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SWR2 Musikstunde

„Unser grösster Kirchencomonist“ (1) Gottfried August Homilius zum 300. Geburtstag

Von Anette Sidhu-Ingenhoff

Sendung: Dienstag, 22. April 2014 9.05 – 10.00 Uhr Redaktion: Ulla Zierau

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Musikstunde mit Anette Sidhu-Ingenhoff Dienstag 22. April 2014

„Unser grösster Kirchencomonist“ Gottfried August Homilius zum 300. Geburtstag

Mod 1 „Verehren möchte ich ihn manchmal wie einen Heiligen, wenn ich so von seinen Werken zu seinem Bildnisse komme; wie er da in seinem Schlafrocke und seiner Mütze, mit vom Alter ehrwürdigen Kopfe, aber immer noch thätigen Geiste, die Partitur in der Hand hält, und sie mit forschendem Blicke untersucht.“ So Ernst Ludwig Gerber um 1790 im Leipziger Tonkünstlerlexikon über die wohl einzige Abbildung des Komponisten Gottfried August Homilius, die erhalten ist. Eine Radierung von Christian Ludwig Seehas, heute zu finden in der Staatsbibliothek . Ein Heiliger mit einer Schlafmütze auf dem Kopf? In der Tat, er wirkt hier wie der deutsche Michel der Biedermeierzeit. Und doch typisch, Textilmuseen kennen mehrfach solche Abbildungen ganz privater Natur. Dass Carl Philipp Emanuel Bach vor 300 Jahren geboren wurde, hat sich schon herumgesprochen. Aber dass dies auch auf Gottfried August Homilius und Niccoló Jommelli zutrifft, sicher nicht. Kaum bekannt, ist das erste Urteil! Doch im 18. Jahrhundert liegen auch Schätze verborgen, die über Bach, Mozart und Beethoven einfach vergessen wurden. Es lohnt sich, nochmal genauer hinzuschauen und hinzuhören. Zu einer Musikstundenwoche, die den beiden weitgehend vergessenen Komponisten gewidmet ist, begrüße ich Sie ganz herzlich, meine Damen und Herren. Noch ein Blick auf das betulich-bürgerliche Bildnis des 68-jährigen Homilius. Wenn wir uns heute in das Werk dieses ganz großen evangelischen Kirchenkomponisten einhören, werden wir überrascht sein, dass sein Leben so gar nicht betulich-bürgerlich begann. Dazu gleich mehr. 1:45

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Musik 1:

Gottfried August Homilius: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ HoWV 1,2 Passionskantate in 2 Teilen für Soli, Chor und Orchester Daran ist erschienen (10) (Chor) Basler Madrigalisten Neue Düsseldorfer Hofmusik Leitung: Fritz Näf

Mod 2

„Daran ist erschienen die liebe Gottes“, ein Chorsatz mit schlichten, gefühlvollen Melodien, von Streichern unterstützt. Dann ein kunstvolles Fugato „Dass wir durch ihn leben sollen“. Das stammte aus Homilius‘ Passionsoratorium „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ und ist typisch für den Stil dieser Zeit: Bachnachfolge und Empfindsamkeit. Die Basler Madrigalisten und die Neue Düsseldorfer Hofmusik waren zu hören. Der erwähnte Ernst Ludwig Gerber sagt an andrer Stelle, Homilius sei „..ohne Widerrede unser größter Kirchencomponist“. Warum aber wurde der so bekannte und wichtige Schöpfer von Werken des Nachbarocks völlig vergessen? Ein Blick in ältere Musikgeschichtsbücher zeigt: Johann Sebastian Bachs Schaffen gilt als eine so tiefgreifende musikhistorische Zäsur, dass alles, was nach ihm kommt, unter dem Zeichen von Niedergang und Verfall steht! So kam es zum Desinteresse an Werken aus der Zeit nach Mitte des 18. Jahrhunderts. Erst heute ist das anders. Neben den Bachsöhnen Wilhelm Friedemann, Johann Christian, Carl Philipp Emanuel wendet man sich jetzt auch dem Schaffen von Homilius neu zu. Vor allem, seit dem Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche rückte der Kantor und Organist, der dort viele Jahre tätig war, wieder ins Blickfeld. Und siehe da: eine Fülle von Motetten, Kirchenkantaten und Passionen tauchte auf. Für die Forschung und für die musikalische Praxis Grund genug, Manuskripte & Abschriften neu zu ordnen und zu drucken und Stücke auch wieder einzustudieren. Der Carus Verlag geht hier mit großer Sorgfalt vor. Soeben sind weitere Kantaten erschienen. 1:47

