Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik Leiter: Prof. Dr.-Ing. habil. Boris Lehmann

Die Edertalsperre mit Staumauer

- Exkursionsbericht - Kurs „Wasserbau II“ – Wintersemester 2014/2015

Die Staumauer am Edersee (eigene Aufnahme)

Bearbeitung: Daniel Luley Sina Reder Piet Jochem Sarah Thorbrügge Firas El Hamed

Darmstadt, den 20.02.2015

Der vorliegende Exkursionsbericht wurde im Rahmen des Kurses „Wasserbau II“ im Wintersemester 2014/2015 selbstständig durch die Studierenden verfasst. Ziel des Berichtes ist es, einen guten Überblick über das besichtigte Exkursionsziel zu vermit- teln und dabei die besichtigte Anlage und deren Komponenten und Funktionen zu do- kumentieren und zu erläutern.

Die dazu verwendeten Fotos, Abbildungen, Zeichnungen und Skizzen wurden von den Autoren selber erstellt oder unter Angabe der Quellen aus der Fachliteratur, dem Inter- net oder anderen öffentlichen Medien entnommen.

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Die Edertalsperre mit Staumauer i

Inhalt

1. Einleitung und Hintergründe ...... 1 2. Grundlagen ...... 3 2.1. Grundlegende Funktionsweise und Komponenten von Talsperren ...... 3

2.2. Betrieb von Talsperren ...... 6

2.3. Bemessung ...... 6

3. Dokumentation ...... 10 3.1 Komponenten und Funktionsmerkmale ...... 10

3.2 Erläuterung des Funktionsablaufes und Betrieb ...... 15

4. Erfahrungen ...... 18 5. Conclusio ...... 20 Literaturverzeichnis ...... 21

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1. Einleitung und Hintergründe

Im Rahmen der Veranstaltung „Wasserbau II – Verkehrswasserbau, Gewässerentwick- lung und Ökohydraulik“ wurde am 30.01.2015 eine Exkursion zur Talsperre am - see durchgeführt. Der Edersee liegt im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg, etwa 35 km von entfernt. Er befindet sich inmitten des Naturparks -Edersee und ge- hört zu den größten Stauseen Deutschlands. Neben der Eder wird der See auch von vielen kleinen Bächen gespeist und im Osten durch eine Staumauer begrenzt. Von dort fließt die Eder weiter bis in die , welche zusammen mit der Werra zur wird. Die Weser ist ein wichtiger Wasserlieferant des Mittellandkanals, einer Verkehrswas- serstraße, die den Westen und Osten Deutschlands auf der Höhe von Hannover ver- bindet.

Edersee

Staumauer

Abbildung 1-1: Edersee und Staumauer von oben1

Der 1906 erbaute Mittellandkanal entzog der Weser viel Wasser, wodurch diese be- sonders in den trockenen Sommermonaten nicht mehr schiffbar war.2 Daher wurde im

1 Quelle: Google Earth, abgerufen am 31.01.2015 2 100jahre-edersee.de, aufgerufen am 31.01.2015

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Jahr 1908 begonnen die Talsperre im , umgeben von zwei Gebirgszügen, zu bauen.

Für den 1914 fertiggestellten Bau mussten etwa 900 Menschen aus, den im Tal lie- genden Dörfern umgesiedelt werden. Die Talsperre sorgte nicht nur für eine Unterstüt- zung der Schifffahrt durch Zuschusswasser der Weser und des Mittellandkanals, son- dern verringerte auch die Hochwassergefahr der Eder, Fulda und Weser im Winter. Um den steigenden Energiebedarf der Bevölkerung zu decken, wurde das Speicher- kraftwerk Hemfurth I gebaut, wodurch sich die Wasserkraft in elektrische Energie um- wandeln ließ.

Weitere Nutzungsgruppen, wie Tourismus, Fischerei und Naturschutz, sind in den Jah- ren dazu gekommen. Gerade der Tourismus ist für die Region heute ein wichtiger wirt- schaftlicher Faktor geworden.

Die Edertalsperre ist, neben der Diemeltalsperre in Nordhessen, die einzige von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes betriebene Talsperre.

