Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks – Education 2016/17 Jean-Philippe Rameau: Suite aus

Unterrichtsmaterial zu ECHTZEIT am 15. März 2017 im Herkulessaal der Münchner Residenz

Bernard Labadie, Dirigent

Christoph Teichner, Universität Augsburg

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Übersicht:

1. Allgemeine Hinweise

2. Lehrplanbezug

3. Aufbruch in eine neue Zeit – Rameau und seine Tragédie lyrique DARDANUS

3.1. Musikbausteine – Motivisches Komponieren

4. DARDANUS – Personen und Handlung

4.1. Szenisches Lernen

5. Die Suite

5.1. Sich durch Musik bewegen lassen – Pantomime

5.2. Kennenlernen und mitspielen

6. Bild- und Literaturnachweise

Anhang: Arbeitsmaterialien 1-3

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1. Allgemeine Hinweise:

Vorliegende Unterrichtsmaterialien zu Jean-Philippe Rameaus DARDANUS-SUITE sollen dazu beitragen, Schülerinnen und Schüler auf den Besuch einer Aufführung des Werkes im Rahmen der BR-ECHTZEIT am 15. März 2017 vorzubereiten. Die einzelnen Bausteine wollen helfen, auf möglichst vielfältige Weise einen Zugang zur Musik Rameaus zu schaffen. Das erste Modul ermöglicht Einblicke in die Kompositionsweise Rameaus. Darstellendes Spiel und Pantomime fordern im zweiten Modul die eigene Kreativität im Umgang mit Musik der DARDANUS-SUITE. Eine Mitspielmusik zu einer Komposition Rameaus im dritten Modul möchte Schülerinnen und Schüler zum Klassenmusizieren anregen.

Jean-Philippe Rameau (1683-1764) und sein Werk finden gewöhnlich keinen Eingang in den schulischen Musikunterricht. Im Rahmen der Unterrichtsschwerpunkte „Barock“ und „Tanz“ erscheinen eher seine deutschen Kollegen Bach, Händel oder Telemann beispielhaft. Auch im bayerischen Konzertleben ist barocke Musik – insbesondere barocke Oper – aus Frankreich eine Seltenheit. Deshalb kann im Folgenden auf wichtige Aspekte seiner Biographie sowie auf einige Informationen zu seiner Oper DARDANUS nicht verzichtet werden, um zur Aufführung einer Suite aus Instrumentalsätzen daraus im Rahmen der ECHTZEIT den nötigen informativen Rahmen zu geben.

Die Quellenlage zur Oper DARDANUS ist schwierig: Eine praktische Ausgabe oder gar Studienpartitur des Werkes ist nicht erhältlich. Innerhalb der alten Rameau-Gesamtausgabe ist eine mit zahlreichen Ergänzungen versehene Partitur der Fassung von 1739 enthalten1. Eine modernere Urtextausgabe derselben Fassung enthält die neue Rameau-Gesamtausgabe2. Einfacher gestaltet sich die Lage im Hinblick auf Einspielungen des Werkes auf Tonträger: Auf eine Auswahl wird im Rahmen dieser Arbeit hingewiesen. Da sich jedoch die Auswahl der einzelnen Suitensätze für die ECHTZEIT von den eingespielten Suiten-Fassungen unterscheidet, enthält keiner der angeführten Tonträger alle im Konzert aufgeführten Einzelsätze. Das Vorspielen der vollständigen Suite ist nur durch Kombination mehrerer CDs möglich, eine tabellarische Übersicht hierzu ist beigefügt. Alle Einspielungen von DARDANUS wurden von Ensembles vorgenommen, die der historischen Aufführungspraxis verpflichtet sind. Gespielt wird auf historischen Instrumenten der Zeit oder deren Nachbauten. Der Stimmton dieser Instrumente liegt bei 415 Hz bzw. 392 Hz, einen Halb- bzw. Ganzton unter dem heute üblichen Kammerton a‘=440 Hz. Für die Mitspielmusik wurden deshalb Mp3-Files erstellt, um die Verwendung des gängigen Klasseninstrumentariums (Stabspiele, Boomwhackers etc.) zu ermöglichen. Die Schüler sollten vor dem Abspielen der Hörbeispiele darauf vorbereitet werden, dass es sich nur um künstlich erzeugte Klangbeispiele zur Unterstützung des eigenen Musizierens handelt.

