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FILMWERKSTATT Neben den Filmreihen des Zeughauskinos bietet das Deutsche Historische Museum seit geraumer Zeit die Gelegenheit, Film- und Zeitgeschichte im Rah- men sogenannter Filmwerkstätten zu studieren. Das filmpädagogische Ange- bot richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 bis 13, die sowohl filmanalytisch als auch an Ausstellungsexponaten arbeiten möch- ten. So setzt sich beispielsweise die sechsstündige Filmwerkstatt Triumph des Willens und das Kino im Nationalsozialismus, die in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv stattfindet, mit Leni Reifenstahls Film und den Zielen und Strategien des NS-Regimes auseinander. Die Schülerinnen und Schüler sichten Triumph des Willens und analysieren anschließend in längeren Grup- penarbeitsphasen ausgewählte Filmsequenzen sowie Exponate der Ständigen Ausstellung. Sie informieren sich über Führerbilder und Führererwartungen, studieren Rollen- und Körperbilder, analysieren Erscheinungsformen der Uni- formierung und Militarisierung, ehe ihre Arbeitsergebnisse im Plenum vorge- stellt und diskutiert werden. Die Frage eines verantwortungsbewussten Umgangs mit dem Erbe des Nationalsozialismus spielt dabei eine wesentliche Rolle. Eine Buchung der Filmwerkstatt ist unter der Rufnummer 030 / 20 30 47 51 möglich. Wir freuen uns auf Ihren Anruf. Ihr Zeughauskino

KENNEN SIE KIELING? »Kannten Sie Kieling?« – »Ja. Flüchtig.« So soll ein Witz gelautet haben, der 1970 bei der DEFA kursierte. Zweimal hielt sich der am 16. März 1924 in -Neukölln geborene Schauspieler Wolfgang Kieling für längere Zeit in der DDR und bei der DEFA auf: 1954-1956 und 1968-1970 – jeweils aus anderen Gründen, aber jeweils auch mit künstlerisch herausragenden Ergebnissen. Die von Ralf Schenk kuratierte Filmreihe KENNEN SIE KIELING? erinnert an die grandiose Schauspielkunst Wolfgang Kielings und zieht einen Längsschnitt durch die deutsche Film- und Zeitgeschichte. Bereits

2 1930 trat Kieling als Sechsjähriger in einer Rundfunk-Kinderserie auf. Als Neunjähriger synchronisierte er französische und US-amerikanische Filme. Wolfgang Kieling spielte im Kino des »Dritten Reichs«, der DDR und der BRD, einmal auch in Hollywood – ausgerechnet in der Rolle eines Stasi-Agenten. Er arbeitete unter so verschiedenen Regisseuren wie Veit Harlan und Wolf- gang Staudte, Fritz Kortner und , Frank Beyer und Egon Günther. Kieling drehte Kunst- und Genrefilme, hatte keine Berührungs- ängste mit Komödien, Klamotten oder Krimis. Und er war immer präsent: Seine Anwesenheit adelte nahezu jeden Film, in dem er zu sehen war. Die Filmreihe KENNEN SIE KIELING? wird von der DEFA-Stiftung gefördert.

FILM POLSKA: DEKALOG Die Ausrufung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 zerschlägt in Polen abrupt die edlen Hoffnungen auf eine neue polnische Gesellschaft. Soldaten und Polizisten bestimmen mit einem Mal das Straßenbild, die wirtschaftliche Kraft versiegt und ein moralischer Katzenjammer setzt ein. Polen trägt in den 1980er Jahren die Symptome eines Post-Solidarność-Traumas. In dieser Zeit kommen Krzysztof Kieślowski, ein Mitbegründer des »Kinos der moralischen Unruhe«, und der Rechtsanwalt Krzysztof Piesiewicz auf den sonderbaren Gedanken, den Dekalog – den Basisverhaltenskodex der jüdischen Religion und des christlichen Glaubens – filmisch umzusetzen. Die zunächst absurd erscheinende Idee wird zu einem spektakulären internationalen Erfolg.

WELTRAUMKINO EINE RETROSPEKTIVE Anlässlich des 50. Jubiläums des ersten bemannten Weltraumfluges prä- sentiert die Retrospektive WELTRAUMKINO eine Geschichte des Science- Fict­ion-Films. In ihrem Mittelpunkt stehen phantastische Visionen der Hand- lungssphäre Weltraum: Eroberungen des Kosmos, die Entdeckung extrater-

3 restrischer Welten und die Begegnung mit fremden Zivilisationen in fernen Galaxien. Doch auch ihr komplementäres Motiv – die Landung der Außerir- dischen auf der Erde und deren Eindringen in »unsere« Zivilisation – prägt eine zweite, kleinere Gruppe der für die Retrospektive ausgewählten Filme. Seit den frühen 1950er Jahren ein eigenständiges Genre und bis heute von einer anhaltenden Vitalität und Popularität, ist der Science-Fiction-Film ein kaum fassbares Genre geblieben: mitunter philosophischen Reflexionen nicht abgeneigt, zeitweise von einem schier grenzenlosen Fortschrittsglau- ben beseelt, doch immer häufiger auch von skeptischen Zukunftsvisionen durchzogen. Unabhängig von solchen, je unterschiedlichen Konfigurationen von Expansion oder Invasion, Utopie oder Dystopie hat kein anderes Medi- um unsere Vorstellungen von Weltall, außerirdischem Leben und zukünfti- gen Erfahrungsräumen so nachhaltig geprägt wie das Kino. Die umfassende Retrospektive spiegelt das Weltraumkino in seiner ganzen Bandbreite, legt dabei jedoch einen Schwerpunkt auf die Filme der 1950er bis 1970er Jahre. Eine Retrospektive in Zusammenarbeit mit der Emmy Noether-Forscher- gruppe »Die Zukunft in den Sternen: Europäischer Astrofuturismus und außerirdisches Leben im 20. Jahrhundert« der Freien Universität Berlin.

ORDNUNG UND VERNICHTUNG Die Polizei war ein zentrales Herrschaftsinstrument des NS-Regimes. Nicht nur die Gestapo, sondern auch alle anderen Sparten der deutschen Polizei waren am Terror gegen die politischen und weltanschaulichen Gegner der Nationalsozialisten beteiligt, zunächst im Inneren des Deutschen Reiches und seit Kriegsbeginn 1939 schließlich in allen von der Wehrmacht erober- ten Gebieten. Mehrheitlich in der Weimarer Republik sozialisiert und ausge- bildet, beteiligten sich deutsche Polizisten massenhaft an Verbrechen. Nur wenige mussten sich nach 1945 vor Gericht verantworten. Viele konnten in der Bundesrepublik ihre Karrieren im Polizeidienst fortsetzen. Ab dem 1. April ist im Deutschen Historischen Museum die Ausstellung ORDNUNG UND VERNICHTUNG – DIE POLIZEI IM NS-STAAT zu erleben, die das Zeug- hauskino mit einer Filmreihe begleitet. Neben Dokumentarfilmen, die vor allem die verschlungenen Lebenswege ehemaliger Polizeibeamter erfor- schen, steht mit drei Spielfilmen aus der Zeit des »Dritten Reichs« auch die Funktion des Kriminalfilms im NS-Staat zur Diskussion.

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET In acht Filmprogrammen unternimmt KUNST DES DOKUMENTS –TIBET eine dokumentarische Spurensuche durch den tibetischen Kulturraum. Dabei sind sowohl europäische wie auch asiatische Perspektiven vertreten: rare, frühe Aufnahmen aus den 1920er bis 1950er Jahren, die auf den For- schungsexpeditionen deutscher und britischer Wissenschaftler entstanden sind, und die Arbeiten tibetischer und indischer Filmemacher, die die kultu- rellen, gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen der Gegenwart dokumentieren. KUNST DES DOKUMENTS –TIBET stellt dem zeitgenössi- schen Interesse an Tibet die vergessene Geschichte seiner westlichen Deu- tungen an die Seite. Die von Jan Henselder kuratierte Filmreihe wird von einer Ausstellung im Foyer des Zeughauskinos begleitet.

4 FILM POLSKA: DEKALOG Die Ausrufung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 zerschlägt in Polen abrupt die edlen Hoffnungen auf eine neue polnische Gesell- schaft. Soldaten und Polizisten bestimmen mit einem Mal das Stra- ßenbild, die wirtschaftliche Kraft versiegt und ein moralischer Kat- zenjammer setzt ein. Polen trägt in den 1980er Jahren die Symptome eines Post-Solidarność-Traumas. In dieser Zeit kommen Krzysztof Kieślowski, ein Mitbegründer des »Kinos der moralischen Unruhe«, und der Rechtsanwalt Krzysztof Piesiewicz auf den sonderbaren Gedanken, den Dekalog – den Basisverhaltenskodex der jüdischen Religion und des christlichen Glaubens – filmisch umzusetzen. Die zunächst absurd erscheinende Idee wird zu einem spektakulären internationalen Erfolg.

Dekalog, Dwa FILM POLSKA: DEKALOG

5 FILM POLSKA: DEKALOG

Dekalog, Jeden Dekalog, Eins PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Wiesław Zdort, M: Zbigniew Preisner, D: Henryk Baranowski, Wojciech Klata, Maja Komorowska, Artur Barciś, 53’ | 35 mm, OmeU

»Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Du sollst keinen Götzen dienen. Du sollst Dir kein Gottesbild machen.« Der etwa dreizehnjährige Pawel lebt mit seinen Eltern in einem tristen Neubau- viertel. Weihnachten steht vor der Tür. Sein Vater ist Wissenschaftler, von der Computertechnologie überzeugt. Mithilfe meteorologischer Daten berechnen Vater und Sohn die Dicke des Eises auf dem Teich in der Nachbarschaft. Sie glauben beweisen zu können, dass das Eis das Mehrfache von Pawels Körper- gewicht zu tragen vermag. Am nächsten Tag kommt Pawel nicht aus der Schu- le zurück... Dekalog, Jeden reduziert den Computer keineswegs zum Sinnbild eines neuen Götzendienstes, vielmehr stellt er elementare Fragen, die sich aus dem Spannungsfeld von Glauben und Wissenschaft ergeben. (cl)

Dekalog, Dwa Dekalog, Zwei PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Edward Kłosiński, M: Zbigniew Preisner, D: Krystyna Janda, Aleksander Bardini, Olgierd Łukaszewicz, Artur Barciś, 58’ | 35 mm, OmeU

»Du sollst den Namen deines Herrn nicht missbrauchen.« Dorata, Violinistin in einem Sinfonieorchester, steht zwischen zwei Männern. Während ihr Ehe- mann, schwer an Krebs erkrankt, dem Tod entgegen sieht, erwartet sie von ihrem Geliebten ein Kind. Kategorisch fordert sie vom behandelnden Arzt eine Aussage darüber ein, ob ihr Mann überleben wird oder nicht: Wenn ja, will sie das Kind abtreiben lassen, wenn nicht, will sie es austragen und mit ihrem Freund in den Westen gehen. Der Arzt verweigert sich jedoch einer verbindlichen Aussage. Dorata vermag schließlich doch noch einen Ausweg aus ihrem Dilemma zu finden. (cl) Einführung am 14.4.: Claus Löser am 14.4. um 18.30 Uhr: Dekalog, Eins und Dekalog, Zwei am 17.4. um 16.00 Uhr: Dekalog, Eins und Dekalog, Zwei

Dekalog, Jeden

6 FILM POLSKA: DEKALOG

Dekalog, Trzy

Dekalog, Trzy Dekalog, Drei PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Piotr Sobociński, M: Zbigniew Preisner, D: Daniel Olbrychski, Maria Pakulnis, Joanna Szczepkowska, Artur Barciś, Dorota Stalińska, 55’ | 35 mm, OmeU

»Du sollst den Feiertag heiligen.« Ein Warschauer Familienvater bereitet sich Heiligabend auf eine Feier im Kreise seiner Angehörigen vor. Ausge- rechnet kurz vor der Bescherung wird er von seiner einstigen Geliebten aufgesucht, die ihn bittet, ihr bei der Suche nach ihrem verschwundenen Mann zu helfen. Stundenlang kurvt das Paar mit dem Auto durch die nächt- liche Großstadt, ergebnislos trennen sich die beiden am nächsten Morgen wieder. Kieślowski erzählt die personelle Verquickung aus zwei Perspektiven glaubwürdig: Während die Frau hofft, an die gemeinsame Zeit anzuknüpfen und den Mann aus seiner familiären Bindung zu lösen, fühlt dieser sich moralisch zwar noch verantwortlich, kann und will aber keine emotionale Verbindung mehr herstellen. (cl)

Dekalog, Cztery Dekalog, Vier PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Krzysztof Pakulski, M: Zbigniew Preisner, D: Adriana Biedrzyńska, Janusz Gajos, Artur Barciś, 55’ | 35 mm, OmeU

»Du sollst Vater und Mutter ehren.« Zu Ostern konfrontiert eine Schauspiel- studentin ihren Vater mit einem Brief der verstorbenen Mutter. Daraus geht hervor, dass sie aus einem Seitensprung hervorgegangen ist, der vermeintli- che Vater also gar nicht mit ihr verwandt ist. In einer langen Aussprache klären die beiden ihr Verhältnis zueinander. Am nächsten Morgen gesteht das Mädchen, dass sie die Zeilen gefälscht hat. Vater und Tochter verbren- nen gemeinsam den echten, ungeöffneten Brief der Mutter. Der Film spielt fast durchweg in einem geschlossenen Raum, betont dadurch seine modell- hafte Konstellation, mit der die Beziehungen zwischen den Generationen ausgelotet werden. (cl) am 14.4. um 21.00 Uhr: Dekalog, Drei und Dekalog, Vier am 17.4. um 18.30 Uhr: Dekalog, Drei und Dekalog, Vier

7 FILM POLSKA: DEKALOG

Dekalog, Pięć, Krótki Film o zabijaniu Dekalog, Fünf, Ein kurzer Film über das Töten PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Sławomir Idziak, M: Zbigniew Preisner, D: Mirosław Baka, Krzysztof Globisz, Jan Tesarz, Artur Barciś, Zbigniew Zapasiewicz, 84’ | 35 mm, OmU

»Du sollst nicht töten.« Aus einem irrationalen Impuls heraus wird der 20-jährige Jacek zum Mörder an einem Taxifahrer. Er wird schnell gefasst, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Tat verändert auch das Leben eines jungen Anwalts, dem es nicht gelingt, das Urteil abzuwenden. »Die Geschichte, die der Film erzählt, ist so einfach wie ein anatomisches Präpa- rat. Es ist die Geschichte vom Strick, der die Menschen verbindet. Einen Film wie diesen gibt es alle zehn Jahre einmal.« (Andreas Kilb, Die Zeit, 5/1989). Das wohl bekannteste Kapitel des Dekalogs kam unter dem Titel Ein kurzer Film über das Töten in die Kinos und machte Kieślowski weltweit bekannt (Großer Preis der Jury 1988 in Cannes). (cl) am 17.4. in Anwesenheit von Mirosław Baka am 15.4. um 19.00 Uhr am 17.4. um 21.00 Uhr

8 FILM POLSKA: DEKALOG

Dekalog, Sześć, Krótki film o miłości Dekalog, Sechs, Ein kurzer Film über die Liebe PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Witold Adamek, M: Zbigniew Preisner, D: Grażyna Szapołowska, Olaf Lubaszenko, Stefania Iwińska, Piotr Machalica, Artur Barciś, Stanisław Gawlik, 83’ | 35 mm, OmU

»Du sollst nicht ehebrechen.« Auch vom sechsten Teil des Dekalogs existiert eine Kinofassung (Kurzer Film über die Liebe): Ein junger, unauffälliger Postangestellter beobachtet Nacht für Nacht eine Frau im Nachbarhaus und verliebt sich in sie. Als er seinen voyeuristischen Kokon durchbricht und die Unbekannte anspricht, weist diese ihn grob zurück. Für ihn bricht mit der realen auch die imaginäre Welt zusammen, er unternimmt einen Selbst- mordversuch. »Eine Erforschung unserer Vorstellungen von Liebe, Sexualität, Treue und Keuschheit, wobei der Film durch die gleichzeitige Bestätigung und Verneinung der Möglichkeit einer uneigennützigen Liebe provoziert.« (Lexikon des Internationalen Films). (cl) am 15.4. um 21.00 Uhr am 18.4. um 20.00 Uhr

9 FILM POLSKA: DEKALOG

Dekalog, Siedem Dekalog, Sieben PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Dariusz Kuc, M: Zbigniew Preisner, D: Anna Polony, Maja Barełkowska, Władysław Kowalski, Bogusław Linda, Bożena Dykiel, 55’ | 35 mm, OmeU

»Du sollst nicht stehlen.« Eine komplizierte Geschichte um leibliche und angenommene Mutterschaft: Die fünfjährige Anja wächst bei Ewa auf, die sie für ihre Mutter hält. Ihre eigentliche Mutter ist jedoch Majka – wiederum die Tochter Ewas. Um den Skandal zu vertuschen, dass Majka als minderjäh- rige Schülerin von ihrem Lehrer ein Kind erwartete, hatte sich Ewa als Mut- ter ausgegeben und jahrelang glaubhaft diese Rolle gespielt. Nun will sich Majka nicht länger damit abfinden und entführt ihre Tochter, um mit ihr nach Kanada auszureisen. Der Versuch, den (Kreide-)Kreis aus Liebe, Liebes­ entzug und Doppelmoral zu durchbrechen, endet ausweglos. Alle Beteilig- ten müssen sich die Frage nach ihrer Verantwortung neu stellen. (cl)

10 FILM POLSKA: DEKALOG

Dekalog, Osiem Dekalog, Acht PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Andrzej J. Jaroszewicz, M: Zbigniew Preisner, D: Maria Kościałkowska, Teresa Marczewska, Artur Barciś, Tadeusz Łomnicki, Marian Opania, 54’ | 35 mm, OmeU

»Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten.« Zofia, Ethik-Professorin an der Warschauer Universität, liebt es, ihre Thesen mit konkreten Fallbeispielen zu belegen. Eines Tages sitzt in der Vorlesung Elz- bieta – eine Frau, die Zofia mit ihrer eigenen Vergangenheit und einer frag- würdigen moralischen Entscheidung konfrontiert: Während der deutschen Okkupation hatte sich Zofia als Taufpatin geweigert, ein jüdisches Mädchen zur Katholikin zu erklären und damit vor der Deportation zu retten. Das gegen alle Wahrscheinlichkeit gerettete Mädchen ist niemand anderes als Elzbieta. Aus der Konfrontation der beiden Frauen entspinnt sich eine Neu- verhandlung der damaligen Situation, zahlreiche Bezüge zur Gegenwart ergeben sich. (cl) am 16.4. um 18.30 Uhr: Dekalog, Sieben und Dekalog, Acht am 19.4. um 20.00 Uhr: Dekalog, Sieben und Dekalog, Acht

11 FILM POLSKA: DEKALOG

Dekalog, Dziewięć Dekalog, Neun PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Piotr Sobociński, M: Zbigniew Preisner, D: Ewa Błaszczyk, Piotr Machalica, Artur Barciś, Jan Jankowski, Jolanta Piętek-Górecka, 58’ | 35 mm, OmeU

»Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau.« Nachdem ein Mediziner von seinem Kollegen erfährt, dass er für immer impotent sein wird, entwi- ckelt er gegenüber seiner Ehefrau ein wahnhaftes Misstrauen. Davon über- zeugt, dass sie ihn betrügen wird, spioniert er ihr nach, versteckt sich sogar in einem Wandschrank, um sie in flagranti zu ertappen. Obwohl sie ihm immer wieder beteuert, dass »die Liebe im Herzen liegt und nicht zwischen den Beinen«, kann er seine Eifersucht nicht bezähmen und beschließt, aus dem Leben zu scheiden. »Kieślowski inszeniert die Geschichte der unange- brachten, übersteigerten Emotionen als Melodram, das bisweilen komische Akzente erhält, ohne dass der ernste Grundton gestört würde.« (Peter Hasenberg, film-dienst, 12/1990) (cl)

Dekalog, Dziesięć Dekalog, Zehn PL/BRD 1989, R: Krzysztof Kieślowski, K: Jacek Bławut, M: Zbigniew Preisner, D: Jerzy Stuhr, Zbigniew Zamachowski, Henryk Bista, Olaf Lubaszenko, Maciej Stuhr, 57’ | 35 mm, OmeU

»Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.« Nach dem Tod ihres Vaters stellen die Brüder Artur und Jerzy fest, dass die Erbschaft in einer offensicht- lich sehr wertvollen Briefmarkensammlung besteht. Sie entwickeln ehrgeizige Pläne, um die Sammlung mit weiteren Marken zu komplettieren und dadurch noch wertvoller zu machen. Ihr bisheriges Leben vernachlässigend, verlieren sie sich in Spekulationen, was mit dem Erlös alles gekauft werden könne. Zuletzt werden sie jedoch Opfer eines Diebstahls und haben weniger als zuvor. Im letzten Teil seines Zyklus schlägt Kieślowski überraschend heitere, auch versöhnliche Töne an: Die von Gier zerfressenen Brüder finden sich durch den Verlust auf einer menschlichen Verständigungsebene wieder. (cl) am 16.4. um 21.00 Uhr: Dekalog, Neun und Dekalog, Zehn am 20.4. um 20.00 Uhr: Dekalog, Neun und Dekalog, Zehn

12 KENNEN SIE KIELING? »Kannten Sie Kieling?« – »Ja. Flüchtig.« So soll ein Witz gelautet haben, der 1970 bei der DEFA kursierte. Zweimal hielt sich der am 16. März 1924 in Berlin-Neukölln geborene Schauspieler Wolfgang Kieling für längere Zeit in der DDR und bei der DEFA auf: 1954-1956 und 1968-1970 – jeweils aus anderen Gründen, aber jeweils auch mit künstlerisch herausragenden Ergebnissen. Die von Ralf Schenk kuratierte Filmreihe KENNEN SIE KIELING? erinnert an die grandiose Schauspielkunst Wolfgang Kielings und zieht einen Längsschnitt durch die deutsche Film- und Zeitgeschichte. Bereits 1930 trat Kieling als Sechsjähriger in einer Rundfunk-Kinderserie auf. Als Neunjähriger synchronisierte er französische und US-amerikanische Filme. Wolfgang Kieling spielte im Kino des »Dritten Reichs«, der DDR und der BRD, einmal auch in Hollywood – ausgerechnet in der Rolle eines Stasi-Agenten. Er arbeitete unter so verschiedenen Regisseuren wie Veit Harlan und Wolfgang Staudte, Fritz Kortner und Alfred Hitchcock, Frank Beyer und Egon Günther. Kieling drehte Kunst- und Genrefilme, hatte keine Berührungsängste mit Komödien, Klamotten oder Krimis. Und er war immer präsent: Seine Anwesen- heit adelte nahezu jeden Film, in dem er zu sehen war. Die Filmreihe KENNEN SIE KIELING? wird von der DEFA-Stiftung gefördert.

Abwärts KENNEN SIE KIELING?

13 KENNEN SIE KIELING?

Träume sind Schäume D 1938, R: Jürgen von Alten, D: Willy Schaeffers, Grete Reinwald, Ernst Waldow, Wolfgang Kieling, 16’ | 35 mm

Die Kreutzersonate D 1937, R: Veit Harlan, D: Lil Dagover, Peter Petersen, Albrecht Schoenhals, Hilde Körber, Wolfgang Kieling, 83’ | 35 mm

Im Spätsommer 1936 dreht Veit Harlan in der märkischen Landschaft um Trebbin sein Melodram Die Kreutzersonate, eine Adaption der 1891 erschie- nenen Novelle von Leo Tolstoi. Die als Stummfilmdiva bekannte Lil Dagover spielt eine erfolgreiche Pianistin, die einen Gutsbesitzer (Peter Petersen) geheiratet und ihren Beruf aufgegeben hat. Als ein Vetter des Mannes, ein berühmter Geiger (Albrecht Schoenhals), zu Besuch auf den Gutshof kommt, willigt die sinnliche Schöne nicht nur in ein gemeinsames Hauskonzert ein, sondern verliebt sich, wie schon früher, in den eleganten Gast. Obwohl sie sich letztendlich doch nicht auf eine Liaison mit ihm einlässt, sondern auf den Fortbestand ihrer Ehe besteht, erwächst aus der Begegnung die Katas- trophe... – Harlan hält seinen Film in dunklen Tönen, beschwört eine bleier- ne Zeit: Der Gutshof wirkt wie ein Gefängnis, und der Ehemann, der mit Musik nichts anzufangen weiß und sich immer mehr in eine krankhafte Eifersucht steigert, scheint wie von bösen Mächten beherrscht. Wolfgang Kieling spielt Wassja, den Sohn des Paares, der seiner virtuosen Mutter mit geschlossenen Augen, den Kopf in die Hände gestützt, genieße- risch zuhört, seinem Vater aber eher ablehnend begegnet: »Ich war der Rus- senknabe am Rande des dramatischen Liebesgeschehens« (Wolfgang Kieling, Stationen). Im Vorfilm Träume sind Schäume ist Kieling als Schuljunge Fritzchen zu sehen, der eine Frage seines Lehrers nicht beantworten kann und dafür zu Hause scharf getadelt wird. In dem anschließenden väterlichen Alptraum verwandelt sich der eigene Sohn in den Schuldirektor, der nun selbst seine Macht auslebt und den Vater traktiert. (rs) In Anwesenheit von Johanna Kieling, Susanne Uhlen (angefragt) und Florian Martens (angefragt) Einführung: Ralf Schenk am 10.5. um 20.00 Uhr

Die Kreutzersonate

14 KENNEN SIE KIELING?

Genesung DDR 1956, R: Konrad Wolf, D: Wolfgang Kieling, Karla Runkehl, Wilhelm Koch-Hooge, Wolfgang Langhoff, Eduard von Winterstein, 106’ | 35 mm

Nach einem Hörspiel des Arztes, Schriftstellers (und damaligen DEFA-Chef- dramaturgen) Karl Georg Egel inszeniert Konrad Wolf die Geschichte des »falschen Mediziners« Friedel Walter. Im »Dritten Reich« bricht der junge Mann sein Studium ab, weil er nicht in den faschistischen Studentenbund eintreten will. Dennoch rettet er einem Antifaschisten durch eine Notopera- tion das Leben, ermöglicht ihm die Flucht nach Schweden. Den Krieg über- lebt Friedel als Sanitätshelfer; von alliierten Soldaten für einen Arzt gehalten, behält er seine falsche Identität bei, lässt sich in einem Krankenhaus anstel- len, bis seine Lüge entdeckt wird... Der Film ist als große Rückblende inszeniert – gleichsam als Plädoyer des einst schwer verletzten Kommunisten und jetzigen Leiters eines DDR-Bezir- kes (Wolfgang Langhoff) gegenüber dem Staatsanwalt, der Friedel ankla- gen will. Eine Konstellation, die an ähnliche Motive in Filmen anderer sozi- alistischer Länder, etwa Andrzej Munks Der Mann auf den Schienen (1956) erinnert. Auch hier steht nicht mehr der vorwärts drängende sozialistische Held im Zentrum, dessen Handeln das »Typische der Epoche« zu symbolisie- ren hat. Stattdessen geht es um einen von Agitation unverstellten Blick hin- ter die Fassade eines Menschen, um das Abtragen äußerer Schichten, das Erkennen der inneren Wahrheit. Es geht um »das Problem der faktischen und moralischen Schuld des einzelnen, die Frage seiner Verantwortung und Verantwortungsfähigkeit« (Klaus Wischnewski). Wolfgang Kieling als Friedel zeigt die Wandlung eines unpolitischen Träu- mers zum bewusst handelnden, zu seiner Vergangenheit stehenden Indivi- duum. Neben ihm überzeugt der greise Eduard von Winterstein als Chefarzt und bürgerlicher Humanist. (rs) Einführung am 11.5.: Günter Agde am 11.5. um 20.00 Uhr am 14.5. um 19.00 Uhr

15 KENNEN SIE KIELING?

Maria, die Magd

Hier irrt Schiller D 1936, R: Jürgen von Alten, D: Rudolf Platte, Ilse Stobrawa, Ursula Herking, Wolfgang Kieling, 17’ | 35 mm

Maria, die Magd D 1936, R: Veit Harlan, D: Hilde Körber, Hilde Hildebrand, Alfred Abel, Ernst Legal, Wolfgang Kieling, 90’ | 35 mm

Schon die Dreharbeiten zu Maria, die Magd, die zwischen Juli und Mitte August 1936 in Berlin-Johannisthal stattfinden, finden in der Presse einige Beachtung: Gelobt wird »die künstlerische Besessenheit des Regisseurs«, der besonderen Wert auf eine »elementare Ausdruckskraft und Wucht der sich steigernden dramatischen Szenen« lege (Der Film). Veit Harlan greift auf Erlebnisse aus seiner eigenen Kindheit und die Erzählung Die Kinds- magd seines Vaters Walter Harlan zurück. Er konfrontiert ein zärtliches, unschuldiges Landmädchen mit einer mondänen, kühlen Stadtfrau, wobei seine Sympathien eindeutig ausgerichtet sind. Sie gelten dem, was der NS- Staat für Frauen gleichsam zum Gesetz erhob: jene Mutterpflicht, die allen anderen Dingen des Lebens unterzuordnen waren. Davon will die mondäne Alice Hagen (Hilde Hildebrand), Schauspielerin und Gattin eines Berliner Rechtsanwalts, zunächst nur wenig wissen. Sie nimmt sich kaum Zeit für ihren Sohn und legt sowohl die Erziehung als auch die Herzensbildung des Kindes in die Hände der vom Land stammenden Dienst- magd Maria (Hilde Körber). Als sie ein Gastspiel in Baden-Baden antritt, fährt der Junge mit Maria aufs Dorf und freundet sich dort mit deren Bruder Chris- toph (Wolfgang Kieling) an. Beim Krebsfangen an einem Wildbach bricht ein bedrohliches Ungewitter über die Kinder herein, die in Todesgefahr geraten. Danach müssen sowohl Alice als auch Maria ihr Leben überdenken... In dem kurzen Kabarettfilm Hier irrt Schiller... spielt Wolfgang Kieling den schlagfertigen Sohn eines Familienvaters (Rudolf Platte), der seine Woh- nung selbst renovieren will, aber im Chaos fast untergeht. (rs) Einführung: Ralf Schenk am 13.5. um 21.00 Uhr am 15.5. um 19.00 Uhr

16 KENNEN SIE KIELING?

Betrogen bis zum jüngsten Tag DDR 1957, R: Kurt Jung-Alsen, D: Wolfgang Kieling, Rudolf Ulrich, Hans-Joachim Martens, Walther Suessenguth, 74’ | 35 mm

Juni 1941 an der deutsch-litauischen Grenze. Drei Wehrmachtsangehörige, die wegen ihrer guten Schießergebnisse mit Sonderurlaub ausgezeichnet wurden, töten während der Jagd im Schilf versehentlich die Tochter ihres Hauptmanns. Sie versenken die Leiche im Sumpf. Einer der Täter, der ehema- lige Napola-Schüler und Gefreite Lick, Sohn eines SS-Generals, bittet seinen Vater um Rat. Der verspricht, die Sache zu »bereinigen«. Am Tag des Über- falls auf die Sowjetunion wird das Mädchen entdeckt, mit einem russischen Bajonett. Der Hauptmann lässt daraufhin Geiseln erschießen. Und Lick tötet einen seiner Mittäter, weil der voller Verzweiflung die Wahrheit gestanden hatte. Nach der Novelle Kameraden von Franz Fühmann dreht Kurt Jung-Alsen einen lakonischen, dialogarmen Film, der auf Musik völlig verzichtet. Der große intellektuelle Bogen, der geschlagen wird, schließt Friedrich Nietz- sches Theorie vom Übermenschen ebenso ein wie ein Nachdenken über die Pervertierung der Begriffe Gemeinschaft und Kameradschaft. »Visuell sug- gestiv die Sequenz des Gasalarms. Die durch Masken deformierten mensch- lichen Gesichter. Gasplanen bedecken die Körper wie Leichentücher. Auf dem Appellplatz unförmige, schwankende Gebilde. Keiner ist mehr kennt- lich. Der Mensch ist unkenntlich geworden« (Fred Gehler, Film und Fernse- hen 1/1985). Betrogen bis zum jüngsten Tag läuft 1957 auf dem Filmfestival in Cannes. Wolfgang Kieling als Offiziersanwärter Lick erfährt von der Kritik höchstes Lob. Hervorgehoben wird besonders die Szene, in der er nachts sein Vorbild Nietzsche zitiert: »Unheimlich ist das menschliche Dasein und noch immer ohne Sinn. Ich will die Menschen den Sinn ihres Seins lehren: Welcher ist der Übermensch, der Blitz aus der dunklen Wolke Mensch!« (rs) am 13.5. um 19.00 Uhr am 15.5. um 21.00 Uhr

Polizeirevier Davidswache BRD 1964, R: Jürgen Roland, D: Wolfgang Kieling, Hannelore Schroth, Günther Ungeheuer, Günther Neutze, 101’ | DigiBeta

Für den erfahrenen Kriminalregisseur Jürgen Roland, an Fernsehreihen wie Der Polizeibericht meldet... und Stahlnetz geschult, ist Polizeirevier Davids- wache ein jahrelang gehegter Traum. Und auch nach Abschluss der Drehar- beiten über den Alltag auf dem Revier in St. Pauli schwärmt er: »Für mich sind diese Aufnahmen eines der nachhaltigsten Erlebnisse in meinem nicht ganz ereignislosen Leben.« In der Hauptrolle des verwitweten Hauptwachtmeisters Glantz besetzt er Wolfgang Kieling. Nacht für Nacht streift der Beamte durch die Hamburger Straßen. Zwischen Hauptbahnhof und Großer Freiheit, Herbertstraße und Reeperbahn tummeln sich Prostituierte und Geschäftsleute, amerikanische Matrosen und Gauner. Und Kinder spielen »Auf-den-Strich-gehen«. Einer von denen, die Glantz einst hinter Gitter brachte, wird jetzt freigelassen:

17 KENNEN SIE KIELING?

Bruno (Günther Ungeheuer), der sich an dem Wachtmeister rächen will. Bru- nos Freundin Margot (Hannelore Schroth) warnt den Polizisten, doch die Tragödie scheint unaufhaltsam... Nach der Uraufführung schwankt die Kritik zwischen Anerkennung für Rolands vermeintlich realistische Sicht und herbem Tadel: »Mit der Reali- tät«, schreibt Uwe Nettelbeck in der Zeitschrift Filmkritik, »hat das alles nur wenig zu tun. In die Verfolgungsjagd am Ende ist ein zerdehnter Striptease eingeschnitten: das ist St. Pauli für zweifuffzig, die sündige Meile für jene, die sich eine Fahrkarte nach nicht leisten können, ein schales Pan- optikum für zahme Voyeure« (Heft 10/1964). – Für seine Gestaltung der Hauptfigur erhält Wolfgang Kieling den Bundesfilmpreis in Gold. (rs) am 14.5. um 21.00 Uhr

Die Sendung der Lysistrata BRD 1961, R: Fritz Kortner, D: Romy Schneider, Barbara Rütting, Ruth Maria Kubitschek, Wolfgang Kieling, 101’ | BetaSP

Für seine erste Fernsehregie wählt der Theatergigant Fritz Kortner die Komö- die Lysistrata, die vom griechischen Dichter Aristophanes 411 v. Ch., zur Zeit des Bruderkrieges zwischen Athen und Sparta, verfasst worden war. Ein Plä- doyer für den Frieden, in dem es couragierten Griechinnen gelingt, mit Hilfe

18 KENNEN SIE KIELING?

eines Ehestreiks den »männermordenden, Städte zertrümmernden Krieg« zu beenden. Kortner fügt eine Gegenwartshandlung hinzu, in der mehrere Paare, darunter die Darstellerinnen der Lysistrata (Barbara Rütting) und der Myrrhine (Romy Schneider), gemeinsam mit ihren Männern die TV-Übertra- gung verfolgen. Angeregt vom Stück kommt die Gruppe, darunter ein Rechtsanwalt, ein Fabrikant, ein Journalist und ein Naturwissenschaftler, auf Probleme des Atomzeitalters zu sprechen. Wolfgang Kieling spielt Dr. Salbach, den Ehemann der Lysistrata-Darstellerin, einen Chemiker, der an der Entwicklung eines neuen Treibstoffs arbeitet. Er ist eingeladen, in den USA zu praktizieren; seine Frau befürchtet aber, dass seine Forschungen zu militärischen Zwecken missbraucht werden könnten. Nachdem er Lysistrata gesehen hat, entscheidet er sich, das amerikanische Angebot abzulehnen. Die Sendung der Lysistrata, produziert vom Norddeutschen Rundfunk, avan- cierte noch vor der Erstausstrahlung am 17.1.1961 zu einem veritablen Skan- dal: Mehrere Sender der ARD lehnten das pazifistische TV-Spiel als »sittlich anstößig und politisch einseitig« ab. Der Bayerische Rundfunk, der sich am längsten sträubte, zeigte Lysistrata erstmals 1975. Der Hamburger Co-Produ- zent Gyula Trebitsch, der sich die Kinorechte an Kortners Film gesichert hatte, brachte ihn allerdings bereits 1961 auch in die bayerischen Kinos. (rs) Einführung: Ralf Schenk am 17.5. um 20.00 Uhr

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Torn Curtain Der zerrissene Vorhang USA 1966, R: Alfred Hitchcock, D: , Julie Andrews, Hansjörg Felmy, Wolfgang Kieling, 128’ | 35 mm, OF

Hitchcocks Beitrag zum Kalten Krieg zwischen den Systemen: Michael Arm­ strong, ein junger Atomwissenschaftler aus den USA (Paul Newman), gibt vor, sein Land aus politischen Gründen verlassen zu wollen und seine Forschungen im Ostblock weiter zu betreiben. Wirklicher Grund seiner Flucht in die DDR ist jedoch eine wissenschaftliche Formel, die er dringend benötigt und die er einem Leipziger Kollegen entreißen will. Seine Pläne werden durch seine Ver- lobte (Julie Andrews) gefährdet, die ihm gegen seinen Willen in den Osten folgt. Auch die Staatssicherheit kommt ihm gefährlich nahe – sodass ihm nichts wei- ter übrig bleibt, als den Agenten Gromek (Wolfgang Kieling) zu ermorden. End- lich im Besitz der Formel, wagt Armstrong die gefahrvolle Rückkehr. Kieling, in Ledermantel und Kaugummi kauend, gibt einen weltmännischen Stasi-Mann, der von seiner Zeit in New York, von Hot Dogs und den Gangster- filmen mit Edward G. Robinson schwärmt. Die Szene, in der Armstrong sei- nen Gegenspieler ermordet, ihn kopfüber in die Backröhre eines Gasofens steckt, wird von François Truffaut als »sehr wild und gleichzeitig sehr realis- tisch« charakterisiert: »die Szene, die das Publikum am meisten mitreißt« (Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?). Gromek gerät Kieling so gut, dass er für einen Nebenrollen-Oscar ins Gespräch kommt. Paul Newman soll das aus Konkurrenzgründen verhindert haben. Aber wenigstens Hitchcock schickt Grüße: »Lieber Wolfgang, ich danke Ihnen, dass Sie mir die Möglich- keit gegeben haben, mit einem der besten Künstler zu arbeiten, die ich je gekannt habe. Aufrichtigen Dank. Hitch.« Eine Nebenfigur, Gromeks älterer, weißhaariger Bruder, ebenfalls von Wolf- gang Kieling gespielt, wird von Hitchcock als »zu sympathisch« aus dem Film wieder herausgeschnitten. (rs) am 18.5. um 20.00 Uhr am 20.5. um 18.30 Uhr

