Jazzecho 2 04 RZ Rawa1
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Ausgabe 2 Jahrgang 7 Sommer 2004 „Die Jugend wird an die Jungen verschwendet.“ Kenny Barron (60) im Gespräch mit Steve Kuhn (66) Call & Response, Seite 9 Aktuelle News, Tourdaten und Neuerscheinungen jeden Freitag neu unter http://www.jazzecho.de world’s best-sounding newspaper Intro Classics Feedback Details Call & Response Porträt Planet Jazz Mix Die wichtigsten Die schönsten Swingende Das kleinste Zukunft mit Vertraut Naturellement Seite 12 gut, Neuerscheinungen Reissues Milchbärte Gedruckte Vergangenheit fremdartig Helena alles gut Was gibt’s Legendäre LPs, die oft noch nie Die Presseschau im JazzEcho Jazzfans sind anders als andere Diesmal im Seit fast 35 Jahren geht der Diesmal auf der Seite, die die Zum Schluss Neues? Und auf CD erschienen sind oder – diesmal mit Beiträgen zu Diana Menschen: Sie haben einen JazzEcho- brasilianische Superstar und Welt des Jazz aus aller Welt von wird unser Jazz- was ist davon lange vergriffen waren, bringt Krall, Frank Chastenier, Torun besseren Geschmack, nicht nur Doppel- Volksheld Caetano Veloso mit dem allen Seiten beleuchtet: Neue verständnis gut? Unter die Serie LPR nach und nach Eriksen und Jamie Cullum, den was Musik angeht, und sie haben interview: Die Gedanken schwanger, ein Album Aufnahmen, unter anderem von noch einmal anderem neue heraus, und das in besonders die „New York Times“ einen einen ausgeprägten Sinn für Pianisten Kenny nicht auf Portugiesisch, sondern João Gilberto und der ebenso extrabreit. Da Aufnahmen von liebevoller Ausstattung: Im Papp- „ungezogenen Post-Punk-Rocker“ Details. Darum widmen wir ihnen Barron und auf Englisch aufzunehmen – ein belgisch-portugiesischen wie passen dann John Scofield Digipak sieht die CD fast aus wie nannte, „verblüfft von den Heft für Heft drei volle Seiten mit Steve Kuhn Experiment, das geringere Musiker schönen Helena sowie eine auch Masters und Al Jarreau. die Original-LP. Das und mehr Möglichkeiten des Jazz“. Besser Tracklistings, Musikerangaben – zusammen Kopf und Kragen gekostet hat. Mit Sammlung der meistgesuchten At Work und Mehr Neues, (darunter Neues von Art Blakey hätte es Jamie auch nicht sagen von der Piccoloflöte bis zum fast 90 Jahre „A Foreign Sound“ hat Caetano es Perlen der Soundtracklegende Lalo die Tourdaten wie immer, ab und James Browns legendäres Big- können. Die ganze Wahrheit und Sousaphon und vielem mehr. Wie Musikerfahrung. gewagt. Das Porträt eines mutigen Schifrin. Ach ja, die Seite befindet zusammen. Auf Seite 2. Band-Album!) auf Seite 4. noch einiges mehr auf Seite 5. immer ab Seite 6. Auf Seite 9. Musikers auf Seite 10. sich wie immer auf der 11. Seite 12. John Scofield Steve Kuhn Niku Sebastian Dieser Sommer mit dem Frosch TILL BRÖNNER, charaktervoller Musik-Alleskönner und charmanter Entertainer, macht mit „That Summer“ einen gekonnten und konsequenten Schritt – in Richtung Pop. ill Brönner steht auf der Bühne ser „Jazznight“, das zum ersten Mal dem Claus Ogerman. Das ironische der Hamburger Musikhalle, die mehr denn je singenden Till und seinem „Your Way To Say Goodbye“ et- Trompete in der rechten und eine neuen Material begegnet, dankt es ihm. wa, das langsame Enden