1 Jean-Philippe Rameau, OEUVRES COMPLÈTES TOME X, hrsg. C. Saint-Saëns, Paris 1905 2 Jean-Philippe Rameau, Opera Omnia (OOR) IV/5, hrsg. Cécile Davy-Rigaux, Kassel 2015 3

2. Lehrplanbezug Lehrplanbezug Jahrgangsstufen 7 sowie 9-12 (Auswahl)

Mittellschule:

Jgst. 9 Lehrplanrubrik Methoden und Inhalte Begegnung mit einem ▪Musizieren von Spielmodellen zu bedeutenden Werk der charakteristischen Werkausschnitten europäischen Musiktradition (Mitspielmusik) ▪Entwicklung einer tänzerischen oder dramatischen Szene zu einem Abschnitt des Werks (Pantomime)

Realschule:

Jgst. 9 Lehrplanrubrik Methoden und Inhalte Musik und Tanz Tänze aus der Vergangenheit kennenlernen

Jgst. 10 Lehrplanrubrik Methoden und Inhalte Musik und Theater Oper: ▪Szenen spielen ▪Zusammenwirken verschiedener Kunstrichtungen erkennen (Tanz)

Gymnasium:

Jgst. 7 Lehrplanrubrik Methoden und Inhalte Musikpraxis ▪Elemente barocker Musik im Klassenverband spielen (Mitspielmusik) ▪sich zur Musik bewegen (Pantomime) Musik und ihre Grundlagen Differenzierte Hörfähigkeit schulen und dieses auf einen Aspekt (Motiv, motivische Arbeit) eines Musikstücks anwenden Musik im Kontext Mensch und Musik in der Barockzeit

Jgst. 9 Lehrplanrubrik Methoden und Inhalte Musik und Tanz Tänze aus der Vergangenheit kennenlernen

Musik und ihre Grundlagen Musikalische Zusammenhänge begreifen (motivische Arbeit) 4

Jgst. 10 Lehrplanrubrik Methoden und Inhalte Musik im Kontext Europäische Musikkultur im Überblick: Französische Barockmusik Musik und ihre Grundlagen Elemente des Musiktheaters: Ouverture, Ballett Musikpraxis/Musik im Kontext beim Hören musikalische Zusammenhänge begreifen (motivische Arbeit)

Jgst. 11/12 Lehrplanrubrik Methoden und Inhalte Klangkörper im Wandel Barockes Instrumentarium, Generalbasspraxis, Frühklassische Neuerungen (motivische Arbeit) Musik und Tradition Spannungsfeld zwischen Gegenwartsbindung und Rückbezug (Lullisten-Ramisten)

3. Aufbruch in eine neue Zeit

Mit seiner fünften Komposition eines Bühnenwerks für die Pariser Oper, der Tragédie lyrique DARDANUS aus dem Jahr 1739, sollte Jean-Philippe Rameau (1683-1764) den Zenit seiner Berühmtheit erlangen. Dabei hatte er erst sechs Jahre zuvor - in seinem fünfzigsten Lebensjahr - damit begonnen, Opern zu komponieren. Ursprünglich war er in die Fußstapfen seines Vaters Jean Rameau getreten und hatte sein tägliches Brot als Organist in verschiedenen Kirchen und Klöstern seiner Geburtsstadt Dijon, in Lyon und schließlich Clermont verdient. Auch als Musiktheoretiker hatte er sich mit seinem 1722 erschienen Lehrbuch „Traité de l’Harmonie“ einen Namen gemacht, zahlreiche Kompositionen für Orgel, Cembalo, Kammermusik sowie Kammerkantaten waren erschienen. Doch erst 1733 debütierte Rameau, mittlerweile einige Jahre in Paris lebend, erfolgreich mit seiner ersten Oper „“. Dieses Werk gilt als Auslöser der sogenannten „Querelle des Lullistes“, eines heftigen Disputs um Tradition oder Innovation innerhalb der Pariser Musikkultur. Die eine Seite (die „Lullisten“) sprach sich für die Bewahrung des Traditionellen in der französischen Musik aus – nach deren Ansicht mustergültig repräsentiert in den Opern Jean Baptiste Lullys – die andere Seite (die „Ramisten“) bewunderte das Innovative in den Kompositionen Rameaus. Auf dem Höhepunkt des Streites entstand Rameaus DARDANUS, ein Werk, das sich in vielerlei Hinsicht von barocken Konventionen löst und bereits zahlreiche Vorboten des klassischen Stiles in sich trägt. In einer zeitgenössischen Rezension3 liest man:

