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Jahresbericht 2010 Jahresbericht 2010 Jahresbericht

Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

SNG_020_RZ JB 2010 Umschlag.indd 1-3 21.10.11 09:15 Inhaltsverzeichnis

Stiftung...... 3 Lehrerfortbildung „Erinnerungs- und 1 Bericht des Geschäftsführers...... 4 Lernort Bergen-Belsen“ ...... 56 Veranstaltungen ...... 10 Seminar „Unrechtssysteme“ ...... 58 Projekt „Entrechtung als Lebenserfahrung“ ...... 12 Ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Kooperationsprojekt „Erinnerte Gemeinschaften“...... 17 Gedenkstätte Bergen-Belsen...... 59 Publikationen der Stiftung...... 18 Veröffentlichungen und Vorträge von Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel...... 61 Beschäftigten der Stiftung...... 19 Allgemeiner Bericht...... 62 Bildungsarbeit...... 63 Gedenkstätte Bergen-Belsen...... 21 Allgemeiner Bericht...... 22 Gedenkstättenförderung Niedersachsen...... 67 Kalendarium ...... 24 Allgemeiner Bericht...... 68 Begegnungen mit Zeitzeugen...... 30 Dokumentationsstelle Widerstand und Verfolgung...... 70 Den historischen Ort wieder lesbar machen ...... 31 Forschungsprojekt „Arbeitseinsatz sowjetischer Begegnungen in Israel ...... 32 Kriegsgefangener (1941–1945)“ ...... 71 Gedenkfeierlichkeiten anlässlich des 65. Jahrestages Bildungsarbeit...... 72 der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen ...... 33 „Lehren und Lernen über den Holocaust“...... 73 Begleitprogramm zur Ausstellung Förderung durch Zuwendungen...... 74 „Überlebenszeichen. Erinnerung an Bergen-Belsen“...... 40 Forschung und Dokumentation ...... 42 Berichte geförderter Gedenkstätten...... 77 Unterstützung journalistischer, dokumentarischer Gedenkstätte Augustaschacht ...... 78 und filmischer Beiträge ...... 47 Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Sammlungstätigkeit zum DP-Camp Bergen-Belsen ...... 48 Emslandlager, Papenburg...... 82 Sonderausstellung: Gemälde von Madeleine Weis-Bauler ..49 Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte (Salzgitter)...86 Bildung und Begegnung ...... 50 Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau ...... 90 Besucherdienst...... 52 KZ-Gedenkstätte Moringen...... 94 Internationale Studienfahrten nach Bergen-Belsen...... 54 Stiftung Lager Sandbostel/Gedenkstätte Lager Sandbostel... 98 16. Internationales Jugendworkcamp in der Gedenkstätte Bergen-Belsen ...... 55 Impressum...... 102 2 Stiftung

3 Bericht des Geschäftsführers

Habbo Knoch

Am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- herrschaft, wurde der Stiftung durch die Stadt das Albrecht-Thaer-Haus an den Celler Dammaschwiesen zur lang- fristigen Nutzung feierlich übergeben. • Heike Rudolph/Stiftung niedersächsi- sche Gedenkstätten

4 „Die Stiftung stellt sich vor“: Unter die- von Bildungsarbeit und Auseinander- ten dauerhaft zu bewahren, zu dokumen- ser Überschrift haben wir am 21. Sep- setzung. Die Gelegenheiten werden sel- tieren, zu erforschen und zugänglich zu tember 2010 in die „Thaersche Villa“, das tener, mit den Erfahrungszeugen an den machen. Sie trägt Sorge dafür, dass das neue Gebäude der Stiftung, nach Celle Stätten ihrer Leiden zusammenzutreffen. Wissen über den Nationalsozialismus, eingeladen. Dank der umfänglichen Sa- Darum kommt den Einladungen zu Be- seine Ursachen und seine Folgen ge- nierungsarbeiten der Stadt Celle für ihre freiungsfeiern, wie sie etwa in diesem mehrt und vermittelt wird. Und schließ- wichtige historische Liegenschaft konnte Jahr in größerem Umfang in Bergen- lich strebt sie an, die historisch-politische die Stiftung im Februar einen repräsenta- Belsen durch die Förderung von Bund Bildung zum Nationalsozialismus und tiven Sitz beziehen. In den neuen Räum- und Land ermöglicht wurden, eine be- seinen Verbrechen zu fördern und zur Re- lichkeiten stellten Kolleginnen und Kolle- sondere Bedeutung zu. Denn hier, an den flexion auf die Gegenwart anzuregen. gen der Stiftung, ihrer Gedenkstätten Stätten von Leid und Tod, übergeben die Stiftung, Gedenkstätten und Erinne- und Projekte sowie von der Stiftung ge- Erfahrungszeugen die Verantwortung für rungsinitiativen in Niedersachsen füllen förderter niedersächsischer Gedenkstät- die Zukunft des Erinnerns an die nachfol- diese Aufgaben reichhaltig und lebendig ten ihre Arbeit vor. Durch den regen Zu- genden Generationen – an ihre Kinder aus, getragen von professionellem, insti- spruch interessierter Besucherinnen und und Kindeskinder, an die hauptberufli- tutionellem und ehrenamtlichem Enga- Besucher wurde die Breite und Bedeu- chen und ehrenamtlichen Kolleginnen gement, oft zusammen mit Kooperations- tung der Stiftungsarbeit gewürdigt. Der und Kollegen in den Gedenkstätten, an partnern vor Ort: Schulen und anderen Jahresbericht dokumentiert auch für das die Gesellschaft und an die Politik. Ihre Bildungsträgern, Vereinen und Gesell- sechste Jahr der Stiftung diese Vielfalt, Erwartungen weisen über den Tag hinaus schaften, Kulturveranstaltern, Gewerk- zahlreiche Begegnungen, Veranstaltun- und mahnen die Bewahrung der Orte schaften, Kirchen, Kommunen. Diese gen und Projekte sowie die damit ver- und Erinnerungen an. vielfältige Unterstützung ist ein Funda- bundenen Erträge und Herausforderungen. Gedenken – Bewahren – Forschen – ment der Erinnerungsarbeit. Als zivilge- 2010 lenkte der 65. Jahrestag der Be- Vermitteln: Unter diesen Leitbegriffen sellschaftliche Verankerung einer aktiven freiung den Blick noch einmal in starkem entwickelt die Stiftung ihre Aufgaben. Auseinandersetzung mit den national- Maße auf die Begegnungen mit Überle- Sie will ein würdiges Gedenken und eine sozialistischen Verbrechen ist sie unver- benden der nationalsozialistischen Lager nachhaltige Beschäftigung mit den Le- zichtbar. Eines der Ziele der Stiftung nie- und ihren Angehörigen. Und er brachte bensgeschichten der Verfolgten ermögli- dersächsische Gedenkstätten ist daher, die historischen Orte in das öffentliche chen. Sie dient dazu, die Orte der natio- zur Pflege dieser Netzwerke beizutragen Bewusstsein: als Orte der Trauer, aber nalsozialistischen Verfolgung sowie die und sie bei ihren Projekten mit Rat und auch als Orte der historischen Aufklärung, Erinnerungen und Zeugnisse der Verfolg- Förderung zu unterstützen. Am 11. Januar 2010 wurde die Gedenk- stätte Bergen-Belsen mit dem Museums- preis der Niedersächsischen Sparkassen- stiftung 2009 ausgezeichnet. Den Preis übergab Kurt Wieben, Vorstandsmitglied der Sparkasse Celle, zusammen mit Dr. Sabine Schormann, Direktorin der Spar- kassenstiftung. Lutz Stratmann, Minister für Wissenschaft und Kultur, und Ober- bürgermeister Dirk-Ulrich Mende spra- chen ein Grußwort. Isabel Pfeiffer-Poens- gen, Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, lobte in ihrer Laudatio die „erstklassige Arbeit“ der Gedenkstätte von „internationaler Strahlkraft“. • Heike Rudolph/Stiftung niedersächsi- sche Gedenkstätten

Wir können dabei eine wegweisende zusätzliche Fördermittel des Landes bessert werden, wo dies durch gegen- 5 Phase in der Entwicklung der niedersäch- und des Bundes möglich. Mit der 2010 wärtige Standards der Forschung und sischen Gedenkstättenlandschaft beob- unterzeichneten Verwaltungsvereinba- Bildungsarbeit erforderlich ist; ange- achten. Bundesweit einmalig ist schon rung mit dem Bund über die Aufnahme strebt ist aber auch eine Öffnung der seit längerem die Dichte der Gedenkstät- einer institutionellen Förderung für die Gedenkstätte in den städtischen Raum ten und Initiativen in diesem Bundes- Gedenkstätte Bergen-Belsen wurde die Wolfenbüttel hinein und damit auch land. Gleich an mehreren Orten befinden gewonnene Qualität der Arbeit an die- ein noch stärkerer Bezug zum themati- sich jedoch mit intensiver Vorbereitung sem historischen Ort noch einmal mit schen Feld von Aufklärung, Recht und und im engen Austausch mit der Stiftung der Erwartung bekräftigt, nun durch den humanitären Grundlagen einer zi- Projekte zur Neugestaltung oder Errich- die zusätzlichen Mittel für die Entwick- vilen Gesellschaft, die im Wirken der tung von Gedenkstätten bereits in der lung pädagogischer Angebote in be- Justiz im Nationalsozialismus in grund- Umsetzung oder sind in der fortgeschrit- sonderer Weise Sorge zu tragen. Da- legender Weise verletzt wurden. tenen Planung; an allen Orten beweisen mit, aber auch durch Schwerpunkte u. a. • Zwei mehrjährige Neugestaltungspro- Maßnahmen und Projekte die Notwen- im Bereich Erinnerungskultur, Kinder jekte in niedersächsischen Gedenkstät- digkeit und den Mut, die eigene Arbeit und Jugendliche in Bergen-Belsen so- ten können mit zusätzlichen Fördermit- weiterzuentwickeln: wie der fortdauernden Schicksalsklä- teln des Bundesbeauftragten für Kultur • Die Neugestaltung der Gedenkstätte rung und Namenssuche, die im Projekt und Medien und des Landes Nieder- Bergen-Belsen hat hier mit der Eröff- „Ort der Namen“ auf dem historischen sachsen realisiert werden: Die Umge- nung des Dokumentationszentrums im Gelände in der Zukunft einen symboli- staltung des ehemaligen Lagergelän- Oktober 2007 den Anfang gemacht. schen Niederschlag finden soll, bleibt des in Esterwegen zu einer Gedenk- 2010 konnte zudem die letzte Phase der die Gedenkstätte eine Einrichtung in stätte von nationaler und internationa- Neugestaltung des Außengeländes be- fortlaufender Entwicklung. ler Bedeutung hat 2010 erhebliche Fort- gonnen werden, die im Herbst 2011 ab- • Für die Zukunft der Gedenkstätte in der schritte gemacht, für die Gedenkstätte geschlossen sein wird. Dann werden JVA Wolfenbüttel haben 2010 durch Sandbostel wurden die Weichen für ein durch landschaftsgestalterische Maß- Diskussionen mit der Wissenschaftli- erfolgreiches Projekt der Neugestal- nahmen die topographischen Leit- chen Fachkommission der Stiftung und tung gestellt. Hier wie auch beim Pro- merkmale des historischen Lagerge- stiftungsintern die Perspektiven der jekt der Gedenkstätte Ahlem in der ländes wieder lesbar sein und durch Neugestaltung an Kontur gewonnen. ehemaligen jüdischen Gartenbauschu- Lesezeichen sowie Informationsstelen Die Substanz der bestehenden Ge- le, das in Verantwortung der Region erläutert. Die Umsetzung wurde durch denkstätte soll erhalten und dort ver- Hannover durchgeführt wird, oder bei Als Stiftungsratsvorsitzende begegnete die damalige Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann auf ihrer Israelreise vom 21. bis 27. März zahlreichen Über- lebenden von Bergen-Belsen (hier: Hilde Zimche im Kibbuz Nezer Sereni). Beglei- tet wurde sie von Michael Fürst, Vorsitzen- der des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, und Dr. Habbo Knoch. Stationen der Reise waren u.a. Tel Aviv, Haifa und Jerusalem mit dem Besuch mehrerer Gedenkstätten, Museen und Bildungseinrichtungen. • Niedersächsisches Kultusministerium

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Bei den Gedenkfeiern anlässlich des 65. Jahrestages der Befreiung des Kon- zentrationslagers Bergen-Belsen waren zahlreiche Zeitzeugen und ihre Ange- hörigen sowie Repräsentanten von Über- lebendenorganisationen aus zahlreichen Ländern zu Gast. Insgesamt nahmen über 300 Gäste, Überlebende und Begleit- personen aus 15 Ländern an den Feier- lichkeiten in der Gedenkstätte Bergen- Belsen teil. Hier Ministerpräsident Christian Wulff im Gespräch mit Staats- minister Dr. Bernd Neumann, dem Beauf- tragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) • Stöckmann/ Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Um „Überlebende des Holocaust und der Schatten ihrer Vergangenheit“ ging es am 10. Mai bei einer Veranstaltung mit Dr. Nathan Kellermann (Bildmitte) und Dr. Peter Fischer (rechts) am Sitz der Stif- tung niedersächsische Gedenkstätten in Kooperation mit der Stadt Celle und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zu- sammenarbeit Celle. Dr. Kellermann ist Direktor für Projektentwicklung im Natio- nalen Zentrum für die psychosoziale Un- terstützung von Holocaust-Überlebenden (Jerusalem) der Organisation AMCHA und berichtete über die Folgen der Ver- folgung für Überlebende. Dr. Fischer ist Vorstandsvorsitzender von AMCHA Deutschland e.V. (Berlin). • Heike Rudolph/ Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

den Planungen für die ebenfalls aus chen. Die Stiftung unterstützt diese Angehörigen, durch die Erschließung 7 Mitteln des Bundes geförderte Umge- Projekte und Bedarfe u. a. durch neue der vorhandenen Materialien und staltung des Bunkers Valentin in Bre- Workshops im Bereich Sammlungs- durch Forschungsprojekte sichern, men-Farge in eine Gedenkstätte zeigen tätigkeit und Dokumentation sowie aufarbeiten und zugänglich machen? ausführliche Fachgespräche, Wettbe- durch einen pädagogischen Arbeits- Hier stoßen die Gedenkstätten immer werbe und öffentliche Diskussionen kreis der Gedenkstätten. wieder an ihre Grenzen, obwohl inzwi- den hohen Anspruch an die historische Diese Projekte sind Zeichen einer lang- schen die Bedeutung des Zugangs Erarbeitung und Vermittlung, dem Ge- jährig erfolgreichen Arbeit, von gesell- über persönliche Zeugnisse in der denkstätten gerecht werden müssen schaftlicher Anerkennung und nicht Bildungsarbeit öffentlich wie politisch und der sich auch durch die breite Ein- zuletzt immer des Vertrauens der Über- Konsens ist. Doch dies kann nur über beziehung von Experten inzwischen als lebenden und ihrer Angehörigen. Dem eine verlässliche Tiefensicherung museale Professionalisierung etabliert Land Niedersachsen mit seinen Bildungs- geschehen. hat. Die Verleihung des Niedersächsi- zielen und seinem kulturellen Angebot • Wie gewährleisten wir den Erhalt von schen Museumspreises an die Gedenk- kommt dies in exemplarischer Weise zu- Sachzeugnissen – den Exponaten in stätte Bergen-Belsen ist dafür ein wich- gute. Unabdingbare Voraussetzung dafür den Sammlungen der Gedenkstätten tiger Indikator. ist jedoch, dass diese Erinnerungsland- bis hin zu den „Großexponaten“ der • Weitere Gedenkstätten wie Augusta- schaft in ihrer projektmäßigen Fortent- Lagerbauten, die sich in ganz unter- schacht/Ohrbeck, Braunschweig, Len- wicklung und ihrer institutionellen Sub- schiedlichem Erhaltungszustand befin- ne/Holzminden, Liebenau, Lüneburg, stanz langfristig in dem erforderlichen den? Lange wurden gerade die Bau- Moringen, Salzgitter-Drütte oder Weh- Ausmaß durch finanzielle Förderung, zeugnisse vernachlässigt. Inzwischen nen sind bemüht, über Projektmaßnah- professionelle Beratung und gesell- werden immer mehr Spuren aufge- men notwendige Schritte der weiteren schaftliche wie politische Ermutigung deckt, Fragen der Konservierung sind Entwicklung an diesen Orten zu ermög- gesichert wird. zu beantworten und ein langjähriger lichen. Die Forschungs- und Bildungs- Neben der Weiterentwicklung von Ge- Schutz und Erhalt ist zu gewährleisten. arbeit hat hier überall Formen erreicht, denkstätten in Niedersachsen stellen sich Zusammen mit dem Denkmalschutz, die einen Ausbau oder die Neugestal- weiterhin grundlegende Aufgaben für die Archäologen und Landschaftsplanern tung von Ausstellungen, die professio- Stiftung und ihre Partner: wächst hier ein eigener Arbeitsbereich nelle Erschließung von Sammlungen • Wie können wir die Zeugnisse der heran, der wie bei den persönlichen oder die Erarbeitung von Bildungsfor- Überlebenden durch Interviews, archi- Zeugnissen eine kostenintensive Tie- maten sinnvoll und erforderlich ma- valische Recherche, Kontakte zu den fensicherung bedeutet, der aber zu- Dr. Bernd Althusmann (links), seit Ende April 2010 Stiftungsratsvorsitzender und Niedersächsischer Kultusminister, leitete bei einem Besuch der Gedenkstätte am 27. August die nächste Phase in der Neu- gestaltung der Gedenkstätte Bergen- Belsen mit der Umsetzung von Maß- nahmen zur besseren Lesbarmachung des historischen Lagergeländes ein. • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

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Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel hat aus Anlass ihres zwanzigjährigen Be- stehens eine Netzwerktagung mit zahl- reichen Partnern aus Stadt und Region durchgeführt, mit denen in der Vergan- genheit gemeinsame Projekte realisiert werden konnten. Für die geplante Neu- gestaltung der Gedenkstätte sollen diese Partnerschaften durch gemeinsame Maß- nahmen ausgebaut werden. Erste Ideen konnten dazu im Rahmen der Netzwerk- tagung angedacht werden. • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Mit einer Gedenkstättenfahrt in den Osten Niedersachsens wurde am 4. und 5. November die Exkursionsreihe für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung fortgesetzt. Stationen in Braun- schweig waren die Gedenkstätte Schill- straße und die Gedenkstätte für Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Fried- hofskapelle Helmstedter Straße); weitere Ziele waren die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel und die Dokumentations- stätte KZ Drütte in Salzgitter. Dort ist im ehemaligen Buswartehaus an der Hoch- straße seit Ende 2008 ein Modell des Lagers zu sehen, das sich unter der Hochstraße befand. • Stiftung nieder- sächsische Gedenkstätten

gleich eng mit der didaktischen Arbeit die Besonderheit des historischen Ge- den hohen Standard einer gegenwarts- 9 in den Gedenkstätten verbunden ist. genstandes zu vernachlässigen oder zu orientierten Bildungsarbeit zu gewähr- • Wie können verfügbare Dokumente verallgemeinern? Persönliche Zeugnis- leisten und entwickeln. und Zeugnisse durch Recherche und se, aussagekräftige Dokumente und Mehr als 65 Jahre nach der Befreiung Forschung in vermittelbares Wissen Exponate sowie historische Orte bieten zeigen sich an der Arbeit der Stiftung umgesetzt, neue entdeckt und diese in dafür konkrete Ausgangspunkte – auch und der Gedenkstätten in Niedersachsen, den wissenschaftlichen Diskurs der über ihre eigene Geschichte nach 1945, sowie dem unermüdlichen Wirken vieler Zeitgeschichte gestellt werden? Dank denn immer stärker rücken die Schich- Erinnerungsinitiativen die Früchte eines der Förderung zweier Projekte aus dem ten des Umgangs mit und der Erinne- langjährigen Bemühens. Die Erinne- Forschungsschwerpunkt Pro*Nieder- rung an die NS-Verbrechen nach der rungsarbeit ist auf eine professionelle, sachsen konnten in 2010 Studien zu Befreiung in den Fokus der Besuche- institutionell getragene und dennoch in- Häftlingsgruppen und Überlebenden rinnen und Besucher sowie der Bil- novative, kreative und gesellschaftsoffe- von Bergen-Belsen als „Erinnerungs- dungsarbeit. Damit ist eine Arbeit an ne Ebene gehoben worden. Dies ist ein gemeinschaften“ sowie zu den Arbeits- der eigenen gesellschaftlichen und po- arbeitsreicher, spannender, nicht immer kommandos sowjetischer Kriegsgefan- litischen Identität verbunden, die auf konfliktfreier, aber bereichernder Pro- gener durchgeführt werden. Die Gegenwartsfragen der kulturellen Ori- zess: Die Erinnerung wird lebendig ge- weitere Entwicklung der Dokumentati- entierungen, der Inklusion und der halten und ihre Zukunft entwickelt. Für onsstelle zur Geschichte von Wider- Menschenrechtsdebatte verweist. Im die Unterstützung aller, in- und außer- stand und Verfolgung in Celle stellt Projekt „Entrechtung als Lebenser- halb der Gedenkstätten und Erinnerungs- sich zusammen mit der Deckung von fahrung“, das aus Mitteln des Euro- initiativen, sei an dieser Stelle gedankt. themenbezogenen Recherchebedarfen päischen Sozialfonds gefördert wird, Es ist zu hoffen, dass das große Engage- als große Aufgabe, hier auch in exem- versucht die Stiftung mit niedersächsi- ment so vieler Bürgerinnen und Bürger plarischer Weise Sammlungs- und Ar- schen Gedenkstätten und zahlreichen für ein würdiges Gedenken und eine zu- chivbestände der Stiftung und der Ge- Kooperationspartnern neue Zugänge kunftsorientierte Vermittlung in der ge- denkstätten integriert zu erfassen und für erwachsene und jugendliche Multi- meinsamen Anstrengung von Politik und kontrolliert zugänglich zu machen. plikatorinnen und Multiplikatoren zu Gesellschaft zur Sicherung und Entwick- • Wie integrieren wir persönliche und entwickeln. Zukünftig bedarf es mehr lung der Stiftung und der niedersächsi- Sachzeugnisse in eine Bildungsarbeit, als solcher Pilotprojekte: Ziel muss ein schen Gedenkstätten seine gerechtfertig- die Nachhaltigkeit anstrebt und reflexiv strukturiertes Angebot sein, durch Ta- te Unterstützung erfährt. Bezüge zur Gegenwart herstellt, ohne gungen, Fortbildungen und Projekte Veranstaltungen

Gedenkstätte Auschwitz, 27. Januar 2010 • Martina Staats/ Anatol Chari in der Synagoge Celle, 17. April 2010 • Andreas Fortbildungsveranstaltung „Lernen aus der Geschichte – Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Babel/Cellesche Zeitung aber wie?“, Gedenkstätte Lager Sandbostel, 9. Juni • Katrin Unger/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

10 „Geschichten teilen?“ war das Thema stätte Bergen-Belsen durch den Bund austausch von Überlebenden, Vertretern einer Begegnungsveranstaltung, die das unterzeichnet. Ber der Unterzeichnung der Erinnerungskultur und Bundesvertre- von der EU geförderte Projekt „Entrech- durch Staatsminister Dr. Bernd Neumann, tern in Berlin im Bundeskanzleramt teil. tung als Lebenserfahrung“ am 27. Januar Beauftragter der Bundesregierung für in Celle organisierte. Das Treffen war Auf- Kultur und Medien, Kultusministerin „AMCHA – Dein Volk. Überlebende des takt zur Bildung eines Netzwerkes zum Elesabeth Heister-Neumann für das Land Holocaust und der Schatten ihrer Vergan- Austausch über Theorie und Praxis der Niedersachsen, und Dr. Habbo Knoch, genheit“ war am 10. Mai Thema einer Ver- historisch-politischen Bildungsarbeit so- den Geschäftsführer der Stiftung, waren anstaltung mit Dr. Nathan Kellermann und wie der Menschenrechts- und Demokratie- mit Maria Gniatczyk aus Warschau und Dr. Peter Fischer am Sitz der Stiftung nie- erziehung. György Dénes aus Budapest auch zwei dersächsische Gedenkstätten. Dr. Keller- Überlebende von Bergen-Belsen anwe- mann berichtete aus der praktischen Anlässlich des 65. Jahrestages der Be- send, die Vorsitzende der Überlebenden- Arbeit von AMCHA in Israel und beleuch- freiung des Konzentrationslagers fand in verbände in ihrem Ländern sind. tete die Nachwirkungen des spät erkann- der Gedenkstätte Auschwitz am 27. Janu- ten „Seelenmords“ (William Nederland). ar in Anwesenheit von 100 Überlebenden In der Synagoge Celle las der Bergen- Kooperationspartner der Stiftung waren und zahlreichen Repräsentanten des In- Belsen-Überlebende Anatol Chari am wieder die Stadt Celle und die Gesell- und Auslandes eine Gedenkfeier statt, 17. April aus seiner Autobiographie, die schaft für Christlich-Jüdische Zusammen- bei der auch die Stiftung niedersächsi- unter dem Titel „Undermensch – Mein arbeit Celle e.V. sche Gedenkstätten vertreten war. An- Überleben durch Glück und Privilegien“ sprachen hielten u. a. der polnische Pre- kurz zuvor in deutscher Übersetzung er- Das Projekt „Entrechtung als Lebens- mierminister Donald Tusk, der russische schienen war. Kooperationspartner der erfahrung“ führte zu Grundlagen, Metho- Minister für Erziehung und Wissenschaft Stiftung waren die Stadt Celle und die den und Praxis in Menschenrechts- Andrei Fursenko, der polnische Präsident Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zu- bildung und gegenwartsbezogener Ge- Lech Kaczynski sowie Israels Premiermi- sammenarbeit Celle e.V. denkstättenpädagogik 2010 eine Fort- nister Benjamin Netanyahu. bildungsreihe zum Thema „Lernen aus Am 19. April nahm Sam Bloch, Präsi- der Geschichte – aber wie?“ durch. Die In der niedersächsischen Landvertre- dent der World Federation of Bergen- Auftaktveranstaltung fand am 10. Mai tung in Berlin wurde am 4. März die Ver- Belsen Survivors, auf Einladung des mit dem Thema „Grundlagen: Gedenk- waltungsvereinbarung zur Aufnahme der Beauftragten der Bundesregierung für stätten und Menschenrechte“ in Celle institutionellen Förderung der Gedenk- Kultur und Medien an einem Gesprächs- statt. Zeitzeugenbegegnung mit Yehuda Blum in der Synagoge Fortbildungsveranstaltung „Lernen aus der Geschichte – Synagoge Celle, 8. September: Filmveranstaltung mit Celle am 27. Juni • Heike Rudolph/Stiftung niedersächsi- aber wie?“, Gedenkstätte „Opfer der NS-Psychiatrie“ in Esther Schapira und Georg M. Hafner • Aneka Schult sche Gedenkstätten Lüneburg, 8. September • Katrin Unger/Stiftung nieder- sächsische Gedenkstätten

Die erste von drei weiteren Veranstal- Die zweite Veranstaltung der Reihe Tod des palästinensischen Jungen eine 11 tungen folgte am 9. Juni zum Thema „Lernen aus der Geschichte – aber wie?“ Fälschung war. „Methoden und Orte I: Diskriminierung“, widmete sich am 8. September in Lüne- in Zusammenarbeit mit der Stiftung burg dem Thema „Methoden und Orte II: Lev Raphael, US-amerikanischer Publi- Lager Sandbostel in der Gedenkstätte Recht und Gerechtigkeit“. Kooperations- zist und Angehöriger der „Second Gene- Sandbostel. partner der Stiftung war die Bildungs- ration“, las in der Celler Synagoge am und Gedenkstätte „Opfer der NS-Psychi- 1. November aus seinem autobiogra- In Zusammenarbeit mit der Stadt Celle atrie“ in Lüneburg. phisch geprägten Buch „My – und der Gesellschaft für Christlich-Jüdi- A Jewish Writer Returns to the World His sche Zusammenarbeit Celle e.V. fand in Ebenfalls am 8. September fand in Zu- Parents Escaped”. Kooperationspartner der Celler Synagoge eine Begegnung mit sammenarbeit der Stiftung mit der Stadt der Stiftung waren wieder die Stadt Celle Yehuda Blum statt: Der Bergen-Belsen- Celle und der Gesellschaft für Christlich- und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Überlebende war von 1978 bis 1984 Jüdische Zusammenarbeit Celle e.V. in Zusammenarbeit Celle e.V. Israelischer Botschafter bei den Vereinten der Celler Synagoge eine „Premiere“ Nationen und berichtete am 27. Juni aus statt: Erstmals lief dort ein Film. Esther seiner Lebensgeschichte. Schapira und Georg M. Hafner (beide Pu- blizisten und Journalisten beim Hessi- Am 1. September – dem Jahrestag des schen Rundfunk) zeigten am 8. Septem- deutschen Überfalls auf Polen 1939 – be- ber ihre preisgekrönte Dokumentation richtete Salomon Finkelstein aus seiner „Das Kind, der Tod und die Wahrheit“ Lebensgeschichte: „In Auschwitz hatte und diskutierten anschließend mit dem ich keinen Namen“. Finkelstein wurde Publikum. Der Film präsentiert die Ergeb- 1922 in Łódź/Polen geboren und überleb- nisse von Recherchen, die sich an einen te das Ghetto Litzmannstadt, anschlie- früheren Film angeschlossen hatten ßend ein Lager in der Nähe von Frank- („Drei Kugeln und ein totes Kind – wer furt/Oder, das dem Autobahnbau diente, erschoss Mohamed al-Dura?“). Thema Arbeitskommandos in Pinow bei Reppen, waren Hintergründe der sog. 2. Intifada Finkenheer und Fürstenberg sowie die und die schwierigen Arbeitsmöglichkei- Konzentrationslager Auschwitz, Mittel- ten von Journalisten im Nahen Osten, bis bau-Dora und Ravensbrück. hin zu der Frage, ob der Bericht über den Projekt „Entrechtung als Lebenserfahrung“

Bernd Grafe-Ulke, Katrin Unger, Christian Wolpers, Hartmut Ziesing

Veranstaltung „Methoden und Orte II: Recht und Gerech- tigkeit“ am 8. September in Lüneburg • Katrin Unger/ Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

12 Die Stiftung niedersächsische Gedenk- Fortbildungsreihe „Lernen aus der Bezüge zu Gedenkstätten der Region Lü- stätten führt seit Februar 2008 in der Re- Geschichte – aber wie?“ neburg-Celle als Lernorten für eine prak- gion Lüneburg (bestehend aus elf Land- tische Umsetzung hergestellt. kreisen) das Projekt „Entrechtung als Von Mai bis Oktober 2010 fand unter Auf der Veranstaltung „Methoden und Lebenserfahrung“ durch. Gefördert aus Leitung von Hartmut Ziesing die Fortbil- Orte I: Diskriminierung“ am 9. Juni in der Mitteln des Europäischen Sozialfonds dungsreihe „Lernen aus der Geschichte – Gedenkstätte Sandbostel wurde in einem findet das Projekt im Rahmen des Pro- aber wie?“ statt. Workshop „Es war unmenschenmög- gramms „Inklusion durch Enkulturation“ Für die Auftaktveranstaltung „Grundla- lich…: Diskriminierung als Gegenstand statt, um spezifische Angebote der histo- gen: Gedenkstätten und Menschenrech- des historisch-politischen Lernens“ neue risch-politischen Bildung zu entwickeln, te“ am 10. Mai in Celle war es gelungen, Bildungsmaterialien über die Verfolgung zu erproben und zu vermitteln. Das Pro- hochkarätige Referentinnen und Referen- von Sinti und Roma im Nationalsozialis- jekt richtet sich an Multiplikatorinnen ten zu einem Einführungsbeitrag über mus und deren Folgen vorgestellt. Im und Multiplikatoren sowie Schlüsselper- „Menschenrechte und Menschenrechts- Mittelpunkt des Praxisteils standen der sonen in Schule, Jugend- und Erwachse- bildung“ sowie für ein Panel zur Frage historische Ort, die Gedenkstätte Lager nenbildung sowie an Einrichtungen der „KZ-Gedenkstätten – Lernorte für Men- Sandbostel sowie ein Workshop über die Jugendhilfe und Jugendarbeit. schenrechte?“ zu gewinnen, u. a. Prof. Möglichkeiten pädagogischen Arbeitens Durch Fortbildungsveranstaltungen Dr. Karl-Peter Fritzsche, der den UNESCO- in Sandbostel. Die Stiftung Lager Sand- und die Erarbeitung von Bildungsmodu- Lehrstuhl für Menschenrechtsbildung an bostel war bei dieser Teilveranstaltung len werden nachhaltige, die Adressaten der Universität Magdeburg innehat. Aktiv Kooperationspartner. aktivierende Formen der historisch-politi- eingebunden waren die Teilnehmenden Das Seminar „Methoden und Orte II: schen Bildung entwickelt, die zur Persön- in einem abschließenden Workshop Recht und Gerechtigkeit“ am 8. Septem- lichkeitsbildung und gesellschaftlichen „Menschenrechtsbildung und Gedenk- ber in Lüneburg bot einen Workshop Inklusion junger Menschen beitragen sol- stätten“ mit Ansätzen aus der Praxis. „Das Recht, gleiche Rechte zu haben“ len. Historisches Lernen zu relevanten Bei den weiteren Veranstaltungen mit praktischer Erprobung des pädagogi- Themen, reflektierende und offene Semi- standen Methodik und Didaktik im Vor- schen Themenmoduls „Recht und Ge- narformen sowie Zeitzeugengespräche dergrund. Dazu wurden drei Themen- rechtigkeit“. Dem Veranstaltungsort bieten Anknüpfungspunkte, um eigene bzw. Seminarmodule aus dem Projekt selbst war die Arbeitseinheit „NS-Psychi- Fremdheits- und Ausgrenzungserfahrun- „Entrechtung als Lebenserfahrung“ pra- atrie-Verbrechen: Annäherung an einen gen zu reflektieren und Spielräume für xisnah mit ihren Arbeitsmethoden vorge- historischen Tatort“ gewidmet. In einem das eigene Handeln zu erkennen. stellt und erprobt. Außerdem wurden abschließenden Praxisteil wurde die Veranstaltung „Methoden und Orte II: Recht und Gerechtigkeit“ am 8. September in Synagoge Celle, 1. September, Zeitzeugengespräch mit Salomon Finkelstein • Katrin Lüneburg: Hartmut Ziesing (links) und Dr. Sebastian Stierl, Ärztlicher Direktor der Unger/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Psychatrischen Klinik Lüneburg • Katrin Unger/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Frage des gegenwartsbezogenen Lernens Netzwerktreffen ter Leitung von Hartmut Ziesing zusam- 13 anhand der Möglichkeiten in der Bildungs- men mit der Stadt Celle / Stadtarchiv und und Gedenkstätte „Opfer der NS-Psy- Am 27. Januar 2010 fand in Celle die der Gesellschaft für Christlich-Jüdische chiatrie“ in Lüneburg bearbeitet. Koope- von Hartmut Ziesing konzipierte und von Zusammenarbeit Celle e.V. als Folgever- rationspartner bei dieser Teilveranstal- Bernd Grafe-Ulke und Katrin Unger durch- anstaltung am 1. September 2010 in Celle tung war die Bildungs- und Gedenkstätte geführte Auftaktveranstaltung zur Netz- ein Zeitzeugengespräch mit dem Überle- „Opfer der NS-Psychiatrie“ in Lüneburg. werkbildung im Rahmen des Projekts benden Salomon Finkelstein. Den Abschluss der Fortbildungsreihe statt. Durch das Netzwerktreffen wurde Das Herausarbeiten des Verhältnisses bildete die Veranstaltung „Gedenkstät- der Austausch über Theorie und Praxis zwischen der eigenen Geschichte und tenarbeit und Gegenwartsbezug“ am der historisch-politischen Bildungsarbeit historischen Entrechtungserfahrungen 7. Oktober in der Gedenkstätte Bergen- sowie der Menschenrechts- und Demo- sollte dabei das Geschichtsbewusstsein Belsen. Der Einstieg erfolgte über das kratieerziehung gefördert. Erprobte Kon- und die Persönlichkeitsbildung fördern. Qualifizierungsmodul „Analogien: Eine zepte und Methoden wurden dabei vor- Die Auseinandersetzung mit den Erfah- Möglichkeit des Umgangs mit der deut- gestellt. Den Auftakt machte die Berliner rungen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen schen NS-Vergangenheit?“ im Rahmen Judaistin und Erziehungswissenschaftle- in Verbindung mit denen der Teilnehmen- eines Workshops mit Praxisbeispielen zu rin Franziska Ehricht. Sie beschäftigt sich den selbst ist dabei eine der Grund- Seminarmodulen über Entrechtung in mit der Frage, wie NS-Geschichte Jugend- anliegen des Projekts „Entrechtung als Lagern wie Guantánamo. lichen vermittelt werden kann, die in zu- Lebenserfahrung“. Mit Fachbeiträgen zu „Holocaust Edu- nehmender Zahl eine Zuwanderungsge- cation“ und Menschenrechtsbildung in schichte haben. Franziska Ehricht ist Co- Jugendzentren als Lernwerkstätten für europäischen Gedenkstätten sowie zur Autorin eines „Dokumentenkoffers für menschenrechtsreflektiertes Handeln Frage, inwiefern historisch-politische Bil- eine interkulturelle Pädagogik zum Natio- dung einen Beitrag gegen Diskriminie- nalsozialismus“. Die Erfahrungen der Teil- Die Lernwerkstätten für menschen- rung leisten kann, wurde das Seminar nehmenden in diesem Bereich bildeten rechtsreflektierendes Handeln richten fortgesetzt. Von besonderer Relevanz für den Ausgangspunkt für das weitere Ge- sich mit ihren Angeboten vorrangig an die Abschlussdiskussion der Fortbildungs- spräch und mögliche Kooperationen. Jugendliche mit Migrationsgeschichte reihe „Lernen aus der Geschichte – aber Um die heutige Auseinandersetzung und bildungsbenachteiligte Jugendliche, wie?“ war ein Beitrag zur Gedenkstätten- zum Nationalsozialismus mit der Erinne- die sich in Jugendzentren, Jugendclubs rezeption von türkischstämmigen Deut- rung an das historische Geschehen zu usw. aufhalten. Bedeutsam ist bei allen schen bei einem Besuch in Bergen-Belsen. verknüpfen, veranstaltete das Projekt un- Veranstaltungen und Projekten der Grad Titelseite des Flyers zum Projekt „Hör Geschichte!“ • Graphikherstellung CD-Kaserne gGmbH

14 der Niedrigschwelligkeit, also die leichte Zukunft, Berlin (EVZ) über Drittmittel fi- (Hör-) Geschichten aufkommen konnten. Zugänglichkeit sowie das Fehlen von nanzierte. Jugendliche und junge Er- Die drei Workshops umfassten jeweils Bewertungsdruck, so die Grundüberle- wachsene aus Stadt und Landkreis Celle zweieinhalb Tage und begannen am Frei- gungen von Katrin Unger. sind aufgefordert, ihre Lebensgeschich- tagnachmittag. Die Teilnehmenden zeig- Projekte, in denen Jugendliche ange- ten und Erfahrungen des Alltags als ten ein überaus hohes Engagement, was sprochen und im Sinne des peer-to-peer- Basis zu nehmen, um ein Hörbuch zu sich auch bei den vereinbarten kurzen Ansatzes zu Multiplikatorinnen und Multi- gestalten. Treffen zwischen den Workshops zeigte. plikatoren werden, sind, den methodi- Im Projekt „Hör Geschichte!“, welches Wichtig sind neben der thematischen schen Zugang und das Thema betreffend, Katrin Unger in Kooperation mit dem Pä- Auseinandersetzung die Beteiligung an auf einen hohen Grad an Attraktivität an- dagogischen Zentrum der Gedenkstätte allen für die Produktion der CD erforderli- gewiesen und sollen direkt bei Alltagsfra- Bergen-Belsen konzipierte und durch- chen Prozessen und ein hoher Grad an gestellungen der Angesprochenen an- führte, sind insgesamt zehn ezidische Professionalität und Qualität das Endpro- knüpfen. Dies fördert neben vielseitigen und deutsche Jugendliche und junge Er- dukt betreffend. Bewusst wurde hier ein Kompetenzerweiterungen auch die Sen- wachsene im Alter von 13 bis 20 Jahren professioneller Tontechniker eingebun- sibilisierung im Umgang und die Motiva- beteiligt, die über etwa sechs Monate an den. Neben der Reflexion über eigene Er- tion der Auseinandersetzung mit Frage- mehreren Wochenenden ein Hörbuch er- fahrungen und Erlebnisse, der Erarbei- stellungen historischer und gegen- stellten. Das Projekt umfasst vorgeschal- tung von Geschichten, Interviews oder wärtiger Erfahrungen von Entrechtung, tete Informations- bzw. Auftaktveranstal- Parabeln wurden in hohem Maße soziale Diskriminierung und Verfolgung und be- tungen, Workshops, mehrere Zwischen- und methodische Kompetenzen geför- fähigt dazu, sich aktiv an gesellschaftli- treffen und eine Abschlussveranstaltung dert. Dies nahm Einfluss auf Denk- und chen Prozessen zu beteiligen. mit Präsentation. Der freien Ausschrei- Verhaltensmuster, die direkt wieder auf bung folgten zwei Informationsveranstal- den Gruppenprozess eingehen. Das Pro- „Hör Geschichte!“ – ein interkulturelles tungen, in denen jeweils die Idee des jekt wird mit weiteren je zweieinhalbtägi- Hörbuch-Projekt Projektes, die Methoden und das Vorge- gen Workshops, mehreren Zwischentref- hen vorgestellt wurden. Unter Beteili- fen, der Erarbeitung der Abschluss- Diesen Grundsätzen folgend konnte er- gung verschiedener Medien gelang ein präsentation sowie der Vorstellung der folgreich mit dem Teilprojekt „Hör Ge- Einstieg in die Welt lebensgeschichtlicher Ergebnisse in der ersten Hälfte des Jah- schichte! – ein interkulturelles Hörbuch- Erzählungen, und mit verschiedenen Me- res 2011 fort- und zu Ende geführt. Neben Projekt“ begonnen werden, das die thoden konnte die Fantasie angeregt der Vorstellung der CD an verschiedenen Stiftung Erinnerung, Verantwortung und werden, sodass erste eigene Ideen für Orten in der Region Celle ist eine kleine Tonaufnahmen im Projekt „Hör Geschichte!“, Workshop 3, am 5. Dezember • Katrin Unger/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Fotoausstellung geplant, die die Entste- Durchführung einer Zukunftswerkstatt torischen Kontext: NS-Täter vor Gericht 15 hung visuell dokumentieren soll. Die ge- angestrebt, die sich unter der Fragestel- und die Entwicklung der internationa- naue Umsetzung wird in Absprache mit lung der Aktivierung von Jugendlichen in len Strafgerichtsbarkeit bei Genozid den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Gesellschaft und Politik an Akteuren der Beispielhaft seien hier einige der Ver- überlegt, die so ihrer Rolle als Multiplika- Jugendarbeit richtet. anstaltungen vorgestellt: toren und Multiplikatorinnen nachkom- Die Implementierung von innovativen 1. „Diskriminierung als Gegenstand men. Der Nachfrage und dem Interesse Veranstaltungsformaten in die grund- historisch-politischen Lernens: Die Verfol- der Teilnehmenden entsprechend findet ständige pädagogische Arbeit der Ge- gung der Sinti und Roma im Nationalso- im Anschluss an das Projekt „Hör Ge- denkstätte Bergen-Belsen und der Stif- zialismus und ihre Folgen“: Ziel des von schichte!“ ein Besuch in der Gedenkstät- tung wird durch die enge Christian Wolpers konzipierten Themen- te Bergen-Belsen statt. Zusammenarbeit mit Kolleginnen und moduls war die Erarbeitung von Materia- Kollegen gesichert. lien zur Verfolgungsgeschichte der Sinti Vernetzung mit Multiplikatorinnen und und Roma für die schulische und außer- Multiplikatoren in der Region Celle Themenmodule schulische Bildungsarbeit. Während die meisten Bildungsmaterialien zur Thema- Die Gespräche mit den Beschäftigten Im Berichtsjahr wurden im Projekt tik „Verfolgung im Nationalsozialismus“ der Jugendzentren tragen nachhaltig zur mehrere Fortbildungs- und Materialmo- die Verfolgung der Juden und die Shoah Vernetzung mit weiteren Akteuren in der dule zu unterschiedlichen Themen entwi- betrachten, soll daneben interessierten Region Celle bei. In Vorbereitung für die ckelt und erprobt: Pädagoginnen und Pädagogen die Mög- erste Hälfte des Jahres 2011 ist die aktive • Menschenrechtsorientierte lichkeit eines leichten Zugriffs auf Teilnahme an einer mehrtägigen Veran- Gedenkstättenarbeit Materialien zur Ausgrenzungs- und staltungsreihe in der Rahmenthematik • Staatsbürgerschaft und Migration in Verfolgungsgeschichte einer weiteren Antirassistische Bildungsarbeit. Die Ver- historischer Perspektive: Neubeginn Gruppe gegeben werden, die von den anstaltungen der Reihe richten sich dezi- ohne Staat im Displaced Persons- Nationalsozialisten ebenfalls aus rassi- diert an Multiplikatorinnen und Multipli- Camp Bergen-Belsen 1945-1950 schen Gründen verfolgt wurde. Wichtig katoren der schulischen und • Diskriminierung als Gegenstand des ist aber auch einzubeziehen, dass Aus- außerschulischen Bildungsarbeit sowie historisch-politischen Lernens: Die Ver- grenzung und Verfolgung der Sinti und an Fachkräfte und Entscheidungsträger folgung von Sinti und Roma im Natio- Roma bereits eine lange unselige Traditi- aus den Bereichen Soziales und Politik in nalsozialismus und ihre Folgen on vor dem Nationalsozialismus hatten der Region Celle. Des Weiteren wird die • Recht und Gerechtigkeit im postdikta- und auch nach 1945 weiterbestand. Das Zweitägiges Projekt „Was ist (für mich) Recht?“ mit dem Gymnasium Lüchow am 1. November • Bernd Grafe-Ulke/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

16 Konzept der Bildungsmaterialien wurde waren Jugendliche und junge Erwachse- gleiche Rechte zu haben“. Erkenntnislei- Pädagoginnen und Pädagogen auf einer ne des Parlamentarischen Patenschafts- tendes Interesse dabei war, zu erproben, von Hartmut Ziesing durchgeführten Ver- programms (ppp), die auf ihr Jahr in den ob die Seminarkonzeption auch direkt für anstaltung des Projekts am 9. Juni 2010 USA vorbereitet und als Multiplikatoren die Qualifikation von jugendlichen Multi- in Sandbostel vorgestellt. („Minibotschafter/innen“) qualifiziert plikatorinnen und Multiplikatoren ein- 2. „Recht und Gerechtigkeit im postdikta- wurden. Bestandteil der dreitägigen Se- setzbar ist. Das Pilotseminar wurde für torischen Kontext. NS-Täter vor Gericht minare im April und Mai 2010 war jeweils zwei Projekttage mit zwei Schulklassen und die Entwicklung der internationalen ein Tag in der Gedenkstätte Bergen-Bel- organisiert und im Oktober und Novem- Strafgerichtsbarkeit bei Genozid“: sen mit dem Schwerpunkt „Recht spre- ber durchgeführt. Dabei lernten die Teil- Die konzeptionelle und didaktische chen angesichts des Unvorstellbaren nehmenden zunächst den Ort Bergen- Ausrichtung des Seminars „Das Recht, – Bergen-Belsen-Prozesse“. Belsen und die in der NS-Zeit damit ver- gleiche Rechte zu haben“ und der Mate- Auf einer Veranstaltung im Rahmen bundene Entrechtung kennen. Am zwei- rialien ist es, Subjektbezug, historischen der von Hartmut Ziesing durchgeführten ten Projekttag wurde, analog zur Multipli- Bezug und Gegenwartsbezug im Sinne Fortbildungsreihe „Lernen aus der Ge- katorenfortbildung, in vier Workshops ge- von Menschenrechts-, Völkerrechts- und schichte – aber wie?“ stellte Bernd Grafe- arbeitet, anschließend präsentiert und Demokratiebildung zu verbinden. Dies Ulke das Konzept des Themenmoduls gemeinsam diskutiert. Das Seminarfor- wird an der inhaltlichen Ausrichtung der „Recht und Gerechtigkeit im postdikta- mat könnte damit zukünftig einen weite- vier Workshops des Seminars deutlich: torischen Kontext“ vor. Unter dem Titel ren Baustein im Angebot von Gedenk- • Was ist (für mich) Recht? „Das Recht, gleiche Rechte zu haben“ stätte und Stiftung darstellen. • Wie war das Recht im Dritten Reich? wurden die vier thematischen Workshops • Recht sprechen angesichts des Unvor- durchgeführt. Die einzelnen Gruppen prä- stellbaren – Bergen-Belsen-Prozesse sentierten ihre Ergebnisse mittels der • Internationaler Strafgerichtshof / Euro- Methode „Museumsrundgang“ und päischer Gerichtshof für Menschen- diskutierten sie gemeinsam. rechte als zahnlose Tiger? Konkretes Ergebnis der Fortbildungs- Durch eine Kooperation mit dem Gus- reihe war eine Kooperation mit dem tav-Stresemann-Institut (GSI) eröffnete Gymnasium Lüchow bei zwei Projekt- sich die Möglichkeit Inhalte, Materialien tagen. Bernd Grafe-Ulke erstellte in Zu- und Methoden in drei Seminaren zu er- sammenarbeit mit Katrin Unger ein proben. Teilnehmerinnen und Teilnehmer Konzept für das Pilotseminar „Das Recht, Kooperationsprojekt „Erinnerte Gemeinschaften. Zwangs- und Zufallsgemeinschaften des Konzentrationslagers und DP-Camps Bergen-Belsen seit Kriegsende“

Das Kooperationsprojekt „Erinnerte Ge- meinschaften“ wird unter Leitung von Prof. Dr. Claus Füllberg-Stolberg (Histo- risches Seminar, Leibniz Universität Han- nover) und PD Dr. Habbo Knoch (Stiftung niedersächsische Gedenkstätten) durch- geführt und aus Mitteln des Programms Pro*Niedersachsen des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur finanziert. Drei Teilprojekte untersuchen die Bedeutung sozialer Formationen und Gruppenbildungen für das Überleben und die Erinnerung an Bergen-Belsen nach 1945.