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2. Grundlagen

Das nachfolgende Kapitel stellt die grundlegende Funktionsweise von Talsperren vor. Dies beinhaltet eine Beschreibung der einzelnen Komponenten sowie deren Funktion. Anschließend wird der Betrieb der Anlage beschrieben und auf die verschiedenen Auf- gaben des Betriebs eingegangen. Am Schluss wird eine Übersicht der wichtigsten Be- messungsgrößen gegeben.

2.1. Grundlegende Funktionsweise und Komponenten von Talsper- ren

Talsperren werden durch zwei Eigenschaften charakterisiert. Sie sperren das Tal ab und stellen dadurch eine Speicherwirkung her. Hier liegt auch die Unterscheidung zu Flusssperren und Wehren, welche nur als Absperrung fungieren, und keine größere Speicherwirkung ausüben.3 DIN 19700-11 teilt Talsperren in zwei Klassen ein. Talsper- renklasse 1 umfasst große Talsperren, bei denen die Höhe vom tiefsten Punkt des Absperrbauwerks bis zur Krone größer als 15 m ist, oder deren Speicherbecken einen Stauraum von mehr als eine Million m³ beträgt. Klasse 2 umfasst dann kleinere Tal- sperren, welche die Anforderungen für Klasse 1 nicht erfüllen.4

Die grundlegenden Funktionen einer Talsperre sind vielfältig. Meistens erfüllt sie nicht nur eine Funktion, sondern je nach Jahreszeit und Wasserstand, verschiedene Aufga- ben. Dazu zählen:

 Hochwasserschutz  Rohwasser zur Trinkwassergewinnung  Bewässerung  Niedrigwasseraufhöhung für Trockenperioden  Wasserkraft  Bereitstellung von Kühlwasser für thermische Kraftwerke  Zuschuss für künstliche und natürliche Schifffahrtswege  Freizeit und Erholung  Tourismus

3 Köngeter et al. 2013 4 DIN 19700-11

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Für Talsperren existiert eine Vielzahl von Bauwerkstypen, welche sich im Laufe der Zeit verändert und entwickelt haben. Eine Übersicht ist in Abbildung 2-1 dargestellt.

Abbildung 2-1: Übersicht Stauanlagenbauweisen 5

Grundsätzlich lassen sich Staumauern und Staudämme unterscheiden. Dabei kommt es immer auf die (geologischen) Randbedingungen an, um entscheiden zu können welche Bauweise am sinnvollsten einzusetzen ist. So spielen der Talquerschnitt und die Bodenmechanik eine wichtige Rolle, da Staudämme, durch ihre große Aufstands- fläche im Vergleich zu Staumauern, eine eher kleine Kraft pro Fläche auf den Boden übertragen. Auch die erforderliche Größe der Hochwasserentlastungsanlage muss berücksichtigt werden. Bei Staumauern kann diese in das Bauwerk integriert werden, wohingegen bei Staudämmen ein gesondertes Bauwerk erforderlich wird. Staudämme lassen sich noch weiter unterteilen hinsichtlich der Lage der Abdichtung und deren Material sowie des Dammaufbaus. Da es sich bei der besichtigten Talsperre um eine Staumauer handelt, wird im Folgenden nicht weiter auf Staudämme eingegangen.

Staumauern lassen sich in drei Grundtypen aufteilen. Die Gewichtsstaumauer, Bogen- staumauern und Pfeilerstaumauern. Dabei bilden die Gewichtsstaumauern die älteste

5 Köngeter et al. 2013, S. 4

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und einfachste Form der Staumauern. Bei diesen verläuft der Mauergrundriss meist relativ gerade, kann jedoch auch gekrümmt oder geknickt sein. Die Mauer an sich hat eine dreieckige Form, wobei jeder Abschnitt für sich standsicher ist. Man kann sich die Mauer daher als parallel aneinander gereihte dicke dreieckige Scheiben vorstellen. Die Gewichtsstaumauer ist auch für hohe Bauhöhen gut geeignet. Heutzutage werden Gewichtsstaumauern aus Massebeton hergestellt, jedoch fanden in der Vergangenheit auch andere Materialien wie Bruchsteine Verwendung. Da die Herstellung aus Beton nur abschnittsweise erfolgen kann, müssen die Blöcke im Nachgang hinreichend ab- gedichtet werden. Auch bei älteren Mauer spielt die Abdichtung eine wichtige Rolle, da diese früher oft nicht ausreichend gut vorgenommen werden konnte und nachgebes- sert werden muss.

