Liechtenstein Und Vorarlberg)
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Amann, G. (2019): Bemerkenswerte Blütenpflanzen und Moose auf Dolomit- Standorten im Saminatal / Rätikon (Liechtenstein und Vorarlberg). inatura – Forschung online, 67: 23 S. Bemerkenswerte Blütenpflanzen und Moose auf Nr. 67 - 2019 Dolomit-Standorten im Saminatal / Rätikon (Liechtenstein und Vorarlberg) Georg Amann1 1 Mag. Georg Amann Waldrain 9, A-6824 Schlins E-Mail: [email protected] Abstract The Samina valley in the western Rätikon mountains is situated close to the geographical boundary between the Western and Eastern Alps (Rhine Valley). It is dominated by dolomite. Three vascular plants (Burnt Candytuft Aethionema saxatile, Fairy Foxglove Erinus alpinus, Orange Saxifrage Saxifraga mutata) and three mosses (Grimmia teretinervis, Hymenostylium xero- philum, Seligeria irrigata), typical for very special habitats on dolomite rock or scree in the study area, are discussed. They are also biogeographically interesting because of their marginal and isolated occurrence regarding their worldwide distribution. Key words: Alps, Samina valley, Rätikon mountains, Vorarlberg, Liechtenstein, dolomite rock, vegetation, Aethionema saxatile, Erinus alpinus, Saxifraga mutata, Grimmia teretinervis, Hymenostylium xerophilum, Seligeria irrigata Zusammenfassung Grenzraum Liechtenstein – Vorarlberg diesen Naturraum besonders zu schüt- eine Landschaft von wilder Schönheit zen (z. B. Empfehlung in den Biotopin- Das Saminatal im westlichen Räti- und mit weitgehend natürlichem Cha- ventaren). Das Wissen um die Bedeu- kon liegt an der Grenze zwischen rakter (Abb. 1). Ab den 1970er-Jahren tung als Gebiet mit großer Naturnähe West- und Ostalpen (Rheintal), das (Liechtenstein) bzw. 1980er-Jahren und besonderen Naturwerten, von sel- beherrschende Gestein ist Dolomit. (Vorarlberg) gibt es Bestrebungen, tener Unberührtheit sowie Abgeschie- Drei Gefäßpflanzenarten (Steintäschel Aethionema saxatile, Alpenbalsam Erinus alpinus, Kies-Steinbrech Saxi- fraga mutata) und drei Moosarten (Rundrippen-Kissenmoos Grimmia te- retinervis, Zwerg-Deckelsäulchenmoos Hymeno stylium xerophilum, Überriesel- tes Zwerg moos Seligeria irrigata), die im Untersuchungsgebiet jeweils ganz spezielle Habitate auf Dolomitfels oder -schutt besiedeln und hinsicht- lich ihrer biogeografischen Lage an der Arealgrenze oder aufgrund ihres isolierten Vorkommens bemerkens- wert sind, werden behandelt. 1 Einleitung Im Saminatal, dem westlichsten Sei- Abb. 1: Wildnisgebiet im Liechtensteinischen Teil des Saminatals, Blick von der Plank- tental des Rätikon, befindet sich im nerrüfe talaufwärts, 27. Mai 2017 Eingereicht: 06.08.2019; Publiziert: 16.09.2019 1 ausstrahlt (vgl. schon GAMS 1961). Pro- minentestes Beispiel eines westalpi- * Feldkirch nen (westpräalpinen) Florenelements im Untersuchungsgebiet ist aber wohl die Spirke (Aufrechte Bergföhre Pinus Sam. Walgau uncinata), die eine herausragende Be- Rheintal Gal. deutung im Waldbild des westlichen Rätikon hat, wo sie auf Dolomit ausge- Vaduz * dehnte Bestände aufbaut und wo zum Teil Natura-2000-Gebiete eingerichtet Sam. Gam. Bra. wurden. Im Eiszeitalter war das Untersuchungs- gebiet mehrfach vergletschert