Im Rahmen des Kooperationsprojektes Kommission für Niedersachsen und Bre- dem Nationalsozialismus für besondere 17 „Erinnerte Gemeinschaften. Zwangs- und men, präsentierte Thomas Kubetzky am Zielgruppen, Braunschweig 2010, Zufallsgemeinschaften des Konzentrati- 13. März das Projekt „Erinnerte Gemein- S. 244-262; onslagers und DP-Camps Bergen-Belsen schaften. Zwangs- und Zufallsgemein- „... éviter le pire aux femmes Israëlites seit Kriegsende“ wurden 2010 folgende schaften des Konzentrationslagers und de prisonniers“. Des tentatives de protec- Veranstaltungen durchgeführt bzw. Publi- DP-Camps Bergen-Belsen seit tion de la Maison du Prisonnier de la Sei- kationen veröffentlicht: Kriegsende“. ne au mois de mai 1943, in: Medaon – Katja Seybold hielt am 18. September Magazin für jüdisches Leben in For- Ein Workshop zum Thema „Erinnerte in der Gedenkstätte Bergen-Belsen bei ei- schung und Bildung, 4. Jg., 2010, Nr. 7, Gemeinschaften: Aktuelle Forschungs- nem Seminar für Bewerber im Besucher- S. 1-5, online unter http://medaon.de/ vorhaben zum KZ und DP-Camp Bergen- dienst einen Vortrag „Das Konzentrati- ebenfalls in einer deutschen Fassung Belsen“ fand am 1. Februar an der Leib- onslager Bergen-Belsen“. verfügbar: „... um das Schlimmste für die niz Universität Hannover statt. „Bergen-Belsen: Eine Gedenkstätte im jüdischen Frauen von Kriegsgefangenen Ein weiterer Workshop ebenda am Wandel. Neuere Forschungen zu Konzen- zu verhindern“. Rettungsbemühungen 18. Juni widmete sich dem Thema „Ge- trationslager und DP-Camp“ lautete das des Maison du Prisonnier de la Seine im meinschaft und Erinnerung: Neue Pers- Thema eines gemeinsamen Vortrages Mai 1943, in: Medaon – Magazin für jüdi- pektiven auf NS-Zwangslager und DP- von Janine Doerry, Thomas Kubetzky und sches Leben in Forschung und Bildung, Camps in Norddeutschland“. Katja Seybold bei einem Kolloquium am 4. Jg., 2010, Nr. 7, S. 1-5, online unter Janine Doerry hielt einen Vortrag zum 3. November am Historischen Seminar http://medaon.de/archiv-7-2010-quellen. Thema „Kriegsgefangene Juden in der TU Braunschweig. html; Frankreich und deren Familien in und „Captivité de guerre en Allemagne et nach der Shoah. Kriegsgefangenen- Janine Doerry veröffentlichte drei déportation à Bergen-Belsen. Des familles schaft, Deportation nach Bergen-Belsen Beiträge: de prisonniers de guerre juifs dans la und Erinnerung in Frankreich“ im Rah- „Also war das, denk’ ich, so gezwun- Shoah“, in: Fondation pour la Mémoire men der Tagung „Gemeinschaft als Er- gen...“ Ergebnisse einer Studie über Ein- de la Déportation (Hg.): Mémoire Vivante, fahrung. Kulturelle Inszenierungen und stellungen Jugendlicher zum Nationalso- Bulletin de la Fondation pour la Mémoire soziale Praxis 1930-1960“, die in Göttin- zialismus, in: Andreas Mischok (Hg.): de la Déportation N° 66, September 2010, gen vom 25. bis 27. Februar stattfand. „Schwierige Jugendliche gibt es nicht...! S. 3-9. Beim Arbeitskreis für die Geschichte – Historisch-Politische Bildung für ALLE“. des 19. und 20. Jahrhunderts, Historische Projekte zur Auseinandersetzung mit Publikationen der Stiftung

In 2010 veröffentlichte die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten folgende Publikationen:

Jahresbericht 2009 Jahresbericht 2009 Jahresbericht

Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten niedersächsische Stiftung

SNG_007 JB 2009 Umschlag.indd 1-3 11.11.10 18:00 Jahresbericht 2009 Catalogue of the permanent exhibition Bergen-Belsen. Historischer Ort und Bergen-Belsen Gedenkstätte Broschur, 116 Seiten Wehrmacht POW Camp 1940-1945, Celle 2010, 86 Seiten Concentration Camp 1943-1945, Displaced Persons Camp 1945-1950 Göttingen (Wallstein), 396 Seiten

18 Studientage Informationsangebot

Für Schülerinnen und Schüler ab der Klasse 9, Jugendliche Die Gedenkstätte Bergen-Belsen bietet umfangreiche und Erwachsene bietet die Gedenkstätte Bergen-Belsen Informationen an: Studientage zu folgenden Themen an: - Dauerausstellung zur Geschichte des Kriegsgefangenen- und - Sowjetische Kriegsgefangene in Bergen-Belsen Konzentrationslagers Bergen-Belsen sowie des DP-Camps - Kinder und Jugendliche im KZ Bergen-Belsen - Katalog zur Dauerausstellung in deutscher und - Das KZ Bergen-Belsen im Spiegel von Häftlings- englischer Sprache aufzeichnungen - Publikationen zum historischen Ort und zur Gedenkstätte - Das Verhältnis der Bevölkerung aus der Umgebung - Wechselausstellungen, teils mit Begleitprogramm zur Geschichte von Bergen-Belsen - Präsenzbibliothek - Anne Frank – auf der Spur eines Mädchens - Veranstaltungen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, - Frauen im KZ Bergen-Belsen Lesungen, Filmveranstaltungen Studientage - Vom Konzentrationslager zur Gedenkstätte Bergen-Belsen - Führungen und Studientage für Gruppen - ErlebteDie VerfolgungGedenkstätte anhand Bergen- von Zeitzeugeninterviews nach Voranmeldung Wie haben sich Überlebende nach 1945 How did survivors remember the biogra- Die Gedenkstätte Bergen- Belsen bietet umfangreiche Belsen bietet Studientage Die GedenkstätteInformationen bietet an: außerdem für Pädagoginnen und an die Lebenszäsur Bergen-Belsen phical rift that was Bergen-Belsen after an zu folgenden Themen: Pädagogen, insbesondere auch für Referandarinnen und th Referendare_ Dauerausstellung der Studien- zur und Ausbildungsseminare, den erinnert? Aus Anlass des 65. Jahres- 1945? For the 65 anniversary of the _ Sowjetische Kriegsgefan- Die Studientage richten sich Studientag Geschichte „Lernort des Bergen-Belsen“ Kriegs- an. tages der Befreiung werden erstmals liberation, the Bergen-Belsen gene in Bergen-Belsen an folgen den Personenkreis: gefangenen- und Schülerinnen und Schüler der Nähere KonzentrationslagersInformationen zu Studientagen und Führungen persönliche Zeichen der individuellen Memorial is displaying its first exhibition _ Kinder und Jugendliche Klassen 9 bis 13, Referendarinnen Tel. +49 Bergen-Belsen(0) 50 51 - 47 59sowie – 110 im KZ Bergen-Belsen und Referendare der pädagogischen Terminanfragen des DP-Camps und Anmeldung über Erinnerung an Bergen-Belsen in einer of personal commemorative artefacts. Studien- und Ausbildungsseminare, eMail: [email protected] Gedenkstätte _ Eine Vertiefungsebene Ausstellung gezeigt. _ Das KZ Bergen-Belsen Teilnehmer von Veranstaltungen Tel. +49 (0) 50 51 - 47 59 – 112 Bergen-Belsen im Spiegel von Häftlings- der freien Träger der Jugend- und zur Ausstellung mit detail- Die Gedenkstätte More than 20 original items from aufzeichnungen Erwachsenenbildung, Studentinnen lierteren Informationen, ist täglich geöffnet, in den the collections of survivors and the und Studenten, pädagogische etwa zu einzelnen Verfolg- Monaten Oktober bis März Mehr als zwanzig Originalobjekte aus _ Das Verhältnis der Bevölke- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tengruppen von 10 bis 17 Uhr, dem Besitz von Überlebenden und der Memorial provide insights into individual rung aus der Umgebung von Gedenkstätten und Gedenkstätten- Anne Frank-Haus in den Monaten April Die Gedenkstätte ist täglich geöffnet, Stiftung zur Geschichte von initiativen in Niedersachsen _ Begleitheft zur Daueraus- bis September von in den Monaten Oktober bis März niedersächsische Sammlung der Gedenkstätte ermög- biographies as well as the varied forms Bergen-Belsen Die Freizeit- stellung und in Jugendbildungsstätte deutscher und 10 bisAnne 18 Uhr.Frank-Haus ist von 10 bis 17 Uhr, Gedenkstätten lichen biographische Einblicke in die of commemorating the Bergen-Belsen Nähere Informationen zu Inhalten die Tagungs- englischer und JugendbildungsstätteSprache der Gedenkstätte in den Monaten April bis September _ Anne Frank – auf der Spur und Anmeldung sind zu erfragen unter: Bergen-Belsen. Sie liegt in Oldau, Stiftungeinem Ortsteil der von 10 bis 18 Uhr. vielfältige und weltweite Erinnerung an POW and concentration camps that eines Mädchens Tel. +49 (0) 50 51 - 47 59 - 112 Gemeinde_ Wechselausstellungen, Hambühren in der Nähe desniedersächsische Heideflusses Gedenkstätten Aller, in etwa 12teils Kilometer mit Begleitprogramm Entfernung vonGedenkstätte der Gedenkstätte. Bergen-Belsen Stiftung niedersächsische Gedenkstätten das Kriegsgefangenen- und Konzen- developed all over the world from the _ Frauen im KZ Bergen- Ausführlichere Informationen Anne Frank-Platz Gedenkstätte Bergen-Belsen trationslager Bergen-Belsen von der post-war period to the present day. Belsen auf der Website der Gedenkstätte: Anschrift:_ Veranstaltungen mit D - 29303 Lohheide Anne Frank-Platz http://www.bergenbelsen. CVJM LandesverbandZeitzeuginnen und Hannover e. V. D - 29303 Lohheide Nachkriegszeit bis in die Gegenwart. _ Vom Konzentrationslager niedersachsen.de/pdf/BB-ST.pdf Schulstraße Zeitzeugen 5 Tel. +49 (0) 50 51 - 47 59 - 0 zur Gedenkstätte Bergen- D - 29313 Hambühren-Oldau Fax +49 (0) 50 51 - 47 59 - 118 Tel.: +49 (0) 50 51 - 47 59 – 200 _ Studientage Belsen Fax: +49 (0) 50 51 - 47 59 – 118 mail: Tel. +49 (0) 51 43 - 1624 (werktags 8–12 Uhr) _ Filmveranstaltungen [email protected] Fax +49 (0) 51 43 - 2333 eMail: [email protected] Anne Frank-Haus eMail: [email protected] Die Freizeit- und Jugend- _ Präsenzbibliothek Gefördert über die Stiftung niedersächsische Gedenk- bildungsstätte Anne Frank- Fotos stätten aus Mitteln des Landes Niedersachsen und Haus ist die Tagungs- und _ Offenes Archiv Jugendbildungsstätte der Titel: aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Gedenkstätte Bergen- _ Tägliche Führungen Andreas Jäger durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur Belsen. Sie liegt in Oldau, und Medien. einem Ortsteil der Gemein- _ Betreuung von Seite 2: de Hambühren in der Nähe Besuchergruppen nach CVJM, LV Hannover des Heideflusses Aller, Voranmeldung Foto: Klemens Ortmeyer in etwa 12 Kilometer Anschrift: Rückseite: Halbjahresprogramm Überlebenszeichen. ErinnerungBergen-Belsen an Memorial Bergen-Belsen Entfernung von derSigns CVJM of Landesverband Survival. Hannover Memories e.V. of Bergen-BelsenGedenkstätte Bergen-Belsen/ Gedenkstätte Bergen-Belsen Gedenkstätte. Schulstraße 5 Stiftung niedersächsische www.bergen-belsen.de Oktober 2010 bis März 2011 Gedenkstätte Bergen-Belsen Anne-Frank-Platz D - 29313 Hambühren-Oldau Gedenkstätten Halbjahresprogramm Anne-Frank-Platz D-29303 Lohheide April bis September 2010 Ausstellung in der Gedenkstätte Bergen-Belsen An exhibitionTel. +49 (0) 51 43 - 16 24 at (werktags the 8 - 12Bergen-Belsen Uhr) Memorial, D-29303 Lohheide Germany Fax +49 (0) 51 43 - 23 33 15. April bis 13. Juni 2010 15 Aprilmail: [email protected] to 13 June 2010Halbjahresprogramm 2010-09-14.indd 1 20.09.10 10:09

Tel. +49(0)5051-4759-0 Tel. +49(0)5051-4759-0 Die Buchung erfolgt über die Geschäftsstelle des CVJM Landesverband Fax +49(0)5051-4759-118 Fax +49(0)5051-4759-118 Hannover: Archivstraße 3 [email protected] [email protected] D - 30169 Hannover www.bergen-belsen.de www.bergen-belsen.de Tel. +49 (0) 5 11 - 12 41 - 564 Fax +49 (0) 5 11 - 12 41 - 978 www.bergen-belsen.de mail: [email protected]

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Überlebenszeichen. Erinnerungen an Signs of Survival. Memories of Halbjahresprogramm der Gedenkstätte Bergen-Belsen Bergen-Belsen Bergen-Belsen

Broschüre zur gleichnamigen Ausstel- Englischsprachige Ausgabe der Broschü- April bis September 2010 lung in der Gedenkstätte Bergen-Belsen, re zur Ausstellung „Überlebenszeichen. und 15. April bis 13. Juni 2010, 40 Seiten Erinnerungen an Bergen-Belsen“ in der Oktober 2010 bis März 2011 Gedenkstätte Bergen-Belsen, 15. April bis 13. Juni 2010, 40 Seiten Veröffentlichungen und Vorträge von Beschäftigten der Stiftung

Veröffentlichungen Vorträge Kinder in der Deportation in Bergen- Belsen. Podiumsbeitrag bei einer Veran- Knoch, Habbo: Buchholz, Marlis: staltung der Association des déportés de „Stupider Willkür ausgeliefert“. Organi- Am 17. Februar 2010 Vorstellung der Bergen-Belsen in der Sorbonne (Paris), sationsformen und Gewaltpraktiken in Dokumentationsstelle „Widerstand und 20. Januar 2010. den emsländischen Konzentrations- und Verfolgung 1933 bis 1945 auf dem Gebiet Bildzeugen der NS-Verbrechen und die Strafgefangenenlagern 1933-1940, in: des Landes Niedersachsen“ auf dem Zukunft des Erinnerns. Vortrag, Histori- Hermann Kaienburg (Hg.), Nationalsozia- Informationstag für Archivarinnen und scher Verein für Niedersachsen (Hanno- listische Konzentrationslager 1933-1945: Archivare an niedersächsischen Staats- ver), 28. Januar 2010. Die Veränderung der Existenzbedingun- archiven. Desiderate der Lagerforschung. Podi- gen, Berlin 2010, S. 25-50. umsbeitrag zur Vorstellung des 9. Bandes Die Rückkehr der Zeugen. Gedenkstätten Gödecke, Monika: der Lagerenzyklopädie „Orte des Terrors“, als Gedächtnisorte der Bundesrepublik, in: Jahresrückblick und aktuelle Schwer- Zentrum für Antisemitismusforschung/C. Gerhard Paul/Bernhard Schoßig (Hg.), Öf- punkte in der Arbeit der Stiftung nieder- H. Beck Verlag, München, 8. Februar 2010. fentliche Erinnerung und Medialisierung sächsische Gedenkstätten bzw. der Ge- Die Zukunft des Erinnerns. Beitrag zum des Nationalsozialismus. Eine Bilanz der denkstätte Bergen-Belsen. Vortrag bei der Symposium zu Ehren von Prof. Dr. Rolf letzten dreißig Jahre, Göttingen 2010, S. Generalversammlung der Amicale de Wernstedt (Hannover), 5. Juni 2010. 116-137. Bergen-Belsen am 26. September in Unheimliche Komplizen. NS-Täter und Paris. die politische Kultur der Bundesrepublik. Rahe, Thomas: Vortrag in der Gedenkstätte Schillstraße, Il campo di concentramento di Bergen- Gring, Diana: Braunschweig, 9. September 2010. Belsen dal 1943 al 1945, in: Bruno Man- „Zur Arbeit mit filmischen Zeitzeugen- Täterbilder. Die visuelle Überlieferung telli (Hg.), Il Libro die Deportati, Vol. 3: La erinnerungen und historischen Filmauf- nationalsozialistischer Zwangslager. Vor- galassia concentrazionaria SS 1933-1945, nahmen in den Ausstellungen von Gedenk- trag auf der Konferenz „Der Ort des Ter- Milano 2010, S. 62-78. stätten. Erfahrungen und Anregungen rors“, (Berlin, Zentrum für Antisemitis- Das Konzentrationslager Bergen-Bel- aus der Neugestaltung der Gedenkstätte musforschung), 27./28. September 2010. sen. Ein Rückblick 65 Jahre nach der Be- Bergen-Belsen“. Vortrag bei der Tagung Spuren sichern, Fenster öffnen. Aufga- freiung, in: Tribüne. Zeitschrift zum Ver- „Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg- ben der Gedenkstättenarbeit. Vortrag auf ständnis des Judentums 49 (2010), Heft Vorpommern“ am 25. Oktober in Einladung der Initiative KZ-Gedenkstätte 195, S. 121-128. Wöbbelin. Engerhafe, 23. Oktober 2010. Das jüdische DP-Camp Bergen-Belsen Workshop (gemeinsam mit Kirsten und sein deutsches Umfeld, in: Beiträge John-Stucke) und Vortrag „Vom Umgang Rahe, Thomas: 19 zur Geschichte der nationalsozialisti- mit Zeitzeugen in Gedenkstätten“ auf der „Zwischen Tod und Neubeginn – Das schen Verfolgung in Norddeutschland 12 Tagung „Werkstatt Geschichtsarbeit und jüdische Displaced-Persons-Camp Ber- (2010), S. 75-89. historisch-politisches Lernen zum Natio- gen-Belsen 1945-1950“. Vortrag in der nalsozialismus. NS-Ideologie und die Tä- Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Han- Rudnick, Carola: terschaft der SS“ vom 18. bis 20. Novem- nover am 9. Februar. Tagungsbericht „Überlebende und ihre ber in Paderborn und in der Gedenkstätte „Yvonne Koch – Als jüdisches Kind aus Kinder im Gespräch“ (5. bis 7. Mai 2010, Wewelsburg. der Slowakei ins KZ Bergen-Belsen“. Vor- Hamburg), in: H-Soz-u-Kult, 13.09.2010, trag beim Seminar „Begegnungen mit . „Berthold Mehm – Baumeister, Bibel- minar in Zusammenarbeit der Historisch- forscher und Opfer der Zusammenarbeit Ökologischen Bildungsstätte Emsland in Schellenberg, Martin (zusammen mit von Justiz und Gestapo“. Vortrag und Vor- Papenburg e.V. und der Interessenge- Haug, Verena): stellung eines Dokumentarfilms beim Se- meinschaft niedersächsischer Gedenk- „Gedenkstätten“, in: Anja Besand und minar „Begegnungen mit Menschen und stätten und Initiativen zur Erinnerung an Wolfgang Sander (Hg.), Handbuch Medi- Tatorten 1933-1945“, Seminar in Zusam- die NS-Verbrechen, veranstaltet in Pa- en im Politikunterricht, Schwalbach/Ts. menarbeit der Historisch-Ökologischen penburg vom 19. bis 21. Februar. 2010, S. 213-222. Bildungsstätte Emsland in Papenburg „Die nationalsozialistische Verfolgung e.V. und der Interessengemeinschaft nie- der Sinti und Roma und das Konzentrati- Staats, Martina: dersächsischer Gedenkstätten und Initia- onslager Bergen-Belsen“. Vortrag im „Neu- 1946 bis 1953: Die Weiter- tiven zur Erinnerung an die NS-Verbre- Rahmen der Internationalen Wallfahrt nutzung des ehemaligen Vorlagers des chen, veranstaltet in Papenburg vom 19. der Sinti und Roma am 23. Juli in Kriegsgefangenen- und Konzentrations- bis 21. Februar. Germershausen. lagers Bergen-Belsen“, in: Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Knoch, Habbo: Rudnick, Carola Verfolgung in Norddeutschland 12 (2010), Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen. „Zeitzeugen in der Bildungsarbeit“, Vor- S. 90-107. Podiumsbeitrag zur Festveranstaltung trag am 13. November in Hannover beim aus Anlass des zehnjährigen Bestehens Netzwerk Erinnerung und Zukunft auf der des Trägervereins der Gedenkstätte Au- Tagung „Die Zukunft der Erinnerung – gustaschacht/Ohrbeck, 17. Januar 2010. Zeugenschaft ohne Zeitzeugen“. 20 Gedenkstätte Bergen-Belsen

21 Allgemeiner Bericht

Habbo Knoch, Thomas Rahe

Am 15. April, dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen, Benny Gantz, der Stellvertretende Generalstabschef der israelischen Armee, dessen wurde in der Gedenkstätte die Ausstellung „Überlebenszeichen. Erinnerung an Bergen- Mutter Malca das KZ Bergen-Belsen überlebt hatte, nutzte Gespräche zwischen den Belsen“ eröffnet. Sie widmete sich über Einzelexponate und die Medienstation „Irgend- Führungsstäben von israelischer Armee und Bundeswehr zu einem Besuch der Gedenk- wie bin ich ein Teil von hier …“ der bis heute andauernden Auseinandersetzung der stätte am 17. August. Er wurde begleitet von seinem Sohn Nadav und dem Überlebenden Überlebenden mit ihren Lagererfahrungen. Mehrere der Zeitzeugen kamen bei einem Abraham Heymann und dessen Sohn Josef, Brigadegeneral der israelischen Armee. Zu Podiumsgespräch selbst zu Wort. • Hagen Stöckmann/Stiftung niedersächsische den Besuchern gehörten weiterhin der stellvertretende Generalinspekteur der Bundes- Gedenkstätten wehr, Vizeadmiral Wolfgang Kühn, und Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen. • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

22 Das Jahr 2010 war für die Gedenkstätte Am deutlichsten zeigte dies die Teil- des KZ und der Second Generation, die Bergen-Belsen durch mehrere wichtige nahme zahlreicher ehemaliger Häftlinge auch noch in den kommenden Jahren Ereignisse und Entwicklungen geprägt. an der Gedenkfeier am 65. Jahrestag der die Arbeit der Gedenkstätte in charakte- Am 4. März konnte die Verwaltungsver- Befreiung im April. Auch die Ausstellungs- ristischer Weise prägen wird. einbarung zwischen Bund, Land und Stif- projekte des vergangenen Jahres zur Er- Das auch 2010 insgesamt erweiterte tung zur Aufnahme der institutionellen innerung an das Lager Bergen-Belsen Spektrum der Kooperationspartner und Förderung der Gedenkstätte unterzeich- aus der Perspektive ehemaliger Häftlinge Nutzer der Gedenkstätte Bergen-Belsen net werden. Im April fanden umfang- („Überlebenszeichen“) und die Präsenta- und ihrer Sammlung bzw. ihrer Informa- reiche Veranstaltungen aus Anlass des tion von Kunstwerken der luxemburgi- tionsangebote hat insoweit die Zusam- 65. Jahrestages der Befreiung statt. Die schen Überlebenden Madeleine Weis- menarbeit mit den ehemaligen Häftlin- Umsetzung des „Masterplans“ zur Les- Bauler waren Resultate einer unmittel- gen ergänzt, nicht jedoch ersetzt. barmachung des historischen Geländes baren Kooperation mit ehemaligen Häft- Ehemalige Häftlinge konnten im Einzel- konnte mit einem zweijährigen Projekt lingen. Die Sammlungsaktivitäten der fall auch in die Bildungsarbeit einbezo- fortgesetzt werden. Gedenkstätte Bergen-Belsen profitierten gen werden – entweder als Zeitzeugen Angesichts des absehbaren Endes der ebenfalls von solchen direkten Kontak- bei internationalen Jugendworkcamps unmittelbaren Zeitzeugenschaft der ehe- ten. So konnten eindrucksvolle Original- oder auch indirekt durch individuelle maligen Häftlinge der nationalsozialisti- artefakte aus der Geschichte des Konzen- Auskünfte oder die Bereitstellung von schen Konzentrationslager wurde in trationslagers als Schenkung oder Dauer- schriftlichen Berichten und Interviews für jüngster Zeit intensiv über die Zukunft leihgabe erworben werden. spezifische Belange der pädagogischen der Erinnerungskultur gerade in Deutsch- Im Rahmen der begrenzten finanziellen Arbeit. land diskutiert. Für die Arbeit der Gedenk- Möglichkeiten wurden weitere lebensge- Die Entwicklung des neu aufzubauen- stätte hat dieser Epochenwechsel nicht schichtliche Videointerviews mit Überle- den Pädagogischen Zentrums der Ge- die gleiche Intensität wie für viele andere benden des KZ Bergen-Belsen geführt, denkstätte war 2010 vor allem geprägt Gedenkstätten an Orten ehemaliger Kon- darunter auch mit einer Frau, die hier ge- durch die Entwicklung von Leitlinien für zentrationslager. Da im KZ Bergen-Belsen boren wurde. Mit ihnen wie auch mit den die Arbeit der kommenden Jahre, bei de- sehr zahlreich Kinder und Jugendliche zwischen 1945 und 1950 im DP-Camp nen auch die Veränderungen im Curricu- inhaftiert waren, bestehen nach wie vor Bergen-Belsen Geborenen besteht – lum für die Schulen in Niedersachsen zu viele Kontakte zu Überlebenden dieses resultierend aus der spezifischen Ge- berücksichtigen waren. Die personelle Lagers. Sie haben die Arbeit der Gedenk- schichte dieses Lagers – ein „gleitender Verstärkung des pädagogischen Zent- stätte auch 2010 nachhaltig geprägt. Übergang“ zwischen den Überlebenden rums ermöglichte eine Ausweitung der Filmveranstaltung „Killing Kasztner“: v.l.: Dr. Thomas Rahe, Zsuzsi Kasztner, Miryam Sommerfeld-Irsai, Gaylen Ross und Ladislaus Löb • Carola Rudnick/Stiftung niedersäch- sische Gedenkstätten

internationalen Bildungsarbeit und Be- sein, um der Bedeutung des historischen 23 gegnungen, ein Bereich, in dem die Ge- Geländes für das Gedenken und die Bil- denkstätte Bergen-Belsen nun stärker als dungsarbeit zu entsprechen. Weitere bisher auch als Initiator und unmittelba- müssen folgen: rer Akteur internationaler Jugendbegeg- • Durch die Verantwortung der Gedenk- nungen auftreten kann. Einen weiteren stätte für das gesamte ehemalige La- Schwerpunkt bildete das intensivierte gergelände und die landschaftsgestal- Fortbildungsangebot für Lehrkräfte, das terischen Maßnahmen sind die neue thematische Akzente umfasst, etwa zukünftigen laufenden pflegerischen die Geschichte der Erinnerungskultur in Aufgaben zu entwickeln. Mit Partnern Bergen-Belsen, und auf eine stärkere Ver- aus dem Bereich des Denkmalschut- knüpfung von schulischem Unterricht zes, der Forstverwaltung, der Land- und der pädagogischen Arbeit in der schaftsplanung, der Universitäten und Gedenkstätte Bergen-Belsen abzielt. des Naturschutzes wird ein zukunftsfä- Die Neugestaltung der Gedenkstätte higes Pflegekonzept erarbeitet. Es sieht Bergen-Belsen konnte 2010 mit einem auch die Einbindung von Freiwilligen weiteren wichtigen Schritt fortgesetzt in die Pflegemaßnahmen vor. werden. Ein von Land und Bund geför- • Die historischen Relikte sind durch dertes zweijähriges Projekt ermöglicht es weitere Maßnahmenschritte vor ihrem nun, wesentliche Maßnahmen im Bereich Verfall zu sichern. Dies erfordert Unter- des historischen Lagergeländes umzuset- suchungen zu den besten Erhaltungs- zen, die bereits mit dem neuen Dokumen- maßnahmen sowie entsprechende tationszentrum geplant waren: die Les- Schritte der wissenschaftlichen Er- barmachung des historischen Geländes schließung, der Konservierung und anhand topografischer Merkmale sowie des Schutzes. ein Besucherleitsystem mit Informatio- • Dem Masterplan der Neugestaltung nen zu einzelnen Bereichen und Orten entsprechend bleibt in einem geson- des ehemaligen Lagers. derten Projekt weiterhin der „Ort der Mit dem Abschluss dieses Projektes Namen“ zu realisieren. wird 2011 ein wichtiger Schritt getan Kalendarium

Vortrag in der Sorbonne am 20. Januar von Dr. Habbo Janine Marx-Moyse in der Gedenkstätte Bergen-Belsen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Internationalen Knoch (Mitte) • Sorbonne, Paris (www.paris-sorbonne.fr) am 24. Januar • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Jugendworkcamps am jüdischen Mahnmal • Sabine Bergmann/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

24 Januar Februar März

Am 11. Januar wurde das Dokumentati- Unter dem Titel „Zwischen Hoffnung Vom 18. bis 28. März fand eine Studien- onszentrum der Gedenkstätte Bergen- und Verzweiflung“ stellten Dr. Thomas fahrt zur Gedenkstätte Yad Vashem (Israel) Belsen mit dem Museumspreis der Nie- Rahe und Christian Wolpers am 21. Feb- als Kooperationsveranstaltung der Stif- dersächsischen Sparkassenstiftung 2009 ruar Bilder und Dokumente zur Geschich- tung niedersächsische Gedenkstätten/Ge- ausgezeichnet. te der Kasztner-Gruppe im Konzentrati- denkstätte Bergen-Belsen mit Yad Vashem onslager Bergen-Belsen vor. und der GEW Niedersachsen statt. Ein Tagesseminar für Lehrkräfte zur Vorbereitung auf eine Studienfahrt nach Der Spielfilm „Gloomy Sunday – Ein Yad Vashem fand am 16. Januar statt. Lied von Liebe und Tod“ wurde in der Reihe „Film und Gespräch“ am 7. März Bei einer „Table Ronde“ der Amicale de gezeigt. Anschließend bestand die Mög- Bergen-Belsen hielt Dr. Habbo Knoch am lichkeit zum Gespräch mit dem Regisseur 20. Januar einen Vortrag in der Sorbonne Rolf Schübel. (Paris) über die Gedenkstätte Bergen- Belsen. Das 16. Internationale Jugendwork- camp mit Jugendlichen aus acht Ländern Die Zeitzeugin Janine Marx-Moyse fand vom 22. März bis 1. April in der Ge- berichtete am 24. Januar aus ihrer Le- denkstätte Bergen-Belsen statt. bensgeschichte. Zusammen mit ihrer Mutter war sie in einer Gruppe von Ange- hörigen französischer jüdischer Soldaten und Offiziere. Die Gruppe war über das Lager Drancy bei Paris als Austausch- geiseln nach Bergen-Belsen deportiert worden, während die Väter in deutscher Kriegsgefangenschaft unter dem Schutz der Genfer Konvention standen. Eröffnung der Sonderausstellung „Überlebenszeichen – Nach einer jahrelangen Korrespondenz über die Befreiung Besuch aus Israel am Shoah-Gedenktag • Stiftung nieder- Erinnerungen an Bergen-Belsen“ • Hagen Stöckmann/ hatten sich der Überlebende Juljan Wieciech aus Polen sächsische Gedenkstätten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten (links) und der Befreier Ian Forsyth aus Schottland (rechts) zu einem persönlichen Treffen verabredet. • Hagen Stöck- Ansprache von Wanda Broszkowska-Piklikiewicz bei der mann/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Gedenkfeier auf dem Kriegsgefangenen-Friedhof Hörsten • Monika Gödecke/Stiftung niedersächsische Ansprache von Ferdinando Atti bei der Gedenkfeier auf Gedenkstätten dem Kriegsgefangenen-Friedhof Hörsten • Carola Rudnick/ Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

April 25

Am Shoah-Gedenktag, 12. April, be- Am 18. April fanden die Gedenkfeiern Wie schon in den Vorjahren beteiligten suchte eine Delegation der Israelischen zum 65. Jahrestag der Befreiung statt: sich Zeitzeugen auch 2010 an einem Se- Botschaft und der Israelischen Marine mit Kranzniederlegungen auf dem sow- minar „Unrechtssysteme“, das vom 26. die Gedenkstätte Bergen-Belsen. jetischen Kriegsgefangenenfriedhof in bis 29. April stattfand. Hörsten und den Gedenkfeiern am In Anwesenheit zahlreicher Überleben- Obelisken, Hochkreuz und jüdischen der wurde die Sonderausstellung „Über- Mahnmal. lebenszeichen – Erinnerungen an Bergen- Belsen“ am 15. April, dem Jahrestag der Den „Girls’ Day“ am 22. April nutzten Befreiung, eröffnet. junge Frauen, um sich unter Anleitung von Inka Ostendorf und Tobias Trutz (bei- de im Freiwilligen Sozialen Jahr) einen Einblick in die Arbeitsbereiche der Ge- denkstätte Bergen-Belsen zu verschaffen. Besuch der Delegation der Amicale Internationale Begegnung mit der Zeitzeugin Marion Blumenthal-Lazan Mitglieder der Israelisch-Deutschen Juristenvereinigung in de Neuengamme, OB Mende (links), André Paul Guitat in • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Bergen-Belsen • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten der Bildmitte • Amicale Internationale de Neuengamme Ein Austin-Oldtimer machte am 18. Mai auf dem Parkplatz Szenische Lesung „Die Frau an seiner Seite“ • Stiftung Besuch des niederländischen Botschafters Marnix Krop der Gedenkstätte Station. • Stiftung niedersächsische niedersächsische Gedenkstätten (rechts) mit Ehefrau und Dr. Christine Hawighorst (links) Gedenkstätten • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

26 Mai Juni

Eine Delegation der „Amicale Inter- Moshe Nordheim hielt am 9. Mai einen Im Rahmen der Ausstellung „Überle- nationale de Neuengamme“, darunter Vortrag als Zeitzeuge im Rahmen der benszeichen – Erinnerungen an Bergen- der Bergen-Belsen-Überlebende André Ausstellung „Überlebenszeichen. Erinne- Belsen“ hielt die Zeitzeugin Marion Blu- Paul Guitat, besuchte die Gedenkstätte rungen an Bergen-Belsen“. menthal-Lazan am 6. Juni einen Vortrag. am 1. Mai in Begleitung von Dirk-Ulrich Mende, Oberbürgermeister der Stadt Der niederländische Botschafter, Vertreter der Israelisch-Deutschen Celle. Marnix Krop, besuchte die Gedenkstätte Juristenvereinigung besuchten die am 18. Mai. Er wurde begleitet von seiner Gedenkstätte am 11. Juni. Im Rahmen der Lesungsreihe „Himmel, Ehefrau, von der damaligen Staatssekre- welch ein Land! Landkreis und Literatur – tärin im niedersächsischen Kultusminis- Die Zeitzeugin Professor Dr. Dagmar Eine Sichtung von & mit Oskar Ansull“ terium, Dr. Christine Hawighorst, und Lieblovà hielt am 13. Juni einen Vortrag widmete sich der Autor am 4. Mai im dem niederländischen Generalkonsul, im rahmen der Ausstellung „Überlebens- Stadthaus Bergen dem Thema „Heimat- Dr. Volker Müller. zeichen – Erinnerungen an Bergen- literatur – zwischen Mission, Militär und Belsen. Mittelalter“. Das Spektrum umfasste Au- toren wie die Brüder Harms, Begründer Am 27. Juni beleuchteten die Schau- der Hermannsburger Mission ebenso wie spielerinnen Inga Dietrich, Joanne Gläsel den Faßberger Poeten und Journalisten und Sabine Werner in ihrer szenischen Rolv Heuer und zumal diejenigen, die im Lesung „Die Frau an seiner Seite“, ange- Konzentrationslager Bergen-Belsen Auf- lehnt an Untersuchungen der Historike- zeichnungen wie Tagebücher oder Ge- rin Gudrun Schwarz, ein noch wenig er- dichte verfasst haben. Die Veranstaltung forschtes Kapitel der NS-Geschichte: die fand in Kooperation der Stiftung nieder- Lebenswege einzelner Frauen prominen- sächsische Gedenkstätten/Gedenkstätte ter SS-Täter. Ihre Sicht der Dinge im Bergen-Belsen mit der Stadt Bergen Nationalsozialismus und nach Kriegs- statt. ende sowie die Beschreibung der inne- ren Struktur der SS bilden die grund- legenden Elemente der Lesung. Ministerin Aygül Özkan (links) in der Gedenkstätte Bergen- Besuch von Benny Gantz • Stiftung niedersächsische Besuch des Stiftungsratsvorsitzenden, Kultusminister Belsen • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Gedenkstätten Dr. Bernd Althusmann in der Gedenkstätte, Informations- gespräch mit Klaus Tätzler, Abteilung Forschung und Dokumentation • Heike Rudolph/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Juli August 27

