Parteipolitische Handlungsfelder«

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Parteipolitische Handlungsfelder« »Partei ­Politische Handlungsfelder« Gisela Notz Frauen im Dienst der Partei Sozialdemokratinnen im Parlamentarischen Rat und im Deutschen Bundestag Im Rahmen eines Forschungsprojekts in der Der zweite Band porträtiert Elfriede Eilers Abteilung Sozial- und Zeitgeschichte im His- (Bielefeld), Ilse Elsner, Inge Kleinert, Ursula torischen Forschungszentrum der Friedrich- Krips, Brigitte Freyh, Edith Krappe, Dora Lösche, Ebert-Stiftung in Bonn erschien im Mai 2003 Hedwig Meermann, Hildegard Schimschok das Buch »Frauen in der Mannschaft – Sozial- (Dortmund), Elfriede Seppi ( Düsseldorf), Helene demokratinnen im Parlamentarischen Rat und Wessel (Bonn) und Else Zimmermann (Bielefeld). im Deutschen Bundestag 1948/49–1957« mit Im Mittelpunkt der beiden Bände stehen die 26 Portraits von allen SPD-Frauen aus diesen Porträts der SPD-Politikerinnen im Parlamenta- Gremien.1 Im April 2007 kam der zweite Band rischen Rat und im Deutschen Bundestag. Der »Mehr als bunte Tupfen im Bonner Männer- Schwerpunkt liegt auf ihrem Leben und Arbeiten club – Sozialdemokratinnen im Deutschen Bun- in den Nachkriegsjahren (1956–1957) und in den destag 1957–1969« mit zwölf weiteren Porträts späten 1950er und 1960er Jahren mit der Zeit der neu hinzugekommenen Parlamentarierinnen der Großen Koalition (1957–1969). Die Porträts heraus.2 Eine solche Gesamtsicht existierte bis- der Frauen fokussieren ein Stück Zeitgeschichte. her nicht. Die dargestellten Frauen im ersten Alle Lebensläufe sind vergleichbar gegliedert: Band sind die beiden »Mütter des Grundgeset- Sie beginnen bei der Kindheit und Jugend, set- zes«:3 Frieda Nadig (Bielefeld) und Dr. Elisabeth zen mit der ersten politischen Arbeit und dem Selbert sowie die SPD-Bundestagsabgeordneten Leben im Nationalsozialismus fort, beschreiben Luise Albertz (Oberbürgermeisterin in Oberhau- die Rolle im politischen und gesellschaftlichen sen), Lisa Albrecht, Maria Ansorge (zuletzt Mit- Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg glied des Rates der Stadt Marl), Franziska Ben- und – als Hauptanliegen – die Arbeit im Parla- nemann, Margarete Berger-Heise (Köln), Clara mentarischen Rat und im Deutschen Bundestag Döhring, Luise Herklotz, Dr. Elinor Hubert, Irma und die Erfolge und Misserfolge, die im Rah- Keilhack, Alma Kettig (Witten und Wuppertal), men der Parteiarbeit verbucht werden konnten. Liesel Kipp-Kaule (Bielefeld), Lisa Korspeter, Abschließend wird die Weiterarbeit nach dem Lucie Kurlbaum-Beyer, Gertrud Lockmann, Anni Ausscheiden aus dem Parlament beschrieben. Mellies (zuletzt SPD Bonn, beigesetzt in Pivits- Für die Erstellung der beiden Bände wurde heide im Kreis Detmold), Trudel Meyer (Dort- mit einem Methodenmix gearbeitet, das heißt, mund), Emmy Meyer-Laule, Luise Peter (Bonn), es wurden sowohl biographische, themenzent- Dr. h. c. Annemarie Renger, Margarete Rudoll rierte Interviews mit den noch lebenden ehema- (Essen), Marta Schanzenbach, Louise Schroeder, ligen Abgeordneten und anderen Zeitzeuginnen Käte Strobel und Jeanette Wolff (Bocholt/Dort- und Zeitzeugen geführt als auch vorhandenes mund, später Berlin). Archivmaterial, Manuskripte mit Lebenserinne- 