„Musicien de génie, élevé, sublime, toujours varié, toujours fécond, Rameau, par ses Ouvrages éclaira la nation. La musique est depuis entrée dans l’education de tous nos jeunes gens. Les Viellards attachés au genre qu’ils connoissent, s’eleverent avec force contre ce nouveau phénomène; ils avoient pour eux tout ce qu’il y avoit alors de Musiciens ignorans, qui trouverent qu’il étoit plus aisé de déclamer contre le gout nouveau, que de le suivre. Les plus habiles furent partagés, et dès-lors on vit en France deux partis violens et extremes acharnés les uns contre les autres; l’ancienne et la nouvelle

3 Observations sur la littérature moderne, Bd. 1, La Haye 1749, S. 202f 5 musique fut pour chacun d’eux une espèce de religion pour laquelle ils prirent tous les armes. Cette guerre subsiste encore; mais comme les viellards meurent, et que le monde se renouvelle, la Musique ancienne perd tous les jours une foule de défenseurs, et de la nouvelle aquiert de nouveaux partisans.”

[Als Musiker von Genie, fundierter Ausbildung, immer vielseitig und doch tiefsinnig, erleuchtet Rameau mit seinen Werken die Nation. Die Musik hat sich seither der Erziehung unserer jungen Leute eröffnet. Die Alten, die nur das Altbekannte für gut befinden, wehren sich mit aller Gewalt gegen diese neue Erscheinung. Sie haben alles um sich versammelt, was es an ignoranten Musikern gibt, die finden, es sei besser gegen den neuen Geschmack zu wettern als ihm zu folgen. Die fähigsten Musiker stehen sich seither in zwei gewalttätigen und hartnäckigen Gruppierungen gegenüber. Die altmodische oder die neuartige Musik ist für jeden von ihnen eine Art von Religion, zu deren Gunsten sie jede Art von Waffe gebrauchen würden. Noch hält dieser Krieg an, doch da allmählich die Alten sterben und der Fortschritt auf der Welt nun mal nicht aufzuhalten ist, verlieren die Verteidiger der traditionellen Musik alle Tage einen Mitstreiter und die der neuen Musik gewinnen ständig neue Kumpanen.]

Wie zu allen Zeiten der Fortschritt zunächst kritisch beäugt wird, wurden auch an der Musik Rameaus viele Neuerungen bemerkt und bemängelt. Bereits in der Ouvertüre zu DARDANUS folgt Rameau nur noch äußerlich der traditionellen Form einer französischen Ouvertüre. Wie bereits in den über 50 Jahren zuvor entstandenen, auch 1739 noch als mustergültig geltenden Ouvertüren Jean Baptiste Lullys folgt auf einen langsamen, gravitätischen Eröffnungsteil in punktierten Rhythmen ein fugierter schneller zweiter Teil. Doch in diesem ist das Fugenthema auf ein kurzes eintaktiges Motiv verkürzt. In quasi motivischer Arbeit wird der gesamte zweite Abschnitt der Ouvertüre auf diesem Motiv basierend gebaut, eine Technik, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Sinfoniesätzen der Klassik ihren Höhepunkt finden sollte.

3.1. Musikbausteine - Motivisches Komponieren

Dauer: ca. 20-30 Min.

Ziele:

▪Klärung des Begriffs „Motiv“ ▪Erkennen der Kompositionsstruktur des Satzes ▪Schulung der Partitur-Lesefähigkeit ▪Schulung der Hörfähigkeit

Materialien:

▪Arbeitsblatt 1 (siehe Anhang) ▪HB 1: schneller Teil der Ouverture mit lautstärkemäßig hervorgehobenem Motivbaustein (MP3) Dauer ca. 1‘30‘‘ ▪HB 2: Ouvertüre komplett (CD) Dauer ca. 2‘30‘‘

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Vorgehen:

▪Präsentieren des Motivs (Vorspielen am Klavier, Klatschen/Klopfen des Rhythmus, Singen des Motivs (evtl. textieren). ▪Klärung des Begriffs „Motiv“ (Generelle Definition: Kleiner musikalischer Baustein).

