UNICUIQUE SUUM NON PRAEVALEBUNT

Redaktion: I-00120 Vatikanstadt Schwabenverlag AG Einzelpreis Wochenausgabe in deutscher Sprache 51. Jahrgang – Nummer 19 – 14. Mai 2021 D-73745 Ostfildern Vatikan d 2,20

Ansprache von Papst Franziskus beim Gebet des Regina Caeli am 6. Sonntag der Osterzeit, 9. Mai Friedensappelle des Papstes In der Liebe Jesu bleiben Vatikanstadt. Nach dem Regina Caeli auf dem Petersplatz sprach der Papst die Situation in Jerusalem, Afghanistan und Liebe Brüder und Schwestern, Kolumbien an, wo es in den vergangenen guten Tag! Tagen zu Ausbrüchen von Gewalt gekom- men war. Er sagte: Im Evangelium dieses Sonntags (Joh 15,9-17) Liebe Brüder und Schwestern! erklärt Jesus, nachdem er sich selbst mit dem Mit besonderer Sorge verfolge ich die Weinstock und uns mit den Reben verglichen hat, Ereignisse, die sich in Jerusalem abspielen. welche Frucht diejenigen bringen, die mit ihm Ich bete, dass die Stadt ein Ort der Begeg- verbunden bleiben: diese Frucht ist die Liebe. Er nung und nicht der gewaltsamen Ausein- greift das Schlüsselwort wieder auf: bleiben. Er andersetzungen wird, ein Ort des Gebets lädt uns ein, in seiner Liebe zu bleiben, damit und des Friedens. Ich lade alle ein, ge- seine Freude in uns sei und unsere Freude voll- meinsame Lösungen zu suchen, damit die kommen werde (V. 9-11). In der Liebe Jesu blei- multireligiöse und multikulturelle Identität ben. der Heiligen Stadt respektiert wird und Ge- Wir fragen uns: Was ist diese Liebe, von der schwisterlichkeit herrscht. Gewalt erzeugt Jesus uns sagt, dass wir in ihr bleiben sollen, um nur Gewalt. Genug mit den Auseinander- seine Freude zu haben? Was ist diese Liebe? Es ist setzungen. die Liebe, die ihren Ursprung im Vater hat, denn Und wir beten auch für die Opfer des »Gott ist Liebe« (1 Joh 4,8). Diese Liebe Gottes, Terroranschlags, der gestern in Kabul ver- des Vaters, fließt wie ein Strom in Jesus, dem übt wurde: eine unmenschliche Tat, die so Sohn, und erreicht durch ihn uns, seine Ge- viele junge Mädchen traf, als sie gerade die schöpfe. Denn er sagt: »Wie mich der Vater ge- Schule verließen. Wir beten für jede von liebt hat, so habe auch ich euch geliebt« (Joh ihnen und für ihre Familien. Und möge 15,9). Die Liebe, die Jesus uns schenkt, ist die glei- Gott Afghanistan Frieden schenken. che Liebe, mit der der Vater ihn liebt: reine, be- Zu lieben wie Christus bedeutet, nein zu sa- keit und des Glaubens. In seinem Dienst an der Darüber hinaus möchte ich meine Be- dingungslose, ohne Gegenleistung geschenkte gen zu anderen »Lieben«, die die Welt uns vor- Gemeinschaft als unbestechlicher Richter, der sorgnis über die Spannungen und gewalt- Liebe. Sie kann nicht gekauft werden; sie ist un- schlägt: Liebe zum Geld – wer Geld liebt, liebt sich nie korrumpieren ließ, bemühte er sich, samen Zusammenstöße in Kolumbien entgeltlich. Indem Jesus sie uns schenkt, behan- nicht wie Jesus – Liebe zum Erfolg, zur Eitelkeit, Recht zu sprechen, nicht um zu strafen, sondern zum Ausdruck bringen, die Tote und Ver- delt er uns als Freunde – mit dieser Liebe –, lässt zur Macht… Diese trügerischen Arten der um zu retten. Seine Arbeit stellte er immer »unter letzte gefordert haben. Es sind viele Ko- uns so den Vater erkennen und bezieht uns in »Liebe« entfernen uns von der Liebe des Herrn den Schutz Gottes«, deshalb wurde er bis hin lumbianer hier, lasst uns für euer Heimat- seine eigene Sendung für das Leben der Welt ein. und führen dazu, dass wir immer egoistischer, zum heroischen Tod ein Zeuge des Evangeliums. land beten. Und dann können wir uns die Frage stellen, narzisstischer und überheblicher werden. Und Möge sein Beispiel für alle, insbesondere für die die Arroganz führt zu einer Entartung Richter und Staatsanwälte, ein Ansporn sein, Die Liebe, die Jesus uns schenkt, der Liebe, dazu, andere zu missbrau- loyale Verteidiger der Legalität und der Freiheit zu ist die gleiche Liebe, mit der chen, den geliebten Menschen leiden sein. Einen Applaus für den neuen Seligen! Vereidigung der der Vater ihn liebt: reine, zu lassen. Ich denke an die kranke Ganz herzlich grüße ich euch alle, die Römer Liebe, die in Gewalt umschlägt – und und die Pilger. Vielen Dank für euer Kommen! Ein neuen Gardisten 2021 bedingungslose, ohne Gegenleistung wie viele Frauen sind heute Opfer besonderer Gruß gilt den Menschen, die an Fi- geschenkte Liebe. Sie kann nicht gekauft von Gewalt! Das ist keine Liebe. Zu bromyalgie leiden: Ich bringe