2014 Friedrichshagen.Pdf
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IMPRESSUM 5 JÜDISCHE RUDERVEREINE 6 DAS SA-HEIM MÜGGELSEEDAMM ÜBER GESCHICHTE STOLPERN Die Deutsche Gesellschaft e. V. setzt sich in den Themenbereichen EU & Die Deutsche Gesellschaft e. V. bietet Schülerinnen und Schülern seit Europa, Kultur & Gesellschaft sowie Politik & Geschichte für Aufarbei- 2007 ein Stolperstein-Projekt an. „Stolpersteine“ sind vom Künstler Gun- tung, Vernetzung und Aufklärung ein. Mit über 500 Veranstaltungen ter Demnig in Straßenpflaster eingelassene Messingplatten. Sie werden im Jahr gehört sie zu den aktivsten Nicht-Regierungsorganisationen im vor Gebäuden (oder an Plätzen, auf denen vormals Gebäude standen) ver- Bereich der politischen und kulturellen Bildungsarbeit. Interessierten legt, in denen vom NS-Regime verfolgte und ermordete Bürger wohnten. Bürgerinnen und Bürgern bietet die Deutsche Gesellschaft e. V. die Auf diese Stolpersteine sind die Namen emigrierter oder deportierter ehe- Möglichkeit in Foren, Workshops, Konferenzen, auf Studienreisen oder maliger Bewohner eingraviert, die von den Nationalsozialisten vertrieben bei Austauschprogrammen über aktuelle gesellschaftspolitische Fragen oder umgebracht wurden. Inzwischen gehören sie in über 500 Städten zu diskutieren. Außerdem schreibt sie regelmäßig Essay- und Ideen- Deutschlands und mehreren Ländern Europas zum Stadtbild. wettbewerbe aus, die dazu aufrufen, sich mit gegenwartsnahen Themen näher zu befassen – sei es die Finanzkrise, der Wertewandel oder die In vier Seminarstunden recherchierten die Jugendlichen der Jungen Ge- Frage der Identität. meinde Berlin-Friedrichshagen zu den Biographien ehemaliger jüdischer Nachbarn und präsentierten diese Arbeiten bei einem Stolpersteinspa- ziergang der Öffentlichkeit. Die Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 16 Jahren bekamen so einen direkten Eindruck vom verschwundenen Fotonachweise: Kaufhaus Weiss, Ehemaliges Wohnhaus der Familie Holzmann, Reise- jüdischen Leben in Friedrichshagen, von der systematischen Entrechtung passbilder Wolfgang Holzmann, Paul Holzmann, Irmgard Holzmann (Privatbesitz von G. und Vernichtung der Juden mitten in ihrem Kiez. Die Ergebnisse sind nun Lüdersdorf) | Fromms Act Fabrik, Julius Fromm, Packungen (bauchgefühl GmbH) | Alice in diesem Flyer dokumentiert. Das Projekt Leske und ihre Schülerinnen (Privatbesitz von Edith Buchholz) | Das Bootshaus des jüdischen Ruderclubs „Ivria“ in Friedrichshagen – FOT 88/500/151.024, „Ivria“ Ruderer wurde vom Bundesministerium für Familie, vor der Berliner Bürgerbräu – FOT 88/500/151.020 (beide Herbert Sonnenfeld, Berlin Senioren, Frauen und Jugend gefördert. ca. 1935, Fotografie (s/w), © Jüdisches Museum Berlin, Ankauf aus Mitteln der Stiftung ÜBER Deutsche Klassenlotterie Berlin) | alle Fotografien farbig: Deutsche Gesellschaft e.V., Bootshaus des jüdischen Ruderclubs „Ivria“, ca. 1935 „Ivria“ Ruderer vor der Berliner Bürgerbräu, ca. 1935 | Unten: Bootshaus, heute Ehemaliges SA-Heim Müggelseedamm, Gedenktafel Literaturnachweise: Aly, Götz/ Sontheimer, Michael: Wie der Jude Julius Fromm das Mar- kenkondom erfand, zum Großfabrikanten aufstieg und zweimal um sein Lebenswerk ge- bracht wurde. Berliner Zeitung. Berlin 17.2. 