes g leichfalls; sie wird da- Friedensvertrag erfolge, wird zur Farce, wenn Herr durch gekennzeichnet, daß das Staatsbürgerrecht Schuman in seinem letzten, sehr unglückseligen nicht nur willkürlich verliehen, sondern auch will- Brief den Inhalt dieser Regelung präjudizierend be- kürlich entzogen werden kann. Infolgedessen sind reits vorwegnimmt. außer den hier zitierten widerrechtlich Ausgewiese- nen hier im Bundesgebiet Tausende deutscher (Sehr richtig! bei der FDP.) Menschen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren Meine Freunde werden weder einer früher ge- können oder nicht zurückkehren dürfen. troffenen noch einer künftigen einseitigen präjudi- zierenden Maßnahme jemals zuzustimmen ver- (Hört! Hört! rechts.) mögen. Ein Deutscher hat im deutschen Saargebiet heute Wir wenden uns an das französische Volk, von nichts zu sagen. Er ist kaum geduldet. Er hat weniger sich selbst aus solche Lösungen auch nicht zuzulas- zu sagen als jeder Ausländer. Durch die Aufteilung sen und nicht anzustreben, weil sie seiner und der Bevölkerung in Gruppen verschiedenen Rechts, unserer Zeit unwürdig sind. Vielleicht war es durch die Drohung mit alten Polizeiverordnungen, früher verständlich, daß Frankreich die Annexion die der Regierung das Recht zur Ausweisung von der Saar betrieb im Namen seiner Sicherheit oder Politikern ebenso geben wie zur Ausweisung von weil es, wie Monsieur Bardoux im französischen Personen, die Unzucht getrieben oder sich des Parlament formulierte, Tradition französischer Poli- Bettels schuldig gemacht haben, durch die Drohung tik sei, an der Nordostgrenze eine Barriere auto- mit Staatssicherheitsgesetz und Gesetz zum Schutz nomer Staaten aufzubauen. Bei der heutigen Welt- des Arbeitsmarktes wird die Bevölkerung an der lage, meine Damen und Herren — dafür sollte man Saar in ständiger Furcht gehalten und von jeder auch in Paris Verständnis haben —, ist eine der Meinungsäußerung abgehalten. Das soll die Welt artige Betrachtungsweise ein Anachronismus. Die hören! - Barriere, die heute Frankreich von der Unsicher- Gegen diesen Terror gibt es keine Möglichkeit, heit, vom Krieg und von einer Vernichtung trennt, Gerechtigkeit zu erlangen. Es gibt -- es wurde ist Deutschland, das ganze Deutschland, zitiert — kein Verfassungsgericht, kein Ver- (lebhafter Beifall rechts) waltungsgericht, es gibt keine Finanzgerichtsbarkeit. Die beklagte Regierung ist , zugleich und immer ein Deutschland, das im Interesse Frankreichs poli- Richter in eigener Sache. Es gibt keinen Schutz tisch, wirtschaftlich und sozial so stark wie irgend gegen die Willkür der Regierung und keinen gegen möglich sein soll. Wir sind bereit, diese Barriere ihre fremden Ratgeber. vor Frankreich, vor Europa und vor unserer Dank dieser Rechtlosigkeit und dank der Ver- eigenen Vernichtung mit aufzurichten. Aber wir träge, die Herr Hoffmann mit Frankreich ge- können das nur tun — auch das soll man in Paris schlossen hat, wird der einzelne Saarländer laufend wissen — in Freiheit und in Gemeinschaft mit an seinem Vermögen geschädigt, ist das Saarland unseren gleichberechtigten Brüdern. dauern benachteiligt. Die Überfremdung der saar- Wenn Frankreich aber nur wirtschaftliche Vor- ländischen Wirtschaft ist beispiellos. Ebenso bei- teile will, dann werden wir mit allem Verständnis spiellos ist die persönliche Bereicherung einzelner für sein . Bedürfnis und unter Anerkennung seiner In- und Ausländer. Die Aufwendung des Saar- ihm durch Hitler zugefügten Schäden mit ihm reden gebiets für seine an Frankreich verpachteten Gruben können. Wir sind bereit, dem deutsch -französischen und die darin Tätigen beträgt ein vielfaches der Verhältnis, dem Frieden und der Einigung Europas erzielten Pacht. Diese beträgt nämlich 1 % des Ver- wirtschaftliche Opfer zu bringen. Wir können — kaufserlöses für die Kohle, und der Erlös dieses Kollege Schmid sprach vorhin schon davon -- Kohle Jahres — um einen Vergleich der Größenverhält- und Eisen geben, und wir können wirtschaftliche nisse zu gestatten — wird etwa zur Hälfte dazu Vorteile geben um des Friedens willen! Aber wir ausreichen, ein Verwaltungsgebäude in Saarbrücken können, dürfen und werden nie deutsche Menschen 5692 Deutscher Bundestag -- 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Mayer [Stuttgart]) geben, nicht ihre Freiheit und nicht ihre Menschen- das ist von gestern, Geist von gestern und Wille würde! von gestern. (Beifall bei der FDP.) (Sehr richtig! rechts.) Das kann und das darf aber auch ein Land gar Wir möchten — und ich glaube, ich darf das auch nicht wollen, das der Welt die Menschenrechte ge- namens meiner Freunde tun -- das heutige, nicht schenkt hat und das in seine heute gültige Ver- des gestrige Frankreich beschwören, mit uns den fassung von 1946 den Satz aufgenommen hat: Geist und den. Willen eines neuen, eines gemein- Keine Gebietsabtretung, kein Gebietstausch, samen europäischen Morgen zu mobilisieren. kein Gebietsanschluß ist ohne die Zustimmung (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.) der betroffenen Bevölkerungsteile gültig. Das kann kein Land wollen, das der Atlantik Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Charta zugeschworen hat, in der es heißt: Herr Abgeordnete Dr. Richter. Sie Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP): Herr Präsident! --- die Vereinten Nationen — Meine Damen und Herren! Es ist in diesem Hause wünschen nicht, daß territoriale Veränderungen sehr viel von dem Terror gesprochen worden, unter zustande kommen, die nicht mit dem frei ge- dem die saarländische Bevölkerung heute steht. Es äußerten Willen der betroffenen Völker sind darüber hinaus auch sehr oft die Menschen- übereinstimmen. rechte zitiert worden. Zu allen diesen Äußerungen Politische Abtrennung von Deutschland ohne bekennen wir uns vollinhaltlich. Volksbefragung kann niemand anerkennen, der sich Warum besteht der Streit um das Saargebiet? zu diesen Thesen bekennt. Es kann sie aber auch Weil man offensichtlich ein wirtschaftlich so außer- niemand anerkennen, der einer politischen Zukunft ordentlich wertvolles Gebiet, anstatt es zu einer Europas nachstrebt, statt nationalistischen Ressenti- Brücke zwischen Deutschland und Frankreich zu ments nachzuhängen. Wir wollen Europa, und wir machen, im Interesse einiger wirtschaftlich daran waren und sind bereit, unter Zurückstellung vieler besonders interessierter Kreise dem französischen Bedenken uns mit Frankreich und den übrigen Wirtschaftskörper einverleiben möchte. Im Saar- westeuropäischen Völkern auf der Basis des gebiet werden allein 9 % der gesamten deutschen Schumanplans zu finden. Unser Parteivorsitzender Kohle, 23 % Roheisen, 18% Rohstoffe und Walz- Blücher hat neulich unsere Haltung zum Schuman werkerzeugnisse, 12,5 % Benzol, 31 % Thomasmehl plan unter die Überschrift gestellt: „Besorgte Zu- gefördert. Ich könnte weiter und weiter Zahlen zi- stimmung". Wir richten heute die ehrliche und tieren, die den unerhört großen wirtschaftlichen ernste Bitte an Frankreich, das Maß unserer Sorge Wert des Saargebietes dokumentieren. nicht so schwer zu machen, daß es das Maß unserer Deshalb will man also dieses Gebiet dem 'deut- Bereitschaft überwiegen könnte. Was soll, meine schen Wirtschaftskörper nehmen, um damit auch Damen und Herren, ein Schumanplan für den die deutsche Wirtschaft zu schwächen und den Auf- europäischen Markt, aus europäischem Geist, wenn stieg Deutschlands zu verhindern. Daß damit letz- regionale Regelungen aus einer primitiv -nationali- ten Endes vielleicht auch der französische Arbeiter stischen Denkweise heraus vorweggenommen Nachteile einstecken müßte, das hat man vielleicht werden? in Paris noch nicht so ernst genommen, wie es be- Und nun, meine Damen und Herren, gestatten reits die französischen Arbeiter der mittelfranzö- Sie mir zum Schluß noch ein mehr persönliches sischen Kohlengruben ernst genommen haben, die Wort. Ich habe jahrelang mit unserem letztlich an genau wissen, daß, wenn das Saargebiet Frankreich der Saarfrage verstorbenen Kollegen E rnst Roth in restlos einverleibt wird -- worauf man in Paris unserer gemeinsamen westdeutschen Heimatstadt offensichtlich hinstrebt —, sie arbeitslos werden, auf der gleichen Schulbank gesessen, und mit uns weil ihre Kohlengruben wegen Unrentabilität ge- saßen auf dieser Bank und saßen in dem Raum schlossen würden. Kameraden, die Herr Johannes Hoffmann heute für Seit dem Einzug der Franzosen und vor allem seine „Saarnation" in Anspruch nimmt, die nach - seit der Regierung des Hohen Kommissars Grand seinem Willen für uns Ausländer sein sollen, wie val ist im Saargebiet eine Politik des Terrors und wir nach seinem Willen für sie Ausländer sein sollen. des Hungers getrieben worden, die in der Geschichte Die jetzt drüben über der künstlichen Grenze Woh- Nachkriegsdeutschlands, vielleicht überhaupt ein- nenden und wir, wir haben aus der Geschichte unserer malig ist. Heimat dort im Westen nur die eine Lehre gezogen, (Na! Na! in der Mitte.) daß Friede sein soll und muß —auch um einigen Preis — zwischen Deutschland und Frankreich. Ich glaube, daß selbst die Ostzone — wenigstens für die Zeit, in der die Hungerpolitik im Saar- Wir gestehen auch zu, daß das, was man uns gebiet getrieben wurde — auch keine geringeren vorhält, seine Berechtigung haben mag, daß Fr ank- Lebensmittelrationen verteilte, als es Herr Grand- reich, wenn es uns die Hand reichen soll, einiges val tat, so daß die Kinder während dieser Zeit mit vergessen muß. Wir bitten aber im Anblick der Rui- Hungerkröpfen, ausgemergelt, hohläugig und hohl- nen unserer Heimat im Westen und in Kenntnis wangig herumgelaufen sind, ein Bild, das mir, der ihrer blutgetränkten und branddurchwehten Grenz- ich damals auch da unten gewesen bin, heute noch landgeschichte um Verständnis dafür, daß auch wir klar und deutlich vor Augen steht. Dieser Herr einiges zu vergessen haben. Grandval konnte sich nicht entblöden, kürzlich zu (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und, erklären: „Ich, der ich vier Jahre im Saarland rechts.) weile, kann bestätigen, daß man den Deutschen mit Wir wollen vergessen, und wir, die wir im Westen dem Saarländer nicht verwechseln darf." Entweder unsere Heimat haben, wollen das besonders. Wir hat er soviel in der Volksschule nicht mitbekom- wollen den Frieden mit Frankreich. Wir wollen, men, daß zwischen den Saarländern und den Deut- daß auch Frankreich vergißt, daß alles vergessen schen überhaupt kein Unterschied besteht, daß die wird, was vorgestern und was gestern war. Was an Saarländer auch Deutsche sind, oder aber er sieht der Saar ist und wirkt, meine Damen und Herren, seine Aufgabe darin, sich als notorischer Brunnen- Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5693 (Dr. Richter [Niedersachsen]) vergifter zu betätigen. Man hat genau so wenig, wie jeden Deutschen, der sich im Saargebiet nicht als man das anfangs in der französischen Zone getan guter Deutscher betätigte, als einen Feind des hat, die Ostvertriebenen in das Saargebiet aufge- Vaterlandes bezeichnete, um dann nach seinem nommen; im Gegenteil, man schritt, wie das heute Ausscheiden aus demselben Telegrafenbüro plötz- schon erwähnt wurde, noch dazu, unliebsame saar- lich zur anderen Seite überzulaufen und das so ländische Bewohner auszuweisen und sie einer ähn- konsequent zu tun, daß er sogar, wie er selber ge- lichen Not preiszugeben, wie sie die Ostvertriebe- sagt hat, im letzten Kriege auf der Seite Frank- nen an sich haben verspüren müssen. Die Geschichte reichs gegen Deutschland gekämpft hat. Das ist der französischen Besatzung seit 1945 ist eine ein- der Sarrois Johannes Hoffmann. Er ist ein genau zige Kette einseitiger und auf die Unterdrückung so erbärmliches Subjekt, das mit Lügen übelster der deutschen Bevölkerung im Saargebiet gerich- Art — auf die ja heute dankenswerterweise schon teter Maßnahmen. der Kollege Strauß hingewiesen hat — arbeitet wie Man hat dann nach dem alten Rezept Napoleons, jener Mann, mit dem zusammen er seinerzeit die aus den Deutschen heraus die nötigen Canaillen — wohl übelste Zeitung, die jemals in sogenannter wie Napoleon das bezeichnete — zu finden, eine deutscher Sprache erschienen ist, herausgegeben Bewegung für den Anschluß an Frankreich aufge- hat, nämlich die „Saarbrücker Zeitung". Das ist macht, die sehr große Geldmittel zur Verfügung das Mitglied der Sozialdemokratischen Partei des gestellt bekam und der — wie heute schon von Saargebietes, Peter Zimmer. Was diese Männer Professor Schmid ausgeführt wurde — tunlichst im Jahre 1945 in der „Saarbrücker Zeitung" an jeder, der in einer öffentlichen Stellung war, ange- Lügen, an Verdrehungen, an Gemeinheiten, die so- hören mußte. Aber es wäre falsch, nun nur Frank- gar ans Pornographische heranreichen, veröffent- reich die Schuld für