meine Verbunden- werden; sie ist unentgeltlich. lieben, wie der Herr uns liebt, bedeu- heit mit ihnen zum Ausdruck und hoffe, dass die Indem Jesus sie uns schenkt, tet, den Menschen an unserer Seite Aufmerksamkeit für diese bisweilen vernachläs- behandelt er uns als Freunde… zu schätzen, seine Freiheit zu respek- sigte Krankheit wachsen möge. tieren, ihn so zu lieben, wie er ist, Und die Mütter dürfen nicht fehlen! An die- wie das geht, in dieser Liebe zu bleiben? Jesus nicht wie wir ihn haben wollen; wie er ist, ohne sem Sonntag wird in vielen Ländern der Mutter- sagt: »Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr Gegenleistung. Letztlich bittet uns Jesus, in seiner tag gefeiert. Wir grüßen alle Mütter der Welt, in meiner Liebe bleiben« (V. 10). Seine Gebote Liebe zu bleiben, in seiner Liebe zu wohnen, auch die, die nicht mehr unter uns sind. Ein Ap- fasst Jesus in einem einzigen Gebot zusammen, nicht in unseren Ideen, nicht indem wir uns plaus für die Mütter! nämlich »dass ihr einander liebt, wie ich euch ge- selbst vergötzen. Wer in der Selbstvergötterung Ich wünsche allen einen schönen Sonntag. liebt habe« (V. 12). Zu lieben, wie Jesus liebt, be- bleibt, lebt im Spiegel: immer sich selbst betrach- Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Ge- deutet, sich in den Dienst zu stellen, in den Dienst tend. Er fordert von uns, die Anmaßung hinter segnete Mahlzeit und auf Wiedersehen! Seite 6 der Brüder und Schwestern, so wie er es getan uns zu lassen, andere zu kontrollieren und über hat, als er den Jüngern die Füße wusch. Es be- sie zu bestimmen. Nicht kontrollieren, ihnen die- deutet auch, aus sich selbst herauszugehen, sich nen. Unser Herz für die anderen zu öffnen, das ist Dienst des von den eigenen menschlichen Sicherheiten, von Liebe, und uns selbst den anderen zu schenken. In dieser Ausgabe den weltlichen Annehmlichkeiten zu lösen, um Liebe Brüder und Schwestern, wohin führt Katecheten gestärkt sich für andere zu öffnen, vor allem für die, die am dieses Bleiben in der Liebe des Herrn? Wohin Vatikanstadt. Mit dem Motu proprio An- Generalaudienz am 5. Mai ...... 2 bedürftigsten sind. Es bedeutet, dass wir uns zur führt es uns? Jesus sagt uns: »Dies habe ich euch tiquum ministerium vom 10. Mai hat Papst Fran- Audienz für die Klarissen aus Paganica .... 2 Verfügung stellen, mit dem, was wir sind und gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit ziskus den »laikalen Dienst des Katecheten« er- Zum 500. Geburtstag des heiligen was wir haben. Das heißt, nicht mit Worten, son- eure Freude vollkommen wird« (V. 11). Und die richtet. Damit gibt es einen offiziellen Rahmen für Petrus Canisius ...... 5 dern mit Taten zu lieben. Freude, die der Herr besitzt, weil er in völliger Ge- diese Tätigkeit. »Es handelt sich um einen dauer- Audienz für Mitglieder der Katholischen meinschaft mit dem Vater ist, soll auch in uns haften Dienst an der Ortskirche entsprechend Aktion Italiens...... 8-9 sein, insofern wir mit ihm vereint sind. Die der vom Ortsordinarius erkannten pastoralen Er- Freude darüber, dass wir uns trotz unserer Un- fordernisse, der aber auf laikale Weise durchge- Ansprache des Papstes bei der Audienz Auf dem Weg zu treue von Gott geliebt wissen, lässt uns den Prü- führt wird«, heißt es in dem Apostolischen für die politische Fraternität der Gemein- einem immer größeren »Wir« fungen des Lebens mit Glauben begegnen, lässt Schreiben. Für diesen Dienst in Frage kämen schaft »Chemin Neuf«...... 9 uns durch die Krisen gehen, um besser aus ihnen »Männer und Frauen mit einem tiefen Glauben Brief von Papst Franziskus an den hervorzugehen. Darin, diese Freude zu leben, be- und menschlicher Reife«, die bereits Erfahrung in Vorsitzenden der Indischen Bischofs-

steht unser wahres Zeugnis, denn die Freude ist der Katechese gesammelt haben und am Leben konferenz ...... 9 das Erkennungsmerkmal des wahren Christen. der christlichen Gemeinde aktiv teilnehmen. Ein Audienz für die Mitglieder des Gerichts Der wahre Christ ist nicht traurig, er hat immer eigener Ritus der Beauftragung für den laikalen des Staates der Vatikanstadt aus Anlass diese Freude in sich, auch in schlechten Zeiten. Dienst des Katecheten ist bereits in Arbeit, die der Eröffnung des Gerichtsjahrs...... 10 Möge die Jungfrau Maria uns helfen, in der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakra- Die Macht des Gebets – Von Kardinal- Liebe Jesu zu bleiben und in der Liebe zu allen zu mentenordnung soll ihn in Kürze veröffentli- Botschaft von Papst Franziskus dekan ...... 