Karl-Heinz Braun

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Karl-Heinz Braun Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg KARL-HEINZ BRAUN Zur Geschichte der Theologischen Fakultät von 1460 bis 1620 Originalbeitrag erschienen in: 550 Jahre Albert-Ludwigs-Universität. Freiburg: Alber, Bd. 2 (2007), S. 92-119 Zur Geschichte der Theologischen Fakultät von 1460 bis 1620 KARL-HEINZ BRAUN Erzherzog Albrecht von Österreich, der »Freigebige«, hatte in der Stiftungs- urkunde vom 21. September 1457 darauf hingewiesen, daß die zu gründende Universität der Stärkung der ganzen Christenheit dienen solle.' Seiner Stif- tung gab er die Aufgabe, sie solle »den brunnen des lebens« graben helfen, 2 »daruß von allen enden der weit unersyhlich geschöpfet müge werden, er- lüchtens wasser trostlicher und heilsamer weißheit, zu erlöschung des ver- derblichen fewers menschlicher unvernunft und blintheit«. Diesem Anliegen sah sich die Theologie in besonderer Weise verpflichtet, hatte doch Papst Ca- lixtus III. (1455-1458) 3 in seiner Genehmigungsbulle als Aufgabe der Univer- sität genannt: »ut [...] simplices rudiantur et fides catholica dilatetur« 4, Bil- dung und Unterweisung für die noch Unkundigen einerseits und Verbreitung des allgemein gültigen Glaubens andererseits. Theologie gehörte in Freiburg nach dem Modell der Pariser Universität 3 als erste und vornehmste der oberen Fakultäten seit den Anfängen des Lehr- betriebs dazu. In den Matrikeln der Universität ist gleich nach dem Grün- dungsrektor »Mathaeus Hummell de Villingen« 6, einem Magister artium 1 Universitätsarchiv Freiburg: A 1/1506 (21.9.1457); H. Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Frei- burg, Bd. 2, 447 f.; J. J. Bauer, Zur Frühgeschichte der Theologischen Fakultät der Universität Frei- burg im Breisgau (1460-1620). Freiburg i. Br. 1957, 10. 2 Zur biblischen Metaphorik von Brunnen bzw. Wasser vgl. etwa Psalm 35, 10: »quoniam tecum est fons vitae«; in der hebräischen Zählung 36, 11: »Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht.« G. Schwaiger, Calixtus III. (Alonso de Borja), in: LThK 3 2 (1994), 892-893: geboren 1378 in Canals bei Jätiva (Valencia), 1444 Kardinal, Papst 1455-1458. Zitiert nach J. J. Bauer, Zur Frühgeschichte der Theologischen Fakultät, 12. 5 Vgl. A. Gieysztor, Organisation und Ausstattung, in: Geschichte der Universität in Europa. Bd. 1: Mittelalter. Hg. W Rüegg. München 1993, 110: »Fakultäten als Untereinheiten einer Uni- versität im Sinn einer Fachdisziplin bzw. des Lehrkörpers eines Fachgebietes. An der Universität Bologna dagegen wurden die unterschiedlichen Fachgebiete selbst als universitates, bisweilen nochmals differenziert in italienische und außeritalienische wie z. B. universitas citramontanorum bezeichnet.« Die Matrikel der Universität Freiburg im Breisgau von 1460-1656. Hg. H. Mayer. Freiburg i. Br. 1907, 2: geboren 1425 in Villingen, 1441 in Heidelberg immatrikuliert, in Pavia 1454 Dr. iur. can. und 1455 Dr. med., 1455 erzherzoglicher Rat, 1459 Heirat mit Margaretha, der Tochter des Frei- burger Schultheißen Johann Vogt, mehrere Male Rektor, gestorben 1477; P. Diepgen / E. T. Nauck, 92 Zur Geschichte der Theologischen Fakultät von 1460 bis 1620 und Doktor der Medizin und des kanonischen Rechts, Johannes Pfeffer von Weidenberg als erster Ordinarius der Theologie genannt.' Rektor Hummel hatte diesen aus gemeinsamen Heidelberger Universitätsjahren gekannt und mit dessen Berufung nach Freiburg gleichzeitig die vom Erzherzog durchaus gewünschte Heidelberger Tradition mit bedacht. 