In Kooperation mit dem United States „Und wir Luxemburgerinnen haben Der Vorsitzende des Stiftungsrates der Holocaust Memorial Museum besuchten immer gesagt: Wir kommen noch heim!“ Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Lehrkräfte an Schulen in den USA die lautete der Titel einer Sonderausstellung, und Niedersächsischer Kultusminister, Gedenkstätte am 13. Juli. in der vom 15. August bis 17. Oktober Dr. Bernd Althusmann, widmete am Gemälde der Luxemburger Künstlerin 27. August der Gedenkstätte einen Be- Am 20. Juli war Aygül Özkan, nieder- Madeleine Weis-Bauler in der Gedenk- such. Er ließ sich das Dokumentations- sächsische Ministerin für Soziales, Frau- stätte gezeigt wurden. zentrum und die einzelnen Arbeitsberei- en, Familie, Gesundheit und Integration, che der Gedenkstätte ausführlich vor- in der Gedenkstätte zu Gast. Benny Gantz, der Stellvertretende Ge- stellen. Zugleich leitete er die nächste neralstabschef der israelischen Armee, Phase in der Realisierung des Master- dessen Mutter Malca das KZ Bergen- plans ein: die Umgestaltung des histori- Belsen überlebt hatte, nutzte Gespräche schen Lagergeländes, mit der die damali- zwischen den Führungsstäben von israe- gen Innen- und Außengrenzen des lischer Armee und Bundeswehr zu einem Lagers wieder durch Schneisen im Wald- Besuch der Gedenkstätte am 17. August. bestand sichtbar gemacht werden. Ladislaus Löb liest aus seinem Buch „Geschäfte mit dem Lesung aus der Autobiographie von Madeleine Weis- Filmveranstaltung „Die Akte B.“, v. l.: Dr. Monika Gödecke Teufel“ • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Bauler. V. l.: Dr. Kathrin Meß, Hany Heshamat, Melanie (Stiftung niedersächsische Gedenkstätten), Georg M. Noesen • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Hafner und Esther Schapira • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

28 September Oktober

Mit einer Lesung des Autors und Zeit- Den Abschluss der Fortbildungsreihe Am 24. Oktober wurde die Reihe „Film zeugen Ladislaus Löb aus seinem Buch „Lernen aus der Geschichte – aber wie?“ und Gespräch“ fortgesetzt mit dem „Geschäfte mit dem Teufel. Die Tragödie bildete die Veranstaltung „Gedenkstät- Dokumentarfilm „Die Akte B. – Alois des Judenretters Rezsö Kasztner. Bericht tenarbeit und Gegenwartsbezug“ am Brunner, die Geschichte eines Massen- eines Überlebenden“ wurde an das 7. Oktober 2010 in der Gedenkstätte mörders“. Als engster Mitarbeiter von Schicksal einer Gruppe von Häftlingen Bergen-Belsen. Adolf Eichmann schickte Brunner von im Konzentrationslager Bergen-Belsen 1939 bis 1945 über 120 000 Menschen in erinnert, die zu den von Kasztner Gerette- Eine Lesung aus der Autobiographie den Tod. Nach dem Krieg setzte er sich- ten gehörten und im Dezember 1944 in von Madeleine Weis-Bauler fand am nach Syrien ab. Im Gespräch berichteten die Schweiz ausreisen konnten. 17. Oktober statt, zum Abschluss der die Filmemacher Esther Schapira und Sonderausstellung mit Werken der Georg M. Hafner, beide Journalisten Serhat Temel, Oberbürgermeister von Luxemburger Malerin. Melanie Noesen beim Hessischen Rundfunk, von den drei Batman, der türkischen Partnerstadt von und Dr. Katrin Meß als Kuratorin der Jahre dauernden Recherchen und von Celle, besuchte mit einer Delegation die Ausstellung trugen Passagen aus der den Dreharbeiten, aber auch von der Gedenkstätte am 28. September. Autobiographie vor, die unter dem Titel überraschenden Identifikation eines „Aus einem anderen Leben“ auch in damals Beteiligten auf einem Foto in Deutschland veröffentlicht ist. Musika- ihrem gleichnamigen Buch. lisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Hany Heshmat (Gitarre). Filmveranstaltung „Killing Kasztner“ • Carola Rudnick/ Duo HORA, Jiddischer Liederabend • Duo HORA Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

November Dezember 29

Die Zeitzeugin Marion Blumenthal- Mit dem englischsprachigen Dokumen- Am 9. Dezember gastierte im Stadt- Lazan war am 14. November nochmals tarfilm„Killing Kasztner“ schloss die Rei- haus Bergen das Duo HORA. Susanne in Bergen-Belsen zu Gast und berichtete he „Film und Gespräch“ am 5. Dezember Reerink (Gesang, Violine) und Martin aus ihrer Lebensgeschichte. für 2010. War Resző Kasztner ein helden- Rumprecht (Gesang, Akkordeon, Klavier hafter Retter von Juden oder aber ein und Gitarre) präsentierten bei einem Ein Fotoworkshop für Jugendliche Verräter, der mit den Nazis kollaborierte? Jiddischen Liederabend Musik, die fand vom 22. bis 24. November in der Zu dieser Frage hatte die Regisseurin zwischen 1945 und 1950 auch in der Gedenkstätte statt. Die Ergebnisse Gaylen Ross acht Jahre lang recherchiert Lüneburger Heide gespielt wurde: Diese wurden in einer kleinen Ausstellung und Historiker, Journalisten und Zeugen Musik gehörte zur kulturellen Identität präsentiert. befragt. Beim Gespräch nach der Film- der jüdischen Holocaust-Überlebenden vorführung waren neben der Regisseurin im Displaced Persons Camp Bergen- auch Zsuzsi Kasztner, die Tochter von Belsen – nur wenige Kilometer von der Resző Kasztner, zu Gast und Ladislaus Stadt Bergen entfernt. Die Veranstaltung Löb, einer derjenigen, die Kasztner hatte fand in Kooperation der Gedenkstätte retten können. Bergen-Belsen mit der Stadt Bergen statt. Begegnungen mit Zeitzeugen

30 Gabriella B.: Lebensgeschichtliches Shoshanna Hasson-Kolb: Besuch der Lev Raphael: Lebensgeschichtliches Interview in der Gedenkstätte Bergen- Gedenkstätte Bergen-Belsen am 11. Juni. Interview in der Gedenkstätte Bergen- Belsen am 5. Oktober. Fanny Heymann, Esther Maas: Besuch Belsen am 1. November. Am selben Tag Agnes Ben-Shalom: Besuch der Gedenk- der Gedenkstätte am 27. September Lesung aus seinem Buch „My Germany“ stätte am 6. Oktober im Rahmen des zusammen mit ihren Söhnen. in der Synagoge Celle. Interviewprojekts. Zsuzsi Kasztner: Besuch der Gedenk- Hildegard S.: Besuch der Gedenkstätte Yehuda Blum: Begegnung mit Schü- stätte am 5. Dezember im Rahmen der Bergen-Belsen und lebensgeschichtliches lern des Gymnasiums Mellendorf am Veranstaltung zum Film „Killing Interview am 17. Dezember. 17. Juni. Öffentlicher Vortrag in der Kasztner“. Jacques Saurel: Begleitung einer Schul- Synagoge am 27. Juni. Dagmar Lieblová: Zeitzeugengespräch klasse aus Frankreich bei ihrem Besuch Marion Blumenthal-Lazan: Zeitzeugen- am 13. Juni in der Gedenkstätte. Begeg- der Gedenkstätte am 2. März. gespräch in der Gedenkstätte Bergen- nung mit drei 9. Klassen der Heinrich- Miryam Sommerfeld; Besuch der Ge- Belsen am 6. Juni. Am 7. Juni Teilnahme Pröve-Realschule, Winsen, am 14. Juni. denkstätte am 5. Dezember im Rahmen als Zeitzeugin an einem Studientag und Ladislaus Löb: Lesung am 12. Septem- der Veranstaltung zum Film „Killing Begegnung mit zwei 10. Klassen der ber in der Gedenkstätte aus seinem Buch Kasztner“. Otto-Hahn-Realschule in Selm. Am 9. und „Geschäfte mit dem Teufel“. Besuch der Ed Sonshine: Besuch der Gedenkstätte 15. November Begegnungen mit Schülern Gedenkstätte im Rahmen der Veranstal- am 3. August, in Begleitung von Prof. aus Hoya und vier 6. Klassen der IGS tung zum Film „Killing Kasztner“ am Henri Lustiger-Thaler. Hannover-List. Zeitzeugengespräch in 5. Dezember. Keith Stuart: Lebensgeschichtliches der Gedenkstätte Bergen-Belsen am Janine Marx-Moyse: Zeitzeugenge- Interview am 23. September in der 14. November. spräch in der Gedenkstätte am 24. Januar. Gedenkstätte. Anatol Chari: Lesung aus seinem Buch Moshe Nordheim; Begegnung am Ludwig W.: Lebensgeschichtliches „Undermensch“ in der Synagoge Celle 7. Mai in der Hauptschule Eschede mit Interview in der Gedenkstätte am am 17. April. Schülern der 9. und 10. Klasse. Zeitzeu- 29. Oktober. Salomon Finkelstein: Zeitzeugenge- gengespräch in der Gedenkstätte am Yitzak Weinberg: Beteiligung als Zeit- spräch am 1. September in der Synagoge 9. Mai. zeuge an Dreharbeiten einer israelischen Celle. Rudi Oppenheimer: Zeitzeugenge- Filmgesellschaft am 6. November in der spräch im Rahmen der Gedenkfeiern Gedenkstätte Bergen-Belsen. am 15. April. Den historischen Ort wieder lesbar machen Fortsetzung der Neugestaltung der Gedenkstätte Bergen-Belsen

Habbo Knoch

Bei seinem Besuch der Gedenkstätte Bergen-Belsen am 27. August bringt der niedersäch- sische Kultusminister Dr. Bernd Althusmann zusammen mit dem Leiter des Staatlichen Baumanagements Lüneburger Heide, Wilhelm Wickbold, die Umsetzung des Masterplans zur Neugestaltung des Außengeländes auf den Weg. Das Projekt folgt den Empfehlungen einer 2005 eingesetzten Arbeitsgruppe zur Lesbarmachung des Geländes. • Heike Rudolph/ Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Aufgabe den Planungen zugrunde gelegt wurden: zusätzliche Schneisen und Sichtachsen 31 1945 ordnete die britische Militärregie- Das ehemalige Lagergelände soll als Ort im Waldbestand des historischen Areals, rung eine angemessene Gestaltung des historischen Geschehens verständlich um die Außengrenzen, die Lagertrennun- ehemaligen Lagergeländes an, um der gemacht, die Nachkriegsgestaltung inte- gen im Innern sowie einzelne markante dort ruhenden Toten würdig zu geden- griert und mit der Gestaltung Raum für Lagerbereiche erkennbar zu machen. Auf ken. Auf einem Teil des Areals – dem Ge- Bildungsarbeit eröffnet werden. Zudem Rekonstruktionen wird dabei verzichtet. biet um die Massengräber – wurde eine soll mit einem „Ort der Namen“ ein neu- Ergänzt werden die landschaftsgestalteri- Heidelandschaft angelegt, in der die his- er Gedenkort geschaffen werden, der für schen Maßnahmen durch ein Informati- torische Lagertopografie kaum mehr zu das individuelle Leiden der in den Mas- onssystem aus Lesezeichen und Stelen. erkennen ist. sengräbern namenlos bestatteten Opfer Die Lesezeichen informieren als Boden- Seit 2000 wird die Gedenkstätte umfas- des Konzentrationslagers steht. plateaus mit einem Lagermodell über send neu gestaltet. Dafür lobte das Land einzelne Bereiche des Lagers und ihre Niedersachsen 2002 einen Architektur- Umsetzung Verwendungen. Die Stelen informieren wettbewerb aus. Neben Entwürfen für Erste Schritte zur Umgestaltung des an markanten Orten, an denen zum Teil ein neues Dokumentationszentrum wur- früheren Lagerareals Bergen-Belsen wur- noch bauliche Spuren erhalten sind, über den auch Ideen für die Neukonzeption den bereits zeitgleich mit dem Bau des deren Funktion. des Geländes der Gedenkstätte gefor- neuen Dokumentationszentrums unter- Das Projekt wird aus Mitteln des Beauf- dert. Die Auslobung orientierte sich am nommen. So entstand ein historischer tragten der Bundesregierung für Kultur Schlussbericht der Enquêtekommission Pfad, der auf ein zentrales Plateau mit und Medien und des Landes Niedersach- zur Deutschen Einheit 1998. Er verankerte Modellen des historischen Geländes von sen finanziert. Die Landschaftsgestaltung einen politischen Konsens über die 1944 und dem Zustand nach der geplan- und Bauplanung liegt bei dem Büro sinai grundsätzlichen Aufgaben von KZ-Ge- ten Neugestaltung führt. Eine zentrale GmbH. faust.schroll.schwarz (Berlin), für denkstätten: Gedenken an die Opfer, Do- Sichtachse entlang des siebzig Meter die Grafik des Besucherleitsystems zeich- kumentation und Forschung sowie Bil- breiten Lagertrennstreifens vermittelt net das Atelier Weidner Händle (Stutt- dung und Aufklärung. seitdem einen Eindruck von den Ausma- gart) verantwortlich, die wissenschaftli- ßen des ehemaligen Lagers. che Bearbeitung und Betreuung ist durch Planung Mit dem bis Ende 2011 laufenden Pro- Juliane Hummel (Hannover) gewährleis- Aus diesen Aufgabenfeldern ergaben jekt zur Umsetzung des Masterplans kön- tet, die Projektsteuerung liegt beim sich Leitthesen zur Gestaltung des Gelän- nen nun weitere Elemente der Neuge- Staatlichen Baumanagement Lüneburger des der Gedenkstätte Bergen-Belsen, die staltung realisiert werden. Dazu gehören Heide (Celle). Begegnungen in Israel Besuchsreise der Stiftungsratsvorsitzenden

Habbo Knoch

Gespräch mit Ariel Yahalomi • Niedersächsisches Kultusministerium Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem • Niedersächsisches Kultusministerium

32 „Wir freuen uns, dass Sie mit Ihrem Museums in Tel Aviv verdeutlichte am Betreuung von Holocaust-Überlebenden Besuch die große Bedeutung unterstrei- folgenden Tag den engen Bezug zwischen in Israel widmet. Dazu vermittelten die chen, die Bergen-Belsen für die Regierung Israel und der jüdischen Geschichte in Begegnungen in zwei Wohn- und Pflege- Ihres Landes hat.“ Mit diesen Worten be- Europa. Im reformjüdisch geprägten Leo- heimen für Holocaust-Überlebende in grüßte Ariel Yahalomi, der Vorsitzende Back-Erziehungszentrum in Haifa, später Jerusalem nachdrücklich, wie lebendig des Verbandes der Bergen-Belsen-Über- beim Besuch des Kinderheims Neve für viele der Hochbetagten die Erinne- lebenden in Israel, die Stiftungsrats- Hanna südwestlich von Jerusalem oder rung an die Jahre vor 1945 ist. Freiwillige vorsitzende, Kultusministerin Elisabeth der beduinischen Planstadt Rahat zeigten der Aktion Sühnezeichen berichteten Heister-Neumann am ersten Abend ihrer sich die großen sozialen Herausforderun- über ihre Arbeit. Israelreise. Vom 21. bis 27. März besuchte gen der israelischen Gesellschaft. Den nachhaltigsten Eindruck hinterlie- sie in Begleitung von Michael Fürst, dem Drei Gedenkstätten und Bildungszent- ßen die Gespräche mit den Bergen-Bel- Vorsitzenden des Landesverbands der ren vermittelten einen differenzierten Ein- sen-Überlebenden. So konnte die Dele- jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, blick in die israelische Erinnerungskultur: gation in Tel Aviv den Schriftsteller Itamar und dem Geschäftsführer der Stiftung, Das Massuah Institute for the Study of Yaoz-Kest und Prof. Dr. Hannah Yaoz-Kest Dr. Habbo Knoch, mehrere Holocaust- the Holocaust bei Netanya verbindet die sowie Prof. Dr. Shaul Ladany und seine Gedenkstätten, Museen und soziale Ein- Auseinandersetzung mit dem Holocaust Frau kennenlernen. In Haifa sprach die richtungen. Zahlreiche Begegnungen eng mit Fragen der gegenwartsorientier- deutsche Gruppe mit Miriam Bar-Lev und und Gespräche mit Bergen-Belsen-Über- ten demokratischen Erziehung. Im Muse- ihrem Ehemann sowie mit Lily Maor. lebenden standen im Zentrum der Reise. um der Ghettokämpfer bei Haifa, Lohamei Durch das Kibbuz Nezer Sereni führten Schon am Begrüßungsabend durch HaGetaot, informieren mehrere Ausstel- Hilde und Asriel Zimche, begleitet von den Irgun She´erit Hapleta in Tel Aviv lungen über die Verfolgung der Juden in weiteren Kibbuzniks deutscher Herkunft. konnte die deutsche Delegation in Ge- Europa zwischen 1933 und 1945; eine um- Prof. Dr. Yehuda Blum und der Schrift- sprächen mit Erfahrungszeugen wie Toni fangreiche Sammlung bildet die Grund- steller Uri Orlev, zusammen mit ihren Dreilinger, Ariel Yahalomi oder Zeev lage für die Bildungsarbeit. Am Ende der Ehefrauen, waren Gesprächspartner in Fischler und der „zweiten“ Generation Reise besichtigte die Delegation die zent- Jerusalem. Neben den persönlichen wie Jochevet Ritz-Olewski, ihrem Bruder rale Gedenkstätte des Landes in Jerusa- Lebensgeschichten nahm die Delegation Arie oder Zippy Kichler lebhafte Eindrü- lem, Yad Vashem. aus Niedersachsen ihre Erwartungen an cke über die Situation in Israel und die Prof. Dr. Nathan Kellermann informier- eine dauerhafte Unterstützung der Erin- Bedeutung der Erinnerung an die Shoah te in Jerusalem über die Arbeit der Orga- nerungsarbeit durch Staat und Gesell- gewinnen. Der Besuch des Diaspora- nisation AMCHA, die sich der sozialen schaft in Deutschland mit zurück. Gedenkfeierlichkeiten anlässlich des 65. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen Stephanie Billib, Arnold Jürgens, Heike Rudolph

Begrüßung der Gäste am 14. April beim feierlichen Bankett in der Celler Union • Carola Rudnick/Stiftung niedersächsi- sche Gedenkstätten

In Kooperation mit dem Landesver- an Delegationen der Organisationen ehe- sellschaftlichen Lebens sowie mit Jugend- 33 band der Jüdischen Gemeinden von Nie- maliger Bergen-Belsen-Häftlinge ausge- lichen ermöglichte. Die Dauer des Besuchs- dersachsen und dem Land Niedersach- sprochen. So konnten die Überlebenden- programms (14. bis 19. April 2010) ergab sen veranstaltet die Stiftung nieder- verbände „World Federation of the sich aus dem Termin der Gedenkfeier am sächsische Gedenkstätten anlässlich des Bergen-Belsen Associations“ (USA), der Sonntag, dem 18. April 2010 – drei Tage Jahrestages der Befreiung des Lagers „Irgun She´erit Hapleta“ (Israel), die „Ami- nach dem historischen Befreiungsdatum, Bergen-Belsen in der Gedenkstätte jedes cale de Bergen-Belsen“ (Frankreich), die dem 15. April – so dass die Gedenkfeiern Jahr eine zentrale Gedenkveranstaltung. Organisation der polnischen Häftlinge den Rahmen des Besuchs bildeten. Neben 2010, zum 65. Jahrestag der Befreiung, des KZ Bergen-Belsen sowie die Organi- den Gedenkveranstaltungen, die von allen war es durch Zuwendungen des Landes sation der ehemaligen Häftlinge des KZ Besuchergruppen gleichermaßen wahr- Niedersachsen und der Bundesrepublik Bergen-Belsen in Ungarn und die Überle- genommen wurden, gab es Programm- Deutschland möglich, im größeren Rah- benden-Vereinigung „The Lost Transport punkte, die konkreten Wünschen einzelner men überlebende ehemalige Gefangene Victims Memorial Society Bergen-Belsen- Gästegruppen entsprachen und jeweils und Häftlinge des Kriegsgefangenen- Tröbitz“ jeweils eine bestimmte Anzahl deren spezifische Verfolgungsgeschichte, und Konzentrationslagers Bergen-Belsen ihrer Mitglieder mit Begleitpersonen in Einzelschicksale und Interessenslagen zu den Gedenkfeierlichkeiten einzuladen. ihre Delegation aufnehmen. In den Nach- widerspiegelten. Viele der Überlebenden, die als Kinder, folgestaaten der ehemaligen Sowjetunion Insgesamt nahmen über 300 Gäste, Jugendliche oder junge Erwachsene besteht keine entsprechende Organisati- Überlebende und Begleitpersonen aus Häftlinge im Konzentrationslager Bergen- on ehemaliger Bergen-Belsen-Häftlinge, 15 Ländern an den Gedenkfeierlichkeiten Belsen waren, leben heute noch in ver- so dass hier Einzelpersonen eingeladen in der Gedenkstätte Bergen-Belsen teil. schiedenen Ländern, vor allem in Israel, wurden. Einzeleinladungen gingen außer- Die rund 160 Überlebenden und ihre den USA, Frankreich, Polen, Ungarn und dem an Personen, die erstmals an den Begleitpersonen wurden am Abend des den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Ort ihrer Verfolgung zurückkehren woll- 14. April im Rahmen eines Banketts in Die Gedenkstätte Bergen-Belsen unter- ten und keiner Organisation angehören. der Congress Union in Celle durch die hält im Rahmen ihrer Aufgaben Kontakt Für die Tage des Besuchs erwartete die Kultusministerin und Vorsitzende des mit weit über 2 000 Überlebenden und Gäste ein umfangreiches Programm, das Stiftungsrates, Elisabeth Heister-Neumann, Angehörigen ehemaliger Häftlinge und einen Eindruck vom Umgang mit der Er- den Geschäftsführer der Stiftung nieder- Kriegsgefangener des Lagers. innerung an die Geschichte von Bergen- sächsische Gedenkstätten, Dr. Habbo Die Einladungen an die ehemaligen Belsen vermittelte und Begegnungen mit Knoch, und Dr. Susanne Schmitt, die Häftlinge wurden zu einem großen Teil Repräsentanten des politischen und ge- Stadträtin der Stadt Celle, begrüßt. Überreichung der Sondermarken durch Jochevet Ritz-Olewski (zweite von links) und Ariel Eröffnung der Ausstellung „Überlebenszeichen. Erinnerungen an Bergen-Belsen“, Yahalomi • Carola Rudnick/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Interview mit dem Zeitzeugen Arieh Koretz • Hagen Stöckmann/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

34 Die Organisation der Bergen-Belsen- halb des historischen Ortes gewidmet lung durch die Medienstation „‚Irgend- Überlebenden in Israel nahm die Begrü- gewesen. Dadurch konnte ein umfangrei- wie bin ich ein Teil von hier …’ Besuche ßung zum Anlass, Elisabeth Heister- cher Bestand an Dokumenten, Objekten von Überlebenden in der Gedenkstätte Neumann und Dr. Habbo Knoch einen und Berichten in der Sammlung der Ge- Bergen-Belsen“ ergänzt. Gezeigt wurde Sonderbriefmarkendruck zu überreichen, denkstätte zusammengetragen werden. ein Zusammenschnitt von Passagen aus der anlässlich des 65. Jahrestages der In der nun gezeigten Ausstellung wurde Zeitzeugeninterviews, in denen die Über- Befreiung des Konzentrationslagers erstmals die individuelle Erinnerung an lebenden über ihre Erlebnisse und ihre Bergen-Belsen in einer kleinen Auflage Bergen-Belsen mit ihren vielfältigen As- widersprüchlichen Gefühle während ih- produziert worden war. Die Sondermar- pekten von 1945 bis zur Gegenwart von rer Besuche in der Gedenkstätte Bergen- ken zeigen u. a. eine Zeichnung des Jüdi- verschiedenen Verfolgtengruppen aus Belsen berichten. schen Mahnmals, das am 15. April 1946 zahlreichen Ländern thematisiert. Bei- Im Anschluss an die Ausstellungs- vom Zentralkomitee der jüdischen Über- spielhaft dafür, dass jeder Überlebende eröffnung stellten sich die Leihgeber von lebenden auf dem ehemaligen Lager- seine ganz individuelle Auseinanderset- Exponaten für Rückfragen und Gesprä- gelände errichtet wurde. zung mit dem Erlebten finden musste, che in der Ausstellung zur Verfügung. wurden 21 von über 1000 in der Samm- Überlebende, Angehörige von ehemali- Der 15. April, Jahrestag der Befreiung lung vorhandenen Objekten ausgestellt. gen Häftlingen und Gäste der Ausstel- des Konzentrationslagers Bergen-Belsen Künstlerische und literarische Verarbei- lungseröffnung traten dabei in einen tungen der eigenen Haft- und Verfolgungs- intensiven persönlichen Austausch über Der 15. April, der Jahrestag der Befrei- zeit wurden ebenso gezeigt wie persönli- ihre Erinnerungen und ihre individuellen ung Bergen-Belsens, begann mit der che Erinnerungsstücke von Überleben- Strategien, mit den leidvollen Erfahrun- Eröffnung der Ausstellung „Überlebens- den, die jeweils auch die Bedeutung der gen weiterzuleben. zeichen. Erinnerung an Bergen-Belsen“, Entwicklung der politischen und gesell- Eine Schulklasse des 9. Jahrgangs der die noch bis zum 13. Juni 2010 in der Ge- schaftlichen Bezugsrahmen sowie den Integrierten Gesamtschule Linden (Han- denkstätte zu besichtigen war. Einfluss der kollektiven Erinnerungs- nover), die einen mehrtägigen Workshop Bereits im Rahmen der Neugestaltung kulturen auf die persönliche Erinnerung im Zusammenhang der Ausstellung be- der Gedenkstätte Bergen-Belsen waren aufzeigten. suchte, hatte anschließend die Möglich- der Erinnerung an Bergen-Belsen nach Neben den persönlichen Erinnerungs- keit zu einer Zeitzeugenbegegnung mit 1945 Teilprojekte zur kollektiven Erinne- objekten und einer Einbettung der Zeug- dem Überlebenden Rudi Oppenheimer. rungskultur zu den Bereichen Geschichte nisse in die individuelle Lebens- und Er- Er berichtete den Jugendlichen von seiner der Gedenkstätte und Erinnerung außer- innerungsgeschichte wurde die Ausstel- Deportation in das Durchgangslager Eröffnung der Ausstellung „Überlebenszeichen. Erinne­ Eröffnung der Ausstellung „Überlebenszeichen. Erinnerun- Stilles Gedenken an der Inschriftenwand • Hagen Stöck- rungen an Bergen-Belsen“, Prof. Dr. Jovan Rajs und Gattin gen an Bergen-Belsen“, Blick in die Ausstellung • Hagen mann/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten vor der Vitrine mit seiner Leihgabe • Hagen Stöckmann/ Stöckmann/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Besuch in Hillersleben, Gemeindefriedhof • Hagen Stöck- mann/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Westerbork, wo die fünfköpfige Familie Veranstaltungen am 16. und 17. April Kaddisch. Im Anschluss an die Veranstal- 35 sieben Monate verbrachte. Die britische tung lud der Kulturverein „Technisches Staatsbürgerschaft seiner jüngeren Am 16. und 17. April hatten die Gäste Denkmal Gaswerk“ in Neustadt (Dosse) Schwester bildete schließlich den Hinter- Gelegenheit, Befreiungsorte und Friedhö- die Gäste zu einem Empfang ein. grund für den Weitertransport der Familie fe außerhalb von Bergen-Belsen zu besu- Eine andere Gruppe ehemaliger Häft- als „Austauschjuden“ in das KZ Bergen- chen sowie für weitere Programmpunkte. linge des Austauschlagers unternahm mit Belsen. Rudi Oppenheimer berichtete Eine der Gästegruppen besuchte die Familienangehörigen eine Erinnerungs- von der Zeit im Konzentrationslager, vom Orte Neustadt (Dosse) und Zernitz. Am fahrt an ihren Befreiungsort in Farsleben. Sterben seiner Mutter, von seiner Befrei- 16. April 1945 wurde einer der drei Räu- Kurz vor Farsleben war am 12. April 1945 ung sowie von seinem Leben und dem mungstransporte, die einige Tage vor ein anderer der Räumungstransporte auf seiner beiden Geschwister bis heute. der Befreiung das KZ Bergen-Belsen ver- freier Strecke zum Stehen gekommen, da Zum Thema „Erinnern für die Zukunft“ lassen hatten, in der Nähe des kleinen die zerstörten Elbbrücken bei Magdeburg fand am Nachmittag ein Podiumsge- Ortes Zernitz von alliierten Tieffliegern eine Weiterfahrt unmöglich machten. Die spräch mit den angereisten Leihgebern beschossen. 48 ums Leben gekommene SS-Bewachung floh in der Nacht. Am der Objekte statt. Sara Atzmon (Israel), Häftlinge sind auf einem Friedhof beer- Morgen des 13. April 1945 traf eine ame- Yaakov Barzilai (Israel), Prof. Dr. György digt. Auf Initiative eines Überlebenden rikanische Panzereinheit auf die etwa Dénes (Ungarn), Anastasija Gulej (Ukrai- aus Ungarn, Prof. Dr. György Dénes, wur- 2 200 Häftlinge. Die Gäste besuchten ne), Arieh Koretz (Israel), Prof. Dr. Shaul de in Zusammenarbeit mit Astrid Baum- sowohl den Ort der Befreiung selbst als Ladany (Israel)und Prof. Dr. Jovan Rajs gärtner, Mitarbeiterin im „Technischen auch die etwa 15 Kilometer entfernte (Schweden) sprachen unter Moderation Denkmal Gaswerk“ in Neustadt (Dosse), ehemalige Wehrmachtskaserne in Hillers- von Dr. Habbo Knoch über die Auseinan- Moshe Golan aus Israel, der Stadt Neu- leben, die von den Amerikanern als erste dersetzung mit der eigenen Haft- und stadt (Dosse) und Mitarbeitern der Stif- Unterkunft für die Befreiten hergerichtet Verfolgungserfahrung und über die Be- tung ein neuer Mahnmalsentwurf reali- wurde. Die Toten des Bahntransports sind deutung der Erinnerung für die nachfol- siert. In Anwesenheit von Überlebenden auf dem Gemeindefriedhof in Farsleben genden Generationen. und Angehörigen aus Ungarn und Israel, bestattet. Trotz sofort eingeleiteter Hilfs- Den Abschluss des Tages bildete eine dem Landrat von Neustadt (Dosse), Ralf maßnahmen starben kurz nach Befreiung stille Gedenkminute mit musikalischer Reinhardt, sowie Anwohnern und örtli- noch über hundert Frauen, Männer und Begleitung an der Inschriftenwand der chen Zeitzeugen wurde das Mahnmal auf Kinder. Sie wurden auf dem Kasernenge- Gedenkstätte Bergen-Belsen. dem jüdischen Friedhof in Zernitz einge- lände bestattet. Diesen Friedhof pflegt weiht. Kantor Israel Temerson sprach das heute die Jüdische Gemeinde in Magde- Besuch in Zernitz • Martina Staats/Stiftung niedersächsi- Übergabe der Tröbitz-Materialien an die Gedenkstätte Bergen-Belsen. V. l.: Dr. Thomas Rahe, Dr. Rainer Ernst, Elke von sche Gedenkstätten Meding und Arieh Koretz. • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

36 burg. Auf beiden Friedhöfen fanden sich dieser Verfolgtengruppe zuzuwen- Jahrzehnte hindurch hatte Erika Arlt sich Kranzniederlegungen statt und wurde den. Die Gedenkstätte Bergen-Belsen hat bemüht, das Schicksal der ehemaligen das Kaddisch gebetet. die Erfahrungen und Erinnerungen der Häftlinge zu dokumentieren und sie bei Zwei besondere Ereignisse fanden verfolgten Kinder in zahlreichen lebens- ihren Besuchen zu begleiten und zu un- ebenfalls in den Tagen zwischen den Ge- geschichtlichen Zeugnissen vor und nach terstützen. Die Sammlung, die durch den denkfeiern in der Gedenkstätte Bergen- 1945 (Tagebücher, Augenzeugenberichte) Leiter des Kreismuseums Finsterwalde, Belsen statt. Zum einen ein erstmaliges sowie in Audio- und Videointerviews di- Dr. Rainer Ernst, übergeben wurde, ent- Treffen einer Gruppe Child Survivors und rekt oder indirekt dokumentiert. Im ge- hält u. a. den Schriftverkehr aus mehre- zum anderen die Übergabe einer um- schützten Rahmen des speziell für die ren Jahrzehnten, Karten mit der Lokali- fangreichen Dokumentensammlung an Child-Survivor-Zeitzeugen angeboten sierung von Grabstätten, Berichte und die Gedenkstätte Bergen-Belsen. Treffens tauschten die Kind-Überleben- Fotos zu Besuchen von Überlebenden Am 16. April trafen sich 15 Child Survi- den sich über ihre spezifische Verfol- und ihren Angehörigen in Tröbitz, Doku- vors von Bergen-Belsen zu einem Aus- gungserfahrung und die dadurch erlitte- mente und Fotos zur Pflege der Gräber tausch. In den verschiedenen Teillagern nen Traumata aus. Für alle Teilnehmer und der Entwicklung des Friedhofs sowie des KZ Bergen-Belsen waren zwischen war dies eine besondere Erfahrung. diverse Unterlagen zu Gedenkveranstal- 1943 bis 1945 etwa 3 000 Kinder unter 14 Im Beisein von über 30 in Tröbitz be- tungen aus DDR-Zeiten. Diese Privat- Jahren inhaftiert. Mindestens 100 Kinder freiten Überlebenden wurde in einer sammlung stellt eine wichtige Ergänzung wurden im KZ Bergen-Belsen geboren; Feierstunde der Gedenkstätte Bergen- zu der staatlichen Quellenüberlieferung die meisten starben angesichts der kata- Belsen die umfangreichen Materialbe- sowie zu den Berichten der ehemaligen strophalen Lebensbedingungen. Mehrere stände übergeben, die Erika Arlt über Häftlinge dar und ermöglicht eine stärker Hundert Kinder wurden am 15. April 1945 den am 23. April 1945 bei der Ortschaft multiperspektivische Rekonstruktion ins- in Bergen-Belsen befreit, ein größerer Teil Tröbitz von den sowjetischen Truppe be- besondere der Erinnerungskultur in hatte das Lager kurz zuvor in den drei freiten Räumungstransport zusammen- Tröbitz. Räumungstransporten in Richtung Ghet- getragen hatte. Viele der 2 500 Häftlinge Einige Überlebende dieses sogenann- to Theresienstadt verlassen. waren während des Transports gestorben ten „Verlorenen Transports“ besuchten Kinder als Opfer des Nationalsozialis- oder starben nach der Befreiung in mit ihren Begleitpersonen am 17. April mus und als Häftlinge der Konzentrations- Tröbitz an Entkräftung und Krankheiten. Tröbitz. Dort wurden die Gäste von Bür- lager sind lange Zeit nur symbolisch prä- Für mehrere Wochen waren die befreiten germeister Dieter Schäfer und von Erika sent gewesen. Die historische Forschung Häftlinge hier unter Quarantäne gestellt Arlt selbst begrüßt. Sie begleiteten die hat erst vor einigen Jahren begonnen, worden, bevor sie repatriiert wurden. Gruppe bei ihrem Besuch an der Gedenk- In Tröbitz begrüßten Erika Arlt und Bürgermeister Dieter Gedenkfeier auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Hörsten. V. l.: Roberta Gibertoni (Dolmetscherin), Ferdinando Atti, Schäfer die Besuchergruppe von Überlebenden und Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann und Wanda Broszkowska-Piklikiewicz • Stiftung niedersächsische Angehörigen. • Monika Gödecke/Stiftung niedersächsi- Gedenkstätten sche Gedenkstätten

Benefizkonzert des NDR unter Leitung von Eivind Gullberg Jensen • Hagen Stöckmann/Stiftung niedersächsiche Gedenkstätten

mauer bei der evangelischen Kirche und der Stiftung Niedersachsen geförderten Die Zeremonie begann am Mahnmal 37 auf dem jüdischen Friedhof. Mit einer Benefizkonzert mit anschließendem Emp- auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Hör- kleinen Gedenkfeier und dem Kaddisch fang eingeladen. Im Großen Sendesaal sten in Erinnerung an die dort bestatte- am Gedenkstein nahe der Bahnstrecke des Landesfunkhauses des NDR begrüß- ten sowjetischen, polnischen und italieni- endete der Besuch. te sie zunächst Michael Fürst, Vorsitzen- schen Kriegsgefangenen. Dort sprachen Einige Besuchergruppen erhielten Ein- der des Landesverbandes der Jüdischen die Stiftungsratsvorsitzende und nieder- ladungen von Personen des öffentlichen Gemeinden von Niedersachsen. Es folg- sächsische Kultusministerin Elisabeth Lebens und Organisationen aus der ten kurze Ansprachen des Niedersächsi- Heister-Neumann, sowie die ehemalige Region. schen Ministerpräsidenten Christian Wulff, Kriegsgefangene Wanda Broszkowska- So empfing am 15. April der Bürger- des Landesbischofs Prof. Dr. Friedrich Piklikiewicz (Polen) und der ehemalige meister von Wietzendorf, Uwe Wrieden, Weber, der Präsidentin des Zentralrates Militärinternierte Ferdinando Atti (Italien). die ehemaligen Italienischen Militärinter- der Juden in Deutschland, Dr. Charlotte Am Obelisken auf dem Gelände der nierten und sowjetischen Kriegsgefange- Knobloch, sowie des Präsidenten der Gedenkstätte Bergen-Belsen begrüßte nen unter den Gedenkfeiergästen im Stiftung Niedersachsen, Dr. Dietrich H. Niedersachsens Ministerpräsident Chris- Zusammenhang mit der Ausstellungs- Hoppenstedt. Gespielt wurde Gustav tian Wulff die Gäste und sprach den an- eröffnung „Italienische Militärinternierte Mahlers Sinfonie „Der Titan“. gereisten Überlebenden seinen persönli- vor 65 Jahren in Wietzendorf“. Die ukrai- chen Respekt dafür aus, dass sie die nischen und russischen Überlebenden Zentrale Gedenkfeier am 18. April Strapazen der Reise zur Gedenkstätte mit ihren Angehörigen und Begleitperso- Bergen-Belsen auf sich genommen ha- nen waren am 16. April vom Oberbürger- Höhepunkt und Abschluss der Besuchs- ben, um der Verstorbenen zu gedenken. meister der Stadt Celle, Dirk Ulrich Mende, tage war die zentrale Gedenkfeier anläss- Es folgten Ansprachen des Staatsmi- zu einem Empfang in das Alte Rathaus in lich des 65. Jahrestages der Befreiung nisters der Bundesregierung für Kultur Celle eingeladen worden. Ebenfalls am des Konzentrationslagers Bergen-Belsen und Medien, Dr. Bernd Neumann, sowie 16. April wurde die polnische Gästegrup- am Sonntag, dem 18. April 2010, auf dem von Generalkonsul Andrzej Osiak stellver- pe im Rathaus der Stadt Bergen durch Gelände der Gedenkstätte. Die Überle- tretend für den Generalsekretär des Ra- Bürgermeister Rainer Prokop begrüßt. benden und ihre Begleitpersonen sowie tes zum Schutz des Gedenkens an Kampf Am Vorabend der zentralen Gedenkfeier etwa 800 Gäste gedachten der fast 20 000 und Martyrium, Andrzej Przewoźnik (Po- waren die Gäste der Stiftung zu einem Toten des Kriegsgefangenenlagers und len), der nur wenige Tage zuvor bei einer vom Landesverband der Jüdischen Ge- der mehr als 52 000 Toten des Konzen- Flugzeugkatastrophe ums Leben gekom- meinden von Niedersachsen sowie von trationslagers. men war. Die Rede des Präsidenten des Gespräch am Rande der Gedenkfeier in Bergen-Belsen. • Stiftung niedersächsische An der Gedenkwand für die Toten des „Lost Transport“ in Tröbitz • Monika Gödecke/ Gedenkstätten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

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“All of our delegates agreed that the content and programming throughout the week left them with a most memorable and emotional experience that they will remember for a long time.”

Sam Bloch, USA „Ich danke dem deutschen Staat, dass er es mir ermöglicht hat, mich im Kreise meiner Schicksalsgenossen an diese leidensreichen Zeiten zu erinnern.“

Bartókné István, Ungarn

„Alle Achtung für die Arbeit, welche Sie alle leisten um die Gedenkstätte zu einem ersten einflussreichen Zentrum zu gestalten. Das Museum ist besonders eindrucksvoll. Auch die 5 geplanten Tage für uns waren voll und ausgefüllt. Ich danke allen und bin froh, dass ich dabei sein konnte.“

Sonny Schey, Israel

“It was an enjoyable and well organized event on which I met many old and new friends. I felt very honoured to be invited and would like to thank the organizers and staff for their work to make this venue such a success. Despite the joy we had at the Gedenkstätte the last few days, I cannot forget the activities that took place here 65 years ago. It is our duty to ensure that they are never forgotten nor repeated.”