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Musik 2:

Gottfried August Homilius: „Warum toben die Heiden“, Kantate zum Sonntag nach Neujahr für Sopran, Bass, 4-stimmigen gemischten Chor, Orchester und Basso continuo HoWV II.31 Warum toben die Heiden. Coro Handel's Company Choir Handel's Company Leitung: Rainer Johannes Homburg

Mod 3

Der Eingangschor der Kantate „Warum toben die Heiden“ mit Handel’s Company & Choir, Leitung: Rainer Johannes Homburg. Uwe Wolf, der seit Jahren über Homilius forscht und beim Carus Verlag in diesen Wochen ein Gesamtwerkverzeichnis herausgegeben hat, beobachtet richtig, dass – ungeachtet unsrer heutigen Wahrnehmung – das Musikleben in der Zeit nach Bach besonders lebendig war. Der bürgerliche Konzertbetrieb brauchte Nahrung, die Kirchenkantate, zuvor ein besonderes Aufführungsereignis an den Höfen, erreichte jetzt kleine und kleinste Städte. Ja die Kantate wurde Musik für alle. Und daran hat Homilius großen Anteil. Er kommt am 2. Februar 1714 als Sohn des Dorfpfarrers von Rosenthal in der Sächsischen Schweiz zur Welt. 8 Geschwister hat er, nach der Geburt des 9. Kindes stirbt – mal nicht die Mutter – sondern der Vater! Die Mutter zieht mit den vielen Kindern in den Nachbarort Porschendorf. Man lebt bei den Großeltern. Es folgen Schicksalsschläge, wie sie dramatischer kaum sein können: innert eines Jahres stirbt 1722 der Großvater, wenige Monate später wird das Haus der Familie bei einem Brand völlig vernichtet und kurz darauf stirbt die Großmutter. Wie fühlt man sich da? Als Kind einer Witwe mit 8 Geschwistern? Was für eine Lage! Die Kinder werden verteilt, weil die Mutter mit der Situation nicht mehr fertig wird. Im Alter von 9 Jahren kommt Homilius zu seinem Onkel Christian August Freyberg, der ist Direktor der Annen-Schule in Dresden. Was hilft nach all diesen Zusammenbrüchen: Schule, Disziplin, Ordnung? Das Erlernen von Latein und Griechisch? Der Glaube, erste Erfolge, vielleicht auch die Kirchenmusik? Irgendetwas von all dem 5 sicherlich. Jedenfalls ist da ein begabter Musiker in der Schule, der schon bald durch gutes Cembalo- und Orgelspiel auffällt. Der erst 10- Jährige verfasst, als die Mutter wieder heiratet, eine Familienchronik, gereimt und mit gelehrten Anmerkungen versehen. Sie wird sogar gedruckt!

Musik 3:

Gottfried August Homilius: „Kommt her und sehet an die Wunder Gottes“ Motette, HoWV V.21 sirventes berlin Leitung: Stefan Schuck

MOD 4 Mit Sirventes Berlin soeben neu erschienen: Motetten von Homilius. Bei diesen sogenannten Spruchmotetten auf Psalmverse entfaltet er eine unglaubliche Formenfülle, wie hier mit einem Fugenthema, das im wahrsten Sinne „weit erschallt“, indem es sich echoartig immer wieder im weiten Raum verliert. Wenn man sich das alte und Dresden vor etwa 300 Jahren vorstellen möchte, muss man ganz einfach nur die Bilder Canalettos betrachten. Da steht die neu erbaute Frauenkirche zwischen den bürgerlichen Barockbauten des Neumarkts und der Altstädter Wache. Prächtig, ja fast monumental ragt sie empor mit ihrer hoch aufgerichteten Kuppel und den schön ausgestatteten Seitentürmchen. Davor die Elbe mit ihren Brücken. 1734 wird an der Frauenkirche eine neue Silbermann Orgel eingeweiht. Als Homilius hier mit knapp 30 Organist wird, ist er genau an der richtigen Stelle. Er versucht zwar noch, sich in Zittau zu bewerben, weil ihm das Gehalt nicht reicht, Konkurrenten sind – man höre und staune - Carl Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann Bach. Doch Homilius bleibt in Dresden. Fast filmisch realistisch ist der Eindruck der Stadt, den man aus Canalettos Bildern gewinnen kann, der Band mit seinen Stichen erschien 2009. Ganz ähnlich: anonyme Lithographien von Leipzig mit seiner Stadtmauer. So also sah die Welt aus, in der Homilius umherging, lebte und arbeitete. 1:30