2007 | Lüdersdorf, Gerd: Es war ihr Zuhause. GESCHICHTE Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden die Juden Mit der Nachwuchsmannschaft „Jung-Ivria“ setzte der Club auch stark In Friedrichshagen gab es auch ein SA-Heim. Es befand sich in der Villa Juden in Köpenick. Edition Roots. Berlin 1998 | Wörmann, Heinrich-Wilhelm, (Hrsg.): Widerstand in Köpenick und Treptow. Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Berlin 1995 auch aus deutschen Sportvereinen gedrängt, sodass sie sich in eigenen auf die Erziehung einer selbstbewussten jüdischen Generation. Gladenbeck, Seestraße 9 (heute Müggelseedamm 132). Der SA-Reserve- | Präsidium des Kartells Jüdischer Verbindungen (Hrsg.): Ivria und Ruder-V.J.St. – Ein Verbänden organisierten. Beispielsweise gab es noch 1933 mindestens Ab 1933 schlossen sich viele Juden den Zionisten an. Sie lernten hebrä- Sturm 5/15 unter Sturmführer Werner Man hatte sich da eingerichtet. Dort Bericht. Festschrift. Berlin 1935. zur Verfügung gestellt vom Jüdischen Museum Berlin. sechs jüdische Ruderclubs im Südosten Berlins. Zwei davon befanden isch und verfolgten die Idee eines Juden-Staates in Palästina. misshandelten sie Friedrichshagener Juden wie den Zahnarzt Dr. Meinhard STOLPERN sich in Friedrichshagen. Moses, der in der Ehlich-Villa praktizierte und politische Gegner, wie Teilnehmer: Junge Gemeinde der Christophoruskirche, Berlin-Friedrichshagen | Seminar- leitung: Maria Hufenreuter, Deutsche Gesellschaft e.V. | Gestaltung: thorstenbieber.de 1936 wanderten schließlich die letzten Ruderer von „Ivria“ mitsamt Richard Aßmann und Karl Pokern. Während der „Köpenicker Blutwoche“ im In der Waldowstraße 2 (heute Joseph-Nawrocki-Straße) hatte die „Alt ihren Booten nach Palästina aus. Das Haus ist heute in Privatbesitz. Juni 1933 wurden die Opfer verhaftet, auf Wagen geladen und in den Stütz- Jugendliche adoptieren Stolpersteine. Brandenburg Akademische Rudergesellschaft Berlin-Friedrichshagen“ punkten „verhört“. Die „Köpenicker Blutwoche“ wurde unter der Führung Eine Auseinandersetzung mit dem ihren Sitz. Zunächst koppelte sich die Mitgliedschaft nicht an Konfessi- Text: Annika (16) des Sturmbannführers Gehrke vorbereitet. Die Schlägertrupps drangen on, doch unter dem Druck der Nazis durften nur noch Juden zu der nun in die Häuser ein und quälten teilweise auch die Familienmitglieder ihrer jüdischen Leben in Berlin-Friedrichshagen. Ein Projekt der: umbenannten „Jüdischen Wassersportgesellschaft 1898“ gehören. Der „Zielperson“. Die Brutalität war beispiellos, viele starben auch an den Verein wurde insolvent und musste das Grundstück verkaufen. 1938 Spätfolgen oder erholten sich nie wieder von den Folterungen. Deutsche Gesellschaft e. V. ging das Areal an die Berliner Bürgerbräu AG. Die jüdischen Mitbesitzer Die SA-Heime boten jungen arbeitslosen SA-Mitgliedern ab 1931 billige Voßstr. 