Die Neue Synagoge in Ulm (2012) (PDF)
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Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm e. V. – KZ-Gedenkstätte – Mitteilungen Heft 57 / November 2012 Die neue Synagoge in Ulm Jüdisches Leben in Württemberg heute Architektur als Gesellschaftsspiegel Die Geschichte der Familie Mann-Serkey Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte · So., 18. November 2012 · 11 Uhr Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte Vorwort für den Widerstand von 1933 bis 1945 und die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Sonntag, 18. November 2012, 11 Uhr Mehr als „eine Hand voll Staub“ Liebe Leserinnen und Leser, Erinnerung an Lina Haag (1907-2012) Wenn am 2. Dezember die neue Synagoge in Ulm einge- Mit Dr. Barbara Distel, Dr. Silvester Lechner, weiht wird, bedeutet dies die Rückkehr jüdischen Lebens Susanne und Franziska Seßler und in das Stadtbild - als sichtbarer Ausdruck einer lebendigen der Schauspielerin Svenja Dobberstein jüdischen Gemeinde. Dieser symbolträchtige Akt bestimmt auch das Schwerpunktthema dieser Mitteilungen. Ziel ist Ab 12.30 Uhr: Führung durch die Gedenkstätte es dieses großartige Ereignis in einen inhaltlichen Rahmen zu stellen, der Gegenwart und Geschichte jüdischen Lebens in der Region neu ausleuchtet. Inhalt Barbara Traub (Vorsitzende der Israelitischen Religions- gemeinschaft Württemberg) gibt im Interview einen Vorwort 2 Überblick über die aktuelle Situation jüdischen Lebens in Württemberg. Sie geht dabei auf die innere Dynamik Interview mit Barbara Traub 3 ebenso ein wie auf das Verhältnis zur Mehrheitsgesell- Die neue Ulmer Synagoge 5 schaft. Was Synagogenarchitektur über dieses Verhältnis aussagt und wie sie jüdisches Selbstverständnis im Ausstellung im Ulmer Museum 7 Wandel von 1945 bis zur Gegenwart spiegelt, illustriert der Geschichte der Familie Mann-Serkey 8 Architekturhistoriker Ulrich Knufinke auch am Ulmer Bei- spiel. Mehr zur Ulmer Synagoge lässt sich in einer eben- Impressum 10 falls am 2. Dezember eröffneten Ausstellung im Ulmer Museum erfahren, deren Inhalte und Begleitprogramm in Die mittelalterliche jüdische Gemeinde in Ulm 12 diesem Heft vorgestellt werden. Die Ausstellung widmet NPD-Kundgebung verhindert 13 sich u. a. der Ulmer Jüdischen Gemeinde im Mittelalter, über die der Historiker Christian Scholl in seiner Promotion Rechtspopulismus in Europa 13 neue Erkenntnisse gewann. Er stellt in diesem Heft wich- tige Thesen und Ergebnisse seiner Arbeit vor. Aufruf an unsere Leser: „Erinnern in Ulm“ 15 Fotosammlung des DZOK wird digitalisiert 16 Zur Eröffnung der neuen Synagoge werden u. a. zwanzig hochbetagte Ehrengäste mit ihren Angehörigen erwartet. Die neue Freiweillige am Doku-Zentrum 17 Sie haben in den 1930er Jahren als Ulmer Juden Verfol- gung und Vernichtungswillen der Nazis durch Flucht über- Annette Meyer zu Bexten als Guide am DZOK 18 lebt und in der Emigration ein neues Leben aufgebaut. Ihr Webmaster gesucht, Leserbriefe 19 Besuch auf Einladung der Stadt Ulm ist ein Zeichen des über Jahrzehnte neu gewachsenen Vertrauens und der Exkursion der PH Ludwigsburg zur Gedenkstätte 20 Verbundenheit mit der Stadt. Es liegt in unserer Verant- wortung, nicht zu vergessen, was