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Goya DDR/UdSSR 1971, R: Konrad Wolf, D: Donatas Banionis, Fred Düren, Rolf Hoppe, Wolfgang Kieling, Ernst Busch, 134’ | 35 mm

Unmittelbar nach Der geteilte Himmel (1964) will Konrad Wolf Goya verfil- men, einen Roman Lion Feuchtwangers, der ihm die Möglichkeit eröffnet, über die Verantwortung des Künstlers in seiner Zeit, das Verhältnis von Macht und Kunst zu reflektieren. Doch nach dem 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965, nach dem fast eine ganze Jahresproduktion der DEFA verboten wird, ist der Goya-Stoff zunächst politisch undenkbar. Vor allem die Szenen über das Wirken der Inquisition erinnern zu deutlich an aktuelle Ereignisse. Hinzu kommen Schwierigkeiten, internationale Partner für das teure Prestigeprojekt zu finden. Erst 1969 gelingt eine Koproduktion mit der UdSSR. Goya vereint Schau- spieler aus mehreren europäischen Ländern; über 120 Gemäldekopien wer- den angefertigt; man dreht im 70-mm-Format, in Bulgarien, Jugoslawien, auf der Krim, in Leningrader Schlössern und Babelsberger Ateliers. Der intel- lektuelle Kern des Films bezieht sich nach wie vor auf die Wandlung eines angepassten Künstlers zum Rebellen, der gegen die fragwürdigen Metho- den der Herrschenden aufbegehrt und seinen Weg zum Volk findet. Wolfgang Kieling, der bereits 1956 bei Genesung mit Konrad Wolf zusam- mengearbeitet hatte, hofft nach seiner Übersiedlung aus West- nach Ost- Berlin darauf, die Titelrolle des spanischen Hofmalers Don Francisco de Goya (1746–1828) übernehmen zu können. Doch der Regisseur entscheidet sich für den litauischen Darsteller Donatas Banionis und besetzt Kieling »nur« in der Nebenrolle des intriganten, verschlagenen Ministers Godoy: eine von vielen negativen Charakteren in Kielings Rollenbiografie. Als Goya abge- dreht ist, hat sich Wolfgang Kieling bereits wieder aus der DDR gen Westen verabschiedet; sein Godoy muss von dem Geraer Schauspieler Hans-Dieter Leinhos nachsynchronisiert werden. (rs) am 20.5. um 21.00 Uhr am 25.5. um 20.00 Uhr

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Das siebente Jahr DDR 1968, R: Frank Vogel, D: Jessy Rameik, Wolfgang Kieling, Ulrich Thein, Monika Gabriel, 93’ | 35 mm

Sieben Tage aus dem Leben eines Paares im siebten Jahr ihrer Ehe. Barbara, eine erfolgreiche Herzchirurgin, und Günter, ein herausragender Schauspie- ler am Ost-Berliner Deutschen Theater, haben sich in einer pragmatischen Beziehung eingerichtet. Barbara schultert neben ihrem anstrengenden Beruf die Aufgaben einer Hausfrau und Mutter. Momente der Unruhe, der Müdigkeit, der Verzweiflung sind ihr nicht fremd, und doch findet sie in ihrer Familie und im Freundeskreis auch immer wieder Mut und Kraft für den Alltag. Auch Günter kehrt, trotz mancher Möglichkeiten zum Seitensprung, immer wieder zu ihr zurück. »Weißt Du, was ich mir wünsche?«, fragt er am Schluss des Films und antwortet gleich selbst: »Mit Dir alt zu werden.« Mit faszinierender dokumentarischer Kamera (Roland Gräf), vorwiegend an Originalschauplätzen gedreht, skizziert der Film Momente aus dem Leben des Paares. Die chronikartige, sachlich-realistische Regie Frank Vogels forscht nach Konfliktpotential in alltäglichen Situationen, fragt nach dem Grad der Emanzipation, erkundet die Chancen von Mann und Frau, gleich- berechtigt zu leben. Jessy Rameik als Barbara zeigt den hohen Grad an Selbstaufopferung, den ihr Arztberuf mit sich bringt. Wolfgang Kieling als Günter nutzt die Gelegenheit, um sich als François-Villon-Interpret und als Truffaldino in einer Szene aus Goldonis Theaterstück Der Diener zweier Her- ren zu empfehlen. In kleinen dokumentarischen Gastauftritten sind die damaligen Stars des Deutschen Theaters zu sehen: Eberhard Esche und Cox Habemma, Gerhard Bienert und Otto Mellies, Peter Dommisch und Jürgen Holtz. (rs) am 21.5. in Anwesenheit von Jessy Rameik am 21.5. um 18.30 Uhr am 22.5. um 21.00 Uhr

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Das Haus in der Karpfengasse BRD 1965, R: Kurt Hoffmann, D: Edith Schulze-Westrum, Wolfgang Kieling, Walter Taub, Jana Brejchová, 108’ | 35 mm

Als bekannt wird, dass Kurt Hoffmann Das Haus in der Karpfengasse, einen Roman des jüdischen Dichters M.Y. Ben-Gavriel verfilmen will, appelliert der »Bundesverband vertriebener Filmtheaterbesitzer« in der BRD an den Regis- seur, er solle den Plan aufgeben; das verlange seine »nationale Verpflichtung als Deutscher«. Weil er mit tschechischen Schauspielern und Technikern zusammenarbeiten möchte, wirft man ihm vor, Kommunisten zu hofieren. Der zunächst geplante Verleih zieht sich zurück; Hoffmann sieht sich gezwungen, auch eigenes Geld in die Produktion zu stecken. Die Zeitschrift Filmkritik kom- mentiert: »Dass ausgerechnet Hoffmann, der der westdeutschen Filmindustrie jahrelang mit seichter Ware die Treue gehalten hat, von dieser fallen gelassen wird in dem Augenblick, da es den Anschein hat, er wende sich einem ernsten Stoff zu, ist ein so trauriges wie bezeichnendes Symptom« (Uwe Nettelbeck). Das Haus in der Karpfengasse ist ein Episodenfilm über jüdische, deutsche und tschechische Bewohner eines Hauses im alten Prager Judenviertel; der Film spielt an den Tagen vor und nach der deutschen Okkupation 1939. Eine alte Witwe trifft der Schlag, während sie auf ihren Pass nach Südamerika wartet. Eine jüdische Papierfabrik wird liquidiert. Ein Bankangestellter wird vom Nazi-Hauswart denunziert. Ein Mädchen schließt sich einer studenti- schen Widerstandsgruppe an. – Wolfgang Kieling spielt den Buchhändler Marek, die Hauptfigur der zweiten Episode: Während seine Frau mit den Nazis marschiert, ihn mit einem Wehrmachtsoffizier betrügt und sich von ihm scheiden lassen will, besteht er auf Anständigkeit und Humanität. Unter dem Druck der Ereignisse wird er erst arbeitslos, dann verrückt. Er bildet sich ein, er sei der unbekannte Soldat, irrt durch die besetzte Stadt Prag, wird von Wärtern in weißen Kitteln abgeführt. (rs) am 21.5. um 21.00 Uhr am 22.5. um 19.00 Uhr

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Jungfer, Sie gefällt mir DDR 1968, R: Günter Reisch, D: Wolfgang Kieling, Monika Gabriel, Jan Spitzer, Rolf Ludwig, 105’ | 35 mm

Gemeinsam mit seinem Co-Autor Jurek Becker verlegt Regisseur Günter Reisch die Handlung des Kleist-Lustspiels Der zerbrochene Krug aus einem niederländischen in ein sächsisches Dorf. Auch sonst gehen die Beiden, wie im Vorspann angemerkt, »sträflich frei« mit Motiven der literarischen Vorla- ge um. So entsteht ein polternd derbes Rüpelstück, in dem ausgiebig gesächselt und nahezu pausenlos gesoffen, geprügelt, verführt oder in Jau- chegruben gefallen wird – mit einem Rhythmus, der allein davon bestimmt ist, wie auf einen Gag möglichst bald der nächste folgen kann. Der Film spielt 1792, vor dem Hintergrund der Französischen Revolution. Absicht der Autoren war, die Mächtigen in ihrer Anmaßung lächerlich zu machen, in das Leben der Untertanen einzugreifen und über alles bestim- men zu wollen. Doch wie im wahren Leben, so fällt auch im Film das Volk nur vorübergehend auf den Schwindel herein. – Kritisch-kabarettistische Parallelen zur damaligen DDR-Gegenwart, die sich angeboten hätten, lässt der Film weitgehend vermissen: Jungfer, Sie gefällt mir zeichnet sich eher durch lautstarke Zeitlosigkeit aus. So bleibt vor allem die Entdeckung Wolf- gang Kielings in seiner ersten DEFA-Filmrolle nach der Übersiedlung von West- nach Ost-Berlin im Frühjahr 1968. Der Darsteller gibt seinem sport- lich-komödiantischen Affen Zucker: als verschlagener Dorfrichter Adam, der zu akrobatischen Höchstleistungen fähig ist – etwa wenn er seinem Vorge- setzten beweisen will, dass die Wunden an seinem Kopf vom Sturz aus dem Bett herrühren. Ein Meisterstück. (rs) In Anwesenheit von Günter Reisch am 24.5. um 20.00 Uhr

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Abwärts BRD 1984, R: Carl Schenkel, D: Wolfgang Kieling, Götz George, Renée Soutendijk, Hannes Jaenicke, 90’ | 35 mm

Im Geschäftshochhaus einer westdeutschen Großstadt bleibt ein Fahrstuhl stecken; für ein paar Stunden sind vier Menschen auf kleinstem Raum gefangen. Hilferufe werden nicht gehört, nach und nach wird die Luft knapp, Angst macht sich breit. Alle ahnen, was auf sie zukommt, wenn die Seile des Fahrstuhles reißen. Und tatsächlich beginnen sie, morsch zu werden... – In seinem zweiten Film Abwärts beweist Regisseur Carl Schenkel, der zuvor unter anderem bei Wolfgang Staudte assistiert hatte, dass er das Genre des Thrillers vorzüglich beherrscht: Filmzeit und Realzeit sind nahezu identisch, alles vollzieht sich auf engstem Raum. Zur äußeren Spannung kommen die inneren Konflikte der Figuren: In der existentiellen Gefahrensituation brö- ckelt deren Fassade der Wohlanständigkeit, Cleverness und Selbstsicherheit in Eiltempo ab. Effektvolle Kameraeinstellungen und blitzartige Schnittfol- gen mit Schockwirkung erinnern an berühmte Vorbilder wie die Duschszene in Hitchcocks Psycho oder Louis Malles Fahrstuhl zum Schafott. Nicht zuletzt stehen die Schauspieler vor einer ungeheuren physischen Her- ausforderung: »Tagelang befanden sie sich in dem engen Lift, was sehr schwer für sie war – keine Umgebung, kein Hintergrund, gar nichts, nur ihr Gesicht vor der Wand. Es war für sie eine ungeheure Belastung« (Schenkel). Wolfgang Kieling meistert die Strapazen mit Bravour: Er spielt einen altern- den Buchhalter, der ausgerechnet am Tag des Geschehens den Mut auf- brachte, über 600.000 DM aus dem Tresor zu entwenden und mit sich zu nehmen. Ein »lange Zeit schwitzend schweigender Biedermann, der sich von der Hysterie anstecken lässt« (Renate Holland-Moritz, Eulenspiegel, 50/1985). (rs) am 27.5. um 21.00 Uhr

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Im Reservat BRD 1973, R: Peter Beauvais, D: Johanna Hofer, Wolfgang Kieling, Rosemarie Fendel, Johannes Schaaf, 90’ | DigiBeta

Als Wolfgang Kieling im Oktober 1985 stirbt, schreibt die Stuttgarter Zeitung, seine Kunst sei »oft politischer als alle Politik« gewesen, gerade dann, wenn »er Trinker, Transvestiten, Homosexuelle, Clochards spielte. Er passte nirgends, weil er zwar alles probierte, aber sich nie anpasste. Ein wohl vertrauter Fremd- körper, von dem wir noch spüren werden, dass er uns jetzt fehlt.« Sehr prägnant kommt das Politische seines Spiels in der Fernsehrolle des alten Transvestiten Alfred Bergmann zum Ausdruck: Peter Stripp, Autor von Im Reser- vat, schrieb ihm diese Figur gleichsam auf den Leib. Handlungsort ist ein Miets- haus in einem West-Berliner Sanierungsgebiet. Die meisten Mieter haben ihre Wohnungen längst verlassen; neben der Hausmeisterfamilie sind nur noch Bergmann und die alte Frau Minkwitz (Johanna Hofer) geblieben. Beide leben in einer Wohnung: Die greise Dame braucht ihren hilfreichen Untermieter für die alltäglichen Dinge des Lebens; und Alfred weiß, dass er bei kaum einer anderen Vermieterin so viel Toleranz gegenüber seinem »Anderssein«, seinem Lebensrhythmus finden würde. Gemeinsam kämpfen die Beiden um die Woh- nung, verteidigen trotzig ihr Reservat, obwohl sie ohne Perspektive sind. Die Süddeutsche Zeitung lobt: »Johanna Hofer und Wolfgang Kieling haben Wundertaten vollbracht. Die alte Dame: ein Mysterium der Unbefangenheit. Der Weib-Mann: ein männlicher Held, ein Ritter ohne Tadel. Welch ein Duett!« Und der Evangelische Pressedienst hebt hervor, die Darsteller seien »bei aller Virtuosität nie in die Gefahr schauspielerischen Selbstzwecks geraten, sondern erfüllten den Text mit Leben.« (rs) am 27.5. um 19.00 Uhr am 28.5. um 21.00 Uhr

Der Sturz BRD 1978, R: Alf Brustellin, D: Franz Buchrieser, Hannelore Elsner, Wolfgang Kieling, Eva Maria Meineke, Kurt Raab, 103’ | 35 mm

Eine Gesellschaftsgroteske nach dem Roman von Martin Walser. Anselm Kris- telein (Franz Buchrieser) hat 72.000 Mark in ein Flippergeschäft gesteckt und das Geld verloren. Seine Frau Alissa (Hannelore Elsner) holt ihn nach Hause in ein Erholungsheim, das gerade an Amerikaner verkauft wurde. Zwei Freunde, der Trinker Gabriel und der Verlierer Glatthaar, kommen hinzu. Lakonisch regis- triert Kristelein das nichtsnutzige Tun der Kumpane. Selbst seine Verhaftung und der Verdacht, eine reiche Frau ermordet zu haben, bringen ihn nicht aus der Ruhe. »Diese Welt, voll von aufdringlichen Typen, gestört durch zerfallene Gesetze und sich auflösende Verhältnisse, bietet keine Sicherheit und schon gar keine Geborgenheit. Kristelein nimmt seine Familie, besteigt das Segelboot und begibt sich mitten in ein Unwetter, das den Bodensee aufwühlt.« (Kino 79/80). Regisseur Alf Brustellin zeigt Leute, die von der Plattform der Ökonomie abgestürzt sind und einen Anti-Rhythmus gegen die Erfordernisse einer immer komplizierteren Welt entwickeln. Er lässt Gefühl gegen Coolness tri- umphieren, setzt ein befreiendes Lachen gegen die Irrationalität der Gegen- wart. Mit der Hauptfigur Kristelein porträtiert der Film ein Opfer des ökono-

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mischen Systems, das durch seinen Absturz letztlich wieder zu sich selbst kommt. – Wolfgang Kieling spielt Kristeleins Freund, den notorischen Trinker Edmund Gabriel, einen Schwindler, der vom Schreiben eines Bestsellers träumt und sein Leben radikal unterbricht, indem er den triumphalen Selbst- mord eines Vorbildes noch weit in den Schatten stellt. (rs) am 28.5. um 19.00 Uhr am 29.5. um 21.00 Uhr

Der König und sein Narr BRD 1981, R: Frank Beyer, D: Wolfgang Kieling, Götz George, Monika Gabriel, Martin Brandt, 108’ | DigiBeta

An seinem ersten KostümfilmDer König und sein Narr interessiert Regisseur Frank Beyer die Konstellation der beiden Hauptfiguren: »Der Mächtige, der den Intellektuellen zu seiner Reputation braucht, und der Intellektuelle, der die Macht hinter sich benötigt, um etwas durchsetzen zu können.« Dafür steht Beyer ein brillantes, mit Anspielungen auf gegenwärtige Verhältnisse gespicktes Drehbuch (Ulrich Plenzdorf) und ein herausragendes Team an Schauspielern zur Verfügung. Wolfgang Kieling, den Plenzdorf schon beim Verfassen des Buches vor Augen hatte, spielt den preußischen Akademie- präsidenten Jacob Paul von Gundling (1673–1731); sein Widerpart, König Friedrich Wilhelm I., ist eine Paraderolle für Götz George. Frank Beyer, der nach dem Verbot seines DDR-Fernsehfilms Geschlossene Gesellschaft (1978) zunächst keine Chance mehr für sich sieht in der DDR zu arbeiten, stellt mit Der König und sein Narr seinen ersten westdeutschen Film vor. Er will die gleichnishafte Handlung, die Reibung zwischen Geist und Macht, nicht nur auf die DDR bezogen wissen: »Mir scheint, das Problem ist nirgend- wo und nirgendwann ein für allemal gelöst worden. Ich sehe nur überall müh- same Versuche, eine Balance herzustellen« (SFB-Programmtip, 8.5.1981). Den- noch sind Anspielungen auf die Ost-Berliner Kulturpolitik unübersehbar: Ein Spottlied Voltaires und Bemerkungen über den Exodus berühmter Männer ver- weist auf die kurz zuvor erfolgte Ausbürgerung Wolf Biermanns; und auch wenn Gundling nach Erniedrigungen durch die Hofgesellschaft ausgerechnet über eine Mauer flieht, lagen aktuelle Assoziationen nicht fern. (rs) am 29.5. um 18.30 Uhr

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Morgen in Alabama BRD 1984, R: Norbert Kückelmann, D: Maximilian Schell, Lena Stolze, Robert Aldini, Wolfgang Kieling, 123’ | 35 mm

Morgen in Alabama beginnt mit einer verstörenden Prophezeiung: »Noch sind wir wie Trommeln in der Nacht. Aber die Zeit wird kommen, wir werden Zeichen setzen – gestern in Paris oder Bologna, heute in Rom oder Amster- dam, morgen in Alabama.« Dabei handelt es sich um eine Vision neonazis- tischer Jugendgruppen. Landau (Maximilian Schell), der Pflichtverteidiger eines der Jugendlichen, sieht in dessen Pistolenschüssen während einer Wahlkundgebung nicht nur die Tat eines Einzelgängers. Bei seinen Recher- chen dringt er immer tiefer ins Geflecht einer »Wehrsportgemeinschaft« und anderer ultrarechter Gruppierungen ein. Plötzlich befindet er sich sogar auf einem ihrer Treffen, hört die gefährlichen Parolen, begreift, dass die Wor- te »...und morgen in Alabama« nur eine Variante des NS-Spruchs »...und morgen die ganze Welt« sind. Regisseur Norbert Kückelmann, von Haus aus Jurist, sucht zu ergründen, was labile junge Menschen bewegt, sich rechtsradikalen Organisationen anzu- schließen. Er führt vor, wie etablierte Staatsbeamte den Neonazis desinteres- siert oder beschwichtigend begegnen und deren Aktionen damit noch begünstigen. »Kückelmann liegt an einer kühl-analytischen Betrachtung die- ser Szene; weniger aus der Sicht der Betroffenen, sondern mehr aus der Pers- pektive der Justiz. Letztere hat der Regisseur auch in ihren Unzulänglichkeiten sachlich aufbereitet. Kückelmann bevorzugt zu Recht diese Position gegen- über einem reißerischen Unterhaltungskino, das mehr an Spannung als an Aufklärung interessiert ist.« (Fischer Film Almanach 1985) (rs) am 31.5. um 20.00 Uhr

28 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET In acht Filmprogrammen unternimmt KUNST DES DOKUMENTS – TIBET eine dokumentarische Spurensuche durch den tibetischen Kul- turraum. Dabei sind sowohl europäische wie auch asiatische Pers- pektiven vertreten: rare, frühe Aufnahmen aus den 1920er bis 1950er Jahren, die auf den Forschungsexpeditionen deutscher und britischer Wissenschaftler entstanden sind, und die Arbeiten tibeti- scher und indischer Filmemacher, die die kulturellen, gesellschaftli- chen und politischen Umwälzungen der Gegenwart dokumentieren. KUNST DES DOKUMENTS –TIBET stellt dem zeitgenössischen Interes- se an Tibet die vergessene Geschichte seiner westlichen Deutungen an die Seite. Die von Jan Henselder kuratierte Filmreihe wird von einer Ausstellung im Foyer des Zeughauskinos begleitet.