8 Zum Zeitpunkt der feierli- chen Eröffnung am 6. April 1460 noch Lizentiat der Theologie, begann Pfeffer am 28. April 1460 mit den Vorlesungen, ließ sich jedoch am 6. Oktober noch in Heidelberg zum Doktor der Theologie promovieren.' Johannes Pfeffer stammte aus Weidenberg (Wydenberga), »natione Francus orientalis«, wie der Humanist Johannes Trithemius in seinem »Cata- Iogus illustrium virorum« 10 eigens vermerkte, und hatte seit 1434 in Heidel- berg studiert, eingetragen als »pauper« 11, damals wohl zwischen 16 und 18 Jahre alt. Pfeffers Promotion läßt sich auf den 1. Juli 1439 datieren. Im Som- mer 1447 war er Dekan der Artistenfakultät, während er gleichzeitig Theo- logie studierte, die er in den nächsten Jahren mit dem Lizentiat der Theologie abschloß. Nach der Priesterweihe erhielt er 1456 eine Prädikatur in der freien Reichsstadt Windsheim, bis er schließlich an die Freiburger Universität beru- fen wurde. Hier in Freiburg — »wahrscheinlich im Münster« 12 - begann Johannes Pfeffer am 28. April 1460 die regulären Vorlesungen. Er las über das 1. Buch der Sentenzen des Petrus Lombardus. 13 Spätestens mit den Pariser Statuten von 1335 wurden in solchen Sentenzenkommentaren die Zugangsweise und die Organisation vor-theologischer bzw. philosophischer und theologischer Fragestellungen und Inhalte zum Pflichtbereich universitärer Theologie ge- zählt. 14 Pfeffer war aus der Heidelberger Tradition damit vertraut geworden. Die Freiburger medizinische Fakultät in der österreichischen Zeit. Mit einem Vorwort von Kurt Goerttler und acht Kunstdrucktafeln (= Beiträge zur Freiburger Wissenschafts- und Universitäts- geschichte 16), Freiburg i. Br. 1957, 19-20; F. Rexroth, Die Gründung der Universität, in. Ge- schichte der Stadt Freiburg im Breisgau. Bd. 1: Von den Anfängen bis zum »Neuen Stadtrechte von 1520. Hgg. H. Haumann / H. Schadek, Stuttgart 1996, 234. Ebd., 3, Nr. 1. Ähnliches gilt für weitere Inscribenten: ebd., 3-12. Ebd., 3, Nr 1: »recepit insignia doctoralia in universitate Heidelbergensi octava Michaelis«. " J. Trithemius, Opera historica, quotquot hactenus reperiri potuerunt, omnia. Hg. M. Freher, I, Frankfurt a. M. 1601, 167. " Die Matrikel der Universität Heidelberg von 1386 bis 1553. Teil 1. Hg. G. Toepke. Heidelberg 1884, 203. 12 J. J. Bauer, Zur Frühgeschichte der Theologischen Fakultät, 15. F. Stegmüller, Repertorium Commentariorum in Sententias Petri Lombardi. Bd. 1. Würzburg 1948, 248; A. Füssinger, Johannes Pfeffer von Weidenberg und seine Theologie: Ein Beitrag zur Freiburger Universitätsgeschichte (= Beiträge zur Freiburger Wissenschafts- und Universitäts- geschichte 12). Freiburg i.Br. 1957, 21-22. R. Imbach, Sentenzen, Sentenzenkommentare, in: LThIQ 9 (2000) 467-471 (Lit ); M. J. F. M. Hoenen, Marsilius of Inghen: Divine knowledge in late medieval thought (= Studies in the history of Christian thought 50). Leiden 1993; M. J. F. M. Hoenen, Neuplatonismus am Ende des 