einer Kermit-Puppe in der linken Hand. Als er zur Zugabe auf die Bühne schreitet, Affäre, den verträumten Blues T Er singt „Bein’ Green“, Frosches Loblied kommen die Bravo-Rufe kaum gegen den „After Hours“, das brasilianisch- auf die Individualität, das ihn, wie er in stehenden Applaus an. swingende „High Falls“ und seiner Einleitung zugegeben hat, schon „Mir wird ja immer vorgeworfen, mir auch „So Right, So Wrong“, in der „Sesamstraße“ faszinierte. Wie er fehle die Provokation“, hat Till Brönner das in all seiner fröhlichen Me- da so steht, abwechselnd singt und trom- einst in einem Interview gesagt. „Interes- lancholie wie ein Seelenspiegel- petet und zur großen Belustigung des Pu- sant ist, dass am meisten über mich ge- bild Brönners wirkt. Nicht gleich blikums immer wieder mit Kermit nickt, schrieben wird, weil ich scheinbar durch himmelhoch jauchzend oder zu wird klar, warum Till mal wieder eine gro- das Nichtprovozieren provoziere. Etwas Tode betrübt, aber doch in diesem ße Hoffnung für den Jazz, ach was, die zu mögen, obwohl es aus einem ganz an- Moment noch freundlich dem Pu- Musik in diesem Land darstellt. Der 33- deren Lager kommt und mir andere Din- blikum entgegenlachend, im nächs- Jährige ist eben nicht nur einer der besten ge abverlangt, das ist meine Welt.“ Und ten schon wieder ernst und vielleicht Trompeter seiner Generation. Nicht nur sonst gar nichts. Was sollte einer zu be- auch etwas traurig in der eigenen Ge- ein guter Produzent, was er bei Arbeiten weisen haben, der schon für sein erstes dankenwelt versinkend. mit Hildegard Knef, Manfred Krug, Frank Album die Basslegende Ray Brown gewin- Das Konzert ist vorbei. Die Besucher, Chastenier und sogar den No Angels ein- nen konnte und der mit dem letzten trotz für eine „Jazznight“ recht jugendlich und drucksvoll unter Beweis gestellt hat. Nicht anspruchsvoller Groove-Ausflüge gleich außerdem vornehmlich weiblich, strö- nur gut aussehend, wohlerzogen, char- in den Popcharts landete? Der sich eben- men aus der Musikhalle. Überall sieht mant und eloquent. Er weiß vor allem, so wacker beim Fernsehkochen mit Alfred man strahlende Gesichter, hört angeregt wie er sein Publikum begeistern kann. Er Biolek wie bei „Zimmer frei“ schlägt? Der begeisterte Gespräche. Mädchen kichern, trifft wie kaum einer sonst den guten Ton zudem immer wieder und in jeder nur er- Damen lächeln. Nur ein paar ältere Jazz- zwischen Jazzimprovisation und Enter- denklichen musikalischen Kombination fans gucken irritiert. Einer murmelt so- tainment. So sanft er auch singen mag, brilliert, ob mit Hilde oder Manfred, dem gar was vom „Quatsch mit dem Frosch“. was ihn natürlich auf wunderbare Weise Zigeunergeiger Roby Lakatos, den zwölf Noch in derselben Nacht notiert das Gäs- mit Chet Baker verbindet, so hart swin- Cellisten der Berliner Philharmoniker, tebuch auf till-broenner.de haufenweise gen Till der Trompeter und seine Super- Funk-Ikone Bootsy Collins oder sogar den Lobeshymnen und Liebesbeweise, wie band mit Roberto Di Gioia an Piano und No Angels oder Rosenstolz? Nichts hat er diesen der schwärmenden Sabine: „Ach Keyboards, Eric St. Laurent an der Gitarre, zu beweisen. Außer sich selbst vielleicht. Till, sie lieben dich alle – zumindest der Christian von Kaphengst am Bass, Wolf- Für „That Summer“ nahm Till Brönner weibliche Teil der Hamburger Musikhalle gang Haffner am Schlagzeug und Kim deshalb eine Auszeit. Vom Touren und – und wäre ich nicht unsterblich in mei- Sanders mit mehr als nur Backgroundvo- Produzieren und auch vom Alltag in sei- nen Mann verliebt, so würde ich es ver- cals. Völlig natürlich und mit lässiger Ele- ner Wahlheimat Berlin. Er verzog sich in mutlich auch tun ;-)“ ganz spannt er den Bogen auch auf sei- eine Blockhütte in der Nähe von Ontario, JazzLink: broenner nem neuen Album „That Summer“ von Kanada. Und schrieb. Keine komplizier- eigenen Jazzpopsongs, über eine Bal- ten Kompositionen, eher leichte Lieder. lade des ihm stimmverwandten ameri- Popsongs, sozusagen, die allerdings et- kanischen Singer/Songwriters Michael was mehr als nur Schema F vorzuweisen TILL BRÖNNER Franks und softe Brasiliaden bis zum ge- haben. Dafür spannende Changes, sub- That Summer konnt modernisierten Standard „When tile Rhythmen und großartig entspann- CD 06024 9818670 Your Lover Has Gone“. Das Publikum die- te Streicherarrangements im Stile eines SACD 06024 9818669 Lebenslinie TILL BRÖNNER 1971 1974 1991 1998 2002 2004 Till Brönner wird in Viersen Der Musikersohn entdeckt Nach nur drei Semestern Sein Verve-Debüt „Love“ Schon auf „Chattin With Auf „That Summer“ prä- geboren. durch Louis Armstrong und an der Kölner Musikhoch- macht den „besten deut- Chet“ (2000) hatte er sentiert sich Till Brönner Charlie Parker seine Liebe schule wird der eben 20- schen Nachwuchstrompe- Ausflüge in die elektroni- von seinen besten Seiten zum Jazz. Jährige Trompeter der RIAS ter“ auch international sche Modernität gewagt; – als Trompeter, Komponist, Big Band. zum Star; mit Alben für „Blue Eyed Soul“ ist der Arrangeur und Sänger. Manfred Krug und Hilde- Fortschritt in Richtung gard Knef etabliert er sich NuSoul und Hip-Hop-ver- zudem als Produzent. funkter Instrumentalmusik. Soundcheck Ladies first? „Sehr politisch korrekt, dass du Frauen und Norah Jones in den Top Ten der ich nicht.“ Nat Hentoff erinnert in seinem vor Eröffnung der „Frederick P. Rose Hall“ Woran liegt es, dass Frauen im Jazz in deiner Band hast“, sagt der Pianist deutschen Charts, so etwas wie Chancen- Aufsatz „Testosteron ist kein Instrument“ in Manhattan, der neuen „Jazz at Lincoln in der Minderheit waren und sind? Steve Kuhn zu seinem Instrumenten- gleichheit im Jazz? Oder ist schon die an das zweifelhafte Kompliment „Sie Center“-Heimat, die als weltweit erste Ahnungen gibt es da schon. Aber auch kollegen Kenny Barron im „Call & Frage emanzipative Emaskulation? Als ein spielt wie ein Mann“. Dann zählt er etli- speziell für Jazz konzipierte Konzerthalle Hoffnungen. Etwa, dass die vielen talen- Response“ (S. 9). Nach einer Schreck- amerikanischer Journalist von Diana Krall che hervorragende weibliche Bands, Sän- gilt (fast 110 Millionen Euro erschufen da tierten Frauen, auch und besonders im sekunde ergänzt er: „Vor allem, weil wissen wollte, ob Frauen ihrer Meinung gerinnen und Instrumentalistinnen der mehrere Bühnen auf über 30.000 Qua- europäischen Jazz, von Rebekka Bakken sie einfach sehr gut spielen.“ Da lacht nach einen besonderen Beitrag