▪Gemeinsames Hören von HB 1. Hörauftrag: Auf das eben behandelte Motiv im Stück achten und zählen, wie oft das Motiv zu hören ist. Zuvor das Hörbeispiel kurz anspielen und exemplarisch die ersten drei oder vier Einsätze mitzählen. ▪Die Schüler nennen einige Antworten, wobei es unerheblich ist, ob die tatsächlich richtige Anzahl getroffen wurde. ▪Verteilen des Arbeitsblatts „An Hand der Partitur ist es leicht, die richtige Anzahl herauszufinden“; Arbeitsauftrag: Durch Einkreisen/Verlaufsmarkierung mit Farbe sollen alle Motive des Abschnitts markiert werden. Darauf hinweisen, dass die Intervallabstände des Motivs leicht variieren können, nicht jedoch der Rhythmus. ▪Korrektur: Wer hat wirklich alle 60 Motive gefunden? ▪Erneutes Hören (HB 1) bei gleichzeitigem Mitlesen der Partitur incl. der farblich markierten Motive. ▪Evtl. abschließendes Hören der gesamten Ouvertüre (HB 2) ohne die hervorgehobenen Motive, gespielt von einem „echten“ Orchester.

4. DARDANUS - Personen und Handlung

Das Musiktheater in der Epoche des Barock wurde außerhalb Frankreichs von der italienischen „Opera seria“ dominiert: Hier folgt nach einer kurzen Ouvertüre eine Reihe von speziell auf die ausführenden Gesangsstars zugeschnittenen Arien, verbunden durch nur vom Basso continuo begleitete Secco-Rezitative. Am Ende eines Aktes steht zumeist ein Duett oder ein Chorsatz. Die eigentliche Handlung ist nebensächlich, wichtig ist der „Showeffekt“ für die einzelnen Sänger, oftmals italienische Kastraten.

In Frankreich beschritt man dagegen eigene Wege: Die aus den Hofballetten des tanzbegeisterten französischen Königs Ludwig XIV. hervorgegangene „Tragédie lyrique“ vereint Gesang, Bühnenbild und Tanz zu einem Gesamtkunstwerk. Etwa ein Drittel jeder Oper besteht aus Tänzen, in vielen Szenen ist ein Chor in das musikalische Geschehen einbezogen. Das eigentliche Drama steht im Vordergrund und wird mit Hilfe von Arien, Chören und Balletten dargeboten.

Am 19. November 1739 wurde Rameaus DARDANUS zum ersten Mal dem Pariser Publikum präsentiert. Die Handlung der Oper basiert auf einem antiken Mythos, der vom Pariser Adeligen Charles-Antoine Le Clerc de la Bruère für das Musikdrama bearbeitet wurde. Sieben Darsteller verkörpern Götter, Fürsten und einen Magier, unterstützt vom Corps de Ballett und dem Chor als deren Gefolge.

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Personen:

VÉNUS, Göttin der Liebe Sopran

L’AMOUR, Sohn der Venus und des Mars Sopran

IPHISE, Prinzessin von Phrygien, Tochter des TEUCER Sopran

DARDANUS, Sohn des Jupiter und der Elektra Haute-Contre

ATHÉNOR, Prinz des Nachbarkönigreiches Bass

TEUCER , König von Phrygien Bass

ISMÉNOR, Zauberer und Priester des Jupiter Bass

Bemerkenswert erscheint, dass alle Männerrollen auch wirklich für Tenor- oder Bass-Solisten vorgesehen sind. Die italienische Gewohnheit, männliche Heldenrollen mit Sopran- oder Altkastraten zu besetzen, konnte sich in Frankreich nie durchsetzen. Handlung:

PROLOG:

In Amors Palast auf der Insel Kytherea soll ein rauschendes Fest gefeiert werden. Gastgeberin der Party ist VÉNUS, die Göttin der Liebe. Um ungestört feiern zu können, wurden vorab die Göttin der Eifersucht und ihre Begleiter gefangen gesetzt. Die übrigen Gäste treffen ein, doch ganz ohne die Eifersucht wird den Feiernden bald langweilig. Deshalb sieht sich Venus gezwungen, das Gefängnis wieder öffnen zu lassen und die Eingeschlossenen freizulassen. Gemeinsam gewinnt der Abend bald wieder an Schwung und man macht sich bereit, als Höhepunkt des Fests, ein Schauspiel auf der Erde anzusehen: die Oper DARDANUS.

AKT 1:

Prinzessin IPHISE ist dazu bestimmt, Prinz ATHÉNOR, den Verbündeten ihres Vaters zu heiraten. Doch sie hat sich in DARDANUS, den Sohn des Jupiter und der Elektra verliebt. Dieser jedoch ist ein Feind ihres Vaters TEUCER, der dieser Liebe niemals seine Zustimmung geben würde. Verzweifelt will sie sich Rat beim Magier ISMÉNOR holen.