eine solche Entwicklung im licht haben, das dürfte, glaube ich, sogar manchen Saarland zuzuschreiben. Ich weise vielmehr darauf Giftkoch in Redaktionen in Deutschland, vielleicht hin, daß die französische Bevölkerung sich eine bei der „Neuen Zeitung" oder bei der „Welt", zum solche Politik — wenigstens in dem Ausmaß — viel- Erblassen bringen, wenn sie diese „Leistungen" leicht nicht geleistet hätte, wenn sie nicht die Un- einmal zu Gesicht bekommen würden. terstützung Englands gehabt hätte, von der — es Professor Schmid hat heute Herrn Spaak er- ist wiedergegeben in der CDU-Zeitung HNN — wähnt und gesagt, politische Argumente sind nicht (Abg. Graf von Spreti: Die lesen Sie?) mit Polizeigewalt zu unterdrücken. Das Wort ist — ja, die lese ich, Herr Graf von Spreti! — die richtig. Nur durfte man nicht gerade Herrn Spaak Zeitung „Die Tat" erklärt hatte, „an der Entschlos- erwähnen, der nämlich in seinem eigenen Land senheit der, sozialistischen Regierung Englands, politische Dokumente und politische Argumente, die Deutschland auch das Saarkohlengebiet zu nehmen, über seine Vergangenheit berichten, ebenfalls mit darf nicht gezweifelt werden." Polizeigewalt unterdrückt. Und dann wundere ich Im Saarland hat man nun, weil man die Unter- mich über die Klagen, die hier von Parteien an- stützung Englands offensichtlich hatte, ein regel- gestimmt werden, die immer so großen Wert auf rechtes Kolonialstatut eingerichtet, das dem von ihre internationalen Beziehungen legen und es Marokko und Indochina ähnelt. Der Hohe Kommis- nicht einmal vermocht haben, entweder mit diesem sar hat überall Weisungsbefugnisse. Ob es sich um kleinen Klüngel in Saarbrücken fertig zu werden Verordnungen, Anordnungen der Regierung oder oder diesen Klüngel von der Gefolgschaft zu Gesetze handelt, — sie bedürfen der Gegenzeich- trennen. nung durch den hohen Kommissar. Ob es sich Die Regierung hätte die Möglichkeit, auch auf um Ernennungen hoher saarländischer Beamter, ob die unfreundliche Politik Frankreichs Druck auszu- es sich um die Aufrechterhaltung der sogenannten üben, wenn sie einfach sagen würde: Wir spielen öffentlichen Ruhe und Ordnung handelt, alles das beim Schumanplan nicht mit, solange die Saarfrage ist letzten Endes in die Weisungsbefugnisse des nicht im Sinne des Rechts und damit im deutschen Hohen Kommissars gegeben. Darüber hinaus konnte Sinne gelöst ist. Wir möchten hier der Regierung eine schweizerische Zeitung kürzlich berichten, daß den Rat geben, doch in diesem Sinne tätig zu sein. die saarländische Polizei engsten mit der franzö- Zum Schluß möchte ich noch folgendes sagen. sischen Sûreté zusammenarbeitet, von der wohl Die vielen guten Worte, die heute hier gefallen jeder weiß, was er von dieser Einrichtung zu halten sind, veranlassen mich, dem Herrn Bundesinnen- hat. Danach hat sich die Saarregierung verpflichtet, minister den herzlichst gemeinten Rat zu geben, das höhere Polizeibeamte nur im Einvernehmen mit Protokoll von heute sehr genau durchzustudieren dem französischen Vertreter zu ernennen und und sich auch danach richten zu wollen, damit nicht außerdem für eine nicht spezifizierte Übergangs- dieselbe Debatte, Herr Bundesinnenminister, viel- zeit die saarländische Staatsangehörigkeit nur an leicht im saarländischen Landtag als Anklage gegen solche Ausländer — das sind natürlich Deutsche die Bundesrepublik noch einmal durchgeführt zu erteilen, die den Franzosen genehm sind, ja werden kann. darüber hinaus bei Gewährung oder Entzug der (Beifall bei der WAV und rechts. — Aufenthaltsgenehmigung im Saarland den Wün- Lachen bei der KPD.) schen der zuständigen französischen Dienststellen entsprechende Beachtung zu schenken. Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Ab- Das bedeutet nichts anderes, als daß der Hohe geordnete Loritz. Kommissar in Wirklichkeit der Regent ist und nicht jener Mann, der sich so großartig als Re- Loritz (WAV): Meine sehr verehrten Damen und gierender in Saarbrücken aufspielt. Der Bischof Herren! Wenn etwas tief bedauerlich ist, dann ist Bornewasser von Trier hat einmal gesagt: Wer dem es die Tatsache, daß jetzt wie ein Blitz aus Vaterland die Treue bricht, ist ein Verräter. Als heiterem Himmel diese Komplikationen über uns ein solcher ist ein Mann zu bezeichnen, der ur- hereingebrochen sind, die die Saar betreffen und die sprünglich nach seinem Abzug aus Saarbrücken, das Verhältnis zwischen Deutschland und , Frank- beim Deutschen Telegrafenbüro tätig war, bis zum reich, das uns wohl allen am Herzen liegt, zu Jahre 1930 gegen die Franzosen schimpfte und trüben drohen. Ich möchte folgendes klarstellen: 5694 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Loritz) Ich glaube, nach all den Lehren der Vergangenheit sprechen darf, daß sie in ihren Rechten da und l muß Friede und Freundschaft mit dem französischen dort beschnitten wird, wenn wir bei uns selber mit Nachbarvolk der Wunsch. jedes guten Deutschen gutem Beispiel vorangehen, wenn wir nicht nach sein. Gerade unter diesem Gesichtspunkt schmerzt Parteiverboten schielen, uns die ganze Angelegenheit so besonders. (Abg. Hilbert: Und wenn es sich um Ver Es ist heute schon manches über das Problem ge- brecher handelt? — Weitere Zurufe) sprochen worden; nur eines scheint mir noch nicht wenn wir nicht auf dem Wege über die Nichtzu- erwähnt worden zu sein. Wie kam es denn, daß lassung zum Radio versuchen, im Inneren Deutsch- all das mit solcher Wucht plötzlich über uns herein- lands die Opposition niederzuhalten! Nur d a s gebrochen ist? Ich glaube, wir sind teilweise über können wir mit Recht auch vom Ausland verlan- die ganzen Gegebenbeiten in dem Verhältnis gen, was wir hier selbst tun, und es hat mich sehr zwischen Deutschland und Frankreich falsch infor- gefreut, daß der Bundeskanzler heute so entschie- miert worden, leider auch von seiten der Re- den betont hat, daß Verbote von Parteien der denk- gierungsbank, die uns nicht genügend und . nicht bar schlechteste Weg sind, um eine Demokratie zu rechtzeitig über die Widerstände informiert hat, die stärken: in weiten Kreisen der Bevölkerung Frankreichs (Abg. Hilbert: Sprechen Sie für Ihre und auch im französischen Außenministerium noch Schützlinge?) gegen die Prämissen bestehen, die von seiten der Bundesregierung bereits als gegeben angenommen Lassen Sie mich am Schluß noch einen Satz sa- worden sind. Es ist in der Politik immer falsch, gen, damit keine Mißverständnisse entstehen: Das wenn man sich entweder selber rosenrote Brillen Schicksal Europas, das Schicksal der Welt hängt ab aufsetzt oder sie anderen Leuten aufsetzen will (Abg. Kuntze: von Loritz!) und die Gegebenheit nicht berücksichtigt. Gerade von Freundschaft und Frieden zwischen Deutsch- da hat man uns die Wahrheit nich t gesagt! So land und Frankreich. Möge das überall erkannt kam es, daß manche hier in diesem Hause und in werden; möge über a 11 ein Rückfall in die Feh- der Öffentlichkeit sich in dem falschen Glauben ge- ler und die Sünden der Vergangenheit unterblei- wiegt haben, als könnte man den Schumanplan ben! Nur dann kann Europa und nur dann kann ohne weiteres unterzeichnen und als seien die die Demokratie gerettet werden. Probleme zwischen Deutschland und Frankreich (Beifall bei der WAV. — Zuruf rechts: bereits so geklärt, daß es darüber keiner weiteren Ganz groß!) Auseinandersetzungen mehr bedürfte. Es wäre Sache des Herrn Bundeskanzlers gewesen, bei den Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Ab- einschlägigen Besprechungen mit dem französischen geordnete Ewers. Außenminister sich durch rechtzeitige Rückfragen Ewers (DP): Herr Präsident! Meine sehr ver- zuerst zu vergewissern, wie die Situation im all- ehrten Damen und Herren! Was die Frage der Saar gemeinen ist, und, wenn man darüber Gewißheit selber anlangt, so haben wir eine sehr ähnliche hat, selbstverständlich auch von sich aus eine ent- und fast genau so wie heute durch allzulange Re- sprechende Politik einzuschlagen, eine Politik, die den etwas entwertete Debatte hier im Hause am nicht Äpfel pflücken will, welche noch nicht reif 10. März 1950 gehabt. Damals wie heute, darf ich sind, vor allem eine Politik, die nicht Dinge hin- feststellen, herrschte bei der Opposition von links gibt, die wir noch sehr notwendig brauchen und rechts und bei den Regierungsparteien Ein- könnten — wie heute schon von anderer Seite des mütigkeit darüber, daß erstens rechtlich alles, was Hauses gesagt worden ist —, die nicht Dinge hin- an der Saar geschieht, von Frankreich befohlen, ge- gibt, ohne dafür die nötigen Gegenleistungen im duldet oder herbeigeführt, für uns und die übrigen voraus zugesichert zu bekommen. Völker nicht existent sein kann und daß wir zwei- Darüber gibt es doch keinen Zweifel: wenn schon tens das Unrecht, das unseren Landsleuten, diesen eine Lösung kommen soll, wie der Schumanplan sie 900 000 Saarländern, geschieht, beklagen. Daß wir vorsieht, dann ist Grundvoraussetzung eine voll- andererseits als Nachbarn Frankreichs sehr wohl kommene Bereinigung der Streitpunkte zwischen- einmütig anerkennen, daß Frankreich mit Rücksicht Frankreich und Deutschland. Wenn dis von seiten auf die Saarkohle und seine lothringischen Erze irgendeines Partners, sei es von seiten des fran- stärkste wirtschaftliche Interessen im Saargebiet zösischen Partners, sei es sonstwoher, nicht getan und in den angrenzenden Gebieten zu vertreten wird, dann sind auch für uns die Voraussetzungen und für sich selbst wahrzunehmen hat, darüber in Wegfall gekommen, die zu einer Ratifizierung herrscht Einigkeit. Über die außerordentlich be- des Schumanplans durch uns in dem jetzigen Mo- klagenswerten Einzelumstände an der Saar ist ment führen könnten und dazu in etwa berechtigen heute sehr eingehend gesprochen worden. Dazu würden. „Gouverner c'est prévoir" — Regieren - ven mir aus kein weiteres Wort. heißt voraussehen — gilt doppelt und dreifach für Was die Sache so ungemein ernst, ich möchte die Außenpolitik! Ich glaube, der Herr Bundes- sagen, tragisch macht, das hat mein Vorredner, kanzler hat leider nicht vorausgesehen, was hier Herr Loritz, angedeutet. Seinen Kursus darüber, wie alles kommen würde, kaum daß die Tinte auf dem sich ein Außenminister im Ausland nach seiner Dokument trocken war, in welchem der Herr Bun- Meinung benehmen muß, wird sich der Herr Bun- deskanzler den Schumanplan zuerst für sich unter- deskanzler zu eigen machen, und er wird ihm ein zeichnet hat! gelehriger Schüler sein. Ich glaube allerdings, daß Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Belehrungen in dieser Beziehung nicht gerade nö- Schluß noch eines sagen: tig sind; aber sie schaden auch nichts, und man (Zurufe: Gott sei Dank!) nimmt sie zur Kenntnis. Wir können nur dann mit Recht gegen undemokra- Herr Loritz hat aber insofern recht, als er sagt, tisches Verhalten gewisser Leute im Saargebiet daß wir hier im Bundestag, zumindest zum Teil protestieren, wir können nur dann uns mit Recht, und jedenfalls wir auf den Regierungsbänken durch wie das heute geschehen ist, darüber entrüsten, daß das, was mit dem Schuman-Brief vom 9. Mai 1951 die Opposition im Saargebiet nicht über das Radio im Saarland angerichtet worden ist, überrascht, Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5695 (Ewers) alle aber ausnahmslos geradezu empört sind. Die- Weltfrieden" gemacht werden, daß „ein Beitrag für ser Umstand ist in der Debatte mit Rücksicht auf ein organisiertes und lebendiges Europa und zur die Regierungserklärung nicht sehr hervorgetre- Aufrechterhaltung friedlicher Beziehungen" gelei- ten. Auch ich will ihn nicht sehr breit behandeln. stet werde und daß die Entschlossenheit betätigt Ich halte dieses Überraschungsmoment aber für das werde, „an Stelle jahrhundertealter Rivalitäten Entscheidende, worüber heute gesprochen werden den Zusammenschluß der wesentlichsten Interes- muß, was in den Ausführungen meines Vorredners, sen" und sonstiger Gemeinsamkeiten zu fördern. des Herrn Kollegen Mayer von der FDP, auch Alles das ist wunderschön und aller Ehren wert. durchklang. Nur haben wir als das besiegte Volk, das immer Wie liegen insofern die Dinge? Als wir uns am noch, wenn auch abgeschwächt, unter dem Besat- 10. März 1950 hier über die Saarkonventionen an zungsrecht leidet — ich muß es sagen: leidet! —, Hand einer außerordentlich einprägsamen und von unseren Besatzungsmächten je und je in den nachlesenswerten Regierungserklärung unseres letzten sechs Jahren -- immer mehr abgeschwächt, Herrn Bundeskanzlers unterhielten, da hatten wir aber immer wieder neu — einige Nadelstiche em- alle das Gefühl, daß durch derartige Dinge bei uns pfangen, die uns allzu hochmögende Erklärungen in Deutschland in den Kreisen rechtsradikaler Agi- etwas skeptisch ansehen lassen. Wir haben derglei- tatoren größtes Unheil angerichtet werden könnte; chen