M I T E I N a N D
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
St. Georg St. Georg St. Pankratius St. Peter u. Paul St. Jakobus Ingoldingen Winterstettenstadt Winterstettendorf Steinhausen Muttensweiler K i r c h e a m O r t miteinander Ausgabe 2018 –3 Weihnachten W e i h n a c h t s g r u ß v o n P f a r r e r B a b u L e i t t h e m a __________________________________________________________________________________________________________________ Wie kostbar ist Kirche lebt vor Ort ein Mensch In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen den Entwicklungs- weg „Kirche am Ort“ unserer Ich habe einmal an Weih- Diözese Rottenburg-Stuttgart nachten meinen Bruder vorstellen. Er soll in den Jah- und seine Familie be- ren 2015 bis 2020 unsere Kirchengemeinden beglei- sucht. Leider hatte ich ten. In der Diözese gibt es 1.028 Kirchengemeinden kein Geschenk für sie mit- (Pfarreien). Sie sind in 286 Seelsorgeeinheiten mit genommen. Die kleine jeweils einem gemeinsamen leitenden Pfarrer organi- Nichte, gerade 7 Jahre alt, siert. Die 25 Dekanate bilden die mittlere Ebene zwi- fragte mich: „Hast du kein schen den Kirchengemeinden und der Diözesanlei- Weihnachtsgeschenk mitgebracht?“ Ich sagte ihr: „Ich tung. habe euch ein großes 68 Kilo schweres Geschenk mitgebracht.“ Alle haben gespannt auf mich geschaut. Unser Bischof Dr. Gebhard Fürst schreibt dazu im Dann habe ich gesagt: „Ich bin hier. Und ich bin das Januar 2015: 68 Kilo Geschenk für euch.“ Die kleine Nichte war da- „Als Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart möchte von nicht begeistert. Sie sagte: „Du bist kein Ge- ich Sie alle, jeden Einzelnen von Ihnen gewinnen, schenk! Ein Geschenk ist doch etwas, was man ge- einen gemeinsamen Entwicklungsweg zu gestalten, brauchen kann“. der unsere Kirche auf allen Ebenen in die Zukunft Ihre Antwort: „Du bist kein Geschenk. Ein Ge- führt. schenk ist doch etwas, was man gebrauchen Der Anlass für diesen Entwicklungsweg ist vielschich- kann“, machte mich nachdenklich. Was meine kleine tig: Nichte sagte, passt auf die heutige Gesellschaft. Der · Als Kirche nehmen wir die gesellschaftlichen Verän- Mensch ist leider kein Geschenk mehr. Die Menschen derungen ernst und beziehen sie in unser pastora- werden immer weniger wertvoll. Den Wert eines Men- les Handeln ein. Wir sind Kirche in (kritischer) Zeit- schen misst man heute daran, wozu er gebraucht wird, genossenschaft. was er leisten kann, welche Macht er hat usw.. Oft · Der 2011 begonnene Dialogprozess mündete in die sind uns materielle Dinge wichtiger als die Menschen. Frage vieler engagierter Christinnen und Christen, Wenn ich die Straßenkinder und die Menschen, die wie es weitergeht mit der Gemeindepastoral. auf der Straße leben, sehe, denke ich an das Wort meiner Nichte: „Du bist kein Geschenk“. Aber vor Gott · Die gesellschaftlich bedingten Veränderungen in der sind wir Menschen immer wertvoll. Wir sind Geschen- Kirche machen deutlich, dass die bisherigen Ant- ke Gottes. worten nicht mehr ausreichen. Die Volkskirche ist Weihnachten ist das Fest der Liebe, der Liebe zwi- kein zukunftsweisendes Modell mehr. schen Gott und Mensch und zwischen den Men- · Die kirchlichen Skandale der letzten Jahre haben schen und ihren Mitmenschen. Der Sohn Gottes einen Vertrauensverlust bewirkt, dem wir eine Er- wird ein Menschenkind, damit die Menschen Got- neuerung und Entwicklung entgegensetzen. tes Kinder und wertvoll werden können. Die Bibel Ein gemeinsamer Entwicklungsweg ist die angemes- sagt: „Du bist in meinen Augen teuer und wertvoll, weil sene Antwort auf diese vielschichtigen Motive. Zu- ich dich liebe“ (Jesaja 43:1). Lieber Gott, ich danke dir, dem ist Kirche immer unterwegs, sie ist niemals fer- weil ich für dich wertvoll und kostbares Geschenk bin. tig, sondern geht immer den Weg der Erneuerung Ich wünsche Euch zur Adventszeit und zum Weih- und auch der Läuterung und Umkehr, wie es das nachtsfest, frohe und besinnliche Stunden! Zum neuen Zweite Vatikanische Konzil formuliert hat (Lumen Jahr 2019 viel Glück, Gesundheit, Erfolg und Gottes Gentium 8). reichen Segen! Als Bischof ist es meine Aufgabe, Ihnen, den Ge- meinden und allen kirchlichen Orten leitende Grund- orientierungen an die Hand zu geben, damit Sie den Entwicklungsweg gestalten können, damit die Dyna- mik „von der Volkskirche zur missionarischen Kirche im Volk“ gestaltet werden und gelingen kann. Diese leitenden Grundorientierungen geben die Richtung vor, in die uns der Prozess Kirche am Ort führen soll. Dieser Entwicklungsweg soll Ihnen helfen, mit Mut und Zuversicht in die Zukunft zu gehen und Zukunft Wir wünschen allen Lesern eine besinnliche der Kirche zu gestalten. Sie dienen Ihnen, in dem Adventszeit, ein frohes und gesegnetes Weih- vorgegebenen Rahmen die anstehenden Aufgaben in nachtsfest und Glück, Gesundheit und Gottes der Kirche am Ort zu markieren und lokale Ziele zu Segen für das neue Jahr 2019 Ihr Redaktionsteam formulieren. 