Zeitschrift Für Burgenforschung Und Denkmalpflege 2 2018
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2/2018 Burgen und Schlösser Burgen Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege 2 2018 Umschlag 2_2018.indd 1 14.06.18 10:48 Burgen und Schlösser ISSN 0007-6201 59. Jahrgang, Heft 2/2018 Rekonstruktionsvor- schlag der Pfalz Aachen Inhalt (Zeichnung: Judith Ley; Modell: Jaekwon Ahn). Beiträge Judith Ley/Andreas Schaub Die Aachener Pfalz: Siedlungs- und Baugeschichte 66 Achim H. Schmidt Burg Treis bei Treis-Karden an der Mosel: Burg Treis von Nord- eine Burg im Spannungsfeld zwischen Reich, osten, im Hintergrund Pfalzgrafschaft und dem Erzbistum Trier 74 die Wildburg (Foto: A. Schmidt, 2017). Joachim Zeune Die Burgkapelle auf der Marksburg: zwei archäologische Déjà-vus 89 Dominik Repka/Peter Sater Burg Apponitz (Oponice) in der südwestlichen Slowakei 103 Marksburg, Kapellen- Annina Hilfenhaus/Benjamin Rudolph grabung, Planum 2 Zur Baugeschichte des Spiegelʼschen Hauses gesamt von Südosten in Werna bei Nordhausen (Thüringen) 109 (Foto: G. Wagner, 2014). Berichte/Nachrichten Udo Liessem Beobachtungen an der Burg Surcasti, Kt. Graubünden, Schweiz 120 Werna, Spiegelʼsches Baudenkmale gefährdet – Haus, Grundriss Erd- Baudenkmale gerettet geschoss (Zeichnung: F. Schorbach 1883). Cornelia Oelwein Bayern 125 Ausstellung Cornelia Oelwein Museum der Bayerischen Könige 126 English summaries 127 gefördert von Titelbild: Pfalz Aachen, CAD-Rekonstruktion des aktuellen Forschungsstands (ArchaeoPlan Ristow, Köln/Narmer Architecture, Budapest 2018 [Zsolt Vasáros/Gábor Nagy/Sebastian Ristow]). Burgen und Schlösser 2/2018 65 Impressum 2_2018.indd 65 13.06.18 12:44 Die Burgkapelle auf der Marksburg Joachim Zeune Die Burgkapelle auf der Marksburg: zwei archäologische Déjà-vus Einführung Seit mehreren Jahrzehnten bemüht sich die Deut- rand am Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters sche Burgenvereinigung e. V. (DBV) um die fachge- und der Neuzeit, Universität Bamberg, tätig, agier- rechte Erforschung und seriöse Präsentation der te der Verfasser 27 bzw. 28 Jahre später 2013 und Marksburg, die zu den beliebtesten Reisezielen in 2014 nun als Inhaber des Büros für Burgenfor- der Welterbe Kulturlandschaft Oberes Mittelrhein- schung in Eisenberg/Zell und als Vorsitzender des tal gehört und sich seit 1900 im Eigentum der DBV Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Burgen- befindet. 2006 konnten diese Bemühungen durch vereinigung e. V. Dies hatte den Vorteil, dass der das EU-Projekt „Moderne Erforschung und Präsen- Grabungsleiter die Befundsituation bestens kannte tation von Burgen“ intensiviert werden. Diesen ver- und dementsprechend variabel mit der hier anzu- tieften Forschungen ist auch die Entdeckung einer wendenden Grabungsmethodik umgehen konnte. historischen Nachricht zu verdanken, die den 1986 bestand die Grabungsmannschaft aus drei Abbruch der alten Burgkirche im Jahre 1588 Studenten des Lehrstuhls für Archäologie des Mit- erwähnt und somit deren grobe Lokalisierung telalters und der Neuzeit, Universität Bamberg, ermöglicht. Das löste kontroverse Diskussionen zwi- einem Fotografen und einem ICOMOS-Austausch- schen den mit der Marksburg befassten Forschern studenten der