aber noch niemals in einem Vertrage als eine denn selbstverständlich wird sich einem französi- verbindliche Rechtssatzung niedergelegt gesehen; schen Nationalismus wiederum ein deutscher ent- denn wir können ja erst seit jüngsten Daten überhaupt gegenstellen, und damit kommen wir dann wieder Verträge schließen, nachdem wir außenpolitisch wie- etwa auf den Standpunkt des Jahres 1900 zurück, der selbständig geworden sind. Und nun. muß es uns als hätten Frankreich und Deutschland ein halbes passieren, daß unmittelbar nach der Unterzeich- Jahrhundert nichts erlebt. In jener Debatte am nung, man kann fast sagen: am Tage darauf im 10. März 1950 hat mein Parteifreund Dr. von Campe Saargebiet, dieser Achillesferse unserer französi- erklärt, daß man sich durch solche peinlichen Un- schen Beziehungen, etwas geschieht, was uns vor rechte, wie sie an der Saar begangen würden, nicht unheimliche Fragen stellt, nämlich besonders vor von der klaren Konzeption abbringen lassen dürfe, die Frage: Welchem Frankreich stehen wir ge- daß man vielmehr, indem man auf wirtschaft- genüber? Dem, das diesen Vertrag unterzeichnete lichem Gebiet in Europa durch Verträge Ordnung und sich zu so hohen menschlichen Taten bereit schaffe, derartige vollkommen aus der Zeit gefal erklärt hat, oder demjenigen, das sich, als hätten lene imperialistische Regungen zurückdämmen wir kein halbes Jahrhundert erlebt, mit Grenzver- solle und könne. Dann fiel, von uns allen freudigst schiebungen, durch Eroberung wertvoller Gebiete begrüßt, in diese abwartende Atmosphäre hinein selbst schadlos halten will und vor dem mit größ- von Frankreich aus die unter dem Namen Schu- tem Mißtrauen gesehenen Nachbarn schützen zu inzwischen weithin populär gewordene müssen glaubt. Das eine ist der Imperialismus des manplan 19. Jahrhunderts, das andere ist der zukunftsfrohe Anregung, bei der Montanindustrie wirtschaftlich Glaube einer modernen europäischen Nation. Man praktisch mit dem Aufbau Europas zu beginnen. kann nicht beides gleichzeitig vertreten wollen. Unabhängig davon, was man vom Schuman Eines von beiden ist geheuchelt; und wir Deutschen plan im einzelnen halten mag, möchte ich hier nur haben uns zu fragen: was ist geheuchelt? Diese zweierlei betonen: Einmal ist daran das völlig Frage werden wir heute hier nicht beantworten. Neue, daß hier zum erstenmal auf einem für die Ich möchte aber auf eine Frage eingehen, die Herr Wirtschaft der verbundenen Nationen wichtigsten Dr. Carlo Schmid schon anschnitt. Teilgebiet eine europäische Souveränität geschaf- Der Herr Bundeskanzler hat erklärt, daß er „mit fen wird, daß zum erstenmal in der Weltgeschichte tunlichster Beschleunigung" die Vorlage über den überhaupt selbständige Staaten zu einem Über- Schumanplan einbringen werde. „Tunlichster" — staat zusammentreten. Zweitens ist dadurch, daß der Superlativ bedeutet doch wohl „größtmögli- man sich ausgerechnet bei der Bewirtschaftung der cher". „Tunlicher" hieße „unter Abwägung alles Grundstoffe Kohle, Eisen und Erz zu einer Souve- Für und Wider so schnell wie möglich". Ich hätte ränitätsaufgabe veranlaßt sah, endgültig- ausge- gewollt, es hieße — gramatisch richtiger — „tunli- schlossen, daß zwischen diesen verbundenen Staa- cher Beschleunigung". — Er hat nun aber weiter ten jemals wieder ein Krieg geführt werden kann. erklärt, daß dann, wenn das geschähe, hier im So ist es nach Annahme dieses Planes angesichts Saale, wie er befürchten müsse, politische Mei- der Natur der modernen technischen Kriege voll- nungsverschiedenheiten entstehen könnten, von kommen unmöglich, daß Frankreich und Deutsch- denen heute nicht die Rede sein solle, und daß — land jemals wieder auf verschiedenen Seiten in ei- nun kommt es — es sich „bis dahin" zeigen werde, nen Krieg eintreten können. Diese beiden Um- ob der bestehende Konflikt an der Saar bereinigt stände — der erste praktische Schritt zu einem werden könne. Daraus hat Herr Dr. Carlo Schmid überstaatlichen Gebilde und die nicht durch irgend- die Möglichkeit abgeleitet, daß man also mit der welche „Nichtangriffspakte", nicht allein mit Wor- Einbringung der Vorlage warten würde, bis sich ten erklärte, sondern durch die Tat, durch die Sat- an der Saar irgend etwas —hoffentlich auch äußer- zung, durch die Schaffung neuer Gewalten herbei- lich, nicht nur erklärungsmäßig — gegenüber dem geführte Unmöglichkeit der Kriegführung zwischen heutigen Zustand geändert habe. Der Herr Bundes- zwei Nationen, die jetzt seit genau 300 Jahren fast kanzler aber hat diese Frage verneint nichts anderes getan haben, als gegeneinander Ich möchte demgegenüber folgendes zum Aus- Krieg zu führen — bilden das unglaubwürdig Neue druck bringen. Der Schumanplan, dessen Grund- und das, was — so meine ich — auch bei den Her- tendenz ich gefeiert habe, enthält in seinen Einzel- ren der SPD hier im Hause einige Hoffnung und heiten eine solche Fülle von Bestimmungen, daß einige Begeisterung hervorrufen könnte. Diese nur der Jurist — wie ich etwa — die juristischen, Dinge werden durch einen Vertrag eingeleitet, des- der Wirtschaftler die wirtschaftlichen, der Kohle sen Präambel mein Vorredner Herr Dr. Seelos mit experte die Kohlebestimmungen, der Erzfachmann gerührten Worten schon als geradezu „begeisternd" die Erzbestimmungen usw. in jeder Beziehung bezeichnet hat. Es ist in dieser Präambel davon die übersehen kann. Er ist ein Gesamtwerk, aus einer Rede, daß „schöpferische Anstrengungen für den Fülle sachlicher Beratungen entstanden, dessen 5696 Deutscher Bundestag -- 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Ewers) letzte Qualität ein Einzelner kaum beurteilen kann. mochte ich festzustellen, daß die heutigen Zustände In den Schumanplan sind sehr viele institutionelle an der Saar ein lebendiges Ebenbild von unseren Garantien eingebaut, damit dieser oder jener Staat Verhältnissen im Sudetenland von anno dazumal nicht an die Wand gedrückt werde, so daß man sind. Zunächst fängt man mit der Wirtschaft an. hoffen kann, dieser Plan werde technisch funktio- Man knobelt sie aus, bringt fremdländische Inge- nieren. Es sind aber auch so viele Bestimmungen nieure heran, die allmählich Besitzer der Unter- drin, die dem Laien schildern, wie außerordentlich nehmungen werden, indem man den Eigenbesitz schwierig und kompliziert die Übergangszeit ist, vernichtet. Die eigenständigen Arbeiter werden daß man sieht: auch die Verfasser haben die Sorge, Sklaven dieser Eindringlinge, wobei man vorher ob die Überleitung der Einzelwirtschaften in den durch eine künstliche Arbeitslosigkeit die Arbeiter- großen europäischen Markt auch überall reibungs- schaft gefügig macht, die dann, um nur überhaupt los verlaufen werde. Er ist also jedenfalls alles in noch leben zu können, ihre Arbeitskraft für einen allem ein Wagnis, und zwar ein wunderschönes, Spottpreis zur Verfügung stellt. Noch viel bruta- kühnes, fortschrittliches Wagnis. Wie es funktio- ler geht man mit dem Kreis der Personen um, die niert,, wissen wir aber nicht. durch ein Beamten- oder Angestelltenverhältnis Ich halte nun gar nicht viel von „institutionellen vom Staate abhängig sind. Diese Beamten oder Garantien". Wir haben ja bekanntlich als solche Angestellten müssen unter der Oberaufsicht dieser z. B. im Dritten Reich die Sondergerichte gehabt, Patronatsherren ihre Dienste leisten und werden, um eine „Rechtsprechung" zu garantieren. Ich wenn sie nicht den Wünschen ihrer nationalisti- kann Ihnen nur sagen: Das war eine äußerliche schen Vorgesetzten entsprechen, als unbrauchbar Garantie; innerlich wurde nicht Recht gesprochen. entlassen. Diese Eindringlinge ziehen ihre Familien Deswegen sind auch hohe Gerichte, die eingesetzt nach. Das nehmen wir ihnen nicht übel. Aber dann werden, nur dann eine Garantie, wenn man den werden für ganz wenige Kinder in rein deutschen Geist kennt, aus dem sie urteilen werden. Wenn Gemeinden Schulen für diese fremdländischen Kin- wir zu den Partnern unseres Vertrages nicht das der gebaut. Man fängt an, die abhängigen Men- volle, mit aller Nüchternheit abgewogene Vertrau- schen dazu zu bewegen, auch ihre deutschen Kin- en haben können und wissen, daß der Geist des der in diese Schulen zu schicken. So wird auch die Vertrages der gleiche ist, den wir wollen, nämlich Intelligenz nach und nach brotlos und damit ge- die unter Opfern vollzogene Einreihung in eine fügig gemacht, und so erreicht man langsam aber größere europäische Gemeinschaft, wenn wir uns sicher die Entnationalisierung der angestammten dessen nicht sicher sind, so ist es — ich sage das Bevölkerung. Den charakterfesten Teil der boden- offen — unmöglich, das Risiko eines solchen Ver- ständigen Bevölkerung macht m an mundtot; denn trages zu laufen. Denn es hängt ja nicht von den jedes selbstverständliche Sichwehren gegen diese Paragraphen, es hängt von dem Geist ab, mit dem teuflische Entmenschlichung wird als nationalistisch dieser neuartige, schöne Vertrag durchgeführt und staatsfeindlich hingestellt. wird, ob er funktioniert und ob er unseren Kin- Frankreich hatte nach 1918 das Patronat über dern und Enkeln zum Segen wird. Andernfalls das krankhafte mitteleuropäische Lügengebilde laden wir unter Umständen einen Fluch auf uns, Tschechoslowakei übernommen und duldete die den wir vor niemandem verantworten können. In 1/2 Millionen Deut- diesem Sinne ist es — mit Herrn Loritz gesprochen Vertschechisierungspolitik an 3 — so tieftraurig und tragisch, daß uns das jetzt schen von seiten dieser hussitischen, nationalisti- passieren muß und daß unsere Skepsis gegenüber schen Tschechen. Genau dasselbe machen heute die dem Vertragspartner des Herrn Bundeskanzlers so Franzosen an der Saar, nur mit dem Unterschied, erheblich zugenommen hat. Ich hoffe sehr, daß es daß sie sich diesmal nicht der Benesch-Leute, son- seiner hohen Kunst, seinem europäischen Willen dern der Hoffmann' schen Verräter an der Saar be- und seinem deutschen Herzen gelingen möge, diese dienen. Der Geist Richelieus ist heute in Frankreich Schwierigkeiten zu beheben, so daß wir mit voller lebendiger denn je, so wie heute der Hussitismus Zuversicht und mit voller innerer Überzeugung in den slawischen Ländern eine neuerliche Blüte- etwas Segensreiches schaffen und dem Werke des zeit erlebt. Schumannlans, wenn es uns vorliegt, werden- zu- Auch die Vorgänge an der Saar sind ein Beweis stimmen können. dafür, daß noch nie in der Geschichte die Lüge, die (Beifall bei den Regierungsparteien.) Demagogie, die Begriffsentwertung derartige Tri- umphe gefeiert hat wie heute im modernen Zeital- Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Ab- ter der Sklaverei. Der todbringende krasse Mate- geordnete Dr. Ott. rialismus im Denken und Handeln des einzelnen Menschen und ganzer Völker und Nationen ist der Dr. Ott (BHE-DG): Herr Präsident! Meine Damen Motor dieser Zeiterscheinung. Aus diesem grund- und Herren! Wir werden die Saarfrage, Herr Bun- satzlosen, vermaterialisierten Zeitgeist heraus ist deskanzler, nie zu einer Parteifrage machen. Wenn allein auch das nationalistische, brutale Verhalten sich unser Blick zum Saarland wendet, dann ge- Frankreichs im Saarland zu erklären. Dieses Ver- schieht es aus Sorge, Verantwortung, nationaler halten Frankreichs in der Saarfrage macht es, ge- und christlicher Verbundenheit. Allein daß es heute linde gesagt, schwer, noch an Worte der Verant- nochmals oder, besser gesagt, schon wieder zu ei- wortlichen dieses Staates zu glauben, wenn sie von ner Saardebatte kommen mußte, beweist die Stich- Demokratie, von Freiheit sprechen. Kein Geringe- haltigkeit meiner Worte zur Regierungserklärung rer als Bundeskanzler Dr. Adenauer selbst sagte in des Herrn Bundeskanzlers am 27. September 1949, seiner Rede am 10. März 1950 hier in diesem Hohen mit denen ich seine Stellungnahme zum Radikalis- Hause, daß im Saargebiet weder Freiheit noch De- mus und Nationalismus widerlegte. mokratie herrsche. Für uns Sudetendeutsche ist die für ganz Europa Wenn sich auch Frankreich nicht an den Abkom- tragische Entwicklung im Saargebiet kein Novum, men von Potsdam und Jalta beteiligte — Schand- nichts Neues; denn wir haben die nationalistische diktate, die wir Deutsche immer verfluchen wer- Patronatsherrschaft Frankreichs am eigenen Volks- den —, so macht Frankreich durch sein Verhalten körper verspürt. Als ich vor einem Jahr eine Ver- im Saarland gegenüber Deutschland doch praktisch tretung aus dem Saarland anhören konnte, da ver- das gleiche, was die Mächte von Potsdam und Jalta Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5697 (Dr. Ott) an Deutschland und damit an Europa verbrochen Wechselbeziehungen naturgemäß miteinander ver- haben. Sowenig wie wir nur auf einen Quadrat- knüpft sind. In unserem Jahrhundert beginnen meter ehemals deutschen Bodens im Osten und sich die politischen Kräfte zu