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Musik 4:

Gottfried August Homilius: „Selig seid ihr, wenn ihr geschmähet werdet“, Kantate zum Sonntag Exaudi für Sopran, Alt, Tenor, Bass, Chor und Orchester 1. Satz: Selig seid ihr, wenn ihr geschmähet werdet Chor 2. Satz: Wie groß, wie wichtig ist die Pflicht. Rezitativ (Alt) Vasiljka Jezovsek (Sopran) Anne Buter (Alt) Hubert Nettinger (Tenor) Christian Hilz (Bass) Dresdner Kreuzchor Dresdner Barockorchester Leitung: Roderich Kreile

Mod 5 Vasiljka Jezovsek, Sopran, Anne Buter, Alt, der Dresdner Kreuzchor und das Dresdner Barockorchester unter Leitung von Roderich Kreile. Die instrumentale Einleitung mit Streichern und Holzbläsern, das Solistenduett, der Chorsatz dieser Kantate „Selig sei ihr, wenn ihr geschmähet werdet“ zum Sonntag Exaudi vermitteln ein Gefühl dafür, wie weit weg vom alten Bach wir hier schon sind. Und? Kann er ein Schüler Johann Sebastian Bachs gewesen sein? Das fragen sich die Biographen. Beweise gibt es dafür keine! Öfters aber war er Continuo-Spieler des Thomaskantors. Beim Bach-Biografen Johann Nikolaus Forkel kann man lesen: „Alle seine (Bach’s) Schüler sind bey dieser so vortrefflichen Lehrart ausgezeichnete Künstler geworden…Homilius in Dresden nicht nur ein vortrefflicher Organist, sondern auch ein vorzüglicher Componist für die Kirche.“ Selbst wenn er kein Bachschüler war: Homilius ist Jurastudent in Leipzig. Es ist aber nicht die Jurisprudenz, die ihn umtreibt, sondern der Musik gilt sein eigentliches Interesse. Er nimmt Teil am öffentlichen Musikleben, das wird sein Lebenselexier. Er komponiert Vokalmusik für die Leipziger Kirchen, Instrumentalstücke für die studentischen Collegia musica. Frühe Kantaten entstehen. Und - nach dem Vorbild Bachs - wird Homlius später viele Passionsoratorien und auch ein Weihnachtsoratorium komponieren. Der Titel „Die Freude der Hirten über die Geburt Jesu“. 1:36

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Musik 5:

Gottfried August Homilius: „Weihnachtsoratorium“ HoWV I. 1 für Sopran, Alt, Tenor, Bass, 4-stimmigen Chor und Orchester "Die Freude der Hirten über die Geburt Jesu", „Fürchtet euch nicht“ (Arie/Bass) Tobias Berndt (Bass) Sächsisches Vocalensemble Virtuosi Saxoniae Leitung: Ludwig Güttler

Mod 6 Tobias Berndt und die Virtuosi Saxoniae, Ltg. Ludwig Güttler mit der Arie „Fürchet euch nicht“ aus Homilius‘ Weihnachtsoratorium. Es gibt gar nicht so viele Zeugnisse aus Homilius‘ Leben. Aber im Stadtarchiv Bautzen liegen seine Bewerbungsunterlagen von 1741 für die dortige Organistenstelle. Der Leipziger Organist Kästner sagt in seinem Empfehlungsschreiben: „dass er „In der Composition sehr erfahren sei“ und in „hiesiger Nicolaikirche vielfältig mit aller Music- Verständigen Beyfall die Orgel in geschickten Praeludiis, Choral-Spielen und bey völliger Music den General-Baß zu tractieren, sich hat hören lassen.“ Wenn dem so war, dann hat Homilius den Nicolai-Organisten Johann Schneider vertreten. Und „Bei völliger Music“ – das bedeutet konkret: er hat bei Kantaten und Oratorien mitgespielt, die dort aufgeführt und selbst geleitet hat. Vielleicht war er auch bei einer der späten Aufführungen der Mätthäuspassion dabei. So viel Nähe zu Bach ist also erwiesen! Einer von Homilius‘ Schülern Christian Friedrich Schemelli schreibt Jahre später in einem eigenen Bewerbungsverfahren: er habe „Fundamenta in der Music bey den seelig verstorbnen Capell Meister Bach in Leipzig und bey itzigen Directore Musices bey der Kreutz Kirche in Dreßden damaligen geschickten Musico in Leipzig Humilio geleget und erlernet.“ Homilius jedenfalls hat 1742 Glück: der Organist der Frauenkirche verlässt Dresden und seine Stelle wird frei. 1:24