155 Quelle: Internet-Portal "Westfälische Geschichte" / http://www.westfaelische-geschichte.de/web920 rungen, Photos, Lebensläufe, Autobiographien Aufbauarbeit, nicht nur in der Partei, auch in und Biographien, Zeitungs- und Zeitschriftenaus- der Arbeiterwohlfahrt und manche bei den Frei- schnitte und biographische und zeitgenössische denkern. Die Sozialdemokratinnen wollten mit Sekundärliteratur sowie vorhandene Nachlässe den männlichen Genossen Schulter an Schulter ausgewertet. Aufgrund der Heterogenität des dafür arbeiten, ein sozialistisches und demo- Materials und des unterschiedlichen Bekannt- kratisches Deutschland aufzubauen, in dem heitsgrads der Politikerinnen erwies sich die Unrecht, Faschismus und Krieg für immer der Quellensuche als kompliziert und langwierig. Boden entzogen wird.5 Dazu gehörte auch die Gleichberechtigung der Geschlechter. In dieser Frage konnte die Partei auf eine lange Tradition 1. »Ihr seid der Machtfaktor« verweisen. Schließlich war sie auch die einzige Partei, die in Deutschland bis 1919 den Kampf Die Biographien zeigen sowohl Frauen, die um das Frauenwahlrecht unterstützte.6 Widerstandsarbeit geleistet haben und Ver- Wie alle anderen Parteien, die sich nach dem folgungen ausgesetzt waren, als auch solche, Zweiten Weltkrieg (wieder-)gegründet hatten, die den inneren Rückzug angetreten haben, hatte auch die SPD ein großes Interesse daran, oder deren Verhalten im Nationalsozialismus Frauen als Mitarbeiterinnen und Wählerinnen umstritten war, weil sie Anpassungsleistungen für sich zu gewinnen. Nach der Wiedergründung vollzogen haben. Faszination für das NS-Regime der SPD im Jahre 1946 waren nur 15,4 Prozent hatte keine der in die Untersuchung einbezoge- der Parteimitglieder weiblich.7 Die SPD hatte nen Frauen entwickelt. Einige der Frauen betei- allen Grund, um die Gunst der Frauen zu wer- ligten sich sowohl in den schnell gegründeten ben, denn diese Minderheit in der Partei stand überparteilichen Frauenausschüssen als auch 1946 einem »Frauenüberschuss« in der Bevöl- am (Wieder)Aufbau der Sozialdemokratischen kerung von rund sieben Millionen gegenüber. Partei. Zunächst arbeiteten einige in überpar- Frauen hatten ohne Zweifel durch ihre Stimmen teilichen Frauenausschüssen, wie sie in allen »ein gewisses politisches Übergewicht«8, wie größeren Städten entstanden, mit Frauen aus dies 1946 die spätere SPD-Gesundheitsministe- anderen Parteien und solchen, die sich nicht in rin formulierte. Frauen waren ein Machtfaktor. Parteien zusammengeschlossen hatten, gemein- Der Parteivorsitzende Kurt Schumacher schob sam am Überleben in einem demokratischen, den Frauen selbst die Schuld zu, wenn sie die antifaschistischen Deutschland. Bald waren die Gunst der Stunde nicht nutzten, indem er sie Ausschüsse den sich wieder formierenden Par- beschwor: »Ihr seid, wenn Ihr wollt, diejenigen, teien – dazu gehörte auch die SPD – ein Dorn die alle Arbeit in der Partei machen könnt, Ihr im Auge. Sie argumentierten damit, dass es seid der Machtfaktor.