Mönche, Tänzer und Soldaten – Das Kloster Kumbum D 1926/1953 R: Erich Palme K: Wilhelm Filchner, Sprecher: Siegfried Schürenberg, 30’ (Ausschnitt) | 16 mm

The Search for Shangri-la. Tibet on Film 1922 – 1950 GB 2010, R: J. B. Noel, F. M. Bailey, Charles Bell, Peggy Williamson, Basil Gould, Major Guthrie, Major Sherriff, Tsien Lien Shen, Betty Sherriff, 82’ | engl. ZT, DigiBeta

Bei seiner ersten Tibet-Expedition entdeckte der Geophysiker, Forscher und Reiseschriftsteller Wilhelm Filchner 1904 das Kloster Kumbum im Nordosten Tibets. Tief beeindruckt von dem religiösen Leben der Lama-Mönche, ihren Tänzen, Gebeten und rituellen Zeremonien gelangen ihm auf seiner zweiten Asienreise 1925-1928 historisch einzigartige Filmaufnahmen von Kumbum. Das Kloster, das einst etwa 7.000 Mönche beherbergte, wurde während der Kulturrevolution fast völlig zerstört. Nur wenige der alten Gebäude sind heute noch erhalten. Filchner filmte die Anlage, Mönche und Laien auf dem Weg zu einem Klosterfest, Novizen mit Geistermasken und ihre rituellen Tänze. Es gelang ihm, die Filmaufnahmen quer durch China zur Küste trans- portieren zu lassen, von wo aus sie nach Deutschland verschifft wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg und seiner Internierung in Indien konnte Filchner das in Berlin unter einer Kohlenhalde versteckte Filmmaterial ausfindig machen und dem Regisseur und Produzenten Erich Palme zur Auswertung überlassen. The Search for Shangri-la präsentiert restaurierte Filme aus den Jahren 1922 bis 1950, also einer Zeit, in der es nur wenigen Reisenden, Forschern, Wissen- schaftlern oder Diplomaten erlaubt war, Tibet zu betreten. Die ersten Film- aufnahmen dieser Kompilation stammen von Captain J. B. Noel, einem Foto- grafen und Kameramann der britischen Mount-Everest-Expedition aus dem Jahr 1922. (clö) Mit freundlicher Unterstützung des Wilhelm-Filchner-Archivs an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Musikalische Begleitung: Günter Schickert, Udo Erdenreich Einführung: Jan Henselder

am 7.4. um 20.00 Uhr KUNST DES DOKUMENTS –TIBET

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Cesta vede do Tibetu Der Weg führt nach Tibet ČSSR/CN 1954, R: Vladimir Sís, Josef Vaniš, 60’ | 35 mm

Einen Dokumentarfilm über den monu- mentalen Bau der Straße von Sichuan nach Lhasa zu drehen – das war der Auf- trag, den der tschechische Regisseur Vladimir Sís und sein Kameramann Josef Vanis erhielt und den sie 1954 zusam- men mit der Filmabteilung der chinesi- schen Volksbefreiungsarmee realisieren sollten. Mit dem Auto, zu Fuß und auf Pferden reisten sie 1.760 km quer durch Tibet nach Lhasa und filmten nicht nur den aufwändigen Bau der Straße son- dern auch die Landschaft, das Leben der Tibeter in den Städten und Dörfern, Gebäude und religiöse Feste. Ende November 1954 erreichten sie Lhasa und erhielten nach elftägiger Wartezeit die Erlaubnis, die für Ausländer schwer zugängliche Stadt zu betreten. Sís und Vanis nutzten die Möglichkeit und film- ten und fotografierten alle wichtigen religiösen und kulturellen Stätten: Tempel, Marktplätze, Potala, die Residenz des Dalai Lama, der Jokang Tempel – Orte und heilige Stätten, die später wäh- rend der Kulturrevolution zerstört wurden. Aus dem Material entstanden drei Schnittfassungen: die offizielle tschechoslowakische und eine chinesische Ver- sion sowie die der Autoren selbst, die Preise auf den Filmfestivals in Karlovy Vary und Venedig erhielt. (clö) Einführung: Jarmila Ptackova am 13.4. um 20.00 Uhr

Ba ge nanjie shiliu hao No. 16, Barkhor South Street CN 1996, R: Duan Jin-Chuan, 100’ | DigiBeta, OmeU

Barkhor South Street Nr. 16 lautet die Adresse eines Nachbarschaftskomitees in Lhasa, das Regierungsmaßnahmen auf lokaler Ebene durchsetzen soll. Die Mitarbeiter haben jedoch mit anderen Problemen zu kämpfen: eheliche Strei- tigkeiten, Kleinkriminalität, Arbeitslosigkeit. Die Beziehungen, die bei dieser täglichen Arbeit zwischen den Bürgern und lokalen Autoritäten entstehen, werden von dem chinesischen Regisseur Duan Jinchuan und seinem tibeti- schen Kameramann mit viel hintergründigem Humor eingefangen. Beeinflusst von der Arbeitsweise des US-amerikanischen Dokumentarfilmers Frederick Wiseman kommt No. 16, Barkhor South Street ohne Interviews, Kommentare oder Musik aus. Der Filmemacher bleibt ein scheinbar unsichtbarer Beobach- ter, der den Zuschauern beiläufig und ohne viel Aufhebens intime und persön- liche Einblicke in das gesellschaftliche Klima des modernen Lhasa ermöglicht. Für die chinesische Dokumentarfilmszene nach 1989 waren Jinchuans Filme

30 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET ein wichtiger Impuls. In einem Interview mit Joshua Fisher erklärt er: »Wir finden, dass die chinesische Geschichte ganz anders ist als sie in der Schule dargestellt wird. Also müssen wir überlegen, wie wir die Realität darstellen können.« 1997 gewann No. 16, Barkhor South Street den Grand Prix du Festi- val du Réel in Paris. (clö) am 21.4. um 20.00 Uhr

Tibetische Erinnerungen A 1995, R: Manfred Neuwirth, 23’ | DigiBeta

Tibet Revisited A 2005, R: Manfred Neuwirth, 86’ | 35 mm

Ein »filmischer Flaneur«, wie sich Regisseur, Produzent, Kameramann und Medienkünstler Manfred Neuwirth selbst bezeichnet, versteht das Reisen als inhärente Form des Filmens. Sein KurzfilmTibetische Erinnerungen ist ein filmisches Reisejournal, das Tibet in den Jahren 1988 bis 1995 zeigt. Keine heiligen Berge oder betende Mönche, sondern Detailaufnahmen, Straßen-

Tibet Revisited

Tibet Revisited

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szenen, Plakatwände, Stimmen, Gesichter und Blicke hat Neuwirth mehr zufällig als geplant aufgenommen und zu 35 ausgesuchten Sequenzen mit gleicher Länge montiert und rhythmisiert. Die Montage entfaltet keine logi- sche Abfolge, Chronologie oder Geschichte; die Bilder stehen für sich. Wäh- rend sie in Zeitlupe abgespielt werden, läuft der Ton normal weiter – ein filmischer Zwischenraum entsteht, der die disparaten politischen und wirt- schaftlichen Entwicklungen in Tibet und China nachempfinden lässt. 20 Jahre später widmet sich Neuwirth mit Tibet Revisited erneut dem kultu- rellen Wandel in Tibet. 28 ungeschnittene Plansequenzen à drei Minuten zeigen den Konflikt zwischen traditionellen Werten und den marktwirt- schaftlichen Umwälzungen, die, von China ausgehend, das Land verändern. Manfred Neuwirth begibt sich direkt in das Geschehen hinein, stellt seine Kamera auf und lässt den Dingen ihren Lauf. Trotz der strengen filmischen Form schillert das Kaleidoskop des tibetanischen Alltags, reiben sich die Widersprüche der Moderne aneinander. (clö) am 28.4. um 20.00 Uhr

Geheimnis Tibet. Ein Filmdokument der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39 D 1942, R: Hans Albert Lettow, Ernst Schäfer, 104’ | 35 mm

April 1938: Eine Forschungsexpedition aus Deutschland macht sich auf den Weg nach Tibet. Ernst Schäfer, Zoologe und Geologe, sowie alle fünf Betei- ligten der Forschungsreise sind Mitglieder der SS. Himmler verspricht eine großzügige Finanzierung, um durch Schäfers Expedition der Theorie einer

32 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET verschütteten Rasse der »Ur-Arier« nachzugehen. Doch Schäfer weicht nicht von seinen wissenschaftlichen Zielen ab: »eine gesamtbiologische Erfassung des tibetischen Hochlandes (...) eine Erforschung von Erde – Pflanze – Tier– Mensch«. Die Finanzierung wird abgesagt, Schäfer beschafft sich die Mittel selbst, benötigt jedoch weiterhin die politische Unterstüt- zung Himmlers. Nach Schwierigkeiten mit Einreise- und Aufenthaltsdoku- menten gelingt es Schäfer auf inoffiziellem Weg, eine Einladung der tibeti- schen Regierung nach Lhasa zu bekommen. Die Bekanntschaft mit Reting Rinpoche, dem jungen tibetischen Regenten, der nach dem Tod des 13. Dalai Lama die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, öffnet Türen. In Lhasa entstehen ausführliche Beschreibungen und Aufnahmen der Neujahrsfest- lichkeiten im Potala. In Sikkim und Tibet dokumentiert die Forschergruppe Flora und Fauna, landwirtschaftliche Tätigkeiten und erstellt fotografische Portraits von Bewohnern. Die Forscher sammeln 2000 ethnologische Objek- te. Es entstehen 22.000 Fotografien und ca. 17.500 Meter Filmaufnahmen. Geheimnis Tibet zeigt tibetische Kriegstänze für den Kriegsgott Mahakala, Paraden des tibetischen Militärs, Toten- und Leichenkulte sowie das Staats- orakel. (clö) Einführung: Gerlinde Waz am 5.5. um 20.00 Uhr

The Reincarnation of Khensur Rinpoche GB/IND 1991, R: Ritu Sarin, Tenzing Sonam, K: Andrew Carchrae, 50’ | BetaSP, OmeU

The Thread of Karma IND 2007, R: Ritu Sarin, Tenzing Sonam, 50’ | DigiBeta, OmeU

Choenzey Samdub ist ein 47-jähriger Mönch, der in einem indischen Flücht- lingskloster lebt. Sein Meister Khensur Rinpoche, ein hoher Lama, ist seit vier Jahren tot und müsste nach tibetischem Glauben bald wiedergeboren werden. Choenzeys Aufgabe ist es, ihn zu finden und an seine spirituellen Aufgaben heranzuführen. Nach Reisen durch Indien, Nepal und Tibet trifft er auf einen vierjährigen Jungen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Heimlich schmuggelt er das Kind aus Tibet nach Indien, wo es vom Dalai Lama und dem tibetischen Staatsorakel tatsächlich als der wiedergeborene Khensur Rinpoche anerkannt wird. The Reincarnation of Khensur Rinpoche begleitet die liebevolle, fast väterliche Beziehung zwischen Mönch und Kind, zwi- schen Meister und Schüler durch die Rituale und Weihungen des tibetischen Buddhismus. 16 Jahre später ist aus dem vierjährigen Kind ein junger Mann geworden. In The Thread of Karma besuchen die Filmemacher Phara Khenchen Rinpoche, die Inkarnation von Khensur Rinpoche, erneut im Kloster Drepung. Der inzwischen 20-jährige junge Lama versucht den hohen Erwartungen gerecht zu werden. Wieder ist die komplexe menschliche Beziehung zwischen spiri- tuellem Meister und seinem Schüler das zentrale Thema des Films. (clö) am 12.5. um 20.00 Uhr

33 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET

Kokonor F 2009, R: Dorje Tsering Chenaktsang (Jangbu), 53’ | DigiBeta, OmeU

Kokonor ist der mongolische Name für den 4.500 qm großen Qinghai-See in der tibetischen Hochebene. Seit Jahrzehnten ist dieser See Schauplatz von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Konflikten. Für die ansässigen tibetischen Nomaden ist der von ihnen Tso Ngönpo genannte See heilig; unter der Herrschaft von Mao Zedong kamen 1957 zunächst Siedler, die das Land bewirtschaften und die Region lebensfähig machen sollten, dann Wis- senschaftler und Forscher, die in dieser Region erste Atombombentests durchführten. Heute ist Kokonor ein beliebtes Urlaubsziel für Touristen aus Beijing, die eine exotische Kultur erleben wollen. Der exiltibetische Filme- macher und Autor Dorje Tsering Chenaktsang (Jangbu) spürt in seinem zweiten Dokumentarfilm den kulturellen und gesellschaftlichen Verände- rungen rund um den See nach. Interviews mit Nomadenfamilien, historische Filmaufnahmen aus den 1950er und 1960er Jahren und Beobachtungen am See erzählen die Geschichte einer jahrzehntelang verfehlten Politik. Kokonor gewährt einen ungeschminkten Einblick in eine nomadische Realität jen- seits von romantischen Vorstellungen. (clö) am 19.5. um 20.00 Uhr

The Sun Behind The Clouds: Tibet‘s Struggle for Freedom A/F/IND/NL/CDN/GB/D 2010, R: Ritu Sarin, Tenzing Sonam, P: White Crane Films, 79’ | DigiBeta, OmeU

50 Jahre sind seit der chinesischen Machtübernahme in Tibet vergangen: Der Dalai Lama ist mit dem politischen »Mittelweg« zwar populär aber in seinen Autonomiebemühungen erfolglos geblieben. Eine neue Generation von Tibetern fängt an, den »gewaltfreien Weg« zu hinterfragen. Sie sind hin- und hergerissen zwischen der Treue zu ihrem religiösen Oberhaupt und der Forderung nach völliger Unabhängigkeit von China. Als im März 2008 in Tibet die größten Unruhen seit 1959 ausbrechen, begeben sich der tibeti- sche Filmemacher Tenzing Sonam und seine indische Partnerin Ritu Sarin mitten in die Proteste hinein. Sie dokumentieren den Protestmarsch, der vom indischen Dharamsala bis an die tibetische Grenze führen soll, und zeigen die internationalen Protestaktionen anlässlich der Olympischen Spie- le in Beijing. The Sun Behind The Clouds entfaltet die Komplexität des Konflikts durch Interviews mit Aktivisten, Journalisten, Historikern und Schriftstellern; auch kritischen Positionen zum Dalai Lama wird Raum gewährt. Der geschickte Einsatz von Handyvideos, Amateurfilmmaterial und Nachrichtenmitschnit- ten verweist auf die neue Rolle der Bilder und Medien in diesem ungleichen Kampf. Die Filmmusik hat der »Oscar«-Gewinner Gustavo Santaolalla (Brokeback Mountain, Babel) komponiert. (clö) am 26.5. um 20.00 Uhr

34 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Die Polizei war ein zentrales Herrschaftsinstrument des NS-Regimes. Nicht nur die Gestapo, sondern auch alle anderen Sparten der deut- schen Polizei waren am Terror gegen die politischen und weltan- schaulichen Gegner der Nationalsozialisten beteiligt, zunächst im Inneren des Deutschen Reiches und seit Kriegsbeginn 1939 schließ- lich in allen von der Wehrmacht eroberten Gebieten. Mehrheitlich in der Weimarer Republik sozialisiert und ausgebildet, beteiligten sich deutsche Polizisten massenhaft an Verbrechen. Nur wenige mussten sich nach 1945 vor Gericht verantworten. Viele konnten in der Bun- desrepublik ihre Karrieren im Polizeidienst fortsetzen. Ab dem 1. April ist im Deutschen Historischen Museum die Ausstellung ORD- NUNG UND VERNICHTUNG – DIE POLIZEI IM NS-STAAT zu erleben, die das Zeughauskino mit einer Filmreihe begleitet. Neben Doku- mentarfilmen, die vor allem die verschlungenen Lebenswege ehe- maliger Polizeibeamter erforschen, steht mit drei Spielfilmen aus der Zeit des »Dritten Reichs« auch die Funktion des Kriminalfilms im NS-Staat zur Diskussion.