Rudi Oppenheimer, England Kranzniederlegung an der Inschriftenwand • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Gedenkfeier am jüdischen Mahnmal • Carola Rudnick/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

World Jewish Congress, Ronald S. Lau- Hochkreuz und am Jüdischen Mahnmal. Der Tag endete für die Überlebenden 39 der (USA), musste verlesen werden, da Am Hochkreuz sprach Pfarrer Birken von mit ihren Angehörigen und die Mitarbei- das wegen des Vulkanausbruchs in Island der katholischen Sühnekirche in Bergen ter der Stiftung niedersächsische Ge- über weite Teile Europas verhängte Flug- Psalmworte und ein Gebet. Am Jüdischen denkstätten mit einem festlichen Abend- verbot seine Anreise aus den USA ver- Mahnmal betete Moshe Kraus (Kanada), essen im Roundhouse auf dem heutigen hindert hatte. Sam Bloch, Präsident des Oberkantor und Überlebender des Kon- britischen Militärgelände bzw. Gelände Weltverbandes der Bergen-Belsen Über- zentrationslagers Bergen-Belsen, das „El des ehemaligen DP-Camps. lebenden (USA), betonte in seiner Bot- male rachamim“. Zeev Fischler (Israel) schaft die Verantwortung für die Weiter- schilderte seine Eindrücke vom Überle- gabe der Erinnerung an die nächste ben und Sterben im KZ Bergen-Belsen Generation, um sie „für den Kampf ge- kurz vor der Befreiung und von den gen alle Formen von rassistischem, reli- „Bildern des Entsetzens“, die bis heute giösem oder ethnischem Hass rüsten.“ seine Erinnerungen prägen. Für die nach- Für die sowjetischen Kriegsgefangenen folgende Generation sprach Menachem erinnerte sich Michail Lewin (Russland), Rosensaft (USA), Sohn des seinerzeitigen dass „nur Gott, Glück und der unheim- Vorsitzenden der jüdischen Selbstver- lich starke Wunsch eines jungen Men- waltung im DP-Camp, Josef Rosensaft. schen zu überleben“ ihm geholfen hät- Die Zeremonie am Jüdischen Mahnmal ten, „diese Hölle durchzustehen“. Ariel endete mit dem Kaddish durch Moshe Yahalomi (Israel) schilderte den Tag seiner Kraus. Befreiung und betonte die Bedeutung Anschließend gab es die Möglichkeit der persönlichen Erinnerung. Manfred zur Teilnahme an einer Kranzniederlegung Böhmer, Vorsitzender des Niedersächsi- auf dem „Zelttheaterfriedhof“ auf dem schen Verbands Deutscher Sinti e.V., rief Kasernengelände der „Hohne Barracks“ den Völkermord an den Sinti und Roma in Belsen. Daran nahmen etwa 40 Überle- in Erinnerung. Nach den Ansprachen bende, deren Begleitpersonen und weite- trugen Jugendliche die Kränze zur In- re Besucher teil. Das Kaddish betete Arie Der Bericht entstand unter Mitarbeit schriftenwand. Eine Gedenkminute Olewski (Israel), der als Sohn der Bergen- von Monika Gödecke, Diana Gring, schloss sich an. Belsen-Überlebenden Rachela und Rafael Thomas Rahe, Carola Rudnick, Martina Es folgten die Kranzniederlegungen am Olewski im DP-Camp geboren wurde. Staats und Christian Wolpers. Begleitprogramm zur Ausstellung „Überlebenszeichen. Erinnerung an Bergen-Belsen“ Martina Staats

Marion Blumenthal-Lazan übergibt dem Geschäftsführer Begegnung mit der Zeitzeugin Marion Blumenthal-Lazan in der Gedenkstätte Bergen- der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Dr. Habbo Belsen am 9. Juni • Martina Staats/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Knoch, das Gebetbuch ihres Vaters Albert Blumenthal • Martina Staats/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

40 Die persönliche Erinnerung von Über- Sein ganzes Leben, bewusst und unbe- Nach seinem berührenden Vortag entwi- lebenden an das Kriegsgefangenen- und wusst, sei geprägt von den Erinnerungen ckelte sich ein sehr offenes Gespräch. Konzentrationslager Bergen-Belsen stand an seine Verfolgungszeit, besonders an Anfang Juni besuchte Marion Blumen- im Zentrum der Ausstellung „Überlebens- Bergen-Belsen. Für den sechsjährigen thal-Lazan begleitet von Ehemann, Sohn zeichen“, die vom 15. April bis 13. Juni Jungen änderte sich sein behütetes Kin- und Enkel die Gedenkstätte Bergen-Belsen. 2010 in der Gedenkstätte Bergen-Belsen derleben in Amsterdam mit der Beset- Auch Frau Blumenthal-Lazan verbrachte gezeigt wurde. Neben speziellen Führun- zung der Niederlande durch deutsche mehrere Jahre ihrer Kindheit zusammen gen mit der Kustodin durch die Ausstel- Wehrmachtstruppen. Nachdem ein Flucht- mit den Eltern und ihrem Bruder Albert lung berichteten die Zeitzeugen Marion versuch der Familie misslungen war, in den Lagern Westerbork und Bergen- Blumenthal-Lazan, Professor Dr. Dagmar wurde Moshe Nordheim zusammen mit Belsen. Der zehnjährigen Marion Blumen- Lieblová und Moshe Nordheim von ih- seinen Eltern und seiner ältesten Schwes- thal gaben Kieselsteine ein Lebensziel rem Weiterleben mit der Erinnerung an ter Batsheva über das Lager Westerbork und den Mut, an eine bessere Zukunft zu Bergen-Belsen. Welche Erinnerungen an nach Bergen-Belsen deportiert. Alle Fa- glauben, an eine Zeit in Freiheit. „Wenn ihre Verfolgungszeit sind 65 Jahre nach milienangehörigen erlebten die Befreiung es ihr gelang, vier Kiesel von fast exakt der Befreiung immer noch präsent? Wie am 23. April 1945 in Tröbitz auf einem gleicher Größe und Form zu finden, war den Überlebenden ein Weiterleben Räumungstransport. Moshe Nordheim bedeutete das, dass ihre Familie heil möglich? Wie wurde und wird ihr Leben wanderte nach einer kurzen Rückkehr in zusammenbleiben würde.“ So formuliert von der Erinnerung an Bergen-Belsen die Niederlande nach Israel aus, wo er Marion Blumenthal-Lazan es in ihrer beeinflusst? heute gemeinsam mit seiner Familie in unter dem Titel „Four Perfect Pebbles“ „Ich bin gegen Schweigen“ begründe- engem Kontakt zu seiner Mutter lebt. Die veröffentlichten Lebensgeschichte. Die te Moshe Nordheim seine Offenheit, über fünf Jahre dauernde Arbeit an seiner Au- zahlreichen Besucherinnen und Besucher, die persönlichen Erinnerungen an seine tobiographie „From Rebuke to Rejoicing“ die ihren Vortrag am 6. Juni in der Ge- Gefangenschaft als Kind im Konzentrati- sei für ihn seine eigene Psychoanalyse denkstätte Bergen-Belsen anhörten, be- onslager Bergen-Bergen und das Weiter- gewesen. Das Buch sei auch ein Vermächt- eindruckte sie mit ihrem Optimismus und leben zu sprechen. Über 80 Zuhörerinnen nis an seine Nachkommen. Er träume ihrer Lebensfreude. Auch ihr Weiterleben und Zuhörer waren am 9. Mai in die Ge- sehr viel, und immer seien es schlechte wurde durch die Erfahrungen in der natio- denkstätte Bergen-Belsen gekommen, Träume. „Aber man muss lernen optimis- nalsozialistischen Verfolgung geprägt. um sich Moshe Nordheims Lebensge- tisch zu sein. Ich lebe, aber innerlich 1948 erfolgte nach vorläufiger Rückkehr schichte anzuhören. Der Vortrag und das habe ich keinen Frieden gefunden“, zog in die Niederlande die Auswanderung in anschließende Gespräch bewegten sehr. Moshe Nordheim als Lebensresümee. die USA. Marion Blumenthal-Lazan widmet Moshe Nordheim als Zeitzeuge zu Gast in der Haupt- und Realschule Eschede • Martina Entlassungsdokument von Dagmar Lieblová aus dem Krankenhaus, Juli 1945 Staats/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten • Privatbesitz

ihr Leben ihrer Familie und der Erinne- kam doch für viele von uns noch recht- gegangen wurde und welche Möglichkei- 41 rungsarbeit an die nationalsozialistischen zeitig die britische Armee und die Befrei- ten der öffentlichen Erinnerung es dort Verbrechen. In vielen Vorträgen in den ung, und so bedeutete Bergen-Belsen für die jüdischen Überlebenden der nati- USA plädiert sie für gegenseitige Toleranz nicht nur das Ende der schrecklichsten onalsozialistischen Verfolgung gab. Dag- und Achtung, damit solche Verbrechen Zeit, sondern auch den Anfang in das mar Lieblová zeichnete eine Geschichte nie wieder passieren. In ihren lebhaften bessere und normale Leben.“ Dagmar der Überlebendenverbände nach und be- Bericht bezog sie auch ihre anwesenden Lieblová kehrte in die Tschechoslowakei richtete von jährlichen Treffen jeweils am Familienmitglieder ein. Frau Blumenthal- zurück, wo sie heute lebt. Aus Bergen- 15. April in einem Prager Lokal, die seit Lazan übergab während ihres Besuches Belsen brachte sie auch konkrete Erinne- dem 5. Jahrestag der Befreiung statt- der Stiftung niedersächsische Gedenk- rungen mit, Andenken, wie sie sagt: Eine fanden. stätten das Gebetbuch und die Tefillin Matrosenhose, die später zur Skihose Alle Überlebenden waren auch zu (Gebetsriemen und -kapseln) ihres kurz umgenäht wurde, ein Entlassungsdoku- Gesprächen in Schulen bereit. Diese Be- nach der Befreiung in Tröbitz verstorbe- ment aus dem Krankenhaus sowie eine gegnungen hatten pädagogische Mitar- nen Vaters Albert Blumenthal als Dauer- Decke. „Es war eine dünne dunkelgraue beiterinnen der Gedenkstätte Bergen- leihgabe. Decke, kein gutes Material. Und da kam Belsen sowohl vor Ort in den Schulen Als Finissage zur Ausstellung „Über- die Pflegerin, eine Deutsche, und wollte als auch während eines Besuchs in der lebenszeichen“ hielt Prof. Dr. Dagmar mir nicht erlauben, dass ich die Decke Gedenkstätte vorbereitet. So erwickelte Lieblová am 13. Juni einen lebensge- mitnehme. […] Ich habe mit ihr gestrit- sich in den Schulen und während der schichtlichen Vortrag in der Gedenkstätte ten, ich glaube, dass ich nie zuvor so Studientage in der Gedenkstätte Bergen- Bergen-Belsen. 1929 in Kutná Hora gebo- fließend deutsch gesprochen habe wie Belsen ein intensiver und offener persön- ren, wuchs sie in der Tschechoslowakei damals, als ich ihr zu erklären versuchte, licher Dialog der Überlebenden mit den in einer assimilierten jüdischen Familie dass jetzt alles anders ist, als wenn man Jugendlichen. auf. Nach der KZ-Haft in Theresienstadt uns ins KZ brachte und uns alles weg- Über die Begleitveranstaltungen zur und Auschwitz wurde sie schließlich in nahm usw. usw. Die Decke nahm ich Ausstellung „Überlebenszeichen“ wurde Bergen-Belsen im April 1945 befreit. jedenfalls mit, […].“ In ihrem Vortrag the- in Printmedien, im Radio und auf den „Wenn ich heute an Bergen-Belsen den- matisierte sie neben ihrem persönlichen Homepages der beteiligten Schulen ke, so muss ich an die apokalyptischen Weiterleben mit der Erinnerung auch die berichtet. Tage nach unserer Ankunft hierher den- Frage, wie mit solchen Verfolgungs- ken, damals waren wir alle dem Tode, schicksalen in einer kommunistischen dem Ende näher als sonst. Aber dann Diktatur wie in der Tschechoslowakei um- Forschung und Dokumentation

Diana Gring, Bernd Horstmann, Thomas Rahe, Klaus Tätzler

42 Dokumentation (kt) te Bergen-Belsen als Leihgabe vor Ort zeugen, wurden Veranstaltungsfotos in verfügbar war, wieder zurückgegeben. die Datenbank des Fotoarchivs aufge- Im Jahr 2010 verlagerte sich der Auch im Berichtsjahr bildete die Ver- nommen. Schwerpunkt im Arbeitsbereich Archiv zeichnung der verschiedenen Sammlun- Sowohl in der Filmdatenbank (BV) mit und Dokumentation vom Bewerten, Er- gen einen wichtigen Teil der Arbeit. So 21 als auch in der Datenbank mit schrift- schließen, Bereitstellen, Auswerten und stieg die Zahl der Datensätze erstmals lichen Augenzeugenberichten (BT) mit 26 Bewahren sehr stark hin zu Recherche, über 20.000. Neu angelegt wurden 496 neuen Datensätzen erfolgten großenteils Beratung und Betreuung von Nutzern. Datensätze (876 im Vorjahr); der größte sehr umfangreiche und aufwändige Ver- Neben der Betreuung interner Anfra- Teil davon waren, wie schon 2009, Erfas- zeichnungen. Mit über 200 Blatt bildet gen von Mitarbeitern in der Gedenkstätte sungen im Fotoarchiv (312); diese Sum- das Konvolut KO 125 Anton Igel ein typi- und am Stiftungssitz in Celle und der me entsprach damit in etwa der Zahl von sches Beispiel für den großen Umfang, häufig damit verbundenen Beteiligung 2008 (336); gegenüber den Zahlen von aber auch für die Bedeutung dieser hin- an einer Vielzahl von Projekten, Publikati- 2007 (469) und insbesondere 2009 (657) zugekommenen Bestände. Es enthält onen und Veranstaltungen wurden auch fiel sie jedoch geringer aus. viele Dokumente aus dem Nachlass des zahlreiche externe Anfragen bearbeitet. Aufgrund der immensen Materialfülle 1996 gestorbenen, ehemaligen Häftlings Hier zeigte sich ein deutlicher Anstieg auf musste vor allem für die Verzeichnungen Anton Igel, die seine Schwester 2010 der über 500 externe Anfragen und mehr als im Fotoarchiv eine Prioritätensetzung Gedenkstätte übergeben hatte. Anton 200 Besuche. vorgenommen werden; die Folge war, Igel ist durch sein Engagement und seine Typische Besucher waren außer Zeit- dass vornehmlich Fotos mit Bezug zu vielfältigen politischen Aktivitäten vor zeugen und ihren Angehörigen vor allem Zeitzeugen erschlossen und verzeichnet allem in den 1980er und 1990er Jahren in Schüler, Studenten und Wissenschaftler, wurden. Zentral waren beispielsweise vielen Gedenkstätten bekannt gewesen. aber auch interessierte Privatleute, Hei- Fotos zur Familiengeschichte von Marion Gegenüber 68 Originalobjekten, die im matforscher und Filmemacher. Blumenthal-Lazan und Lola [Lea] Vorjahr in der Datenbank BO verzeichnet Im Bereich der Sammlung vollzog sich Juszkiewicz. wurden, sind die 116 Verzeichnungen in 2010 ein tiefer Einschnitt: Am 22. Juli Eine retrospektive Verzeichnung von 2010 ein deutlicher Indikator für den er- wurde der Aktenbestand des Gemeinde- Fotobeständen konnte 2010 nicht geleis- höhten Zugang hochwertiger Objekte. freien Bezirks Lohheide, der seit fast zehn tet werden; auch erfolgte keine Verzeich- Eindrucksvolle Beispiele sind etwa die Jahren im Rahmen eines Kooperations- nung der vielfältigen Veranstaltungsfotos zehn bzw. zwölf Originaldrucke satiri- projekts zwischen dem Niedersächsi- dieses Jahres. Nur in Ausnahmefällen, scher Zeichnungen der Serien „Hitleriada schen Landesarchiv und der Gedenkstät- insbesondere bei Einzelfotos von Zeit- Furiosa“ und „Hitleriada Macabra“ von 1515 BZ Pressearchiv 2784 BA Akten

521 BV Film 414 BC Audio

1547 BT Augenzeugenberichte 8001 BF Fotoarchiv

3210 BO Objekte

2191 Irgun Akten Irgun She‘erit Hapleta

Verteilung der Datensätze in den verschiedenen Datenbanken in FAUST

Stanislaw Toegel (weitere Informationen durch Sammlung und Erfassung neuer beispielsweise 43 dazu: http://www.art-division.de/artist. namensbezogener Quellen kontinuierlich • der Stiftung Polnisch-Deutsche Aus- html) sowie die 14 Original-Kriegsgefan- korrigiert und erweitert. Neben der Unter- söhnung zu den polnischen Opfern, genenpostkarten und Briefe umfassende stützung durch Überlebende dieses Lagers • der Gedenkstätte Groß-Rosen in Polen Korrespondenz des italienischen Militär- und Angehörige ehemaliger Häftlinge ein Datenbankauszug und Quellen- internierten Giacomo Ruggeri. spielt die Kooperation mit anderen Ge- kopien zu weiblichen Häftlingen aus Von besonderer Bedeutung waren denkstätten oder Forschern hierbei eine Außenlagern, auch zwei Schenkungen von Objekten große Rolle. So gab es etwa mit folgen- • dem Jewish Historical Museum in aus dem Besitz der Familien de Vries und den Personen oder Institutionen einen Tucson/USA, Blumenthal-Lazan: So war es 2010 nach intensiven gegenseitigen Austausch: • R. Teitelbaum zu jüdischen Häftlingen aufwändigen konservatorischen und res- • mit J. Cohen vom U.S. Holocaust aus Priština, tauratorischen Maßnahmen möglich, die Memorial Museum Washington zu • M. Asser zu portugiesischen Häftlingen hebräische Bibel von Rabbiner Simon jüdischen Häftlingen mit salvadoria- • und Ü.R. Tuncel, Minden, zu türkischen Philip de Vries und das Gebetbuch von nischen Papieren, Häftlingen. Walter Blumenthal in die Umgestaltung • mit G. Rolletschek zu den Häftlingen einer Vitrine in der Dauerausstellung mit im Dachauer Außenlager Kaufering, 2010 wurden insgesamt 684 Anfragen einzubeziehen. • mit Prof. Dr. G. Dénes über die bei beantwortet (732 im Vorjahr), wobei aus einem Räumungstransport in Zernitz zeitlichen Gründen etwa 60 Anfragen erst Namensverzeichnis und Schicksals- verstorbenen Häftlinge, im folgenden Jahr beantwortet werden klärung (bh) • mit dem Joods Museum van Deporta- konnten. Die Anfragenden lassen sich in tie en Verzet in Belgien über Häftlinge vier Gruppen unterteilen: Im Namensverzeichnis der Häftlinge aus Mecheln, • Überlebende des Konzentrationslagers des KZ Bergen-Belsen sind zurzeit die • und mit M. Messer zur Lokalisierung Bergen-Belsen: 130 Namen und Daten von etwas mehr als von Gräbern verstorbener Häftlinge • Angehörige oder Nachkommen 50 500 Personen erfasst. Die Gesamtzahl aus Bergen-Belsen im Raum Lüneburg. ehemaliger Häftlinge oder Kriegs- der Häftlinge im Konzentrationslager Einer Reihe von Einrichtungen und gefangener: 332 Bergen-Belsen wird auf mindestens Personen konnten zum Teil umfassende • Gedenkstätten, Initiativen, Historiker, 120 000 geschätzt. Ihre Namen werden Informationen aus dem Namensverzeich- Journalisten, interessierte Privat- wohl niemals vollzählig bekannt sein. nis der Häftlinge des KZ Bergen-Belsen personen, Studenten, etc.: 194 Dennoch wird das Namensverzeichnis zur Verfügung gestellt werden, • Behörden und Suchdienste: 28 Vertiefungsebene der Dauerausstellung: Ordner mit Materialien zum Thema „Täter“ • Heike Rudolph/Stiftung niedersäch- sische Gedenkstätten

44 Die geringere Gesamtzahl beantworteter Vertiefungsebene der Dauerausstellung tische Ordner über die SS und über die Anfragen gegenüber dem Vorjahr liegt (bh) Organisationsstruktur des KZ Bergen- allein am Rückgang der Anfragen aus Belsen sowie der übergeordneten Ämter. dem Bereich der Gedenkstätten, Histori- In den drei Vertiefungsbereichen der ker etc. Die Zahl der Anfragen insbeson- Dauerausstellung zum Kriegsgefangenen- Audiovisuelle Medien und Zeitzeugen- dere aus dem Kreis der Überlebenden lager, Konzentrationslager Bergen-Belsen Interviews (dg) und Angehörigen hat demgegenüber und Displaced Persons Camp wurden zugenommen. teilweise umfangreiche Bearbeitungen Die Einbindung in vielerlei Projekte Im Berichtsjahr betreuten die Mitarbei- vorgenommen. So sind vier thematische und Veranstaltungen der Gedenkstätte ter dieses Arbeitsbereiches 142 Besuche Einheiten ergänzt und weitere acht korri- Bergen-Belsen stand 2010 im Mittelpunkt von Einzelpersonen oder kleinen Grup- giert worden. Die Präsentation zur Verfolg- der Tätigkeiten des Arbeitsbereiches pen. Inzwischen suchen vermehrt Studie- tengruppe der Sinti und Roma wurde Audiovisuelle Medien und Zeitzeugen- rende Unterstützung bei Recherchen zu komplett überarbeitet. Neben den Bear- Interviews. Bachelor- oder Magisterarbeiten. In der beitungen von zwölf biografischen Für die Sonderausstellung „Überlebens- enormen Zunahme der betreuten Besu- Darstellungen von Verfolgten wurden zeichen“, die im Rahmen der Gedenkfei- che gegenüber dem Vorjahr (108 Besu- 21 Biografietafeln korrigiert und in der ern zum 65. Jahrestag der Befreiung des che) spiegelt sich auch die insgesamt Ausstellung ausgetauscht. Konzentrationslagers Bergen-Belsen am größere Zahl von Besuchern der Gedenk- Die größte Aufstockung in der Dauer- 15. April 2010 eröffnet wurde, fand eine stätte Bergen-Belsen wider. ausstellung gab es im Bereich der Täter- inhaltliche und redaktionelle Mitarbeit darstellung. Die Recherchen und Arbei- statt. Eine neue Medienstation mit dem Von dem zweibändigen Gedenkbuch ten von Dr. Bernhard Strebel im Jahr Titel „’Irgendwie bin ich ein Teil von hier...’ mit den Namen und Daten von etwa 2009 an 20 biografischen Darstellungen Besuche von Überlebenden in der Gedenk- 50 000 Häftlingen des KZ Bergen-Belsen zum SS-Personal im KZ Bergen-Belsen stätte Bergen-Belsen“ (Länge: 20 min.) wurden im Berichtsjahr 79 Exemplare (darunter drei Aufseherinnen) konnten wurde für diese Ausstellung und die Nut- ausgegeben, davon ein Teil kostenlos an im Berichtsjahr mit der Fertigstellung der zung in der Pädagogik produziert. Für die ehemalige Häftlinge dieses Lagers. Ordner abgeschlossen werden. Diese fin- Fertigstellung des englischen Katalogs den sich zum einen im Ausstellungssteil zur Dauerausstellung, die Vorbereitung zum KZ Bergen-Belsen und zum anderen und Durchführung der Gedenkfeier, die im Bereich zur Strafverfolgung. Abgerun- Sonderausstellung mit Werken der Über- det wird die Täterdarstellung durch thema- lebenden Madeleine Weis-Bauler und Lev Raphael am 1. November 2010 in der Gedenkstätte Bergen-Belsen • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

mehrere andere Projekte erfolgten orga- wurde von ihrer Schwester Agi Ben- die britischen Befreier und Besatzer oder 45 nisatorische und inhaltliche Zuarbeiten Shalom begleitet, die 1946 zur Welt kam das Leben in der Siedlung Neu-Hohne in unterschiedlichem Umfang. Fachliche und heute in Israel lebt, und die ebenfalls (ehemaliges Vorlager) sind wichtige Beratung wurde nicht nur für journalis- interviewt wurde. Damit konnte eine Zeugnisse für die historische Forschung tische und filmische Dokumentationen ganze Familiengeschichte dokumentiert zur Situation und Erinnerungskultur der geleistet, sondern auch für Interview- werden, beginnend von der Verfolgungs- deutschen Anwohner. Ein weiteres Inter- projekte aus Niedersachsen und anderen geschichte der Eltern bis hin zum heutigen view fand mit Keith Stuart (Jg. 1925) Bundesländern. Umgang mit dem Geschehen – und mit statt, der ab Frühjahr 1945 Mitglied einer Im Berichtsjahr konnten sechs lebens- ganz unterschiedlichen Ausformungen Sondereinheit in der britischen Armee geschichtliche Interviews mit Überleben- für die einzelnen Mitglieder. Zur Gruppe war und sein Einsatzgebiet im heutigen den und Zeitzeugen aufgenommen wer- der Second Generation gehört auch Lev Niedersachsen hatte. den – erstmalig im hochauflösenden Raphael, geboren 1954 in den USA. Sein Die regelmäßige Kontaktpflege mit HD-Format und somit im technischen Vater überlebte das KZ Bergen-Belsen und Überlebenden und Angehörigen in aller State of Art. Der Bestand der videogra- auch seine Mutter war eine Holocaust- Welt gehört ebenfalls zum Arbeitsbereich. fierten Lebensberichte umfasste Ende Überlebende. Lev Raphael gehört zu den Durch die Interviews sind teilweise über 2010 damit 375 Interviews. Pionieren in der Auseinandersetzung der Jahre feste Beziehungen gewachsen; von Eine der interviewten Zeitzeuginnen, Kinder mit dem Verfolgungsschicksal der der fachlichen Beratung beim Verfassen Gabriella B., wurde im Sommer 1944 als Eltern; als Schriftsteller hat er sich die- von Erinnerungsberichten und Autobio- Kind jüdisch-ungarischer Häftlinge im KZ sem Thema bereits seit vielen Jahren grafien über die Überlassung von Foto- Bergen-Belsen geboren. Wie dies ihr Le- literarisch gewidmet. Mit Hildegard S. materialien, Dokumenten und Objekten ben bis heute geprägt hat, schilderte die (Jg. 1928) und Ludwig W. (Jg. 1932) konn- von Seiten der Zeitzeugen bis hin zu heute in der Schweiz lebende Zeitzeugin ten zwei Zeitzeugen interviewt werden, Nachfragen zur aktuellen Arbeit der ebenso eindrücklich wie ihre Wahrneh- die in ihrer Jugend in unmittelbarer Nähe Gedenkstätte reicht die Bandbreite der mungen aus der Perspektive der soge- des Lagers Bergen-Belsen lebten und bis Korrespondenz mit den Überlebenden, nannten Second Generation: Kinder, die heute noch Anwohner in den Gemeinden die Bedarf nach einer Ansprechperson mit Überlebenden als Eltern aufwuchsen rund um die Gedenkstätte sind. Insbeson- haben. und deren Leben von der Kindheit an bis dere ihr Erleben der Kriegs- und Nach- Um eine langfristige Sicherung des heute oftmals von den Folgen der Verfol- kriegszeit in der Region, ihre Erinnerun- mehr als 1.800 Stunden umfassenden gung, von Holocaust, Lager, Verlust und gen an die „Nachbarschaft“ zum KZ, an audiovisuellen Interviewbestandes für Trauma überschattet ist. Die Zeitzeugin den Truppenübungsplatz, das DP-Camp, die Zukunft zu garantieren, wurde Dreharbeiten mit Agi Ben-Shalom. 6. Oktober 2010 • Stif- Agi Ben-Shalom auf dem Gelände der Gedenkstätte Standbild aus dem Dokumentarfilm „Hitlers Menschen- tung niedersächsische Gedenkstätten Bergen-Belsen. 6. Oktober 2010 • Stiftung niedersäch- händler“. • Copyright Agenda Media GmbH sische Gedenkstätten

46 Anfang 2010 mit der Digitalisierung und schiedlichsten Anfragen als ein weiterer Archivierung des Filmmaterials begon- Aufgabenbereich zu nennen ist. Auf meh- nen. Bei diesem Vorgang werden die bis- reren Fachtagungen und Workshops wur- herigen Master (Mini-DV-Kassetten) ohne den die hier entwickelten Standards für Qualitätsverluste digitalisiert und auf Zeitzeugen-Interviews und AV-Medien im Festplatten gespeichert. Bis zum Jahres- Gedenkstättenkontext vorgestellt. ende konnte bereits ein Großteil des Materials auf diese Weise langfristig gesichert werden. Die wissenschaftliche Erfassung von Interviews, zu denen oftmals umfangrei- che biografische und historische Recher- chen gehören, die Überarbeitung und Korrektur der Erschließungen des Inter- viewbestandes und die Sammlung von zugehörigen relevanten Materialien sind kontinuierliche Aufgaben des Arbeitsbe- reiches, um die visuellen Quellen für die Nutzung in der wissenschaftlichen, päda- gogischen und musealen Arbeit der Ge- denkstätte aufzubereiten und bereit- zustellen. Auch drei Jahre nach der Eröffnung der neuen Dauerausstellung gibt es ein reges Interesse an dem zugrundeliegen- den Medienkonzept, an den Inhalten und dargestellten Personen in den Medien- stationen sowie an der technischen und inhaltlichen Gestaltung, so dass die Bear- beitung und Beantwortung der unter- Unterstützung journalistischer, dokumentarischer und filmischer Beiträge

Diana Gring, Thomas Rahe

Sonni Schey, Überlebende des KZ Bergen-Belsen. Standbild aus dem Dokumentarfilm Michael Gelber, Überlebender des KZ Bergen-Belsen. Standbild aus dem Dokumentarfilm „Hitlers Menschenhändler“. • Copyright Agenda Media GmbH „Hitlers Menschenhändler“. • Copyright Agenda Media GmbH

Die Abteilung unterstützte 2010 diverse die auf BBC ausgestrahlte Kunstsendung die Vermittlung von Zeitzeugen, die Bereit- 47 journalistische, dokumentarische und fil- „Culture Show“ in einer 60-minütigen stellung von Bild- und Textquellen sowie mische Projekte zum Themenkomplex Dokumentation dem Thema „Art of World eine intensive historische Beratung. Bergen-Belsen. War II.“ Für die Darstellung der Arbeit der Die Produktionsfirma Agenda Media Am 1. August 2010 strahlte die ARD Kriegszeichner, die im Auftrag der briti- (Hamburg) begann 2010 mit den Vorbe- im Abendprogramm die Dokumentation schen Armee Zeichnungen und Gemälde reitungen zu dem großangelegten Doku- „Wo warst Du, als die Alliierten kamen?“ anfertigten, wählte man jene Werke, die mentarfilm„Hitlers Menschenhändler. aus. Eine der dort portraitierten Prota- in der Zeit unmittelbar nach der Befrei- Juden als Austauschware“. Der 52-minü- gonisten war Dr. Yvonne Koch, die als ung in Bergen-Belsen entstanden waren. tige Film von Thomas Ammann, Stefan 11-jähriges jüdisches Mädchen ohne ihre Dazu fanden fachliche Beratungen, Dreh- Aust und Caroline Schmidt erzählt die Eltern aus der Tschechoslowakei in das arbeiten sowie ein Interview mit einer Geschichte des Austauschlagers Bergen- Frauenlager des Konzentrationslagers Mitarbeiterin der Abteilung Forschung Belsen und seiner Häftlinge. Die Filme- Bergen-Belsen deportiert wurde. Frau und Dokumentation in der Gedenkstätte macher nutzten das Archiv der Gedenk- Koch berichtete über ihre Erinnerungen Bergen-Belsen statt. stätte und das Fachwissen der Mitarbei- an die Befreiung des Lagers im April Am 17. November 2010 strahlte ARTE ter zur intensiven Einarbeitung in das 1945. Die Dreharbeiten und die Dokumen- ein Doku-Drama mit dem Titel „Die Kinder Thema und zur Recherche. Auch der tation zu Dr. Yvonne Koch wurden durch von Blankenese“ aus. In einer Mischung Kontakt zu Überlebenden in aller Welt, die Abteilung Forschung und Dokumen- aus Spielszenen und Interviews mit die im Herbst und Winter 2010 für den tation begleitet und unterstützt. Zeitzeugen wurde die Geschichte von Film interviewt wurden, fand durch die Ebenfalls im August 2010 erschien ein jüdischen Kindern gezeigt, die den Holo- Vermittlung der Abteilung Forschung Sonderheft aus der Reihe GEO EPOCHE caust überlebt hatten und nun in der Villa und Dokumentation statt. mit dem thematischen Schwerpunkt „Der der Familie Warburg in Hamburg-Blanke- Zweite Weltkrieg. Teil 2. 1943-1945“. Darin nese lebten. In diesem „Außenposten“ wurden die Geschichte und die Befreiung des DP-Camps Bergen-Belsen fanden des Konzentrationslagers Bergen-Belsen diese Kinder – viele von ihnen Waisen – ausführlich auf zehn Seiten dargestellt. vorübergehend ein neues Zuhause und Die Abteilung Forschung und Dokumen- wurden auf ihre Auswanderung nach tation war auch hierbei fachlich beratend Palästina bzw. Israel vorbereitet. Die Ab- und unterstützend tätig. teilung Forschung und Dokumentation Mitte September 2010 widmete sich unterstützte auch diese Produktion durch Sammlungstätigkeit zum DP-Camp Bergen-Belsen

Thomas Rahe, Klaus Tätzler

Titelblatt der von R. Lifschitz-Green herausgegebenen Sammlung von Liedertexten „Amecha“ • Stiftung nieder- sächsische Gedenkstätten

48 Die Camps für jüdische Displaced Per- 58 Publikationen wurden hier herausge- Revisionistischen Bewegung in der engli- sons waren Orte eines intensiven kultu- geben. Das Spektrum reichte von Lager- schen Zone Deutschlands“ herausgege- rellen Lebens, das als Teil des Rehabilita- zeitungen und Nachdrucken religiöser ben wurden. tionsprozesses der Überlebenden des Werke über Mitteilungsblätter politischer Angesichts des Alters dieser Publika- Holocaust verstanden werden muss. In und kultureller Gruppen sowie Tätigkeits- tionen und ihrer oft sehr schlechten diesem Zusammenhang wurden in den berichten von Gremien im DP-Camp bis Papierqualität mit einem hohen Säure- jüdischen DP-Camps auch Bücher gedruckt zu Bilddokumentationen der Shoa. Ins- gehalt werden diese Originale durch das und veröffentlicht, insgesamt etwa 400 besondere die beiden Lagerzeitungen Zentrum für Bucherhaltung in Leipzig zumeist hebräische und jiddische Titel. „Unzer Sztyme“ (1945 bis 1947) und fachgerecht restauriert. Öffentliche Bibliotheken in Deutschland „Wochnblatt“ (1947 bis 1950) – als Origi- zeigten daran bisher wenig Interesse. nal nahezu vollständig in der Sammlung Dies beginnt sich jedoch zu ändern. So der Gedenkstätte vorhanden – stellen haben sich sowohl die Gottfried-Wilhelm- Quellen von herausragender Bedeutung Leibniz-Bibliothek in Hannover als auch für die Geschichte des jüdischen DP- die Staatsbibliothek in Berlin in jüngster Camps Bergen-Belsen dar. Zeit gezielt um den Erwerb von Publika- Diese Sammlung konnte 2010 durch tionen aus den jüdischen DP-Camps in wichtige Neuzugänge ergänzt werden, der britischen und amerikanischen Zone etwa durch eine von R. Lifschitz-Green Deutschlands bemüht. herausgegebene hebräischsprachige Die umfangreichste Sammlung dieser Sammlung der Texte von 18 Liedern teils Art befindet sich mittlerweile im Archiv satirischen Charakters, teils mit aktuellen der Gedenkstätte Bergen-Belsen, die seit Bezügen, einige von ihnen nach russi- dem Jahr 2000 eine Sammlung zur Ge- schen Motiven. schichte des DP-Camps Bergen-Belsen auf- Aus der Überlieferung der dezidiert baut. Als das mit Abstand größte jüdische politischen Publikationen aus dem DP-Camp im Nachkriegsdeutschland war DP-Camp Bergen-Belsen konnten unter es auch eines der wichtigsten Zentren für anderem zwei Originalausgaben der Druck und Publikation von Büchern, Bro- hebräischen Zeitschrift „Unsere Front“ schüren und Zeitungen von bzw. für die aus dem Jahr 1948 erworben werden, jüdischen Displaced Persons. Insgesamt die von der „Vereinigten Zionistisch- Sonderausstellung: Gemälde von Madeleine Weis-Bauler

Thomas Rahe

Madeleine Weis-Bauler: Schienen ins Krematorium (Öl auf 15. August: Einführungsvortrag von Dr. Katrin Meß zur Hany Heshmat bei der Veranstaltung am 17. Oktober Leinwand, 60 x 70 cm) • Stiftung niedersächsische Eröffnung der Ausstellung • Stiftung niedersächsische • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Gedenkstätten Gedenkstätten

Lesung von Melanie Noesen aus der Autobiographie der Künstlerin in der Gedenkstätte Bergen-Belsen am 17. Oktober • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Vom 15. August bis 17. Oktober 2010 positionen, von denen einige ebenfalls in Meß. Hany Heshmat (Gitarre) umrahmte 49 präsentierte die Gedenkstätte Bergen- der Ausstellung gezeigt wurden. die Veranstaltung musikalisch. Die Lesung Belsen im Rahmen einer Sonderausstel- Mit ihren Bildern stellt sich Madeleine gab einen fundierten Einblick in die Wider- lung unter dem Titel „Und wir Luxembur- Weis-Bauler der schwierigen Situation, in standsaktivität und den Verfolgungsweg gerinnen haben immer gesagt: ‚Wir der sich zahlreiche ehemalige Häftlinge von Madeleine Weis-Bauler, die 1921 in kommen noch heim’“ eine Auswahl von der Konzentrationslager befinden: Wie Esch-Alzette in Luxemburg geboren wur- Gemälden der Luxemburgerin Madeleine kann die Wirklichkeit der Lager, wie kön- de. Nach der Besetzung Luxemburgs Weis-Bauler, die im Konzentrationslager nen die Grausamkeiten und Demütigun- durch das nationalsozialistische Deutsch- Bergen-Belsen befreit wurde. Die insge- gen, der Hunger, aber auch die Hoffnung land am 10. Mai 1940 engagierte sie sich samt 20 gezeigten Ölgemälde und Aqua- der Häftlinge mitgeteilt oder gar künstle- in der Résistancebewegung „Lëtzeburger relle, die seit den 1980er Jahren entstan- risch umgesetzt werden? Ihre Bilder stel- Freihétskämpfer“ (L.F.K.). Nachdem viele den sind, zeugen vor allem von Weis- len sich dieser Herausforderung auf ihre Mitglieder der L.F.K. verraten wurden, Baulers künstlerischer Auseinanderset- ganz eigene Weise. Sie greifen einerseits musste sie Luxemburg verlassen. Im zung mit dem Thema Konzentrations- zurück auf Chiffren aus der Welt der Lager April 1944 wurde sie auf dem Weg zu lager – manche Werke ganz unmittelbar wie Stacheldraht und Lagertor, interpre- einem konspirativen Treffen in Lothrin- durch Motive bzw. Titel wie „Schienen tieren diese jedoch neu und konfrontie- gen von der Gestapo verhaftet. Über ver- ins Krematorium“ oder „Fluchtweg“, an- ren sie mit Symbolen der Hoffnung und schiedene Gefängnisse und Konzentra- dere eher indirekt durch die Darstellung Erinnerung. Sie sind visuelle Zeugnisse tionslager wurde sie Anfang März 1945 von Isolation oder Leere. Ein beinahe ab- und Anklagen, aber auch Dokumente nach Bergen-Belsen deportiert, wo sie am strakt wirkendes Bild, das aufsteigende eines nicht zu brechenden Überlebens- 15. April 1945 befreit wurde. Madeleine Stufen in fast monochromer Farbgebung willens in einer Zeit, in der das Leben Weis-Bauler lebt heute in Luxemburg. zeigt und den Titel „Treppe in Jerusalem“ eines Menschen nicht viel bedeutete. trägt, kommentierte die Künstlerin mit Als Begleitprogramm zur Ausstellung den Worten: „Das ist die Treppe, wo Jesus wurde am 17. Oktober im Rahmen einer zum letzten Abendmahl hochging. Die Lesung Madeleine Weis-Baulers Autobio- Treppe besteht noch heute in Jerusalem. graphie vorgestellt, die unter dem Titel Das war am Tag vor seiner Hinrichtung.“ „Aus einem anderen Leben“ im Jahr Zum umfangreichen Œuvre Weis-Baulers 2000 auch in deutscher Sprache erschien. gehören aber auch Landschaftsdarstel- Vortragende waren Melanie Noesen und lungen, Stillleben sowie figürliche Kom- die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Katrin Bildung und Begegnung

Doreen Frank, Carola Rudnick, Martina Staats, Christian Wolpers

Begegnung mit dem Zeitzeugen Yehuda Blum in der Gedenkstätte Bergen-Belsen am Teilnehmerinnen des internationalen Jugendworkcamps im April • Sabine Bergmann/ 17. Juni • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

50 Allgemein (cr) der Gedenkstätte Yad Vashem und der dieses Angebots die Nachfrage zu ermit- Gewerkschaft Erziehung und Wissen- teln und auch inhaltlichen Anforderungen Die Bildungsarbeit in Bergen-Belsen schaft eine Studienfahrt „Lehren und gerecht zu werden, wurden die Offenen konnte 2010 unter den Leitbegriffen „ziel- Lernen über den Holocaust“. Die zehn- Führungen evaluiert. Eine Erstauswer- gruppenorientiert“, „international“, „nach- tägige Reise richtete sich an niedersäch- tung ermutigte dazu, dieses Angebot im haltig“ und „ortsbezogen“ grundständig sische Lehrkräfte und Mitarbeitende in Folgejahr fortzuführen. weiterentwickelt werden. Bei einer zwei- Gedenkstätten. Im Spätsommer rekrutierte der Besu- tägigen Klausur zu Beginn des Jahres Zeitgleich zur Studienfahrt fand in der cherdienst acht neue freie MitarbeiterIn- erarbeitete das pädagogische Kernteam Gedenkstätte Bergen-Belsen das 16. Inter- nen, die in einem dreistufigen Programm diese Leitlinien für die eigene Arbeit, ver- nationale Jugendworkcamp statt. Mitte zu Gruppenbetreuern für Führungen aus- band sie im Laufe des Jahres mit dem April besuchten zwei Patenklassen der IGS gebildet wurden. An drei Wochenenden, bestehenden Angebot und erprobte neue Linden die Gedenkstätte Bergen-Belsen. die auch den anderen Besucherdienst- Formate. Ebenso wurden die verschiede- Da ein Seminar der beiden 9. Klassen in kräften offenstanden, wurden die neuen nen Arbeitsbereiche der Abteilung Päda- der Woche des 65. Jahrestages der Be- Kolleginnen und Kollegen in den aktuel- gogik konturiert. Neben dem Schwer- freiung des Konzentrationslagers Bergen- len Arbeits- und Forschungsstand zu den punkt „Internationale Bildungsarbeit und Belsen stattfand, kamen die Schülerin- verschiedenen historischen Themen und Begegnungen“, „Besucherdienst und Be- nen und Schüler mit Überlebenden ins Aspekten der Gedenkstätte eingeführt. sucherforschung“ wurden thematische Gespräch und unterstützten die Gedenk- Ein anschließendes Mentoringprogramm Akzente in den Bereichen „Erinnerungs- feierlichkeiten. gewährleistet die Qualitätssicherung. kultur und Geschichte der Gedenkstätte Von Juni bis September bot der Besu- Im ersten Halbjahr wurde eine PC- Bergen-Belsen“ und „Displaced Persons cherdienst neben den Gruppenführun- Anwendung entwickelt, die eine Inhouse- Camp Bergen-Belsen“ gesetzt. gen und Studientagen zusätzlich „Offene Herstellung von didaktisierten und stan- Streckenweise zusammen mit der Ab- Führungen“ an. Dieses neunzigminütige dardisierten Schulungs- und Bildungs- teilung Forschung und Dokumentation ar- Angebot richtete sich ausschließlich an materialien für Führungen, Studientage beitete die pädagogische Abteilung zu den unangemeldete Einzelbesucher. In engli- und weitere pädagogische Angebote er- Themen „Offenes/Pädagogisches Archiv“, scher und deutscher Sprache bekamen möglicht. Diese „Maske“ ist an das De- „Studientage“, „Bildungsmethoden und sie eine Einführung in die Geschichte sign des Vertiefungsbereiches in der Standards“ sowie „Bildungsmaterialien“. des Ortes und eine Orientierung über die Dauerausstellung angelehnt und bietet Im März 2010 veranstaltete die Gedenk- Möglichkeiten eines individuellen Gedenk- verschiedenste Möglichkeiten, für den stätte Bergen-Belsen in Kooperation mit stättenbesuchs. Um für eine Verstetigung Gedenkstättenbesuch einzelne Quellen, 18. April: Blumen für die Gedenkfeier • Carola Rudnick/ Begegnung mit dem Zeitzeugen Rudi Oppenheimer in der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Gedenkstätte Bergen-Belsen am 15. April • Carola Rudnick/ Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Arbeitsbögen und weitere Materialien Veranstaltung war ein derartiger Erfolg, der Unterstützung bei Planung und Um- 51 vor- und aufzubereiten. Eine erste Erpro- dass für 2011 eine Fortsetzung geplant ist. setzung waren in dem Hör-Geschichten- bung erfolgte im Zusammenhang mit Im Rahmen des 1984 ins Leben gerufe- Projekt auch die beiden seit September den Lehrerfortbildungen, die 2010 als ein nen Jewish Holocaust and Resistance 2010 in der Gedenkstätte tätigen und von neues Angebot entwickelt und eingeführt Teachers Program besuchten rund 35 US- der Bildungsabteilung betreuten FSJ- wurden. So bot Andreas Mischok im Sep- amerikanische Lehrkräfte im Juli 2010 Freiwilligen, Ann-Christine Stölpe und tember eine Fortbildung mit dem Titel erstmals die Gedenkstätte Bergen-Belsen. Henrik Rodehorst, involviert. Beide wa- „Ich mache mir ein Bild“ an. Sie richtete Bei dieser Gelegenheit wurde der Kontakt ren nach ihren Einführungswochen in sich an Kunst- und Geschichtslehrkräfte, zum U.S. Holocaust Memorial Museum das Projekt eingestiegen und nahmen denen anhand von Zeichnungen aus dem intensiviert. an den Ende 2010 beginnenden Seminar- Kriegsgefangenen- und Konzentrations- Wiederholt betreute die pädagogische blöcken teil. lager und historische Fotografien neuere Abteilung deutsch-israelische Gruppen, Andreas Mischok legte mit seinem Vermittlungsformen zum Themenbereich die im Rahmen von Jugendbegegnungen Methodenbaustein „Kreativer Bilderein- Nationalsozialismus, Verfolgung und die Gedenkstätte besuchten; sie betreute stieg“ einen ersten Grundstein für einen Völkermord vorgestellt wurden. Studierende aus zahlreichen Ländern, Methoden-Baukasten. Durch die schrift- Anfang November führten Martina die im Rahmen ihres Studiums oder für liche Dokumentation und Beschreibung Staats und Doreen Frank eine Fortbildung Forschungszwecke nach Bergen-Belsen der Methoden stehen diese Instrumente „Erinnerungs- und Lernort Bergen-Belsen“ kamen sowie internationale Gäste von nachhaltig zur Verfügung. Die Entwick- durch. Abgestimmt auf das neu gefasste Tagungen oder im Rahmen von Besuchen lung von Methodenbausteinen wird 2011 Kerncurriculum Geschichte für die Se- (politischer) Delegationen. Darüber hin- fortgesetzt. kundarstufe II bildeten die Kolleginnen aus organisierte die pädagogische Abtei- Neben diesen Aktivitäten unterstützte niedersächsische Lehrkräfte dazu fort, lung Zeitzeugengespräche in Schulen. die pädagogische Abteilung drei Beiträge Bergen-Belsen als Erinnerungsort im Un- Alle Kolleginnen und Kollegen waren am in niedersächsischen Schulbüchern über terricht zu behandeln und bereiteten sie Veranstaltungsprogramm der Gedenk- die Gedenkstätte Bergen-Belsen als auf einen unterrichtsintegrierten Gedenk- stätte Bergen-Belsen beteiligt. historischer und als Erinnerungsort; sie stättenbesuch vor. Mit Hilfe der oben In Kooperation mit dem Projekt „Ent- begleitete und unterstützte Magister-, erwähnten „Maske“ wurden Arbeits- rechtung als Lebenserfahrung“ gelangen Diplom-, Master- und Bachelorarbeiten, materialien entwickelt, die sowohl in der 2010 zudem Konzeption, Organisation half bei Seminar- und Hausarbeiten und Schule als auch bei einem Gedenkstätten- und Auftakt des von der EVZ kofinanzier- bearbeitete zahlreiche individuelle besuch verwendet werden können. Die ten Projektes „HörGeschichten“. Neben Anfragen. Besucherdienst