2 L e i t t h e m a Das Interview zum Leitthema ___________________________________________________________________________________________________________________ Ich verspreche mir von diesem Entwicklungsweg eine die Kirche und den Glauben heute: Denn Schönreden Erneuerung unserer Diözese, die unsere Kirche an hilft nicht mehr. Werlen sieht die Entfremdung der vielen Orten für viele bewohnbar sein und werden Kirche von den Menschen. Er beobachtet eine läh- lässt. Meine Vision ist eine bewohnbare Kirche, die mende Stagnation – und bei manchen die Hoffnung, den Suchenden Heimat gibt; eine Kirche, in deren dass alles beim Alten bleiben möge. Seine klare Di- Gemeinschaft die Sinn-Suchenden Sinn finden, ohne agnose: Diese Hoffnung trügt. Loslassen kann dass sie zur Nische wird. Eine Kirche die sich schmerzen. Aber es hilft nur, nach innen und in die „insbesondere der Armen und Bedrängten aller Tiefe zu gehen, Glauben neu zu entdecken – an der Art“ (Gaudium et Spes 1) annimmt, eine diakonisch- Seite auch jener Menschen, in deren Leben „alles zu sozial-karitative Kirche, die zeichenhaft handelt, wie spät“ ist. Jesus in der Bergpredigt sagt: „Man zündet auch nicht Es kommen nur noch wenige Christen in die Kirche. ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern Kirche muss zu den Menschen kommen und vor al- man stellt es auf den Leuchter; dann leuchtet es allen lem auch für diejenigen da sein, die sich von der im Haus. So soll euer Licht vor den Menschen leuch- Amtskirche verabschiedet haben. Viele kirchlichen ten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Va- Gebote sind nicht biblisch begründet, sondern beru- ter im Himmel preisen“ (Mt 5,14-16). Wo sich dies hen auf Traditionen, die sich aus der jeweiligen Zeit ereignet, handelt die Kirche zutiefst missionarisch. entwickelt haben. Häufig geht es immer noch um pat- Bei allem leitet uns aber nicht allein die Kirche, son- riarchalischen Machterhalt. Themen wie, Gottesglau- dern der Mensch. Gott und den Menschen nahe zu be, Stellung der Frauen in der Kirche, Mahlgemein- sein, ist unsere vornehmste Aufgabe.“ schaft aller Christen, Umgang mit Partnern konfessi- onsverschiedener Ehepaare und Wiederverheirateter sind für viele Menschen wichtiger als organisatori- Bei einer Klausurtagung am 19. u. 20. Februar 2016 sche Strukturen und Hierarchien. haben sich die Kirchengemeinderäte unserer Seelsor- geeinheit (SE) neben anderen Themen auch mit dem Hoffen wir, dass bis zum Ende des Entwicklungspro- Prozess „Kirche am Ort“ befasst. Das Projekt ermuti- zesses „Kirche-am-Ort“ ein neuer Aufbruch mit Barm- herzigkeit und verstärkter Hinwendung zu den Glau- benden unserer Kirche eine lebendigere Zukunft be- schert. von Franz Gleinser Das Interview mit dem 2. Vorsitzenden der Seelsorgeeinheit Dietmar Jehle, Steinhausen Was wurde in der SE im Rahmen des Projekts bisher unternommen? Der KGR hat sich in der 1. ge die gewählten Gremien der SE und die Mitglieder Klausurtagung nach der der Kirchengemeinden, die aktuellen Themen, z.B. Wahl im Februar 2016 mit Rückgang der Kirchenbesucher, den Mangel an Pfar- dem diözesanen Projekt rern und hauptamtlichen Mitarbeitern, die Zusammen- „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten“ arbeit in den zur SE gehörenden Kirchengemeinden, beschäftigt. Phillip Friedel, Pastoralreferent, war da- die Gewinnung und Begleitung von ehrenamtlich Mit- mals für den Bezirk Biberach extra eingestellt worden wirkenden in den Blick zu nehmen und nach Lösun- um dieses Projekt zu etablieren. Er und eine externe gen zu suchen, die zukunftsweisend sind. Referentin versuchten uns dieses Thema näher zu bringen. Man kann es auch so sehen In einer anschließenden gemeinsamen Sitzung aller Ob dieser angestoßene Prozess zur Entwicklung und KGR-Mitglieder der SE im Bürgersaal Muttensweiler Erneuerung des gemeindlichen kirchlichen Lebens haben wir uns, ausgehend von unseren bisherigen ausreicht, kann, darf und muss bezweifelt werden. Bei Zielen in der SE, überlegt wo wir stehen und wie wir einer Veranstaltung der Kath. Erwachsenenbildung weitermachen wollen? In dieser Sitzung haben wir und des Bildungswerkes Ochsenhausen mit dem ehe- auch ein Prozessteam bestehend aus je zwei Vertre- maligen Abt von Einsiedeln, Pater Martin Werlen tern aller Kirchengemeinden gebildet. OSB, im Rahmen der Aktion „Kirche-am-Ort“ hat die- Dieses Prozessteam hat sich mehrfach getroffen und ser sein neues Buch „zu spät.“ mit dem Untertitel versucht an dem Thema weiterzuarbeiten. Wir kamen „Eine Provokation für die Kirche, Hoffnung für alle“ jedoch schnell zu der Überzeugung, dass die Art und vorgestellt. Er stellt darin eine radikale Diagnose für Weise wie das Projekt geführt wird, nicht berücksich- 3 tigt, dass wir schon mehr als 10 Jahre in der SE