11 wachsen, indem wir die Freude des auferstande- chen. Die Bischofskonferenzen fordert der Papst zum 107. Welttag des Migranten und nen Herrn bezeugen. dazu auf, den Dienst des Katecheten »in die Pra- Den gegenwärtigen Augenblick mit Liebe Flüchtlings am 26. September Nach dem Regina Caeli sagte der Papst: xis umzusetzen, indem sie den notwendigen erfüllen – Der ehrwürdige Diener Gottes Seite 7 Heute wurde in Agrigent Rosario Angelo Li- Ausbildungsweg sowie Normen und Kriterien Kardinal Van Thuân...... 12 vatino seliggesprochen, Märtyrer der Gerechtig- für den Zugang zu diesem Dienst festlegen«. 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 2 Aus dem Vatikan

Generalaudienz als Videostream aus der Bibliothek des Apostolischen Palastes am 5. Mai Weltweites Liebe und Kontemplation Rosenkranzgebet

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag! Wir setzen die Katechesen über das Gebet fort, und in dieser Katechese möchte ich über das kontemplative oder beschauliche Gebet spre- chen. Die kontemplative Dimension des Menschen – die noch nicht das kontemplative Gebet ist – ist ein wenig wie das »Salz« des Lebens: Sie gibt un- seren Tagen Würze, verleiht ihnen Geschmack. Vatikanstadt. Am Schluss der Gene- Man kann am Morgen den Sonnenaufgang kon- ralaudienz verwies Papst Franziskus auf templativ betrachten oder die Bäume, die im das weltweite Rosenkranzgebet für das Frühjahr wieder ihr grünes Kleid anlegen; man Ende der Pandemie: kann kontemplativ Musik oder den Gesang der Angeleitet aus den Heiligtümern über- Vögel hören, ein Buch lesen, ein Kunstwerk be- all in der Welt beten wir jetzt im Mai den trachten oder jenes Meisterwerk, das das Rosenkranz, um das Ende der Pandemie menschliche Gesicht ist… Als Carlo Maria Mar- und die Wiederaufnahme der gesellschaft- tini als Erzbischof nach Mailand gesandt wurde, lichen Aktivitäten und der Arbeitstätigkeit gab er seinem ersten Hirtenbrief den Titel: »Die zu erbitten. Heute leitet das Heiligtum kontemplative Dimension des Lebens«. In der Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz in Tat: Wer in einer großen Stadt lebt, wo alles – so Namyang, in Südkorea, dieses Marienge- kann man sagen – künstlich ist, wo alles funktio- bet. Wir schließen uns jenen an, die in die- nal ist, läuft Gefahr, die Fähigkeit zum Schauen Der Papst hat den Wert des beschaulichen Gebets vor allem in der modernen Zeit betont. Die kontem- sem Heiligtum versammelt sind, und be- zu verlieren. Schauen ist nicht so sehr ein Tun, plative Dimension des Menschen sei ein wenig wie das »Salz des Lebens«, das den Tagen Würze und ten insbesondere für die Kinder und sondern ein Sein: kontemplativ sein. Geschmack gebe, sagte er bei der Generalaudienz, die auch in dieser Woche als Videostream aus der Jugendlichen. Privatbibliothek des Apostolischen Palastes übertragen wurde. Auf Jesus schauen »Ich schaue ihn an, und er schaut mich an!« Es trus, Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg. satz zwischen Kontemplation und Aktion, nein. Kontemplativ sein hängt nicht von den Au- ist so: Im liebevollen Schauen, das bezeichnend Im Evangelium nach Markus heißt es: »Er wurde Im Evangelium gibt es in Jesus keinen Wider- gen, sondern vom Herzen ab. Und hier kommt ist für das innigste Gebet, braucht man nicht viele vor ihnen verwandelt; seine Kleider wurden spruch. Er ist vielleicht aus dem Einfluss irgendei- das Gebet ins Spiel, als Akt des Glaubens und der Worte: Es genügt ein Blick, es genügt die Über- strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein nes neuplatonischen Philosophen gekommen, Liebe, als »Atem« unserer Beziehung zu Gott. Das zeugung, dass unser Leben umgeben ist von ei- Bleicher machen kann« (9,2-3). Gerade in dem Au- aber mit Sicherheit handelt es sich um einen Dua- Gebet läutert das Herz und erhellt damit auch den ner großen und treuen Liebe, von der uns nichts genblick, in dem Jesus unverstanden ist – sie gin- lismus, der nicht zur christlichen Botschaft gehört. Blick, indem es gestattet, die Wirklichkeit von ei- jemals trennen kann. gen weg, sie ließen ihn allein, weil sie ihn nicht Im Evangelium gibt es einen einzigen großen nem anderen Gesichtspunkt her zu begreifen. Jesus war ein Meister dieses Blicks. In seinem verstanden –, in diesem Augenblick, in dem er un- Ruf: den Ruf, Jesus auf dem Weg der Liebe nach- Der Katechismus