Durch die Entwicklung des Stahlbetons und noch vorhandenen Festigkeitsreserven bei Gewichtsstaumauern haben sich die aufgelösten Staumauern entwickelt, welche Mate- rial einsparen, indem eine Art Scheibe die Abstützung der Stauwand übernimmt und die Kraft abträgt. Dies ist beispielhaft in Abbildung 2-2 dargestellt. Der Vorteil welcher sich durch die Materialeinsparung ergibt, wird jedoch zu großen Teilen wieder durch das aufwendigere Verschalen aufgehoben.

Abbildung 2-2: Aufgelöste Staumauer 6

Bogenstaumauern, welche die dritte Bauweise verkörpern, stellen besondere Anforde- rungen an das Tal, in dem sie errichtet werden sollen. Da die Kräfte über die Flanken in den Hang abgetragen werden müssen, muss dieser über entsprechende Eigen- schaften verfügen. Am besten geeignet sind diese Mauern für Täler mit breiten Sohlen und steilen Hängen. Bogen- staumauern stellen hohe Ansprüche an die Konstruktion, da eine monolithische Schale entstehen muss, um die Stabilität zu gewährleisten.7

6 Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d4/Barrage_de_Roselend_2.jpg, abgerufen am 15.02.2015 7 Köngeter et al. 2013

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2.2. Betrieb von Talsperren

Um eine Talsperre betreiben zu können, sind gewisse Betriebseinrichtungen nötig. Diese dienen zum einen der Entlastung der Stauanlage bei Hochwasser und zum an- deren der Entnahme und Verwendung des gespeicherten Wassers. Dabei lassen sich die vorhanden Einrichtungen in drei Einrichtungen untergliedern:

 Hochwasserentlastungsanlage  Grundablässe  Betriebsablässe

Durch die Hochwasserentlastungsanlage soll ein sicheres, kontrolliertes abführen des Wassers bei Hochwasserereignissen erfolgen. Die Betriebsauslässe lassen eine Be- wirtschaftung des Stauraums zu und ermöglichen weitere Nutzungen des Wassers. Die Grundablässe können mehrere Aufgaben erfüllen. Sie sollen eine Entleerung des Stau- raums ermöglichen, können jedoch auch als Betriebsablässe fungieren, wenn bei Nied- rigwasser die Lieferung von zusätzlichem Wasser für beispielsweise einen Kanal nötig wird. Im Hochwasserfall können sie aber auch zur Entlastung eingesetzt werden. Bei der Gestaltung der Auslässe gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Zum einen können sie, durch Schieber z. B., regulierbar sein oder nicht regulierbar sein. Der Transport kann ebenso über eine Rohrleitung erfolgen wie auch über eine Rinne oder im freien Fall. Auch die Gestaltung des Auslaufs lässt Spielraum zu. Hier kommen bei- spielsweise ein Tosbecken oder eine Sprungschanze zum Einsatz. In der Praxis haben sich für die Hochwasserentlastung jedoch Überfälle in der Mauer oder tiefer liegende Auslässe durchgesetzt.8

2.3. Bemessung

Die hydrologischen Bemessungsgrundlagen für eine Talsperre und deren Regelorgane hängen zunächst von der Art des Staubeckens und der Nutzung ab. Dabei wird der gesamte verfügbare Speicherraum in sogenannte Speicherlamellen eingeteilt, die je- weils durch ein Stau- bzw. Absenkungsziel gekennzeichnet sind. Dabei können be- stimmte Wasserspiegelmarken auch konstruktionsbedingt festgelegt sein, wie der Totraum. Die Größe der einzelnen Stauraumanteile richtet sich dabei nach den Be- dürfnissen der Nutzer. Wobei es nicht sinnvoll ist jedem Nutzer feste Lamellen zuzu-

8 Köngeter et al. 2013

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ordnen, da der zeitliche Verlauf des Bedarfs sehr unterschiedlich ausfällt und so viel zu große Speicherinhalte benötigt würden.