Der gute Vater: Eine Tochter klagt an ORDNUNG UNDVERNICHTUNG

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Oberwachtmeister Schwenke D 1935, R: Carl Froelich, D: Gustav Fröhlich, Marianne Hoppe, Emmy Sonnemann, Walter Steinbeck, Karl Dannemann, 93’ | 35 mm

Der junge Oberwachtmeister Schwenke verkörpert das Leitbild vom Polizisten als »Freund und Helfer«: Charmant, zuvorkommend und allzeit hilfsbereit. In seinem Berliner Revier ist er deswegen sehr beliebt. Die Blumenverkäuferin Maria verliebt sich in den Oberwachtmeister, doch den zieht es zu dem schüch- ternen Dienstmädchen Erna. Der Ganove Karl Franke benutzt sie, um dem Bankier Wenkstern zu erpressen, den die Polizei wegen Devisenvergehen verfolgt. Wenkstern flieht und begeht Selbstmord. Erna wird tot aufgefunden und Oberwachtmeister Schwenke das Opfer einer Intrige. Der gute Schupo wandelt sich daraufhin zum gnadenlosen Rächer, der verbissen um seine Ehre kämpft. Die Vorlage für diesen Polizeifilm aus dem Berliner Milieu stammt vom Krimi- autor Hans Joachim Freiherr von Reitzenstein. Das Drehbuch verfasste Robert A. Stemmle, der zahlreiche Drehbücher für Kriminalfilme des bundesdeut- schen Nachkriegskinos schrieb. Wenige Monate nach der Uraufführung des Films im Januar 1935 heiratete die Hauptdarstellerin Emmy Sonnemann den preußischen Ministerpräsidenten und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Her- mann Göring. (am) Einführung: Michael Wedel am 5.4. um 20.00 Uhr

Dienst am Volk D 1928/29, R: Walter Oberwinder, 80’ | 35 mm

In der Weimarer Republik nutzte die Polizei auch den Film als Mittel der Öffentlichkeitsarbeit. Lehrfilme klärten über die Gefahren des wachsenden Straßenverkehrs auf. In Produktionen wie Die Großstadtpolizei und ihre Arbeit (1925) präsentierte sie sich bürgernah und modern. Mit Dienst am Volk pro- duzierte die Düsseldorfer Polizei 1928/29 einen aufwendigen Werbefilm. Das Drehbuch schrieb der Pressechef der Düsseldorfer Polizei. Als Darsteller traten neben Berufsschauspielern auch Polizeibeamte auf. Die Werbebotschaft von der Volksverbundenheit und Leistungsstärke der Polizei ist in eine Spielfilm- handlung verpackt: Nach dem verlorenen Weltkrieg suchen die Freunde Heinz und Claus nach Wegen, um der wirtschaftlichen Not in den frühen 1920er Jahren zu entkommen. Während Claus auswandert, entscheidet sich der ältere Heinz für den Polizeidienst. Dienst am Volk zeigt Stationen seiner Ausbildung und späteren Tätigkeit. Dabei werden sowohl die militärischen Aspekte als auch die Bürgernähe der Polizeiarbeit hervorgehoben. Dienst am Volk wurde am 1. Juli 1930 in Düsseldorf uraufgeführt und später in zahlreichen Städten gezeigt. Die politischen Entwicklungen unterliefen schon bald das im Film propagierte Ideal einer zivilen Polizei. In den bürger- kriegsähnlichen Auseinandersetzungen am Ende der Weimarer Republik fand dieses Ideal immer weniger Fürsprecher. (am) Klavierbegleitung: Peter Gotthardt Einführung: Jeanpaul Goergen am 6.4. um 20.00 Uhr

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Nachts, wenn der Teufel kam BRD 1957, R: Robert Siodmak, D: Claus Holm, Mario Adorf, Hannes Messemer, Peter Carsten, 104’ | 35 mm

Kriminalkommissar Axel Kersten, 1944 von der Front heimgekehrt, ermittelt im Mordfall der Kellnerin Lucy. Kersten glaubt nicht, dass der kleine Partei- funktionär Willi Keun der Täter war, sondern ordnet den Fall einer Serie weite- rer Frauenmorde zu. Schließlich kann der Kriminalist den geistig zurückgeblie- benen Bruno Lüdke als Täter überführen. Kerstens Vorgesetzter, der SS-Gruppenführer Rossdorf, scheint zufrieden: Der geisteskranke Serienmör- der passt in das ideologische Bild vom »Berufsverbrecher«. Doch der Fall soll nicht publik werden, weil er die Propaganda der verbrechensfreien Gesell- schaft gefährdet. Rossdorf lässt Lüdke umbringen und Keun als Täter verurtei- len. Der aufrechte Kommissar Kersten wird zurück an die Front geschickt. Mit der Rolle des Triebtäters Bruno Lüdke gelang Mario Adorf der Durchbruch als Filmschauspieler. Robert Siodmaks vielfach ausgezeichneter Spielfilm beruht jedoch nicht, wie immer wieder behauptet wird, auf Tatsachen. Die Kriminalisten des NS-Regimes machten den geistig behinderten Berliner Hilfs- arbeiter Bruno Lüdke für zahlreiche unaufgeklärte Morde verantwortlich. Die- ses ideologisch motivierte Zerrbild eines Serienmörders verfestigte sich in der Nachkriegszeit durch Publikationen von Kriminalisten und Journalisten. (am) Einführung: Philipp Stiasny am 8.4. um 18.30 Uhr

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Im Namen des Volkes D 1939, R: Erich Engels, D: Rudolf Fernau, Christine Grabe, Fritz Kampers, Ellen Bang, 84’ | 35 mm

Ab 1934 beschäftigte die Berliner Kriminalpolizei eine neue Form des Ver- brechens: An den Autobahnen und Landstraßen im Berliner Umland raubte eine Bande regelmäßig Autofahrer aus. Auch die bis dahin größte Fahndung der Berliner Polizei blieb zunächst erfolglos. Erst 1938 konnten die Brüder Max und Walter Götze als Täter gefasst werden. Ihnen wurden mehr als 150 Überfälle und zwei Morde angelastet. Das NS-Regime erließ daraufhin ein »Autofallenraubgesetz«, das rückwirkend in Kraft trat, um die Brüder Götze zum Tode verurteilen zu können. Der KriminalfilmIm Namen des Volkes nahm den Fall der Brüder Götze zum Anlass, um für den vom NS-Regime propagierten Kampf gegen »Berufsver- brecher« zu werben: Der skrupellose Räuber Alfred Hübner wird von der Polizei gejagt, vor Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das Drehbuch schrieb Walter Maisch, ein Mitarbeiter des Reichskriminalpolizei- amtes. Maisch lieferte die Vorlagen für eine Reihe von Kriminalfilmen im »Dritten Reich«. (am) Einführung: Philipp Stiasny am 10.4. um 19.00 Uhr

Ein deutsches Schicksal – Kriminalkommissar Alfred Aedtner BRD 1987, R: Yoash Tatari, 44’ | BetaSP

Sie wurden geschnitten, beschimpft und manchmal sogar bedroht bei ihrer Arbeit. Kriminalbeamte wie Alfred Aedtner ermittelten ab Ende der 1950er Jahre gegen NS-Verbrecher. Viele von ihnen waren Kollegen im Polizeidienst oder sogar Vorgesetzte. Alfred Aedtner ließ sich davon nicht abschrecken. Mit großem Engagement arbeitete er sein ganzes Berufsleben lang für die Aufklärung der NS-Verbrechen. Nach seiner vorzeitigen Pensionierung sorgte er dafür, dass die Ermittlungsakten archiviert wurden und so für die Nachwelt erhalten bleiben. Die Dokumentation von Yoash Tatari porträtiert einen Menschen, dem die Auf- arbeitung der NS-Verbrechen zur Lebensaufgabe wurde. Es ist zugleich das

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Porträt einer für lange Zeit wenig beachteten Behörde: Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, für die Aedtner tätig war, wurde 1958 gegründet, um innerhalb weniger Jahre die unbequeme Vergangenheit aufzuarbeiten. Nach mehr als einem halben Jahrhundert hat die Behörde ihre Arbeit noch immer nicht abgeschlossen. (am) In Anwesenheit von Yoash Tatari am 12.4. um 20.00 Uhr

Herr Schmidt von der Gestapo – Filmische Dokumentation einer Beamtenkarriere. DDR 1989, R: Róza Berger-Fiedler, 106’ | 35 mm

Im Herbst 1987 stand der Rentner Henry Schmidt in Dresden vor Gericht. Der ehemalige Leiter des Juden-Referats der Dresdner Gestapo musste sich wegen der Deportation von Juden nach Auschwitz verantworten. Es sollte einer der letzten Strafprozesse in der DDR gegen NS-Verbrecher werden. Wie in diesen Fällen üblich, bereitete das Ministerium für Staatssicherheit das Verfahren sorgfältig vor. Unter dem Decknamen »Operation Sadist« ermittelte die Stasi mehrere Jahre verdeckt gegen Schmidt, der sich nach Kriegsende den neuen politischen Verhältnissen in Ostdeutschland ange- passt hatte. Aus dem »Eichmann von Dresden« (Neues Deutschland) war ein mehrfach ausgezeichneter »Aktivist der sozialistischen Arbeit« gewor- den, der schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Die DEFA-Dokumentation zeigt den Angeklagten Schmidt als einen beflisse- nen Kleinbürger und willigen Bürokraten des NS-Regimes. Der Film bekräf- tigte das antifaschistische Selbstbild der DDR als besserer deutscher Staat, der konsequent die NS-Verbrechen aufarbeitet. (am) Einführung: Elke Schieber am 22.4. um 18.30 Uhr

Kriminalkommissar Eyck D 1939/40, R: Milo Harbich, D: Anneliese Uhlig, Paul Klinger, Herbert Wilk, Hans-Joachim Büttner, 87’ | 35 mm

Den Winterurlaub kann der Kriminalkommissar Eyck nur kurz genießen, denn in seinem mondänen Hotel geschieht ein Mord. Verdächtig ist der Kri- miautor Gorgas, der nach eigener Auskunft bloß »Tatortstudien« betreibt. Doch Gorgas hat ein Alibi. Bei den Ermittlungen, die ihn zurück nach Berlin

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führen, stößt Eyck auf eine international operierende Bande von Juwelen- dieben, zu der auch Gorgas Kontakte unterhält. Ein Mordversuch an Eyck in einer Kneipe schlägt fehlt, aber dann spinnt Gorgas eine Intrige gegen den Kommissar. Dabei bedient er sich der Sängerin Barbara. In die Zeugin des Mordes hat sich Eyck verliebt. Das wird ihm nun zum Verhängnis. Als er aus dem Polizeidienst entlassen wird, ermittelt er auf eigene Faust weiter, unter- stützt allein von seinem Mitarbeiter Brandner. Kriminalkommissar Eyck gehört zu den Polizeifilmen, die mit Unterstützung des Reichskriminalpolizeiamtes realisiert wurden. Sie sollten ein positives Bild von den Kriminalisten des NS-Regimes und ihrer Arbeit verbreiten. (am) am 23.4. um 21.00 Uhr

Land der Vernichtung D 2004, R: Romuald Karmakar, 140’ | BetaSP

Die Recherchen für einen Spielfilm über das Strafverfahren gegen Angehö- rige des Polizei-Reservebataillons 101 führten Romuald Karmakar 2003 nach Polen. Im Raum Lublin ermordete die Polizeieinheit aus Hamburg zwi- schen Sommer 1942 und Herbst 1943 fast 40.000 Juden; noch einmal so viele wurden von den Polizisten in das Vernichtungslager Treblinka getrie- ben. Für ihre Taten mussten sich 14 Angehörige der etwa 500 Mann starken Einheit Ende der 1960er Jahre vor dem Landgericht Hamburg verantworten.

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Mit einer Handkamera dreht Karmakar an den Orten der Verbrechen – an kleinen Ortschaften in Ostpolen und an den Gedenkstätten Majdanek, Treb- linka, Sobibor und Belzec. Er spricht mit Polen, die heute dort leben, und mit Touristen. Aus den 15 Stunden Filmmaterial entstand ein Dokumentarfilm über den schwierigen Umgang mit den Orten des Grauens und dem Erbe der verschwundenen jüdischen Kultur in Polen. (am) am 26.4. um 20.00 Uhr

Der gute Vater: Eine Tochter klagt an. D 2003, R: Yoash Tatari, 90’ | BetaSP

Eine Frau macht sich auf die Suche nach der Geschichte ihres Vaters, der als Opfer der DDR-Justiz gilt. Ihre Recherchen liefern ein anderes Bild: Der Vater war ein Mörder, und die Familiengeschichte auf Lügen gebaut. Die Dokumentation des mehrfachen Grimmepreisträgers Yoash Tatari begleitet Beate Niemann bei der Spurensuche nach ihrem Vater Bruno Satt- ler. Die Tochter, 1942 geboren, sah ihren Vater nur wenige Mal vor dessen Tod in der DDR-Haft 1972. Sattler trat 1928 in Berlin in den Polizeidienst. Von der Kriminalpolizei wechselte er 1933 zur Gestapo. Der Krieg eröffnete dem Kriminalisten eine Karriere als Referatsleiter im Reichssicherheits- hauptamt, als Angehöriger einer Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei beim Überfall auf die Sowjetunion und schließlich als Gestapochef in Belgrad. Dort organisierte er den Mord an den Juden und die Verschleppung von Zivilisten zur Zwangsarbeit. Nach dem Krieg kehrte Sattler unter falschem Namen zu seiner Familie nach Westberlin zurück. Von dort aus verschleppte ihn die ostdeutsche Geheimpolizei. Jahrelang galt er als verschollen, bis die Familie zufällig von seiner Verurteilung als Kriegsverbrecher erfuhr. (am) In Anwesenheit von Beate Niemann und Yoash Tatari am 29.4. um 18.30 Uhr

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Hôtel Terminus. The Life and Times of Klaus Barbie Hôtel Terminus. Leben und Zeit des Klaus Barbie USA/BRD/F 1988, R: Marcel Ophüls, 267’ | 35 mm, OmU

Er war als »Schlächter von Lyon« gefürchtet: Klaus Barbie, SS-Hauptsturmfüh- rer und Gestapochef von Lyon. Im Hôtel Terminus, seinem Dienstsitz, folterte Barbie seine Opfer. Unter ihnen waren Priester, Juden und Angehörige der Résistance. Nach Kriegsende setzte sich Barbie mit Hilfe von Geheimdiensten nach Südamerika ab. Unter dem Namen Klaus Altmann arbeitete er für den bolivianischen Geheimdienst. In den 1970er Jahren spürten ihn Beate und Serge Klarsfeld auf und versuchten ihn nach Frankreich zu entführen. Erst 1983 lieferte ihn die bolivianische Regierung aus. Vier Jahre später verurteilte ein französisches Gericht Klaus Barbie zu lebenslanger Haft. In Hôtel Terminus. The Life and Times of Klaus Barbie kommen Schulfreunde, Kommilitonen, Nachbarn, Agenten, Opfer und Familienangehörige von Klaus Barbie zu Wort. Aus verschiedenen Perspektiven erzählen sie das Leben Barbies, von den Jugendjahren im Rheinland bis zur Geheimdienstar- beit für die bolivianische Junta und seiner späten Enttarnung. (am) am 3.5. um 19.00 Uhr

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Nachtrag zum Cinefest

Der geheime Kurier D 1928, R: Gennaro Righelli, D: Ivan Mosjukin, Lil Dagover, José Davert, Jean Dax, Agnes Petersen, Hubert von Meyerinck, 102’ | 35 mm

In den 1920er Jahren bildet sich in Berlin eine Kolonie italienischer Film- schaffender, die wegen einer Produktionskrise ihr Heimatland verlassen hatten und jenseits der Alpen insbesonders im Genre des Sensations- und Abenteuerfilms Arbeit fanden. Neben beliebten Sensationsdarstellern (heu- te würde man sagen: Actionstars) wie Luciano Albertini und Carlo Aldini und Diven wie Marcella Albani und Maria Jacobini gehörten dazu auch die Regisseure Carmine Gallone, Augusto Genina und Gennaro Righelli. Letzte- rer drehte mit Der geheime Kurier nach einem Roman von Stendhal einen großen Abenteuerfilm voller Liebes-, Kampf- und Massenszenen. Vor der Juli-Revolution von 1830 schlägt sich der Sekretär Julien (gespielt vom internationalen Star Ivan Mosjukin) auf die Seite des späteren Bürger- königs Louis Phillipe und dient ihm als Geheimkurier. Vorher beendet er aber seine Liebesaffäre mit einer verheirateten Frau, die ihm diesen Schritt nicht verzeiht und gegen ihn intrigiert. Julien erschießt sie aus Rache. »Gennaro Righelli (...) schafft eine Regieleistung, wie man sie bei ihm seit Jahren nicht SWIE SONDERPROGRAMM

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mehr gesehen hat. Der große Rahmen entfesselt ihn, macht aus dem saube- ren Inszenator durchschnittlicher Geschäftsfilme einen Mann mit sicherem Blick für Wirkungen. Spielszenen, Einstellungen, Schnitt, alles klappt. Die Reiterszenen haben ein Tempo, wie sonst in den vielgerühmten amerikani- schen Spitzenwerken. (…) Das ist Filmkunst.« (Hans Feld, Film-Kurier, 26.10.1928). Gezeigt wird die soeben vom Bundesarchiv restaurierte deut- sche Fassung. (ps) Klavierbegleitung: Peter Gotthardt am 4.4. um 20.00 Uhr

44 WELTRAUMKINO EINE RETROSPEKTIVE Anlässlich des 50. Jubiläums des ersten bemannten Weltraumfluges präsentiert die Retrospektive WELTRAUMKINO eine Geschichte des Science-Fiction-Films. In ihrem Mittelpunkt stehen phantastische Visio- nen der Handlungssphäre Weltraum: Eroberungen des Kosmos, die Entdeckung extraterrestrischer Welten und die Begegnung mit frem- den Zivilisationen in fernen Galaxien. Doch auch ihr komplementäres Motiv – die Landung der Außerirdischen auf der Erde und deren Ein- dringen in »unsere« Zivilisation – prägt eine zweite, kleinere Gruppe der für die Retrospektive ausgewählten Filme. Seit den frühen 1950er Jahren ein eigenständiges Genre und bis heute von einer anhaltenden Vitalität und Popularität, ist der Science-Fiction-Film ein kaum fassba- res Genre geblieben: mitunter philosophischen Reflexionen nicht abgeneigt, zeitweise von einem schier grenzenlosen Fortschrittsglau- ben beseelt, doch immer häufiger auch von skeptischen Zukunftsvisio- nen durchzogen. Unabhängig von solchen, je unterschiedlichen Konfi- gurationen von Expansion oder Invasion, Utopie oder Dystopie hat kein anderes Medium unsere Vorstellungen von Weltall, außer­ irdischem Leben und zukünftigen Erfahrungsräumen so nachhaltig geprägt wie das Kino. Die umfassende Retrospektive spiegelt das Weltraumkino in seiner ganzen Bandbreite, legt dabei jedoch einen Schwerpunkt auf die Filme der 1950er bis 1970er Jahre. Eine Retrospektive in Zusammenarbeit mit der Emmy Noether-Forscher- gruppe »Die Zukunft in den Sternen: Europäischer Astrofuturismus und außerirdisches Leben im 20. Jahrhundert« der Freien Universität Berlin.