beschreibt diese Wandlung des Leben hat es nie an Zeiten, Räumen, Augen- verstanden ist, gerade als alles sich in einem Stru- zufolgen. Das ist der Höhepunkt, es ist der Mittel- Herzens durch das Gebet, indem er ein berühm- blicken der Stille, liebevoller Gemeinschaft ge- del von Unverständnis zu verdunkeln scheint, punkt des Ganzen. In diesem Sinne sind Liebe tes Zeugnis des heiligen Pfarrers von Ars zitiert: fehlt, die es dem Dasein gestattet, nicht erschüttert leuchtet dort wieder ein göttliches Licht. Es ist das und Kontemplation Synonyme, sie bedeuten das- »Die ›Beschauung‹ [Kontemplation] ist gläubiges zu sein von den unvermeidlichen Prüfungen, son- Licht der Liebe des Vaters, das das Herz des Soh- selbe. Der heilige Johannes vom Kreuz sagte, dass Hinschauen auf Jesus. ›Ich schaue ihn an, und er dern die Schönheit intakt zu bewahren. Sein Ge- nes erfüllt und seine ganze Person verklärt. ein kleiner Akt reiner Liebe für die Kirche nützli- schaut mich an‹, sagte ein Bauer von Ars, der vor heimnis war die Beziehung zum himmlischen Va- cher sei als alle anderen Werke zusammen. Was dem Tabernakel betete, zu seinem heiligen Pfar- ter. Denken wir an das Ereignis der Verklärung. Stiller Dialog aus dem Gebet und nicht aus der Anmaßung un- rer. […] Das Licht seines Antlitzes erleuchtet die Die Evangelien verorten diese Episode in dem kri- seres Ichs entsteht, was durch die Demut geläu- Augen unseres Herzens und lässt uns alles im tischen Moment der Sendung Jesu, als um ihn Einige spirituelle Meister der Vergangenheit tert wird, ist – auch wenn es ein verborgener und Licht seiner Wahrheit und seines Mitleids mit al- herum Widerspruch und Ablehnung wachsen. haben die Kontemplation als Gegensatz zur Ak- stiller Akt der Liebe ist – das größte Wunder, das len Menschen sehen« (Katechismus der Katholi- Sogar unter seinen Jüngern verstehen ihn viele tion verstanden und jene Berufungen verherr- ein Christ vollbringen kann. Und das ist der Weg schen Kirche, 2715). Alles entsteht dort: aus ei- nicht und gehen weg; einer der Zwölf hegt Verrats- licht, die aus der Welt und vor ihren Problemen des kontemplativen Gebets: Ich schaue ihn an, er nem Herzen, das sich liebevoll angeschaut fühlt. gedanken. Jesus beginnt, offen vom Leiden und fliehen, um sich ganz und gar dem Gebet zu wid- schaut mich an! Dieser Akt der Liebe im stillen Dann wird die Wirklichkeit mit anderen Augen vom Tod zu sprechen, die ihn in Jerusalem erwar- men. In Wirklichkeit gibt es in Jesus Christus, in Dialog mit Jesus tut der Kirche sehr gut. betrachtet. ten. In diesem Zusammenhang steigt Jesus mit Pe- seiner Person und im Evangelium keinen Gegen- (Orig. ital. in O.R. 5.5.2021)

Audienz für die Klarissen aus Paganica Nächste Generalaudienz des Eine betende und tröstende Präsenz Papstes wieder öffentlich zugänglich Vatikanstadt. Der Papst hat man neu anfangen bei Gott und am Montag, 26. April, Schwestern der geschwisterlichen Solidarität. Vatikanstadt. Nach längerer Pause des Klarissenordens aus einem Ich danke euch sehr dafür! wegen der anhaltenden Corona-Pandemie Kloster in den Abruzzen in Audienz Liebe Schwestern, werdet nicht wird die nächste Generalaudienz mit Papst empfangen. Das Kloster war vor müde, eine betende und tröstende Franziskus wieder in der Öffentlichkeit über zehn Jahren bei einem Erd- Präsenz zu sein, um die Bevölke- stattfinden. Wie der Vatikan am Donners- beben stark beschädigt worden. Da- rung zu unterstützen, die von der tag, 6. Mai, mitteilte, wird die Audienz am bei starb die damalige Äbtissin. Im schrecklichen Erfahrung hart ge- Mittwoch, 12. Mai, auf den Damasushof Folgenden veröffentlichen wir das prüft wurde und immer noch Trost des Apostolischen Palastes verlegt. Gäste für diese Audienz vorbereitete und Ermutigung braucht. Das Bei- seien zugelassen. Eintrittskarten würden Grußwort des Papstes, das den Kla- spiel der seligen Antionia möge nicht benötigt. rissen überreicht wurde. euch helfen, aus Liebe zum armen Zuletzt wurden die wöchentlichen An- Christus stets arme und frohe sprachen des Papstes – ohne Anwesenheit Liebe Schwestern, Frauen zu sein. In Treue zum von von Pilgern – per Online-Videostream aus ich freue ich, euch zu empfan- der heiligen Klara und dem heiligen der Privatbibliothek des Papstes im Apos - gen und begrüße jede einzelne von Franziskus empfangenen Charisma tolischen Palast übertragen. Vor Beginn der Herzen. Ich danke euch für die Un- werdet ihr großherzig auf den