Universität Boston, 2013 und 2014 aus, rückte zugleich aber auch ein 1986 im Batterie- dagegen aus Teilnehmern des Seminars für Burgen- hof archäologisch angeschnittenes Gebäude in ein forschung, das seit über 20 Jahren vom Verfasser neues Licht. Die daraufhin durchgeführten Nach- alljährlich für die DBV organisiert wird, mit tat- grabungen von 2013 und 2014 dienten der Klärung kräftiger Unterstützung durch die Kastellanei der dieses Fachdisputs und bereicherten die Marksburg- Marksburg. forschung um ein wertvolles Stück Baugeschichte. Die Initiative zu diesen drei Aktionen kam jeweils seitens der Geschäftsführer der Deutschen Burgen- Grabung September 19861: vereinigung e. V.: 1986 von Dr. Busso von der Dol- ein merkwürdiger Befund len, 2013 und 2014 von Gerhard Wagner. Die Gra- bungsempfehlungen wurden stets vom jeweiligen Große Probleme mit der Entwässerung des auch als Präsidium wohlwollend aufgegriffen und in ent- „Appellplatz“ bezeichneten „Batteriehofs“ – so sprechend finanzierte Aufträge überführt. Alle benannt nach den beiden Batteriestellungen, die drei Grabungsaktionen wurden von demselben den engen Hof nach Südwesten und Nordwesten Grabungsleiter durchgeführt: 1986 noch als Dokto- begrenzen – bedingten die Verlegung einer neuen Abb. 1. Grundriss der Marksburg nach Bodo Ebhardt 1934. Grabungs- areal 1986, 2013 und 2014 rot markiert. Burgen und Schlösser 2/2018 89 Zeune Marksburg.indd 89 13.06.18 14:40 Joachim Zeune Abb. 2. Grabung Batteriehof. Lageplan der Sondagen von 1986 mit schematischem Befundeintrag (Zeich- nung: Verf., 1986/2015). Drainage (Abb. 1). Deren Trasse wurde an vier Stel- folgenden Grundrissen nicht auftaucht.2 Datieren- len archäologisch geschnitten (Abb. 2: S1–S4), um des, d. h. stratifiziertes Fundmaterial konnte nicht einen Überblick über die archäologische Gesamt- geborgen werden, Keramik des 15./16. Jahrhun- situation zu gewinnen. Die hierfür erforderliche derts stammt aus einer tief hinabreichenden Stö- Grabungsgenehmigung erteilte das Landesamt für rung. Der Umstand, dass die Gebäudemauern beid- Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Abt. Mittelalterar- seitig verputzt waren, weist auf eine hochwertige, chäologie (damals Dr. Günther Stanzl). über reine Lagerzwecke hinausgehende Nutzung Grundsätzlich war die Befundsituation im Batterie- hin. Bemerkenswert war noch ein Befund aus hof völlig unklar, da von diesem Burgareal damals Schnitt S 3, nur wenige Meter östlich, wo direkt keine bauhistorischen Nachrichten bekannt waren. unter dem heutigen Laufhorizont ein nur noch Der Hauptschnitt S1/S2 lag direkt zwischen der 80 cm breites Hofniveau aus sauber geglättetem Großen und der Kleinen Batterie. Unter einer rezen- Fels erschien (Befund 1). ten Planierschicht von 30 cm Stärke erschienen unmittelbar übereinander zwei Hofniveaus, die mit der Errichtung der Großen Batterie im Jahre 1589 Grabung August 2013: und der Erbauung der Kleinen Batterie sowie dem das erste archäologische Déjà-vu Ausbau der Großen Batterie im Jahre 1711 zusam- menhängen. In 60 cm Tiefe wurde überraschend Im Rahmen des EU-Projekts „ Moderne Erforschung ein später eingeebnetes Gebäude angeschnitten, und Präsentation von Burgen“ (2004–2006), in dem bestehend aus der Westwand samt