52 Die Gedenkstätte wurde in 2010 wie im regelmäßig offene Führungen im Um- Zur Bestätigung dieser Ergebnisse wur- Vorjahr von etwa 275.000 Personen be- fang von 90 Minuten in deutscher und den zusätzlich Kontakte zu Experten her- sucht. Unter den Besuchern sind zahl- englischer Sprache zur Einführung an- gestellt und gepflegt. Hier empfiehlt es reiche Überlebende und Angehörige, die geboten. Die Angebote des Besucher- sich, eine langfristige Kommunikation das Informationsangebot der Gedenk- dienstes sind kostenlos. aufrechtzuerhalten. stätte wahrnehmen und vor Ort Gesprä- Die Abschlussphase des Praktikums che zur Schicksalsklärung, Übergabe Projektpraktikum „Barrierefreiheit“ umfasste die Konkretisierung der zukünf- von Dokumenten und Exponaten oder tigen Angebotsentwicklung der Gedenk- zur Begleitung bei ihrem Besuch führen. Auch 2010 legte die Stiftung einen Fokus stätte für Besucher mit Einschränkungen Eine detaillierte Besucherforschung auf die Weiterentwicklung der Barriere- und Behinderungen, dient aber auch der konnte 2010 nicht durchgeführt werden. freiheit und der Zugänglichkeit der Infor- Konzeption eines Projektes, um diese Stichproben belegen jedoch einen hohen mationen für Menschen mit unterschied- Angebote praktisch zu entwickeln und Anteil von Besucherinnen und Besuchern lichen Einschränkungen und Behinderun- umzusetzen. Das Thema begleitet die aus dem Ausland, insbesondere in den gen (accessibility). Hierzu absolvierte Bildungsarbeit auch 2011. Sommermonaten. Simone Rose vom 1. Oktober 2010 an ein Insgesamt 1.000 Gruppen wurden im Rah- von der Hans-Böckler-Stiftung unterstütz- men von Führungen und Studientagen tes halbjähriges Praktikum in der päda- betreut. Gruppen werden auf Anmeldung gogischen Abteilung der Gedenkstätte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Bergen-Belsen. Das Praktikum umfasste des Besucherdienstes betreut; Führun- zunächst eine systematische Bedarfs- gen umfassen drei bis vier Stunden. Eine analyse, in der in Zusammenarbeit mit nicht erfasste Zahl von Gruppen besucht freiwilligen Gruppen von Menschen mit die Gedenkstätte ohne Führung; die Nach- Behinderungen, aber auch in eigenen frage nach dem Besucherdienstangebot Feldversuchen und durch Evaluation ist nach wie vor ausgesprochen hoch im Kollegenkreis mit Fragebögen die und bedingt lange Anmeldefristen. momentane Situation analysiert und Führungen von Einzelpersonen, Kleinst- dokumentiert wurde. gruppen oder Überlebenden und deren Der Bestandsanalyse folgte eine syste- Angehörigen sind in der Statistik nicht matische Bedarfsanalyse, die vor allem gesondert erfasst. Seit 2010 werden auf vielfältige Recherche gestützt war. Besucherdienststatistik zu Soldaten...... 99 Schüler gesamt...... 660 Führungen und Studientagen 2010 Jahrgang 6...... 3 Gruppen insgesamt Jahrgang 7...... 7

Jahrgang 8...... 32 Erwachsene...... 134 Jahrgang 9...... 228

Jahrgang 10...... 338

Jahrgang 11...... 20

Konfirmanden...... 15 Jahrgang 12...... 21

Jahrgang 13...... 11

Jugendliche...... 49 plus offene Führungen

Besucherdienststatistik zu Angemeldete Führungen und Studientagen 2010 Führungen...... 775

Wahrgenommene Angebote

Studientage...... 169

Offene Führungen...... 32

besondere Führungen...... 14

Besucherdienststatistik zu Deutschland...... 880 Ausland...... 78 Führungen und Studientagen 2010 53 plus offene Führungen International...... 13 Nationalitäten USA...... 11 Niederlande...... 11 Großbritannien...... 11 Norwegen...... 8 Frankreich...... 5 Finnland...... 5 Russische Föderation....4 Israel...... 3 Dänemark...... 2 Belgien...... 2 Polen...... 2 Schweden...... 1

Besucherdienststatistik zu Bundeswehr...... 90 Schüler gesamt...... 649 Führungen und Studientagen 2010 Sonstige...... 69 Gymnasien...... 267 Art der angemeldeten Gruppen Kirchliche Gruppen...... 35 Realschulen...... 209

Jugendarbeit...... 28 Gesamtschulen...... 77

Studierende / Uni...... 22 Hauptschulen...... 64

Multiplikatoren...... 14 BBS...... 14

Britische Soldaten...... 11 Förderschulen...... 10

Parteien / Alternativschulen...... 8 Gewerkschaften ...... 9

Andere Soldaten...... 6

plus offene Führungen Schüleraustausche...... 25 Internationale Studienfahrten nach Bergen-Belsen

Carola Rudnick

Besuch amerikanischer Lehrkräfte des Jewish Holocaust and Resistance Teachers Program am 13. Juli • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

54 Die Gedenkstätte Bergen-Belsen war Gedenkstätten im Rahmen des Schulun- Erinnerung, berichteten die Organisato- 2010 Zielort zweier internationaler Stu- terrichtes. Die Möglichkeiten und Anfor- ren Elaine Culbertson und Steve Fein- dienfahrten von MultiplikatorInnen aus derungen des außerschulischen Lernens berg (USHMM) nach ihrer Rückkehr in den Niederlanden und aus den USA. In am historischen Ort wurden diskutiert. die USA. Kooperation mit dem U.S. Holocaust Martin Schellenberg führte die Lehr- Neben dem Jewish Holocaust and Memorial Museum (USHMM) in Washing- kräfte an das komplexe Thema „Umgang Resistance Teachers Program besuchten ton D.C. besuchten rund 35 US-amerika- mit historischen Fotographien des befrei- im Herbst 2010 erstmals auch zwei Semi- nische Lehrkräfte der Secondary Schools ten Konzentrationslagers Bergen-Belsen“ nare der Universität Utrecht (Niederlan- erstmals im Rahmen des 1984 ins Leben heran. Er zeigte neuere Ansätze von re- de) unter Leitung von Prof. Wim Borghuis gerufenen Jewish Holocaust and Resis- flektierter und quellenadäquater Anwen- die Gedenkstätte Bergen-Belsen. Vor Ort tance Teachers Program am 13. Juli 2010 dung in der Vermittlungsarbeit auf. betreut wurden sie von Martina Staats, die Gedenkstätte Bergen-Belsen. Nach Christian Wolpers wiederum bot den Michael Pechel und Andreas Mischok. einem Einführungsvortrag „We don’t Lehrkräften eine Einführung in die Arbeit Niederländische Studierende aus ver- practice Holocaust Education – we do mit Häftlingsaufzeichnungen. Tagebuch- schiedenen Disziplinen und Studien- more“ der Leiterin des Pädagogischen berichte und Zeichnungen, die im Kriegs- zweigen befassten sich an jeweils drei Zentrums, Carola Rudnick, beschäftigten gefangenen- und Konzentrationslager Tagen mit verschiedensten Aspekten der sich die Gäste in vier unterschiedlichen Bergen-Belsen entstanden, zeugen in Geschichte von Bergen-Belsen und Fragen Workshops intensiver mit den Möglich- ihrer Seltenheit und besonderer Weise der Vermittlung des Themas National- keiten und Grenzen der Holocaust Educa- von den Lagerrealitäten und eignen sich sozialismus. tion in Deutschland bzw. am historischen gerade deshalb als Einstieg in dieses Beide kooperativen Veranstaltungen, Ort Bergen-Belsen. Thema. die Seminare der Universität Utrecht von Susanne Seitz thematisierte und disku- In allen vier Workshops fand ein inten- Wim Borghuis und das Jewish Holocaust tierte mit ihrer Gruppe Nationalsozialis- siver interkultureller Austausch über die and Resistance Teachers Program, sollen mus und Holocaust in aktuellen Schul- verschiedenen Zugänge und Möglichkei- 2011 fortgeführt werden. buchdarstellungen und älteren Lernmit- ten der Vermittlung von Nationalsozialis- teln. Die Gruppe arbeitete Veränderungen mus und Holocaust statt. Der ereignisrei- in der Akzentuierung und einen Bedeu- che Tag endete mit einem resümierenden tungswandel im Schulunterricht heraus. „Teachers’ Dialog“. Der Besuch in Bergen- Im Vordergrund der Arbeitsgruppe von Belsen habe alle Beteiligten besonders Michael Pechel stand der Besuch von beeindruckt und bleibe in nachhaltiger 16. Internationales Jugendworkcamp in der Gedenkstätte Bergen-Belsen

Sabine Bergmann

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Internationalen Jugendwokcamps 2011 • Ole Otten Dr. Yvonne Koch mit einer Arbeitsgruppe • Sabine Bergmann/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

In der Zeit vom 22. März bis 1. April als Jüdin verfolgt wurde und im Konzen- gestaltet, um so Passanten auf die histo- 55 2010 fand das 16. Internationale Jugend- trationslager Bergen-Belsen inhaftiert rische Bedeutung dieses Weges aufmerk- workcamp Bergen-Belsen in Kooperation war, und Salomon Finkelstein, der das sam zu machen. mit dem Landesjugendring Niedersach- Konzentrationslager Auschwitz überlebt Die Dokumentationsgruppe schrieb sen und der Stiftung niedersächsische hat. Diese herzlichen und offenen Begeg- Tagebuch, besuchte die anderen Arbeits- Gedenkstätten statt. Während dieser Zeit nungen gehörten zu den beeindrucken- gruppen, machte Interviews und Fotos kamen Jugendliche aus Belarus, Deutsch- den Erlebnissen in diesen Tagen. und gestaltete eine Campzeitung. land, Israel, Litauen, den Niederlanden, Die Fotogruppe konnte unter Anleitung Die Unterbringung erfolgte im Anne- Russland, der Slowakei und Südafrika zu- des Fotografen Mark Mühlhaus persönli- Frank-Haus des CVJM in Oldau und die sammen, um sich in unterschiedlichen che Ideen, Gedanken und Eindrücke in Abende waren erfüllt vom Leben in einer Arbeitsgruppen mit Vergangenheit und eindrucksvollen Fotogeschichten er- und großen internationalen Gruppe, anregen- Gegenwart auseinander zu setzen. verarbeiten. den Gesprächen, gemeinsamen Unterneh- Eine Führung über das Gelände des Nach einer theoretischen Einführung mungen mit Lachen, Feiern und Musik. ehemaligen Kriegsgefangenen- und Kon- in die Thematik Musik in Konzentrations- In dieser Woche sind Freundschaften zentrationslagers Bergen-Belsen und die lagern sowie deren Verwendung und Be- über Ländergrenzen hinweg entstanden. vertiefenden Informationen in der Aus- deutung setzte die Musikgruppe Emotio- An einigen Programmpunkten nahm stellung der Gedenkstätte boten den Teil- nen und Gedanken in Musik um. auch ein Fernsehteam des NDR teil. Das nehmenden einen Überblick über die Zeitaktuelle Geschehnisse, etwa The- Filmmaterial über das Jugendworkcamp Geschichte dieses Ortes. In sechs Arbeits- men wie Umgang mit Vorurteilen, Aus- mit Interviewsequenzen von Teamern gruppen wurden in den folgenden Tagen grenzungen, Rechtsradikalismus und und Teilnehmenden sind in dem 29-minü- unterschiedliche thematische Schwer- Spuren der NS-Zeit im heutigen Stadt- tigen Film „Gegen das Vergessen“ ein- punkte (Zeitzeugen, Fotogruppe, Musik, bild von Celle beschäftigten die Jugend- gearbeitet, den der NDR am 18. April aus- Bedeutung der Geschichte für die Gegen- lichen in einer weiteren Arbeitsgruppe. strahlte. wart, der Weg in das ehemalige Lager, Der Weg der ehemaligen Häftlinge von Dokumentation) mit vielfältigen Metho- ihrem Ankunftsort, der Eisenbahnrampe den bearbeitet und vertieft. in der Nähe von Bergen, bis zum frühe- Eine Gruppe setzte sich intensiv mit ren Eingang des Kriegsgefangen- und den Biografien der ehemaligen Häftlinge Konzentrationslagers war ebenfalls Thema auseinander. Gesprächspartner für die einer Arbeitsgruppe. Dieser Weg wurde Jugendlichen waren Dr. Yvonne Koch, die entsprechend markiert und Schaukästen Lehrerfortbildung „Erinnerungs- und Lernort Bergen-Belsen: Grundlagen, Methoden und Praxis für das Kerncurriculum Geschichte“

Doreen Frank, Martina Staats

Aus der Materialsammlung zur Lehrerfortbildung: Verbrennungsofen des Krematoriums des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Blick von Osten, im Hintergrund ein Wachturm und der Lagerzaun, Sommer 1945. Schenkung von Magdalena Nagelova • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

56 Der Erinnerungs- und Lernort Bergen- das Wahlmodul 4 der Erinnerung an die gründende Synthese und Fähigkeit zur Belsen stellt für Schülerinnen und Schü- Opfer des Nationalsozialismus gewidmet. Reflexion der Betrachtungsebenen und ler nach unseren Erfahrungen einen Ort Die Lehrerfortbildung bezieht sich auf Kategorien ermöglicht die Erarbeitung vielschichtiger Herausforderungen dar. die im Kerncurriculum genannten Kom- von Kriterien der Urteilsbildung. Viele versuchen, mit Hilfe dieses Ortes petenzen im Umgang mit Geschichte erstmals zu begreifen, welche konkrete und berücksichtigt sie: Werturteilskompetenz: Hierbei soll die Bedeutung beispielsweise Nationalsozia- kritische Werturteilsbildung der Schüle- lismus, Verfolgungssituationen oder Kon- Perspektivenübernahme: Die Schülerin- rinnen und Schüler mit dem Ziel der zentrationslager hatten und haben. Aber nen und Schüler sollen erkennen, dass Bildung eines reflektierten Werturteils sehr häufig beginnen bei Führungen und historische Zeugnisse und Ereignisse gefördert werden. Die Bewertung erfolgt Studientagen die Gespräche über den von dem Standpunkt, durch den Blick- aufgrund von Reflexion eigener Bewer- Erinnerungs- und Lernort Bergen-Belsen winkel und von den Interessen derjenigen tungsmaßstäbe, in Auseinandersetzung mit durchaus naheliegenden Fragen zur geprägt sind, von denen sie stammen. mit anderen Wertemaßstäben und auf- heutigen Gestaltung des Außengeländes Die heutige Sicht auf historische Ereig- grund differenzierter Einsicht in den wie: „Warum sind keine Baracken mehr nisse ist bestimmt von gegenwärtigen Unterschied zwischen in vergangenen zu sehen?“, oder: „Wieso wurden als Denk- Einstellungen und Bezugsrahmen des Zeiten und gegenwärtig gültigen Werten mal eine Wand und ein Turm gebaut?“ Betrachters. Dies bewirkt eine Verände- und deren historischen Grundlagen. Die neu entwickelte Multiplikatoren- rung der Deutung von Ereignissen in den fortbildung stellt diese und weitere Fra- unterschiedlichen Zeiten. Durch diese Selbstständiges Erarbeiten von Inhalten gen zum Erinnerungsort Bergen-Belsen Sichtbarmachung der Perspektivität wird und deren Vermittlung sind Ziele der Me- in den Mittelpunkt und verbindet einzel- der Konstruktcharakter von Geschichte thodenkompetenz: Diese bereits im Ge- ne historische Lernorte des Geländes mit erkennbar, und es wird hervorgehoben, schichtsunterricht erlangten Kompetenzen den Zeitebenen der NS-Zeit und der wie wichtig es ist, Multiperspektivität sollen auch auf einem höheren Niveau Nachkriegszeit bis hin zur Gegenwart. zu berücksichtigen. abgerufen und gefestigt werden. Ferner Das Thema Erinnerungskultur ist in bietet die Lehrerfortbildung den Kursen Niedersachsen erstmalig im Kerncurricu- Sachurteilskompetenz: Hierbei sollen die Möglichkeit, in Hinblick auf spätere lum Geschichte als eigener Lernbereich die Schülerinnen und Schüler Ereignisse Besuche der Gedenkstätte Bergen-Belsen ausgewiesen. Im Rahmenthema 4 des 4. und Prozesse erklären, d. h. diese auf Ur- als eines außerschulischen Lernortes Schulhalbjahres der Qualifikationsphase sachen zurückführen oder deren Hinter- lokale und regionale Besonderheiten zu zu Geschichts- und Erinnerungskultur ist gründe erkennen: Diese multikausal be- berücksichtigen. Aus der Materialsammlung zur Lehrerfortbildung: Ceija Stojka zeigt eine Reproduktion ihres Gemäldes „Sie schauten hinein in unsere Herzen“, März 2010. Privatbesitz Andrea Driendl • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Die erste ganztägige Lehrerfortbildung keiten der pädagogischen Arbeit mit dem tigt individuelle Lernstände und das 57 fand als Pilotveranstaltung am 2. Novem- am Nachmittag vorgestellten Material. Lernverhalten einzelner Kurse. Daher ber 2010 in der Gedenkstätte Bergen-Belsen Auch ein Besuch der Dauerausstellung können die Materialien als Vor- und Nach- statt. Der Ankündigung im Schulverwal- wurde in die Fortbildung integriert. Nach- bereitung für den Besuch der Gedenk- tungsblatt sowie auf der Veranstaltungs- mittags wurden Methoden und Material stätte Bergen-Belsen genutzt werden. Sie datenbank NiBis folgten so viele Interes- zur Arbeit mit Schülerinnen und Schüler sind auch ohne einen Besuch des außer- sierte, dass ein großer Bedarf nach weite- in der Gedenkstätte Bergen-Belsen vorge- schulischen Lernortes einsetzbar, ermög- ren Fortbildungsveranstaltungen erkenn- stellt. Im Vorfeld der Fortbildung wurden lichen aufgrund der flexiblen Module die bar war und auch bereits eine zusätzliche ein Reader und eine Materialsammlung Verwendung und Weiternutzung bei Stu- Veranstaltung stattfand. als Orientierungsmöglichkeit für die dientagen mit eigenständiger Arbeit von Grundlage der Konzeption dieser Fort- Lehrkräfte erarbeitet. Der Reader liefert Schülerinnen und Schülern in der Ge- bildung ist die Verknüpfung des Erinne- eine ausführliche historische Einführung, denkstätte unter Einbeziehung der Dau- rungsortes mit dem historischen Lernort nennt weiterführende Literatur und ist erausstellung oder an den gymnasialen Bergen-Belsen. Durch das Aufzeigen der eher wissenschaftlich orientiert. Er dient Oberstufen direkt. verschiedenen Zeitebenen von der NS-Zeit als vertiefende Information für die Multi- Bei der Pilotveranstaltung wurde den mit den unterschiedlichen Zeitebenen plikatoren. Anwesenden abrundend die Medienstati- der Erinnerungskultur ab1945 bis heute Die Materialien sind als flexible The- on „Irgendwie bin ich ein Teil von hier…“ werden alle im Kerncurriculum geforder- menmodule gestaltet. Diese liefern den vorgestellt. Diese entwickelte Diana ten Kompetenzen berücksichtigt. Lehrerinnen und Lehrern jeweils eine Gring für die Sonderausstellung „Überle- Die Tagesveranstaltung begann mit ei- kurze vertiefende Information zu den ein- benszeichen. Weiterleben nach Bergen- ner kurzen historischen Einführung, der zelnen Themenbereichen und ermögli- Belsen“ und zeigt eindrucksvoll Erinne- ein Rundgang über das Außengelände chen damit einen schnellen Zugriff für rungen Überlebender an ihren eigenen folgte. Sehr praxisbezogen stellten die zeitsparende Unterrichtsvorbereitung. Besuch der Gedenkstätte Bergen-Belsen. beiden Referentinnen verschiedene his- Den Schwerpunkt der Module bilden die Eine Evaluation der Teilnehmenden am torische Lernorte anhand einer Auswahl einzelnen Arbeitsblätter, die zu verschie- Schluss der Fortbildung ergab eine posi- unterschiedlicher Quellen aus den Mate- denen Lernorten des Außengeländes auf tive Resonanz: „sehr ansprechende, rialien vor und berichteten von Erfahrun- der Grundlage von unterschiedlichem kompetente Leitung“, „Das bereitgestell- gen bei dem Einsatz dieser Quellen mit Quellenmaterial erstellt wurden. Dieses te Material ist wirklich sehr lohnend und Schulklassen. Angeregte Diskussionen multiperspektivische Material ermöglicht ich freue mich auf den Einsatz im Unter- und Nachfragen vertieften die Möglich- verschiedene Zugänge und berücksich- richt“. Seminar „Unrechtssysteme“

Christian Wolpers

Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Seminar „Unrechtssysteme“ erarbeiten Themen...... und präsentieren ihre Ergebnisse • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

58 2010 fand das Seminar zum Thema Systeme entstehen lassen, und eine vier- „Unrechtssysteme“ zum zehnten Mal te Gruppe erarbeite unter theaterpädago- statt. Erneut trafen sich Schülerinnen gischer Anleitung mit Häftlingsbiografien und Schüler der 9. Jahrgangsstufe der einen Zugang zur Thematik „Unrecht“, Realschule Walsrode in Niedersachsen den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und der Sekundarschule Hagenberg aus in einer Körperstatue ausdrückten. Gernrode in Sachsen-Anhalt zur gemein- Für die Schülerinnen und Schüler war samen Arbeit in der Gedenkstätte Bergen- die Begegnung mit dem Sinto Peter Paul Belsen. Während des viertägigen Semi- Petalo, der ihnen als Zeitzeuge von sei- nars waren sie im Anne-Frank-Haus Oldau ner Verfolgung und der Verfolgung und untergebracht, das als Jugendgästehaus Ermordung seiner Familie berichtete, be- der Gedenkstätte dient und wo auch eini- sonders eindrucksvoll und motivierend ge Teile des Programms stattfanden. für die Arbeit in den Gruppen. Nach einer intensiven Vorstellung der Am Abschlusstag stellten alle Arbeits- Geschichte der Lager in Bergen-Belsen gruppen ihre jeweiligen Ergebnisse in setzten sich die Schülerinnen und Schüler beeindruckenden Präsentationen ihren in vier Arbeitsgruppen mit der Entrech- Mitschülerinnen und -schülern vor. tung und Verfolgung von Menschen im Im Herbst trafen sich die Jugendlichen Nationalsozialismus auseinander. Dabei zum zweiten Teil des Seminars in der waren Inhalte, Herangehensweisen und Gedenkstätte Deutsche Teilung in Marien- Methodiken jeweils unterschiedlich. born, um sich mit Aspekten des SED- Während in einer Gruppe die Geschichte Unrechtsregimes auseinanderzusetzen. und Biografien von Tätern und Opfern im Konzentrationslager Bergen-Belsen erar- beitet wurden, stand in einer weiteren die Geschichte der Verfolgung von Sinti und Roma im Vordergrund. Eine dritte Arbeitsgruppe analysierte anhand des Films „Die Welle“ Mechanismen, die totalitäre und menschenverachtende Ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Gedenkstätte Bergen-Belsen

Tobias Trutz

„Die Jungen sind nicht verantwortlich für das, was damals geschah. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der Geschichte daraus wird.“

Richard von Weizsäcker

Inka Ostendorf (links) und Tobias Trutz (rechts) betreuen Besucherinnen der Gedenkstätte am „Girls’ Day“ am 22. April • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Am 1. September 2009 begann für Inka Pädagogische Zentrum der Gedenkstätte Wir haben viele neue, unvergessliche 59 Ostendorf und mich das Freiwillige Sozi- Bergen-Belsen angegliedert waren, arbei- Erfahrungen gemacht und Organisations- ale Jahr (FSJ) in der Gedenkstätte Bergen- teten wir auch häufig für den Teilbereich talent zeigen können. Dies erwies sich als Belsen. Es war das erste Mal, dass zwei Forschung und Dokumentation und eig- besonders nützlich bei der Durchführung FSJ-ler zeitgleich in der Gedenkstätte ar- neten uns somit schnell Kenntnisse zur des selbstständigen Projektes, das fester beiteten. Inka hatte sich für das FSJ Poli- Geschichte des Ortes an. Dazu trug auch Bestandteil des Freiwilligen Sozialen Jah- tik entschieden und ich wählte den kultu- erheblich die regelmäßige Teilnahme an res ist. Hierzu wurde eine 11. Klasse des rellen Zweig des sozialen Jahres. Das Führungen bei. Wir arbeiteten insbeson- Hermann-Billung-Gymnasiums Celle Jahr sollte uns beiden eine Zukunfts- dere bei der konzeptionellen Umgestal- zweieinhalb Tage in die Seminarräume orientierung geben; für mich stellte es tung des Pädagogischen Zentrums mit. der Gedenkstätte eingeladen, um zur Ge- zudem eine gute Möglichkeit dar, meinen Wir konnten eigene Vorschläge in die schichte des historischen Ortes Bergen- Zivilersatzdienst zu leisten. Bereits zu Be- Überlegungen einbringen. Belsen „Bildberichte“ zu erstellen. Auch ginn des Jahres bot sich für uns beide Doch auch andere Arbeiten umfasste dank der tatkräftigen Unterstützung von die Option, die Veranstaltungsreihe „Zeit- das FSJ. Ich selbst habe unter anderem Andreas Mischok aus dem Besucher- zeugen im Dialog 2009“ mitzuorganisie- mit Jens Manegold den Umzug in den dienst der Gedenkstätte konnte das Pro- ren. So wurden Einladungen formuliert neuen Stiftungssitz durchgeführt und die jekt sehr erfolgreich mit einer kleinen und übersetzt, der Versand von Einladungs- Ausstellung zum 5-jährigen Bestehen der Ausstellung abgeschlossen werden. Zum schreiben übernommen, eine deutsch- Stiftung im niedersächsischen Landtag Ende des Freiwilligendienstes waren wir polnische Jugendbegegnung mitbetreut aufgebaut. Inka half mit, Archivgegen- beide schließlich in der Lage, Führungen und die Zeitzeugenbegegnung der Über- stände zu sortieren und gestaltete dank anzubieten und haben dies insbesondere lebenden Maria Jaworska mit Schülerin- ihrer künstlerischen Fähigkeiten die im Rahmen von offenen Führungen ge- nen und Schülern der Hermann-Ehlers-Real- Wände des FSJ-Büros neu. tan. Das Freiwillige Soziale Jahr, ob Poli- schule Bergen fotografisch dokumentiert. Inka wurde bei der Organisation und tik oder Kultur, war für uns eine einmali- Nach und nach gewöhnten wir uns an Durchführung der Gedenkveranstaltungen ge Erfahrung, die uns unser weiteres den Arbeitsalltag in der Gedenkstätte eingeteilt und ich assistierte Stephanie Leben begleiten wird. und lernten die verschiedenen Aufgaben- Billib bei der Presse- und Öffentlichkeits- felder kennen. Die Mitarbeiter der einzel- arbeit. Die Woche der Gedenkfeierlich- nen Abteilungen nahmen sich viel Zeit keiten rund um den Jahrestag der Befrei- für uns und gaben jeweils eine Einfüh- ung war für uns beide eine sehr wichtige rung in ihr Ressort. Obwohl wir an das Zeit. 60 Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel

61 Allgemeiner Bericht

Wilfried Knauer

Die Stiftung niedersächsische Gedenk- Ehemaliges Hinrichtungsgebäude • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten stätten hat laut GedenkStG § 2, Art. 2 die Trägerschaft der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel.

62 Wanderausstellung Einrichtungen wurde dieses schülerori- „Netzwerk-Tagung“ entierte Projekt zur Aufarbeitung der NS- Die Wanderausstellung „Justiz im Natio- Justiz mit großer Medienresonanz erfolg- Im Verlauf von zwei Jahrzehnten hat nalsozialismus – Über Verbrechen im Na- reich realisiert. Die Gedenkstätte in der die Gedenkstätte ein Netzwerk unter- men des Deutschen Volkes“ wurde im Zeit- JVA Wolfenbüttel trug durch fachliche schiedlicher Partner aus Kultur und Wis- raum vom 1. März bis zum 23. Dezember und organisatorische Unterstützung zum senschaft, Schulen und anderen Bil- 2010 in Kooperation mit der „Stiftung ge- Gelingen erheblich bei. dungseinrichtungen aufgebaut. Um gen Extremismus und Gewalt in Heide Ergebnisse der gemeinsamen Projekte zu und Umgebung“ und dem Justizministe- Betreuung von Anfragen von Angehöri- sichten und für die geplante Neugestal- rium des Landes Schleswig-Holstein mit gen Hingerichteter und Inhaftierter tung der Gedenkstätte Anregungen auf- großem Erfolg in Schleswig-Holstein ge- zunehmen, fand Ende August 2010 in den zeigt: im Amtsgericht Meldorf, in den Land- Auch weiterhin ist ein kontinuierlicher Räumen der Landesmusikakademie eine gerichten Kiel, Lübeck, Flensburg, Itzehoe Anstieg bei den Nachfragen zu Schick- anderthalbtägige Tagung statt. Mit Vertre- und im Oberlandesgericht Schleswig. salsklärungen seitens der Familien von tern des Staatsarchivs Wolfenbüttel, der Das Konzept dieser Präsentation unter- Opfern der deutschen Justiz in der NS- Bundesakademie für kulturelle Bildung, schied sich in zwei Bereichen wesentlich Zeit festzustellen. Neben einer Reihe von der Lessing-Akademie, der Kolping-Fami- von der bisherigen Praxis in Niedersach- Anfragen aus dem westeuropäischen lie, der St. Petrus-Gemeinde, der sen und Sachsen-Anhalt. Zum einen Ausland erfolgen verstärkt Kontaktauf- UNESCO-Projektschule Lessing-Real- wurde zugleich eine frühere Ausstellung nahmen aus dem Bereich der Bundesre- schule und weiterer Schulen konnten ne- des OLG Schleswig (lediglich zur schles- publik Deutschland, zum überwiegenden ben Formen engerer Zusammenarbeit wig-holsteinischen Justizgeschichte im Teil aus dem Spektrum von Opfern, die mehrere Ideen für gemeinsame Projekte Nationalsozialismus) gezeigt, zum anderen Urteilen nach der allgemeinen Straf- angedacht werden. wurden über die „Stiftung gegen Extre- rechtsverschärfung ab 1939 zuzuordnen mismus und Gewalt“ für die jeweiligen sind. Für diese Personen, die sich in ers- Ausstellungsorte engagierte Lehrkräfte ter Linie als „Unpolitische“ verstehen, ist und Schulklassen gewonnen, die in mehr- die Konfrontation mit der historisch-poli- monatiger Vorbereitung die jeweiligen tischen Realität der NS-Zeit außerordent- Lokal- und Regionalteile erarbeiteten. lich komplex, insbesondere hinsichtlich Gestützt auf ein breites Netzwerk priva- der mit „Fakteninformation“ verbunde- ter und öffentlicher Organisationen und nen psychischen Belastungen. Bildungsarbeit

Markus Weber

Im ehemaligen Hinrichtungsraum • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Blick in die Dauerausstellung • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Die alltägliche Arbeit im Bereich Vermitt- künftigen personellen Ausstattung der instituts des niedersächsischen Justiz- 63 lung und Pädagogik war wie in jedem Gedenkstätte ab. So war es ein besonde- vollzugsdienstes, das in Wolfenbüttel Jahr durch die Betreuung der Gruppen res Ereignis für die Jugendlichen und die ansässig ist, sowie Richter und Staats- aus den unterschiedlichen Bereichen – Gedenkstätte, dass die Preisverleihung anwälte oder auch Freizeitgruppen. von Schulen aller Schulformen, Freizeit- durch das „Bündnis für Demokratie und Bei der Netzwerktagung Ende August gruppen bis hin zu Gruppen aus dem Toleranz – gegen Extremismus und Ge- konnten auch Ergebnisse einer Umfrage Bereich der Justiz – geprägt. Außerdem walt“ in diesem Jahr in der Lessingstadt unter Lehrern, die in den letzten Jahren konnten im Jahr 20 seit der Gründung Wolfenbüttel stattfand. In der nächsten mit ihren Klassen und Kursen die Gedenk- der Gedenkstätte einige inhaltliche Zeit soll auf dem Gräberfeld 13a noch stätte besucht hatten, vorgestellt werden. Akzente gesetzt werden. eine Informationstafel aufgestellt werden. Die Rückmeldungen zeigten, dass für Wir hoffen, das Projekt in neuer Form Lehrer/innen und Schüler/innen insbe- Projekte fortgesetzt zu können und uns dann der sondere der Besuch des authentischen Erforschung und Gestaltung zweier wei- Ortes wichtig ist, weil er Lernchancen Mit der öffentlichen Verleihung eines terer Gräberfelder zu widmen, auf denen bietet, die in der Schule so nicht gegeben Preises im Rahmen des Wettbewerbs Hinrichtungsopfer bestattet wurden. sind. Betont wurden unter anderem die „Aktiv für Demokratie und Toleranz 2009“ Verknüpfung emotionalen Angesprochen- am 11. November 2010 an die Jugend- Besucherbetreuung seins mit der rationalen Klärung der Geschichtswerkstatt, die sich seit 2005 „Sache“, die besondere Bedeutung des der Erforschung und Sichtbarmachung Auch im Jahr 2010 setzte sich der Trend biografischen Zugangs zum Thema bei des Gräberfeldes 13a gewidmet hatte, fort, dass zunehmend nicht mehr nur Füh- gleichzeitig vorhandener Berücksichti- kam dieses Projekt zu einem vorläufigen rungen von den verschiedenen Gruppen gung des Systems der nationalsozialisti- Abschluss. Die Arbeiten am Gräberfeld nachgefragt sind, sondern dass die Grup- schen Herrschaft und auch der regionale 13a, auf dem neben mehr als 300 sowje- pen sich mehr Zeit für ihren Besuch der Zugang bei gleichzeitiger europäischer tischen Kriegsgefangenen auch 100 Hin- Gedenkstätte nehmen. Das ermöglicht Bedeutung. So wurden einerseits Grund- richtungsopfer bestattet wurden, sind eine intensivere Auseinandersetzung linien der Arbeit unserer Gedenkstätte weitgehend beendet und die bisherigen mit der Justiz im Nationalsozialismus bei durchaus bestätigt, andererseits Anre- Teilnehmer/innen an ihren Studienorten Seminaren und Workshops. Neben Schul- gungen gegeben, die gerade auch im in der Bundesrepublik verstreut, sodass klassen und -kursen aller Schulformen ge- Blick auf die geplante Neukonzeption die Zukunft des Projektes neu überlegt hören zu den regelmäßigen Besuchern die der Gedenkstätte in den nächsten Jahren werden muss. Sie hängt auch von der Grund- und Fachlehrgänge des Bildungs- beachtet werden können und sollten. Neue Infotafel der ai-Gruppe • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Projekttage der Lessing-Realschule • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

64 An dieser Stelle soll auf eine Koopera- sich für Frieden und Menschenrechte ein- 19 Jahren Soldat werden musste, in den tion im Bildungsbereich näher eingegan- zusetzen, erinnern. Viele Prominente – von Niederlanden stationiert wurde und sich gen werden. Im Berichtsjahr konnte die Bundespräsident Christian Wulff über die dort dem Widerstand anschloss und de- Kooperation mit der Lessing-Realschule, Vorsitzende des Zentralrats der Juden in sertierte. Dafür wurde er von einem Mili- die seit Bestehen der Gedenkstätte als Deutschland, Charlotte Knobloch, Friedens- tärgericht zum Tode verurteilt und am UNESCO-Projektschule durch unterschied- nobelpreisträger Michael Gorbatschow, 23. August 1943 in Wolfenbüttel hinge- liche Aktivitäten enge Verbindungen zu den Dalai Lama, den chinesischen Künst- richtet. Schülerinnen und Schüler hatten uns hält, an verschiedenen Punkten ver- ler Ai Weiwei bis hin zu Papst Benedikt Texte vorbereitet, die sie vortrugen und tieft werden. Einerseits konnte die Gedenk- und vielen mehr – haben bereits eine der die Anstöße zum Thema Frieden und stätte für Schüler/innen der Lessing-Real- 30 vom Richard Hillinger geschaffenen Menschenrechte gaben. Mechtild Franke, schule dreitägige Projekttage anbieten, Friedenstauben in Empfang genommen. Lehrerin im WPK-Kurs, hatte Steine mit- was nur aufgrund besonderer Konstel- Sie sollen an unterschiedlichsten Orten gebracht, auf die alle ihre Ideen, „was lationen möglich wurde, da solche Veran- der Welt an die Verpflichtung zu Menschen- wir zum Frieden brauchen“, schreiben staltungen zwar wünschenswert sind, rechten und Frieden gemahnen. Für eini- konnten. aber bei weitem die Möglichkeiten der ge Monate ist die Taube nun in der Lessing- Mit den Steinen ging die Gruppe zum Personalausstattung übersteigen. Neben Realschule in Wolfenbüttel zu Gast und Gräberfeld 13a auf dem städtischen Fried- dem aktuellen Strafvollzug wurde inten- regt zu unterschiedlichen Aktionen und hof, wo die Friedenstaube vor dem Obelisk siv an Biografien von Opfern der Justiz Auseinandersetzungen an, bis sie im für die hier bestatteten russischen Kriegs- im Nationalsozialismus gearbeitet, wobei Februar 2011 zur Partnerschule nach gefangenen aufgestellt wurde. Die Schü- sich hier auch die guten Beziehungen der Indien reist. lerinnen und Schüler trugen ihre Gedan- Gedenkstätte zum Niedersächsischen Am 7. Dezember 2010 brachte der Wahl- ken zum Frieden vor und erläuterten die Staatsarchiv auszahlten. pflichtkurs (WPK) UNESO-Projekt die Frie- Wahl der Begriffe: Toleranz, Verständnis, Im Dezember 2010 war der Wahlpflicht- denstaube mit in die Gedenkstätte. An dem Verzeihen, Liebe, Vielfalt … kurs Politik der Lessing-Realschule mit Ort, wo zwischen 1937 und 1945 mehr als Zuhören, vortragen, schreiben, gehen, einer Friedenstaube, die der Künstler 700 Menschen hingerichtet wurden, soll- Symbole – alles fügte sich zu einer ge- Richard Hillinger gestaltet und nach dem te die Erinnerung an das damalige Unrecht lungenen Veranstaltung, zu einer eigenen Wolfenbütteler Aufklärer Lessing benannt und an die Opfer mit der Aufforderung, Form der Erinnerung, die auch Hoffnung hat, zu Besuch in der Gedenkstätte und heute für Frieden und Menschenrechte für die Zukunft macht. auf dem Gräberfeld 13a. Die Friedens- einzutreten, verbunden werden. So wur- taube soll an den Auftrag der Menschen, de an Karl-Ernst Eickens erinnert, der mit Projekttage der Lessing-Realschule, Besuch im Staats- Besuch der Lessing-Realschule mit der Friedenstaube des Friedenstaube auf dem Boden des ehemaligen Hinrichtungs- archiv • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Künstlers Richard Hillinger im Dezember • Stiftung nieder- raums in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel • Stiftung sächsische Gedenkstätten niedersächsische Gedenkstätten

Kooperationen von amnesty international zum 50. Jahres- zunächst auf diejenigen Menschen be- 65 tag der Erklärung der Menschenrechte ge- grenzt, die unter dem Fallbeil und durch Die Erkenntnis, dass Gedenkstättenar- staltet worden waren, regen zum eigenen Erhängen oder Erschießung starben, so beit immer auch einen Beitrag zur Men- Nachdenken an. bezieht die Vorbereitungsgruppe nun schenrechtsbildung darstellt, konnte u. a. Mittlerweile ist der Gedenkgottesdienst auch diejenigen Menschen mit ein, die in in der Kooperation mit der Wolfenbütte- „Gegen das Vergessen – Gedenken an die der Haft starben – oft an Mangelsituatio- ler amnesty-international-Gruppe prak- Opfer der Hinrichtungsstätte in Wolfen- nen, ebenso wie diejenigen, die mit oder tisch umgesetzt werden. Diese Koopera- büttel“, getragen von der Kolpingsfamilie ohne Urteil ungerechtfertigt inhaftiert tion besteht schon seit einigen Jahren in der katholischen St. Petrusgemeinde, waren sowie solche Menschen, die aus erfolgreich. In diesem Jahr konnte sie jeweils am Dienstag der Karwoche zu ei- der Haft heraus von der Justiz an die Ge- vertieft werden: So gibt es seit Novem- ner festen Größe der Erinnerungskultur stapo übergeben und in die Konzentra- ber 2010 auf dem Flur der Gedenkstätte in der Stadt Wolfenbüttel und darüber tions- und Vernichtungslager wie Ausch- zwischen Seminarraum und Daueraus- hinaus geworden. Dabei ist es immer witz abtransportiert wurden, was auch stellung ein Info-Brett zur Todesstrafe wieder gelungen, auf der Grundlage der Sinti und Roma in besonderer Weise heute, das die Wolfenbütteler ai-Gruppe Forschungsergebnisse der Gedenkstätte betraf. gestaltet hat. Dort finden sich neben In- neue inhaltliche Akzente zu setzen. In Besonders erfreulich ist in den Gottes- formationen über Länder, in denen die diesem Jahr stand die Erinnerung an hin- diensten spürbar, dass es sich nicht um Todesstrafe auch heute noch praktiziert gerichtete Sinti im Mittelpunkt. Es zeigte eine rein pflichtmäßig abgeleistete und wird bzw. in denen sie abgeschafft ist, sich, dass selbst da, wo eine Verurteilung verordnete Erinnerungsstunde handelt, Länderbeispiele und Fallbeispiele von To- auf der Grundlage der Strafgesetze er- sondern dass das Gedenken durch das desurteilen, die immer wieder aktualisiert folgte, der Rassismus in der Sprache der Zusammenspiel von inhaltlicher Ausein- werden. Die Besuchergruppen, beson- Urteilsbegründungen und im Strafmaß andersetzung und liturgischer Gestaltung ders die Schulgruppen, nehmen dieses ablesbar war. Auch der propagandis- jeweils zur lebendigen Erinnerung wird. Info-Brett interessiert auf und betrachten tische Umgang mit solchen Verfahren es als sinnvolle Ergänzung zur histori- in den Zeitungen lässt die rassistische schen Erinnerungsarbeit. Auch die Ge- Grundlage erkennbar werden. Im Zusam- staltung des Seminarraums ist vom Zu- menhang der Vorbereitung des Gottes- sammenhang zwischen historischem dienstes zeigte sich, dass der Opferbe- Lernen und Menschenrechtsbildung ge- griff für den Gottesdienst neu gefasst prägt: Pfiffige Slogans auf Plakaten, die werden musste: War das Verständnis 66 Gedenkstättenförderung Niedersachsen

67 Allgemeiner Bericht

Rolf Keller, Marlis Buchholz

„Es waren Menschen wie Du und ich“ – Projekt mit Auszubildenden der Salzgitter AG: Exkursion zum Lager Lenne im Rahmen der 2. Erinnerungskonferenz des an der Gedenk- „Die Hosentaschen leeren…“ Übung zum Thema Effekten, Abgabe der persönlichen stätte Moringen angesiedelten Netzwerkes Topografie der Erinnerung • KZ-Gedenkstätte Gegenstände, März 2010 • Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte/Arbeitskreis Moringen Stadtgeschichte e.V.