22 Deutsche erhielten jedoch kein Geld für ihr Grundstück. Schlafunterkünfte mit warmen Mahlzeiten und eine Arbeitsvermittlung 10117 Berlin-Mitte Gesellschaft e.V. an. Dafür fühlten sich die jungen Männer der SA sehr verpflichtet und www.deutsche-gesellschaft-ev.de 1908 gründete sich in Hahns Mühle 16 der Ruderclub „Ivria“. Er war reagierten besonders offen auf eine Ausbildung zum brutalen Schläger und unter den jüdischen Sportvereinen eine Ausnahme, denn seine Mitglie- Mörder. Die Heime waren ausgestattet mit Betten, Spinden, Kochgelegen- der hatten sich dem Zionismus verschrieben und traten selbstbewusst heit und Posten, die die Räume sicherten. Insgesamt gab es 107 Heime Gefördert von: Partner: als Juden auf, während andere Clubs und Vereinigungen eher daran dieser Art in Berlin. So fungierten die SA-Heime einerseits als soziale interessiert waren, nicht als jüdisch aufzufallen. Einrichtungen, andererseits als paramilitärische Stützpunkte. Text: Leon (15) JUDEN IN FRIEDRICHSHAGEN ROUTE 1 DIE FAMILIE HOLZMANN 2 FROMMS ACT FABRIK 3 ALICE LESKE 1933 lebten in Berlin 160.–170. 000 Juden und machten also 4–5% der Bevölkerung aus. Köpenick war der Bezirk mit den wenigsten jüdischen ev. Friedhof und Irmgard. Er selbst wurde in ein Arbeitslager geschickt. Als die SS Bürgern. 55 von ihnen galten als „Juden“, 359 als „Geltungsjuden“ und auf aus Angst vor der Roten Armee 1945 die Häftlinge abtransportierte, 693 Einwohner trafen die Nürnberger Gesetze zu. Von den in Friedrichsha- sprang er während der Fahrt ab, wurde wieder gefangen und ins KZ gen lebenden Juden wurden 50 deportiert oder in den Tod getrieben. 5 Theresienstadt verschleppt. Dort erlebte er täglich Erschießungen. Zentrum des jüdischen Lebens war die Jüdische Gemeinde Köpenick, die 1880 gegründet wurde. Die Gottesdienste der jüdischen Gemeinde wurden Nach der Befreiung des Lagers musste er erst von Typhus geheilt zuerst im Ratskeller und anderen Gaststätten abgehalten, bis 1910 in der werden, ehe er abreisen konnte. Im Spätsommer 1945 kam er nach Freiheit 8 in Köpenick eine neue Synagoge mit 286 Plätzen zur Verfügung Assmannstraße Friedrichshagen zurück und eröffnete als Schneider ein Modegeschäft stand. Beim Novemberpogrom 1938 wurde sie in Brand gesteckt und in der Bruno-Wille-Straße 61. Paul heiratete wieder und bekam zerstört. nochmal einen Sohn. Bis zu seinem Tod litt er an den traumatischen Bekannt und geachtet war der Kaufmann Hugo Ehrlich, ein Friedrichshage- Erfahrungen seines Lebens. ner Jude, der im ersten Weltkrieg seinen Sohn Günther verlor. Er gründete daraufhin die Günther Ehrlich Stiftung für geschädigte Kriegsteilnehmer. Text: Jonas (14), Aaron B. (15), Martin (14) 1937 wurde seine Müggelsee-Villa, in der sich die Stiftung befand, illegitim Tram Bölschestraße Tram durch die Nationalsozialisten an den Bauunternehmer Wolf verkauft. 1 Auch das Altenheim in der damaligen Seestraße 43 (heute Müggelsee- 4 damm 212), das zwar keine jüdische Einrichtung war, in dem aber fast nur jüdische Bewohner lebten, wurde 1940 unrechtmäßig vom Amtsgericht Köpenick versteigert. Die jüdischen Insassen wurden deportiert. Müggelseedamm Ehemaliges Wohnhaus der Familie Holzmann, Bölschestraße 25 (früher Friedrichstr. 25) Zweite Fromms Act Fabrik, zerstört 1943 Alice Leske und ihre Schülerinnen, um 1930 Friedrichshagener Straße 38/39 Julius Fromm, 1945 in London Rahnsdorfer Straße Jüdisches Altenheim Paul Holzmann, ein beliebter Schneidergeselle, wohnte in der Cöpeni- 1903 kam Julius Fromm als 10 Jähriger aus Polen mit seiner jüdischen Fa- Alice Leske war eine Lehrerin,