Südwestecke vier herausragende Burgbauten Mitteleuropas und dem Südgiebel (Abb. 2: Befunde 4 u. 5). Die (Aggstein A, Krivoklat CZ, Marksburg D, Vianden Giebelmauer setzte sich aus einer 80 cm starken L) mustergültig erforscht und erschlossen wurden, Außenmauer (Befund 5a) und einer 40 cm dicken konnten auch an der Marksburg längst überfällige Innenverstärkung (Befund 5b) zusammen, war also archivalische Forschungen durchgeführt werden.3 zweiphasig. Im Ansatz der Nordmauer M 4 fand Dabei stieß Jens Friedhoff im Hessischen Staatsar- sich eine stark beschädigte Türschwelle aus Sand- chiv Marburg auf eine bislang unbekannte Bau- stein (Befund 4; siehe auch Abb. 6 u. Abb. 8: Befund rechnung von Johann Diefenbach, die den Abriss 47). Vom Ostrand des Grabungsschnittes zog eine der „alten Kirche“ im Juli 1588 vertraglich regelte.4 deutlich jüngere Kalkgrube in die Fläche. Eine Aus- Hierbei erhielten der Maurer Johann Morgen und weitung der Grabungsfläche war aus zeitlichen und dessen Knecht den Auftrag, „die Kirchen abzubre- finanziellen Gründen seinerzeit nicht möglich. chen und den Bodten gleich zuhauen, darauf der Das Gebäudefragment ließ sich weder deuten noch Chor gestanden“.5 Aus der Position der „Kirchmau- datieren. Da es in der exakten Planaufnahme Wil- er nechst der obersten Pforte“ – mit der nur die helm Dilichs von 1608 fehlte, musste es vorher sogenannte „Eiserne Pforte“ der Hauptburg gemeint abgerissen worden sein. Eine Errichtung nach 1608 sein konnte – erschloss sich als Lageplatz der Kir- schied aus, da dieses Gebäude auch auf allen nach- che die Nordseite an der Hauptburg. Da die Erbau- 90 Burgen und Schlösser 2/2018 Zeune Marksburg.indd 90 13.06.18 14:40 Die Burgkapelle auf der Marksburg ung der Großen Batterie dendrochronologisch in das Jahr 1589 angesetzt werden kann und man 1588 nächst zur Kirche auch einen Stall einlegte, schien es naheliegend, den Abriss von Kapelle und Stall mit dem Neubau der Geschützstellung in direkten Bezug zu bringen und somit noch präziser zu lokalisieren. All dies führte zu einer Neubetrach- tung der archäologischen Befunde von 1986 und warf unweigerlich die entscheidende Frage auf, ob der damals tangierte Gebäuderest nicht von der 1588 abgebrochenen Burgkirche stammen könne. Zur Abklärung dieser für die Bau- und Nutzungs- geschichte der Marksburg sehr wichtigen Frage- stellung beschloss das Präsidium 2013 die Weiter- führung der Grabung von 1986, indem die alte Grabungsfläche nochmals geöffnet und erweitert werden sollte. Die erforderliche denkmalrechtliche Erlaubnis wurde am 29.07.2013 durch die Kreisver- waltung des Rhein-Lahn-Kreises erteilt. Hierzu wurden die beiden Schnitte S1 und S2 von erzug setzte sich 3,50 m nach Nordosten fort und Abb.3. Lageplan der Grabun- 1986 nach Osten erweitert (S6 und S7), wobei zwi- bildete ein Außeneck aus, zog dann im rechten gen 1986 (grün) und 2013 schen ihnen ein 2,00 m breiter Steg zur Überprü- Winkel etwa 40 cm lang nach Süden, um sich in (rot) (Zeichnung: Verf., 2015). fung der Profile verblieb (Abb. 3). Die Haupt- einem leicht gerundeten Anbau nach Nordosten messachsen von 1986 (x 200 / y 500) ließen sich fortzusetzen (Abb. 4). Hatte der Verfasser zuvor ebenso wie der damalige Höhenpunkt HP I (197,95 m lange darüber