LEUCHTKRAFT N Editorial: 20 Jahre DEFA-Stiftung Jeder Tag Ein Abenteuer
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LEUCHTKRAFT 2018 Journal der DEFA-Stiftung Journal derJournal DEFA-Stiftung n Editorial: 20 Jahre DEFA-Stiftung Jeder Tag ein Abenteuer So hieß ein Buch, das mich durch meine Kindheit be- kraft« vor und spielen auf einen Film an, den die Mit- gleitete. Der Autor, seinen Namen habe ich vergessen, arbeiterinnen und Mitarbeiter der DEFA-Stiftung sehr beschrieb eine Fahrradtour rund um die Welt. Eine lieben, Jochen Kraußers grotesken Leuchtkraft der Reise, die von platten Reifen, verschlissenen Felgen, Ziege. Wir wollen damit einige Schlaglichter auf unsere steinigen Aufstiegen, kurvenreichen Abfahrten und Arbeit werfen, auf Geleistetes und noch Kommendes. vielen Begegnungen mit meist sympathischen Zeitge- Ein Text über Marion Keller, die erste Regisseurin der nossen begleitet war. Jeder Tag ein Abenteuer? – Das DEFA, soll neugierig machen auf das im Februar 2019 wäre für die Arbeit in der DEFA-Stiftung womöglich erscheinende Buch »Sie«, in dem wir rund sechzig übertrieben. Ganz falsch ist dieser Vergleich aber nicht: Porträts von Frauen versammeln, die zwischen 1945 und Unser Archiv mit rund 12.000 Filmen aus fast fünf Jahr- 1990 in den DEFA-Studios arbeiteten. Außerdem erin- zehnten birgt so viel Spannendes, Überraschendes und nert sich Filmkomponist Peter Rabenalt an seine Lehrer noch Unentdecktes, dass es eine andauernde Freude von der DEFA und Filmhistoriker Jeanpaul Goergen an ist, diese Schätze zu heben und sie gemeinsam mit un- Karlheinz Munds außergewöhnlichen Dokumentarfilm seren Partnern und Freunden für ein heutiges, vor allem Memento über die jüdischen Friedhöfe Berlins. Lutz junges Publikum zu erschließen. Dammbeck, Sylke Laubenstein-Polenz und Melanie Vor zwanzig Jahren, am 6. Dezember 1998, wurde die Hauth reflektieren über aktuelle Probleme und Chan- DEFA-Stiftung gegründet. Der dafür zuständige Berliner cen der Digitalisierung; dazu passend veröffentlichen Senator für Justiz genehmigte die Stiftung auf Antrag der wir das Dornröschen-Kapitel aus Walter Becks Arbeits- beiden Stifter Bundesanstalt für vereinigungsbedingte biographie »Mär und mehr«, die 2019 in unserer Manu- Sonderaufgaben und Beauftragter der Bundesregierung skript-Reihe erscheinen soll. Mit einem Interview über für Angelegenheiten der Kultur und Medien. Seither ist die Marcel-Marceau-Filme der DEFA weisen wir auf viel geschehen: Rund die Hälfte aller DEFA-Spielfilme, eine wunderbare Archiv-Entdeckung hin. Die Texte von dazu zahlreiche Trick- und Dokumentarfilme wurden auf Rainer Simon und Detlef Kannapin begleiten einige der DVD zugänglich gemacht. Seit 2012 wurden viele wichti- uns wichtigen DVD-Neuveröffentlichungen in diesem ge Filme digitalisiert, die DEFA-Stiftung regte filmhistori- Jahr, zu denen zweifellos die Konrad-Wolf-Box mit all sche Forschungen an und gab selbst rund fünfzig Bücher seinen Kinofilmen gehört. heraus. Retrospektiven im In- und Ausland belegen das Die große Umfrage über »weiße Flecken« der anhaltende Interesse am DEFA-Erbe. Die Preise der DEFA-Forschung, die unser Journal einleitet, vermittelt DEFA-Stiftung für jüngere Filmschaffende auf diversen eine Ahnung