TITEL RUDOLF AUGSTEIN 1923 – 2002 „Journalist des Jahrhunderts“ Soldat, Verleger, Häftling, Parlamentarier, Publizist: Stationen im Leben Rudolf Augsteins

1923: Am 5. November wird Rudolf Karl Augstein in Hannover geboren. Seine El- tern sind Gertrude Maria Augstein und Friedrich Augstein, ein ehemaliger Kame- rafabrikant und Fotokaufmann (Firma „Photo-Augstein“). In der gutbürgerlich- katholischen Familie wächst das Kind als jüngster Sohn unter insgesamt sieben Ge- schwistern auf.

1933: Augstein, der nach drei Schuljahren in einer katholischen Zwergschule auf das humanistische Kaiserin-Auguste-Victoria- Gymnasium in Hannover wechselt, erlebt als Neunjähriger die Machtübernahme der Nationalsozialisten. „Wenn man damals neun Jahre alt war, konnte man gar nicht le- ben, ohne Politik zu atmen“, erinnert sich

sein damaliger Schulfreund, der heutige is- raelische Politiker und Publizist . Augstein-Soldbuch: „Das Eiserne Kreuz unverdient erhalten“ 1938: Augsteins Vater, Anhänger der ka- tholischen Zentrumspartei, erklärt seinem knapp 15-jährigen Sohn, Hitlers Politik be- deute Krieg und das Ende Deutschlands („Finis Germaniae“).

1941: In der Prima schreibt der katholisch erzogene Augstein religiöse Gedichte („Oh Gott, ich habe Großes gewollt“). Nach dem Kriegsabitur am 23. April absolviert er ein Volontariat beim „Hannoverschen Anzeiger“.

1942: Im April beginnt für Augstein der Kriegsdienst als Kanonier (Funker). Als die „FAZ“ 1980 von ihm wissen will, welche militärischen Leistungen er am meisten be- wundere, antwortet er: „Meinen Rückzug aus der Ukraine“ (siehe Seite 146).

1945: Dem Leutnant der Reserve (Artille- riebeobachter) wird im April das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen. „Unsereiner ist ja nicht dazu gemacht, Orden und Ehren- zeichen entgegenzunehmen“, erklärt er später. „Ich habe das Eiserne Kreuz 2. Klasse nur auf dem Rückzug erhalten, und auch das noch unverdient.“

1946: Nach Redakteursarbeit beim „Han- noverschen Nachrichtenblatt“ und beim „Hannoverschen Anzeiger“ übernimmt Augstein gemeinsam mit dem Fotografen Roman Stempka und dem Redakteur Ger-

hard R. Barsch von den Briten die Zeit- DER SPIEGEL schrift „Diese Woche“, die nach dem Vor- Soldat Augstein (vorn): „Nicht dazu gemacht, Orden entgegenzunehmen“

108 der spiegel 46/2002 bild der britischen „News Review“ und der amerikanischem „Time“ entwickelt wor- den ist. An das Auftreten des Lizenz-Bewerbers Augstein erinnert sich der britische Major John Chaloner 50 Jahre später: „Augstein saß da, blass, klein, in einem grauen Mi- litärmantel … Er war nicht im Geringsten unterwürfig wie die meisten Deutschen, die ich bis dahin kannte und die immer sehr schnell ,Jawoll, Herr Major, sehr rich- tig, Herr Major‘ sagten.“ „Wir wurden zensiert“, berichtet Aug- stein später über den journalistischen All- tag 1946. „Alles wurde beanstandet. Ich tat auch alles, dass die Beanstandungen berechtigt waren … Also das Ding war nicht zu halten, als British Paper nicht.“

1947: Zum Jahresbeginn bekommt Aug- stein von den Besatzungsbehörden die vor- läufige Genehmigung, den SPIEGEL her- auszugeben, wie er den „Woche“-Nachfol- ger nennt. In der SPIEGEL-Erstausgabe am 4. Januar heißt es: „Die für die Herausga- be zuständigen britischen Behörden haben entschieden, dass die Zeitschrift nun unter unabhängiger deutscher Leitung heraus- kommen kann.“ Von Heft 1 an fungiert Augstein als Herausgeber und Chefredak- teur. – Im selben Jahr schreibt der 23-Jähri- ge das Theaterstück „Die Zeit ist nahe“, das am 1. November 1947 in Hannover ur- aufgeführt und im SPIEGEL verrissen wird.