Pandemie hatte Franziskus zu den terstützung, dir ihr mir durch das zerstört wurde, die Äbtissin Mutter Nacht habt ihr alles verloren, außer Wunsch antworten, den Gott in wöchentlich stattfindenden Generalaudi- Gebet gebt, und insbesondere für Gemma Antonucci starb und an- Gott und der Geschwisterlichkeit. euer Herz gelegt hat, indem ihr euer enzen auf dem Petersplatz jeweils Tau- das Geschenk der von euch verzier- dere Schwestern verletzt wurden. Von diesen beiden Fixpunkten seid Leben als Geweihte in vollkomme- sende Pilger aus aller Welt empfangen. ten Osterkerze für die Kapelle der Doch aus diesem Drama hat Gott ihr mutig neu aufgebrochen. Zuerst ner Treue zum Evangelium lebt. Bereits im vergangenen Jahr wurde die Casa Santa Marta. Durch dieses euch gestärkt hervorgehen lassen, wart ihr provisorisch untergebracht, Ich danke euch für diesen Be- Audienz nach einem ersten Corona-Lock- Symbol Christi als Licht der Welt und wie das Weizenkorn sterben und zehn Jahre nach dem Erdbeben such! Ich rufe auf euren Weg das down zeitweise auf den Damasushof ver- seid ihr geistig bei den Gottesdiens - muss, damit es Frucht bringt, so war seid ihr wieder in euer neu aufge- Licht und die Kraft des Heiligen legt. Nach dem erneuten Anstieg der In- ten anwesend, die in dieser Kapelle es auch für eure Klostergemein- bautes und restauriertes Kloster ge- Geistes herab und begleite euch mit fektionszahlen in Italien ging der Vatikan stattfinden. schaft. zogen. Jetzt blüht eure Gemein- dem Apostolischen Segen, den ich dann wieder zu den Generalaudienzen per Eure Gemeinschaft in Paganica, Ihr habt großen Schmerz erlebt, schaft und besteht aus zwölf jungen euch von Herzen erteile. Und bitte Videostream aus der Privatbibliothek des einem Ortsteil von L’Aquila, hat die aber auch die liebevolle Fürsorge Schwestern. Das ist die Botschaft, betet weiter für mich und für die Apostolischen Palastes über. Tragödie des Erdbebens von 2009 des himmlischen Vaters und die So- die ihr den Menschen gegeben ganze Kirche. Danke! mitgemacht, bei dem euer Kloster lidarität vieler Menschen. In jener habt: Angesicht der Tragödie muss (Orig. ital. in O.R. 26.4.2021) 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan und der Weltkirche 3

Vatikan gründet Anti-Mafia-Richter Rosario Angelo Livatino seliggesprochen Der geistliche Kampf Anti-Mafia-Arbeitsgruppe im Gebet

Vatikanstadt. Der Vatikan hat eine »Arbeits- Blutzeuge der Gerechtigkeit Vatikanstadt. Bei der Generalaudienz am gruppe zur Exkommunikation der Mafia« ins Le- Mittwoch, 12. Mai, die im Damasushof stattfand, ben gerufen. Wie das Dikasterium für den Dienst Vatikanstadt/Rom. Der im Kampf gegen setzte Papst Franziskus seine Katechesereihe zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des das organisierte Verbrechen ermordete Richter über das Gebet fort. Ein Mitarbeiter der deutsch- Menschen mitteilte, soll das Gremium mit Rosario Angelo Livatino (1952-1990) ist am ver- sprachigen Abteilung des Staatssekretariats trug Bischöfen in aller Welt zusammenarbeiten. Ziel gangenen Sonntag, 9. Mai, im sizilianischen Agri- die folgende Zusammenfassung vor: sei es, internationale Initiativen gegen organi- gent seliggesprochen worden. An dem Gottes- Liebe Brüder und Schwestern, das Gebet erfor- sierte Kriminalität anzustoßen und zu fördern. dienst in der Kathedrale durften wegen der dert, wie das christliche Leben überhaupt, immer Der Name des Arbeitskreises greift ein Zitat anhaltenden Corona-Pandemie nur wenige unsere Anstrengung. Alle großen Beter in der Bi- von Papst Franziskus aus dem Jahr 2014 auf. Da- Geistliche, Familienangehörige und Gläubige teil- bel und in der Kirchengeschichte bezeugen so- mals erklärte der Papst bei einem Besuch in der nehmen. Das italienische Fernsehen übertrug die wohl den inneren Frieden, den das Gebet italienischen Region Kalabrien: »Diejenigen, die Feier live. Kurienkardinal , schenkt, zugleich aber auch den geistlichen den Weg des Bösen gehen, so wie es die Mafiosi Präfekt der Kongregation für die Seligsprechungs- Rosario Livatino Kampf, der mit dem Gebet verbunden ist. Beten tun, sind nicht in der Gemeinschaft mit Gott. Sie und Heiligsprechungsprozesse, würdigte den po- bedeutet ein inneres Ringen mit sich selbst und sind exkommuniziert.