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Musik 6:

Gottfried August Homilius: „Sei Lob und Ehr für Orgel“ Reinhardt Menger (Orgel)

Mod 7 Reinhardt Menger spielte an einer Silbermannorgel Homilius‘Choralvorspiel „Sei Lob und Ehr“. Offenbar gab es an der Frauenkirche einen Mitbewerber, der Zitat: „des Pedals sich gar nicht gebrauchet und hiermit die Gravitaet ganz hinweg gefallen“, das klang bestimmt nicht gut. Homilius dagegen reussiert! In der Bestallungsurkunde steht: „dass er solches selbst in Person, und nicht durch andere..mit allem Fleisse walten, dergleichen art zu spielen gebrauchen, so zur Andacht sich schicket, das neue Orgelwerk wohl in acht nehmen, solches so oft nöthig stimmen und mit dem Cantore sich friedlich vernehmen..“ solle. D.h. er stimmt sich bei der Gottesdienstvorbereitung bereits mit dem Kantor der Kreuzkirche ab. Dann kommt die große Wende: Kreuzkantor Theodor Christian Reinhold stirbt. Nach absolvierter Lehramts- und Kantoratsprobe ernennt der Rat der Stadt Homilius am 10. Juni 1755 zum Kantor und Lehrer der Kreuzschule und Musikdirektor der drei Hauptkirchen: Kreuz- Frauen- und Sophienkirche. Nun geht es los: ein berühmter Chor will geführt und erzogen werden, eigene Kompositionen im aktuellen Stil sind gefragt, das Orgelspiel soll vervollkommnet werden. Zum Kirchendienst kommt der Schuldienst. „Ist es nicht traurig“ schreibt Johann Friedrich Reichardt, „wenn ein Mann wie Homilius seine Partitur verlassen muß, um das ABC oder Einmaleins zu lehren!“ Das mag sein. Doch um den Schuldienst kommt Homilius ebenso wenig herum die Bach. Mit der Kriegszerstörung der Kreuzkirche 1760 wird die Frauenkirche zur Hauptwirkungsstätte. Dort entstehen mehrere große Oratorien. Es zeigt sich: schon Mitte des 18. Jh. gibt es Phänomene, die stark an unsere heutigen Workoholics erinnern. Homilius Werkverzeichnis spricht Bände. In 30 Jahren schafft er ein umfangreiches Oevre, das bisher nur annähernd erschlossen ist.

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Musik 7:

Gottfried August Homilius: „Markuspassion“ für Soli, Chor und Orchester HoWV I.10 Nr. 1: So gehst du nun, mein Jesu. Choral Basler Madrigalisten L'arpa festante Leitung: Fritz Näf

Mod 8 „So gehst du nun, mein Jesu hin, den Tod für mich zu leiden…Mein Augen sollen fließen, ein Tränensee mit Ach und Weh, dein Leiden zu begießen.“ Choral mit Cantus firmus, dazu Orchesterbegleitung. Die Basler Madriglisten und L’arpa festante mit dem Eingangschor zur Markuspassion. Doch es wäre falsch, Homilius einseitig in der Tradition kontrapunktischer Kirchenmusik zu sehen! Die Passionsoratorien zeigen, dass seine Musik auch von der Dresdner Hofoper beeinflusst ist. Für die Arien, die er für die Oratorien komponiert, gestaltet er starke Empfindungen, so wie sie sich die andächtige Gemeinde wünscht: Demut, Mitleid und Reue, immer wieder aber auch Freude über die Erlösung stehen im Focus. Innerlichkeit, Selbstreflexion und Bewegung der Seele sind wichtige Elemente des neuen Stils der Empfindsamkeit. Er ist musikalisch hoch modern und zugleich Ausdruck der protestantischen Frömmigkeit in Sachsen zu der Zeit.

Musikalisch nahe stehen sich Homilius und sein Schüler Johann Adolf Hasse. Der komponiert für den Dresdner Hof Opern mit virtuosen Arien. Auch Homlius‘ Arien sind reich an tonmalerischen Effekten, Schönheit der Melodik und ausdrucksvoller Harmonik.