konzentrieren. Die Südosten verzichten und niemals eine Oder-Neiße einzelnen Mächte gehen in Machtgruppen auf. Linie als Friedensgrenze Ostdeutschlands anerken- Immer deutlicher zeichnet sich im globalen Raum nen oder auf unser Sudetenland verzichten werden, eine Ausrichtung des Kräftespiels in zwei gewal- so wenig werden wir unsere Brüder und Schwe- tige Lager ab. Unsere schicksalhafte geographische stern im deutschen Saarland abschreiben lassen. Lage läßt gerade uns Deutsche die ungeheure Prob- Wir zweifeln keine Sekunde daran, daß unser lematik der Spaltung in Ost und West bewußt Herr Bundeskanzler nicht alles getan hat, was in werden. Man erkennt, daß der klaren entschlosse- seiner hohen Stellung menschenmöglich war; denn nen Ideologie des Ostens eine klare und entschlos- seine Worte in der 46. Sitzung am 10. März 1950 sene Verständigung der freien Völker auf der und seine heutigen Ausführungen zur Saarfrage Grundlage des geistigen Erbes des Abendlandes geben ein beredtes Zeugnis von seinem idealen entgegengesetzt werden muß. Wollen, im Interesse unseres ganzen Kontinents (Zuruf des Abg. Renner.) eine aufrichtige Freundschaft zwischen Frankreich Die erforderliche geschichtliche Selbstbesinnung und Deutschland herbeizuführen, ohne daß auch ist nur möglich, wenn das Abendland seine Fun- nur ein Land etwas von seinen berechtigten damente neu überdenkt und ordnet. Interessen aufzugeben hätte. Das deutsche Saarland Die politische Gestaltung Europas ist dem Rhyt- gehört aber nun einmal volkspolitisch, wirtschaft- mus des Fortschritts der Technik und der Wissen- lich, geographisch und geschichtlich zu Deutschland. schaft nicht gefolgt. Die nationalistisch, hussitisch Man soll Wunden nicht aufreißen, sondern hei- ausgerichtete Welt hat den Ruf der Zeit nicht er- len. Wunden kann man aber nur heilen, indem kannt und vielleicht zur größten Tragik unseres man wiedergutmacht, was man auch an Deutsch- Kontinents bewußt nicht Folge geleistet; denn das, land verbrochen hat. Ich weiß nur zu gut, daß man was Frankreich heute an der Saar tut, geschieht unsere schönen deutschen Wälder, die auch die von dieser Seite bewußt. Durch die Isolierung jedes Herren Franzosen abgeholzt haben, nicht von heute einzelnen europäischen Landes in Währung, Wirt- auf morgen wiederaufforsten und in ihrer ur- schaft, Handel und Politik ist eine Atomisierung sprünglichen Größe und Schönheit wiedererstehen unseres kleinen Kontinents eingetreten, die ihn lassen kann. Ich will schweigen von den unmensch- lebensunfähig gemacht hat. lichen Behandlungen und Grausamkeiten, die unse- Aus der scheinbaren Ausweglosigkeit ist nur ren deutschen Soldaten widerfuhren. Ich möchte herauszufinden, wenn wir alle unsere Probleme nicht näher darauf eingehen, was in Kriegsgefan- von der nationalistischen Kleinstaatprüderie her- genenlagern und an politischen Gefangenen bis in ausnehmen und auf die europäische Ebene heben. die jüngste Zeit von seiten der Franzosen gesche- Der Weg zu diesem Ziel ist das erzieherische und hen ist. Aber unverständlich und unverzeihlich ist moralische Einwirken auf den Menschen. Wir es, was jetzt an der Saar geschieht, während man müssen in Begriffen denken lernen, die über den von einem Vereinigten Europa, von einem Schu- Rahmen des isolierten Nationalstaates hinausgehen. manplan spricht. Zu der lebensnotwendigen Erkenntnis, daß eine Man rede nicht von einer bolschewistischen Ge- weitere Rivalität der europäischen Nationalstaaten fahr, wenn man es genau so schlecht macht wie wirtschaftlich und politisch unseren Untergang be- die, die man fürchtet. Die Furcht Frankreichs vor deuten würde, muß das gemeinsame Bewußtwer- Deutschland ist nichts anderes als das schlechte Ge den des christlichen, abendländischen Kulturgutes wissen, das Frankreich auf Grund seines nationa kommen. Nur so wird praktisch ein Ausweg ge- listischen, unrechten Handelns in Vergangenheit funden werden können. Wenn wir mit diesen und Gegenwart hat. europäischen Bestrebungen Erfolg haben, wird (Zuruf des Abg. Renner.) unser Zeitalter von späteren Geschlechtern nicht als Frankreichs Vorgehen an der Saar macht einen die Epoche der selbstmörderischen Bruderkriege und Schumanplan unmöglich und bereitet dadurch in des Ablebens einer innerlich morschen Führungs- dem noch freien Westeuropa dem Bolschewismus- schicht bezeichnet werden, sondern als der Beginn das Bett. einer zweiten Renaissance, in der Europa seine traditionelle Führungsrolle mit der brüderlichen (Pfui-Rufe und weitere Zurufe von der KPD.) Gefährtenschaft Amerikas wieder eingenommen Man macht es sich sehr billig, indem man jeden, hat. der sich gegen Maßnahmen wehrt, wie sie im Saar- Als bewußte Deutsche in den europäischen Ge- land praktiziert werden, als Nationalisten roter danken hineinzuwachsen, das ist das Gebot der oder brauner Prägung beschimpft und sein Auf- Stunde. Ein europäischer, übervölkischer Zusam- treten in der Öffentlichkeit verbietet. Man unter- menschluß bedeutet nicht die Aufgabe, sondern die schätzt das deutsche Volk, wenn man glaubt, daß einzige Möglichkeit zur Bewahrung unseres Volks- es sich noch mit einem engstirnigen nationalisti- tums. schen Gedankengut befassen und sich gar davon begeistern lassen würde. Unser Volk weiß, daß Als bewußte Deutsche und als Christen bitten sich der reine Nationalstaatgedanke überlebt hat. wir Frankreich, im Interesse ganz Europas in Saar- Die ungeheure Entwicklung von Technik und Wis- fragen den Kurs radikalst ändern zu wollen, denn , senschaft hat die Entfernungen auf unserem Glo- die Menschen des christlichen Abendlandes möchten bus zusammenschrumpfen lassen. Man weiß, daß endlich erkennen, daß das bloße Lippenbekenntnis alle kleinen Staaten Europas aus ihrer Isolation zum Christentum dieses Abendland entchristlicht heraus müssen, um weiterhin lebenstüchtig bleiben hat und daß ein bloßes Lippenbekenntnis zu Eu- zu können. Wenngleich diese Auswirkungen sich ropa dieses Europa vernichten wird. zunächst auf die Wirtschaft bezogen und auf - die- Wir waren bereit, dem Schumanplan auf Grund sem Sektor den Wandel von Volkswirtschaft zur meiner gemachten Ausführungen zuzustimmen. Weltwirtschaft brachten, so vollzog sich doch Aber wir müssen unsere Einstellung im Interesse auch auf politischem Gebiet ein klarer Prozeß, zu- Frankreichs und Deutschlands einer genaueren mal Politik und Wirtschaft durch mannigfaltige Prüfung unterziehen. Solange die französische Re- 5698 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951. (Dr. Ott) gierung nicht bereit ist, der Saar und damit Meine Damen und Herren! Wir bedauern den Deutschland die Rechte zu geben, die uns auf Grund französischen Außenminister, daß er sich mit Rück- des Völkerrechts gebühren, können wir niemals sicht auf den Wahlkampf und seine eigenen Par- einem Schumanplan b e d i n g u n g s l os zustimmen. teifreunde, nicht zuletzt auch auf Monsieur Bidault Die Verantwortung trifft einzig und allein die fran- jetzt gezwungen sieht, die Fensterscheiben einzu- zösische Regierung, und das französische Volk soll werfen, die er selbst erst kürzlich in das europäi- sich für die Folgen bei seiner Regierung bedanken. sche Haus eingesetzt hat. -- Wir fordern: Wenn es in der Presse heißt, die Saarregierung Erstens: Persönliche und politische Freiheit für habe auf Druck von Herrn Schuman jetzt Maßnah- men gegen eine deutsche Partei im Saargebiet ver- die saarländische Bevölkerung als Bestandteil des anlaßt, die wir ablehnen müssen, so möchte ich deutschen Volkes. sagen: Die Presse sollte das Wort „Saarregierung" Zweitens: Mit diesen demokratischen Grundrech- grundsätzlich immer in Anführungsstriche setzen. ten hängt die Forderung auf Aufhebung des Ver- Eine Saarregierung gibt es unseres Erachtens nicht; bots der Demokratischen Partei des Saarlandes zu- es gibt höchstens eine Gruppe von Agenten im sammen. Dienste einer ausländischen Macht, die aber, meine Drittens: Verhinderung von Maßnahmen der so- Damen und Herren, als deutsche Staatsbürger nach genannten Saarregierung zur Entfremdung vom wie vor deutschen Strafgesetzen unterstehen. Diese deutschen Volkstum und von ihrem Mutterlande. Leute werden sich den einschlägigen Vorschriften Viertens: Daß die Bundesrepublik Deutschland unseres Strafgesetzbuchs und unseres Grundgeset- bei allen Regelungen, die das Saarland betreffen, zes eines Tages nicht entziehen können. eingeschaltet und das Saargebiet beim Friedens- Herr Hoffmann äußerte kürzlich einmal die ab- vertrag endgültig als freies Land dem freien Staate surde Idee, zusammen mit dem deutschen Bundes- Deutschland angegliedert werde. Für uns ist das kanzler den Schumanplan unterzeichnen zu wollen. Saarland ein Bestandteil der deutschen Bundes- Meine Damen und Herren, es gibt nur ein einzi- republik! ges Papier, das Herr Hoffmann gemeinsam mit (Beifall.) einem deutschen Beamten unterzeichnen könnte, nämlich das Formular über seine Einlieferung in Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Ab- Siegburg oder in eine andere westdeutsche Straf- geordnete Goetzendorff. anstalt. Dorthin gehört er wegen Landesverrats. Vielleicht bleibt ihm aber dieses Schicksal er- Goetzendorff (DRP-Hosp.): Herr Präsident! Meine spart; denn die französische Regierung war ihren Damen und Herren! Frankreich gefällt sich in der Agenten gegenüber immer außerordentlich nobel, Saarfrage in einer Politik des Rechtsbruchs. Um wie wir dies ja von früher her kennen. Wir den- v o r dem Friedensvertrag Tatsachen Zu schaffen, ken da vielleicht an Herrn Dr. Dorten, der eine handelt es nach dem Grundsatz: „Roma locuta, Villa 'bekam. Vielleicht bekommt sie Herr Hoff- causa finita". Gegenüber den deutschen Protest- mann eines Tages auch. stimmen gegen diese historisch leider oft sanktio- Herr Hoffmann sagte, er handle auf Befehl von I nierte Methode der Gewalt stimmte der regiefüh- Paris. Vergleiche mit der Ostzone drängen sich auf. rende Herr Schuma n. eine Jeremiade an, die zwei- Aber der Vergleich mit der Ostzone fällt für die fellos gewissen Parteien und ihren durchsichtigen Herren Genossen Pieck und Grotewohl günstig aus; Interessen im französischen Wahlkampf mehr denn sie behaupten wenigstens noch, daß die Dinge, nützte als der deutsch-französischen Verständi- die sie dort tun, nicht auf Druck von Moskau, son- gung. Wenn Frankreich seine Stellungnahme und dern auf Grund ihrer eigenen Initiative geschähen. seine Handlungen nicht ändert, wird die Idee Zu den Maßnahmen des Herrn Hoffmann können Straßburgs blasse Theorie bleiben. Das immer wie- wir nur sagen, daß sie mit dem freundlichen Ge- der an die Wand gemalte Gespenst des deutschen bell eines Dackels zu vergleichen sind, der damit Nationalismus scheint uns weit weniger gefährlich anzeigt, da 3 sein Herr gepfiffen hat. und akut zu sein als der erwachende französische (Beifall rechts.) Chauvinismus. Wir möchten feststellen: Solange Frankreich Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Ab- weiterhin Amputationsversuche an dem ohnehin geordnete Niebergall. ' schon invaliden Deutschland unternimmt, solange es seine begehrlichen Finger nicht von der Saar Niebergall (KPD): Meine Damen und Herren! zurücknimmt, so lange wäre eine Ratifizierung des Die Regierung Johannes Hoffmann von Gnaden Schumanplans durch dieses Haus heller Wahnsinn! der Wallstreet und des Comité des Forges hat den seitherigen antideutschen und antidemokratischen (Beifall rechts.) Maßnahmen gegen die Bevölkerung des Saargebiets eine neue hinzugefügt. Im Auftrage des Herrn Vizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der Ab- Außenministers Schuman wurde die Demokratische geordnete von Thadden. Partei des Saargebiets verboten und aufgelöst. (Zuruf von der CDU: Wieviel kommen Dieser Vorgang zeigt unter anderem in aller Deut- denn noch von der Seite?) lichkeit, was von dem Schumanplan und den soge- nannten Vereinigten Staaten von Europa und dem von Thadden (DRP): Ich bin der letzte, der Abkommen des Europarats über die Wahrung der kommt! Menschenrechte und der Grundfreiheiten zu er- Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte warten ist. über das Saargebiet ist nicht nur durch die jüng- Herr Außenminister, Herr Bundeskanzler, Sie sten Vorkommnisse ausgelöst worden, die in die- sind von Paris zurückgekehrt und haben davon ge- sem Hause nun in großer Breite behandelt wor- sprochen: Nun haben wir endlich die Gleich- den sind; die Debatte um die Saarfrage ist unseres berechtigung! — Das, was sich jetzt im Saargebiet Erachtens leider kaum noch zu trennen von dem abspielt, ist eine Antwort auf die Gleichberechti- Problem des Schumanplans. gung. Wer den Krieg vorbereitet, wer den Krieg Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5699 (Niebergall) will, der kann keine demokratische Entwicklung, Saargebiets weder ein internationales