1948: Augstein versteht den SPIEGEL, wie sich sein Gründungskollege und Biograf Leo Brawand erinnert, schon früh als „Sturmgeschütz der Demokratie“ und schreibt an „gegen den Hochmut der de- montagewütigen Besatzungsmächte, gegen korrupte Politiker und gegen die Arroganz der Ämter“. In Heft 40/1948 erscheint zum Thema Wiederbewaffnung der erste Augstein- Kommentar, der mit dem Pseudonym „Jens Daniel“ gezeichnet ist (siehe Seite 134).

1949: Im Januar wird Augstein, zum ersten Mal vor Gericht, von der Anklage der Ver- breitung erweislich falscher Nachrichten freigesprochen; der SPIEGEL hatte gemel- det, bei einer Hausdurchsuchung beim Kieler Ex-Agrarminister Erich Arp seien Fleischbüchsen gefunden worden.

1950: Der SPIEGEL deckt den so genann- ten Hauptstadt-Skandal auf: Die Industrie habe die Wahl der neuen Hauptstadt mit Bestechungsgeldern zu Ungunsten Frank- furts beeinflusst. Der setzt einen „SPIEGEL-Ausschuss“ ein. – Augstein ist von 1950 bis 1962 gemeinsam mit dem Ver- leger John Jahr, danach bis 1969 gemein- sam mit dem Verleger und Drucker Richard Gruner Gesellschafter des SPIEGEL.

DER SPIEGEL 1952: Am 10. Juli beschlagnahmt die Poli- Augstein als Fünfjähriger: Der Vater war Kamerafabrikant und Katholik zei auf Veranlassung Adenauers eine

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1965: Der SPIEGEL veröffentlicht ein le, müsse sagen, „welches andere an die Gespräch Augsteins mit dem Philosophen Stelle kommt“, fordert Augstein. Dutschke Karl Jaspers unter anderem zur Frage droht: „Augstein soll sich nicht einbilden, der Verjährung von NS-Verbrechen (siehe dass er wegen der lumpigen 5000 Mark, Seite 124); es ist eines von insgesamt mehr die wir von ihm erhielten, von uns Rück- als 70 Gesprächen, die Augstein mit Politi- sichten zu erwarten hat.“ kern und anderen Personen der Zeitge- schichte führt. Jaspers beurteilt den SPIE- 1968: Mit seinem Buch „Preußens Fried- GEL-Herausgeber als „ganz unscheinba- rich und die Deutschen“ begibt sich der ren kleinen Mann mit scharfer Intelligenz Journalist Augstein, wie die „Zeit“ urteilt, und enormem präsentem Wissen … völlig unter die Historiker und Biografen, „um SPIEGEL-Titel 5/1966, 10/1977 unabhängig, auch seinem SPIEGEL ge- eine der wirksamsten und folgenreichsten genüber“. Legenden deutscher Geschichte zu töten, SPIEGEL-Ausgabe mit einem Bericht über ausgerüstet mit nichts als seinem scharfen Kontakte des Kanzlers zu dem französischen 1967: Kurz vor seinem Tod empfängt Kon- Intellekt und einer spitzen Feder“. Geheimagenten Hans-Konrad Schmeißer. rad Adenauer den SPIEGEL-Herausgeber, Adenauer bezeichnet den Bericht als ver- der ihn jahrelang heftig befehdete (siehe 1969: Augstein wird Alleineigentümer des leumderisch, nimmt aber am zweiten Pro- Seite 128). Lange Zeit hatte der Kanzler SPIEGEL. zesstag seinen Strafantrag zurück. behauptet: „Das Schmutzblatt lese ich überhaupt nicht, das macht sich ja selbst 1971: Der Verlag Gruner+Jahr beteiligt 1959: Die seit Jahren betriebene Bericht- kaputt.“ sich mit 25 Prozent am SPIEGEL. erstattung des SPIEGEL über Bonner Kor- Im Audimax der Hamburger Universität ruptionsfälle – etwa die Affäre um Leihwa- streitet Augstein mit dem Apo-Führer Rudi 1972: Augsteins Buch „Jesus Menschen- gen für Kanzler-Mitarbeiter (1958) – gipfelt Dutschke. Wer das System umstoßen wol- sohn“ erscheint. Der katholische Theolo- in Enthüllungen über Unregelmäßigkeiten bei der Beschaffung von „Starfighter“- Kampfflugzeugen.