« Exkommunikation be- pulären Juristen in seiner Predigt als »Märtyrer 21. September 1990 durch ein Kommando der ein Kampf gegen die List des Versuchers, der alles deutet den Ausschluss aus der kirchlichen Ge- Christi«. Livatino sei ein »Zeuge für die Gerechtig- kriminellen Organisation Stidda erschossen wor- daransetzt, uns vom Beten und von der Vereini- meinschaft. keit des Gottesreiches«. Das blutgetränkte Hemd den. An der Begräbnisfeier von Rosario Angelo Li- gung mit Gott abzuhalten (KKK 2725-2728). Ei- Die neue Anti-Mafia-Gruppe des Vatikan be- des neuen Seligen wurde in einem Reliquien- vatino nahm die Avantgarde der Anti-Mafia-Rich- nige Heilige haben diesen Kampf jahrelang aus- steht aus acht Mitgliedern. Zu ihnen gehört die schrein ausgestellt. Künftiger Gedenktag für den ter teil, unter anderem Giovanni Falcone und dauernd gekämpft. Sie beteten weiter, auch wenn Politikerin Rosy Bindi, frühere Vorsitzende des Ermordeten ist der 29. Oktober. Paolo Borsellino, die 1992 Sprengstoffanschlägen sie beim Beten nichts empfanden als Trockenheit, gemeinsamen Anti-Mafia-Ausschusses der italie- Papst Franziskus bezeichnete Livatino beim der Cosa Nostra in Palermo zum Opfer fielen. auch wenn das Gebet augenscheinlich nichts nischen Parlamentskammern. Auch der Priester Mittagsgebet am Sonntag auf dem Petersplatz als Papst Franziskus erkannte den Tod des 37 Jahre nützte, auch wenn Gott scheinbar stumm blieb. Don Luigi Ciotti gehört dazu. Er gilt in Italien als Vorbild für alle Richter. Der junge Mann habe sich alten überzeugten Katholiken vor einigen Mona- Es ist lohnend, sich mit den wertvollen Erfahrun- einer der profiliertesten Gegner des organisierten im Kampf gegen die Mafia niemals korrumpieren ten per Dekret als Martyrium an. gen und Weisungen der großen geistlichen Ge- Verbrechens. lassen, sagte der Heilige Vater. Stattdessen sei der Das Datum der nun erfolgten Seligsprechung stalten unserer Tradition näher zu beschäftigen. Sizilianer – bis zu seinem heldenhaften Tod – ein erinnert an den Besuch von Johannes Paul II. Sie zeigen etwa, wie wichtig es ist, standhaft im »Zeuge des Evangeliums« gewesen. (1978-2005) in Agrigent, wo er in einer histori- Gebet auszuharren, und sie erinnern uns daran, Papst und Kardinalsrat Rosario Livatino, Beamter der Staatsanwalt- schen Rede am 9. Mai 1993 der Mafia das Ge- dass wir nie allein sind, dass einer über uns wacht berieten online über schaft in Agrigent und ab 1989 Richter, war am richt Gottes androhte. und uns beschützt. Als der heilige Mönchsvater Antonius nach einem langen und harten inneren Corona-Krise Kampf endlich wieder seinen Frieden fand, fragte Papst Franziskus fordert bei er den Herrn: »Wo warst du? Warum bist du nicht Vatikanstadt. Papst Franziskus und sein zu Anfang gekommen, um meine Qualen zu be- Kardinalsrat sind am Donnerstag, 6. Mai, zu einer Wohltätigkeitskonzert Impfstoff-Gerechtigkeit endigen?« Jesus antwortete ihm: »Antonius, ich virtuellen Konferenz zusammengetroffen. Wie war hier, aber ich wartete, um dein Kämpfen zu das Presseamt des Heiligen Stuhls mitteilte, wa- Vatikanstadt. Mit einer Videobotschaft hat müsse die Menschheit vereint gegen das Virus sehen« (Vita Antonii, 10). ren die Kardinäle Oscar Rodriguez Maradiaga sich Papst Franziskus an die prominenten Teil- kämpfen. Zu diesem Zweck sei auch eine vor - Der Heilige Vater grüßte die deutschsprachi- (Tegucigalpa), (München), Sean nehmer des Benefizkonzerts »Vax Live« in Kali- übergehende Aussetzung des Patentschutzes gen Gläubigen auf Italienisch. Anschließend Patrick O’Malley (Boston), (Bom- fornien gewandt. Dabei warb er für eine solidari- sinnvoll. wurde folgende deutsche Übersetzung der Grüße bay) und (Kinshasa) sche Verteilung der Corona-Impfstoffe in aller Das Konzert in Los Angeles war bereits einige vorgelesen: zugeschaltet. Der Papst nahm von seiner Resi- Welt. Er tanze und singe zwar nicht, wolle aber Tage zuvor aufgezeichnet worden. Zu den mit- Liebe Brüder und Schwestern deutscher Spra- denz Santa Marta aus an der Sitzung teil. Als Ver- auch gegen Ungerechtigkeit und Übel vorgehen, wirkenden Künstlern zählten Stars wie Selena che, das morgige Hochfest Christi Himmelfahrt treter des Vatikans waren außerdem Kardinal- so der Papst in der am Samstag, 8. Mai, ausge- Gomez (28), Ben Affleck (48) und die Rockband lenkt unseren Blick nach oben über das Irdische staatssekretär und Kurienkardinal strahlten Show. »Das Coronavirus hat Tod und »Foo Fighters«. Ziel der Aktion ist es, das Ver- hinaus. Erinnern wir uns aber zugleich auch an mit dabei. Leid gebracht und unser aller Leben verändert«, trauen in Impfstoffe zu stärken und