diese Menschen hatten Nachrufe: Lina Haag, Katrin Seybold 21 aufgeben müssen und verloren haben, unter welchen Rückblick 2012 23 Bedingungen sie flohen und wie groß die Mühen des Neu- beginns waren. Beispielhaft hierfür werde ich die Fami- Neues in Kürze 26 liengeschichte Mann-Serkey vorstellen, die dank eines Besuchs von Richard Serkey im Dokumentationszentrum Neue Bücher 30 Oberer Kuhberg (DZOK) neu erzählt werden kann. Die Veröffentlichungen des DZOK 34 Urenkelin von Siegfried und Fanny Mann wird bei der Eröffnung der Synagoge dabei sein. Wir freuen uns auf DZOK-Veranstaltungen Sommer/Herbst 2012 35 sie und die übrigen Gäste, auf die Gespräche und Begeg- nungen mit ihnen! Förderer dieser Nummer 36 Beitrittserklärung 36 Im zweiten Teil des Mitteilungsblatts steht wieder unsere praktische Arbeit im Vordergrund. Wir berichten über Titelbild: Blick auf die neue Ulmer Synagoge mit dem nach Südosten Veranstaltungen wie den Vortrag des Politologen Prof. ausgerichteten Jerusalem-Fenster. Foto: R. Semmler, A-DZOK Butterwegge zum Rechtspopulismus, die verhinderte NPD-Kundgebung und die Exkursion der PH Ludwigsburg in die KZ-Gedenkstätte mit dem Dozenten Holger Viereck. Wir rufen unsere Leser auf, uns für unser geplantes Ausstellungsprojekt „Erinnern in Ulm“ Quellen zu über- Zum Schluss möchte ich Sie hiermit noch einmal persön- geben, sind auf der Suche nach einem neuen Webmaster lich zu unserer Gedenkveranstaltung am Sonntag, den und berichten über die Arbeiten an der Fotosammlung 18. November einladen, die in diesem Jahr Lina Haag des DZOK. Als neue Mitarbeiterinnen stellen sich The- gewidmet ist. Mit den besten Wünschen für Weihnachten resa Rodewald und Annette Meyer zu Bexten vor. In und das neue Jahr 2013 grüßt Sie herzlich. unseren Nachrufen würdigt Silvester Lechner Lina Haag (1907 - 2012) und Katrin Seybold (1943 - 2012). Nicola Wenge 2 DZOK-Mitteilungen Heft 57, 2012 3 Im Interview: Barbara Traub, Sprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg Die ersten Früchte werden reif Barbara Traub, aus Wien stam- anderer Gruppen begannen sich im Phase Verantwortung für unsere mende Psychotherapeutin, ist seit Laufe der Zeit in Clubs zusammen- Gemeinde übernehmen zu dürfen. 2002 Erste Vorstandssprecherin zufinden, die das Gemeindeleben der Israelitischen Religionsge- auch heute noch aktiv mitgestalten. Wo steht die Gemeinde heute: meinschaft Württemberg (IRGW). Da die Zuwanderer flächendeckend Was sind die zentralen positiven Im Interview mit Nicola Wenge über ganz Württemberg verstreut Momente der Gegenwart? Wo berichtet sie über die jüngere wurden, gründeten wir später liegen Schwierigkeiten und Her- Entwicklung jüdischen Lebens in Zweigstellen u. a. in Ulm, Heilbronn, ausforderungen für Gegenwart Baden-Württemberg, das Ernten Reutlingen, Heidenheim, Hechingen und Zukunft? erster Früchte, den offenen und und Weingarten. 