Abkommen keine Pressefreiheit, keine Versammlungsfreiheit noch ein Statut der Alliierten. und keine Meinungsfreiheit dulden! (Abg. Mellies: Daß ihr euch nicht schämt, (Zurufe von der CDU und SPD: Sehr gut!) so was zu sagen! — Zurufe von der CDU: Pfui!) Es erhebt sich die Frage: Wie war eine solche Entwicklung im Saargebiet möglich? Niemand kann — Das eine Tatsache; an der können S nicht bestreiten: Das Saargebiet ist ein kerndeutsches vorbeigehen. Land, und die Mehrheit seiner Bevölkerung ist (Erneute Zurufe: Pfui!) deutsch. Was wir seit 1945 im Saargebiet an antideutschen (Zuruf von der CDU: Wie im Osten!) und antidemokratischen Maßnahmen der Herren Abgesehen von einer ganz kleine Clique nach 1918 Hoffmann, Kirn und Hektor sahen und erlebten, gab es im Saargebiet nie eine separatistische Basis. ist nichts anderes als die konsequente Fortsetzung Selbst nach der Machtübernahme Hitlers haben die dessen, was bereits im Jahre 1944 im Auftrage einer Parteien, die für den status quo eintraten, niemals Gruppe des amerikanischen Imperialismus von daran gedacht, ein autonomes, separates Saar- einer antideutschen separatistischen Clique Braun, gebiet zu schaffen, sondern sie forderten damals Hektor, Levi und anderen in Frankreich ausgeheckt eine zweite Abstimmung für den Fall, daß Hitler wurde. Nach der Befreiung von Paris hat diese gestürzt würde. Ihre Parole war damals: für antideutsche, antidemokratische Gruppierung, da- Deutschland, gegen Hitler! mals genannt MLS, Mouvement pour la Liberation de la Sarre, die weder am Kampf gegen Hitler noch Und nicht nur das! Ih einer Denkschrift der am Kampf des französischen Volkes teilgenommen Zeitung „Neue Zeit" vom 9. September 1949 zur hat, bereits in einer Denkschrift erklärt: Lage im Saargebiet und der sogenannten Saar- konvention wird richtig festgestellt: Die Industrie des Saargebietes und seine Boden- schätze können ein wesentlicher Bestandteil, Diesen Standpunkt ein Reservoir in den kommenden Auseinander- — damals, 1935! — setzungen zwischen Ost und West sein. Die vertrat nicht nur die Leitung der Kommunisti- Voraussetzung aber dazu ist die politische und schen Partei und die Führung der Sozialdemo- wirtschaftliche Abtrennung des Saargebiets von kratie, sondern auch der heutige Minister- Deutschland und die rücksichtslose Ausschal- präsident des Saargebiets, Johannes Hoffmann, tung aller jener im Saargebiet, die nicht mit in dessen Zeitung „Neue Saarpost" am 12. Ja- dieser Lösung einverstanden sind. nuar 1935 ein Aufruf erschien, in dem es hieß: Soweit die Denkschrift der Saarseparatisten aus „Wir bekennen uns zu unserem Deutschtum dem Jahre 1944. — Aber diese Clique hätte auch im und zur unlöslichen Verbindung mit unserem Bunde mit dem Herrn General de Gaulle ihre deutschen Vaterland, zur deutschen Volks- Pläne nicht durchführen können, wenn sie nicht die gemeinschaft, zur deutschen Ehre und Freiheit." Unterstützung bestimmter Gruppen in England und I Der Aufruf schloß damals: „Für Christus und Amerika gehabt hätte, die ihre Pläne im Saargebiet Deutschland — gegen Hitler!" gefördert haben. Das Saargebiet wurde von allem Anfang an von dem amerikanischen Imperialismus Aus eigener Erfahrung ist mir bekannt, daß Herr als Pfandobjekt gegenüber dem französischen Im- Johannes Hoffmann Ende 1945 in einer Unter- perialismus benutzt, um Frankreich in den anti- redung mit mir erklärte — allerdings war es damals sowjetischen Atlantikblock zu zwängen, und zum noch fragwürdig, ob er Ministerpräsident werden andern, um sich wertvollen billigen Anteil an der würde —: „Ich werde nie meine Hand geben für die Saarindustrie und den Bodenschätzen des Saar- Abtrennung des Saargebiets". gebiets zu sichern. (Hört! Hört! bei der KPD.) Im Gegensatz zur Sowjetunion stimmten im April Das zeigt, was Hoffmannsche Worte und Hoffmann 1947 die Regierungen der USA und Großbritanniens sche Erzählungen wert sind. - der de-facto-Annexion des Saargebiets durch den französischen Imperialismus zu. Lediglich die So- Zutreffend wird weiter in der bereits genannten wjetunion war es, die damals zweimal schärfsten Denkschrift über den staatsrechtlichen Zustand des Protest gegen diese kalte Annexion einlegte. Mit Saargebietes nach 1945 festgestellt: dem Einzug der französischen Besatzungstruppen Die staatsrechtliche Zugehörigkeit des Saar- am 6. Juli 1945 wurde schrittweise — entgegen dem gebiets zum deutschen Reichsverband ändert Potsdamer Abkommen und dem Willen der Be- sich auch mit der Kapitulation Deutschlands völkerung des Saargebiets — eine Maßnahme nach im Jahre 1945 nicht. Nach dem Einzug der der andern zur Herauslösung des Saargebiets aus amerikanischen 15. Armee bildete es einen Teil der deutschen Verwaltungshoheit eingeleitet und der Verwaltungshoheit des Oberregierungs- durchgeführt. Von Anfang an konnte sich die präsidiums Saar-Pfalz-Hessen. Nach den Be- Militärregierung im Saargebiet nur auf eine kleine schlüssen der Potsdamer Konferenz vom Clique von Separatisten aus der Zeit von 1918 bis 17. Juli 1945 gehört das Saargebiet weiterhin 1935 und auf ähnliche Elemente stützen, die in der zu Deutschland. Die von dem alliierten Kon- französischen Emigration zu Separatisten oder fran- trollrat als Rechtsnachfolger der deutschen zösischen Staatsbürgern geworden waren. Reichsregierung erlassenen Gesetze hatten auch Die Loslösung des Saargebiets begann mit dem für das Saargebiet Gültigkeit und bestätigen Einsatz von 1200 französischen Zollinspektoren am damit die Tatsache, daß das Saargebiet, weiter- 22. Dezember 1946, die eine Zollgrenze zwischen hin zum Reichsgebiet gehört. dem Saargebiet und dem übrigen Deutschland er- Deshalb brauchen wir nicht bis zum Friedensvertrag richteten. Das französische Außenministerium er- zu warten, weil das Saargebiet deutsch war und klärte damals, man verfolge mit dieser Maßnahme deutsch ist und deutsch bleiben wird. Im Gegensatz nur das Ziel, zu verhüten, daß die Lebensmittel, die zur Oder /Neiße gibt es über die Abtrennung des Frankreich liefere, nach Deutschland verschoben 5700 Deutscher Bundestag — 144. Sitzurig. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Niebergall) werden würden. Außerdem wolle man den Zustrom — Unsere Freunde im Saargebiet haben seit 1918 von deutschem Geld in Anbetracht der Währungs- für Deutschland gekämpft und kämpfen auch reform, die im Saargebiet bevorstände, verhindern. morgen dafür, damit Sie das wissen! In Wirklichkeit war das die erste Maßnahme zur (Zuruf rechts: Für Sowjetdeutschland!) Loslösung des Saargebiets von Deutschland. Eng Auf Betreiben dieser Instanzen wurden allein im auf dem Fuß erfolgte dann der Aufkauf von Grund- Jahre 1947 mehr als 464 Familien und insgesamt stücken Wohnblöcken, Geschäftshäusern und mehr als 1500 Personen aus dem Saargebiet aus- Industrieanlagen durch ausländische Kapitalisten. gewiesen. Es ist keine Übertreibung, wenn be- Dabei ging man nicht wählerisch vor. Mit Drohun- hauptet wird, daß von 1947 bis 1951 mehr als gen und Erpressungen wurden Deutsche gezwungen, 3500 Menschen aus dem Saargebiet ausgewiesen ihr Hab und Gut für einen Spottpreis abzustoßen. wurden. Dabei handelt es sich nicht um Kriegs- Diese Politik der Schaffung vollendeter Tat- verbrecher oder um Gestapo-Agenten oder SD- sachen, der Abtrennung des Saargebiets und der Leute; im Gegenteil, diese Leute sind im Dienst Ausschaltung des Willens der Bevölkerung fand in des Herrn Hoffmann und werden als Büttel gegen der sogenannten Saarkonvention eine Krönung. In über der deutschen Bevölkerung im Saargebiet be- dieser Saarkonvention wurde unter anderem fest- nutzt. Bei den Ausweisungen aus dem Saargebiet gelegt, daß die Saargruben für 50 Jahre an das handelt es sich um Katholiken, Sozialisten, Kom- Comité des Forges auszuliefern seien. Durch den munisten und Parteilose. Darunter sind namhafte Schumanplan wurde der ganze Westen an die Widerstandskämpfer gegen den Hitlerismus, auf- amerikanischen Kapitalisten und Imperialisten aus- rechte Deutsche, die für die Einheit ihres Vater- geliefert. lands und für den Frieden eingetreten sind und (Sehr wahr! bei der KPD.) sich eingesetzt haben. Mir scheint, daß die Saarkonvention und der (Zuruf rechts: Die Saarbevölkerung will Schumanplan toute la méme chose sind, ein und nicht von Ihnen vertreten werden!) dieselbe Sache. Betroffen von dieser Ausweisung wurde der (Abg. Mellies: Und eure Oder-Neiße katholische Pastor Bungarten, der Jesuitenpater Linie auch!) Hollenbach, der Jugendseelsorger Waßmuth, die Bergarbeiterführer Oskar Müller, August Hey, und — Ich weiß, warum Sie sich aufregen, ich komme viele andere. noch dazu. (Zurufe rechts und von der Mitte.) Für diese Politik tragen die CVP und die SPS Für einige dieser Ausweisungen wie die des und in einem bestimmten Maße auch die DPS die Herrn Pastor Bungarten und die des verstorbenen volle Verantwortung. Sie tragen deshalb die Ver- Bundestagsabgeordneten Ernst Roth trägt die un- antwortung, weil sie all die antideutschen und anti- mittelbare Verantwortung Herr Johannes Hoff- demokratischen Maßnahmen angeregt, beschlossen mann; denn er war derjenige, der sowohl Roth wie und auch durchgeführt haben. Es tragen aber auch Bungarten beim Hohen Kommissar angezeigt hat. die Verantwortung die westlichen Alliierten, die Dabei hat man mit gefälschten Dokumenten ge- diese Pläne unterstützt haben, und ebenso sind arbeitet. jene westdeutschen Politiker, die damals zu diesen (Anhaltende Zurufe.) Maßnahmen aus Gründen, die den westlichen Be- satzungsmächten genehm waren, geschwiegen Über 40 000 Personen wurde im Saargebiet das haben, mit dieser Verantwortung belastet. Wahlrecht entzogen. Sie sind ständig von der Aus- weisung bedroht. Man versucht sie mit dieser (Zuruf von der SPD: Was schrieb denn Methode für die Politik des Herrn Johannes Hoff- 1945 die Humanité?) mann zu erpressen. Die Führer der CVP und der SPS haben keinerlei Alle öffentlichen Zusammenkünfte und Mit- Recht, sich dabei auf den Willen des Saarvolkes gliederversammlungen der Opposition sind ver- zu berufen. Im Gegenteil, bis zur Stunde- wurde boten. Flugblätter werden beschlagnahmt. Die die Bevölkerung im Saargebiet weder Ober ihre „Neue Zeit" ist fast mehr beschlagnahmt oder ver- Meinung zur Abtrennung noch über die Verfassung boten, als sie erscheint. Die Pressefreiheit des noch über die sogenannte Saarkonvention befragt. Herrn Johannes Hoffmann ist durch folgende Tat- Weder die Kommunalwahlen im Jahre 1946 noch sachen gekennzeichnet. Seit dem Bestehen der die Wahlen im Jahre 1947 zum Landtag waren Zeitung „Neue Zeit" von 1947 bis 1951 wurden freie, demokratische Wahlen. Sie können keines- folgende Verbote, Beschlagnahmen und Einschrän- falls als eine Entscheidung der Wähler des Saar- kungen vorgenommen: 41 Verbote insgesamt für gebiets für den politischen und wirtschaftlichen An- 359 Tage, 3 Nummern wurden beschlagnahmt, schluß an Frankreich, wie es fälschlicherweise Herr 84 Artikel wurden durch die Vorzensur ganz ge- Hoffmann behauptet, gewertet werden. strichen, 173 Artikel wurden teilweise gestrichen Der wahre Charakter dieser Wahlen und der und 6 Artikel wurden zurückgestellt. Das ist die Regierung Johannes Hoffmann sind gekennzeichnet Pressefreiheit des Herrn Johannes Hoffmann! Uns durch die fortgesetzte Verletzung des Brief- und ging gestern abend die Mitteilung zu, daß die Telefongeheimnisses, durch Drohungen, Verhaftun- Zeitung „Neue Zeit" erneut für vier Wochen ver- gen, Ausweisungen, Fälschungen und Erpressungen boten ist. gegenüber all jenen, die nicht mit der separa- Vor einigen Tagen begann ein Prozeß gegen tistischen Politik des Herrn Hoffmann einver- 13 deutsche Patrioten im Saargebiet. Was haben standen sind. Es gibt kein Land in Europa, wo der sie getan? Sie sind eingetreten für den Frieden Spitzeldienst so ausgebaut ist wie im Saargebiet. und die Einheit Deutschlands und haben die MRS, Sûreté, Militärpolizei, politische Polizei und schwarz-rot-goldene Fahne mit sich geführt. Das ist dazu noch die Agenten von Herrn Hoffmann sind die Demokratie des Herrn Johannes Hoffmann. die Träger dieses Systems. Die einzige Partei, die im Saargebiet getreu (Abg. Dr. Mende: Ihre Freunde!) ihrer Tradition von 1918 her gegen diese anti- Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5701 (Niebergall) deutschen und antidemokratischen Maßnahmen des Schandurteils gegen deutsche Patrioten. Die Be- Herrn Hoffmann den Kampf ohne Rücksicht auf völkerung des Saargebietes kann versichert sein: Verfolgung geführt hat, war die Kommunistische Hinter ihrem Kampf stehen alle fortschrittlichen Partei. Sie war es, die als erste gegen die Ab- Menschen in ganz Deutschland und alle fort- trennung, gegen die Verbote und Ausweisungen schrittlichen Kräfte in der ganzen Welt. Alle Stellung genommen hat. Sie war es, die nach den