Assoziationen an die Oper weckt z.B. seine Instrumentaleinleitung im Stil einer französischen Ouvertüre zu Beginn des 2. Teils der Matthäuspassion. Sie geht nahtlos in ein Rezitativ über.

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Musik 8:

Gottfried August Homilius: „Matthäuspassion“, Beginn des 2. Teils der Matthäuspassion Christoph Prégardien Cappella Vocale Leverkusen Akademie für Alte Musik Berlin Leitung: Bernhard Forck

Christoph Prégardien und die Akademie für Alte Musik Berlin, Ltg. Bernhard Forck, mit dem Beginn des 2. Teils der Matthäuspassion.

Mod 9 Durch Carl Philipp Emanuel Bachs Passionspasticci, Zusammenstellungen von Kompositionen anderer, die er in Hamburg herausbringt, sind die Passionen von Homilius überhaupt erst ans Tageslicht gekommen. In den 1770er Jahren führt Carl Philipp gekürzte Fassungen der Markus- und Lukaspassion auf. Chöre und Arien sind zu jener Zeit reine Gebrauchsmusik. Es gibt zahlreiche Abschriften, regional unterschiedliche Fassungen, auch viele Irrtümer treten da auf. Auch auf Kompositionen von Georg Anton Benda, Gottfried Heinrich Stölzel oder erscheint Homilius Name, manchmal gibt es Zweifel an der Zuschreibung. Auffallend in Homilius‘ Passionen: den Evangelien-Text durchzieht eine reiche Sammlung von reflexiven Arien, die Texte dafür kommen von Dresdner Autoren: Steuersekretär Traugott Benjamin Berger oder Pfarrer Ernst August Buschmann. Geprägt sind sie von innigem religiösem Empfinden, man fühlt sich an Friedrich Gottlieb Klopstocks gefühlvolle Oden erinnert. Der musikalische Ausdruckswille kulminiert in großangelegten Arien, die reich instrumentiert sind. Mit einem Accompagnato-Rezitativ, mit heftigen Streicher-Einwürfen, mit einem lebhaft bewegten Orchester – dramatische Themen mit Hornbegleitung - wagt sich Homilius weit vor ins moderne Terrain der Empfindsamkeit wie z.B. hier in seiner Johannespassion: Arioso des Tenors als Reaktion auf die Freigabe des Barrabam und Arie „Herr mach dich auf und rette deine Frommen.“

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Musik 9:

Gottfried August Homilius: „Johannespassion“ HoWV I.4 für Soli, Chor und Orchester Den Mörder Barrabam. Arioso Herr, mach dich auf. Arie Jan Kobow (Tenor) Dresdner Kreuzchor Dresdner Barockorchester Leitung: Roderich Kreile

Mod 10 Jan Kobow und das Dresdner Barockorchester mit einer Arie aus der Johannespassion. Leitung: Roderich Kreile. Das neue thematische Werkverzeichnis des Gottfried August Homilius ist gerade erst beim Carusverlag erschienen. Jetzt kann man sich ein Bild machen von seinen etwa 180 Kantaten und 60 Motetten, von denen so manche vielleicht noch der Wiederentdeckung harren. Auch Kirchenchöre können hier fündig werden. Sie sind nicht mehr beschränkt auf wenige Motetten, die schon zu Homilius‘ Lebzeiten im Druck erschienen und in einigen Chorbüchern überdauerten. Unser Gewährsmann, der Homilius-Foscher Uwe Wolf ist zuversichtlich. Etwa im Jahre 2000 setzte die Widerentdeckung des Komponisten ein, inzwischen kann man von einer kleinen Renaissance sprechen. Zum Abschluss heute ein Ausschnitt aus einer der jüngst erschienenen Kantaten. 0:55

Musik 10: Gottfried August Homilius: „In der Zeit meiner Not“, Kantate zum 2. Sonntag nach Epiphanis für Sopran, Tenor, Bass, 4-stimmigen gemischten Chor, Orchester und Basso continuo HoWV II.37 Mein Herz ist fröhlich. Aria Sopran con Coro Marie-Pierre Roy (Sopran) Handel's Company Choir Handel's Company Leitung: Rainer Johannes Homburg 12

Absage : Marie-Pierre Roy, Sopran, Chor und Handel’s Company unter Leitung von Rainer Johannes Homburg mit der Arie „Mein Herz ist fröhlich“ aus der Kantate „In der Zeit meiner Not“. Morgen: Gottfried August Homilius zum 300. Geburtstag, 2. Teil. Am Mikrofon war Anette Sidhu-Ingenhoff.