dabei zu hel- die Sendung, die der Herr uns hier auf Erden an- Die Ratsmitglieder tauschten sich den Anga- sagte Franziskus. Vor allem die Lage der fen, die Präparate weltweit zugänglich zu ma- vertraut hat. Der Heilige Geist leite uns an in dem ben zufolge über die Folgen der Corona-Krise in Schwächsten habe sich weiter verschlechtert. chen. »Die Impfstoffe müssen an jeden, überall guten Kampf, den wir zu kämpfen haben. den jeweiligen Ländern aus. Zudem wurde erneut Erneut kritisierte der Papst einen schädlichen verteilt werden«, forderte der britische Prinz über die geplante Kurienreform beraten. Diesmal Individualismus, der die Menschen nicht freier Harry (36), einer der Hauptredner des Events. Der seien mögliche rechtliche Auswirkungen der in mache, sondern nur zu Gleichgültigkeit führe. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Arbeit befindlichen Apostolischen Konstitution Ein engstirniger Nationalismus sei angesichts der Joe Biden pflichtete diesen Worten in einer eige- erörtert worden. Sie trägt den Arbeitstitel »Praedi- globalen Krise ebenfalls abzulehnen. Stattdessen nen Videobotschaft bei. Kurz notiert cate evangelium« (Verkündet das Evangelium) und soll die Kurienordnung »Pastor bonus« Johan- Vatikanstadt. Der Vatikan kümmert nes Pauls II. von 1988 ersetzen. Das nächste Tref- Vatikan stellt sich hinter Jesuitenorden erinnert sich verstärkt um das Vermächtnis von Jo- fen des Kardinalsrats ist für Juni geplant. hannes Paul I. (1978). Dafür hat eine vor ei- Patentfreigabe für an Bekehrung nem Jahr gegründete Stiftung jetzt unter Corona-Impfstoffe Ignatius von Loyolas anderem ein Archiv und die neue Internet- seite www.fondazionevaticanagpi.va ein- Größere Anstrengungen Genf/Vatikanstadt. Der Vatikan stellt sich Rom. Der Jesuitenorden erinnert in diesem gerichtet. Wie der Vatikan weiter mitteilte, in Flüchtlingspolitik hinter den Vorstoß von US-Präsident Joe Biden, und im kommenden Jahr an die Bekehrung sei- ist für nächstes Jahr zudem ein internatio- den Patentschutz für Corona-Impfstoffe auszuset- nes Gründers Ignatius naler Kongress über das Wirken des frühe- Vatikanstadt. Kardinal Jean-Claude Holle- zen. Zugleich sprach der Vertreter des Heiligen von Loyola (1491- ren Patriarchen von Venedig, Albino Lu- rich, Vorsitzender der EU-Bischofskommission Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf von 1556) vor 500 Jahren. ciani (1912-1978), geplant. Hauptaufgabe COMECE, hat anlässlich des Europatags zu konkreten Chancen auf eine weltweite Freigabe Offiziell eröffnet wird der »Stiftung Johannes Paul I.« ist die För- »größeren Anstrengungen« in der Flüchtlingspoli- »in den nächsten Monaten«. das Gedenkjahr am derung des Studiums und die Verbreitung tik aufgerufen. Die gegenwärtige Situation sei Die beispiellose Krise verlange, dass sämtliche 20. Mai im spanischen der Schriften Lucianis. Dazu schloss die »ein Verrat an den europäischen Werten«, sagte er Eigentumsrechte, Wissen, Technologie und Da- Pamplona bei einer von Papst Franziskus gegründete Stiftung gegenüber dem Portal »Vatican News«. Hollerich ten von allen Herstellern weltweit genutzt wer- Messe mit dem Or- Abkommen mit verschiedenen Vatikan- sprach die Geschehnisse auf dem Mittelmeer, in den könnten, sagte der Vatikandiplomat Erz- densgeneral Arturo Behörden. Vom italienischen Fernsehsen- griechischen Flüchtlingslagern und in Bosnien bischof Ivan Jurkovicˇ im Gespräch mit der Sosa. Nach einer der RAI erhielt sie Videomaterial zur Ver- und Herzegowina an. »Die katholische Kirche Nachrichtenagentur Kathpress. Die Regierungen Schlacht vor der baski- fügung gestellt; der Vatikan selbst hatte und die anderen Kirchen in Europa, wir müssen hätten die gemeinsame Verantwortung, technolo- schen Stadt hatte der 1978 noch keine entsprechende Me- auf diese schlimmen Missstände aufmerksam gische und eigentumsrechtliche Barrieren zu schwer verwundete dieneinrichtung. machen«, so Luxemburgs Erzbischof. Man werde überwinden. Ignatius sich 1521 für ein geistliches Leben ent- ****** nur dann Frieden und Sicherheit haben, wenn Glücklicherweise gebe es einen internationa- schieden. Das Gedenkjahr endet am 31. Juli alle Menschen in allen Ländern ein menschen- len Rechtsrahmen, der eine solche Kooperation 2022, dem Todestag des Ordensgründers. Des Rom /Vatikanstadt. Am Samstag, würdiges Leben führen könnten. erlaube, so der Apostolische Nuntius. Zur Recht- Weiteren stellte Sosa in Rom ein Buch vor mit 