1962: Gereizt reagiert Verteidigungsminis- ter Franz Josef Strauß auf weitere SPIE- GEL-Berichte über korruptionsverdächti- ge Geschäfte – etwa um ein Bauprojekt der US-Armee („Fibag-Affäre“) und um italie- nische Rüstungsgüter („Deeg-Affäre“) – und die Einstellung eines Strauß-Fami- lienfreundes als Generalbevollmächtigten einer Firma, der das Strauß-Ministerium Bundeswehraufträge zuschanzt („Onkel- Aloys-Affäre“). Eine kritische Titelgeschichte über die Bundeswehr („Bedingt abwehrbereit“) nimmt Strauß am 26. Oktober zum Anlass, um unter dem Vorwand des Landesver- ratsverdachts die SPIEGEL-Redaktion be- setzen zu lassen; Augstein und sieben Mit- arbeiter werden festgenommen oder ver- haftet (siehe Seite 126). Die SPIEGEL-Affäre löst eine Welle der Empörung aus. Der Publizist prophezeit: „Adieu Pressefreiheit, adieu Rechtsstaat, adieu Demokratie.“ Das christliberale Kabinett muss umgebildet wer- den – Anfang vom Ende der Adenauer-Ära. Strauß, der Lüge vor dem Bundestag überführt, zieht sich in die bayerische Lan- despolitik zurück. Augstein, so urteilt später Erich Böhme, SPIEGEL-Chefre- dakteur von 1973 bis 1989, könne sich „die Feder an den Hut stecken, verhindert zu haben, dass Strauß je Bundeskanzler ge- worden ist“.

1963: Nach 103 Tagen wird Augstein im Februar aus der U-Haft entlassen. Ade- nauer wird im Oktober vorzeitig als Kanz- ler verabschiedet.

* Beim dritten Haftprüfungstermin am 8. Januar 1963 in AP Karlsruhe. Verhafteter Augstein*: „Feder an den Hut stecken“

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Philosoph bereits 1966 mit Augstein ge- führt hatte – unter der Bedingung, der Text dürfe erst posthum veröffentlicht werden (siehe Seite 136).

1977: Der SPIEGEL berichtet über einen il- legalen Lauschangriff auf die Wohnung des Atommanagers Klaus Traube; die Abhör- affäre trägt dazu bei, dass Innenminister Werner Maihofer (FDP) 1978 zurücktritt. – Augstein wird (bis 1985) Mehrheitsgesell- schafter des Filmverlags der Autoren und SPIEGEL-Titel 6/1982, 4/1983 damit zum „Vater der deutschen Filmkul- tur“ (so der Regisseur und Mitinhaber zugeleitet hat. Flick-Manager Eberhard Hark Bohm). von Brauchitsch wird 1987 wegen „Steu- erhinterziehung durch Spenden“ verur- 1978: Der Stuttgarter Ministerpräsident teilt. Hans Filbinger bestreitet Vorwürfe des Schriftstellers Rolf Hochhuth, er habe als 1982: Der SPIEGEL enthüllt in drei Titel- Marinerichter noch in den letzten Tagen geschichten, wie sich Neue-Heimat-Chef des Dritten Reichs Kriegsurteile gefällt, und Albert Vietor und andere Manager auf stellt sich als heimlicher Widerstands- Kosten des Gewerkschaftsunternehmens kämpfer dar. Als der SPIEGEL von Filbin- jahrelang bereichert haben. ger unterschriebene Todesurteile zu Tage fördert, muss der CDU-Ministerpräsident 1983: Die britische Universität Bath er- Buchautor Augstein (1972) zurücktreten. nennt Augstein zum Ehrendoktor. „Nicht so unfair, wie man ihm unterstellt“ 1980: Augstein gibt das Buch „Überlebens- 1987: Augstein wird Ehrendoktor der Uni- ge und Konzil-Berater Professor Karl groß Herr Strauß. Ein Spiegelbild“ heraus. versität Wuppertal. – Der SPIEGEL berich- Rahner verurteilt das Werk als „frontalen tet über Wahlkampfmachenschaften des und totalen Angriff auf den, den alle christ- 1981: Im November löst der SPIEGEL christdemokratischen Kieler Ministerpräsi- lichen Kirchen als Begründer ihres Glau- die Parteispenden-Affäre aus, in deren Ver- denten Uwe Barschel, der versucht hatte, sei- bens bekennen“. Heinrich Böll schreibt: lauf publik wird, dass der Flick-Konzern nen Herausforderer bei der Landtagswahl, „Immerhin beschäftigt sich hier noch je- Politikern wie Kohl und Graf Lambsdorff Björn Engholm, bespitzeln und diffamieren mand ernsthaft mit Jesus und der Kirche, von 1969 bis 1980 verdeckte Spenden in zu lassen. Nach seinem Rücktritt wird Bar- bei weitem nicht so unfair, wie man ihm Höhe von mehr als 25 Millionen Mark schel in einem Genfer Hotel tot aufgefunden. unterstellt hat.“ Im traditionellen CDU-Wahlkreis Pa- derborn kandidiert Augstein für die FDP. Der Außenseiter rückt über einen Listen- platz in den Bundestag ein, verzichtet aber nach zwei Monaten auf sein Mandat, um sich wieder verstärkt dem SPIEGEL wid- men zu können. Nach internen Auseinandersetzungen um ein Redaktionsstatut trennt sich Augstein von linken Redakteuren, die ihm vorwer- fen, er beherrsche den SPIEGEL „nach Art eines Sonnenkönigs“. Er habe, sagt Aug- stein später, „die Anführer mit großem Be- dauern rausschmeißen“ müssen, „damit ich überhaupt wieder geschäftsfähig wurde“.