AKT 2:

Im Tempel des Zauberers ISMÉNOR hat sich bereits DARDANUS eingefunden. Auch er bittet den weisen Magier um Hilfe, denn er hat sich ebenfalls in IPHISE, die Tochter seines Feindes verliebt. ISMÉNOR schenkt DARDANUS einen Zauberstab, mit Hilfe dessen er sich in die Gestalt des Zauberers verwandeln könne. Gerade als er den Tempel wieder verlassen will, kommt ihm IPHISE entgegen und er hat gerade noch Zeit, den Zauberstab zu benützen. IPHISE klagt ihm, den sie für den echten Zauberer hält, ihr Leid und bittet um ein Gegenmittel gegen ihre Liebe zu DARDANUS. Als dieser dies hört, zaubert er sich schnell in seine eigene Gestalt zurück, um ihr zu berichten, dass er sie auch liebe. Doch IPHISE erschrickt und ergreift die Flucht.

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AKT 3:

DARDANUS eilt IPHISE nach und wird, da er sich auf Feindesland befindet, von Soldaten des phrygischen Königs TEUCER festgenommen. Während die Phrygier die Gefangennahme ihres ärgsten Feindes feiern, erscheint ihr Verbündeter, Prinz ATHÉNOR, um zu verkünden, dass er alles für seine Hochzeit mit IPHISE vorbereitet habe. Plötzlich berichten Boten von einem riesigen Ungeheuer, das in Phrygien eingefallen sei. Jupiter habe es gesandt, weil er von der Festnahme seines Sohnes DARDANUS erfahren habe. ATHÉNOR beschließt mutig, das Untier zu erlegen.

AKT 4:

DARDANUS schläft im finsteren Kerker. Dort wird er von VÉNUS und ihrem Gefolge aufgesucht und befreit. Sie tragen ihm auf, das Ungeheuer zu töten. Er eilt verkleidet aus dem Palast und trifft bald auf das Monster, das gerade dabei ist seinen Widersacher ATHÉNOR zu töten. DARDANUS gelingt es, das Untier zu besiegen und rettet damit das Leben des ATHÉNOR. Dieser schenkt ihm aus Dankbarkeit ein wertvolles Schwert und gibt ihm einen Wunsch frei. DARDANUS verlangt, dass ATHÉNOR der Prinzessin IPHISE die Freiheit lasse, zu heiraten wen sie wolle.

AKT 5:

Im Palast des Königs TEUCER hat sich die Nachricht vom Tod des Ungeheuers wie ein Lauffeuer verbreitet. Alle feiern den heimkehrenden ATHÉNOR als Besieger des Monsters. In der Zwischenzeit hat man alles für die Hinrichtung des DARDANUS bereit gemacht. DARDANUS, der unbemerkt wieder in den Kerker zurückgekehrt ist, wird vorgeführt und gibt sich dem ATHÉNOR als dessen Retter zu erkennen. Als Beweis zeigt er ihm das goldene Schwert, das er von ihm erhalten hatte. ATHÉNOR erinnert sich an sein Versprechen und überlässt IPHISE die Wahl, wen sie heiraten wolle. Sie entscheidet sich für DARDANUS und bittet ihren Vater, König TEUCER, um seine Einwilligung. Als dieser erkennt, wer sein Königreich von dem Monster befreit hat, willigt er ein. Nun schwebt VENUS mit ihrem Gefolge vom Himmel herab und man feiert gemeinsam die Hochzeit von IPHISE und DARDANUS.

4.1. Szenisches Lernen

Dauer: ca. 45-60 Min. (abhängig von der Größe der Gruppe)

Ziele: ▪Die Handlung der Oper wird vermittelt ▪spielerisches Gestalten mit Gesten/Körper ▪soziale Kooperation

Materialien: ▪Arbeitsmaterial 2 (siehe Anhang)

Vorgehen: ▪Die Klasse wird in Gruppen zu je 5 bis 7 Schülern unterteilt ▪Jede Gruppe erhält die Beschreibung eines Aktes der Oper (aus Arbeitsmaterial 2), die übrigen Akte sollen ihr unbekannt bleiben. Der Inhalt des erhaltenen Abschnitts soll in einem charakteristischen Standbild erarbeitet werden (Jede Gruppe bestimmt einen „Regisseur“/Spielleiter), um es anschließend den Schülerinnen und Schülern einer anderen 9

Gruppe zu präsentieren. Die übrige Klasse fungiert in dieser Zeit als Publikum. ▪Beim Standbild wird nicht gesprochen, das Bild wird auf ein ausgemachtes Signal (z.B. „freeze“) des Lehrers eingefroren. Die Schülerinnen und Schüler der zweiten Gruppe sollen nun das Bild beschreiben und versuchen, den Zusammenhang des dargestellten Aktes zu erschließen. Dabei kann es hilfreich sein, wenn die Figuren des Bildes einen Gedanken oder Sprechsatz parat haben, der bei Bedarf abgerufen werden kann (z.B. nach leichtem Antippen oder Hand leicht auf die Schulter legen). Am Ende der jeweiligen Standbildpräsentation wird der entsprechende Textabschnitt laut und nachvollziehbar vorgelesen.