Die unterste Speicherlamelle, der sogenannte Totraum, kann wie bereits erwähnt durch die Lage des Grundablasses konstruktiv bedingt sein. Allerdings dient er auch zur Aufnahme von Sedimenten, welche so nicht in den Grundablass gelangen und die- sen blockieren können. Anhand der kalkulierten Lebensdauer der Talsperre von 50 oder 100 Jahren kann eine Bemessung erfolgen.

Den weitaus größten Anteil bei Talsperren macht der Betriebsstauraum aus, welcher zum Abflussausgleich herangezogen wird. Dieser wird durch gewöhnliche Stauziele beziehungsweise Absenkziele begrenzt, wie auch in Abbildung 2-3 zu sehen.

Abbildung 2-3: Einteilung des Speicherraums bei Talsperren9

Der bewirtschaftbare Speicherraum wird je nach Bedarf ständig für Aufstau- und Ab- senkvorgänge befüllt oder entleert. Über die Lage des tiefsten Betriebsablasses ist das außergewöhnliche Absenkziel begrenzt. Konstruktion und Zweck der Entnahmeanla- gen, beispielsweise für Wasserkraft und Wasserversorgung, bedingen hierbei die Fest- legung der beiden geplanten Absenkziele. Der eiserne Bestand, welcher nach unten durch das außergewöhnliche Absenkziel begrenzt ist, wird besonders bewirtschaftet um z. B. auch bei Trockenperioden noch genügend Wasser zur Verfügung zu haben.

9 Maniak 2005, S. 352

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Der Hochwasserschutzraum befindet sich dann oberhalb des gewöhnlichen Stauziels und der Krone der Hochwasserentlastung. Dieser Raum kann saisonabhängig variiert werden und bei vorliegenden Hochwasservorhersagen angepasst werden. Als Letztes steht noch der unbeherrschbare Hochwasserschutzraum zur Verfügung, welcher durch das äußerste Stauziel begrenzt ist.10

Die Bemessung ist auf Grundlage mehrerer Verfahren möglich. So kann eine Bemes- sung auf der Grundlage eines Wasserwirtschaftsplans stattfinden, welcher sich auf eine Summenlinie gründet. Hierfür werden langjährige homogene Zeiträume herange- zogen um eine fortlaufende Wasserbilanz zu bilden. Dabei sind Kenntnisse über Ab- fluss, Niederschlag, Verdunstung und Versickerung im Einflussgebiet nötig sowie In- formationen über Sedimente/Geschiebe sowie Eis- und Grundwasserverhältnisse. Durch den Verlauf der Ganglinien von Beckeninhalt, Stauhöhe und Abgabe über eine Jahresreihe lässt sich ermitteln, ob eine gewählte Stauraumgröße dem geforderten Zweck genügt. Dabei ist es wichtig, dass auch Trocken- und Nassperioden einge- schlossen werden. Auch künstlich generierte Zeitreihen können herangezogen werden, wenn die Datengrundlage kein anderes Vorgehen zulässt. Im weiteren Verlauf lassen sich Defizite und Überschüsse ermitteln und die erforderliche Größe des Nutzungs- raums ermitteln (vgl. Abbildung 2-4).

10 Maniak 2005

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Abbildung 2-4: Gang- und Summenlinie des Zuflusses und der Abgabe

Darüber hinaus können auch Simulationen herangezogen werden, um zu ermitteln, ob eine ausreichende Ausbaugröße gewählt wurde. Für die Betrachtung von Hochwäs- sern ist darüber hinaus die Betrachtung von Jährlichkeiten ein wichtiger Aspekt. So sieht die DIN 19700-11 für Talsperren der Klasse 1 als Bemessungswasserzufluss ein Hochwasser mit einer Jährlichkeit von 1.000 Jahren vor. Für einen zweiten Bemes- sungsfall sogar nur eine Überschreitungswahrscheinlichkeit von 10-4 was 10.000 Jah- ren entspricht. Dabei gehen die beiden Bemessungszuflüsse von unterschiedlichen Rand- und Anfangsbedingungen aus, insbesondere bezüglich der Entlastungsorga- ne.11 Auf eine tiefergehende Beschreibung des Vorgehens bei der Bemessung wird aufgrund des Umfangs an dieser Stelle verzichtet.