2005 folgte in Ulm Was die IRGW wirklich auszeichnet latenten Antisemitismus und die Einrichtung einer jüdischen Kin- ist der Aufbruch an allen Ecken und warum Judentum heute so span- dergartengruppe sowie drei Jahre Enden. In unserer Gemeinde ist eine nend ist wie selten zuvor. später die Wiedereröffnung der Dynamik vorzufinden, wie man sie in Jüdischen Grundschule Stuttgart. anderen Gemeinden selten findet. In Anfang dieses Jahres konnten wir Esslingen haben sich die Menschen dann die Räume der ehemaligen Ess- zusammengefunden, um das dor- linger Synagoge übernehmen und im tige Gemeindezentrum mit Leben Dezember 2012 steht die Eröffnung zu füllen und in Stuttgart steht der des Ulmer Synagogenneubaus an. Ausbau von Kindertagesstätte und Dabei war jeder dieser Schritte für Grundschule an. Es hat sich eine libe- uns Neuland und stellte uns vor ganz rale Gruppe gebildet und das Jüdi- neue Herausforderungen. sche Kammerorchester der IRGW wurde dieses Jahr wiedergegründet. Interessant ist im Übrigen, dass viele Zudem beginnen wir langsam die Entwicklungen, die zwar mit der Früchte der Integrationsarbeit zu Zuwanderung erst möglich wurden, ernten: immer mehr ehemalige sich letztlich erst in den vergangenen Zuwanderer sind integriert, betei- Jahren realisieren ließen. Man kann ligen sich in der Gemeinde, stellen also mit Fug und Recht sagen kann, sich für Ämter zur Verfügung oder dass das Judentum aktuell so span- engagieren sich ehrenamtlich. nend ist wie selten zuvor! Allerdings haben das Wachstum, die Umwälzungen und Veränderungen Was bewegt Sie persönlich, sich auch ihre Schwierigkeiten mit sich so aktiv in die Gestaltung der gebracht. Hier gilt es die Strukturen Barbara Traub, M.A. Foto: IRGW Gemeindearbeit einzubringen? zu entwickeln, wo diese in ihrer Ent- Ich erinnere mich noch gut, als mein wicklung nicht mitgehalten haben; an Mann seine Antrittsvorlesung an der anderer Stelle gilt es Entstandenes Frau Traub, Sie leben seit 1992 in Universität Stuttgart hielt. Als seine zu konsolidieren. Man darf nicht Stuttgart, wo Sie die Entwicklung Gattin erhielt ich ein Buch über jüdi- vergessen, dass die IRGW in den jüdischen Lebens in Württemberg sche Friedhöfe überreicht. Seither vergangenen 20 Jahren ihre Mitglie- miterlebt und seit 2002 als Vor- ist in mir der Wunsch sehr präsent, derzahl immerhin verviereinhalbfacht standssprecherin der IRGW auch dass man jüdische Gemeinden nicht hat. Das sind Dimensionen, bei aktiv mitgestaltet haben: Was sind nur über Friedhöfe oder Gedenktage denen man in der freien Wirtschaft aus Ihrer Sicht die wichtigsten wahrnimmt. respektvoll von einem „wachstums- Wegmarken der vergangenen Darüber hinaus ist das natürlich eine starken Unternehmen“ sprechen zwanzig Jahre? emotionale Sache. In der Gemeinde würde, wohlwissend um die Arbeit, Wenn man sich den Prozess der Ent- gehört man zusammen und dieses die dahinter steckt. wicklung unserer Gemeinde in den Zusammengehörigkeitsgefühl ist die letzten 20 Jahren vor Augen führt, Triebfeder, sich für die Gemeinde Jüdisches Leben in Württemberg dann ist das mit vielen eindrückli- einzusetzen. Das trifft sicherlich im 21. Jahrhundert ist politisch, chen Erinnerungen verbunden. Ich nicht nur für mich zu, sondern für kulturell und religiös sehr hete- erinnere mich noch genau an die die meisten unserer mehr als 150 rogen. Die IRGW – auch die Ulmer erwartungsvolle Spannung in der Ehrenamtlichen. Man kennt sich und Filialgemeinde – ist orthodox Gemeinde, als seinerzeit die erste eine jüdische Gemeinde ist diesbe- geprägt. Wie finden liberalere Zuwanderergruppe im Wohnheim züglich