1974: Augstein schenkt 50 Prozent des Un- ternehmens den SPIEGEL-Mitarbeitern. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Karl Wienand muss zurücktreten – der SPIEGEL hatte berichtet, der Sozialdemokrat habe Geld von der Fluggesellschaft Pan-Interna- tional entgegengenommen; trotz Sicher- heitsmängeln hatte die Regierung der Gesell- schaft die Lizenz immer wieder verlängert.

1976: Nach dem Tod Martin Heideggers druckt der SPIEGEL ein Gespräch, das der

* Mit und Hans-Dietrich Genscher bei der konstituierenden Sitzung des siebten Deutschen Bundes- H. DARCHINGER J. tags am 13. Dezember 1972. FDP-Bundestagsabgeordneter Augstein*: Nach zwei Monaten Verzicht auf das Mandat

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1988: Augstein führt im Kreml Franz Steinkühler (SPD) stürzt ein SPIEGEL-Gespräch mit Mi- als Chef der IG Metall über den chail Gorbatschow über dessen Verdacht, durch Insiderwissen Politik der Perestroika (Titel: Spekulationsgewinne verbucht „Wir haben uns in stürmi- zu haben. sche Fluten gewagt“). Der SPIE- GEL wählt Gorbatschow zum 1994: Für die Stadt „Mann des Jahres“. – Die Uni- verleiht Bürgermeister Henning versität Hamburg ernennt Aug- Voscherau Augstein die Ehren- stein zum Ehrensenator. Der bürgerwürde; er habe „als dis- SPIEGEL deckt den Transnukle- tanzierter, skeptischer Kom- ar-Skandal auf: Hunderte deut- SPIEGEL-Titel 38/1987, 46/1989, 10/1993 mentator, ehrfurchtslos, aber scher Atom-Manager sind von nicht ohne Achtung, die demo- der gleichnamigen Atommüll-Firma besto- Stasi-Verstrickungen legt Ibrahim Böhme kratische Kultur in unserem Lande nach- chen worden. sein Amt als Ost-SPD-Vorsitzender nieder, haltig gefördert“. Lothar de Maizière (CDU) tritt als Bundes- Im Dezember berufen die SPIEGEL-Ge- 1989: Kurz vor der Maueröffnung, am minister für besondere Aufgaben zurück. sellschafter auf Betreiben Rudolf Augsteins 30. Oktober, erklärt Chefredakteur Erich mehrheitlich den bisherigen SPIEGEL-TV- Böhme im SPIEGEL-Kommentar, warum 1991: Der Stuttgarter Ministerpräsident Lo- Chefredakteur Stefan Aust zum Nachfolger „ich nicht wieder vereinigt werden möchte“. thar Späth muss zurücktreten, nachdem des SPIEGEL-Chefredakteurs Hans Wer- Augstein distanziert sich eine Woche später der SPIEGEL die Finanzierung von Privat- ner Kilz. von Böhmes Position (siehe Seite 132). und Dienstreisen durch baden-württem- bergische Unternehmen („Traumschiff-Af- 1995: Augstein verteidigt sich in einem 1990: Über ihre kontroversen Auffassun- färe“) nachgewiesen hat. Editorial für SPIEGEL special gegen den gen zur Wiedervereinigung veröffentlichen Vorwurf, „zu negativ zu sein“: „Wir ha- Augstein und Günter Grass ein gemeinsa- 1992: Nach einer SPIEGEL-Veröffentli- ben eine parlamentarische Demokratie, mes Buch („Deutschland, einig Vater- chung stürzt Jürgen Möllemann (FDP) als deren Stärken wir kennen, und wir Jour- land?