5. Die Suite

Bei vielen französischen Opern wurde im Anschluss an ihre erfolgreiche Aufführung eine Sammlung der schönsten Instrumentalstücke und Tänze zusammengestellt, in einem Musikverlag gedruckt und zum Verkauf angeboten. Bereits Rameau selbst erstellte zur Oper DARDANUS eine sogenannte Suite de Pièces („Abfolge von Stücken“), die zeitnah zur Uraufführung des Werks in Paris käuflich erworben werden konnte. Für die BR-ECHTZEIT wurde eine Suite aus 16 Stücken aus der Oper zusammengestellt, darunter neben der Ouvertüre Tanzsätze und einige deskriptive Instrumentalstücke. In der folgenden Übersicht kann die Lage der Einzelsätze innerhalb des originalen Gesamtwerkes zurückverfolgt werden. Für den Einsatz von Hörbeispielen seien drei Einspielungen empfohlen: Die gesamte Oper in der Fassung von 1739 wurde im Jahr 2000 unter der Leitung von Marc Minkowski bei der Deutschen Grammophon eingespielt (CD 1). Jean Lamon nahm mit ihrem Ensemble Tafelmusik 2003 eine Suite mit Stücken aus DARDANUS auf (CD 2), desgleichen John Eliot Gardiner 1983 bei ERATO (CD 3). Die Tracks der bei BR-Echtzeit aufgeführten Einzelstücke auf den jeweiligen CDs können ebenfalls der untenstehenden Tabelle entnommen werden.

BR-Echtzeit Oper CD 1 CD 2 CD 3 Minkowski Lamon Gardiner 1 Ouvertüre CD1/1 1 1 2 Menuet tendre en Prolog: Szene II/5 CD1/14 - 3 Rondeau 3 Tambourin 1/2 Prolog: Szene II/7 CD1/15 3 4 4 Air vif AKT I: Szene III/7 CD1/24 4 6 5 Rigaudon 1/2 AKT I: Szene III/9 CD1/25 5 7 6 Ritournelle Vive AKT II: Szene I/1 CD1/29 6 8 7 Loure pour les Phrigiens aus der Fassung 1744 - 8 - 8 Menuet 1/2 AKT III: Szene III/4 CD2/5 10 11 9 Tambourin 1/2 AKT III: Szene III/6 CD2/6 11 12 10 Entrée des Songes AKT IV: Szene I/1 CD2/10 - 14 11 Reundeau tendre: AKT IV: Szene I/4 CD2/13 12 15 Sommeil 12 Air tres vif AKT IV: Szene I/6 CD2/15 13 17 13 Gavotte vive AKT IV: Szene I/10 CD2/19 15 18 14 Bruit de guerre aus der Fassung 1744 CD1/43 - 20 15 Gavotte 1/2 AKT V: Szene III/8 CD2/33 - 23 16 AKT IV: Szene III/12 CD2/36 16 24 10

5.1. Sich durch Musik bewegen lassen – Pantomime

In der ersten Szene des vierten Akts wird der gefangene DARDANUS von Traumwesen heimgesucht. Nacheinander erscheinen von allen Seiten unterschiedliche Phantasiewesen und umkreisen den Feldherren, der währenddessen ins Reich der Träume versinkt und einschläft.

Dauer: ca. 45 Min.