fortschrittlichen Menschen im Westen unseres ersten Bestrebungen zur Lostrennung des Saar- Vaterlandes müssen die Lehre aus den Vorgängen gebietes, bei den ersten Verboten und Ausweisungen im Saargebiet ziehen: Mit Verboten fing es schon auf die Folgen der Politik Johannes Hoffmanns hin- einmal an, mit dem Krieg und der Katastrophe gewiesen hat. Ich kann mir heute noch Herrn Deutschlands hat es geendet. Wer seine Heimat Becker vorstellen, wie er damals laut lachte, als ich liebt, wer den Frieden will, wer für eine deutsche ihm nach einer Stadtratssitzung in Saarbrücken Lösung des Saarproblems, wer für die Einheit sagte: Erst sind es die Kommunisten, dann sind es unseres Vaterlandes ist, der muß gegen Adenauer die Demokraten und am Ende alle Menschen, die und gegen Hoffmann sein. nicht mit der Politik Johannes Hoffmanns einver- (Beifall bei der KPD. — Zuruf des standen sind. — Heute ist der Beweis erbracht, wo- Abg. Strauß.) hin der Kurs im Saargebiet geht. Wo waren damals die Proteste der Herren Adenauer, Blücher, Erhard, Da war ein Teil Ihrer Freunde noch braun, da als es galt der Saaropposition den Rücken zu hat man mich aus dem Saargebiet ausgewiesen. stärken? - (Sehr richtig! bei der KPD.) AbVizepräsident Dr. Schäfer: Das Wort hat der -ge dnete Dr. Hamacher. Da hat man es den Kommunisten überlassen und einigen fortschrittlichen Politikern in Westdeutsch- Dr. Hamacher (Z): Herr Präsident! Meine Damen land und den Politikern der Demokratischen Re- und Herren! Durch viele Reden kann eine Sache publik und den demokratischen Parteien in der von solcher Bedeutung auch zerredet werden. Demokratischen Republik. (Sehr richtig! in der Mitte.) (Zuruf von der KPD: Damals war der Herr Hoffmann noch sein guter Freund!) Ich habe so . den Eindruck, daß diese ganze Aus- sprache über die Saarfrage eine viel größere Wir- Herr Adenauer hat zu den Vorkommnissen im kung nicht nur in diesem Hause, sondern auch in Saargebiet eine Erklärung abgegeben. Er sagte, das der gesamten Presse und der breiten Öffentlichkeit Verbot der DPS an der Saar sei ein Zeichen außer- erweckt hätte, wenn von der Bundesregierung und ordentlicher Schwäche der Saarregierung: vom Bundestag eine gemeinsame Erklärung vor- Es ist immer ein Zeichen von Schwäche, wenn bereitet worden wäre. Ich bin nämlich nach wie vor eine Regierung zu Gewaltmitteln gegenüber der Überzeugung, daß wir bei dieser Saardebatte dem Volk greifen muß. Die Bevölkerung muß genau so wie bei der Saardebatte am 10. März sich gegen die undemokratischen Maßnahmen 1950, bei der der Herr Bundeskanzler zu Beginn empören. eine Erklärung abgegeben hatte, zu einer gemein- Gut gesprochen, Herr Bundeskanzler Adenauer! samen, einigenden Kundgebung hätten kommen Ich möchte dazu feststellen: Das, was Herr Bundes- können. Wenn, wie gesagt, eine solche Kund- kanzler hinsichtlich des Verbotes der DPS und des gebung vorbereitet worden wäre, dann wären wir Regimes Johannes Hoffmann gesagt hat, trifft in sicher in eine Stunde fertig gewesen, und der Ein- vollem Maße auch auf Westdeutschland zu. druck draußen wäre viel stärker geworden. Nun (Beifall bei der KPD.) ist aber das Thema weit und breit behandelt wor- Deshalb hat die Bevölkerung in Westdeutschland den. Deshalb kann ich mich dem Antrag direkt das durch das Grundgesetz verbriefte Recht, sich zuwenden, der Ihnen ja jetzt als Antrag meiner gegen die undemokratischen Maßnahmen, gegen das politischen Freunde vorgelegt wird, nämlich diese Verbot der Volksbefragung, gegen die Remilitari- Saarfrage in eine weitere Ebene und auf eine größere Plattform zu bringen. sierung mit allen Mitteln zur Wehr zu setzen- und für einen Friedensvertrag im Jahr 1951 ein Das Gespräch, das wir jetzt vier Stunden mitein- zutreten. ander geführt haben, war mehr oder weniger ein (Zuruf rechts: Was hat sie denn im Osten Gespräch zwischen Deutschland und Frankreich. für Rechte?) Wir haben doch immer wieder auch hier und dort durchgehört, daß die Saarfrage auf eine breitere Vizepräsident Dr. Schäfer: Herr Abgeordneter, Ebene gestellt werden müsse; daß sie ein völker- Ihre Redezeit ist abgelaufen. rechtlichesch Problem wird und daß sie ein Mens -he itsproblem ist, daß es dabei um das Selbstbestim- Niebergall (KPD): Ich komme gleich zum Schluß. mungsrecht der Völker geht. Um diese Frage — Wir Kommunisten und mit uns alle, die für den wieder stärker in den Vordergrund zu rücken, Frieden und die Einheit unseres Vaterlandes ein- haben meine politischen Freunde und ich den An- treten, wissen uns eins mit dem französischen Volk. trag gestellt, von seiten der Bundesregierung bzw. Die Abtrennung des Saargebietes, die antideutschen vom 'Bundestag aus an die Vereinten Nationen mit und antidemokratischen Maßnahmen liegen weder dem Wunsch heranzutreten, das Selbstbestim- im Interesse des französischen noch des deutschen mungsrecht der Saarbevölkerung wiederherzu- Volkes, sondern einzig und allein im Interesse der stellen. Das ist jetzt durch die Maßnahme des Kriegstreiber diesseits und jenseits des Rheins. Außenministers Schuman bzw. des Minister- (Zuruf von der Mitte: In der Ostzone!) präsidenten Hoffmann unterbunden. Wir protestieren in aller Schärfe gegen die Ab Gestatten Sie mir jedoch vorher noch eine Frage, trennung des Saargebietes. Wir werden diesen Zu die ich hier aufwerfen möchte. Man fragt sich stand nie anerkennen. Wir fordern die Zurück doch: wie kommt ausgerechnet Herr Außenminister nahme und Einstellung der Ausbürgerungen und Schuman jetzt während der Wahlen dazu, einen Ausweisungen. Wir fordern die Aufhebung des solchen Brief zu schreiben, den man mehr oder 5702 Deutscher Bundestag- — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Dr. Hamacher) weniger doch als einen Schuß gegen den Schuman die Begegnung der Nationalversammlung unter der plan ansehen könnte? Ist er nicht frei in seinen Führung von Graf Mirabeau mit dem Vertreter des Entscheidungen? Haben die maßgebenden Kräfte Königtums wiedergibt. Damals hat Graf Mirabeau des Auswärtigen Amtes auf ihn einen solch die Worte gesprochen: Wir werden nicht ausein- starken Einfluß ausgeübt, daß er sich veranlaßt andergehen, bis das Parlament dem französischen gesehen hat einen solchen Brief bekanntzugeben? Volke eine Verfassung gegeben hat! Möge auch Wir haben aus der Erklärung des Herrn Bundes- der Bundestag, wenn er sich diesen von uns ge- kanzlers vernommen, wie diese Erklärung auch auf stellten Antrag zu eigen macht, nicht eher ruhen, ihn und seine ganze Außenpolitik eingewirkt hat. als bis dem Saargebiet die volle Selbstbestim- Ich möchte noch einen weiteren Schritt zurück tun. mung wiedergegeben und die Saarfrage auf eine Die ganze Debatte hat sich mehr oder weniger um europäische Ebene getragen wird! den Stand der Saarfrage der letzten Jahre ent- (Beifall beim Zentrum und bei den wickelt. Regierungsparteien.) Aber ich glaube, ich müßte weiter zurückgehen Vizepräsident Dr. Schäfer: Meine Damen und und feststellen, daß diese Saarfrage auch in den Herren! Die Rednerliste ist erschöpft. Die Aus- vergangenen Jahrzehnten nach dem ersten Welt- sprache ist damit geschlossen. krieg eine sehr bedeutsame Rolle gespielt hat. Ich brauche nur daran zu erinnern, und jeder wird Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr wissen, worum es sich handelt. Ich gehe aber noch Abgeordnete Mellies. weiter zurück, meine Damen und Herren, und MellIes (SPD): Meine Damen und Herren! Bei der stelle fest, daß wir hier bei der Entwicklung der Bedeutung, die der Beschlußfassung des Hohen Saarfrage in den letzten drei, vier Jahrhunderten Hauses in dieser Frage zukommt, halten wir es für nach meiner Überzeugung nichts anderes sehen erforderlich, daß den Fraktionen. Gelegenheit ge- müssen und sehen können als die Fortsetzung der geben wird, zu den vorliegenden Anträgen noch französischen Kabinettspolitik gegen Deutschland, einmal Stellung zu nehmen. Ich beantrage deshalb die wir in den vergangenen Jahrhunderten immer namens meiner Fraktion, die Sitzung um eine halbe wieder haben erkennen können. Es ist notwendig, Stunde zu unterbrechen, und bitte das Hohe Haus, von dieser Kabinettspolitik zu einer anderen unserem Antrag zuzustimmen. Politik überzugehen. Wir müssen an Frankreich (Abg. Dr. v. Brentano: Ich unterstütze den herantreten, diesen Weg der Kabinettspolitik zu Antrag! — Abg. Euler: Wir stimmen zu!) verlassen und den Weg des Zusammengehens zwischen Deutschland und Frankreich vorzu- Vizepräsident Dr. Schäfer: Meine Damen und bereiten. Herren, ich glaube, es bedarf keiner langen Debatte Die Saarfrage ist jetzt zu einem Prüfstein für über diesen Antrag. Wenn von einer großen Frak- das Geschick Europas geworden, und deshalb treten tion des Hauses eine solche Unterbrechung ge- wir mit dem Antrag an die Regierung heran, auf wünscht wird, dann ist selbstverständlich diesem die Vereinten Nationen einzuwirken, eine Abstim- Wunsche Rechnung zu tragen. Ich darf daher die mung über die Saarfrage vorzubereiten. Der' Sitzung unterbrechen bis 20 Uhr. Bundestag möge sich selbst zum Sprecher des (Unterbrechung der Sitzung: 19 Uhr 20 Minuten.) Saargebiets machen, nachdem nun die Opposition im Saargebiet zum Schweigen verurteilt ist. Der Die Sitzung wird um 20 Uhr 12 Minuten durch Bundestag darf auf keinen Fall von diesem Rechte, den Präsidenten Dr. Ehlers wieder eröffnet. von dieser Forderung und von dieser Pflicht ab- gehen, bis schließlich der Gedanke der Abstimmung Präsident Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren, über die Saarfrage so in die Öffentlichkeit hinein- ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. getragen ist, daß das Saargebiet zu seinem vollen Damit Klarheit über die zur Abstimmung stehen- Recht kommt. den Anträge besteht, gebe ich bekannt. Es liegen Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten möchte- ich vor der Antrag der Fraktion der SPD Drucksache einige Worte zitieren, die Sie in der Wochenschrift Nr. 2114, der Antrag der Fraktion des Zentrums „Die Zeit" nachlesen können. In einem Aufsatz Drucksache Nr. 2283, der Antrag der Fraktionen von Prinz Löwenstein heißt es dort: der CDU/CSU, FDP, DP und BP — so bin ich un- terrichtet — auf Annahme einer Entschließung, die Hier geht es ja schließlich um mehr als um ein von Herrn Abgeordneten Dr. WUermeling bekannt- deutsches Problem und eine französische gegeben worden ist. Darf ich fragen, ob ge- Prestigefrage. Hier geht es darum, im euro- wünscht wird, zu diesen Anträgen oder zur Ab- päischen Hause das Recht auf Selbstbestim- stimmung noch Erklärungen abzugeben? — Herr mung wiederherzustellen. Es ist dasselbe un- Abgeordneter, Ollenhauer, bitte! teilbare Menschenrecht, das alle Nationen ' Europas gegenüber dem Ansturm des totali- (Abg. Dr. Schumacher: Wo ist der Kanzler?) tären Sowjetismus zu verteidigen haben. Von Ollenhauer (SPD): Herr Präsident! Meine Damen der deutschen, der französischen, ja der euro- und Herren! Ich möchte im Namen der sozialdemo- päischen Ebene aus muß die Saarfrage auf eine kratischen Fraktion folgende Erklärung zur Ab- internationale .Ebene übertragen werden, auf stimmung über die Entschließung der Regierungs- die Ebene der Vereinten Nationen. parteien abgeben. Deshalb stellen meine Freunde den Antrag, den Die sozialdemokratische Fraktion sieht sich aus sich der Bundestag zu eigen machen möge, damit folgenden Gründen außerstande, der vorgelegten diese Frage nun zu einem Gespräch des gesamten Entschließung der Regierungsparteien zuzustim- Bundestag werde. men. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich 1. Die Bundesregierung hat nicht zu erkennen habe in diesen Tagen in Paris eine Erinnerung auf- gegeben, daß sie gewillt ist, sich von ihrer bisheri- frischen können. Ich war dort in d er Deputierten- gen passiven Haltung in der Saarfrage abzuwen- kammer und habe mir das Relief angesehen, das den und sich in Zukunft entschieden und aktiv ge- Deutscher Bundestag -- 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5703 (Ollenhauer) gen die französische Politik der Herauslösung des fassung, daß das Anrufen der Hohen Kommission Saargebietes aus dem deutschen Staatsverband zu vollkommen falsch ist. Die Hohe Kommission ist wenden. unserer Auffassung nach nichts anderes als ein Ex- 2. Die Bundesregierung hat nicht erkennen las- ponent der Westmächte, die mittels der Saarkon- sen, durch welche politischen Maßnahmen über die ventionen den im Saargebiet bestehenden völker- gestrige Note an die Alliierte Hohe Kommission rechtswidrigen und die deutsche staatliche Hoheit hinaus sie die Lage im Saargebiet zu einem deutsch- beseitigenden Zustand geschaffen haben. Wir sehen französischen Freundschaftsverhältnis im Sinne der in der Saarfrage eine gesamtdéutsche Frage. Wir Gleichberechtigung zu wenden gedenkt. sind der Auffassung, daß die Volksabstimmung vom 3. Insbesondere hat die Bundesregierung nicht Jahre 1935, die mit dem Bekenntnis zu Deutsch- erklärt, welche Schritte sie angesichts der undemo- land geendet hat, einen Rechtszustand geschaffen kratischen Verhältnisse im Saargebiet im Europa- hat, der nach wie vor besteht. Wir sind nicht in der rat zu unternehmen gedenkt. Lage, die Bundesregierung als Rechtsnachfolgerin 4. Endlich hat die Bundesregierung unterlassen des Deutschen Reiches anzuerkennen. zu erklären, daß sie bis zur Herstellung demokra- (Lachen in der Mitte und rechts. — Zuruf tischer Zustände im Saargebiet alle weiteren vor- in der Mitte: Stalin!) bereitenden Maßnahmen hinsichtlich des Vertrages Hinzu kommt, daß wir der Bundesregierung auch über eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und nicht zutrauen, daß sie deutsche Interessen an der Stahl unterlassen werde, insbesondere auch alle Saar vertritt. Schritte zur Herbeiführung der Zustimmung der (Lachen und Zurufe: Aber Ihr!) deutschen gesetzgebenden Körperschaften zu die- Wir halten also die Bundesregierung nicht für zu- sem Vertrag. ständig, Die sozialdemokratische Fraktion wird sich aus (Abg. Strauß: Da lacht ja ein Pferd vor der den genannten Gründen bei der Abstimmung über Apotheke!) diese Entschließung der Stimme enthalten. diese Verhandlungen zur Klärung dieser deutschen Präsident Dr. Ehlers: Eine weitere Erklärung zur Frage durchzuführen. Abstimmung wünscht der Abgeordnete Dr. von (Zurufe in der Mitte und rechts.) Merkatz abzugeben. Wir sind der Auffassung, daß die Bundesregierung Dr. von Merkatz (DP): Herr Präsident! Meine Da- bestenfalls gemeinsam mit der Regierung der DDR men und Herren! Es liegt der Antrag der Zentrums- diese gesamtdeutsche Frage aufgreifen sollte. partei auf Drucksache Nr. 2283 vor. Dieser Antrag (Abg. Strauß: Das Grammophon Grotewohls!) hat den Zweck, das Recht der Saarbevölkerung auf Wir sind der Meinung, daß der von der Regierung Selbstbestimmung effektiv zu machen. Dieser Ten- der DDR vorgeschlagene Konstituierende Rat, des- denz des Antrags darf ich in jeder Hinsicht zustim- sen Aufgabe ja die Vorbereitung einer gesamtdeut- men. Andererseits bedarf aber diese Frage — die schen Regierung sein soll, Redaktion des Antrags ist offenbar durch den Ar- (Abg. Strauß: Hau doch ab mit dem Unsinh!) tikel des Prinzen Löwenstein in der „Zeit" inspi- riert — doch noch einer gewissen Überprüfung. Ich die Körperschaft sein sollte und ist, der auch die möchte daher beantragen, diesen Antrag dem Aus- Klärung des deutschen Standpunktes bezüglich der wärtigen Ausschuß zur Prüfung vorzulegen und Saar anvertraut werden sollte, einen Bericht dieses Ausschusses einzufordern. (Abg. Strauß: Die sollen sich um die Oder Der Antrag enthält einige Unrichtigkeiten. Zum Neiße-Grenze kümmern; mit der Saar wer Beispiel wird erklärt, daß die Vereinten Nationen den wir allein fertig! — weitere Zurufe und als Rechtsnachfolger des Völkerbundes zu betrach- anhaltende Unruhe) ten sind. Diese Feststellung ist unrichtig. Zweitens und zwar im Sinne der Wiederherstellung eines für wird hier auf eine Abstimmung vom 6. Dezember uns ganz selbstverständlichen Zustandes, nämlich 1934 Bezug genommen, die seinerzeit vom- Völker- der Wiederherstellung der uneingeschränkten deut- bund zugesagt und von Frankreich zugestanden schen staatlichen Hoheit an der Saar. worden sei. Diese Frage bedarf eingehender Prü (Abg. Dr. Wuermeling: An der Grenze von fung; denn für mich kann kein Zweifel daran be- 1937! — Weitere Zurufe.) stehen, daß das Abstimmungsergebnis von 1935 Wir sind darüber hinaus der Meinung, — — seine Gültigkeit hat und die Grundlage unserer (Anhaltende Zurufe. — Große Unruhe.) Auffassung darstellt. Das Saargebiet ist ein Be- standteil des Deutschen Reiches, und wenn eine Ab- — Herr Präsident, darf ich nicht um etwas Ruhe stimmung in Erwägung gezogen werden kann, so bitten? könnte sie doch nur im Hinblick auf eine Änderung (Große Heiterkeit und erneute Zurufe. — des Ergebnisses von 1935 in. Erwägung gezogen wer- Glocke des Präsidenten.) den. Alle diese Fragen bedürfen einer sehr ein- Präsident Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren! gehenden Prüfung, und ich halte es deshalb für (Fortgesetzte Zurufe.) richtig, den Antrag dem Auswärtigen Ausschuß zu überweisen. -- Meine Damen und Herren, wir haben doch die Erfahrung gemacht, daß es am schnellsten geht, (Sehr richtig! bei der DP und in der Mitte.) wenn weniger Zurufe gemacht werden. Präsident Dr. Ehlers: Eine weitere Erklärung zur (KPD): Herr Strauß, — — Abstimmung wünscht der Abgeordnete Renner ab- Renner zugeben. (Erneute Zurufe. — Abg. Strauß: Nehmen Sie (Abg. Strauß: Muß das sein?) meinen Namen nicht in Ihren Mund, Herr Renner; sonst sage ich Ihnen etwas anderes!) Renner (KPD): Herr Präsident! Meine Damen Herren! Zu den beiden hier vorliegenden Ent- — Brüllen, Herr Strauß', können auch Rinder! schließungsentwürfen habe ich im Namen meiner (Abg. Strauß: Das haben heute nachmittag Fraktion folgendes zu erklären. Wir sind der Auf- die Oberrindviecher bewiesen!) 5704 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 (Renner) Wir sind der Auffassung, daß die Durchführung Aus diesen Gründen sind wir auch durchaus bereit, einer Volksabstimmung an der Saar vollkommen uns der Regierungserklärung des Herrn Bundes- überflüssig ist. Das Bekenntnis der deutschen Be- kanzlers und der Erklärung, die von den Regie- völkerung an der Saar zu Deutschland ist so klar rungsparteien abgegeben worden ist, anzuschließen. und eindeutig, daß es keiner Unterstreichung durch (Beifall beim Zentrum, in der Mitte eine neue Volksabstimmung bedarf. Weiter sind und rechts.) wir — das sage ich abschließend — der Auffassung, daß, falls überhaupt irgendeine außerdeutsche In- Präsident Dr. Ehlers: Als letzter hat das Wort zur stanz in Frage kommen sollte, um diese unserer Abstimmung Herr Abgeordneter von Thadden. Meinung nach geklärte deutsche Frage abzu- (Zurufe.) schließen, von Thadden (DRP): Ich freue mich natürlich, (Abg. Dr. Wuermeling: Moskau?!) daß wir uns immer miteinander freuen, wenn wir dann höchstens ein Appell an den Außenminister- uns hier sehen. rat in Betracht kommt. Aber auch dieser Appell (Heiterkeit.) kann nicht Sache der Adenauer-Regierung allein sein, sondern muß Sache einer deutschen, einer Meine Damen und Herren! Ich möchte hier fol- gesamtdeutschen, also einer Regierung sein, die gendes erklären. Mit Bedenken stimmen wir der im Namen des gesamten deutschen Volkes zu han- Regierungserklärung zu. deln berufen ist. Die Adenauer-Regierung ist das (Zurufe in der Mitte: Oho!) nicht. Der Antrag der CDU ist, so wie das meiste, was uns (Gelächter und Zurufe in der Mitte und von dieser Partei bisher geliefert wurde, nämlich rechts.) weich. Der Antrag der SPD wird in Punkt 2 Unter diesen Umständen, die ich zum Ausdruck meines Erachtens konkretisiert durch den Antrag gebracht habe, sind wir nicht in der Lage, den des Zentrums, der von allen hier eingebrachten beiden Entschließungen zuzustimmen. Anträgen unseres Erachtens der beste ist. (Ironische Bravo-Rufe in der Mitte.) (Wiederholte Zurufe in der Mitte.) Aber Ihr Gegröle ändert ja nichts an dem Tatbestand, Die Bedenken, die Herr von Merkatz vorgetra- daß Sie selber gegen die verfassungswidrigen gen hat, mögen richtig sein. Auch wir sind der Auf- Zustände. an der Saar gar nichts. Ernstliches zu tun fassung, daß die Volksabstimmung von 1935 ein gedenken, Definitivum ist. Wenn aber seinerzeit die Fran- (stürmische Zurufe in der Mitte und rechts) zosen die Möglichkeit gewollt haben, diese Abstim- mung noch einmal zu wiederholen, weil sich die und es steht Ihnen schlecht an, von Demokratie zu Dinge vielleicht einmal wandeln könnten, dann reden, die Sie hier in unserem eigenen Land , die sollten wir dankbar diese Möglichkeit, die der Demokratie dauernd mit Füßen treten. Völkerbund damals geschaffen hat , für unsere (Anhaltende stürmische Zurufe.) Zwecke ausnutzen. Sie sind faule Vertreter der Demokratie! (Zuruf links: Geschichte mangelhaft!) (Glocke des Präsidenten. — Abg. Strauß: Präsident Dr. Ehlers: Das sind schon sechs Sätze, Exilregierung in Tibet! -- Weitere Zurufe.) Herr von Thadden! — Herr Strauß, müssen Sie denn immer beweisen, daß Sie einer der ungebildeten Urbayern sind? von Thadden (DRP): Der Herr Präsident macht (Abg. Strauß: Hau ab! — Glocke des mich darauf aufmerksam, daß es bereits sechs Sätze Präsidenten.) sind. — Meine Damen und Herren, wir werden dem Zen- Präsident Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren, trumsantrag zustimmen. Unsere Meinung zur ich habe den Eindruck, als ob diese Diskussion das Regierungserklärung habe ich Ihnen gesagt. Bestreben hat, sich auszuweiten. Ich wäre dankbar, wenn wir uns auf Erklärungen zur Abstimmung- Präsident Dr. Ehlers: Weitere Wortmeldungen beschränken könnten. liegen nicht vor. Ich darf dann also, auch formell Frau Abgeordnete Wessel wünscht das zu tun. die Besprechung schließen. (Heiterkeit.) Ich bitte die Damen und Herren, die der Ent- schließung zur Erklärung der Bundesregierung zu- Frau Wessel (Z): Meine Herren und Damen! Die zustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich Zentrumsfraktion ist damit einverstanden, daß ihr bitte um die Gegenprobe. — Antrag dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen (Zuruf rechts: Aha!) wird. Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der Vertre- (Bravo! in der Mitte.) ter der kommunistischen Fraktion bei zahlreichen Uns kam es nur darauf an, mit unserem Antrag Enthaltungen angenommen. auch -der Regierung die Möglichkeit zu geben, die Der Antrag der Fraktion der SPD Drucksache Frage der Volksabstimmung erneut in den Aus Nr. 2114! Ich bitte die Damen und Herren, die die- einandersetzungen um das Saargebiet aufzuwerfen. sem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu (Sehr gut! in der Mitte.) erheben. — Wir werden uns bemühen gerade bei den Beratun- (Zuruf in der Mitte: Ist doch erledigt!) gen im Auswärtigen Ausschuß in unserer positiven — Die Fraktion der SPD ist der Auffassung, daß Haltung zur Saarfrage ,weiter mitzuarbeiten. der Antrag nicht erledigt ist. Ich habe über den (Erneute Bravorufe in der Mitte.) Antrag abstimmen zu lassen. Ich bitte um die Ge- Aus den Ausführungen des Herrn von Merkatz genprobe. — haben wir entnommen, da ß man dem Antrag des (Erneute Zurufe.) Zentrums mit dem Ernst und der positiven Haltung — Meine Damen und Herren, zur Klärung: Ich ver gegenübersteht, die dieser Antrag wohl verdient. trete den Standpunkt, daß auch dann, wenn ein

Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1051 5705 (Präsident Dr. Ehlers) Antrag nach der Auffassung eines Teils des Hau- zur Aufhebung der Beschränkungen für die deut ses sachlich erledigt ist und gegenstandslos sein sehen Staatsangehörigen ergehen. mag, eine Abstimmung nicht ohne weiteres Über- Der Rechtsausschuß war nicht in der Lage, im flüssig zu sein braucht. einzelnen nachzuprüfen, ob der Katalog der fn der (Abg. Strauß: Darf ich um Verlesung bitten!) Regierungsvorlage enthaltenen Gesetze vollständig — Der Antrag der Fraktion der SPD — Drucksache ist. Insoweit muß er sich auf die Vorarbeiten des Nr. 2114 — liegt Ihnen allen vor! Bundesjustizministeriums verlassen, das auch die (Zuruf: Ach so, der alte!) aus der Drucksache ersichtliche Einfügung der Ver- — Der alte Antrag der Fraktion der SPD! Also ich ordnung vom 13. Juli 1943 angeregt hat. Der darf, nachdem die Unklarheit beseitigt ist, noch Rechtsausschuß hat das von der Bundesregierung einmal abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und vorgeschlagene Datum, auf das die Aufhebung der Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu Kriegsvorschriften zurückbezogen wird, nämlich erhaben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ent- das Datum des 8. Mai 1945, in seiner Berechtigung haltungen? — Bei wenigen Enthaltungen abge- geprüft und schließlich gutgeheißen. Nach unserer lehnt. Auffassung ist der sogenannte Wirtschaftskrieg, der mit Hilfe dieser diskriminierenden Vorschrif- Weiterhin ist beantragt worden, den Antrag der ten geführt wird, mit der Kriegführung selbst, den Fraktion des Zentrums — Drucksache Nr. 2283 — sogenannten Feindseligkeiten, den Kriegshandlun- dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und aus- gen aufs engste verbunden, und es schien richtig, wärtige Angelegenheiten zu überweisen. Ich bitte die Maßnahmen des Wirtschaftskrieges mit der die Damen und Herren, die dieser Oberweisung Einstellung der Feindseligkeiten aufzuheben. zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die ganz überwiegende Mehrheit; die Wie aus der Begründung der Regierungsvorlage Überweisung ist erfolgt. hervorgeht, hat die Regierung nur einem Verlan- gen der drei westlichen Besatzungsmächte ent- Damit ist der Punkt 1 der Tagesordnung erle- sprochen, als sie dem Entwurf folgende Präambel digt. Ich bin gebeten worden, Ihnen vorzuschlagen, voranstellte: Punkt 7 der Tagesordnung, zweite und dritte Be- ratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Um der Beendigung des Kriegszustandes zwi- schen Deutschland und den alliierten Staaten Aufhebung von Kriegsvorschriften — Drucksachen im innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Nrn. 2093 und 2236 (neu) — jetzt aufzurufen, da es Ausdruck zu geben, hat der Bundestag das aus internationalen Gründen zweckmäßig erscheint, folgende Gesetz beschlossen: dieses Gesetz möglichst bald zu beschließen. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. Gegen diese Fassung der Präambel waren schon im Bevor ich Punkt 7 der Tagesordnung aufrufe, Bundesrat von dem Herrn Ministerpräsidenten möchte ich darauf hinweisen, daß die Wahlmänner Zinn erhebliche Bedenken angemeldet worden, weil für das Bundesverfassungsgericht gebeten werden, sie der Auslegung Raum geben könnte, als ob der sich morgen, Donnerstag, um 10 Uhr, im Ruhe- völkerrechtliche Kriegszustand zwischen Deutsch- raum neben dem Plenarsaal zu einer Besprechung land und den Alliierten schon zu Ende sei, "was einzufinden. mangels eines Friedensvertrages und mangels der Wiederaufnahme, normaler diplomatischer Bezie- Nunmehr rufe ich auf Punkt 7 der Tagesordnung: hungen nur dann der Fall sein könnte, wenn das Zweite und dritte Beratung des Entwurfs ei- Deutsche Reich im Jahre 1945 untergegangen wäre nes Gesetzes betreffend die Aufhebung von Diese Bedenken erschienen dem Rechtsausschuß Kriegsvorschriften (Nr. 2093 der Drucksachen); äußerst schwerwiegend. Er schlug deshalb in der Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechts- Drucksache Nr. 2236 alter Ausgabe eine Fassung wesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) vor, die zu einer solchen Auslegung keine Hand- Nr. 2236 [neu] der Drucksachen). habe geboten hätte. Da unser Land das größte In- (Erste Beratung: 133. Sitzung.) teresse daran hat, eines Tages als Partner für den Der Ältestenrat hat einen besonderen Vorschlag- Friedensvertrag über alle deutschen Probleme an- über die Aussprachezeit nicht gemacht. Ich darf an- erkannt zu werden, hätte der Bundestag nie sein Ein- nehmen, daß auf eine Aussprache verzichtet wer- verständnis mit einer Präambel erklären können, den kann. — Das ist offenbar der Fall. durch die der Anschein erweckt worden wäre, als ob der Kriegszustand durch den Untergang des Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Wahl, Deutschen Reiches aufgehört habe und die deutsche Ich darf ihn bitten, das Wort zu nehmen.. Bundesrepublik einer der Nachfolgestaaten sei, der Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter: Herr Präsi- das Aufhören des Deutschen Reiches als These hin- dent! Meine Damen und Herren! Die Vorlage der genommen hätte. Drucksache Nr. 2236 (neu), über die ich die Ehre Mittlerweile haben die Alliierten den Rechtsaus- habe dem Hohen Hause namens des Rechtsaus- schuß wissen lassen, daß sie angesichts der entstn- schusses zu berichten, betrifft ein Gesetz, durch das denen Differenzen über die Wortfassung der Prä- nunmehr auch durch die deutschen Gesetzgebungs- ambel den ursprünglichen Vorschlag der Bundes- instanzen die diskriminierende Behandlung der krieg regierung, das Gesetz ohne Präambel zu erlassen, führenden Staaten und ihrer Staatsangehörigen anzunehmen bereit sind. Zumal von der Verab- aufgehoben wird. Natürlich hatten die Besatzungs- schiedung des Gesetzes die Aufhebung der Be- mächte alsbald nach der Besetzung die Maßnah- schränkungen der Deutschen in den kriegführenden men außer Kraft gesetzt, die von deutscher Seite Staaten abhängt und deshalb Eile geboten ist — während des Krieges gegen die Alliierten und ihre man denke bloß an die bisherige Ausschließung der Verbündeten ergriffen worden waren. Aber es ist Deutschen von der Anrufung der amerikanischen wichtig, daß nun auch die deutsche Gesetzgebung Gerichte —, glaubte der Rechtsausschuß auf der formell • die Kriegsgesetze außer Kraft setzt, weil von ihm neugefaßten Präambel nicht bestehen zu nach dem Stand der Verhandlungen zwischen der sollen und schlägt Ihnen das Gesetz nunmehr ohne Bundesregierung und den Alliierten ein solcher Präambel zur Annahme vor, nachdem der deutsche Gesetzgebungsakt die Voraussetzung dafür bildet, Rechtsstandpunkt in meinem Referat nochmals daß entsprechende Gesetze in den alliierten Staaten klargestellt worden ist. 5706 Deutscher Bundestag — 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951

Vizepräsident Dr. Schmid: Ich danke dem Herrn Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: Berichterstatter. Ich rufe auf § 1, — § 2, — § 3, — Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes § 4, — § 5, — § 6. Wer für diese Bestimmungen über die Verteilung des im Geschäftsjahr 1950 ist, den bitte -ich, die Hand zu erheben. — Gegen- erzielten Reingewinns der Bank deutscher Län- probe! — Angenommen. der (Nr. 2244 der Drucksachen). Einleitung und Überschrift. Wer dafür ist, den Hier mag es eine Schwierigkeit geben, weil an bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — diesen Tagesordnungspunkt 5 nachträglich der Angenommen. Mündliche Bericht des Ausschusses für Geld und Ich habe noch über die Anlage abstimmen zu Kredit betreffend Einsparung von 150 Millionen lassen. Wer für die Annahme der Anlage mit der Zinsen — Drucksache Nr. 2101 — angehängt wor- vom Ausschuß vorgeschlagenen Einfügung ist, den den ist, dessen Behandlung, wie man mir sagte, bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — erst für morgen vorgesehen gewesen ist. Angenommen. Das Wort hat der Abgeordnete Scharnberg. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Ich rufe zur Scharnberg (CDU), Berichterstatter: In der An- dritten Beratung nahme, daß der von der Regierung vorgelegte Ge- auf. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das setzentwurf dem Ausschuß für Geld und Kredit Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allge- überwiesen wird, verzichte ich auf die Bericht- meine Aussprache. Ich rufe zur Einzelberatung auf: erstattung über den Antrag der Abgeordneten Dr. §§ 1 bis 6, Einleitung, Überschrift und Anlage. Wer Dr. Nöll von der Nahmer und Genossen, dessen dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Behandlung für die morgige Tagesordnung vorge- Gegenprobe! — Angenommen. sehen war und nun `auf die heutige Sitzung ver- Gesamtabstimmung: Wer für die Annahme des legt worden ist, damit wir den Gesetzentwurf der Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu Regierung heute in erster Lesung verabschieden erheben. — Gegenprobe! — Angenommen. können. Meine Damen und Herren, nun habe ich bekannt- zugeben, daß auf Grund interfraktioneller Verein- - Vizepräsident Dr. Schmid: Dann eröffne ich die barung die Punkte 2 und 3 von der Tagesordnung allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldung. Ich abgesetzt werden sollen. schieße die Aussprache. Die Vorlage ist wohl an den Ausschuß für Geld. und Kredit zu überweisen. (Abg. Schröter: Ich bitte ums Wort zur — Das' Haus ist damit einverstanden. Es- ist so be- Geschäftsordnung!) schlossen. Das Wort hat der Abgeordnete Schröter. Also der Mündliche Bericht auf Drucksache Nr. 2101 ist zurückgezogen, Herr Kollege Scharnberg? Schröter (CDU): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war vorgesehen, daß morgen die (Abg. Scharnberg: Jawohl!) Sitzung um 14 Uhr beginnt. Die Fraktion der CDU/ — Dann ist das erledigt. CSU bittet Sie, die Plenarsitzung morgen bereits Ich rufe Ziffer 6 der Tagesordnung auf: auf 13 Uhr anzusetzen. Einige unserer Freunde Erste Beratung des von den Fraktionen der müssen nach Berlin; sie müssen an der Sitzung CDU/CSU, FDP, DP und Z eingebrachten Ent- teilnehmen. Infolgedessen bitten wir Sie, zu be- wurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Fach- schließen, daß morgen die Sitzung schon um 13 Uhr arztordnung für die deutschen Ärzte an die beginnt. Fortschritte der medizinischen Wissenschaft und Praxis Vizepräsident Dr. Schmid: Kein Widerspruch? — (Nr. 2255 der Drucksachen). Dann wird der Präsident die Sitzung auf 13 Uhr Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine einberufen. Wortmeldung. Ich schließe die allgemeine Aus Ich muß noch fragen, ob das Haus mit der Ab- sprache. Die Überweisung erfolgt an den Ausschuß setzung der Tagesordnungspunkte 2 und 3 einver- für Fragen des Gesundheitswesens. — Das Haus standen ist. — Ich höre keinen Widerspruch.- ist einverstanden. Ich schlage Ihnen vor, daß wir heute abend nur (Zuruf der Abg. Frau Dr. Brökelschen.) diejenigen Tagesordnungspunkte behandeln, bei — Ich hatte die Frage an das Haus gestellt. Das denen auf eine Aussprache verzichtet wird. Ich Haus hat auf eine Aussprache verzichtet. glaube kaum, daß es dem Ernst der Sache dienlich Punkt '8 der Tagesordnung: wäre, wenn wir hier noch Aussprachen versuchen Antrag des Bundesministers der Finanzen vom wollten. , 4. Mai 1951 auf Zustimmung des Bundestages (Zustimmung.) zur Veräußerung eines bundeseigenen Grund Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: stücks gemäß § 47 Absatz 3 der Reichshaus- Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten haltsordnung (Nr. 2246 der Drucksachen). Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Die allgemeine Aussprache ist eröffnet. — Keine Kreditanstalt für Wiederaufbau (Nr. 2233 der Wortmeldung. Ich schließe die Aussprache. Der An Drucksachen). trag ist wohl an den Haushaltsausschuß zu über Der Ältestenrat war der Meinung, daß es hier weisen. Ist das Haus damit einverstanden? nicht zur Aussprache kommen werde. Wird es et- (Zustimmung.) wa doch zur Aussprache kommen? — Dann ist so beschlossen. (Zurufe: Nein!) Ich rufe Punkt 9 auf: — Nein! Dann eröffne ich die allgemeine Aus- Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- sprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Die schusses für Heimatvertriebene (22. Ausschuß) Vorlage muß wohl an den Ausschuß für Geld und über den Antrag der Fraktion der KPD betref- Kredit überwiesen werden. Ist das Haus damit ein- fend Wahrung der Interessen der aus dem verstanden? — Kein zusätzlicher Antrag? — Dann westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen ist so beschlossen. (Nrn. 2227, 1826 der Drucksachen). Deutscher Bundestag -- 144. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1951 5707 (Vizepräsident Dr. Schmid) Hierzu hat der Ältestenrat eine Aussprachezeit — Diese Ziffer 1 betrifft den Antrag auf Einset- von 40 Minuten vorgesehen. Will das Haus nicht zung einer Sachverständigenkommission zur Vor- auf eine Aussprache verzichten? bereitung der Neugliederung des Bundesgebiets. (Zustimmung in der Mitte.) Das Haus wird damit einverstanden sein. -- Dann nehmen wir die Ziffer 1 heraus, und es bleiben — Herr Müller, verzichten Sie? nur die Ziffern 2 und 3 und Ziffer 4 gemäß Umdruck (Abg. Müller [Frankfurt] : Nein!) zu Nr. 184. Wer für die Überweisung der Anträge — Sie wollen nicht verzichten. Dann schlage ich an die in dem Umdruck Nr. 184 und zu Nr. 184 an- vor, die Sache heute nicht zu behandeln, sondern gegebenen Ausschüsse ist, den bitte ich, die Hand zu die Behandlung auf die Tagesordnung der morgi- erheben. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen. gen Sitzung zu setzen. Nunmehr rufe ich Punkt 12 der Tagesordnung (Zustimmung.) auf: — Das Haus ist damit einverstanden. Beratung der Übersicht Nr. 28 über Anträge Zu Punkt 10 der Tagesordnung betreffend ein- von Ausschüssen des Deutschen Bundestages heitliche Regelung der Niederlassung und über die über Petitionen (Umdruck Nr. 165). Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Kran- kenkassen ist, wie ich höre, der Herr Präsident um Ich eröffne die Aussprache. — Wortmeldungen Absetzung gebeten worden. Das Haus ist damit liegen nicht vor. Wer für die Annahme des Aus- einverstanden? schußvorschlages ist, den bitte ich, die Hand zu er- (Zustimmung.) heben. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen. — Es ist so beschlossen. Damit, meine Damen und Herren, ist die Behand- Dann kommen wir zu Punkt 11: lung der Tagesordnungspunkte abgeschlossen. Beratung des interfraktionellen Antrags be Ich berufe die nächste, die 145. Sitzung auf mor- treffend Überweisung von Anträgen an die gen, Donnerstag, den 31. Mai 1951, 13 Uhr, ein und Ausschüsse (Umdruck Nr. 184 und zu Nr. 184). schließe die heutige, die 144. Sitzung des Deut- (Abg. Dr. Krone: Herr Präsident! Ich bitte, schen Bundestags. von dem Sammelantrag Umdruck Nr. 184 die Ziffer 1 betreffend Nr. 2222 der Druck (Schluß der Sitzung: 20 Uhr 45 Minuten.) sachen ausnehmen zu wollen!)

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