“). Augstein argumentiert, der „Zug in Bundeswirtschaftsminister; er hatte in nalisten sollten ohne Selbstüberschätzung Richtung Einheit“ sei nicht aufzuhalten; Schreiben an Handelsketten für einen Ein- dazu da sein, ihre Schwächen aufzu- Grass sieht ein „Zugunglück“ program- kaufswagen-Chip geworben, den ein an- decken.“ miert. geheirateter Vetter vertrieb. Ein Augstein-Kommentar über den „Ver- 1997: Augstein nimmt das Große Bundes- einigungskanzler“ Kohl endet am 23. Juli 1993: Im Mai legt der Kieler Minister- verdienstkreuz entgegen. mit den Worten „Glückwunsch, Kanzler!“ präsident und SPD-Kanzlerkandidat Björn Nach jahrelangen SPIEGEL-Attacken auf Engholm seine Ämter nieder – Reaktion 1998: Für das Jahr 2003 kündigt Augstein, den CDU-Politiker sehen Beobachter wie auf SPIEGEL-Berichte, er sei früher als gesundheitlich angeschlagen, seinen Rück- Frank Schirrmacher („FAZ“) in den „zwei zuvor zugegeben über die Vorwürfe gegen zug aus dem SPIEGEL an: „Mit 80 ist minimalistischen Worten, die banaler nicht Barschel informiert worden. Max Streibl Schluss. Wenn nicht schon vorher Schluss sein könnten … nichts weniger als eine Re- (CSU) tritt nach der so genannten Amigo- ist.“ volution“. Nach SPIEGEL-Berichten über Affäre – Urlaubsreise auf Kosten eines Un- ternehmers – als bayerischer Ministerprä- 1999: Die Moskauer Hochschule für Aus- * Mit Moderator Joachim Wagner, im Februar 1990. sident zurück. wärtige Beziehungen ernennt Augstein zum Ehrendoktor.

2000: Das International Press Institute in Boston verleiht Augstein den Titel „World Press Freedom Hero“. Hundert namhafte Journalisten wählen Augstein zum „Jour- nalisten des Jahrhunderts“; er sei zum „Gewissen der Nation“ geworden.

2001: Im Mai wird dem SPIEGEL-Heraus- geber für sein publizistisches Lebenswerk in der Frankfurter Paulskirche der Ludwig- Börne-Preis zuerkannt. „Börne war ein Beobachter seiner Zeit, hat sie kritisch be- gleitet“, erklärt Augstein in seiner Fest- rede: „Ich sehe mich schon ein bisschen in dieser Tradition.“

2002: Am 26. August kritisiert Augstein in seinem letzten SPIEGEL-Kommentar un- ter dem Titel „Die Präventiv-Kriegstrei- ber“ die Washingtoner Irak-Politik. „Nur eine Form des Krieges“, schreibt er, „ist Einzelstaaten erlaubt: die Selbstverteidi- gung gegen eine tatsächliche Bedrohung.

ARD Bedroht Bagdad die USA?“ Wiedervereinigungsdiskussion zwischen Augstein und Grass*: „Zug in Richtung Einheit“ Jochen Bölsche, Heinz Egleder

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