Ziele: ▪kreatives Bewegen zu Musik ▪in der Gruppe eine Choreographie entwickeln und präsentieren ▪sich dem Charakter der Musik entsprechend bewegen lernen

Materialien: ▪Hörbeispiel Entrée des Songes [Auftritt der Traumwesen] Minkowski CD2, Track 10 oder Gardiner Track 14 (Dauer 1‘40‘‘)

Vorgehen: ▪Gemeinsames Hören der Entrée des Songes (ein etwas verdunkelter Klassenraum ist für die richtige Stimmung in Betracht zu ziehen) ▪Über das Gehörte sprechen, berichten lassen, was für eine „Geschichte“ sich einzelne Schüler zu dem Satz vorstellen ▪Der Lehrer beschreibt kurz die eigentliche Handlung an dieser Stelle der Oper (s.o.) ▪Die Klasse wird in drei bis vier Gruppen unterteilt, jede Gruppe soll eine Schar Traumwesen pantomimisch verkörpern – d. h. mit zu erarbeitender Mimik, Gestik, Ganzkörperbewegung, Umherschreiten etc. im Rhythmus der Musik. Die pantomimischen Aktionen der Gruppen sollen in kurzer Folge während des ablaufenden Hörbeispiels präsentiert werden. Die Gruppenwechsel ergeben sich aus den Formabschnitten der Musik (z. B. Gardiner: Track 14 bei 0.09, 0.20, 0.30, 0.55, 1.04 und 1.17) auf Zeichen des Lehrers für die jeweils aktive Gruppe, während die anderen quasi erstarren. Nachdem dieser Ablaufplan kurz erklärt wurde, erarbeiten die Schülergruppen in einer ca. 10-minütigen Phase „ihre“ Choreographie. Der Lehrer hat am Ende den Gesamtablauf zu koordinieren.

5.2. Kennenlernen und mitspielen

Mitspielmusik zu Tambourins 1/2:

Ziele: ▪Musik beim Mitmusizieren kennenlernen ▪in der Gruppe musizieren, aufeinander hören

Materialien: ▪Arbeitsmaterial 3 ▪Orff-Instrumentarium, Percussion-Instrumente

In der im Anhang befindlichen Mitspielmusik (Arbeitsmaterial 3) sind den beiden Tambourins aus dem Prolog der Oper DARDANUS einfache Stimmen für Percussion und Orff-Instrumente beigefügt.

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Bei letzteren erfordert nur die Stimme des Alt-Xylophons ein „Fis“, die beiden übrigen kommen ohne Versetzungszeichen aus. Die angegebenen Instrumente sind nur ein Vorschlag, je nach Verfügbarkeit können sie durch andere ersetzt werden. Percussion-Stimmen ohne Tonhöhen (Wood-Block oder Tambourin) können im einfachsten Falle auch durch Klatschen/Klopfen etc. dargestellt werden. Gegenüber dem Original ist das zweite Tambourin um 14 Takte gekürzt, da die in diesem Abschnitt verwendeten Nebenstufen die Mitspielstimmen unnötig verkompliziert hätten. Das Play-along wurde im MP3-Format den Materialien in unterschiedlichen Tempi beigefügt, je nach Fähigkeit der musizierenden Gruppe kann die passende Geschwindigkeit ausgewählt werden. Vor dem eigentlichen Beginn des Play-alongs erklingen immer vier „Klicks“.

6. Bild- und Literaturnachweise

Bilder:

▪Jean-Philipe Rameau, Portrait um 1728, Joseph Aved zugeschrieben (wikipedia.org)

Literatur:

▪Jean-Philippe Rameau, OEUVRES COMPLÈTES TOME X, hrsg. C. Saint-Saëns, Paris 1905

▪Jean-Philippe Rameau, Opera Omnia (OOR) IV/5, Hrsg. Cécile Davy-Rigaux, Kassel 2015

▪Observations sur la littérature moderne, 9 Bände, London/Paris 1749-1752, Bibliotheque National Z 56927-959

▪Girdlestone, Cuthbert: Jean-Philippe Rameau HIS LIFE AND HIS WORK, New York 1969

▪Klingsporn, Regine: Jean Philippe Rameaus Opern im ästhetischen Diskurs ihrer Zeit, Stuttgart 1996

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Arbeitsmaterial 1: Musikbausteine – Motivisches Komponieren

Motiv:

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Das Motiv erscheint

in den Violinen ____ Mal,

in der Viola I _____ Mal,

in der Viola II ____ Mal,

im Bass ____ Mal.

Insgesamt: ______Mal.