11 DIN 19700-11

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3. Dokumentation

In diesem Kapitel zuvor beschriebenen Grundlagen auf die Edertalsperre bezogen er- läutert. Hier werden Komponente der Staumauer, sowie Funktion und Betrieb dieser vorgestellt.

3.1 Komponenten und Funktionsmerkmale

Die Edertalsperre lässt sich in die Komponenten Staumauer und Stausee unterteilen. Die Staumauer wiederum besteht aus folgenden Komponenten welche in Abbildung 3-1 und Abbildung 3-2 dargestellt sind:

[4a] [2a] [5] [1] [2b] [4b] [6] [7] [3] [5] [8]

Abbildung 3-1: Komponenten der Edertalsperre12

. Schwergewichtsstaumauer [1] . Oberer und Unterer Kontrollgang [2a],[2b] . Querstollen [3] . Torhausschacht links und rechts [4a],[4b] . Kraftwerk [5] . Rohrkeller [6] . Schieberschacht [7] . Tosbecken [8]

12 Quelle: http://regiowiki.hna.de/Datei:Edersee.jpg, abgerufen am 14.02.2015

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Abbildung 3-2: Prinzipdarstellung des Aufbaus und der Funktion einer Staumauer13

Bei der Staumauer handelt es sich um eine gekrümmte Schwergewichtsstaumauer, welche aus 300.000m³ Edersee-Grauwacker Bruchsteinmauerwerk errichtet wurde.14 Die wichtigsten Daten zur Staumauer sind in Tabelle 1 enthalten.

Tabelle 1: Daten der Staumauer15,16 Inhalt bei Vollstau 199,3 Mio. m³ Fläche 11,5km² Mauerhöhe ca. 47m Länge der Mauerkrone ca. 400m Breite der Mauerkrone ca. 6m Sohlenlänge ca. 270m Sohlenbreite ca. 36m

Die Staumauer ist das wesentliche Element einer Talsperre. Sie hält das Wasser zu- rück und sorgt für den Aufstau des Beckens. Nachträglich wurden ein oberer und ein unterer Kontrollstollen eingebaut, welche sich über die ganze Länge der Staumauer erstreckten. Diese dienen hauptsächlich der Auf- nahme von Messungen zur Überwachung. Im oberen Kontrollstollen enden die nach-

13 http://www.wsa-hmue.wsv.de/service/pdf/100_Jahre_Edertalsperre_Internet.pdf S.10 abgerufen am 14.02.2015 14 (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015, S. 9) 15 (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015, S. 12) 16 (Wasserstand Edersee, 2015)

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träglich eingebauten Anker, die die Verschiebungen der Staumauer durch Erhöhung des Anpressdruckes an den Untergrund reduzieren sollen. Dafür wurden 104 Anker mit einer Länge von jeweils 61 bis 71 Meter eingebaut und verpresst. Jeder dieser Anker überträgt eine Kraft von 4500kN auf die Gründungssohle der Talsperre und soll damit das fehlende Eigengewicht der Staumauer ausgleichen. Die Übertragung der Kräfte fällt dabei lediglich auf die untersten 10 Meter der Anker, der sog. Haftstrecke. Der obere Teil der Anker ist flexibel gehalten und besteht aus 55 einzelnen Stahllitzen. Eine besondere Schwierigkeit bei der Herstellung der Anker bestand darin eine Zustimmung für den Einzelfall durch die Wasser und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (als untere Bauaufsichtsbehörde) zu bekommen, da für Anker in so einer Länge und Zugkraft noch keine Zulassung bestand. Hierfür wurden spezielle Nachweise über die statische Be- lastbarkeit der Konstruktion gefordert und etliche Vorversuche und Eignungsprüfungen durchgeführt. Auch von Seiten des Denkmalschutzes gab es entsprechende Forderun- gen. Die luftseitigen Bögen oberhalb der 39 Hochwasserüberläufe mussten erhalten bleiben und die Natursteinverblendung nach Bau des oberen Kontrollgangs wieder aufgemauert werden.