Destination Moon WELTRAUMKINO

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Le voyage dans la lune Die Reise zum Mond F 1902, R: Georges Méliès, D: Georges Méliès, Bleuette Bernon,Victor André, Henri Delannoy sowie Tänzerinnen des Théatre du Chátelet und Akrobaten des Folies-Bergère, 16’ | 35 mm, dt. ZT

Excursion dans la lune F 1908, R: Segundo de Chomón, 7’ | 35 mm

Himmelskibet Flug zum Mars DK 1918, R: Holger- Madsen, D: Nicolai Neilendam, Gunnar Tolnaes, Zanny Petersen, Lily Jacobson, Svend Kornbeck, Alf Blütecher, Frederick Jacobsen, 80’ | 35 mm, dän. + engl. ZT

Le voyage dans la lune Nach Motiven von Jules Vernes und H. G. Wells beschreibt Le voyage dans la lune »in einer faszi- nierenden Mischung aus umwerfender Naivität und beeindruckendem tricktechnischen Erfindungs- reichtum« (Lexikon des Internationalen Films) die Mondexpedition einer Gruppe von Wissenschaft- lern. In einer der berühmtesten Szene der Filmge- schichte landet ihr Raketengeschoss direkt im Auge des Mannes im Mond, der schmerzhaft das Gesicht verzieht. Auch die erste Begegnung mit Außerirdischen verläuft eher brutal: Mittels der mitgeführten Regenschirme werden die angreifenden Seleniten kurzerhand vernichtet, bevor die Reisegruppe überstürzt die Flucht zurück zur Erde antritt. Als profes- sioneller Zauberkünstler und Besitzer eines Theaters war Méliès’ Film so erfolgreich, dass Adaptionen desselben Stoffes nicht lange auf sich warten ließen. Excursion dans la lune stellt ein solches frühes Remake dar. Himmelskibet (Flug zum Mars) ist der erste abendfüllende Weltraumfilm der Filmgeschichte. Eine internationale Expedition unter Leitung von Kapitän Avanti Planetaros reist mit dem propellergetriebenen Luftschiff Excelsior zum Mars. Nach gefahrvoller Fahrt treffen sie dort auf eine technisch und moralisch deut- lich fortgeschrittenere Zivilisation. Die Begegnung mit dem radikal Fremden droht dramatisch zu scheitern, bis sich eine interplanetarische Liebesbeziehung entwickelt. Zuletzt erklärt sich die Tochter des Chefastronomen bereit, zusam- men mit der Mannschaft die Rückreise zur Erde anzutreten, um dort den Men- schen die Marsianer-Botschaft von Liebe, Reinheit und Frieden zu verkünden. Auf einem Buch von Sophus Michaëlis basierend und unverkennbar Motive aus Kurd Lasswitz’ Auf zwei Planeten aufgreifend, beeindruckt dieser im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs gedrehte Weltraumfilm durch sein hand-

Himmelskibet

46 WELTRAUMKINO werkliches Können und die eindeutig pazifistische Botschaft. »Wen reichlicher Aufwand von frommweißen Gewändern, blondhaarigen Jungfrauen, feier- lichen Schrittübungen und Opferfeuern vom Jammer dieser Welt auf ein paar Stunden erlösen können, der fahre mit diesem Himmelsschiff, das wohl als Goldschiff gedacht ist«, befand die Vossische Zeitung am 14. März 1918. Him- melskibet wurde 2006 vom Dänischen Filminstitut aufwändig restauriert. (ag) Klavierbegleitung: Eunice Martins Einführung: Alexander C.T. Geppert am 1.4. um 21.00 Uhr

Destination Moon Endstation Mond USA 1950, R: Irving Pichel, D: John Archer, Tom Powers, Warner Robinson, Dick Wesson, 92’ | 35 mm, OF

Amerika, irgendwann in den Fünfzigern. Eine Rakete mit einem Satelliten an Bord geht verloren, vielleicht durch Sabotage. Visionäre Industrielle ermög- lichen nun den Bau eines atomgetriebenen Raumschiffs, das nach vorzeiti- gem Start vier mutige Männer, darunter den Konstrukteur, glücklich zum Mond trägt. Aber gelingt auch die Rückkehr zur Erde? George Pal, als György Pál Marczincsak 1908 in Ungarn geboren, in den frühen 1930er Jahren Leiter eines Berliner Trickfilmstudios und seit 1940 in den USA tätig, produzierte 1950 den ersten amerikanischen Science-Fiction- Film, der die Raumfahrt physikalisch korrekt darstellte. Destination Moon basiert auf einem Roman des Zukunftsautors Robert A. Heinlein, verrät aber auch Kenntnisse der V2-Raketen, die 1945 von Deutschland in die USA transportiert und dort zu Forschungszwecken gestartet wurden. Unter der Regie von Irving Pichel entstand ein mitunter lehrhaftes, aber nie langweili- ges Technikdrama, das den Kalten Krieg andeutet, doch weitgehend unmili- tärisch daherkommt – der General im Film ist pensioniert. Die Mondlandschaften und Erdansichten malte der berühmte Weltraum- künstler Chesley Bonestell. Destination Moon gewann 1951 gegen Samson and Delilah den Oscar für die besten visuellen Effekte und erhielt im Juni bei der ersten Berlinale einen Bronzenen Bären in der Kategorie »Kriminal- und Abenteuerfilm«. Dennoch blieben die deutschen Einnahmen bescheiden. »Es ist zu wenig Erotik drin«, zitierte Der Spiegel einen Verleiher, »da fehlt das große Frauenpublikum« (30.1.1952). (rb) Einführung am 2.4.: Ralf Bülow am 2.4. um 19.00 Uhr am 10.4. um 21.00 Uhr

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The Day the Earth Stood Still Der Tag, an dem die Erde stillstand USA 1951, R: Robert Wise, K: Leo Tover, M: Bernard Herrmann, D: Michael Rennie, Patricia Neal, Sam Jaffe, Billy Gray, 92’ | 35 mm, OF

Auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs landet der Außerirdische Klaatu (Michael Rennie) in Begleitung des riesigen Roboters Gort mit einem Raum- schiff in Washington, D.C. Als interplanetarischer Abgesandter will er die Staaten der Erde vor einem Atomkrieg warnen, dessen Ausbruch die Zerstö- rung des Planeten durch eine interplanetarische Allianz zur Folge hätte. Bevor Klaatu seine Botschaft jedoch übermitteln kann, wird er irrtümlicher- weise von dem herangezogenen Militär angeschossen. Auf der Flucht vor Armee und Polizei bemüht sich Klaatu, mit Hilfe der Witwe Helen Benson (Patricia Neal) und ihres Sohnes Bobby seiner Botschaft unter den Men- schen Gehör zu verschaffen. The Day the Earth Stood Still steht am Anfang einer Strömung des ernsthaf- ten Science-Fiction-Films und hat wenig von seiner visuellen und dramatur- gischen Eindrücklichkeit verloren, die ihn zu dem bis heute einflussreichsten Weltraumfilm der 1950er Jahre gemacht hat. In dem Bemühen umeine quasi-dokumentarische Glaubwürdigkeit setzt Robert Wise weniger auf Spezialeffekte als auf die Kraft eines tiefgründigen Drehbuchs (Edmund H. North) und hervorragende Schauspielleistungen. Die Form der Science Fiction ermöglichte Wise eine tiefgreifende Reflexion des Kalten Kriegs, in dessen Hochphase die Produktion des Films fiel. Klaatu barada nikto! (tk) Einführung am 2.4.: Till Kössler am 2.4. um 21.00 Uhr am 3.4. um 21.00 Uhr

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Frau im Mond D 1929, R: Fritz Lang, D: Klaus Pohl, Willy Fritsch, Gerda Maurus, Gustav von Wangenheim, Fritz Rasp, Gustl Stark-Gstettenbaur, 184’ | 35 mm

Das von einer spannungsreichen Wechselwirkung zwischen science und fiction gekennzeichnete Melodrama Frau im Mond gilt als Höhepunkt des »Raketenrummels« der Weimarer Republik. Um seine Visionen so realistisch wie möglich zu gestalten, hatte Regisseur Fritz Lang die maßgeblichen Experten der frühen Weltraumbewegung als Berater engagiert, unter ande- rem Hermann Oberth und Willy Ley. An der Premiere im Berliner UFA-Palast am Zoo am 15. Oktober 1929 nahmen Albert Einstein, der amerikanische Botschafter und der Pressezar Alfred Hugenberg teil. Frau im Mond schuf eine eigene, lange nachwirkende Bildsprache für die neuen extraterrestri- schen Vorstellungswelten und lief mit großem Erfolg auch in englischen, französischen und amerikanischen Kinos. Wie schon Metropolis basierte auch Frau im Mond auf einem Drehbuch von Langs Noch-Ehefrau Thea von Harbou, die er kurz zuvor für die Frau im Mond selbst, die attraktive Gerda Maurus, verlassen hatte. Der Film insze- niert die erste Mondlandung zugleich als Technikspektakel, Psychodrama und komplizierte Dreiecksgeschichte. Während Lang für sich in Anspruch nahm, mit dem Film den Countdown erfunden zu haben, urteilte sein Mit- streiter, der deutsch-amerikanische Wissenschaftspublizist Willy Ley einige Jahrzehnte später, »Frau im Mond was, and (with allowances for improved movie making techniques) still is one of the best science fiction movies ever made«. (ag) Klavierbegleitung: Stephan von Bothmer Einführung: Alexander C.T. Geppert am 3.4. um 17.00 Uhr

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It Came from Outer Space Gefahr aus dem Weltall USA 1953, R: Jack Arnold, D: Richard Carlson, Barbara Rush, Charles Drake, Russell Johnson, 80’ | 35 mm, 3D-Kopie, DF

Anfangs glaubt ihm niemand. Der Hobbyastronom John Putnam steigt als erster in den tiefen Krater, den ein herabstürzender Himmelskörper in die Wüste Arizonas gerissen hat, und will seinen Augen nicht trauen: ein Raum- schiff. Doch nach einem Einsturz liegt es nun unter Erdmassen begraben. Polizei und Presse gehen von einem Asteroiden aus. Nicht einmal Johns Freundin Ellen ist sich sicher, ob sie ihm glauben soll. Doch bald passieren seltsame Dinge in der nahegelegenen Kleinstadt. Bewohner verschwinden, tauchen wenig später wieder auf, sind aber nicht mehr sie selbst. Unter der Bevölkerung bricht Panik aus; gewaltsamer Widerstand formiert sich gegen die fremde, unsichtbare Macht. Doch wer stellt für wen die größere Gefahr dar: die Außerirdischen für die Menschheit – oder umgekehrt? Aufwändig als einer der ersten Filme überhaupt im 3-D-Verfahren produ- ziert und in Stereosound vertont, setzte It Came from Outer Space nicht nur in technischer Hinsicht Maßstäbe. Auf der Erzählung The Meteor von Ray Bradbury basierend, erwies sich der erste Science-Fiction-Film des Regis- seurs Jack Arnold als stilbildend. Eindrucksvolle Filmaufnahmen aus der Perspektive der Außerirdischen kehren den Betrachtungswinkel um und zei- gen Menschen aus extraterrestrischer Sicht. Der Hauptdarsteller Richard Carlson verkörpert in seiner Rolle als John Putnam den Prototypen des Science-Fiction-Charakters schlechthin: ein von seinen Mitmenschen nicht ernst genommener Außenseiter und Amateurwissenschaftler, dem alleine die Rettung der Menschheit gelingen kann. »A genuine classic« (Bill Warren). Wir zeigen eine 3D-Kopie des Films. (tr) Einführung: Tom Reichard am 8.4. um 21.00 Uhr

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Conquest of Space Die Eroberung des Weltalls USA 1955, R: Byron Haskin, P: George Pal, D: Walter Brooke, Eric Fleming, Mickey Shaughnessy, Phil Foster, Benson Fong, 81’ | 35 mm, OF

Conquest of Space erzählt von einer Gruppe von Wissenschaftlern, die auf einer radförmigen Weltraumstation arbeiten und sich auf eine Reise zum Mond vorbereiten. Doch das Ziel der Reise wird geändert und ein fünfköpfi- ges Team macht sich auf den Weg zum Mars. Conquest of Space beabsich- tigt, basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch von Willy Ley und Chesley Bonestell die alltäglichen Herausforderungen des Lebens im All so realis- tisch wie möglich zu schildern, nimmt sich aber am Ende auch einer religiö- sen Thematik an. Der Kommandant beginnt plötzlich am Sinn der Mission zu zweifeln, da der Mensch nicht das Recht habe, den Weltraum zu erobern. Er versucht das Raumschiff zu sabotieren und wird dabei von seinem eigenen Sohn getötet, der die Mission erfolgreich zum Abschluss bringt. Die ehrgeizig inszenierten Spezialeffekte wurden von Rezensenten gelobt, doch der Film war ein kommerzieller Misserfolg, der George Pals Karriere bei Paramount beendete. Erst 1960 kehrte er mit The Time Machine zum Science-Fiction-Genre zurück. Im Rückblick lässt sich Conquest of Space als origineller und mutiger Beitrag in eine Reihe von Versuchen der 1950er und 1960er Jahre einordnen, die als unumgänglich erachtete Eroberung des Weltalls wissenschaftlich fundiert darzustellen und darüber hinaus weltan- schaulich zu deuten. (tw) Einführung: Thomas P. Weber am 9.4. um 19.00 Uhr

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Ikarie XB 1 ČSSR 1963, R: Jindřich Polák, D: Zdenek Stepánek, Radovan Lukavský, Frantisek Smolík, Otto Lackovic, 81’ | 35 mm, OmeU

Im Jahre 2163. Verzweifelt irrt ein Kosmonaut der Ikarie XB1 durch die laby- rinthischen Gänge des Raumschiffes. Es drängt ihn zurück zur Erde, doch die Fahrt geht in die Zukunft: zum Sternsystem Alpha Centauri. Auf der Suche nach neuem Leben im Weltall trifft das internationale Team der Ikarie XB1 auf tödliche Gefahren. Angelehnt an Stanisław Lems Roman Gast im Weltraum (1955) entwirft Regisseur Jindřich Polák das Bild einer künftigen Gesellschaft. Wissenschaft und Technologie sollen für ein besseres Leben aller Menschen eingesetzt und nicht für Profit- und Kriegsinteressen missbraucht werden – eine kriti- sche Antwort auf die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts. Fern von plumper Politpropaganda wirft Poláks Film Fragen auf, die heute nicht minder aktuell sind. Das Verhältnis von Mensch und Maschine, die Rolle der Wissenschaft und ihrer Grenzen, die Bedeutung von Raum und Zeit sowie das Motiv des Ikarus-Mythos werden reflektiert. Uraufgeführt ein Jahr nach der Kuba-Kri- se 1962 steht Ikarie XB1 merklich im Kontext des Kalten Krieges. Seitdem zu Unrecht in Vergessenheit geraten, gehört er nicht zuletzt dank der fesseln- den Regie, der schauspielerischen Leistungen und seiner nach wie vor aktu- ellen Gesellschaftskritik zu den interessantesten Filmen der wissenschaftli- chen Fantastik des früheren Ostblocks. »Zweifellos ein bemerkenswert eigenständiges Werk« (Dario Magno). (kr) Einführung: Katja Rippert am 9.4. um 21.00 Uhr

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Forbidden Planet Alarm im Weltall USA 1956, R: Fred McLeod Wilcox, D: Walter Pidgeon, Anne Francis, Leslie Nielsen, Warren Stevens, Jack Kelly, 99’ | 35 mm, OF

Forbidden Planet ist der vielleicht vielschichtigste Weltraumklassiker der 1950er Jahre, an dem sich nicht zuletzt die enorme Popularität ablesen lässt, die die Psychoanalyse zu dieser Zeit in Hollywood genoss. John J. Adams (Leslie Nielsen in seiner ersten Rolle), Commander des Weltraumkreuzers C-57-D, hat von der Regierung der Vereinten Planeten den Auftrag erhalten, zum Planeten Altair IV zu fliegen, um dort das Schicksal einer vor zwanzig Jahren verschollenen Expedition aufzuklären. Nur der wahnsinnig geworde- ne Leiter des damaligen Unternehmens, Professor Morbius, hat zusammen mit seiner ebenso schönen wie unschuldigen Tochter Altaira (die kürzlich verstorbene Anne Francis in ihrer ersten bekannten Rolle) überlebt. Heimli- cher Held des Films ist jedoch Robby, ein omnipotenter Roboter. Die Mischung aus Freudschen Theoremen, elektronischer Musik (Bebe und Louis Barron) und unverhohlenen Anleihen bei Shakespeares Tempest machen Forbidden Planet zur letzten großen space opera vor den 1970er Jahren. Zugleich wirft der Film große Fragen nach der Beherrschbarkeit der Technik wie des Selbst auf. »Outer Space is unthinkable without monsters, and it must be becoming more and more difficult to invent a new and satisfactory brand. The way Forbidden Planet solves this particular problem is masterly«, befand die Times am 11. Juni 1956, während ihr New Yorker Pendant anspielungs- reich titelte: »Forbidden Planet is out of this world« (4.5.1956). (ag) Einführung: Alexander C.T. Geppert am 22.4. um 21.00 Uhr

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Der schweigende Stern DDR/PL 1960, R: Kurt Maetzig, D: Yoki Tani, Oldrich Lukes, Ignacy Machowski, Julius Ongewe, Michail N. Postnikow, Kurt Rackelmann, Günther Simon, Eva-Maria Hagen, 95’ | 35 mm

1960, keine zweieinhalb Jahre nachdem Sputnik I als erster künstlicher Satellit die Erde umkreiste, kam Der schweigende Stern als erster Science- Fiction-Film der DEFA in die Kinos. Einer ihrer Gründungsväter, Kurt Maetzig, führte Regie bei dieser deutsch-polnischen Co-Produktion nach dem Roman Die Astronauten von Stanisław Lem. Eva-Maria Hagen ist in einer Nebenrol- le zu bewundern. Bereits diese wenigen Eckdaten verorten Der schweigen- de Stern mitten in der DDR-Kulturgeschichte. 1970 entschlüsselt ein internationales Team von Wissenschaftlern bruch- stückhaft eine Botschaft von Venus-Bewohnern und bricht zu einer Expedi- tion ins Weltall auf. Dort entdecken und erforschen sie in tricktechnisch meisterhaft inszenierten Sequenzen das Overkill-Szenario der atomar zer- störten Venus. Maetzig knüpfte an Bilder aus Fritz Langs Frau im Mond an und verbrauchte eine ganze DDR-Jahres-Produktion an Leim. Die Helden müssen schließlich unter Opfern fliehen und warnen die Menschheit, auf der Venus etwas gesehen zu haben, »was uns zugedacht war«. Zwischen span- nungsreicher Inszenierung und eindeutiger Botschaft oszillierend, ist Der schweigende Stern nicht nur dem Science-Fiction-Genre verpflichtet, son- dern auch als Spielart des DDR-Gegenwartskinos zu begreifen. (af) Einführung am 23.4.: Anna Frank am 23.4. um 19.00 Uhr am 24.4. um 21.00 Uhr

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Invaders from Mars Invasion vom Mars USA 1953, R: William Cameron Menzies, D: Jimmy Hunt, Helena Carter, Arthur Franz, 81’ | 35 mm, OF

Vor dem House Committee on Un-American Activities wurde in der McCarthy- Ära nicht nur die Integrität hochrangiger Wissenschaftler in Frage gestellt, sondern auch prominente Köpfe der Hollywood-Industrie diskreditiert. Die Angst vor gesellschaftlicher Unterwanderung richtet sich in Invaders from Mars allerdings nicht direkt gegen ein vermeintlich kommunistisches Ein- dringen. Vielmehr ist es ein in einer Sandgrube vergrabenes UFO, von dem aus Außerirdische eine amerikanische Kleinstadt zu infiltrieren beginnen und binnen kurzem ihre soziale Grundlagen erodieren lassen. Invaders from Mars verfolgt die beunruhigenden Vorkommnisse aus der Per- spektive des zehnjährigen David MacLean. Dieser wird Zeuge, wie seine Eltern und andere Stadtbewohner in der verdächtigen Sandgrube ver- schwinden, um kurze Zeit später wesensverändert zurückzukehren. Ver- zweifelt offenbart sich David einem Astronomen und einer Ärztin, die als einzige die der gesamten Menschheit drohende Gefahr erkennen wollen. Alles deutet darauf hin, dass die Außerirdischen beabsichtigen, die Entwick- lung einer atomaren Weltraum-Abwehrrakete in einer nahegelegenen Mili- tärbasis zu sabotieren. Invaders from Mars inszeniert das Motiv der gesellschaftlichen Unterwan- derung in temporeicher Science-Fiction-Manier und zugleich als bösen Traum eines aufgeweckten Kindes. Davids familiäre Idylle schlägt in Ent- fremdung und Misstrauen um, vertraute Autoritäten bedrohen die innere Sicherheit einer verunsicherten Nation. Menzies, der als Genie des Set- Designs galt und spätestens seit seiner Verfilmung von H. G. Wells‘ Roman Things to Come (1936) zu den großen Science-Fiction-Regisseuren zählte, schuf mit Invaders from Mars einen ebenso phantasievollen wie verstören- den Klassiker, der das gesamte Genre nachhaltig prägte. (fm) Einführung: Friederike Mehl am 24.4. um 19.00 Uhr

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2001: A Space Odyssey 2001: Odyssee im Weltraum USA 1968, R: Stanley Kubrick, D: Gary Lockwood, Keir Dullea, William Sylvester, Douglas Rain (HALs Stimme), 141’ | 35 mm, OF