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Arbeitsmaterial 2: Szenisches Lernen

GRUPPE 1

PROLOG:

In Amors Palast auf der Insel Kytherea soll ein rauschendes Fest gefeiert werden. Gastgeberin der Party ist VÉNUS, die Göttin der Liebe. Um ungestört feiern zu können, wurden vorab die Göttin der Eifersucht und ihre Begleiter gefangen gesetzt. Die übrigen Gäste treffen ein, doch ganz ohne die Eifersucht wird den Feiernden bald langweilig. Deshalb sieht sich Venus gezwungen, das Gefängnis wieder öffnen zu lassen und die Eingeschlossenen freizulassen. Gemeinsam gewinnt der Abend bald wieder an Schwung und man macht sich bereit, als Höhepunkt des Fests, ein Schauspiel auf der Erde anzusehen: DIE OPER DARDANUS

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GRUPPE 2

AKT 1:

Prinzessin IPHISE ist dazu bestimmt, Prinz ATHÉNOR, den Verbündeten ihres Vaters zu heiraten. Doch sie hat sich in Feldherrn DARDANUS, den Sohn des Jupiter und der Elektra verliebt. Dieser jedoch ist ein Feind ihres Vaters, König TEUCER, der dieser Liebe niemals seine Zustimmung geben würde. Verzweifelt will sie sich Rat beim Magier ISMÉNOR holen.

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GRUPPE 3

AKT 2:

Im Tempel des Zauberers ISMÉNOR hat sich bereits Feldherr DARDANUS eingefunden. Er bittet den weisen Magier um HIlfe, denn er hat sich in Prinzessin IPHISE, die Tochter seines Feindes, Königs TEUCER verliebt. ISMÉNOR schenkt DARDANUS einen Zauberstab, mit Hilfe dessen er sich in die Gestalt des Zauberers verwandeln könne. Gerade als er den Tempel wieder verlassen will, kommt ihm IPHISE entgegen und er hat gerade noch Zeit, den Zauberstab zu benützen. IPHISE klagt ihm, den sie für den echten Zauberer ISMÉNOR hält, ihr Leid und bittet um ein Gegenmittel gegen ihre Liebe zu DARDANUS. Als dieser dies hört, zaubert er sich schnell in seine eigene Gestalt zurück, um ihr zu berichten, dass er sie auch liebe. Doch IPHISE erschrickt und ergreift die Flucht.

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GRUPPE 4

AKT 3:

Feldherr DARDANUS eilt Prinzessin IPHISE nach und wird, da er sich auf Feindesland befindet, von Soldaten des phrygischen Königs TEUCER festgenommen. Während die Phrygier die Gefangennahme ihres ärgsten Feindes feiern, erscheint ihr Verbündeter, Prinz ATHÉNOR, um zu verkünden, dass er alles für seine Hochzeit mit IPHISE vorbereitet habe. Plötzlich berichten Boten von einem riesigen Ungeheuer, das in Phrygien eingefallen sei. Jupiter habe es gesandt, weil er von der Festnahme seines Sohnes DARDANUS erfahren habe. ATHÉNOR beschließt mutig, das Untier zu erlegen.

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GRUPPE 5

AKT 4:

Feldherr DARDANUS schläft im finsteren Kerker. Dort wird er von Göttin VÉNUS und ihrem Gefolge aufgesucht und befreit. Sie tragen ihm auf, das wilde Ungeheuer zu töten, welches das Königreich von König TEUCER bedroht. Er eilt verkleidet aus dem Palast und trifft bald auf das Monster, das gerade dabei ist seinen Widersacher Prinz ATHÉNOR zu töten. DARDANUS gelingt es, das Untier zu besiegen und rettet damit das Leben des ATHÉNOR. Dieser schenkt ihm aus Dankbarkeit ein wertvolles Schwert.

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GRUPPE 6

AKT 5:

Im Palast des Königs TEUCER hat sich die Nachricht, dass das wilde Ungeheuer, dass das Königreich bedroht hatte, erlegt sei, wie ein Lauffeuer verbreitet. Alle feiern den heimkehrenden Prinz ATHÉNOR als Besieger des Monsters, obwohl eigentlich Feldherr DARDANUS dessen Bezwinger war. Dieser war mit Hilfe der Göttin VENUS aus dem Kerker geflohen, hatte das Ungeheuer getötet und war unbemerkt wieder in den Kerker zurückgekehrt, weil er Prinzessin IPHISE liebt. Nun wird er vorgeführt und gibt sich dem ATHÉNOR als dessen Retter zu erkennen. Als Beweis zeigt er ihm das goldene Schwert, das er von ihm erhalten hatte. ATHÉNOR erkennt seinen Retter und gibt ihm einen Wunsch frei. DARDANUS bittet um die Hand der Prinzessin IPHISE. Da er dessen Königreich gerettet hat, willigt König TEUCER ein und man feiert bald ein großes Hochzeitsfest.

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Arbeitsmaterial 3: Kennenlernen und mitspielen

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