und wurde dann Teil des großen Eisschil- Rätikon des der Alpen. Während des Maxi- mums des Gletscherhochstandes der Rheintal Würm-Eiszeit vor etwa 24.000 Jahren (Kalenderjahre) sollen die mächtigen Haupttalgletscher (Rheingletscher Abb. 2: Das Wildnisgebiet im Saminatal liegt im westlichen Rätikon, nahe am Alpen- und Illgletscher) im Umfeld des Unter- rheintal, der biogeografisch bedeutenden Grenzlinie zwischen Ost- und Westalpen. suchungsgebietes (bei Feldkirch bzw. Sam. = Saminatal, Gal. = Galinatal, Gam. = Gamperdonatal, Bra.= Brandnertal bei Latz am Ausgang des Galinatales) Messbalken = 10 km. Kartengrundlage: © VoGIS in eine Meereshöhe um etwa 1700 m gereicht haben (DE GRAAF et al. 2007). denheit führte dann in Teilgebieten nere zu, also nicht am unmittelbaren Auch für das Saminatal selbst wird zur Ausweisung von Schutzgebieten Alpenrand gelegen, erhält das Gebiet knapp oberhalb des Untersuchungs- (Naturwaldreservate, Natura-2000-Ge- mäßig hohe Jahresniederschläge zwi- gebietes (vorderes Malbuner Tal) eine biet). Darauf aufbauend wurde vorge- schen etwa 1400 bis 1600 mm (vgl. Eishöhe von 1700 m Meereshöhe an- lagen, für das Wildnisgebiet Samina- Niederschlagskarte in AUER 2001). Im genommen, lediglich steile hoch ge- tal- und Galinatal eine Anerkennung gemäßigten mitteleuropäischen Klima legene Felsschrofen und die höchsten als Naturraum der »Kategorie Ib Wild- mit leicht ozeanischer Tönung reichen Berggipfel dürften eisfrei geblieben nisgebiete« durch die Internationale Bergmischwälder bis etwa 1200 m sein (HANTKE 1980/1992: Teil 2, S. 118- Naturschutzunion IUCN anzustreben Meereshöhe (Buchen- und Fichten- 119, inkl. Karte 2.1 mit Erläuterungen). (BROGGI 2018). Unabhängig davon soll Tannen-Buchenwald, Vor kommen von Das dürfte nur wenigen kälteange- eine populärwissenschaftliche Na- Eibe), darüber folgen Gebirgsnadel- passten Pflanzen ein Überdauern er- turmonografie das Wildnisgebiet der wälder (Fichten-Tannen wald, Fichten- möglicht haben. Bedeutendere und Öffentlichkeit vorstellen (BZG & LGU, wald, lokal Lärche), wobei die Wald- größere glaziale Refugialgebiete für in Vorbereitung). Dafür wurden auch grenze reliefabhängig meist bei Alpenpflanzen werden hingegen aktuelle vegetationskundliche Gelän- 1500 m bis 1800 m liegt. Auf sehr kar- jenseits des Rheins in der Schweiz destudien durchgeführt, wobei ein Teil gen Böden wachsen drei verschiedene angenommen, jeweils Gebiete mit der Ergebnisse hier vorgestellt wird. Föhrenarten (Waldföhre, Spirke, Lat- kalkreichem Gestein und während des sche). Ober der aktuellen Waldgrenze Eishochstandes innerhalb des Eisschil- reicht Latschen-Krummholz lokal noch des gelegen (Südlagen über dem Ni- 2 Das Untersuchungsgebiet bis etwa 2000 m. veau der Talgletscher). Es handelt sich Die Lage in den mittleren nördlichen dabei um zwei nordalpine randliche Das Untersuchungsgebiet liegt am Alpen lässt gleichermaßen ostalpine Refugien in der Zentralschweiz (z. B. äußersten Westrand der Ostalpen, im wie westalpine Florenelemente erwar- Annahme eines Refugiums für Erinus Gebirgsmassiv des Rätikon (Abb. 2). ten. So erreicht der im Untersuchungs- alpinus) und in der Ostschweiz (HANTKE Die höchsten Berggipfel überragen gebiet rare westalpine