Während der space race zwischen den Supermächten in seine Hochphase ein- trat, lief in den Kinos einer der kühnsten und einflussreichsten Science-Fiction- Filme aller Zeiten an, Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey. Basierend auf einer Kurzgeschichte des britischen Schriftstellers Arthur C. Clarke erneuerte 2001 wie kein anderer Weltraumfilm ein Genre, das sich bis dahin vor allem durch unglaubwürdige Darstellungen glotzender Monster und verrückter Wis- senschaftler ausgezeichnet hatte. 2001, schrieb die F.A.Z. am 31.12.1969, »versetzt in einen Wachtraum oder in eine Halluzination. Das Technologische wird zum Vehikel der Verwandlung des Sensoriums. Der Film antizipiert, weil er an wissenschaftliche Erkenntnisse und reale Erfahrungen anknüpfen kann, die Epoche. Er versetzt magisch in eine Zeit, die hinter der Jahrtausendschwel- le liegt.«Eingerahmt von der Entdeckung mysteriöser schwarzer Monolithen, erzählt der Film eine Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Von der Erfin- dung des Werkzeugs in prähistorischen Zeit bis zum Routineflug zum Mond im Jahr 2001, über verschiedene Orte, Sphären und Zeiten hinweg scheinen die außerirdischen Artefakte unbekannter Herkunft tiefgreifende Auswirkun- gen zu haben. Auf der Suche nach ihrem Schöpfer dringt der Mensch in immer entlegenere Gefilde vor, findet jedoch nur zusehends verlorenere Spiegelbilder seiner selbst. Kubricks Obsession für Ausstattungsdetails zusammen mit dem atemberaubendem Soundtrack (u.a. Richard Strauss, Johann Strauß) erschaf- fen weit mehr als ein nur ehrfürchtiges und realistisches Weltraumdrama. Vielmehr berührt 2001 auch die unermesslichen Sphären imaginärer Welten, die unsere Träume und Taten miteinander verbinden. »Wenn Sie 2001 voll- ständig verstanden haben, haben wir versagt: Wir wollten viel mehr Fragen stellen, als wir beantwortet haben« (Arthur C. Clarke). (wm) Einführung in englischer Sprache am 27.4.: William R. Macauley am 27.4. um 20.00 Uhr am 30.4. um 18.00 Uhr

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I Aim at the Stars Wernher von Braun (Ich greife nach den Sternen) BRD/USA 1960, R: J. Lee Thompson, D: Curd Jürgens, Victoria Shaw, Herbert Lom, James Daly, 107’ | 16 mm, OF

Der bereits im Vorfeld kontrovers diskutierte Wernher-von-Braun-Film mit Curd Jürgens in der Hauptrolle feierte seine Premiere am 19. August 1960 in München. Der berühmte Raketenpionier, für dieses Ereignis eigens aus den USA angereist, äußerte sich zufrieden: die Darstellung entspreche weitge- hend den Geschehnissen. Während er mit den Schauspielern feierte, kam es außerhalb des Kinos zu Protesten mit Handzetteln. Gerade auf einen Direk- torenposten bei der NASA gewechselt, sah sich von Braun zunehmend Kritik an seiner Vergangenheit als Waffenentwickler für die Nationalsozialisten und für das amerikanische Militär ausgesetzt. Der Film, so wurde befürchtet, versuche die Weste des Deutsch-Amerikaners reinzuwaschen. Tatsächlich unterschlägt I Aim at the Stars, der die Lebensgeschichte Wern- her von Brauns von dessen Jugend über seine Zeit als Direktor der Heeres- versuchsanstalt Peenemünde bis in die Tage bei der US Army erzählt, ver- schiedene unbequeme Details. Erstaunlich offensiv versucht der Film jedoch auch, moralische Fragen zu thematisieren, allerdings ohne eine politische Seite für sich gewinnen zu können. So beklagte die F.A.Z. die bemühten »Entblößungen des Helden«: »Obwohl der Film einen englischen Regisseur hat und außer Jürgens kaum einen wesentlichen deutschen Darsteller zeigt, ist zu befürchten, daß das Urteil der Europäer über den in diesem Falle aufgewandten Takt auf das Konto der Nation kommt, aus der Braun stammt. Das ist Pech.« (1.9.1960). (db) Einführung: Daniel Brandau am 29.4. um 21.00 Uhr

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Dark Star USA 1974, R: John Carpenter, D: Dan O’Bannon, Cal Kuniholm, Brian Narelle, Dre Pahich, Joe Saunders, 82’ | 35 mm, DF

Seit zwanzig Jahren durchkreuzt das Raumschiff Dark Star viele Parallaxen- sekunden von der Erde entfernte Gala- xien. Seine Mission ist es, mit Hilfe intelligenter Atombomben instabile Planeten zu zerstören. Seit der Kom- mandant nach einem Unfall in Kryos- tase aufbewahrt wird, häufen sich an Bord die Probleme, selbst die Boden- station hat das Raumschiff aufgege- ben. Die vier zunehmend resignierten Crew-Mitglieder machen weiter Dienst nach Vorschrift und entspannen bei Country-Musik in der Kajüte. Das Arbeitsmotto von Sergeant Doolittle, der das Kommando übernommen hat, lautet »Who cares?«. Die unendliche Langeweile im All lässt die Reise der Dark Star eher als verlorene Mission denn als Abenteuer im Weltraum erscheinen. Der Debütfilm von John Carpenter entstand unter Mitarbeit von Don O’Bannon mit einem Budget von nur 60.000 Dollar. Gemeinsam übernah- men sie Regie, Drehbuch, Produktion, Musik, Schnitt und Special Effects. O’Bannon spielte zudem die Rolle des Sergeant Pinback. Das zeitgenössi- sche Urteil über den Film fiel positiv aus. Dark Star »could well be the best news for the cinema in a long time«, schrieb die Times am 10.3.1978. Kult- status erreichte der Film als Parodie auf Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey. Auch in Dark Star entwickeln der Bordcomputer und vor allem Atombombe Nummer 20 ein unberechenbares Eigenleben. Am Ende stellt sich für die Crew – und das Publikum – die Frage, ob es Sergeant Doolittle gelingen wird, die Bombe unter Anwendung cartesianischer Logik von der Sprengung des Raumschiffs abzuhalten. (os, abs) Einführung am 30.4.: Olga Sparschuh und Anna Barbara Sum am 30.4. um 21.00 Uhr am 1.5. um 21.00 Uhr

Signale – Ein Weltraumabenteuer DDR/PL 1970, R: Gottfried Kolditz, D: Piotr Pawlowski, Jewgeni Sharikow, Alfred Müller, Gojko Mitic, Helmut Schreiber, 91’ | 35 mm

In ferner Zukunft bewegt sich im zweiten Science-Fiction-Film der DEFA ein internationales Astronauten-Team durch das weitgehend erschlossene Weltall. Die sechsköpfige Mannschaft um den eigensinnigen Kommandan- ten Veikko sucht mit der Laika – entgegen aller pessimistischen Computer- Prognosen – zwischen Jupiter und Mars nach dem verschollenen Raum- schiff Ikarus. Während die Laika-Mannschaft auf den Unglücksort zusteuert und ihre Gedanken dabei um menschliche Beziehungen, Haltungen und

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Schicksale kreisen, kämpfen die Kosmonauten auf der Ikarus um ihr nacktes Überleben. Es spielen unter anderem Alfred Müller, Hauptdarsteller im 1965 spektakulär verbotenen Maetzig-Film Das Kaninchen bin ich, und Gojko Mitic, Hauptdarsteller in mehreren DEFA-Indianerfilmen. Signale ist als teuerster Film der DEFA-Geschichte eine Inszenierung der technischen Möglichkeiten und zugleich Ausdruck einer Hinwendung zu individuellen Helden im Spielfilm: »Was da an raumfahrttechnischen Kon- struktionen in eindrucksvollen Trickaufnahmen im Bild erscheint und kaum einen Vergleich mit Hollywoods Superschau 2001: Odyssee im Welt- raum zu scheuen braucht, basiert auf heutigen Erfahrungen und nimmt nur wahrscheinliche künftige Entwicklungen vorweg« (Der Tagesspiegel, 10.1.1971). (af) Einführung: Anna Frank am 1.5. um 19:00 Uhr

Soljaris Solaris UdSSR 1972, R: Andrei Tarkowski, D: Donatas Banionis, Natalja Bondartschuk, Jurij Jarvet, Anatoloij Solinicin, 171’ | 35 mm, OmeU

Solaris hat keine Eile und lässt dem Zuschauer Zeit, durch den imaginären Raum zu schweben und zu irren. Erin- nerungen und Panoramen des Selbst irgendwo im Weltraum, eine mysteri- öse Intelligenz, mit der nicht kommu- niziert werden kann und die unver- ständlich intelligenter als der Mensch ist und ihn zugleich spiegelt. Dieses Meisterwerk des Science-Fiction-Gen- res, eine Adaption des gleichnamigen Bestsellers von Stanisław Lem, stellt zugleich eine Reflexion über die Verbindung von Realität und Imagination dar, über die Darstellung menschlichen Lebens in der Kunst und nicht zuletzt über Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey von 1968. Der Psychologe Kris Kelvin erhält den Auftrag, über das Fortbestehen von wissenschaftlichen Untersuchungen im Orbit des Planeten Solaris zu ent- scheiden, welcher von einem sonderbaren Ozean bedeckt ist. Dort ange- kommen, findet er eine desolate Raumstation und nur noch zwei Besat- zungsmitglieder vor. Als Kris den Ort erkundet, trifft er auf seine Jahre zuvor verstorbene Ehefrau Hari und beginnt einen Kampf mit sich selbst, während sich das Schicksal von Mensch und Solaris immer weiter verweben. Zählt Solaris heute zu den herausragenden Werken Tarkovskijs, schien er zeitgenössischen Kritikern in Ost und West vor allem dessen systemüber- greifendes Außenseiterdasein zu bestätigen. »Perhaps it is an indirect reflection of his own situation in the Soviet cinema – an accute and aggra- vated instant… – that all Tarkovsky’s films have dealt with man’s survival in alien worlds,« schrieb die Times am 4. Mai 1973. (jb) Einführung: Julia Breittruck am 4.5. um 19.30 Uhr

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The Man Who Fell to Earth Der Mann, der vom Himmel fiel GB 1976, R: Nicolas Roeg, D: David Bowie, Rip Torn, Candy Clark, 138’ | 35 mm, DF

»In Brueghel‘s Icarus, for instance: how everything turns away / Quite leisurely from the disaster« – diese Zeile aus einem Gedicht von W. H. Auden und das Bild von Pieter Brueghel, das es beschreibt, stehen am Beginn von Nicolas Roegs The Man Who Fell to Earth. Der Film erzählt von Thomas Jerome Newton, einem humanoiden Alien, der auf die Erde kommt, um Wasser für seinen vertrocknenden Heimatplaneten zu sammeln und sei- ne verdurstende Familie zu retten. Dank seines extraterrestrischen Wissens erlangt Newton binnen kurzem unermesslichen Reichtum, aber seine Missi- on scheitert. Unter dem betäubenden Doppel-Einfluss von Alkohol und Fern- sehen wendet er sich von dem Desaster seines Planeten ab, nachdem sich zuvor seine irdischen Freunde von seinem Desaster abgewendet haben. Ika- rus fällt zur Erde und zerbricht an ihrer rauen Realität. Thomas Jerome Newton ist eine Rockstar-Existenz: bewundert, überlegen und doch einsam. David Bowie verkörpert diese Figur. 1976, auf dem Höhepunkt seines Starruhms und Drogenkonsums, bedarf er keiner Maske, um »alien«, fremd und entfremdet, zerbrechlich und isoliert zu wirken. Diese Stimmungen evoziert auch die collagenartige, episodische Inszenierung von Nicolas Roeg. »Mit seinem Film hat das Science-Fiction-Genre, oft fälschlich als trivial geschmäht, einen neuen Höhepunkt erreicht.« (Die Zeit, 27.8.1976). (tb) Einführung: Tobias Becker am 6.5. um 21.00 Uhr

District 9 USA/NZ/ZA 2009, R: Neill Blomkamp, P: Peter Jackson, D: Sharlto Copley, Jason Cope, David James, 112’ | 35 mm, OF

Anfang der achtziger Jahre brachte ein über Johannesburg gestrandetes Raumschiff dessen außerirdische Passagiere auf die Erde. Seit die anfängli- che Neugierde der Menschheit gegenüber den harmlosen Aliens erloschen ist, leben diese zusammengepfercht im District 9 getauften Slum, wo sie als

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Opfer von Schikane und Ausbeutung zunehmend in Apathie verfallen. Doch nicht alle Gettobewohner fügen sich in ihr Schicksal, als ein multinationales Unternehmen beauftragt wird, die so genannten prawns in ein weiter ent- ferntes Lager umzusiedeln. Zum unverhofften Verbündeten und Wanderer zwischen den Welten mutiert der graue Verwaltungsangestellte Wikus van der Merwe. Seinen kafkaesken Erlebnissen folgend, avanciert der Film zur Fabel für Segregation und Xenophobie. Der selbst aus Johannesburg stammende Regisseur Neill Blomkamp, ein Pro- tegé des Produzenten Peter Jackson, inszenierte mit District 9 einen modernen Klassiker, dessen Authentizität im Arrangement ausgereifter Spezialeffekte und Elementen des cinéma vérité fußt. Dank pseudodokumentarischer Passa- gen und dem »Dreck des Gettos«, durch welchen »die gesamte Geschichte des Filmgenres« (F.A.Z., 15.9.2009) gezogen wird, entstand ein beklemmend realistischer Science-Fiction-Film. Eine unkonventionelle Marketingstrategie bescherte dem vergleichsweise günstig produzierten Werk großen finanziel- len Erfolg, zu welchem sich zu Recht Zuspruch aus Hollywood (vier Oscar- Nominierungen) und Fachkreisen (Bradbury Award-Gewinner) gesellte. (cj) Einführung am 7.5.: Christian Johann am 7.5. um 18.30 Uhr am 8.5. um 21.00 Uhr

Contact USA 1997, R: Robert Zemeckis, D: Jodie Foster, Matthew McConaughey, Tom Skerritt, John Hurt, 150’ | 35 mm, OmU

Als Contact 1997 in die Kinos kam, hatte der Stoff des Films schon eine lange Vorgeschichte. Der Autor und Astronom Carl Sagan, selbst ein Pionier der SETI-Forschung (Search for Extra-Terrestrial Intelligence), hatte bereits Ende der 1970er Jahre die Filmidee entwickelt, um das umstrittene For- schungsfeld SETI in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Contact nähert sich der Frage, ob im Weltall intelligentes Leben existiert, zunächst auf durchaus irdische Weise. Die erfolgreiche Wissenschaftlerin Ellie Arroway (Jodie Foster) sieht sich bei ihrem Forschungsprojekt, Radiowellen auf Zeichen

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aus dem All abzuhören, mit Skepsis und Misstrauen aus der männlichen Wissenschaftswelt und religiösen Kreisen konfrontiert. Dabei stellt der Regisseur Robert Zemeckis weitreichende Fragen und inszeniert diese mit bisweilen humoristischen Zügen. Er setzt weniger auf Spezialeffekte, son- dern rückt die Story in ein scheinbar reales Umfeld, in dem wiederholt CNN- News und Bill Clinton eingeblendet werden. Erst als Ellie Signale vom Stern Vega empfängt, nimmt die Geschichte eine entscheidende Wendung. Den- noch: »In dem Augenblick, als das Fremde konkret wird, verliert es jeglichen Reiz und zurück bleibt die traurige Erkenntnis: wie man ins All ruft, so schallt es hinaus.« (F.A.Z., 9.10.1997). (kh) Einführung: Katharina Hochmuth am 7.5. um 21.00 Uhr

La planète sauvage Der fantastische Planet F/ČSSR 1973, R: René Laloux, Originalzeichnungen: Roland Topor, 72’ | 35 mm, OmeU

Der einzige, 1973 in Cannes preisgekrönte, Zeichentrickfilm in dieser Retro- spektive besticht durch seine ungewöhnliche Ästhetik, mit der Regisseur René Laloux und Zeichner Roland Topor eine bedrückende Parabel erzählen. Auf dem weder in Raum noch Zeit fixierten Planeten Ygam leben die Draags – riesengroße, blauhäutige Androiden, deren Zivilisation ein so hohes Niveau erreicht hat, dass sie sich ausschließlich der Meditation widmen können. Die wenigen, Oms (= hommes) genannten Menschen, die die Draags vom Planeten Terra haben retten können, halten sie sich als Haustie- re und Spielzeug für ihre Kinder. Als es einem dieser Oms gelingt, aus sei- nem Luxusgefängnis auszubrechen, organisieren sie sich und zetteln eine brutale Revolte an. Das Machtverhältnis kippt erst, als die Oms eine verlas- sene Raketenbasis einnehmen und von dort zu einem fremden Planeten fliehen, wo sie den Draags ihr Geheimnis entreißen können. »Unheilvolle Fabeltiere, fleischfressende Pflanzen, die ihre Beute in langen Fangarmen und Schlingkäfigen zu Tode schütteln, Bäume und Sträucher mit krallen- und säbelförmigen Dornen beherrschen die metaphysischen Land- schaften. Das bedrohlichste ist, daß das Phänomen, welches Topor in Abfol- gen grausiger Allegorien schildert, auf erschreckende Weise zeitlos und demnach beliebig reproduzierbar ist,« schrieb die F.A.Z. (28.2.1976), wäh- rend das Lexikon des Internationalen Films trotz der mitunter überraschen- den Brutalitäten von einem »Markstein in der Geschichte des Zeichentrick- films« spricht. (ag) Einführung: Alexander C.T. Geppert am 8.5. um 19.00 Uhr

62 WIEDERENTDECKT Wiederentdeckt – so heißt unsere filmhistorische Reihe, kuratiert von CineGraph Babelsberg, die einmal im Monat vergessene Schätze der deutschen Filmgeschichte vorstellt. Zu sehen sind Werke, die oft- mals im Schatten jener Filme stehen, die den deutschen Filmruhm begründet haben. Sie sind Zeugnisse einer wirtschaftlich leistungs- fähigen und handwerklich ambitionierten Filmindustrie. Erstaunlich viele dieser Filme »aus der zweiten Reihe« sind erhalten. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deut- schen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen recherchieren die Mitarbeiter von CineGraph Babelsberg diese Filme und analysie- ren sie im historischen Kontext. Sie erstellen Begleitblätter für das Publikum, führen in die Filme ein und dokumentieren ihre For- schungsergebnisse im Filmblatt, der Zeitschrift von CineGraph Babelsberg. Eine Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit CineGraph Babels- berg, dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen

Der Kaiser von Kalifornien WIEDERENTDECKT

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Der Kaiser von Kalifornien D 1936, B/R: Luis Trenker, D: Luis Trenker, Viktoria von Ballasko, August Eichhorn, Reinhold Pasch, 101’ | 35 mm