Abbildung 3-3 Oberer Kontrollstollen mit Ankern

Im unteren Kontrollgang befinden sich Messstellen mit Schwimm- und Gewichtsloten sowie Mess- und Versorgungskabel. Der Querstollen enthält Schaltkästen, Extensometer und die Sickerwassererfassung. Das Extensometer erfasst die Verschiebungen der Staumauer in Querrichtung. Die Torhausschächte auf der linken und rechten Seite der Mauer dienen als Zugangsmög- lichkeit für den oberen Kontrollschacht. Der Schieberschacht befindet sich etwa 40m

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unterhalb des Torhausschachts auf der linken Seite. Darin befinden sich die sechs wasserseitigen Schieber, über welche der Grundablass reguliert wird. Jedes Rohr (Durchmesser 1,20m) kann jeweils bis zu 30m³/s abführen. Diese wurden in die vor der Erneuerung im Jahre 1991 bestehenden Rohre mit einem Durchmesser von ehemals 1350mm eingeschoben und verpresst. Ebenso wurden an den Grundablässen alle Schieber, Einlaufrechen und Notverschluss- bzw. Revisionsklappen ersetzt.

Abbildung 3-4 Schiebermotoren im Vergleich zur alten Handkurbel vor 1992 im Kraftwerk Hem- furth I

Der Rohrkeller befindet sich unterhalb des Schieberhauses, darin befand sich bis zur Stilllegung des Kraftwerks Hemfurth II die Abzweigung zum Krafthaus.

Das Tosbecken dient der Umwandlung von Energie. Dazu werden im Tosbecken Stör- körper eingebaut, die die Wellen brechen. Dabei entsteht ein Wechselsprung zwischen schießendem und strömendem Abfluss.

Abbildung 3-5 Störkörper am Auslass des Kraftwerks Hemfurth I

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An der Edertalsperre wurde auch das Tosbecken nach der Auslegung des Überlaufes auf ein 1.000-jährliches Hochwasser angepasst. Die Prallmauer erhielt eine Kragplatte und das Tosbecken wurde mit Stütz- und Endschwelle an die ehemalige Sammelrinne angeschlossen.

Abbildung 3-6 Staumauer mit Sammelrinne und angeschlossenem Tosbecken17

Weitere Bestandteile der Staumauer sind Auslässe um das Bauwerk im Hochwasser- fall zu entlasten. Dazu gehören acht Notauslässe die sich in der Mitte der Staumauer befinden. Außerdem zwei Rohre zum Kraftwerk Hemfurth I und 39 Öffnungen unter- halb der Mauerkrone zur Hochwasserentlastung18. Diese Entlastungsmöglichkeit sind nachfolgend mit Angabe des maximalen Abflusses in Tabelle 2 angegeben. Daraus ergibt sich eine maximale Wasserabgabe von 1744m³/s bei Vollstau.

Tabelle 2: Wasserabgabe der Staumauer19

8 Notauslässe im mittleren Mauerbereich 440 m³/s 2 Rohre am linken Hang Kraftwerk Hemfurth I 54 m³/s 6 Grundablässe am rechten Hang 150 m³/s 39 Öffnungen zur Hochwasserentlastung über die Krone 1100

17 Quelle: http://regiowiki.hna.de/Datei:Edertalsperre.jpg, abgerufen am 19.02.2015 18 (Wasserstand Edersee, 2015) 19 (Wasserstand Edersee, 2015)

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3.2 Erläuterung des Funktionsablaufes und Betrieb

Der Betrieb der Edertalsperre orientiert sich anhand der Nutzungsanforderungen und der vorhandenen Stauwassermenge. Dabei sind die verschiedenen Aufgaben und Funktionen der Talsperre zu berücksichtigen. Dazu gehören vorrangig: . Speisung des Mittellandkanals . Hochwasserschutz . Nutzung der Wasserkraft

Abbildung 3-7: Querschnitt durch die Talsperre20

Die Abgabewassermenge anhand der vorhandenen Stauwassermenge ist nachfolgend in Tabelle 3 aufgelistet. Der Wasserstand der Talsperre kann Abbildung 3-7 entnom- men werden.