68 Die Schwerpunkte der Arbeit im Bereich Region. Der wissenschaftliche Austausch Mehrere Gedenkstätten in Niedersach- der Gedenkstättenförderung Niedersach- mit deutschen und ausländischen Gedenk- sen befinden sich in einer Phase der sen lagen der Aufgabenstellung entspre- stätten und Forschungseinrichtungen hat Neugestaltung bzw. planen eine solche chend auf der Finanzierung von Gedenk- zugenommen. Viele Forscher haben in (Esterwegen/DIZ, Sandbostel, Moringen, stätten und Projekten der Erinnerungs- den Beständen der Dokumentationsstelle Liebenau, Wolfenbüttel). Hier ist die Ab- kultur sowie auf der inhaltlichen Unter- recherchiert. Insofern ist der Themen- teilung Gedenkstättenförderung auf viel- stützung durch die Dokumentationsstelle bereich ein Schwerpunkt der Arbeit der fältige Weise an der Neukonzeption sowie Widerstand und Verfolgung 1933-1945 Dokumentationsstelle in Celle. In diesen der finanziellen Förderung beteiligt. auf dem Gebiet des Landes Niedersach- Zusammenhang gehört auch die Bearbei- Im Februar schloss Franziska Scherer sen. Darüber hinaus gab es im Berichts- tung der weiterhin zahlreichen Anfragen ihr im Rahmen des Studiengangs Infor- jahr eine Reihe neuer Entwicklungen. von Angehörigen insbesondere sowjeti- mationsmanagement an der Fachhoch- Unter anderem konnten neue Arbeits- scher Kriegsgefangener. Für die aus schule Hannover absolviertes dreimona- kreise ins Leben gerufen und ein For- humanitären und geschichtspolitischen tiges Praktikum ab. Zu ihren Aufgaben schungsprojekt gestartet werden. Gründen wichtige Hilfe bei der Aufklä- zählten die Unterstützung bei den laufen- Dank der Förderung durch das Nieder- rung des Schicksals der Opfer und der den Arbeiten der Dokumentationsstelle sächsische Ministerium für Wissenschaft Suche nach den Grabstätten stehen der wie etwa Recherchen im Internet und die und Kultur ist die Stiftung in der Lage, die Stiftung jedoch keine etatmäßigen per- Erstellung von Dokumentationen zu ein- Forschungen im Themenbereich Kriegs- sonellen Ressourcen zur Verfügung. zelnen Fragestellungen (beispielsweise gefangenenlager fortzusetzen und zu in- Besonders hervorzuheben ist zudem Zusammenstellung von Projekten und tensivieren. Ein im Mai 2010 begonnenes die Etablierung eines Arbeitskreises Fried- Initiativen zum Thema „Grabstätten von Projekt untersucht und dokumentiert den höfe und eines Arbeitskreises der päda- NS-Opfern“ und von Förderprogrammen Arbeitseinsatz der sowjetischen Kriegs- gogischen Mitarbeiter der Gedenkstät- für Projekte aus dem Bereich „NS-Zeit“), gefangenen auf dem Gebiet des Landes ten in Niedersachsen. Außerdem wurde die Mitarbeit bei der Durchführung und Niedersachsen. wegen des aktuellen Bedarfs an mehre- Organisation der Jahrestagung 2009 Allgemein zeigt sich ein steigendes In- ren Orten eine Reihe von Workshops „Grabstätten von NS-Opfern als Gedenk- teresse an dem Thema Kriegsgefangene begonnen, die sich mit Fragen der Inven- und Lernorte“, die Unterstützung bei der bzw. Kriegsgefangenenlager. Die Doku- tarisierung und Erfassung von Samm- Klärung von Schicksalen und das Heraus- mentationsstelle unterstützte eine Reihe lungsbeständen, Datenbankformaten suchen und Vervielfältigen von Dokumen- von diesbezüglichen wissenschaftlichen und Kriterien der Datenaufnahme ten und anderem Informationsmaterial und pädagogischen Projekten in der beschäftigen. aus dem Archiv entsprechend der Anfrage Schülerinnen der KGS Moringen befragen den ehemaligen Häftling Alfred Grasel im Publikation „Die Reichserntedankfeste auf dem Bückeberg Rahmen einer Arbeit für den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten • KZ-Gedenk- bei Hameln. Diskussion über eine zentrale Stätte national- stätte Moringen sozialistischer Selbstinszenierung“ • Niedersächsisches Amt für Denkmalpflege

von Nutzern. Im Mittelpunkt der Arbeit und Inventarisierung von oft seit Jahr- großem Publikum öffentlich vorgestellt. 69 von Franziska Scherer stand die Entwick- zehnten gesammelten, aber nur unzurei- Diese vom Niedersächsischen Landes- lung einer neuen Datenbankstruktur für chend archivierten dokumentarischen amt für Denkmalpflege herausgegebene die Sammlung der Dokumentationsstelle Materialien. Unterstrichen wurde diese Veröffentlichung enthält die wissenschaft- Celle. Die während des Praktikums ge- Nachfrage noch durch eine Empfehlung lichen Beiträge und eine Zusammenfas- machten Erfahrungen bildeten die Grund- der Wissenschaftlichen Fachkommission, sung der Diskussionen eines Experten- lage ihrer Bachelorarbeit mit dem Titel die es für wünschenswert erachtet hatte, Symposiums, das am 30. September „Konzeptentwicklung und Aufbau einer die in mehreren Gedenkstätten bereits 2009 in Hannover vom Niedersächsischen Datenbank für eine archivalische Samm- begonnenen oder geplanten ähnlich ge- Ministerium für Wissenschaft und Kultur lung am Beispiel der Stiftung niedersäch- lagerten Erfassungsprojekte eng mitein- organisiert und von Dr. Habbo Knoch und sische Gedenkstätten“. ander abzustimmen. Rolf Keller von der Stiftung niedersächsi- Am 2. März und am 2. August fanden Ziel ist eine Professionalisierung der sche Gedenkstätten moderiert worden Treffen der Abteilung Gedenkstättenför- Gedenkstättenarbeit durch war. Im Rahmen der Veranstaltung infor- derung mit Vertretern der „Interessenge- • Zugänglichmachung der vorhandenen mierte Staatssekretär Dr. Josef Lange die meinschaft niedersächsischer Gedenk- Bestände, Öffentlichkeit, dass das Gelände nun- stätten und Initiativen zur Erinnerung an • kontinuierliche Erfassung neuer mehr unter Denkmalschutz gestellt wer- die NS-Verbrechen“ statt, die der Koordi- Materialien, den soll. Die Weiterentwicklung der kon- nierung der Arbeit und der Planung ge- • regelmäßigen Erfahrungsaustausch zeptionellen Überlegungen soll durch die meinsamer Projekte dienten. zwischen Gedenkstätten und Projekten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Am 9. August veranstaltete die Abtei- zur Abstimmung und möglichst Verein- in Zusammenarbeit mit regionalen Initia- lung Gedenkstättenförderung in Zusam- heitlichung bestimmter Aufgaben (z.B. tiven und der wissenschaftlichen For- menarbeit mit der Gedenkstätte Ahlem Aufbau eines Schlagwortkatalogs) so- schung erfolgen. Erste Schritte sollen erstmalig einen Workshop „Erfassung, wie des Austauschs über verschiedene eine Bestandsaufnahme der Geländes, Erschließung, Inventarisierung“. Aus- Erfassungsprogramme, der bau-lichen Relikte und der überkom- schlaggebend für die Durchführung die- • Vernetzung der Gedenkstätten. menen landschaftsarchitektonischen ses Workshops war die gewachsene Nach- Am 3. November wurde in Emmerthal Strukturen umfassen sowie die Erschlie- frage aus dem Kreis der Kolleginnen und die Publikation „Die Reichserntedank- ßung des Geländes für Besucher durch Kollegen in Gedenkstätten nach Unter- feste auf dem Bückeberg bei Hameln. einen Geschichtslehrpfad. stützung bei der immer dringlicheren Diskussion über eine zentrale Stätte natio- Aufgabe der Erfassung, Erschließung nalsozialistischer Selbstinszenierung“ vor Dokumentationsstelle Widerstand und Verfolgung 1933 bis 1945

Marlis Buchholz, Rolf Keller, Silke Petry

Allgemeines Projekt „Gefangenen-Personalakten beteiligt. Auf Basis der Ergebnisse der Hameln“ Beratungen erarbeitete die Bremer Seite Grundlage der Arbeit der Dokumenta- einen Förderantrag, der im Oktober 2010 tionsstelle „Widerstand und Verfolgung Die von der Dokumentationsstelle beim Beauftragten des Bundes für Kultur 1933 bis 1945 auf dem Gebiet des Landes betreute Pilotstudie zur Erfassung und und Medien eingereicht und inzwischen Niedersachsen“ ist eine einstimmige Ent- Erschließung von Gefangenenpersonal- positiv beschieden wurde. In der ersten schließung des Niedersächsischen Land- akten aus der NS-Zeit am Beispiel Hameln Phase wird sich das Projekt vornehmlich tags vom Januar 1990, in der die Landes- wurde zu einem vorläufigen Abschluss auf den Bunker konzentrieren, während regierung aufgefordert wurde, Gedenk- gebracht. Die Erfassungsarbeiten basie- die umgebende Rüstungslandschaft erst stätten und Erinnerungsprojekte finanzi- ren auf einer umfangreichen Aktenüber- in einem späteren Schritt einbezogen und ell zu fördern und ihnen durch eine zent- lieferung im Hauptstaatsarchiv Hanno- gestaltet werden soll. Eine finanzielle rale Dokumentationsstelle den Zugang ver. Im Berichtsjahr wurde die Datenbank Beteiligung von niedersächsischer Seite zu Quellen, Literatur und Informationen vervollständigt und liefert nunmehr de- erfolgt daher zunächst nicht. zu erleichtern. Seit 1993 berät und unter- taillierte Informationen zu den mehr als stützt die Dokumentationsstelle Gedenk- 11 600 Gefangenen, die zwischen 1933 Projekt „Friedhof Hörsten“ – stätten, Initiativen, Forschungseinrich- und 1945 im Gefängnis bzw. Zuchthaus Rekonstruktion und Opferfeststellung tungen und andere Organisationen, Kom- Hameln inhaftiert waren. Sie ermöglicht munen, Schulen und Einzelpersonen in differenzierte Abfragen nach Personen Inhalt des Projektes zum Friedhof des Niedersachsen bei der Aufarbeitung, und Sachverhalten. Die Datensammlung Kriegsgefangenenlagers Bergen-Belsen Dokumentation und Vermittlung der bietet zum einen eine wichtige Grundla- (Friedhof Hörsten) war die Ermittlung des Geschichte der NS-Zeit. Dazu werden ge für weitere Forschungen zum Zucht- Forschungstandes und der verfügbaren Archivalien, Findmittel, Publikationen, haus Hameln in der NS-Zeit, kann darü- Quellen zur Entwicklung der Anlage in Fotos und andere Dokumente in Archiven, ber hinaus aber auch als Ausgangspunkt der Kriegs- und Nachkriegszeit, zur Fest- Sammlungen und an weiteren Aufbewah- für ein mögliches umfangreicheres Pro- stellung der Opferzahlen und zu den rungsorten im In- und Ausland erschlos- jekt zur „Erschließung von Gefangenen- Möglichkeiten der Klärung der Einzel- sen, erfasst und zugänglich gemacht. Es Personalakten aus niedersächsischen schicksale sowie der Grablagen. handelt sich um Aktenmaterial deutscher Zuchthäusern und Gefängnissen“ ge- Die Opferzahl des Kriegsgefangenen- Provenienz, das von den Alliierten be- nutzt werden. lagers Bergen-Belsen und damit die Zahl 70 schlagnahmt wurde, um Sammlungen der auf dem Friedhof bestatteten Kriegs- mit Berichten ehemaliger Verfolgter, um Projekt „Erinnerungslandschaft Farge/ gefangenen konnte durch die Recherchen Untersuchungsberichte sowie Ermittlungs- Schwanewede“ der letzten Jahre weitgehend rekonstru- und Prozessunterlagen der Alliierten we- iert werden. Die Namen der Toten liegen gen Kriegsverbrechen. Die Recherchen Seit mehreren Jahren kooperiert die zwar bisher noch nicht vor, können aber nach einschlägigen Quellen beziehen sich Stiftung niedersächsische Gedenkstätten für die sowjetischen Kriegsgefangenen vor allem auf zentrale Archive außerhalb mit der Landeszentrale für politische über das Material im CAMO Podolsk (Zen- von Niedersachsen wie beispielsweise Bildung Bremen bei der Entwicklung ei- tralarchiv des Verteidigungsministeriums Berlin, London, Washington, Paris, nes Gedenkstättenkonzepts für die „Erin- der Russischen Föderation) ermittelt wer- Moskau oder Warschau. nerungslandschaft Farge/Schwanewede“. den. Ein Nachweis über die Datenbank Die Dokumentationsstelle fördert zudem Die Bauprojekte und Zwangsarbeiterla- obd-memorial im Internet (Datenbank die Vernetzung der regionalen Gedenk- ger in dieser Region befanden sich auf des Verteidigungsministeriums der Rus- stättenarbeit und berät lokale Initiativen, einem Gebiet, das von der Landesgrenze sischen Föderation) ist derzeit für etwa aber auch interessierte Einzelpersonen Bremen/Niedersachsen durchschnitten 7 000 Namen bereits möglich. Insgesamt zu einzelnen Aspekten der NS-Geschichte wird. Mit dem Auszug der Bundeswehr wurden auf dem Friedhof mindestens und unterstützt sie bei der Beschaffung aus dem bis dahin als Depot genutzten 19 559 sowjetische und neun polnische von Materialien sowie bei deren Doku- U-Boot-Werfbunker „Valentin“ im Laufe Kriegsgefangene sowie142 italienische mentation und Präsentation. des Jahres 2010 haben sich neue Pers- Militärinternierte bestattet. Die Reihen- Die Nachfrage nach Auskünften und pektiven für die Gedenkstättenarbeit er- folge der Belegung der Einzelgrabfelder Hilfestellung war auch 2010 unverändert geben. Am 13. Mai fand in Bremen die und der Gräberreihen konnte weitgehend hoch. Durch Beratung sowie Bereitstel- erste Sitzung des Internationalen Wissen- geklärt werden. lung von Materialien – vor allem von schaftlichen Beirats für den Aufbau der Das Projekt lieferte wichtige Informati- Fotos und Dokumenten – wurden zudem Dokumentationsstätte „DenkOrt Bunker onen für den zukünftigen Umgang mit verschiedene Forschungsprojekte sowie Valentin – Marinerüstung und Zwangsar- dem Friedhof. Publikations- und Ausstellungsvorhaben beit“ statt, bei der die Grundzüge für die unterstützt. künftige Nutzung des Bunkers und ein Entwurf für das Gedenkstättenkonzept diskutiert wurden. Von Seiten der Stif- tung niedersächsische Gedenkstätten waren Dr. Habbo Knoch und Rolf Keller Forschungsprojekt „Arbeitseinsatz sowjetischer Kriegsgefangener im Lager- system der Wehrmacht auf dem Gebiet des heutigen Landes Niedersachsen (1941–1945)“

Silke Petry

Rechercheprojekt Arbeiteinsatz sowjetischer Kriegsgefangener • Stiftung niedersächsische Sowjetische Kriegsgefangene im Bereich des Truppenlagers Belsen, ca. 1941/42. In dem Gedenkstätten Kasernenkomplex arbeiteten bis zu 850 Gefangene für die Wehrmacht. • Fotograf unbe- kannt/Privatbesitz

Dieses Forschungsprojekt wird aus Mit tel aus organisiert. In deren Arbeitskom- hinaus ist mit dem Projekt der Aufbau 71 teln des Programms „Pro*Niedersachsen“ mandos waren bis zu 65 000 sowjetische eines internationalen Forschungsnetz- des Niedersächsischen Ministeriums für Kriegsgefangene gleichzeitig im Einsatz. werks angestrebt. Wissenschaft und Kultur gefördert und In der ersten Projektphase (1. Mai 2010 beschäftigt sich mit dem von Wehrmacht, bis 30. Juni 2011) werden die überliefer- Zivilverwaltung und Arbeitgebern unter- ten Quellenbestände zum Arbeitseinsatz haltenen System der Kriegsgefangenen- sowjetischer Kriegsgefangener erschlos- Stammlager und Arbeitskommandos. sen und über eine Materialsammlung so- Während des Zweiten Weltkrieges waren wie eine Datenbank zugänglich gemacht. in fast jedem Ort Kriegsgefangene in der 2010 wurden die Bestände zunächst son- Landwirtschaft, in Industriebetrieben diert, die Quellenlage erfasst und erste oder bei Bauarbeiten beschäftigt. Dies Übersichten über Lager und Arbeitskom- war von erheblicher ökonomischer Be- mandos im Bereich des Landesarbeits- deutung für die Kriegswirtschaft. Der amtes Niedersachsen erstellt. Auf dieser Arbeitseinsatz der sowjetischen Kriegs- Basis werden grundlegende Erkenntnisse gefangenen erfolgte unter Missachtung zur Praxis des Arbeitseinsatzes erarbeitet. der Bestimmungen der Internationalen Leitfragen sind unter anderem: Wie war Genfer Konvention. Brutale Behandlung, das System der Stammlager und Arbeits- Unterversorgung und schlechte Arbeits- kommandos organisiert? Wie sahen die bedingungen führten zu einer hohen Lebensbedingungen aus? Welche Interes- Todesrate. sen und Handlungsspielräume hatten of- Das Untersuchungsgebiet des Projekts fizielle und kommunale Stellen? Welche umfasst geographisch den Zuständig- Bedeutung hatten rassistisch-ideologi- keitsbereich (Stand 1942/43) des Landes- sche Prämissen gegenüber ökonomisch- arbeitsamtes Niedersachsen (mit Sitz in pragmatischen Entscheidungen? Wie Hannover). Der Arbeitseinsatz der Kriegs- waren Kriegsgefangenenlager- und KZ- gefangenen in diesem Gebiet wurde von System miteinander verbunden? den Mannschafts-Stammlagern (Stalags) In einer zweiten Projektphase sollen Bathorn, Fallingbostel, Neu Versen, Nien- wissenschaftliche Einzelstudien zu spezi- burg, Oerbke, Wietzendorf und Sandbos- ellen Fragestellungen folgen. Darüber Bildungsarbeit

Christian Wolpers

Auftaktveranstaltung des pädagogischen Arbeitskreises in Celle am 11. und 12. Dezember Auftaktveranstaltung des pädagogischen Arbeitskreises in • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Celle am 11. und 12. Dezember • Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

72 Der Arbeitsauftrag der Abteilung Ge- • Organisation regelmäßiger Treffen zum Bildungsveranstaltungen festzustellen. denkstättenförderung wurde 2009 inhalt- fachlichen Austausch. Die Stiftung niedersächsische Gedenk- lich und personell ergänzt, entsprechend Im Berichtsjahr etablierte sich die päd- stätten unterstützt dieses Projekt in dem aus dem Stiftungsgesetz abgeleite- agogische Arbeit als weiterer Kernpunkt besonderer Weise, da es für ähnliche ten Aspekt, die Gedenkorte im Land Nie- der Gedenkstättenförderung insbesonde- Erhebungen anderer Gedenkstätten dersachsen als Orte des Lernens für zu- re mit der Gründung eines Arbeitskreises Pilotcharakter haben könnte. künftige Generationen zu gestalten. für die pädagogischen Mitarbeiterinnen Darüber hinaus ist die Abteilung Ge- Die Stiftung legt den Schwerpunkt ih- und Mitarbeiter der niedersächsischen denkstättenförderung der Stiftung nie- rer Bildungsarbeit auf die Unterstützung Gedenkstätten. Am 11. und 12. Dezember dersächsische Gedenkstätten in Zusam- der regionalen Gedenkstätten in deren fand am Stiftungssitz in Celle die Grün- menarbeit mit den regionalen Gedenk- Vermittlungs- und Bildungsarbeit. Das dung dieses Arbeitkreises mit einer Auf- stätten in landesweite, überregionale Spektrum dieser Unterstützung ist sehr taktveranstaltung statt, an der insgesamt (gedenkstätten-)pädagogische, erinne- vielfältig und umfasst beispielsweise: 20 Vertreterinnen und Vertreter von neun rungskulturelle und bildungspolitische • Unterstützung und Beratung bei der Gedenkstätten beteiligt waren. Im Vorder- Fragen und Diskurse im Land Nieder- Erarbeitung und Realisierung pädago- grund stand dabei neben dem Kennen- sachsen eingebunden. 2010 betonte die gischer Konzepte, Projekte und lernen untereinander und der Vermittlung Stiftung diesen Anspruch insbesondere Veranstaltungen, von Informationen zu einer Fachfortbil- mit einer Stellungnahme im Anhörungs- • finanzielle Förderung pädagogischer dung die Diskussion aktueller Aufgaben. verfahren zum neu erarbeiteten Kern- Projekte, Weitere Treffen, die der Bearbeitung aktu- curriculum für das Fach Geschichte in • Unterstützung und Beratung bei wis- eller und genereller pädagogischer Fra- der Sekundarstufe II an niedersächsi- senschaftlicher Recherche als Vorarbeit gestellungen sowie der weiteren Versteti- schen Gymnasien und Gesamtschulen, für Projekte, gung der gemeinsamen Arbeit dienen indem sie sich unter anderem für die • Vernetzung und Verbreitung von päda- sollen, wurden für 2011 verabredet. Sicherung von Themen einsetzte, die für gogischen Projekten, Bei der Beratung von Gedenkstätten die gedenkstättenpädagogische Arbeit • Schaffung eines Fortbildungsangebots bei der Entwicklung ihrer eigenen Bil- und das Zusammenwirken von Gedenk- für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dungsarbeit lag der Schwerpunkt 2010 stätten und Schulen sowie für Unter- im Bildungsbereich, auf der Unterstützung der Gedenkstätte richtsinhalte relevant sind. • Informationen über aktuelle Entwick- „Alte Pathologie“ in Wehnen bei ihrem lungen in der Gedenkstätten- Projekt einer Besucherevaluation, um pädagogik, den Bedarf hinsichtlich Art und Inhalt von „Lehren und Lernen über den Holocaust“ Fortbildungsveranstaltung in der Gedenkstätte Yad Vashem

Carola Rudnick, Christian Wolpers

In der Gedenkstätte Yad Vashem. • Carola Rudnick/Stiftung niedersächsische Im Begegnungszentrum Beit Ben Yehuda • Michael Pechel/Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Gedenkstätten

Vom 18. bis 28. März 2010 fand eine Fort- Vom 18. bis 28. März 2010 fand unter Überlebenden stattfanden und jugend- 73 bildungsveranstaltung zum Thema „Leh- maßgeblicher Planung, Vorbereitung und liche Freiwillige von ihrem Einsatz sozia- ren und Lernen über den Holocaust“ statt. Durchführung durch Martin Schellenberg len Einrichtungen berichteten. Den Ab- Bereits seit Sommer 2008 waren zwischen die Studienreise nach Israel statt. Im Zen- schluss der Studienreise bildeten ein der Stiftung niedersächsische Gedenkstät- trum stand ein fünftägiges Seminar in Yad Besuch des Kibbuz Givat Haviva und ein ten/Gedenkstätte Bergen-Belsen (vertre- Vashem, das von Tobias Ebbrecht vorbe- zweitägiger Aufenthalt in Tel Aviv. Beide ten durch Christian Wolpers und Martin reitet und verantwortlich durchgeführt Orte gaben den Teilnehmenden die Mög- Schellenberg), der Gedenkstätte Yad wurde. Bei Vorträgen zu Themen wie lichkeit, Einblicke in verschiedene Sozial- Vashem (vertreten durch Susanne Urban, „Jüdisches Leben im Vorkriegseuropa“, strukturen der israelischen Gesellschaft später Tobias Ebbrecht) und der GEW Nie- „Jüdische Reaktionen auf den deutschen zu erhalten und darüber wie auch über dersachsen (vertreten durch Friedrich Lenz) Antisemitismus“ oder „Die psychosoziale die ungelöste Problematik des israelisch- erste Planungsgespräche geführt worden. Auswirkung des Holocaust auf das indivi- palästinensischen Konflikts zu diskutieren. Inhalt und Ziel der Fortbildung sollte eine duelle Opfer“ wie auch bei den Workshops Eine am Ende der Studienfahrt durch- Auseinandersetzung sein mit Fragen zur standen die Auseinandersetzung mit der geführte Evaluation ergab, dass die the- Vermittlung der Themenkomplexe National- pädagogischen Arbeit in Yad Vashem im matische Vielfalt, der Praxisbezug und der sozialismus, Holocaust und Geschichts- Vordergrund. Die Teilnehmenden erhiel- Austausch zwischen Lehrerinnen/Lehrern und Erinnerungskultur in der Arbeit von ten dabei eine Vielzahl von Anregungen und Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern außer- Gedenkstätten in Deutschland und Israel. für die jeweiligen Arbeitskontexte in schulischer Lernorte für alle eine wertvol- An der Fortbildung nahmen 15 Lehrkräfte Schulen und Gedenkstätten. le Erfahrung und Bereicherung war. Der aus allen niedersächsischen Schulformen Im Rahmen verschiedener Abendpro- vielfach geäußerte Wunsch nach Wieder- sowie zehn pädagogische Mitarbeiterinnen gramme führten die Fortbildungsteilneh- holung, Intensivierung und Ausweitung und Mitarbeiter niedersächsischer Gedenk- mer unter anderem eine kontroverse um gegenwartsbezogene Fragen der stätten teil. Ein zweitägiges erstes Vorbe- Diskussion mit dem Journalisten Ulrich politisch-historischen Bildung kann als reitungsseminar fand zur Thematik „Holo- Sahm über verschiedene gegenwarts- ein Signal gedeutet werden, hier zukünf- caust-Erinnerung in Deutschland und Is- bezogene Fragen zur Situation in Israel tig anzuknüpfen. rael an den Beispielen der Gedenkstätten und in der Region. Eine weitere Abend- Es ist angestrebt, das Seminarkonzept Bergen-Belsen und Yad Vashem“ im Okto- veranstaltung führte in das Beit Ben in einer weiteren Phase in Richtung eines ber 2009 in der Gedenkstätte Bergen- Yehuda, das internationale Begegnungs- pädagogischen Austausches zwischen Belsen statt. Im Januar 2010 folgte in Han- zentrum von Aktion Sühnezeichen Friedens- israelischen und deutschen Pädagogin- nover ein weiteres Vorbereitungstreffen. dienste, wo Gespräche mit Holocaust- nen und Pädagogen zu entwickeln. Förderung durch Zuwendungen

Arnold Jürgens

Maike Weth, Projektmitarbeiterin, recherchiert Namen Eröffnung der Sonderausstellung „Die ersten 50 Häftlinge Drei Generationen der Familie Blajs, Angehörige der von Häftlingen des KZ Drütte im Archiv des ITS Arolsen. des KZ Drütte“ erarbeitet von Auszubildenden der Salz- slowenischen Minderheit in Kärnten, nehmen am Häft- • Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte/Arbeits- gitter AG, 11. April 2010 • Gedenk- und Dokumentations- lingstreffen teil • KZ-Gedenkstätte Moringen kreis Stadtgeschichte e.V. stätte KZ Drütte/Arbeitskreis Stadtgeschichte e.V.

74 Im Rahmen der Förderung der regiona- nusmäßigen Beratung von Projektanträ- tionsstelle Pulverfabrik Liebenau erhiel- len Gedenkstättenarbeit durch Zuwen- gen stand im Mittelpunkt der Diskussion ten jeweils einen Zuschuss für die Stelle dungen gewährt die Stiftung finanzielle die konzeptionelle Weiterentwicklung der des Projektkoordinators. Zuschüsse, wobei jeweils etwa 50 Pro- Gedenkstätten Esterwegen, Sandbostel, Des Weiteren wurden Zuwendungen zent der benötigten Projektmittel aus der Moringen und Augustaschacht (Ohrbeck; für folgende Projekte von Initiativen und Region kommen sollen. Die Aufgaben der im Verbund mit der Gedenkstätte Gestapo- Vereinen gewährt: Stiftung umfassen hier die Beratung und keller in Osnabrück) und Liebenau. Nach • Niedersächsischer Verband Deutscher Information der Antragsteller in inhaltli- der Gedenkstätte Esterwegen wurde auch Sinti e.V.: Förderung der Wanderaus- chen, organisatorischen und formalen für den Aufbau der Gedenkstätte Sand- stellung „Aus Niedersachsen nach Fragen, die Begutachtung der Anträge bostel eine Förderung durch den Bund Auschwitz – die Verfolgung der Sinti und die Erstellung von Beschlussemp- ausgesprochen. Die Bundesförderung und Roma in der NS-Zeit“ fehlungen für die „Wissenschaftliche umfasst die Übernahme der von 50 Pro- • Verein zur Erforschung der Geschichte Fachkommission für die Förderung und zent der Gesamtkosten des Projektes. der Homosexuellen in Niedersachsen Fortentwicklung der Gedenkstättenarbeit Die restlichen Mittel werden vom Land (VEHN): Lebensgeschichtliche Video- in Niedersachsen“, die sich aus Politolo- Niedersachsen, den Kommunen, Stiftun- interviews mit älteren Schwulen gen, Historikern und Pädagogen zusam- gen usw. bereitgestellt. • Geschichtswerkstatt Duderstadt e.V.: mensetzt. Die Förderung erfolgt auf 2010 standen im Etat zur Förderung der Filmische Quellensicherung, Erstellung Grundlage der „Richtlinien über die Ge- Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen von Unterrichtsmaterial zu NS-Zwangs- währung von Zuwendungen zur Förde- 365.000 € zur Verfügung. Insgesamt wur- arbeit und Leben in DP-Camps in Süd- rung der Gedenkstättenarbeit in Nieder- den finanzielle Zuwendungen für 31 Pro- niedersachsen – Bronislawa Burek und sachsen“. Dabei werden die Zuschüsse jekte an dreizehn verschiedene Träger ver- Miroslaw Kuklinski grundsätzlich in Form einer Fehlbedarfs- geben. Die Projekte zeigten eine hohe • Spurensuche Harzregion e.V.: Präsen- finanzierung gewährt. Die für das jeweils Differenzierung in der Spannbreite der tation der Ausstellung „Harzburger geplante Projekt benötigten Fördermittel Themen und der regionalen Verortung Front – Im Gleichschritt zur Diktatur“ können unter Angabe der maßgeblichen der Erinnerungsarbeit in Niedersachsen. im Niedersächsischen Landtag im Informationen zu Intention, Ablauf und Gefördert wurden Personalkosten für die Februar 2010 Finanzierung des Projektes formlos bei Gedenkstätten in Papenburg, Moringen • Arbeitskreis Andere Geschichte e.V. / der Stiftung beantragt werden. und Salzgitter/Drütte. Die Stiftung Lager Gedenkstätte KZ-Außenlager Braun- Die Wissenschaftliche Fachkommission Sandbostel, die Gedenkstätte Augusta- schweig Schillstraße: Entwicklung päd- hat 2010 drei Mal getagt. Außer der tur- schacht (Osnabrück) und die Dokumenta- agogischer Angebote Zuwendungen zur Förderung der Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen 2010

Personalkostenzuschüsse € 244.300,00 Gedenkstätten DIZ Emslandlager (Papenburg), Moringen, Salzgitter-Drütte, Sandbostel, Ohrbeck (Osnabrück), Liebenau

Recherche- und Dokumentationsprojekte € 54.650,00

Ausbau bestehender Gedenkstätten € 31.030,00

Gedenkfeiern/Häftlingstreffen € 9.800,00

Veranstaltungsprojekte € 2.700,00

Sonder- und Wanderausstellungen € 21.700,00

Summe € 364.180,00

• Gedenkstätte Gestapokeller im Schloss 40.000 € (12 Prozent) verteilen sich auf 75 Osnabrück e.V.: Förderung einer Aus- verschiedene Projekte von Initiativen, stellung von Kinder- und Jugend- Geschichtswerkstätten und Einzel- literatur zu Holocaust und National- personen. sozialismus • Geschichtswerkstatt Göttingen e.V.: Förderung von Gedenkstättenfahrten Förderung der Wanderausstellung „Moving with the Exhibition / Ausstel- Die Stiftung niedersächsische Gedenk- lung in Bewegung – Zwangsarbeit in stätten fördert Fahrten zu NS-Gedenk- Südniedersachsen 1939 bis1945“ und Dokumentationsstätten auf dem Ge- biet des Landes Niedersachsen. Die tabellarische Übersicht informiert Wie in den vergangen Jahren können über die verausgabten Mittel für die För- Gruppen, die im Rahmen einer schuli- derung der Gedenkstättenarbeit in Nie- schen oder außerschulischen Bildungs- dersachsen 2007 bis 2010. Von den jähr- maßnahme Gedenk- und Dokumentati- lich bereitgestellten Fördergeldern onsstätten in Niedersachsen besuchen, entfielen durchschnittlich 230.000 € auf in Abhängigkeit der Verfügbarkeit ent- die Personalstellen in den schwerpunkt- sprechender Haushaltsmittel einen Zu- mäßig geförderten Gedenkstätten. Dies schuss in Höhe von maximal 50 Prozent ist ein Anteil von knapp 65 Prozent des der Fahrtkosten erhalten. Gesamtvolumens. Durch jährliche Tarifer- Im Haushaltsjahr 2010 waren für die höhungen wird dieser Anteil sukzessive Förderung der Gedenkstättenfahrten zu- steigen. Im Rahmen der Arbeit der Ge- nächst keine Mittel im Haushalt der Stif- denkstätten werden außerdem für Pro- tung vorhanden. Erst im September sind jekte im Bereich Pädagogik, Archiv und durch das Kultusministerium zusätzliche Forschung Mittel bewilligt, die mit etwa Mittel für die Förderung zur Verfügung 80.000 € im Durchschnitt einen Anteil gestellt worden. So konnten lediglich die von knapp 23 Prozent an den Gesamtaus- Fahrten von 62 Gruppen zu Gedenkstät- gaben ausmachen. Die restlichen Mittel ten gefördert werden. in Höhe von durchschnittlich etwa 76 Berichte geförderter Gedenkstätten

77 Gedenkstätte Augustaschacht

Michael Gander

Die Gedenkstätte Augustaschacht wird im Rahmen der Schwerpunktförderung der Stiftung niedersächsische Gedenk- stätten in besonderer Weise gefördert.

78 Zur allgemeinen Situation Stadt Georgsmarienhütte und der Ge- arbeiter aus der Ukraine entstammen meinden Hasbergen und Hagen a.T.W. Interviews, die Schülerinnen und Schüler Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Ge- aus Osnabrück und Simferopol mit Hilfe denkstättenarbeit in der Region Osnabrück Projekte ihrer Lehrkräfte und von Mitarbeitern der gelangen der Gedenkstätte im Zusam- Gedenkstätten in mehreren ukrainischen menwirken mit der Gedenkstätte Gestapo- Ein deutsch-israelisches Kunstprojekt Städten im Mai und bei einer Spurensu- keller im Jahr 2010 wichtige Fortschritte. verwirklichten in der Gedenkstätte Ruth che im September in Osnabrück geführt Die für die geplante neue Dauerausstel- und Dan Shomroni aus Tel Aviv mit Vol- hatten. Das gesamte Projekt dauerte ein- lung und die Bildungsarbeit sehr wichti- ker Johannes Trieb aus Osnabrück. Mit schließlich der begleitenden Workshops ge Erforschung der bislang nur teilweise Förderung der Stadt Georgsmarienhütte, von Januar bis Oktober und wurde von bekannten baulichen Gestalt der Lager des Landkreises Osnabrück, der Bohnen- der Stiftung Erinnerung, Verantwortung im Augustaschacht konnte unerwartet kamp AG, der MBN AG entstanden die und Zukunft (EVZ), dem Bistum Osna- umfangreiche Ergebnisse erzielen. Ausstellung MEMORY LANE der israeli- brück, der Sparkasse Osnabrück und dem Mehrere Fortbildungen zur Gedenkstät- schen Künstler und die Installation „Da- Förderverein der Ursulaschule finanziell tenpädagogik brachten fruchtbare An- mit nichts mehr bleibt“ des deutschen unterstützt. regungen für die Weiterentwicklung der Künstlers. Hebräische Schriftzeichen in In Zusammenarbeit mit der archäologi- Bildungsarbeit der beiden Gedenkstätten Tonkörpern und Fotografien von Büchern, schen Denkmalpflege in Stadt und Land- und für die Vorbereitung einer gemeinsa- alten Bäumen und Steinen öffnen den kreis Osnabrück erforschte das speziali- men pädagogischen Konzeption. Blick auf die Verankerung der Shomronis sierte Fachbüro Schulz und Drieschner Zur gesellschaftlichen Begleitung und in ihrer Heimat und bieten einen kulturel- aus Berlin die bislang unbekannten Förderung der Gedenkstätten Gestapo- len Austausch an, der nach neuen Bezie- Seiten der Baugeschichte des Augusta- keller und Augustaschacht beschlossen hungen zwischen Deutschen und Israelis schachtes. beide Trägervereine die Einrichtung eines sucht. Mit Nachbildungen von Bomben Rund vierzig junge Teilnehmerinnen gemeinsamen Beirates, dem neben einem aus Ton und Holz initiierte Trieb eine Aus- und Teilnehmer zweier internationaler Vertreter der Stiftung niedersächsische einandersetzung mit dem vergessenen Sommerlager in Kooperation mit dem Gedenkstätten Personen insbesondere Schicksal der Zwangsarbeitenden als der Service Civil International und der Aktion aus dem Kreis der kommunalen Haupt- relativ größten Gruppe unter den Osna- Sühnezeichen Friedensdienste, eines förderer angehören werden: der Ober- brücker Bombenopfern. Sommerlagers der Christlichen Arbeiter- bürgermeister und der Landrat von Die von Trieb verwendeten Zitate ehe- jugend Osnabrück und eines Programms Osnabrück sowie die Bürgermeister der maliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangs- der Bildungswerkstatt Georgsmarien- Wahllos liegen die Bomben nachempfundenen künstlerischen Objekte des Osnabrücker 25. September: Bei der Spurensuche mit deutschen und Künstlers Volker Johannes Trieb seit dem 8. August auf dem Gelände der Gedenkstätte ukrainischen Schülerinnen und Schülern zeigte Oleksandr und vermitteln den Betrachtern kurze Zitate ehemaliger Zwangsarbeiter aus der Ukraine, Kolosovskiy aus der Ukraine seiner Tochter Oksana Gusa- die im Zweiten Weltkrieg die Schutzräume oft nicht aufsuchen durften. Die Ausstellung ist ronok die heutige Ansicht des Stahlwerkes in dem er als unbefristet in der Gedenkstätte zu sehen, kann jedoch entliehen werden. • Christa Henke Gefangener des Arbeitserziehungslagers Ohrbeck im Jahr 1944 Zwangsarbeit leisten musste. • Michael Gander/ Gedenkstätte Augustaschacht

hütte legten während der sechs Ausgra- 16. Mai gleichzeitig eine Fotodokumenta- freiwilligen Betreuerinnen und Betreuer 79 bungswochen im Juli und August einen tion der Fotografinnen Johanna Ahlert und wurde eine Schulung zu Ergebnissen der umfangreichen Latrinentrakt und die Pfla- Silke Schmidt über den Bunker Valentin baugeschichtlichen Untersuchung sterung des alten Lagereinganges frei. in Bremen Farge. organisiert. Die baugeschichtliche Untersuchung und Vom 30. Mai bis 25. Juli waren in der An 72 Führungen von Schulklassen die Mitarbeit der jungen Menschen aus Gedenkstätte Werke der Künstlerin Sylvia und Erwachsenengruppen nahmen 1 432 neun Ländern (Aserbeidschan, Belarus, Lüdtke zum Thema „Fremde Körper auf Personen teil. Einige Gruppen besuchten Deutschland, Polen, Russland, Spanien, der Suche nach Geborgenheit“ ausgestellt. außerdem die Gedenkstätte Gestapokeller. Tschechien, der Ukraine und den USA) Die Installation „Damit nichts mehr Zur Unterstützung der Bildungsarbeit wurden von der Stiftung niedersächsi- bleibt“ und die Ausstellung „MEMORY wurde – finanziert aus Spenden der Ver- sche Gedenkstätten, der Stiftung Stahl- LANE“ waren vom 8. August bis 28. Novem- einsmitglieder – eine Leinwand zur Pro- werk Georgsmarienhütte, der Städte- ber in der Gedenkstätte zu sehen. jektion von Zeitzeugenfilmen, Fotos und reinigung Holtmeyer und dem Landkreis Zusammen mit der Stiftung Topogra- Informationen in der Gedenkstätte instal- Osnabrück gefördert. phie des Terrors und der Gedenkstätte liert. Mitarbeiter der Gedenkstätte nahmen Breitenau organisierte die Gedenkstätte an der Fortbildung „Lehren und Lernen Kalendarium vom 15. bis 17. November in Berlin das über den Holocaust“ der Stiftung nieder- Fachseminar „Die polizeiliche Überwa- sächsische Gedenkstätten teil, die in Ko- Aus Anlass des zehnjährigen Bestehens chung und Verfolgung von Zwangs- operation mit der ISHS Yad Vashem und des Gedenkstättenvereins diskutierten arbeiterinnen und Zwangsarbeitern – der GEW Niedersachsen durchgeführt am 17. Januar in der öffentlichen Feier Das Beispiel des AEL Ohrbeck.“ wurde, sowie an drei weiteren bundes- Prof. Dr. Wolfgang Benz, Dr. Carl-Heinrich Am 28. November nahm die Gedenk- und landesweiten Gedenkstättensemina- Bösling, PD Dr. Habbo Knoch und Prof. stätte gemeinsam mit der Gedenkstätte ren. Auf einer Fortbildungsmesse des Dr. Bärbel Schmidt über zukünftige Auf- Gestapokeller an der Gedenkveranstal- Niedersächsischen Landesamtes für gaben regionaler Gedenkstätten. tung für niederländische Widerstands- Lehrerbildung und Schulentwicklung am Am 65. Jahrestag der Auflösung des Ar- kämpferin Hannie Schaft in Haarlem teil. 14. September in Osnabrück stellte die beitserziehungslagers Ohrbeck (1. April) Gedenkstätte ihre Bildungsangebote vor. wurde der Opfer des Lagers gedacht. Besucherbetreuung und Bildungsarbeit Gemeinsam mit der Gedenkstätte Der NDR sendete einen Fernsehbericht. Gestapokeller, den Volkshochschulen in Die Gedenkstätten Gestapokeller und 2010 kamen insgesamt 2 585 Einzel- Osnabrück Stadt und Land sowie dem Augustaschacht zeigten vom 11. April bis besucher in die Gedenkstätte. Für die Kulturgeschichtlichen Museum/Felix- 13. August: Die internationalen Grabungsteilnehmer stellten gemeinsam mit den Archäo- 14. November: Der Osnabrücker Oberbürgermeister Boris Pistorius übernahm gern eine loginnen und den Gedenkstättenmitarbeitern der Presse und den Förderern die freigeleg- Lesung in der Gedenkstätte Gestapokeller im Rahmen der Ausstellung „Erzähl mir die te Pflasterung des ehemaligen Eingangstores zum Arbeitserziehungslager Ohrbeck vor. Wahrheit! – Kinder- und Jugendliteratur zu Holocaust und Nationalsozialismus. • Michael Gander/Gedenkstätte Augustaschacht • Michael Gander/Gedenkstätte Augustaschacht