davon, dass zum Thema DEFA noch längst Festivals tragen dazu bei, den Begriff DEFA aber nicht nicht alles gesagt und geschrieben, noch längst nicht nur retrospektiv zu benutzen. All das ist nur möglich mit alles getan worden ist. So wird es also weitergehen, unseren Partnern, von denen an dieser Stelle besonders weitere zwanzig Jahre und vielleicht noch mehr: Jeder der BKM, der FFA sowie den ostdeutschen Bundeslän- Tag ein Abenteuer! dern, die unsere Digitalisierungen fördern, Dank ausge- sprochen werden soll – ebenso wie Progress, Icestorm und dem DEFA-Filmverleih bei der Stiftung Deutsche Kinemathek, die unsere Filme öffentlich machen. Zum 20. Jahrestag der DEFA-Stiftung legen wir hier Ralf Schenk, Vorstand der DEFA-Stiftung erstmals ein Journal mit dem schönen Titel »Leucht- im November 2018 1 n Inhalt Weiße Flecken der DEFA-Historie? Neue Tricks für alte Tricks? 4 Eine Umfrage zum Stand der DEFA-Forschung Schuld und Sühne 68 Ein Diskussionsbeitrag von Prof. Lutz Dammbeck zur digitalen Neubearbeitung seiner Filme DEFA-Forschung: international Digitalisierung als Chance 27 Ein Überblick über junge DEFA-Forschung weltweit 70 zur Bewahrung kultureller Vielfalt Sylke Laubenstein-Polenz von der Stiftung für das sorbische Volk über die Digitalisierung des sorbischen Filmerbes und den DEFA-Animationsfilm Als es noch Wassermänner gab Der sozialistische Regisseur »Frau Augenzeuge«: Dr. Marion Keller 30 Detlef Kannapin stellt Konrad Wolf und seine Filme vor 72 (6.8.1910 – 28.1.1998) Ein Essay von Günter Jordan und Claudia Köpke »Die Form war mir wichtig – Marcel Marceau (1923–2007) 42 wer das versteht, ist mir egal« 94 Der Pantomime zu Gast bei der DEFA – Rainer Simon über seinen Film Das Luftschiff Ein Interview mit Barbara Barlet Dornröschen: digital Beschädigungen 100 Wie der DEFA-Dokumentarfilm Memento (1966) Farben wie im Märchen? von Karlheinz Mund über die jüdischen Friedhöfe Berlins entsteht 46 Melanie Hauth und René Pikarski geben Einblicke und was ihm nach dem SED-Kahlschlagplenum widerfährt in die digitale Neubearbeitung von Dornröschen Ein Essay von Jeanpaul Goergen Mär und mehr 49 Dornröschen: Ein arbeitsbiographisches Kaleidoskop von Regisseur Walter Beck 114 Rückblick: DEFA 2018 Meine Lehrer von der DEFA 56 Prof. Peter Rabenalt über sein Studium an der 115 Ausblick: DEFA 2019 Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam Babelsberg 116 Impressum n Umfrage Weiße Flecken der DEFA-Historie? Eine Umfrage zum Stand der DEFA-Forschung Die Geschichte der DEFA ist die am besten ausge- Autoren, nur selten getragen von einem universitären leuchtete Phase der deutschen Filmgeschichte. So Unterbau. steht es hin und wieder geschrieben, und da ist ja auch Trotz zahlreicher Publikationen gibt es freilich noch was dran. In den vergangenen zwanzig Jahren erschien immer »weiße Flecken«, die zu füllen die DEFA-Stiftung eine Reihe von Büchern, die einen Gesamtüberblick beitragen möchte. In einer Umfrage baten wir Filmhis- über das DEFA-Schaffen leisteten, einzelne Gattun- toriker, Autoren und Freunde der Stiftung um Anregun- gen und Genres ins Blickfeld nahmen, Regisseure, gen und Wünsche. Die Resonanz war groß: Weit über Schauspielerinnen und Schauspieler porträtierten, die zwei Drittel der