«9 Doch weder die Gunst darauf ankomme, Frauen zu politisieren, damit der einflussreichen Männer, zu denen auch der sie sich den Parteien anschlössen und sich dort zweite Vorsitzende Erich Ollenhauer gehörte, einbrächten. Die SPD lehne »Sonderorganisa- der »die gleichberechtigte Einbeziehung der tionen« ab. Bald gab es Unvereinbarkeitsbe- Frau in das gesamte öffentliche Leben … als schlüsse; einige Genossinnen setzten sich aller- sozialistische Verpflichtung für die Befreiung dings darüber hinweg.4 des Menschen und des Menschlichen« postu- Die wenigen Frauen, die nach dem Ende des lierte, noch das zahlenmäßige Übergewicht von Zweiten Weltkrieges (partei-)politisch aktiv sein Frauen in der Bevölkerung verhalf den aktiven konnten, machten sich sofort an die politische SPD-Frauen dazu, mehr Einfluss auf politische 156 Quelle: Internet-Portal "Westfälische Geschichte" / http://www.westfaelische-geschichte.de/web920 Entscheidungsprozesse in der Partei zu erlan- breiten Öffentlichkeitskampagne bundesweiten gen. In den meisten Macht- und Entscheidungs- Protest von parlamentarisch, gewerkschaftlich positionen saßen, wie in den anderen Parteien und außerparlamentarisch aktiven Frauen zu auch, ausschließlich wieder Männer. Das spie- mobilisieren und die eindeutige Formulierung gelte sich auch in der Zusammensetzung der – »Männer und Frauen sind gleichberechtigt« im von den Parteien durch die Länderparlamente Grundgesetz durchzusetzen.13 Elisabeth Selbert gewählten – Mitglieder des Parlamentarischen war bereits durch ihre frühere politische Arbeit Rats wieder, der sich im September 1948 kon- gewohnt, Menschen zu mobilisieren, dennoch stituierte, um die neue Verfassung für die Bun- ist ihre ungeheure Energie bewundernswert, desrepublik Deutschland zu erarbeiten und zu mit der sie es in dieser Angelegenheit tat. Der beschließen. Von den 27 Mandaten, die die SPD in der Geschichte einmalige Erfolg der Zusam- zu vergeben hatte, nahmen 25 Männer und nur menarbeit von Parlamentarierinnen und außer- zwei Frauen Sitze wahr.10 parlamentarisch agierenden Frauen kann nicht geschmälert werden. Auch wenn in anderen Arbeiten die überparteiliche Aktion abgewertet 2. Sozialdemokratinnen wurde, weil sich beim »größten Teil der Einga- im Parlamentarischen Rat ben eine überproportionale Beteiligung von Sozialdemokratinnen nachweisen lässt« und Elisabeth Selbert (Juristin) und Frieda Nadig zudem »viele Kommunistinnen« am Protest (Wohlfahrtspflegerin), die beiden SPD-Vertrete- beteiligt waren.14 Auch die Tatsache, dass in der rinnen im Parlamentarischen Rat, mussten bei künftigen DDR bereits der Passus »Männer und den Verhandlungen feststellen, wie schwierig es Frauen sind gleichberechtigt« in Bezug auf die immer noch war, gleiche Rechte für Frauen und DDR-Verfassung diskutiert wurde, ändert nichts. Männer verbindlich durchzusetzen. Schließlich Den Sieg am 18. Januar 1949, als der Hauptaus- hatten sie sich gegen 61 Männer aus allen Par- schuss zum dritten Mal über den Gleichberechti- teien und auch gegen die beiden Frauen aus den gungsartikel beriet und den von ihr formulierten konservativen Parteien durchzusetzen. Helene Satz »Männer und Frauen sind gleichberechtigt« Wessel (Zentrum) und Helene Weber (CDU) einstimmig annahm, beschrieb Elisabeth Selbert waren keine Stütze, weil sie auf keinen Fall eine, später als »Sternstunde« ihres Lebens.15 Schließ- wie sie es nannten, »schematische« Gleichstel- lich war der Gleichheitsgrundsatz
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