80 Nussbaum-Haus wurde eine Reihe mit Zur Verbesserung der Lichtverhältnisse In den „Central Archives for the History 30 Veranstaltungen ausgerichtet. An den bei Wechselausstellungen erwarb die Ge- of the Jewish People” in Jerusalem wurde Vorträgen, Lesungen, Filmvorführungen, denkstätte neue Leuchten. das Archiv der Osnabrücker Synagogen- Konzerten, Zeitzeugengesprächen und gemeinde gesichtet. Tagesfahrten zum Anne-Frank-Haus so- Forschung und Dokumentation Lebensgeschichtliche Interviews wur- wie zur Gedenkstätte Esterwegen/DIZ den mit zwei ehemaligen ukrainischen Emslandlager nahmen rund 2 000 Men- Im Rahmen der baugeschichtlichen Gefangenen des Arbeitserziehungslagers schen teil, insbesondere Schülerinnen Untersuchung des Augustaschachtes (AEL) Ohrbeck geführt, und acht ehemali- und Schüler. fand sich im Archiv der Georgsmarien- ge Zwangsarbeiter aus der Ukraine, ein Insgesamt erreichte die Gedenkstätte hütte GmbH, dem heutigen Eigentümer deutscher Zeitzeuge des AEL Ohrbeck mit ihrer Arbeit 6 000 Menschen aus der des damaligen Klöckner-Werkes Georgs- und eine Nachkriegsbewohnerin des Region Osnabrück, Deutschland und vie- marienhütte, ein mehrseitiger Plan des Augustaschachtes wurden interviewt. len Ländern. Mehr als 1 000 weitere Per- französischen Kriegsgefangenen-Arbeits- Am 21. Februar hielt der Leiter der sonen besuchten die Gedenkstätte kommandos Nr. 354. Dieser Plan mit De- Gedenkstätte auf einer Tagung der Inter- Gestapokeller. tails zur Nutzung der Räume im Augusta- essengemeinschaft niedersächsischer Eine Masterstudentin der Universität schacht stimmt im Wesentlichen mit den Gedenkstätten und Initiativen zur Erinne- Osnabrück leistete ihr pädagogisches Resultaten der im Juli begonnenen Ar- rung an die NS-Verbrechen in Papenburg Praktikum in der Gedenkstätte, und mit beit der Bauhistoriker überein. einen Vortrag über den ehemaligen nieder- Förderung der EU und in Zusammenar- Im niedersächsischen Landesarchiv ländischen AEL-Gefangenen Jules Schenck beit mit der Aktion Sühnezeichen Friedens- Osnabrück wurde das Findbuch zum de Jong. Am 16. November folgte ein dienste arbeiteten hier nacheinander Klöckner-Archiv der früheren Werke Ge- öffentlicher Vortrag bei der Stiftung Topo- eine weißrussische und eine russische orgsmarienhütte und Osnabrück gesich- graphie des Terrors in Berlin über Nieder- Freiwillige. Im Rahmen des Zukunfts- tet, und es wurde eine bislang unbekann- länder im AEL Ohrbeck. tages wurde eine Schülerin betreut. te Akte mit Bezug zum Vom 8. bis 10. November 2010 nahm Mit Unterstützung des Landkreises Arbeitserziehungslager Ohrbeck gefun- die Gedenkstätte an der Konferenz „Zwangs- Osnabrück wurde mit der Erstellung den. Die Gedenkstätte erhielt zudem ei- arbeit in Hitlers Europa“ der Stiftung Er- eines digitalen Kataloges begonnen, der nen umfangreichen Bestand an Original- innerung, Verantwortung und Zukunft die Bibliothek der Gedenkstätte für die karteikarten zu ehemaligen sowjetischen (EVZ) in Berlin teil. Öffentlichkeit auf der Homepage recher- Zwangsarbeiterinnen im Klöckner-Werk chierbar machen soll. Osnabrück. Kooperationen und Gremienarbeit tung am 9. November mit. Im „Initiativ- Ausblick 81 kreis Stolpersteine“ beteiligte sich die Die Gedenkstätten Gestapokeller und Gedenkstätte an der Planung der Ver- In Vorbereitung befinden sich ein Pro- Augustaschacht haben ihre Zusammen- legeorte. jekt zur grundlegenden Erschließung der arbeit durch die Beschlüsse über einen In Zusammenarbeit mit der MassArbeit Bildungspotentiale beider Gedenkstätten, gemeinsamen Beirat und die erstmalige konnte eine befristete geförderte Haus- ein neues Begegnungsprojekt mit der gemeinsame Ausrichtung einer Ausstel- wartstelle in der Gedenkstätte fortgeführt Ukraine, zwei internationale und ein regi- lung über den Bunker Valentin vertieft. werden. Die Workcamps wurden in Ko- onales Sommerlager. Darüber hinaus Die Gedenkstätte Augustaschacht unter- operation mit der Bildungsstätte Haus sind Quellenrecherchen, Ausgrabungen stützte die Gedenkstätte Gestapokeller Ohrbeck und dem Deutschen Roten Kreuz auf dem ehemaligen Lagergelände, ein außerdem bei der Realisierung der Aus- in Holzhausen ausgerichtet. bundesweites Gedenkstättenseminar, stellung „Erzähl mir die Wahrheit! – Die Gedenkstätte brachte ihre Perspek- eine neue Wechselausstellung und ein Kinder- und Jugendliteratur zu Holocaust tive beim sogenannten „Kulturgipfel“ Os- deutsch-niederländisches Musiktheater- und Nationalsozialismus“ und bei der nabrücker Kultureinrichtungen ein, in ein projekt für Jugendliche geplant. Organisation der dortigen Führungen. barcamp Kultur, in den Strategiework- Die Gedenkstätte unterstützte das Pro- shop Kultur sowie in das Koordinationst- jekt „Erinnerungszeichen“ der Overberg- reffen „Schule und Kultur“ der Stadt schule Osnabrück, das an das Schicksal Osnabrück. der Opfer der „SS-Baubrigade II“ erinnert. Dr. Michael Gander, Weiterhin wurde der Historiker Rainer Veröffentlichungen Geschäftsführer der Gedenkstätte Wolf bei seinem Filmvorhaben über die Augustaschacht Konflikte zwischen Displaced Persons • Gedenkstätte Augustaschacht (Hg.): und der Osnabrücker Bevölkerung im Sylvia Lüdtke – Fremde Körper auf der Gedenkstätte Augustaschacht Frühjahr 1945 unterstützt. Suche nach Geborgenheit, Hasbergen Zur Hüggelschlucht 4 Der Leiter der Gedenkstätte ist Mitglied 2010 (Katalog zur Ausstellung). D – 49205 Hasbergen im Beirat des niederländischen Untertau- • Gedenkstätte Augustaschacht (Hg.): Tel. +49 (0) 5405 – 8959270 chermuseums „Markt 12“ in Aalten. Als Memory Lane – Damit nichts mehr Fax: +49 (0) 5405 – 8959271 Mitglied der Osnabrücker Trägergemein- bleibt = Memory Lane – So Nothing eMail: [email protected] schaft wirkte die Gedenkstätte an der Vor- Remains, Osnabrück 2010 (Katalog zur www.gedenkstaetten-augustaschacht- bereitung der zentralen Gedenkveranstal- Ausstellung). osnabrueck.de Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager, Papenburg

Kurt Buck

Das DIZ Emslandlager wird im Rahmen der Schwerpunktförderung der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in besonderer Weise gefördert.

82 Zur allgemeinen Situation Prof. Dr. Bernd Faulenbach. Die Arbeits- schreitenden Projekt „Die Grenze über- gruppe traf sich mindestens 14-tägig. wunden. Die Geschichte von der sich Im Mai 1985 richtete ein Trägerverein Hinzu kamen häufige Zusammenkünfte verändernden Bedeutung der Deutsch – das Dokumentations- und Informations- mit dem Architekten und Ausstellungsge- Groninger Grenze“. Im Rahmen dieses zentrum (DIZ) Emslandlager mit einer stalter Hans Dieter Schaal. Projekts wurden Geschichten über Be- ersten Dauerausstellung in einem ange- Zugleich musste der Trägerverein aus gegnungen von Menschen mit dem je- mieteten Haus in Papenburg ein.1993 finanziellen Gründen zum 1. Januar 2010 weiligen Nachbarland gesammelt und im wurde am selben Standort ein Neubau die vollständig aus Eigenmitteln finan- Herbst 2010 in Veranstaltungen sowie bezogen, den der Landkreis Emsland mit zierte Personalstelle eines langjährigen über verschiedene Medien vorgestellt. Unterstützung des Landes Niedersachsen Mitarbeiters auf eine halbe Stelle redu- Die Landesbühne Niedersachsen Nord und der Stadt Papenburg für das DIZ hat- zieren. Als Folge wurde u. a. sowohl die in Wilhelmshaven plant im Jahr 2011 die te errichten lassen. Zur Einweihung wur- Zahl der Führungen auf der Gedenkstätte Aufführung des Stücks „Die Ermittlung“ de eine vom DIZ erarbeitete neue Dauer- Esterwegen (im Aufbau) wie auch die der von Peter Weiss an Spielhäusern in Nie- ausstellung präsentiert. Veranstaltungen und Sonderausstellun- dersachsen und in den niederländischen Nach 25-jähriger erfolgreicher Gedenk- gen im DIZ leicht eingeschränkt. Provinzen Groningen und Drenthe. Hier- stättenarbeit in Papenburg war das Jubi- Als hauptamtliches Personal mit voller zu initiierte sie ergänzend ein Projekt mit läumsjahr 2010 mitgeprägt von einer für Stundenzahl sind weiterhin der Leiter dem Ziel, durch regionale Partner Son- 2011 bevorstehen grundlegenden Verän- und eine Verwaltungskraft beim Träger- deraufführungen für Schulen vorzuberei- derung: Im Herbst 2011 wird in Esterwe- verein angestellt. Die Personalkosten ten und an diesen Spielorten Schulklas- gen eine neue Gedenkstätte in Träger- werden dem Verein durch die Stiftung sen zu der Beschäftigung mit Schicksalen schaft der vom Landkreis Emsland niedersächsische Gedenkstätten bzw. von NS-Verfolgten aus ihrem Heimatort eingerichteten Stiftung Gedenkstätte Es- durch den Landkreis Emsland in voller anzuregen. Das Ergebnis dieser Arbeit terwegen eröffnet, und im Sommer 2011 Höhe bezuschusst. Eine Lehrerin war mit soll in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgt der Umzug des DIZ nach Esterwe- neun Unterrichtsstunden für die pädago- mit der Theateraufführung präsentiert gen. Der Standort Papenburg wird aufge- gische Arbeit im DIZ abgeordnet. werden. geben. Zwei Angehörige der Stiftung, ein Eine eintägige Lehrerfortbildung des Vorstandsmitglied und der Leiter des DIZ Projekte Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfür- erarbeiten derzeit die neue Dauerausstel- sorge e.V. und des DIZ in Kooperation lung. Begleitet wird diese Arbeit durch Das DIZ beteiligte sich an dem vom mit der Landesschulbehörde, Abteilung eine Fachkommission unter Leitung von Groninger Forum initiierten grenzüber- Osnabrück, mit mehr als 40 Lehrkräften September: Ekaterina Pyrnikowa besuchte mit ihrem Enkel 1. Oktober: Conrad Schem (Bildmitte) aus Rheda-Wiedenbrück übergab DIZ-Mitarbeiter Fietje Ausländer acht Original- Alexei Pyrnikow aus einem Dorf nahe Moskau den „Russen- briefe seines Vaters Fritz Schem, der im Sommer 1935 als „Schutzhäftling“ im Konzentrationslager Esterwegen inhaftiert friedhof“ Fullen. Auf diesem Friedhof war ihr 1941 im war. • DIZ Emslandlager Kriegsgefangenenlager Fullen verstorbener Vater Iwan Pyrnikow in einem heute anonymen Sammelgrab beerdigt worden. • DIZ Emslandlager

bildete im April den Auftakt zu dem auf orten 1933–1945“ bot die Historisch-Öko- mit dem Ensemble Shoshana aus Des- 83 mehrere Jahre angelegten Projekt „Namen logische Bildungsstätte (HÖB) in Papen- sau, das im Zusammenhang mit dem sichtbar machen. Die Opfer der Emsland- burg vom 19. bis 21. Februar in Zusam- 25-jährigen Bestehen des DIZ stattfand. lager“. Ziel ist es, auf sieben der neun menarbeit mit der Interessengemein- 39 Personen nahmen vom 10. bis 15. Okto- Lagerfriedhöfe im Emsland und in der schaft niedersächsischer Gedenkstätten ber an einer sechstägigen historisch- Grafschaft Bentheim, auf denen laut und Initiativen zur Erinnerung an die politischen Studienfahrt nach Prag teil. Friedhofsangaben bis auf wenige Aus- NS-Verbrechen an. Dieses Seminar hatte nahmen „unbekannte Tote“ ruhen, Na- Kurt Buck als Mitglied des Sprecherrats Besucherbetreuung und Bildungsarbeit men der dort Beerdigten zu recherchie- inhaltlich vorbereitet und übernahm die ren und sichtbar zu machen. Auf sechs Moderation. Aus Anlass des 65. Jahrestages des dieser Friedhöfe sollen zwischen 14 000 Am 26. April lud die Botschaft der Rus- Kriegsendes organisierte der Historische und 26 000 überwiegend unbekannte so- sischen Föderation in Berlin anlässlich Ausschuss Oberlangen der polnischen wjetische Kriegsgefangene ruhen. Hier des 65. Jahrestages des Sieges über den Heimatarmee (AK) in Warschau und des ist zur Namenserfassung eine russische Hitlerfaschismus zu einem Gedenken auf polnischen Amtes für ehemalige Kriegs- Datenbank auszuwerten. Auf der Begräb- der sowjetischen Kriegsgräberstätte in teilnehmer und verfolgte Personen (einer nisstätte Esterwegen sind etwa 1 700 Wesuwe ein. Regierungsorganisation) vom 23. bis „unbekannte“ Tote der Strafgefangenen- Zum Jahrestag der Befreiung führte 26. Juni eine mehrtägige Reise ins Ems- lager im Emsland 1933 bis 1945 in Einzel- die Deutsch-Niederländische Initiative land. Unter den 36 Teilnehmenden waren gräbern bestattet. Die Namen der meis- 8. Mai ihre jährliche internationale Ge- zwölf Frauen, die von Dezember 1944 bis ten dieser Opfer lassen sich jedoch durch denkveranstaltung auf der Begräbnis- zu ihrer Befreiung am 12. April 1945 als Auswertung verschiedener Quellen er- stätte Esterwegen durch. Hier sprach der kriegsgefangene Soldatinnen der polni- fassen. 2011 sollen auf einer der sowjeti- ehemalige Moorsoldat Hans Lauter. In ei- schen Heimatarmee Armia Krajowa im schen Kriegsgräberstätten erste durch nem weiteren Beitrag erinnerte Kurt Buck Lager Oberlangen waren. Im Rahmen Schüler angefertigte Namenstafeln ins- an die Befreiung der Lager im April 1945. dieses Besuches wurden DIZ-Mitarbeite- talliert werden. Vom 20. Juni bis 1. August wurde in Zu- rin Marianne Buck und Kurt Buck durch sammenarbeit mit Amnesty International Eugenia Maria Cegielska im Auftrag des Kalendarium (Gruppe Papenburg) die Ausstellung polnischen Amtes für ehemalige Kriegs- „Bootsflüchtlinge“ gezeigt. teilnehmer und verfolgte Personen mit Ein Wochenendseminar zum Thema Mehr als hundert Interessierte besuch- der polnischen Medaille „Pro Memoria“ „Begegnungen mit Menschen und Tat- ten am 3. September ein Klezmer-Konzert ausgezeichnet. 25. Juni: Zwölf ehemalige polnische Kriegsgefangene des Lagers Oberlangen 1944/45, 27. bis 30. August: Sieben ehemalige „Nacht und Nebel“-Gefangene des Lagers Esterwe- Teilnehmerinnen am Warschauer Aufstand, hielten am ehemaligen Lager Oberlangen gen 1943/44 bei einer Gedenkfeier des „Nationale vriendekring van de Oud Politiek eine Gedenkfeier ab. • DIZ Emslandlager Gevangenen van het kamp van Esterwegen“ auf der Begräbnisstätte Esterwegen. • DIZ Emslandlager

84 Vom 27. bis 30. August besuchten 29 Mit- sche Studien an der Universität Bremen Spuren jüdischen Lebens” nach Bourtan- glieder des „Nationale vriendenkring van in Kooperation mit dem Lehrstuhl für ge (NL), Weener und Leer nahmen 55 Per- de Oud Politiek Gevangenen van het Kultur- und Länderstudien Ostmitteleuro- sonen teil. Kamp van Esterwegen“ aus Belgien das pas an der TU Chemnitz und dem Zent- In Kooperation mit der Volkshochschu- Emsland. Unter ihnen waren sieben ehe- rum für Studien und Forschung zur Polo- le Papenburg wurden acht Vorträge und malige „Nacht und Nebel“-Gefangene, nia an der Universität Stettin vom 4. bis Lesungen im DIZ angeboten, zu denen die 1943/44 in diesem Lager inhaftiert 7. Mai in Papenburg eine viertägige Früh- zwischen 32 und 61 Interessierte kamen. waren, Ehefrauen und weitere Angehöri- jahrsschule durch. Das Thema lautete: Schülerinnen und Schüler der Don- ge. Einige der Ehemaligen übergaben „Spurensuche: Polnische Emigration in Bosco-Schule aus Hildesheim hielten Erinnerungsberichte und persönliche Nordwestdeutschland im Zweiten Welt- sich zum wiederholten Mal für eine Wo- Dokumente. Im Gegenzug nahmen krieg und in der Nachkriegszeit“. che in Papenburg auf, um sich über die Marianne und Kurt Buck am 28. Novem- Vom 31. Mai bis 4. Juni bot das DGB Geschichte der Emslandlager zu infor- ber an einer Zusammenkunft des belgi- Bildungswerk Hessen e.V. einen Bildungs- mieren und Pflegearbeiten zu leisten. schen Freundeskreises in Brüssel teil. urlaub in Papenburg an zum Thema Seit 1998 kommt die Fridtjof-Nansen- Im Sommer wurden mehrere Gäste „Moor und Heide – Auf den Spuren des Realschule in Gronau (NRW) jährlich mit aus Russland, der Ukraine und Weißruss- Liedes Wir sind die Moorsoldaten“. ihren siebten Klassen nach Papenburg. land bei Besuchen auf Friedhöfen und In Zusammenarbeit mit der Stiftung Fünf jeweils dreitägige Aufenthalte in ehemaligen Lagerorten begleitet. Ihre Over-en-Weer/Hin-und-Zurück (Nieder- diesem Jahr wurden genutzt, um neben Angehörigen waren als sowjetische lande) fanden drei Tagesveranstaltungen einer Beschäftigung mit der Geschichte Kriegsgefangene in einem der Lager um- mit deutschen und niederländischen Teil- Pflegearbeiten auf der Begräbnisstätte gekommen. Weiterhin kamen Angehöri- nehmern statt. 42 Gäste interessierten Esterwegen durchzuführen. ge ehemaliger Gefangener aus Deutsch- sich für das Thema „Die nordöstlichen Im Berichtsjahr wurden 214 Führungen land, Italien, den Niederlanden und Öster- Niederlande August 1939 bis August im DIZ und/oder auf der Begräbnisstätte reich zu oft mehrtägigen Aufenthalten 1940”. Das Seminar „Entwurzelt und Esterwegen und auf der Gedenkstätte nach Papenburg. Sie übergaben zahlrei- doch integriert in der Fremde” mit 35 Esterwegen (im Aufbau) geleitet. che oft sehr persönliche Dokumente aus Gästen beschäftigte sich mit der seit Ein von der pädagogischen Mitarbeiterin den Lagern. 1946 im ehemaligen Kriegsgefangenenla- Sabine Mithöfer geleiteter Arbeitskreis Im Rahmen der Forschung zur histori- ger Alexisdorf angesiedelten Herrnhuter mit Lehrkräften verschiedener Schulen schen polnischen Emigration führte das Brüdergemeine und ihrer Vergangenheit und Schularten/-stufen traf sich vier Mal, Seminar für Ost- und Ostmitteleuropäi- und Gegenwart. An einer Fahrt „Auf den um Unterrichtsmaterialien zu erarbeiten. Zwei Studenten der Stenden Universi- Veröffentlichungen • dem Volksbund Deutsche Kriegsgrä- 85 ty Netherlands in Emmen (NL) und der berfürsorge (Oldenburg), Technischen Universität Chemnitz, ein Nachdem das DIZ bereits zuvor eine • Amnesty International (Gruppe Schüler des Gymnasiums Papenburg deutschsprachige Ausgabe von Tage- Papenburg), und eine Teilnehmerin einer Weiterbil- bucheinträgen und Zeichnungen des ita- • der Stichtung Over-en-Weer/Hin-und- dung absolvierten jeweils mehrwöchige lienischen Militärinternierten F.F. Frisone Zurück (Emmen/Niederlande), Praktika. herausgegeben hatte, wurde nun unter • der Landesbühne Niedersachsen Nord dem Titel „Dall’Albania al Lager di Fullen. • dem Arbeitskreis „50 Jahre Synago- Forschung und Dokumentation Storia di un pittore internato” ein Buch genbrand Weener“. von Giovanni R. Frisone und Deborah Aufgrund der Arbeit an der neuen Aus- Smith Frisone in italienischer Sprache stellung und der veränderten Personalsi- publiziert. tuation mussten Forschung und Doku- Zur Information von Mitgliedern, Inter- mentation auf ausstellungsrelevante essierten und Multiplikatoren erschienen Recherchen beschränkt werden. Heft 30 der Zeitschrift DIZ-Nachrichten Das DIZ erhielt 26 Anfragen zur Schick- (56 Seiten; 900 Exemplare) und zwei Aus- salsklärung von sowjetischen Kriegsge- gaben eines mehrseitigen Newsletters. fangenen, 42 Anfragen von Angehörigen ehemaliger Häftlinge aus Deutschland Kooperationen und Gremienarbeit und anderen Ländern, 54 Anfragen von Kurt Buck, Geschäftsführer Institutionen oder Forschenden zu unter- Kooperationen erfolgten mit unter- DIZ Emslandlager schiedlichsten Aspekten der Lagerge- schiedlichen Partnern: schichte oder zu Einzelpersonen bzw. • Schulen sowie Volkshochschulen und ab 1. November 2011 einzelnen Häftlingsgruppen und 19 Bitten der Historisch-Ökologischen Bildungs- Dokumentations- und Informations- um Bereitstellung von Materialien für stätte in Papenburg, zentrum Emslager Ausstellungen oder Veröffentlichungen. • Heimatvereinen und Institutionen in Gedenkstätte Esterwegen der Region, Hinterm Busch 1 • Gedenkstätten auf niedersächsischer D – 26897 Esterwegen Ebene sowie national und eMail: [email protected] international, www.diz-emslandlager.de Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte (Salzgitter)

Elke Zacharias

Die Gedenk- und Dokumentationsstätte 1. März „Die ersten 50 Häftlinge im KZ Drütte“, Übung zum KZ Drütte wird im Rahmen der Schwer- Thema „Einzelschicksale“ im Seminar mit Auszubildenden der SZST • AK Stadtgeschichte e.V. punktförderung der Stiftung niedersäch- sische Gedenkstätten in besonderer Weise gefördert.

86 Zur aktuellen Situation für die pädagogische Arbeit; Verfügung. Der Sicherheitsdienst des • eine Stelle im Freiwilligen Sozialen Konzerns übernimmt die entsprechenden Die Lage der Gedenkstätte – auf dem Jahr Kultur, Finanzierung über Spen- Aufgaben auch für die Gedenkstätte. Werksgelände der heutigen Salzgitter AG – den und zu 50 Prozent durch die Die denkmalgeschützten Gebäude des macht die Einrichtung zu einer Besonder- Stiftung; ehemaligen KZ Drütte befinden sich zwar heit: Auch heute noch ist die Einbindung • eine halbe Projektstelle (befristet bis im Eigentum der Salzgitter AG. Reparatu- des ehemaligen KZ in die Industriestruk- August) für eine Historikerin zur Ent- ren im Gedenkstättenraum obliegen aber tur, den arbeitenden Industriebetrieb, sehr lastung der Gedenkstättenleiterin. dem AK Stadtgeschichte. Diese sind auf- gut erkennbar. Diese besondere Lage Finanzierung über die Stiftung nieder- grund der baulichen Gegebenheiten oft führt dazu, dass Besuche der Gedenkstät- sächsische Gedenkstätten. Diese Stelle nur von Spezialfirmen durchzuführen. So te nur nach Anmeldung und in Beglei- wurde durch die Bereitstellung zweck- können die Glühbirnen der Lampen im tung möglich sind. Nur am zweiten gebundener Spenden bis zum 31.12.2010 historischen Raum wegen der Raumhöhe Samstag im Monat (15 bis 17 Uhr) und zu verlängert; nur mittels Bühne bzw. Hubwagen aus- Sonderveranstaltungen ist ein öffentli- • seit Mai 2010: Eine AGH-Stelle (20 Std.), getauscht werden. Im September musste cher Zugang ohne Voranmeldung über den Fachdienst Soziales der Stadt nach einem Wasserschaden die Zwischen- möglich. Salzgitter, zur Digitalisierung von Quel- decke im gerade fertig gestellten Seminar- Um für Interessierte erreichbar zu sein, lenmaterial. raum komplett erneuert werden – finanzi- befindet sich das Vereinsbüro mit Archiv, Die Gedenk- und Dokumentationsstätte ell ebenso wie technisch und zeitlich sehr Bibliothek und Arbeitsräumen zentral in KZ Drütte greift traditionell auf bürger- aufwändig. In solchen Fällen kann jedoch Salzgitter-Lebenstedt. schaftliches Engagement zurück. Ohne auf Fachabteilungen der Salzgitter AG zu- Die personelle Situation der Gedenk- die ehrenamtliche Unterstützung wäre rückgegriffen werden, die diese Arbeiten stätte KZ Drütte muss differenziert be- das breite Spektrum der Projekte und An- meist kostenfrei ausführen. trachtet werden. Hauptamtlich, in Vollzeit gebote weder personell noch finanziell beschäftigt ist eine Historikerin als Leite- durchführbar. Insgesamt arbeiten zehn Projekte rin der Gedenkstätte, diese Stelle wird je bis 15 Personen regelmäßig aktiv mit. zur Hälfte von der Stadt Salzgitter und Für die technische Unterstützung (Rei- Aus den 2008 und 2009 durchgeführ- der Stiftung niedersächsische Gedenk- nigungsarbeiten, Reparaturen etc.), be- ten und von der Amadeu-Antonio-Stif- stätten finanziert. Hinzu kommen: sonders bei Veranstaltungen, stehen dem tung (AAS) finanzierten Jugendprojekten • zwei abgeordnete Lehrerinnen (HS/BBS- AK Stadtgeschichte e.V. Kollegen der Ab- ist eine eine Jugend-AG des Arbeitskreis Fachgymnasium) mit je 4,5 Stunden teilung Soziale Betriebe der SZ AG zur Stadtgeschichte hervorgegangen, deren Gedenkstunde im ehemaligen KZ Drütte, 11. April • Betriebsrat SZFG Juli: Workshop mit Jugendlichen aus 18 Nationen • AK Stadt- geschichte e.V.

Mitglieder sich in monatlichen Treffen mit Kalendarium (Auswahl) Vom 13. bis 18. September fand zum 87 Themen der NS-Zeit beschäftigen. 2010 Thema „Sie waren zuerst im KZ Ausch- stellte die Amadeu-Antonio-Stiftung der Dotschy Reinhardt las am 27. Januar aus witz – Wege der Häftlinge in KZ im Salz- Jugend-AG Gelder für das Projekt „Um- ihrem Buch „Gypsy“ und gab mit ihrem gittergebiet“ ein Bildungsurlaub mit gang mit Erinnerung – Ein Fotoprojekt“ Ensemble ein „Sinti-Jazz“-Konzert. VW Salzgitter in Oświęcim statt. zur Verfügung. Kontinuität und Wandel Die jährliche Gedenkveranstaltung des Unter dem Titel „Umgang mit Erinne- ist das Thema einer Fotodokumentation, Betriebsrates der Salzgitter Flachstahl rung – Ein Fotoprojekt“ präsentierte die in der zeitgenössische Aufnahmen von GmbH und des AK Stadtgeschichte e.V. Jugend-AG am 24. November eigene Bauten bzw. Orten mit aktuellen Fotos am 11. April wurde unter dem Motto „Die Arbeiten. kontrastiert werden. ersten 50 Häftlinge des KZ Drütte“ von „Die Demontage der Reichswerke“ war Einen Beitrag zu Demokratieerziehung Auszubildenden gestaltet, die zuvor an Thema eines Workshops mit Auszubilden- und Toleranz zu leisten war Ziel eines einem einwöchigen Seminar in der Ge- den der Salzgitter AG am 15. und 16. De- Projektes mit der evangelischen Heinrich- denkstätte teilgenommen hatten. Haupt- zember. Albertz-Grundschule. Sieben Schüler im redner war Dr. Lothar Hagebölling, Chef Alter von sieben bis neun Jahren setzten der niedersächsischen Staatskanzlei. Besucherbetreuung und Bildungsarbeit sich mehrere Wochen lang mit den UN- Vom 11. April bis 15. Juni wurde die Son- Kinderrechten und Menschenrechten derausstellung „Die ersten 50 Häftlinge im Besuche ehemaliger KZ-Häftlinge und auseinander. KZ Drütte“ in der Gedenkstätte präsentiert. ihrer Angehörigen waren auch 2010 ein Der Frage, was hatte das KZ Auschwitz Zum Thema „Stadtgründung im Natio- wichtiger Bestandteil des Gedenkens, der mit den KZ im Salzgittergebiet zu tun, nalsozialimus“ wurde vom 17. bis 21. Mai Forschung und Vermittlung. Oft kommen gingen zum zweiten Mal Kolleginnen und ein Bildungsurlaub für die VHS Salzgitter besonders ausländische Gäste ohne Kollegen des VW-Werkes in einem ein- durchgeführt. Voranmeldung, aber mit Recherchewün- wöchigen Bildungsurlaub nach. Dieses „Salzgitter im Nationalsozialismus“ schen. Im Jahr 2010 waren dies insge- Angebot wird fest im Jahresprogramm war Thema einer Fahrradtour am 11. Juni. samt 29 Termine mit Gästen aus Belgien, aufgenommen und auch 2011 über die IG Im Rahmen des FSJ-Kulturprojektes Dänemark, Frankreich, Israel, Kanada, Metall für Betriebsratsangehörige aller „Die Verfolgung Homosexueller im NS“ den Niederlanden, Polen, Russland, Salzgitteraner Betriebe angeboten. las am 9. Juni Oskar Ansull aus „Felices Schweden, der Ukraine und den USA. Bücher – Die Bücher der Felice Schragen- Die besondere Lage der Gedenkstätte heim“, und der Film „Aimée und Jaguar“ bringt es mit sich, dass nahezu alle wurde am 16. Juni gezeigt. Besucher eine Führung bekommen. 23. September: „Amtshilfe“: Der ukrainische Polizist Ajüpow suchte und fand mit Unter- September: Als Folge eines erheblichen Wasserschadens musste im Seminarraum die stützung seiner Kollegen aus Detmold das Grab seines Großvaters Abdulah Ajüpow, der Zwischendecke erneuert werden. Dabei wurde die ursprüngliche Raumkonstruktion unter als sowjetischer Kriegsgefangener im Januar 1945 verstarb. • AK Stadtgeschichte e.V. der Hochstraße sichtbar, • AK Stadtgeschichte e.V.

88 2010 nutzten etwa 150 geführte Gruppen Weitere Projekttage fanden für Auszu- rialien zu unterschiedlichen Themen- eine halbtägige Führung. Etwa 60 Prozent bildende anderer Betriebe in Salzgitter, bereichen zusammengestellt. der Gruppen kommen aus dem regio- sowie 6 Tage für Schulen statt. Im Juli un- Betreut wurden mehrere Studienar- nalen und überregionalen schulischen terstützte die Gedenkstätte KZ Drütte das beiten und vier Fachreferate (Sekundar- Bereich. Stark vertreten sind die Haupt- internationale Jugendcamp der Stadt stufe II), sowie zwei Facharbeiten (Uni- schulen (9./10. Klasse), Gymnasien (Se- Salzgitter. Einen Tag lang beschäftigten versität) und mehrere Schulreferate. kundarstufe II), Berufsschulen und Fach- sich 80 Jugendliche aus 18 Nationen mit Die Leiterin war bei einem Filmprojekt schulen. Etwa 30Prozent der Gruppen der Geschichte der Konzentrationslager „60 Jahre Demontagestopp“ beratend sind aus dem Bereich der Gewerkschaf- in Salzgitter und dem Friedhof Jammer- beteiligt sowie an der WDR-Produktion ten und Kirchen, dabei besonders oft tal. Eine kreative Auseinandersetzung „Flüchtlinge und Vertriebene im Nach- Gäste aus dem Ausland. 10 Prozent der führte das Erlernte zusammen und führte kriegssalzgitter“. Besuchergruppen kommen aus anderen Diskussionen über Toleranz- und Demo- Bereichen. kratieerziehung in den einzelnen Forschung und Dokumentation Erstmals konnte 2010 das neue Projekt- Ländern. konzept für alle 160 Auszubildenden der In den Bereich Bildung/Vermittlung Die Gedenkstätte KZ Drütte erhielt Salzgitter AG im 1. Ausbildungsjahr um- gehört auch die Bereitstellung von Prakti- etwa 60 Anfragen ehemaliger Häftlinge, gesetzt werden. Fest in den Ausbildungs- kumsplätzen. Diese Möglichkeit nutzten Zwangsarbeiter oder ihrer Angehörigen plan aufgenommen wurde ein Arbeitstag 2010 zwei Schülerpraktikanten (12. Klas- aus dem In- und Ausland. Gesucht wer- für jede Stammgruppe (etwa zwölf Per- se) der Robert-Bosch-Gesamtschule den Bestätigungen der Haftzeit, Informa- sonen) als Projekttag in der Gedenkstät- Hildesheim für drei Wochen und eine tionen über Lager im Salzgittergebiet vor te. Für 15 Auszubildende, die sich um die Schülerin des Gymnasiums Salzgitter- und nach 1945, Hinweise auf Geburten Teilnahme bewerben, wird außerdem Bad (11. Klasse). oder Sterbefälle. Diese Anfragen werden seit 2010 jährlich ein einwöchiges Semi- Die 2009 begonnene Kooperation mit von der Leiterin der Gedenkstätte nar zur Vorbereitung der Gedenkstunde der Jugendgerichtshilfe Salzgitter wurde bearbeitet. am 11. April durchgeführt. Das erste Se- weiter intensiviert: Vier Jugendliche haben Weitere Forschungsarbeiten oder Re- minar beschäftigte sich mit dem Thema ihre angeordneten Sozialstunden in der cherchen können aufgrund fehlender „Die ersten 50 Häftlinge des KZ Drütte“. Gedenkstätte abgeleistet. finanzieller Mittel für zusätzliches Perso- Als Ergebnis entstanden eine Wander- Um die Möglichkeiten der pädagogi- nal bzw. für Werkverträge nur im Rahmen ausstellung und eine zusätzliche Präsen- schen Arbeit ständig zu verbessern, wur- geförderter Projekte geleistet werden. tation auf der Gedenkfeier. den Lesemappen und biografische Mate- Die Stiftung niedersächsische Gedenk- stätten förderte 2010 insgesamt 20 For- lung von Referenten. So stellte Maike schungstage im ITS Archiv in Bad Arolsen. Weth im Februar auf der Tagung der Inte- Aufgrund der NS-Geschichte der heuti- ressengemeinschaft niedersächsischer gen Stadt Salzgitter sind sehr umfangrei- Gedenkstätten die Arbeit in Salzgitter che Bestände im ITS vorhanden. Bisher vor, und Elke Zacharias hielt auf einer wurden nur bekannte Namen von Häft- Tagung der Amadeu-Antonio-Stiftung lingen der KZ in Salzgitter überprüft. einen Vortrag zum Thema „Erinnerungs- Kontinuierlich wurden die im Archiv kultur in Westdeutschland“. Beide Histori- der Gedenkstätte KZ Drütte vorhandenen kerinnen begleiteten einen Workshop Quellen bearbeitet. Hierbei handelt es über „sinn-e-orientierte Gedenkstätten- sich vor allem um private Nachlässe und projekte“. Zeitzeugeninterviews. Der Bestand des Archivs wächst stetig, Fotos, Objekte und Qualitätssicherung und Ausblick andere Materialien werden der Gedenk- stätte übergeben. Hierzu gehörte 2010 Interne und externe Weiterbildungen ein Spind aus dem Wachmannschafts- sind obligatorisch. Für die freigestellten lager des ehemaligen KZ Watenstedt/ Lehrkräfte, die Leiterin der Gedenkstätte, Leinde, dem späteren DP Camp, der die Absolventen des FSJ Kultur, Projekt- Jahrzehnte als Werkzeugschrank im mitarbeiter und interessierte Ehrenamtli- Keller diente. Inschriften und Namen in che findet monatlich eine gemeinsame diesem Spind werden zurzeit erforscht Sitzung statt. und bearbeitet. Gerade die Bereich Beratung und Aus- Mit der geförderten Anschaffung eines künfte sind so stark angewachsen, dass Archivprogramms und von der Stiftung für die Zukunft umsetzbare Strukturen organisierten Workshops wurden Voraus- erarbeitet werden müssen. Ein Problem setzungen zur systematischen und fach- besteht vor allem darin, dass sowohl das kompetenten Erfassung der Archivbe- Archivmaterial wie auch die Bibliothek stände geschaffen. Das Digitalisierungs- noch nicht vollständig erfasst sind. projekt der Gedenkstätte KZ Drütte wur- de kontinuierlich fortgesetzt. Veröffentlichungen

Kooperationen und Gremienarbeit • Arbeitskreis Stadtgeschichte e.V.: „Umgang mit Vergangenheit – Ein Die Arbeit der Gedenk- und Dokumen- Fotoprojekt“, DVD. tationsstätte KZ Drütte profitiert von gu- • Maike Weth: Sinn-e-orientierte Ge- 89 ten Kooperationen, die wechselseitige schichte, Theorien in der Praxis eines Wirkungen haben. Es besteht eine enge Jugendprojektes, in: Andreas Mischok Vernetzung mit anderen Gedenkstätten, (Hrsg.): „Schwierige Jugendliche gibt es Bildungsträgern und Einrichtungen. For- nicht…!“ Historisch-politische Bildung schungsarbeit, interne Weiterbildungen für ALLE“, Projekte zur Auseinanderset- und der Austausch von Wissen haben zung mit dem Nationalsozialismus für eine positive Auswirkung auf die Arbeit besondere Zielgruppen, Braunschweig vor Ort, verlangen aber auch zeitlichen, 2010, S. 65-81. finanziellen und personellen Einsatz. • Elke Zacharias: KZ-Außenlager Drütte; Die Leiterin der Gedenkstätte ist Mit- Friedhöfe Westerholz und Jammertal, glied im Sprecherrat der Interessenge- in: Reinhard Bein und Ernst-August meinschaft niedersächsischer Gedenk- Roloff (Hrsg.): Der Löwe unterm Haken- stätten und Initiativen. In dieser Funktion kreuz, Reiseführer durch Braunschweig nimmt sie auch einen Sitz im Beirat der und Umgebung 1930 – 1945, S. 313-323. Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Beiträge in Filmen: wahr, als dessen stellvertretende Vorsit- • Amadeu-Antonio-Stiftung: Lokale Ge- zende sie im April für weitere fünf Jahre schichte sichtbar machen, Einblicke in bestätigt wurde. Sie Mitglied des Stif- ein Projekt zu Antisemitismus, Antizi- tungsrates, da der Vorsitzende Sam Bloch ganismus und Erinnerungskulturen in Elke Zacharias, Leiterin der Gedenk- und meist nicht zu diesen Sitzungen anreisen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Dokumentationsstätte KZ Drütte kann. Berlin 2010, DVD. Hinsichtlich Öffentlichkeitsarbeit wurde • Alex Gerbaulet: DEMONTAGE, Salzgit- Gedenk- und neben engen Kontakten zur regionalen ters Kampf ums Überleben, 2010, DVD. Dokumentationsstätte KZ Drütte Presse der Kontakt zum Regionalsender • Ediz Nisanci: Auschwitz, ein Ort im Wehrstr. 29 TV 38 ausgebaut. Die Gedenkstätte und Spannungsfeld, Erfahrungen eines be- 38226 Salzgitter ihre Angebote werden auf unterschiedli- trieblichen Bildungsurlaubes, 2010, DVD. Tel.: +49 (0) 5341 – 4 45 81 chen Websites regelmäßig beworben. Fax: +49 (0) 5341 – 17 92 13 Die Gedenkstätte unterstützt auch an- eMail: [email protected] dere Einrichtungen durch die Bereitstel- www.gedenkstaette-salzgitter.de Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau

Martin Guse

Die Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau wird im Rahmen der Schwer- punktförderung der Stiftung niedersäch- sische Gedenkstätten in besonderer Weise gefördert.