Noch über 20 Jahre nach seinem Tod ist das Werk von Luis Trenker einerseits weitgehend vergessen und andererseits umstritten. Diese Ambivalenz liegt vorrangig im umfangreichen Œuvre und in der Persönlichkeit dieses Schau- spielers, Regisseurs und Autors begründet. Zu Ruhm gelangte Trenker anfangs der 1930er Jahre als Bergfilmer, der auch gewagteste Stunts im Gletschereis selbst gestaltete und kein Double duldete. Später wechselte er die Genres mit Professionalität und Leidenschaft, schrieb auch Romane und gab Fotobücher heraus. Zeitgenossen beschrieben ihn als rigorosen Indivi- dualisten von strotzender Vitalität, der flexibel auch ungewöhnliche Mittel einsetzte und wechselte, um seine künstlerischen Ziele zu erreichen. In Der Kaiser von Kalifornien sind viele Facetten der Persönlichkeit Trenkers vereint. Die Genrebezeichnungen für diesen Film fallen deshalb auch höchst unterschiedlich aus: Expeditionsfilm, Abenteuerfilm, Western, zudem historisch und exotisch. Und tatsächlich ist von jedem etwas in dem Film enthalten. Der Kaiser von Kalifornien erzählt die Geschichte von Aufstieg und Niedergang des deutschen Abenteurers Suter, der im Amerika des 19. Jahrhunderts in der Gegend, die später Kalifornien genannt wird, Siedlungen mit Ackerbau und Viehzucht gründet und sich allmählich so vergrößert, dass er bald »Kaiser von Kalifornien« genannt wird. Doch dann wird auf seinem Land Gold gefunden und das massenhafte Goldfieber zerstört alle moralischen Bindungen... (ga) Einführung: Tobias Hochscherf (Fachhochschule Kiel) am 1.4. um 18.30 Uhr

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Pest in Florenz D 1919, R: Otto Rippert, B: Fritz Lang, Bauten: Hermann Warm, Franz Jaffé, Walter Reimann, Walter Röhrig, P: Erich Pommer, D: Theodor Becker, Marga Kierska, Julietta Brandt, 101’ | 35 mm

Nur vier Monate nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, nach Revolution und Republikgründung, in einer Zeit der Unruhe, des Hungers und des Aufbruchs beginnt in Weißensee die Produktion von Pest in Florenz, einem Gegenstück zu Ernst Lubitschs Revolutionsoperette Madame Dubarry aus dem gleichen Jahr. Voller Pracht und Spektakel erhebt dieser erste Film der Decla-Welt- klasse den Anspruch, mit den Monumentalfilmen aus Hollywood gleichzu- ziehen. Die Außenaufnahmen wurden unter anderem im Park von Schloss Linderhof gedreht. Das Drehbuch schrieb Fritz Lang, Pest in Florenz ist eines seiner wenigen erhaltenen Frühwerke. Erzählt wird eine Geschichte aus dem Florenz der Renaissance, wo die wunderschöne Kurtisane Julia dem Machthaber der sittenstrengen Stadt wie auch seinem Sohn den Kopf ver- dreht. Als der Vater sie aus Eifersucht foltern lässt, erschlägt ihn der Sohn, und es beginnt eine Zeit des Sinnenrausches, der freien Liebe und Zügello- sigkeit. Dann aber hält eine andere weibliche Macht Einzug: die Pest, die das lebenslustige Florenz in eine Stätte des Grauens verwandelt. Wie in seinen späteren Filmen misst Lang auch schon in Pest in Florenz der Ausstattung großes Gewicht bei, gewinnt der vertikalen architektonischen Ordnung besondere dramaturgische Spannung ab und spinnt ein ganzes

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Netz kunsthistorischer Verweise, die bis zu den Gemälden Arnold Böcklins reichen. Zudem kreist sein Film bereits um zwei Hauptmotive, die Lang in Metropolis (1927) erneut aufgreift: den ödipalen Konflikt des Mannes und das dämonische Wesen der Frau. Gezeigt wird die restaurierte Fassung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. (ps, uvk) Pest in Florenz wird eingeführt von Ursula von Keitz, die als Professorin für Film-/AV-Medienwissenschaft an der Universität Bonn lehrt. Klavierbegleitung: Eunice Martins Einführung: Ursula von Keitz am 6.5. um 18.30 Uhr

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Morgen in Alabama

It Came from Outer Space MAI 2011 und APRIL inoprogramm K

67 The Day the Earth Stood Still

Fr 1.4. 18.30 WIEDERENTDECKT Der Kaiser von Kalifornien, D 1936, Luis Trenker, 101’ Einführung: Tobias Hochscherf Seite 64 21.00 WELTRAUMKINO Le voyage dans la lune / Die Reise zum Mond, F 1902, Georges Méliès, 16’, dt. ZT Excursion dans la lune, F 1908, Segundo de Chomón, 7’ Himmelskibet / Flug zum Mars, DK 1918, Holger-Madsen, 73’, dän. + engl. ZT Klavierbegleitung: Eunice Martins Einführung: Alexander C.T. Geppert Seite 46 Sa 2.4. 19.00 WELTRAUMKINO Destination Moon / Endstation Mond, USA 1950, Irving Pichel, 92’, OF Einführung: Ralf Bülow Seite 47 21.00 WELTRAUMKINO The Day the Earth Stood Still / Der Tag, an dem die Erde stillstand, USA 1951, Robert Wise, 92’, OF Einführung: Till Kössler Seite 48 So 3.4. 17.00 WELTRAUMKINO Frau im Mond, D 1929, Fritz Lang, 184’ Klavierbegleitung: Stephan von Bothmer Einführung: Alexander C.T. Geppert Seite 49 21.00 WELTRAUMKINO The Day the Earth Stood Still / Der Tag, an dem die Erde stillstand, USA 1951, Robert Wise, 92’, OF Seite 48 Mo 4.4. 20.00 S WIE SONDERPROGRAMM Der geheime Kurier, D 1928, Gennaro Righelli, 102’ Klavierbegleitung: Peter Gotthardt Seite 43 Di 5.4. 20.00 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Oberwachtmeister Schwenke, D 1934, Carl Froelich, 93’ Einführung: Michael Wedel Seite 36 Mi 6.4. 20.00 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Dienst am Volk, D 1928/29, Walter Oberwinder, 80’ Klavierbegleitung: Peter Gotthardt Einführung: Jeanpaul Goergen Seite 36

68 Programmübersicht APRIL

Do 7.4. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET Mönche, Tänzer und Soldaten – Das Kloster Kumbum, D 1926/1953, Erich Palme, 30’ The Search for Shangri-la. Tibet on Film 1922-1950, GB 2010, 82’, engl. ZT Mit musikalischer Begleitung Einführung: Jan Henselder Seite 29 Fr 8.4. 18.30 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Nachts, wenn der Teufel kam, BRD 1957, Robert Siodmak, 104’ Einführung: Philipp Stiasny Seite 37 21.00 WELTRAUMKINO It Came from Outer Space / Gefahr aus dem Weltall (3D), USA 1953, Jack Arnold, 80’, DF Einführung: Tom Reichard Seite 50 Sa 9.4. 19.00 WELTRAUMKINO Conquest of Space / Die Eroberung des Weltalls, USA 1955, Byron Haskin, 81’, OF Einführung: Thomas P. Weber Seite 51 21.00 WELTRAUMKINO Ikarie XB 1, ČSSR 1963, Jindřich Polák, 81’, OmeU Einführung: Katja Rippert Seite 52 So 10.4. 19.00 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Im Namen des Volkes, D 1939, Erich Engels, 84’ Einführung: Philipp Stiasny Seite 38 21.00 WELTRAUMKINO Destination Moon / Endstation Mond, USA 1950, Irving Pichel, 92’, OF Seite 47 Di 12.4. 20.00 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Ein deutsches Schicksal – Kriminalkommissar Alfred Aedtner, BRD 1987, Yoash Tatari, 44’ In Anwesenheit von Yoash Tatari Seite 38 APRIL Mi 13.4. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET Cesta vede do Tibetu / Der Weg führt nach Tibet, ČSSR/CN 1954, Vladimír Sís, Josef Vaniš, 60’ Einführung: Jarmila Ptackova Seite 30 Do 14.4. 18.30 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Jeden / Dekalog, Eins, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 53’, OmeU Dekalog, Dwa / Dekalog, Zwei, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 58’, OmeU Einführung: Claus Löser Seite 6 21.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Trzy / Dekalog, Drei, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 55’, OmeU Dekalog, Cztery / Dekalog, Vier, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 55’, OmeU Seite 7

Nachts, wenn der Teufel kam

69 Forbidden Planet

Fr 15.4. 19.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Pięć, Krótki Film o zabijaniu / Dekalog, Fünf, Ein kurzer Film über das Töten, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 84’, OmU Seite 8 21.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Sześć, Krótki film o miłości / Dekalog, Sechs, Ein kurzer Film über die Liebe, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 83’, OmU Seite 9 Sa 16.4. 18.30 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Siedem / Dekalog, Sieben, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 55’, OmeU Dekalog, Osiem / Dekalog, Acht, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 54’, OmeU Seite 10 21.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Dziewięć / Dekalog, Neun, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 58’, OmeU Dekalog, Dziesięć / Dekalog, Zehn, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 57’, OmeU Seite 12 So 17.4. 16.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog Jeden / Dekalog, Eins, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 53’, OmeU Dekalog, Dwa / Dekalog, Zwei, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 58’, OmeU Seite 6 18.30 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Trzy / Dekalog, Drei, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 55’, OmeU Dekalog, Cztery / Dekalog, Vier, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 55’, OmeU Seite 7 21.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Pięć, Krótki Film o zabijaniu / Dekalog, Fünf, Ein kurzer Film über das Töten, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 84’, OmU Seite 8 Mo 18.4. 20.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Sześć, Krótki film o miłości / Dekalog, Sechs, Ein kurzer Film über die Liebe, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 83’, OmU Seite 9 Di 19.4. 20.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Siedem / Dekalog, Sieben, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 55’, OmeU Dekalog, Osiem / Dekalog, Acht, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 54’, OmeU Seite 10 Mi 20.4. 20.00 FILM POLSKA: DEKALOG Dekalog, Dziewięć / Dekalog, Neun, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 58’, OmeU Dekalog, Dziesięć / Dekalog, Zehn, PL/BRD 1989, Krzysztof Kieślowski, 57’, OmeU Seite 12

70 Programmübersicht APRIL

Do 21.4. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET Ba ge nanjie shiliu hao / No. 16, Barkhor South Street, CN 1996, Duan Jin-Chuan, 100’, OmeU Seite 30 Fr 22.4. 18.30 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Herr Schmidt von der Gestapo – Filmische Dokumentation einer Beamtenkarriere, DDR 1989, Róza Berger-Fiedler, 106’ Einführung: Elke Schieber Seite 39 21.00 WELTRAUMKINO Forbidden Planet / Alarm im Weltall, USA 1956, Fred McLeod Wilcox, 99’, OF Einführung: Alexander C.T. Geppert Seite 53 Sa 23.4. 19.00 WELTRAUMKINO Der schweigende Stern, DDR/PL 1960, Kurt Maetzig, 95’ Einführung: Anna Frank Seite 54 21.00 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Kriminalkommissar Eyck, D 1939/40, Milo Harbich, 87’ Seite 39 So 24.4. 19.00 WELTRAUMKINO Invaders from Mars / Invasion vom Mars, USA 1953, William Cameron Menzies, 81’, OF Einführung: Friederike Mehl Seite 55 21.00 WELTRAUMKINO Der schweigende Stern, DDR/PL 1960, Kurt Maetzig, 95’ Seite 54 Di 26.4. 20.00 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Land der Vernichtung, D 2004, Romuald Karmakar, 140’ Seite 40 Mi 27.4. 20.00 WELTRAUMKINO 2001: A Space Odyssey, 2001: Odyssee im Weltraum, GB/USA 1968, Stanley Kubrick, 141’, OF Einführung: William R. Macauley (in englischer APRIL Sprache) Seite 56 Do 28.4. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET Tibetische Erinnerungen, A 1995, Manfred Neuwirth, 23’ Tibet Revisited, A 2005, Manfred Neuwirth, 86’ Seite 31 Fr 29.4. 18.30 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Der gute Vater: Eine Tochter klagt an., D 2003, Yoash Tatari, 90’ In Anwesenheit von Beate Niemann und Yoash Tatari Seite 41 21.00 WELTRAUMKINO I Aim at the Stars / Wernher von Braun (Ich greife nach den Sternen), BRD/USA 1960, J. Lee Thompson, 107’, OF Einführung: Daniel Brandau Seite57 Sa 30.4. 18.00 WELTRAUMKINO 2001: A Space Odyssey, 2001: Odyssee im Weltraum, GB/USA 1968, Stanley Kubrick, 141’, OF Seite 56 21.00 WELTRAUMKINO Dark Star, USA 1974, John Carpenter, 82’, DF Einführung: Olga Sparschuh und Anna Barbara Sum Seite 58

2001: A Space Odyssey

71 The Man Who Fell to Earth

So 1.5. 19.00 WELTRAUMKINO Signale – Ein Weltraumabenteuer, DDR/PL 1970, Gottfried Kolditz, 91’ Einführung: Anna Frank Seite 58 21.00 WELTRAUMKINO Dark Star, USA 1974, John Carpenter, 82’, DF Seite 58 Di 3.5. 19.00 ORDNUNG UND VERNICHTUNG Hôtel Terminus. The Life and Times of Klaus Barbie / Hôtel Terminus. Leben und Zeit des Klaus Barbie, USA/BRD/F 1988, Marcel Ophüls, 267’, OmU Seite 42 Mi 4.5. 19.30 WELTRAUMKINO Soljaris / Solaris, UdSSR 1972, Andrei Tarkowski, 171’, OmeU Einführung: Julia Breittruck Seite 59 Do 5.5. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET Geheimnis Tibet. Ein Filmdokument der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39, D 1942, Hans Albert Lettow, Ernst Schäfer, 104’ Einführung: Gerlinde Waz Seite 32 Fr 6.5. 18.30 WIEDERENTDECKT Die Pest in Florenz, D 1919, Otto Rippert, 92’, restaurierte Fassung Klavierbegleitung: Eunice Martins Einführung: Ursula von Keitz Seite 65 21.00 WELTRAUMKINO The Man Who Fell to Earth / Der Mann, der vom Himmel fiel, GB 1976, Nicolas Roeg, 138’, DF Einführung: Tobias Becker Seite 60 Sa 7.5. 18.30 WELTRAUMKINO District 9, USA/NZ/ZA 2009, Neill Blomkamp, 112’, OF Einführung: Christian Johann Seite 60 21.00 WELTRAUMKINO Contact, USA 1997, Robert Zemeckis, 150’, OmU Einführung: Katharina Hochmuth Seite 61

72 Programmübersicht MAI

Maria, die Magd

So 8.5. 19.00 WELTRAUMKINO La planète sauvage / Der phantastische Planet, F/ČSSR 1973, René Laloux, 72’, OmeU Einführung: Alexander C. T. Geppert Seite 62 21.00 WELTRAUMKINO District 9, USA/NZ/ZA 2009, Neill Blomkamp, 112’, OF Seite 60 Di 10.5. 20.00 KENNEN SIE KIELING? Träume sind Schäume, D 1938, Jürgen von Alten, 16’ Die Kreutzersonate, D 1937, Veit Harlan, 83’ Einführung: Ralf Schenk Gäste: Johanna Kieling, Susanne Uhlen (angefragt), Florian Martens (angefragt) Seite 14 Mi 11.5. 20.00 KENNEN SIE KIELING? Genesung, DDR 1956, Konrad Wolf, 106’ Einführung: Günter Agde Seite 15 Do 12.5. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET The Reincarnation of Khensur Rinpoche, GB/IND 1991, Ritu Sarin, Tenzing Sonam, 50’, OmeU The Thread of Karma, IND 2007, Ritu Sarin, Tenzing Sonam, 50’, OmeU Seite 33 Fr 13.5. 19.00 KENNEN SIE KIELING? Betrogen bis zum jüngsten Tag, DDR 1957, Kurt Jung-Alsen, 74’ Seite 17 21.00 KENNEN SIE KIELING? Hier irrt Schiller, D 1936, Jürgen von Alten, 17’ Maria, die Magd, D 1936, Veit Harlan, 90’ Einführung: Ralf Schenk Seite 16 Sa 14.5. 19.00 KENNEN SIE KIELING? Genesung, DDR 1956, Konrad Wolf, 106’ Seite 15 21.00 KENNEN SIE KIELING? Polizeirevier Davidswache, BRD 1964, Jürgen Roland, 101’ Seite 17 MAI

73 So 15.5. 19.00 KENNEN SIE KIELING? Hier irrt Schiller, D 1936, Jürgen von Alten, 17’ Maria, die Magd, D 1936, Veit Harlan, 90’ Einführung: Ralf Schenk Seite 16 21.00 KENNEN SIE KIELING? Betrogen bis zum jüngsten Tag, DDR 1957, Kurt Jung-Alsen, 74’ Seite 17 Di 17.5. 20.00 KENNEN SIE KIELING? Die Sendung der Lysistrata, BRD 1961, Fritz Kortner, 101’ Einführung: Ralf Schenk Seite 18 Mi 18.5. 20.00 KENNEN SIE KIELING? Torn Curtain / Der zerrissene Vorhang, USA 1966, Alfred Hitchcock, 128’, OF Seite 20 Do 19.5. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET Kokonor, F 2009, Dorje Tsering Chenaktsang, 53’, OmeU Seite 34 Fr 20.5. 18.30 KENNEN SIE KIELING? Torn Curtain / Der zerrissene Vorhang, USA 1966, Alfred Hitchcock, 128’, OF Seite 20 21.00 KENNEN SIE KIELING? Goya, DDR/UdSSR 1971, Konrad Wolf, 134’ Seite 21

Die Sendung der Lysistrata

74 Programmübersicht MAI

Der Sturz

Sa 21.5. 18.30 KENNEN SIE KIELING? Das siebente Jahr, DDR 1968, Frank Vogel, 93’ In Anwesenheit von Jessy Rameik Seite 22 21.00 KENNEN SIE KIELING? Das Haus in der Karpfengasse, BRD 1956, Kurt Hoffmann, 108’ Seite 23 So 22.5. 19.00 KENNEN SIE KIELING? Das Haus in der Karpfengasse, BRD 1956, Kurt Hoffmann, 108’ Seite 23 21.00 KENNEN SIE KIELING? Das siebente Jahr, DDR 1968, Frank Vogel, 93’ Seite 22 Di 24.5. 20.00 KENNEN SIE KIELING? Jungfer, Sie gefällt mir, DDR 1968, Günter Reisch, 105’ In Anwesenheit von Günter Reisch Seite 24 Mi 25.5. 20.00 KENNEN SIE KIELING? Goya, DDR/UdSSR 1971, Konrad Wolf, 134’ Seite 21 Do 26.5. 20.00 KUNST DES DOKUMENTS – TIBET The Sun Behind the Clouds: Tibet’s Struggle for Freedom, A/F/IND/NL/CDN/GB/D 2001, Ritu Sarin, Tenzing Sonam, 79’, OmeU Seite 34 Fr 27.5. 19.00 KENNEN SIE KIELING? Im Reservat, BRD 1973, Peter Beauvais, 90’ Seite 26 21.00 KENNEN SIE KIELING? Abwärts, BRD 1984, Carl Schenkel, 90’ Seite 25 Sa 28.5. 19.00 KENNEN SIE KIELING? Der Sturz, BRD 1978, Alf Brustellin, 103’ Seite 26 21.00 KENNEN SIE KIELING? Im Reservat, BRD 1973, Peter Beauvais, 90’ Seite 26 So 29.5. 18.30 KENNEN SIE KIELING? Der König und sein Narr, BRD 1981, Frank Beyer, 108’ Seite 27 21.00 KENNEN SIE KIELING? Der Sturz, BRD 1979, Alf Brustellin, 103’ Seite 26 Di 31.5. 20.00 KENNEN SIE KIELING? Morgen in Alabama, BRD 1984, Norbert Kückelmann, 123’ Seite 28

… und im Juni: CELLULOID CURTAIN und WERNER HERZOG MAI

75