14. Jahr- hunderts. Die Prinzipien zum Sentenzenkommentar des Marsilius von lnghen, in: Marsilius von 93 Karl-Heinz Braun In der Einleitung zu diesem Vorlesungstyp" weist er auf die zum Erfas- sen der Theologie als einer »hochheiligen Wissenschaft« wichtige Disposition hin: »Primum eSt divinae gratiae praeveniens illustratio« 16 . Die Theologie lebe von der ihr vorausgehenden und ihr zuvorkommenden Zuwendung gött- licher Gnade, wie es in biblischen Erzählungen und Geschichten dargelegt werde. Mit metaphorischen Assoziationen von Licht und Erkenntnis weist er durchaus mit religiöser Wärme auf Grundvoraussetzungen auch einer schu- lisch-universitären Theologie hin: auf die Beziehung zu Gott selbst. Wenn Theologie Erkenntnis vermitteln wolle, bedürfe sie der göttlichen Erleuch- tung, mit der alle großen Geister ausgestattet wurden: ein Paulus in seinem Damaskuserlebnis (hier angegeben Apg 9, 3) ebenso, wie es ein Augustinus in seinen Confessiones (8, 12, 29) gestehe. Im Anschluß an diesen Teil (principium) erfolgten noch vor den einzel- nen Distinktionen einleitende Reflexionen über den Wissenschaftscharakter von Theologie. 17 Die präsentierten theologischen Inhalte formulierte er in Anlehnung an probate Autoren:" Ulrich von Straßburg," Thomas von Aquin, 2° Petrus von Tarantasia," Alexander von Hales, 22 Bonaventura, 23 Inghen: Werk und Wirkung: Akten des Zweiten Internationalen Marsilius-von-Inghen-Kongres- ses. Hg. S. Wielgus. Lublin 1993, 165-194, hier 189 (über dessen Orientierung an der Pariser Tradition). " Principium Commentarii Joannis Pfeffer de Wydenberg in primum librum Sententiarum: Uni- versitätsbibliothek Freiburg MS 160 (fol. 2"-6"); gedruckt: A. Füssinger, Johannes Pfeffer von Weidenberg und seine Theologie: Ein Beitrag zur Freiburger Universitätsgeschichte (= Beiträge zur Freiburger Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 12), Freiburg i. Br. 1957, 160-169, hier fol. 3' — f. 5" bzw. 163-167. 16 Ebd., fol 5' bzw. A. Füssinger, Johannes Pfeffer von Weidenberg, 166. 17 [Prooemium] 1. Utrum sacra theologia sit scientia etc; vgl. A. Füssingei Johannes Pfeffer von Weidenberg, 146. " A. Füssinger, Johannes Pfeffer von Weidenberg, 80. 19 F. B. Stammkötter, Ulrich von Straßburg, in: LThK 3 10 (2001) 359: Dominikanertheologe, ge- boren 1225, 1248-1254 Studium des Dominikanerordens in Köln, bis 1272 Lektor in Straßburg, dann Provinzial der deutschen Dominikanerprovinz, 1277 in Paris, wo er im selben Jahr gestorben ist. Ulrich greift vor allem auf Albertus Magnus und Pseudo-Dionysios Areopagites zurück, bis- weilen auch auf Aristoteles. 20 W. Kluxen, Thomas von Aquin, in: LThK3 9 (2000) 1509-1517: geboren 1225 auf Schloß Roc- casecca bei Neapel, 1244 Dominikaner, 1245 in Paris, 1248 zusammen mit Albertus Magnus in Köln, 1252 in Paris, 1259 Italien, 1265 in Rom, 1268 in Paris, 1272 in Neapel, 6. 12.1273 Abbruch aller Arbeiten, 7.3.1274 in Fossanova bei Terracina gestorben, 1223 heiliggesprochen, 1567 zum Doctor ecclesiae erhoben. Thomas strebte im Anschluß an die aristotelische Logik die Erhellung des Glaubensgebäudes mittels argumentativ zu konstruierender Begrifflichkeiten an. R. Aubert, Innocent V, in: DHGE 25 (1995) 1265-1266;
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