90 Zur allgemeinen Situation Ukrainischer Jugendaustausch“ sowie Samtgemeinde Liebenau und die Stipp- die Intensivierung von regionalen und visiten in einem landwirtschaftlichen Be- Die Arbeiten zur Erforschung und Ver- überregionalen bis hin zu internationalen trieb und einem Tonstudio. Darüber hin- mittlung der Zwangsarbeit in dem zwölf Kooperationen und Vernetzungen. aus begleitete ein Filmteam der Produktions- Quadratkilometer großen NS-Rüstungs- gesellschaft „LE Vision“ aus Leipzig die betrieb und zur Etablierung einer Gedenk- Projekte Begegnung: Im Auftrag der Stiftung und Bildungsstätte wurden 2010 fortge- „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft setzt. Die Teilzeittätigkeit des Projektko- Das seit 2004 etablierte Projekt „Deutsch- (EVZ)“ in Berlin entstanden Teilaufnah- ordinators (30 Wochenstunden) finanzier- Ukrainischer Jugendaustausch“ ist vom men zur Gesamtdokumentation „Auf die ten die Stiftung niedersächsische Gedenk- 23. bis 30. März mit dem Besuch der ehe- Nacht folgt der Tag“, die die Lebenswege stätten, der Landkreis Nienburg/Weser maligen Zwangsarbeiter Karl Payuk und drei ehemaliger NS-Zwangsarbeiterinnen, und die Samtgemeinde Liebenau. Ein Inna Klimenko sowie einer Jugenddelega- darunter Frau Klimenko, dokumentiert. großer Fortschritt ist die am 30. Juni voll- tion der Schule Nr. 214 aus Kiew fortge- Die Jugendgruppen beider Länder ent- zogene Anpachtung des historischen führt worden. Die Gäste trafen auf die ver- wickelten bis zum Herbst eigene Arbeits- Gebäudes 114 der Pulverfabrik (symboli- einsinterne Jugend-AG sowie zehn Jugend- produkte aus der Begegnung mit Zeitzeu- scher Pachtzins von 1,00 € pro Jahr, auf liche aus den Gymnasien Stolzenau und gen und Tatort, wobei sie die erschlos- 30 Jahre) von der Industrieverwaltungs- Nienburg, der Berufsbildenden Schulen senen Materialien und Dokumente über gesellschaft Liebenau/Bonn (IVG) als Nienburg und der Förderschule Borstel. das Internet und den Postweg kontinuier- Eigentümerin. Vor diesem Hintergrund Gemeinsam begab man sich auf Spuren- lich austauschten. So entstanden ein Hör- konnten wir die Förderbereitschaft unter- suche zu den Lebenswegen der beiden buch, mehrere PC-Präsentationen und schiedlicher Institutionen und Gruppie- Zeitzeugen und zur NS-Zwangsarbeit in eine Ausstellung in ukrainischer Sprache, rungen aus Politik, Zivilgesellschaft und der Pulverfabrik. Die mehrstündigen Er- die an der Kiewer Schule Nr. 214 dauer- regionaler Industrie/Handwerk zur Bau- kundungen auf dem Werksgelände der haft in den Unterricht integriert wird. Die maßnahme weiter anregen. Die Gedenk- ehemaligen Pulverfabrik, bei den Stand- offizielle Übergabe und Eröffnung der stättenarbeit wurde fortgeführt und aus- orten der einzelnen Werkslager und die Ausstellung erfolgte am 13. Oktober im gebaut. Dies umfasste das Arbeitsfeld ausführlichen Gespräche mit den beiden Beisein der Zeitzeugen und des Bericht- „Forschung und Dokumentation“, den im Zeitzeugen wurden ebenso in Foto-, Ton- erstatters. Bei dem Besuch stellten wir November durch die Vereinigung „Gegen und Videoaufnahmen festgehalten wie die Weichen für zwei weitere Jugendpro- Vergessen – Für Demokratie“ prämierten der Informationsbesuch im Deutschen jekte: Mit dem Heimatmuseum und der Bereich „Bildungsarbeit und Deutsch- Bundestag, der Empfang im Rathaus der Schule Nr. 6 in Perwomajsk (Ukraine) 24. März: Informationsbesuch im Deutschen Bundestag. Die ukrainischen Gäste des 26. März: Dokumentation eines Zeitzeugen- 28. März: Die ehemalige Zwangsarbeiterin Jugendaustausches 2010 mit Sebastian Edathy (MdB, SPD). • Dokumentationsstelle gespräches durch die Jugend-AG, hier: Inna Klimenko berichtet. • Dokumentations- Pulverfabrik Liebenau e.V. Karl Payuk aus der Ukraine. • Dokumentati- stelle Pulverfabrik Liebenau e.V. onsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V.

folgte eine Kooperationsvereinbarung Ganztägige Dreharbeiten des NDR auf zusammen mit dem KulturImpuls e.V. 91 zum Jugendaustausch mit der Erstellung dem ehemaligen Werksgelände der Pul- Steyerberg und der Hauptschule Liebe- einer Ausstellung und eines Filmes zum verfabrik am 6. Juli bereiteten eine Sen- nau realisiert worden. Haftweg von Karl Payuk als Bürger der dung vor, die am 15. August in „Hallo Am 5. Dezember stattete Prof. Dr. Taiji Stadt (Häftling im AEL Liebenau und in Niedersachsen“ ausgestrahlt wurde. Azegami von der University of Tsukuba den Konzentrationslagern Neuengamme, Am 16. September erfolgte die Grün- (Japan) der Dokumentationsstelle einen Drütte und Bergen-Belsen). Ein weiteres dung des Arbeitskreises „Kriegsgräber- Arbeitsbesuch ab. Beide Seiten streben Jugendaustauschprojekt ist für 2011 und stätte Hesterberg“ mit dem Flecken Steyer- eine langfristige Zusammenarbeit zu 2012 mit der Interregionalen Berufsschu- berg, den örtlichen Schulen, dem Jugend- Fragen der Zwangsarbeit im Deutschen le für Kommunikationswesen in Kiew ver- zentrum und mehreren zivilgesellschaft- Reich und in Japan während des Zweiten einbart worden. lich engagierten Vereinen/Gruppen. Ziel Weltkrieges an. ist die Durchführung einer internationa- Kalendarium len Jugendbegegnung im August 2012 in Besucherbetreuung und Bildungsarbeit Kooperation mit dem Volksbund Deutsche Am 1. Januar traten Katja Keul (MdB, Kriegsgräberfürsorge. Mehr als 2 250 Obwohl für die Besucherbetreuung bis Bündnis 90/Die Grünen) und Heinrich osteuropäische Opfer der Zwangsarbeit zum Umbau des ehemaligen Werksge- Eggers (Landrat des Landkreises Nien- in der Pulverfabrik sind auf der Kriegs- bäudes 114 noch keine regulär wirkende burg/Weser, CDU) dem „Dokumentation- gräberstätte begraben. Gedenk- und Bildungsstätte zur Verfü- stelle Pulverfabrik Liebenau e.V.“ bei. Vom 11. bis 22. Oktober fand eine Re- gung steht, leistet der Verein schon jetzt Anlässlich des Gedenktages für die cherche- und Kooperationsreise des eine kontinuierliche Bildungs- und Infor- Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- Geschäftsführers in die Ukraine statt. mationstätigkeit für Schul-, Jugend- und herrschaft am 27. Januar fanden vom Im Rahmen der Jahrestagung von Erwachsenengruppen. 2010 nahmen ins- 30. Januar bis 5. März Gedenkfeiern statt. „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ gesamt 730 Personen an den 15 angebo- Die Jugend-AG beteiligte sich mit dem Vor- in Stuttgart am 6. und 7. November wur- tenen Werksführungen teil. Weitere 1 330 trag „Karl Payuk aus der Ukraine – Drei de die Jugend-AG der Dokumentations- Personen wurden durch Vorträge, Lesun- Jahre in nationalsozialistischen Konzent- stelle Pulverfabrik Liebenau mit dem auf gen, Workshops und Ausstellungen direkt rationslagern“ und im Rathaus Nienburg 1.500 Euro dotierten „Waltraud-Netzer- erreicht. Die Zusammenarbeit mit den wurde die Ausstellung der vereinsinternen Jugendpreis“ ausgezeichnet. Hauptschulen Liebenau und Steyerberg Jugend-AG: „Iwan Dudar – Lebensweg Eine Veranstaltungsreihe zum Volks- und dem Gymnasium Stolzenau wurde eines ukrainischen Künstlers“ gezeigt. trauertag ist vom 12. bis 14. November fortgesetzt. Einen Jahresschwerpunkt Führung auf dem ehemaligen Werksgelände der Pulverfabrik Liebenau. • Dokumentations- 18. September: In Erinnerung an ihren in der Pulverfabrik verstorbenen Groß- und stelle Pulverfabrik Liebenau e.V. Urgroßvater brachte Familie Rogaczewski aus Polen einen Gedenkstein auf die Kriegs- gräberstätte Hesterberg. • Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V.

92 bildete die mehrmonatige inhaltliche Be- Hesterberg begraben sind. Anhand von 2010 wurden sechs weitere Zeitzeugen- treuung und Beratung der Jugendlichen Unterlagen der Dokumentationsstelle gespräche mit ehemaligen ukrainischen einer AG „NS in unserer Region“ des Dresden der Stiftung sächsische Gedenk- Zwangsarbeitern der Pulverfabrik Liebe- Gymnasiums Stolzenau. Zur Zwangs- stätten kann der Datenbestand voraus- nau durchgeführt und audiovisuell doku- arbeit in der Pulverfabrik wählten die sichtlich auf insgesamt 300 Personen mentiert. Darüber hinaus wurden diverse Jugendlichen sich eigene Arbeitschwer- erweitert werden. Im Ergebnis dieses Teil- Anfragen von Nachkommen mittlerweile punkte, zu denen sie unterschiedliche projektes konnten unsere ukrainischen verstorbener ehemaliger Zwangsarbeits- Hausarbeiten verfassten. Im eigenen und russischen Partnerorganisationen kräfte aus Belgien, den Niederlanden und Weblog http://regionalgeschichte.word- vorerst die Nachkommen von drei Kriegs- Polen ebenso bearbeitet wie solche von press.com/ geben sie einen Überblick zu gefangenen ermitteln. Auf diesem Wege Familienangehörigen ehemaliger deut- ihren Arbeiten. erfuhren die Angehörigen erstmals vom scher Arbeitskräfte der Pulverfabrik. Die inhaltliche Bildungs- und Vermitt- Verbleib ihrer Verwandten. Die Familien Dabei konnten weitere Dokumente, Aus- lungstätigkeit wurde auch 2010 verstärkt drückten in persönlichen Briefen große weise und Fotos erschlossen werden. in internationalen Zusammenhängen ge- Anteilnahme und Dank aus und stellten leistet, etwa durch Vorträge und Präsen- Fotos und Lebensskizzen der Betroffenen Kooperationen und Gremienarbeit tationen im Rahmen einer Recherche- zur Verfügung. Weitere betroffene Famili- und Kooperationsreise des Geschäfts- en sollen ermittelt und in den kommen- Der langjährige Austausch mit dem führers in die Ukraine. Einen wesent- den Jahren nach Liebenau eingeladen Institut für Geschichte an der Nationalen lichen Bestandteil der Vereinsarbeit bildet werden. Akademie der Wissenschaften in Kiew – weiterhin die Kontaktpflege zu ehemali- Durch einen zufälligen Internetaustausch 2009 durch einen Informationsbesuch gen Zwangsarbeitskräften sowie zu ihren fand das Projekt unerwartete Flankie- ukrainischer Historiker und Historikerin- Nachkommen. rung: Eine walisische Familie stellte der nen in Liebenau bekäftigt – mündete Dokumentationsstelle historische Auf- 2010 in die Unterzeichnung einer Koope- Forschung und Dokumentation nahmen von der Umgestaltung des rationsurkunde. Die Kollegen unterstüt- Werksfriedhofes der Pulverfabrik durch zen die Dokumentationsstelle gezielt Im Berichtsjahr wurde die Datenerfas- britische Besatzungstruppen in den Jah- durch Recherchen in ukrainischen Archi- sung zu 221 ehemaligen sowjetischen ren 1945/46 zur Verfügung. Der im Jahr ven und durch regionale Spurensuche. Kriegsgefangenen vorgenommen, die im 2003 verstorbene Vater hatte an der Darüber hinaus wurden Planungen für Arbeitskommando „Pulverfabrik“ ver- Umgestaltung mitgewirkt und sie mit ein Kooperationsprojekt mit dem Institut starben und auf der Kriegsgräberstätte Fotos dokumentiert. für Geschichte und Recht der Nationalen 17. August: Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde mit dem Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Nienburg/Weser. • Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V.

Universität Nikolaus V. Sukhomlynsky in koordiniert und ergänzt werden. Der Ver- 93 der ukrainischen Stadt Nikolajew aufge- ein hofft darauf, den „Beauftragten für nommen. Kultur und Medien“ bei der Bundesregie- rung für eine Förderung aus Bundesmit- Veröffentlichungen teln zu gewinnen. Die Stiftung nieder- sächsische Gedenkstätten und die Fach- • Martin Guse, Integrative Bildungsar- kommission der Stiftung haben dafür ihre beit zur NS-Zwangsarbeit in der Pulver- Unterstützung zugesagt. fabrik Liebenau, in: Andreas Mischok Der integrative Ansatz in der (Jugend)- (Hg.) „Schwierige Jugendliche gibt es Bildungsarbeit und der internationale nicht…! Historisch-politische Bildung Jugendaustausch werden als besondere für ALLE“, Projekte zur Auseinanderset- Profile der hiesigen Gedenkstättenarbeit zung mit dem Nationalsozialismus für ausgebaut. Die Arbeiten an geplanten besondere Zielgruppen, Braunschweig Buchmanuskripten sowie an Ausstellun- 2010, S. 82-95. gen und Präsentationen in der künftigen Gedenkstätte werden fortgesetzt. Ausblick

In den Monaten August bis November Martin Guse, Geschäftsführer fanden Arbeits- und Kooperationsgesprä- Dokumentationsstelle Pulverfabrik che mit diversen Institutionen und Orga- Liebenau e.V. nisationen zur Etablierung und Förde- rung der künftigen Gedenk- und Bildungs- Dokumentationsstelle stätte in Liebenau statt (u. a. mit E.ON Pulverfabrik Liebenau e.V. Avacon Nienburg, GfL Grontmij in Bre- Postfach 12 27 men und der Stiftung niedersächsische D – 31615 Liebenau Gedenkstätten). Tel. +49 (0)5023 – 1575 An einem „Runden Tisch“ für poten- eMail: [email protected] tielle Unterstützer sollen die jeweiligen www.martinguse.de/pulverfabrik Fördermöglichkeiten zusammengeführt, Jugend-AG im Internet: www.japl.de KZ-Gedenkstätte Moringen

Dietmar Sedlaczek

Die KZ-Gedenkstätte Moringen wird im Rahmen der Schwerpunktförderung der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in besonderer Weise gefördert.

94 Zur allgemeinen Situation Moringen, dem Landkreis Northeim, Zugleich wurden vorhandene Original- zahlreichen Förderern sowie Vertretern dokumente und audiovisuelle Medien Die KZ-Gedenkstätte Moringen doku- verschiedener Schulen in der Region ha- im Umfang von 150 Stunden digital gesi- mentiert die Geschichte dreier Konzen- ben Gedenkstättenleitung und der Vor- chert. Finanziell gefördert wird das Pro- trationslager: Männer-KZ (1933), Frauen- stand der Lagergemeinschaft das Projekt jekt von der Stiftung niedersächsische KZ (1933-38) und Jugend-KZ (1940-45). In vorgestellt und für seine Unterstützung Gedenkstätten sowie von der Kultur- der seit 1993 in einem Torhaus der Stadt- geworben. Die inhaltliche Auseinander- und Denkmalstiftung des Landkreises befestigung bestehenden Gedenkstätte setzung mit dem neuen Gedenkstätten- Northeim. arbeiten neben dem Leiter (Dreiviertel- konzept übernahm der pädagogische Dem Projekt vorausgegangen waren in stelle) zwei für jeweils 4,5 Stunden in der Arbeitskreis der Gedenkstätte unter Lei- den letzten Jahren umfangreiche Recher- Woche vom Hauptamt freigestellte Lehr- tung des Geschichtsdidaktikers Dr. René chen in zahlreichen Archiven, so im Bun- kräfte. Die Finanzierung der Leiterstelle Mounajed. Das zehnköpfige Gremium desarchiv Berlin, im Hauptstaatsarchiv erfolgt aus Mitteln der Stiftung nieder- besteht aus Mitarbeitern der Gedenk- Hannover, im Institut für Zeitgeschichte sächsische Gedenkstätten (halbe Stelle) stätte, jeweils einem Mitglied aus Vor- München sowie im Archiv des Inter- und aus Mitteln des Landkreises Nort- stand und Beirat der Lagergemeinschaft nationalen Roten Kreuzes (ITS) in Bad heim (Viertelstelle). Außerdem verfügt sowie unabhängigen Multiplikatoren aus Arolsen, um die eigenen Bestände zu die Gedenkstätte über eine Stelle für ein dem Besucherumfeld der Gedenkstätte. den Moringer Konzentrationslagern so- freiwilliges Soziales Jahr Politik, die zu Die strategische Beratung des Projekts wie zum DP-Camp zu vervollständigen. jeweils 50 Prozent aus Mitteln der Stif- erfolgt durch die Planungsgruppe Kon- Im Archiv der KZ-Gedenkstätte werden tung niedersächsische Gedenkstätten zept Lernort Moringen. zahlreiche Dokumente im Original oder und aus Spenden und Vereinsmitteln in Kopie aufbewahrt, darunter Gedächt- finanziert wird. Darüber hinaus arbeitet Projekte nisberichte, Interviews mit ehemaligen in der Gedenkstätte ein ehrenamtlicher KZ-Häftlingen, Fotos, Briefwechsel, zahl- Vorstand. 2010 waren zudem zwei wis- Ein Arbeitsschwerpunkt lag 2010 im Be- reiche Deponate (das umfangreichste senschaftliche Mitarbeiter auf Honorar- reich Recherchen und Archiv. Am 1. Mai von Hannah Vogt) sowie die Ergebnisse bzw. Projektbasis befristet beschäftigt. startete das Projekt „Digitales Archiv“, bisheriger Forschungsprojekte. Im Berichtsjahr wurden die Pläne für in dessen Verlauf die Historikerin Julia Die geplante Datenbank wird künftig eine Erweiterung der Gedenkstätte am Braun ein Vorarchiv erstellte, als Grund- einen schnelleren und einfacheren Zu- historischen Ort mit Nachdruck vorange- lage für die spätere Verzeichnung der griff auf die Archivalien ermöglichen, trieben. In Gesprächen mit der Stadt Archivbestände in einer Datenbank. was vor allem eine große Erleichterung Dr. Dietmar Sedlaczek (Leiter der KZ-Gedenkstätte Moringen) und Dr. Dirk Hesse (medizi- Zwei MitarbeiterInnen der KZ-Gedenkstätte Moringen recherchieren im Rahmen eines nischer Direktor des Maßregelvollzugszentrums Niedersachsen) stellen die Pläne für den von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten geförderten Projektes im Archiv des ITS Ausbau der Gedenkstätte am historischen Ort vor. • HNA. in Bad Arolsen. • ITS.

ist bei der Beantwortung der zahlreichen Am 19. Januar informierte sich die Bun- (Fulda) zwölf Grundsätze für eine „ge- 95 Anfragen ehemaliger Häftlinge und ihrer destagsabgeordnete Viola von Cramon fühlseinschließende Wissensvermitt- Familienangehörigen sowie von Wissen- (Die Grünen) in der KZ-Gedenkstätte lung“ in der Gedenkstättenarbeit vor. schaftlern und Studierenden und aus den Moringen. Im Anschluss daran besuchte Am 6. Mai besuchte die Direktorin der Medien. sie eine von Schülerinnen und Schülern russischen Gedenkstätte „Memorial Cen- Zeitgleich zu den Arbeiten an der Archiv- der KGS Moringen erarbeitete Ausstel- ter for the History of Political Repressions datenbank recherchiert die Gedenkstätte lung zum Thema „Jugend im National- Perm 36“, Tatiana G. Kursina, gemeinsam im Rahmen eines von der Stiftung nie- sozialismus“. mit einer Delegation russischer Lehrer die dersächsische Gedenkstätten geförder- Einen ganztägigen Workshop zum KZ-Gedenkstätte Moringen. Im Mittelpunkt ten Projekts im Archiv des ITS zu annäh- Thema „Nationalsozialismus im Film“ der Begegnung stand ein Austausch zu rend 4 000 Häftlingsnamen. Auf Grund bot die Gedenkstätte am 13. Februar an. Fragen der Gedenkstättenpädagogik. der unerwartet großen Materialfülle Dr. Michaela Köttig von der FH Frank- Die Landtagsabgeordnete Frauke Heili- konnten hier bisher 1 582 Namen geprüft furt referierte am 18. Februar in der Nort- genstadt (SPD) besuchte am 26. Mai die und damit die Verfolgungswege eines heimer Stadthalle über junge Frauen in Gedenkstätte, um sich vor Ort über die Großteils der Häftlinge des Frauen- und der rechtsextremen Szene und ging der gemeinsamen Pläne von Landeskranken- des Jugend-KZ umfassend nachvollzo- Frage nach, inwieweit sie nur passive haus und Gedenkstätte über einen Aus- gen werden. Ergebnisse dieser Arbeit Mitläuferinnen oder auch aktive Strate- bau der Gedenkstätte am historischen sind überdies ein Zugewinn an bisher ginnen seien. Darüber hinaus stellte Frau Ort des ehemaligen Konzentrationslagers unbekannten Häftlingsnamen sowie die Köttig Möglichkeiten der sozialarbeiteri- zu informieren. Abschrift des Gefangenenbuches des schen Intervention vor. Am 1. und 2. Juli betreute die Gedenk- Jugend KZ. Am 24. April veranstaltete die KZ-Ge- stätte eine internationale Jugendbegeg- denkstätte Moringen in Kooperation mit nung des Paritätischen Jugendwerks. An Kalendarium der Kreisvolkshochschule Holzminden der Begegnung nahmen 48 Jugendliche und unterstützt von weiteren regionalen aus Russland, Polen und Deutschland teil. Um dem Wunsch nach weiteren öffent- Partnern die zweite Erinnerungskonfe- Anlässlich der Präsentation des neuen lichen Aufführungen des Stücks „Die Bes- renz des Netzwerks „Topografie der Erin- Stiftungsgebäudes in Celle am 21. Septem- serung“ nachzukommen, wurde das Stück nerung. Gedenken und Erinnern in Süd- ber wurde auf Einladung der Stiftung nie- am 18. Januar im Jugend- und Kultur- niedersachsen“. Die Tagung hatte den dersächsische Gedenkstätten das Theater- zentrum „Alte Brauerei“ in Northeim auf- Schwerpunkt Gedenkstättenpädagogik. stück „Die Besserung“ aufgeführt. geführt. Am Beginn stellte Prof. em. Peter Krahulec Zeitzeugengespräch im Rahmen des Häftlingstreffens 2010. SchülerInnen der KGS Häftlingstreffen 2010. Ehemalige Häftlinge des Jugend-KZ Moringen aus Slowenien, Moringen verabreden sich mit einem ehemaligen Häftling des Jugend-KZ. • D. Sedlaczek Österreich und Deutschland gedenken ihrer verstorbenen Kameraden. • D. Sedlaczek

96 Das jährliche Treffen der ehemaligen „Rote Kapelle“. Bis zu seinem Tod am Besucherbetreuung und Bildungsarbeit Häftlinge der Moringer Konzentrationsla- 6. Mai 2010 war Küchenmeister deren ger fand vom 1. bis 3. Oktober statt. Ehe- letzter überlebender Zeitzeuge. Bereits Der Schwerpunkt der Aktivitäten lag malige Häftlinge aus Österreich, Slowe- am 13. Oktober war für ihn in Berlin auch 2010 auf der pädagogischen Arbeit. nien und Deutschland nahmen daran teil. (Sächsische Str. 63a) ein „Stolperstein“ 98 Führungen fanden in der Gedenkstät- Das Begleitprogramm umfasste zahlrei- verlegt worden. te statt und eine Mitarbeiterin der Gedenk- che Zeitzeugengespräche, einen gemein- Am 30. November gestalteten Julia stätte betreute einen Projekttag für Kon- samen Rundgang mit ehemaligen Häft- Braun und Dr. Dietmar Sedlaczek im firmanden des Kirchenkreises Leine-Sol- lingen und Besuchern über das ehemalige Roncalli-Haus in Magdeburg im Rahmen ling in der Paul-Gerhardt-Schule in Dassel. Lagergelände, eine Aufführung des der Abschlusspräsentation des Gesamt- Auch in diesem Jahr nahmen mehrere Dokumentarfilms von Heiner Thimm, projektes „Lokale Geschichte sichtbar Gruppen der Zivildienstschule Ith ein Se- „Gestohlene Jugend. Jugend-KZs im machen“ der Amadeu-Antonio-Stiftung minarangebot wahr, das die Gedenkstät- Nationalsozialismus“ sowie eine Vorstel- einen Workshop zum Thema „Geschichte te für sie entwickelt hatte. Darüber hin- lung aktueller Projekte der Gedenkstätte. vernetzen. Gedenken und Erinnern in der aus wurden in der Gedenkstätte sowie an Am 10. und 11. November besuchte Region“. verschiedenen Orten der Region 21 öf- Alfred Grasel aus Wien die Gedenkstätte Im Göttinger Kino Lumière zeigte die fentliche Veranstaltungen durchgeführt. und traf sich mit Jugendlichen der KGS Gedenkstätte am 7. Dezember den Doku- Mit ihren Theaterprojekten geht die KZ- Moringen zu mehreren Zeitzeugengesprä- mentarfilm „Die Unwertigen“ (Deutsch- Gedenkstätte Moringen seit vielen Jahren chen. Als Sechzehnjähriger war Grasel 1942 land 2009). Der Film von Renate Günther- erfolgreich neue Wege in der Geschichts- in das Jugend-KZ Moringen gekommen, Greene stellt vier Menschen vor, die als vermittlung. Zurzeit bietet sie in Koope- nach einer Odyssee durch mehrere Kin- Jugendliche Opfer der NS-Verfolgung ration mit dem Theaterensemble „Stille derheime in Wien. Im Jugend-KZ Morin- wurden. Einer der Protagonisten des Films, Hunde“ ein Klassenzimmerstück zum Ju- gen leistete er unter Tage mehr als zwei- Günther Discher, war Häftling im Jugend- gend-KZ Moringen an. Das im März 2009 einhalb Jahre Zwangsarbeit in der Heeres- KZ Moringen, ein anderer, Richard Sucker, uraufgeführte Stück „Die Besserung“ munitionsanstalt in Volpriehausen. war in seiner Jugend zwangsweise der (Autor: Stefan Dehler) wurde 2010 in der Dr. Hans Coppi hielt am 25. November Heimerziehung ausgesetzt, zunächst im Region Südniedersachsen 29 Mal aufge- auf Einladung der Gedenkstätte in Göt- Nationalsozialismus und später in der führt. Das Projekt wird gefördert vom tingen einen Vortrag über den ehemali- Bundesrepublik Deutschland. An den Landschaftsverband Südniedersachsen gen Häftling im Jugend-KZ Rainer Küchen- Film schloss sich ein Zeitzeugengespräch und von der Jugendstiftung des Land- meister und die Widerstandsgruppe mit Herrn Sucker an. kreises Northeim. Zwei Schülerinnen der KGS Moringen befragen den ehemaligen Häftling Alfred Grasel für eine Arbeit im Rahmen des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten. • D. Sedlaczek

Kooperationen und Gremienarbeit sachsen. In: KZ-Gedenkstätte Neuen- schen Verfolgung in Norddeutschland 97 gamme (Hg.): Zwischenräume. Dis- 12), S. 55-64. Seit 2009 ist das Netzwerk „Topografie placed Persons, Internierte und Flücht- der Erinnerung. Gedenken und Erinnern linge in ehemaligen Konzentrations- Ausblick Südniedersachsen“ an der KZ-Gedenk- lagern. Bremen 2010 (Beiträge zur Ge- stätte angesiedelt. Diese organisiert dar- schichte der nationalsozialistischen Im Jahr 2011 werden die Arbeiten im über hinaus federführend das Northeimer Verfolgung in Norddeutschland 12), Bereich der Digitalisierung der Archivbe- Veranstaltungsbündnis „Gegen das Ver- S. 186-188. stände und für den Aufbau einer Daten- gessen. Zur Erinnerung an die Opfer des • Lena Hotz: Perspektiven des Erinnerns. bank weitergeführt. Geplant ist ein weite- Nationalsozialismus.“ Die Bedeutung von Überlebenden der res Rechercheprojekt beim ITS in Bad Der Leiter der Gedenkstätte ist Mitglied Konzentrationslager für die Gedenk- Arolsen. Darüber hinaus sind Sanierungs- im Sprecherrat der Interessengemein- stättenarbeit. Diplomarbeit an der Carl arbeiten am Gedenkstättengebäude vor- schaft niedersächsischer Gedenkstätten von Ossietzky Universität Oldenburg. gesehen. Das größte Augenmerk wird und Initiativen zur Erinnerung an die NS • Annalena Rose: Die Entstehung der auch 2011 dem Ausbau der Gedenkstätte Verbrechen. In dieser Funktion nimmt er KZ-Gedenkstätte Moringen. Bachelor- am historischen Ort gelten. auch einen Sitz im Beirat der Stiftung arbeit im Studiengang Combined Stu- niedersächsische Gedenkstätten wahr. dies („Sozial-, Kultur- und Naturwis- senschaften“). Eingereicht im Fach Veröffentlichungen und Geschichte an der Universität Vechta, Dr. Dietmar Sedlaczek, Leiter der Examensarbeiten Institut für Geistes- und Kulturwissen- KZ-Gedenkstätte Moringen schaften (IGK), Abteilung für Kultur- • Ludwig W. Adamec: Die Würde der Ar- geschichte und vergleichende Landes- KZ-Gedenkstätte Moringen beit (Erinnerungen an das Jugend-KZ forschung. Lange Strasse 58 Moringen). In: Erinnerungen. Lebens- • Stefan Wilbricht: Das DP-Lager in Mo- D – 37186 Moringen geschichten von Opfern des National- ringen 1945 bis 1951. In: KZ-Gedenk- Postanschrift: Postfach 1131 sozialismus. Hg. von Renate S. Meissner stätte Neuengamme (Hg.): Zwischen- D – 37182 Moringen im Auftrag des Nationalfonds der Repu- räume. Displaced Persons, Internierte Tel.: +49 (0) 5554 – 2520 blik Österreich. Wien 2010, S. 234-241. und Flüchtlinge in ehemaligen Konzen- eMail: [email protected] • Julia Braun: Topografie der Erinnerung trationslagern. Bremen 2010 (Beiträge www.gedenkstaette-moringen.de – Gedenken und Erinnern in Südnieder- zur Geschichte der nationalsozialisti- www.erinnernsuedniedersachsen.de Stiftung Lager Sandbostel/Gedenkstätte Lager Sandbostel

Andreas Ehresmann

Die Stiftung Lager Sandbostel/Gedenk- stätte Lager Sandbostel wird im Rahmen der Schwerpunktförderung der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in besonderer Weise gefördert.

98 Zur allgemeinen Situation Zur Erarbeitung der Ausstellungen nun auch während der Dämmerung oder wurden von der Gedenkstätte Lager bei Abendveranstaltungen genutzt wer- Für die Neuerarbeitung von zwei Dau- Sandbostel zwei Wissenschaftlerinnen den kann. Zudem legten die Reservisten erausstellungen zu Geschichte und Nach- und ein Wissenschaftler eingestellt: für mit Hilfe des Technischen Hilfswerks ei- geschichte des Kriegsgefangenen- und die lagerzeitliche Ausstellung der promo- nen historischen Feuerlöschteich frei. KZ-Auffanglagers wurden der Gedenk- vierte Historiker Jens Binner, der vorher Vom 16. bis 30. Juli richtete die Gedenk- stätte Lager Sandbostel Anfang 2010 ins- in der Gedenkstätte Buchenwald gearbei- stätte Lager Sandbostel gemeinsam mit gesamt 1.425.000 Euro bewilligt. Darüber tet hat und die Judaistin und Islamwis- der Gemeinde Sandbostel und dem Volks- hinaus umfasst die Förderung den Um- senschaftlerin Dörthe Engels, die vom bund Deutsche Kriegsgräberfürsorge das bau zweier Ausstellungsgebäude, ein Deutschen Hygienemuseum in Dresden 4. Internationale Jugendworkcamp in der Informationsleitsystem und die Fassaden- kommt. Für die Nachkriegsausstellung Gedenkstätte Lager Sandbostel aus. 24 Ju- sanierung mehrerer ehemaliger Unter- zeichnet die Politologin Dr. Andrea Ge- gendliche aus Deutschland, Estland, Frank- kunftsbaracken. nest verantwortlich, die vorher in der reich, Moldawien, Russland, Spanien Die Finanzierung setzt sich nach einem Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und der Ukraine kamen zusammen und komplementären Förderungssystem aus tätig war. beteiligten sich mehrere Tage lang an einer 50-prozentigen Förderung im Rah- Im Herbst wurde in einem kleinen Wett- Pflege- und Aufräumarbeiten für die men der Gedenkstättenkonzeption des bewerb das Berliner Gestaltungsbüro Gedenkstätte. Bundes in Höhe von 712.500 Euro und Raumkollektiv ausgewählt, das einen über- Unverzichtbar ist nach wie vor das der ebenfalls 50-prozentigen Förderung zeugenden Entwurf für die Gestaltung große Engagement einer Vielzahl ehren- aus dem Sitzland Niedersachsen zusam- der beiden Dauerausstellungen präsen- amtlich tätiger Menschen aus der Ge- men (462.500 Euro vom Land Nieder- tiert hatte. denkstätte Lager Sandbostel und dem sachsen, 150.000 Euro vom Landkreis Verein Dokumentations- und Gedenk- Rotenburg (Wümme) sowie 100.000 Euro Projekte: Ehrenamtliches Engagement stätte Sandbostel e. V. durch die Hermann-Reemtsma-Stiftung). Allen Geldgebern sei herzlich gedankt. Bei mehreren Arbeitseinsätzen unter- Kalendarium Das Architekturbüro Wilke, mit dem stützte uns auch 2010 die Reservisten- wir bereits das erste Sanierungsprojekt kameradschaft Zeven. Die ehemaligen Herausragend waren auch 2010 wieder durchgeführt haben, wurde auch mit dem Bundeswehrsoldaten installierten in der die verschiedenen Kultur- und Gedenk- Umbau der zukünftigen Ausstellungs- ehemaligen Lagerküche B eine Lichtan- veranstaltungen. gebäude beauftragt. lage, so dass das historische Gebäude Ein Konzert des russischen Vokalen- 5. Juli: Blick auf das bundesweit einmalige Ensemble ehemaliger Unterkunftsbaracken Blick in die zukünftige Ausstellung zur Geschichte des Kriegsgefangenen- und KZ-Auf- (rechts). Links ist ein Latrinengebäude zu erkennen. • Andreas Ehresmann/Dokumenta- fanglagers Sandbostel (Visualisierung aus dem Wettbewerbsbeitrag Raumkollektiv, tions- und Gedenkstätte Lager Sandbostel Berlin)

sembles „Harmonie“ am 16. April in der verstorbenen französischen KZ-Häftlinge Krieg und Gewalt!“ und „Erinnern für die 99 ehemaligen Lagerküche besuchten 80 nieder. Zukunft!“ die pädagogische Arbeit des Personen. Zwischen den einzelnen Stü- Vom 5. bis 31. Juli wurde in einer der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsor- cken lasen die Schauspieler Till Bergen historischen Unterkunftsbaracken die ge, Bezirksverband Lüneburg/Stade, mit und Wolfgang Schenck eindrucksvolle Ausstellung „Der Zweite Weltkrieg in Nie- Schülerinnen und Schülern vorstellt. Ein Passagen aus Briefen ehemaliger sowje- dersachsen“ gezeigt. In dieser Sonder- zusätzlich erstellter Ausstellungsteil wid- tischer Kriegsgefangener. ausstellung präsentiert der Volksbund mete sich der pädagogischen Arbeit des Am 29. April fand die Gedenkfeier an- Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bezirks- Volksbundes in der Gedenkstätte Lager lässlich des 65. Jahrestages der Befrei- verband Lüneburg/Stade, auf 48 Ausstel- Sandbostel und auf dem ehemaligen ung des Kriegsgefangenen- und KZ- lungstafeln umfassend die Vorgeschichte, Lagerfriedhof, der heutigen Kriegsgrä- Auffanglagers Sandbostel statt. Dem na- die Ereignisse und die Nachwirkungen berstätte Sandbostel. tionalen Schwerpunkts der Veranstaltung des Zweiten Weltkriegs in Niedersachsen. („Frankreich“) entsprechend richtete die Den Kirchenkreistag des Kirchenkrei- Besucherbetreuung und Bildungsarbeit Gedenkstätte die Gedenkfeier gemein- ses Bremervörde/Zeven, der am 2. Sep- sam mit Angehörigen des französischen tember in der ehemaligen Lagerküche A Im Jahr 2010 hatten wir mit annähernd Militärs aus. Schülerinnen und Schüler stattfand, besuchten etwa 90 Teilnehmer- 7 500 Personen wieder eine erfreuliche eines deutsch-französischen Gymnasi- innen und Teilnehmer. und im Verhältnis zum Vorjahr erneut ums aus Hamburg boten zum Auftakt Am 12. September fand bundesweit um 15 Prozent gestiegene Anzahl von Be- eine überzeugende Präsentation zur Ge- der „Tag des offenen Denkmals“ statt, an sucherinnen und Besuchern. Darunter schichte und Nachgeschichte des Stalag dem sich die Gedenkstätte Lager Sand- waren etwa 2 500 Schülerinnen und X B. Mit annähernd 500 Personen war bostel zum fünften Mal beteiligte. Mit Schüler, die in 76 Gruppen im Rahmen die Veranstaltung sehr gut besucht. etwa 650 Besucherinnen und Besuchern schulischer oder außerschulischer Bil- Eine achtzigköpfige Delegation der nutzten zahlreiche Personen die Möglich- dungsmaßnahmen die Gedenkstätte und Amicale Française de Neuengamme (der keit, sich über den historischen Ort und den ehemaligen Lagerfriedhof (die heuti- französische Verband ehemaliger Häftlin- den einmaligen Gebäudebestand zu ge Kriegsgräberstätte Sandbostel) be- ge des KZ Neuengamme) besuchte die informieren. suchten. Die pädagogischen Einheiten Gedenkstätte am 30. April. Nach einem Vom 4. bis 31. Oktober wurde die Schul- in der Gedenkstätte Lager Sandbostel ausgedehnten Rundgang legte die Dele- ausstellung „Was heißt hier Frieden?“ ge- dauern im Allgemeinen zwei Stunden. gation auf dem ehemaligen Lagerfried- zeigt, die in drei Themenkomplexen „Vor- Erneut konnten wir die produktive hof einen Kranz im Gedenken an die hier urteile abbauen“, „Gemeinsam gegen Zusammenarbeit mit dem Volksbund 21. Juli: Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 4. Internationalen Jugendworkcamps legen 12. September: Eine Besuchsgruppe vor einer der historischen Unterkunftsbaracken. einen gepflasterten Weg frei. • Andreas Ehresmann/Dokumentations- und Gedenkstätte • Andreas Ehresmann/Dokumentations- und Gedenkstätte Lager Sandbostel Lager Sandbostel

100 Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bezirks- nen. Die neue Kollegin wird vor allem für projektes „Memory in/as Translation. verband Lüneburg/Stade fortsetzen, und die Ausarbeitung und Realisierung päda- Gedächtnis und die Medien seiner Über- viele Schulklassen wurden gemeinsam in gogischer Konzepte verantwortlich sein. setzung“ der Österreichischen Akademie der Gedenkstätte und auf dem ehemali- der Wissenschaften untersucht Gabriel gen Lagerfriedhof betreut. Regelmäßige Forschung und Dokumentation zur beratenden Unterstützung bei der Besuche und Kontakte bestehen mittler- Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte weile zu 50 Schulen aus dem gesamten Die Anfragen zur Schicksalsklärung, Mauthausen u. a. den memorialen Um- Elbe-Weser-Dreieck. die an das Schriftdokumentenarchiv der gang mit materiellen und baulichen Über- Mit 450 Personen fast verdoppelt hat Gedenkstätte gestellt wurden, haben er- resten und die Gestaltungskonzeptionen sich die Anzahl der Besucherinnen und neut zugenommen. 2010 wurden mehr deutscher Gedenkstätten. Besucher aus dem Ausland, vor allem als 70 Anfragen von Angehörigen und Im November besuchte der Leiter des aus europäischen Ländern wie Belgien, Behörden aus Belgien, Frankreich, Groß- Berliner Zentrums für Antisemitismus- Dänemark, Großbritannien, Frankreich, britannien, Italien, den Niederlanden, forschung, Prof. Dr. Wolfgang Benz, mit Irland, Italien, Luxemburg, den Nieder- Norwegen, Polen, Russland, der Slowakei, einem Seminar der TU Berlin die Gedenk- landen und Russland, aber auch aus Bra- Spanien und der Ukraine beantwortet. stätte Lager Sandbostel, um sich in einem silien, Israel, Neuseeland und den USA. Im Januar besuchte eine 25-köpfige Studientag über die Gedenkstättenkon- Begonnen wurde eine bereits 2009 Delegation des niederländischen Herin- zeption und den Umgang mit den viel- vereinbarte Kooperation mit der Hein- neringscentrum Kamp Westerbork die fältigen einander durchdringenden Zeit- rich-Behnken-Schule aus Selsingen. Gedenkstätte. Vorausgegangen war 2009 und Nutzungsschichten zu informieren. Schüler der 9. Klasse des Hauptschul- eine Studie der Amsterdamer Kulturwis- zweiges absolvieren seit Februar 2010 senschaftlerin Lieselotte Neervoort zu Vorträge und Veröffentlichungen ihren vierstündigen wöchentlichen Be- den ehemaligen Unterkunftsbaracken. Im triebs- und Praxistag in der Gedenkstätte diesjährigen Anschlussbesuch informier- Im Rahmen der von der Interessenge- Lager Sandbostel und helfen mit prakti- te sich der Vorstand der das Herinnering- meinschaft niedersächsischer Gedenkstät- schen Tätigkeiten beim Aufbau der Gedenk- scentrum tragenden Stiftung ausführlich ten ausgerichteten Tagung „Begegnungen stätte. über die Ansätze der Gedenkstätte Lager mit Menschen und Tatorten 1933 –1945“ in Ende des Jahres sagte das niedersäch- Sandbostel. Papenburg am 21. Februar hielt Andreas sische Kultusministerium zu, ab 2011 eine Anfang April besuchte der österreichi- Ehresmann einen Vortrag über Wiktor Pädagogin mit einer vollen Stelle an die sche Architekturhistoriker Ralph Gabriel die Tschukarin, den sowjetischen Kriegsge- Gedenkstätte Lager Sandbostel abzuord- Gedenkstätte. Im Rahmen des Forschungs- fangenen im Stalag X B und späteren siebenfachen Olympiasieger im Kunst- Ende 2010 erschienen in den „Beiträ- Ehresmann und Klaus Volland verfassten 101 turnen. gen zur Geschichte der nationalsozialisti- Anhang erweiterten Auflage. Am 24. Februar hielt Dr. Klaus Volland schen Verfolgung in Norddeutschland“ bei der Eröffnungsveranstaltung zur Aus- (Heft 12: Zwischenräume. Displaced Per- stellung „In deutschem Gewahrsam“, sons, Internierte und Flüchtlinge in ehe- des Vereins KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V., maligen Konzentrationslagern 1945–1953. in Bremen den Vortrag „Das Schicksal Bremen 2010) ein Beitrag von Henrike der sowjetischen Kriegsgefangenen im Illig: „Die Befreiung des Kriegsgefange- Lager Sandbostel“. nen- und KZ-Auffanglagers Sandbostel Am 19. April waren der Vorsitzende der und der Umgang der britischen Befreier Stiftung Lager Sandbostel, Karl-Heinz Buck mit der deutschen Bevölkerung“ und ein und der Projektkoordinator der Stiftung, Beitrag von Andreas Ehresmann: „Die Andreas Ehresmann, vom Bundesbeauf- frühe Nachkriegsnutzung des Kriegsge- tragten der Bundesregierung für Kultur fangenen- und KZ-Auffanglagers Sand- und Medien, Dr. Bernd Neumann, zu einem bostel unter besonderer Betrachtung des Treffen in das Bundeskanzleramt in Ber- britischen No. 2 Civil Internment Camp lin eingeladen. An dem Treffen nahmen Sandbostel“. neben dem BKM Neumann und Vertre- Das Tagebuch des ehemaligen belgi- tern zweier weiterer regionaler Gedenk- schen Kriegsgefangenen Roger Cottyn Andreas Ehresmann, stätten auch die Holocaust-Überlebenden („Sechzig Monate in deutscher Kriegs- Projektkoordinator Stiftung Lager und Repräsentanten der internationalen gefangenschaft, 28. Mai 1940–23. Mai Sandbostel KZ-Lagerkomitees teil: Sam Bloch (New 1945“) wurde aufgrund der unverändert Leiter Gedenkstätte Lager Sandbostel York, Präsident der World Federation of großen Nachfrage in der vierten Auflage Bergen-Belsen), Dr. h.c. Max Mannheimer veröffentlicht. Greftstraße 5 (München, Vizepräsident des Comité Auch das Standardwerk von Werner D – 27446 Sandbostel International de Dachau), Dr. Annette Borgsen und Klaus Volland: „Stalag X B Tel.: +49 (0) 4764 – 81 05 20 Chalut (Paris, Präsidentin des Comité Sandbostel. Zur Geschichte eines Kriegs- Fax: +49 (0) 4764 – 81 05 21 International de Ravensbrück) und Roger gefangenen- und KZ-Auffanglagers in eMail: a.ehresmann@stiftung- Bordage (Frankreich, Präsident des Inter- Norddeutschland 1939-1945“ erschien in lager-sandbostel.de nationalen Sachsenhausen Komitees). der vierten und um einen von Andreas www.stiftung-lager-sandbostel.de Impressum

102 Herausgeber Konzept und Redaktion Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Monika Gödecke, Habbo Knoch Im Güldenen Winkel 8 D – 29223 Celle Mitarbeit Tel.: +49 (0) 5141 – 933 55-11 Sabine Bergmann, Stephanie Billib, Fax: +49 (0) 5141 – 933 55-33 Marlis Buchholz, Marc Ellinghaus, www.stiftung-ng.de Monika Gödecke, Diana Gring, [email protected] Bernd Horstmann, Arnold Jürgens, Rolf Keller, Wilfried Knauer, Celle 2011 Thomas Rahe, Carola Rudnick, Heike Rudolph, Martin Schellenberg, Martina Staats, Klaus Tätzler, Katrin Unger, Markus Weber, Christian Wolpers, Hartmut Ziesing

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Bildrechte Soweit nicht anders angegeben, liegen die Bildrechte bei der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten.

Gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Jahresbericht 2010 Jahresbericht 2010 Jahresbericht

Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

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