20 http://www.wsa-hmue.wsv.de/service/pdf/100_Jahre_Edertalsperre_Internet.pdf, S.12 abgerufen am 14.02.2015

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Tabelle 3: Abgabewassermenge21

Bezeichnung Abgabemenge Talsperreninhalt Mindestwasserabgabe 6 m³/s 20 Mio m³< Inhalt < 40 Mio m³ Niedrigwasserabgabe Zufluss = Abfluss Inhalt < 20Mio m³ Normalwasserabgabe 6m³/s < Abgabe < 40 m³/s Inhalt > 40 Mio. m³ Erhöhte Wasserabgabe 40 m³/s < Abgabe < 110 m³/s Inhalt > 40 Mio. m³ Hochwasserabgabe Abgabe > 110 m³/s 199,3 Mio m³

Der Mindestinhalt der Talsperre beträgt 20 Millionen m³. Ist dieser Mindestinhalt er- reicht, wird maximal so viel Wasser abgegeben wie zufließt. Die Normalwasserabgabe gewährleistet die Schiffbarkeit der Weser in den Sommermonaten. Dafür wird der Pe- gel in Hann. Münden gemessen, welcher einen Tagesmittelwert von 1,20m erreichen soll. Außerdem ist eine erhöhte Wasserabgabe möglich, wenn Schiffe mit besonders großem Tiefgang den Mittellandkanal passieren und einen höheren Pegel als 1,20m benötigen.22

Abbildung 3-8: Pegel, Inhalt, Zufluss und Abfluss an der Ederseetalsperre23

Der Betrieb unterscheidet sich Grundlegend anhand von verschiedenen Anforderungen im Hochwasserschutzzeitraum und dem Zeitraum der Niedrigwasseraufhöhung.24 Der

21 (Wasserstand Edersee, 2015) 22 (Wasserstand Edersee, 2015) 23 http://www.wsa-hmue.wsv.de/service/pdf/100_Jahre_Edertalsperre_Internet.pdf, S.14; abgerufen am 14.02.2014 24 (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015, S. 13)

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Hochwasserschutzzeitraum dauert von November bis April. In diesem Zeitraum soll ein Hochwasserschutzraum vorgehalten werden (Vgl Abbildung 3-8) welcher das Wasser aus der Schneeschmelze aufnehmen soll. Während dieser Zeit soll eine Mindestmenge von 6m³/s abgegeben werden, um das ökologische Gleichgewicht der Eder zu erhal- ten.25 Aufgrund von Schwankungen des Zuflusses kann es möglich sein, dass eine Abgabeerhöhung notwendig ist, um den geforderten Hochwasserschutzraum zu er- möglichen. Dabei können oftmals die Anforderungen der Wasserkraftnutzung nicht optimal berücksichtig werden.26 Ziel ist es, ein Überlaufen der Talsperre zum 1. Mai eines Jahres zu erreichen. Ein Vollstau der Talsperre zu diesem Zeitpunkt schafft die Vorrausetzung, die Weser in den Sommermonaten schiffbar zu machen. Die Zeit der Niedrigwasseraufhöhung dauert von Mai bis Oktober. In dieser Phase wird das Wasser genutzt, um das Wasser in der Oberweser zu erhöhen. Mit fortschreiten- der Sommerperiode kommt bis zu 50 Prozent des Wassers der Weser aus der Edertal- sperre.27 Um die Abgabemenge zu definieren, wird der Pegel in Hann. Münden ge- messen. Bei einem Tagesmittel von 1,20m, welches nicht unterschreiten sollte, stellt sich eine Fahrwassertiefe von 103cm ein.28 Weitere Punkte, die den Betrieb der Talsperre beeinflussen, sind die Anforderungen aus der Fischerei, der Ökologie und des Tourismus.

25 (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015, S. 13) 26 (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015, S. 15) 27 (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015, S. 16) 28 (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015, S. 15)

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4. Erfahrungen

Der größte und verheerendste Schadensfall in der Geschichte der Edertalsperre war die Bombardierung im Jahr 1943 durch englische Fliegerverbände. Die Bomben hinter- ließen ein 70 x 23 m großes Loch in der Staumauer. In den dadurch entstandenen Flu- ten starben 68 Menschen und mehrere hundert Gebäude wurden zerstört. Mit Hilfe von 2000 eingesetzten Zwangsarbeitern dauerte der Wiederaufbau der Talsperre nur vier Monate.