Angeschriebenen antworteten auf Binnenstruktur des DDR-Filmwesens darstellten. Viele unsere Fragen oder in einem freien Kommentar. Diese dieser Bände wurden von der DEFA-Stiftung initiiert Umfrage ist dabei nur ein Anfang und wir laden alle un- und herausgegeben. Bemerkenswert ist: Sie entstan- sere Leser herzlich dazu ein, sich mit weiteren offenen den oftmals als Initiative einzelner Autorinnen und Themen an der Diskussion zu beteiligen. Wir wollten wissen: 1. Welchen Filmen, Genres oder besonderen Programmen innerhalb des DEFA-Filmstocks sollte mehr kuratorische, filmpublizistische und filmwissenschaftliche Aufmerksamkeit geschenkt werden? 2. Welche bisher nur wenig beachtete Persönlichkeit der DEFA oder wessen Werk und Schaffen verdient eine umfangreiche Auseinandersetzung? 3. Anfangs- und Wendezeit, Gesichter und Plakate, Frauen bei der DEFA, jüdische, antifaschistische, Zensur- und andere Themen: Viele solcher filmübergreifenden Schwerpunkte wurden bereits beleuchtet, aber welche vermissen Sie bislang in der Publizistik zur DEFA-Geschichte? 4. Welche Publikationen oder DVD-Editionen zur DEFA-Geschichte der letzten zwanzig Jahre kommt Ihrer Meinung nach besondere Bedeutung zu? Worüber haben Sie sich gefreut, worüber haben Sie sich geärgert? 5. Welches DEFA-Thema interessiert Sie zurzeit besonders? 4 5 Die Antworten werfen grundsätzliche Probleme auf, wie Dr. Günter Agde wären vielerlei internationale Aspekte zu erkunden, vor bei Günter Jordan oder Rudolf Jürschik: Für wen und Filmhistoriker, Journalist und Autor, allem inwiefern »Ankaufs«- und »Verkaufs«-Preise mit zu welchem Zweck wird DEFA-Forschung betrieben? Mitglied im Verband der deutschen Filmkritik und ideologischen (oder anderen politischen, z. B. außen- Gibt es für entsprechende Bücher, für den DEFA-Film Mitgründer sowie Autor der Zeitschrift Filmblatt politischen) Vorgaben durch HV oder ZK in Deckung überhaupt noch ein Publikum, und wenn ja, auf wel- gebracht wurden oder Widersprüche aufbrachen. (Zum chen Wegen muss dieses Publikum »erobert« werden. Ich wünschte »irgendeine« Form, um wichtige DDR-TV gibt es zu dem Außenhandels-Thema schon Klaus-Dieter Felsmann weist darauf hin, die Filme auf DEFA-Filmkritiken gesammelt zu kriegen, evtl. als Inter- ein paar Untersuchungen.) Soweit ich weiß, ist aber die ihre »Rezeptionspotenziale hinsichtlich der Gegenwart« net-Quelle, also schnell verfügbar, natürlich nach den Aktenlage im Bundesarchiv dürftig. Man könnte freilich zu überprüfen und die in ihnen verhandelten »allge- gültigen filmhistorischen Regeln aufbereitet und mit versuchen, in den Beständen des Finanzministeriums meinmenschlichen Fragen« in den Fokus der Diskussion den üblichen Titel- und Personenregistern. oder der DDR-Banken »gegenzulesen«. zu rücken. Grit Lemke plädiert dafür, die Filme aus ei- Weiter (obwohl ich nicht weiß, ob das zu den Aufga- Schließlich wünschte ich mir Personal-Studien von nem rein filmwissenschaftlichen Diskurs zu lösen und sie ben der DEFA-Stiftung gehören sollte): Erschließung Kameraleuten (z. B. Roland Dressel, Christian Lehmann mehr als »kulturhistorische Quellen von Alltagskultur« der Akten und Dokumente des Verbands der Film- und u. a.) und von Filmleuten »der zweiten Reihe«, wie etwa