Alpenbalsam et al. 2000, SCHÖNSWETTER et al. 2005). hier knapp 2000 m Meereshöhe (Drei (Erinus alpinus) im Rätikon seine Ost- Das beherrschende Gestein des Un- Schwestern 2053 m, Garsellakopf grenze, während der hier häufige tersuchungsgebietes ist Dolomit. Es 2105 m, Hohe Köpfe 2066 m, Galina- Felsen-Baldrian (Valeriana saxatilis) in ist der aus der Mittleren Trias (Oberes kopf 2158 m). Durch die Lage auf der seiner Verbreitung nur unwesentlich Karnium - Norium) stammende Haupt- Alpennordseite gegen das Alpenin- über das Rheintal in die Westalpen dolomit, der in den Nördlichen Kalkal- inatura – Forschung online 67 (2019) 2 pen östlich des Rheins (Oberostalpine Decken) eine bedeutende, auch land- schaftsprägende, lithostratigrafische Einheit darstellt, westlich des Rheins (Helvetische Decken) hingegen fehlt. Dolomit unterscheidet sich von Kalk- stein nicht nur durch den Chemismus (Kalzium-Magnesium-Karbonat versus Kalzium-Karbonat). Auch durch den Verwitterungscharakter beeinflusst Dolomit, gerade der Hauptdolomit mit seinen oft über 1000 m mäch- tigen Gesteinsschichten, den Land- schaftscharakter. Das dickbankige harte Karbonatgestein verwittert oft zu felsigen Steilhängen, Wänden und Schrofen, bizarren, türmchenreichen Abb. 3: Die Grenzen des Untersuchungsgebietes decken sich weitgehend mit dem Gipfeln und Graten mit ausgedehn- Vorkommen von Hauptdolomit. Ausschnitt aus der Geologischen Karte Vorarlbergs ten Schutthalden und Schuttströmen 1:100.000 (OBERHAUSER 2007; © Geologische Bundeanstalt). grau (Nr. 61) = Hauptdolomit; (KRIEG & VERHOFSTAD 1989, FURRER & ORTNER gelb (Nr. 21) = eiszeitliche Ablagerungen; punktiert (Nr. 12) = Schuttfächer 2007). Es ist sicherlich diesem wilden Landschaftscharakter zu verdanken, die Seitentäler vordringen konnte, da Lebensräume mit der ihnen eigenen dass hier im mittleren Saminatal und sich die Seitengletscher aufgrund der natürlichen Dynamik gerichtet. So bil- inneren Galinatal die zivilisatorischen niedrigeren Nährgebiete erst später deten die Naturwälder des Gebietes Einflüsse auch heute noch sehr gering entwickelten und auch früher wieder sowie die mit ihnen assoziierten Nicht- sind. Die Kargheit der Böden spielt da abschmelzen. So wurden im Samina- wald-Lebensräume, insbesondere Al- eine zusätzliche Rolle, denn auf Dolo- tal kristalline Erratiker des Illgletschers luvionen, Quellfluren, Schutthalden mitgestein entwickeln sich meist nur (Paragneise, Augengneise, Amphibo- und Felsfluren die Schwerpunkte der sehr flachgründige und magere Bö- lite) noch 10 km von Frastanz talein- Untersuchung. Die oberen Lagen bzw. den, die auch zur Versauerung bzw. wärts abgelagert (HANTKE 1980/1992), das Alpgebiet waren nicht Gegen- Rohhumus-Bildung neigen (FISCHER et sind daher auch im Untersuchungsge- stand der Untersuchung. Die Vegetati- al. 2008). Tatsächlich deckt sich das biet talbodennah reichlich vorhanden. on wurde anhand von Vegetationsauf- Untersuchungsgebiet weitgehend mit Diese Erratiker sind nicht Gegenstand nahmen, Standortsbeschreibungen, dem Vorkommen von Hauptdolo- unserer Betrachtungen, haben aber Vegetationsprofilen und Fotos doku- mit und tangiert nur randlich andere besonders die Aufmerksamkeit der mentiert. Schichtglieder