Abbildung 4-1: Die zerstörte Staumauer 1943

Die Mauer wurde in den Jahren 1991-1994 noch einmal komplett saniert. Es wurde festgestellt, dass an vielen Stellen Feuchtigkeit in den inneren Teil der Gänge eindrang und die Mauer den gestellten Sicherheitsanforderungen nicht mehr entsprach. Im Zeit- raum der Sanierung war die Staumauer für Touristen komplett gesperrt. Die Sanie- rungsmaßnahmen beinhalteten z. B. die Verankerung von 104 Stahlankern mit einer Länge von je 75 m im felsigen Untergrund, der Bau eines zusätzlichen Kontrollgangs sowie die Injektion einer speziellen Zementmilch zum Schließen der Risse und Hohl- räume in der Mauer.

Staumauern werden generell so bemessen, dass ihre Zuverlässigkeit über eine Nut- zungsdauer von 100 Jahren gewährleistet ist. Im Jahr 2014 wurde die Edertalsperre 100 Jahre alt und es war zu klären, ob und wie die Standsicherheit für die nächsten Jahrzehnte weiterhin sichergestellt werden kann.

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Die Untersuchung der Edertalsperre bestand aus drei wesentlichen Komponenten: die eigentliche Untersuchung zur Standsicherheit, die Bewertung und Ergänzung der Ma- terialkenngrößen des Bruchsteinmauerwerks und des Felsuntergrundes sowie die Überprüfung der bisher durchgeführten Überwachungsmessungen. Obwohl keine Erd- bebennachweise zu führen waren, wurden diese geführt und es konnte nachgewiesen werden, dass die Standsicherheit des Hauptträgers im Falle hoher Seismizität gewähr- leistet ist.

Aus den Untersuchungen ergab sich, dass die Edertalsperre, auch nach 100 Jahren Nutzungsdauer, noch den anerkannten Regeln der Technik entspricht und die Standsi- cherheit sichergestellt ist. Genauso wichtig wie die statische Standsicherheit sind der nachhaltige Betrieb und die Wartung der Anlage, um eine lange Nutzungsdauer zu gewährleisten. (Wasser- und Schifffahrtverwaltung des Bundes, 2015)

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5. Conclusio

Die Edertalsperre ist mit Fertigstellung ihres Baus im Jahre 1914 Bestandteil der deut- schen Geschichte und Zeitzeugin der Bau- und Ingenieurarbeit, die seit ihrem Beste- hen geleistet werden musste um ihre Funktion zu erhalten. Viele Ereignisse haben dazu geführt, dass die Edertalsperre immer wieder auf ihre Standsicherheit geprüft wurde. Sei es die Zerstörung durch eine Fliegerbombe im zweiten Weltkrieg oder die Anforderungen neuer Sicherheitsstandards von Talsperren. Am Beispiel der Edertal- sperre wird sichtbar, wie Bauwerke mit solch hohen technischen Ansprüchen an Statik, Verschleiß und Sicherheit dank guter Pflege und Zusammenarbeit aller beteiligten Ak- teure auch Jahrhunderte überstehen kann.

Die Exkursion hat uns einen guten Einblick in wasserbauliche Praxis gegeben. Vor Allem war es interessant zu sehen wie einzelne Nutzungen eines Gewässers aufei- nander abgestimmt werden müssen. Es wurde gezeigt mit welchen Problemstellungen man sich bei Planung und Betrieb von wasserbaulichen Anlagen auseinandersetzen muss. Gerade das Zusammenspiel vom Betrieb der Talsperre und Pump- bzw. Spei- cherbetrieb der Pumpspeicherkraftwerke Waldeck war sehr interessant dargestellt.

Abbildung 5-1 Die Gruppe vor der Staumauer

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Literaturverzeichnis

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DIN 19700-11 Stauanlagen Teil 11 Talsperren. (2007).

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