8. Mai, wurden weitere rund 300 Obdach- Trotz aller Probleme hält der Kardinal die Eu- fertigung verwies der Diplomat auf die »schon dem Titel »Unterwegs mit Ignatius«. lose und andere gefährdete Personen in der ropäische Union für eine »Erfolgsstory«. Die Welt prekäre ökonomische Lage vieler Länder, deren Am 23. Mai beginnt eine online organisier- vatikanischen Audienzhalle gegen das sei mit der EU besser dran als ohne sie. Der Euro- Wirtschaften von der Pandemie hart getroffen te Gebetsinitiative. Am 12. März 2022, dem Coronavirus geimpft. In den vergangenen patag erinnert an den »Schuman-Plan«, den der sind«. Mit einer Aussetzung einschlägiger Ab- 400. Jahrestag der Heiligsprechung des Ordens- Wochen waren so bereits 1.400 hilfsbe- französische Außenminister Robert Schuman am schnitte des TRIPS-Abkommens über handelsbe- gründers, feiert die Gesellschaft Jesu, wie der Or- dürftige Menschen aus Rom immunisiert 9. Mai 1950 verkündete. Kernanliegen war, die zogene Aspekte von Rechten geistigen Eigen- den offiziell heißt, einen Festgottesdienst in der worden. Das Päpstliche Almosenamt setzt rüstungswichtige französische und deutsche tums könne man Mitgliedstaaten der Kirche Il Gesù in Rom. Ein detailliertes Programm zudem seine Ende März begonnene Spen- Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Welthandelsorganisation freistellen, inwieweit wird ab 20. Mai auf dem Internetportal www. denkampagne »Ein Impfstoff für die Ar- Behörde zu unterstellen, die auch anderen Staa- sie Patente und andere Eigentumsrechte auf Co- ignatius500.global (https://ignatius500.global) men« fort. Spendenwillige können sich ten offenstehen solle. Das Datum wurde zur Ge- vid-Medikamente, Impfstoffe, Diagnosemetho- freigeschaltet. Für den deutschsprachigen Raum weiterhin über die Website der Einrichtung burtsstunde der europäischen Einigung und der den und Medizintechnik wie Masken und Beat- ist eine mehrsprachige Dokumentation über beteiligen. Entwicklung hin zur Europäischen Union. mungsgeräte anwenden wollten. »Ignatius als Gottsucher« geplant. 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 4 Aus dem Vatikan

Aus dem Vatikan VATIKANISCHES BULLETIN in Kürze

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat anlässlich des nationalen Tags gegen Pä- dophilie in Italien am 5. Mai einen effekti- Privataudienzen veren Kinder- und Jugendschutz gefordert. Der schwächste Teil der Gesellschaft sei Der Papst empfing: gravierenden Risiken, Ängsten und Gefah- 6. Mai: ren ausgesetzt, hieß es in einer Erklärung des Kardinals. Die Wurdë der Jungsten̈ und – den Apostolischen Nuntius im Libanon, Jo- Wehrlosesten mussë unbedingt verteidigt seph Spiteri, Titularerzbischof von Serta; werden. Dafur̈ seien einschneidende Maß- – den Botschafter von Ecuador, José Luis Alva- nahmen notwendig, etwa beim Umgang rez Palacio, zu seinem Abschiedsbesuch; mit modernen Kommunikationsmitteln. – den Bundespräsidenten der Schweizerischen Die italienische Polizei veröffentlichte zum Eidgenossenschaft, Guy Parmelin, mit Gattin Aktionstag gegen Pädophilie eine alarmie- und Begleitung; rende Statistik: Demnach stieg die Zahl der registrierten Online-Straftaten gegen Kin- 7. Mai: der und Jugendliche im Jahr 2020 um 77 – den Apostolischen Nuntius in Pakistan, Chris - Prozent. Meist handelte es sich um Kinder- tophe Zakhia El-Kassis, Titularerzbischof von pornografie oder Cyber-Mobbing. Roselle; ******* – den Apostolischen Nuntius in Bolivien, Angelo Accattino, Titularerzbischof von Sabiona; Am 6. Mai hat Papst Franziskus den Weihbischof in der peruanischen Diözese – den emeritierten Erzbischof von Reggio Cala- Huari, Giorgio Barbetta, in Audienz emp- bria-Bova (Italien), Giuseppe Fiorini Morosini; Papst Franziskus hat am 6. Mai den Schweizer Bundespräsidenten Guy Parmelin in Privataudienz empfangen. Das Staatsoberhaupt hielt sich zur Vereidigung neuer Schweizergardisten zusammen mit fangen. Das teilte der Pressesaal des Heili- – den emeritierten Bischof von Fabriano-Mate- gen Stuhls mit. Der Bischof war gemein- lica (Italien), Giancarlo Vecerrica; einer Delegation im Vatikan auf. Bei der rund 30-minütigen Begegnung, zu der auch die Präsidenten des Nationalrates und des Ständerates, Andreas Aebi und Alex Kuprecht, hinzukamen, überreichte sam mit einigen Priestern nach Italien 8. Mai: Parmelin dem Papst einen Präsentkorb mit Schweizer Spezialitäten. Franziskus seinerseits schenkte gekommen, um am Nachmittag des 5. Mai in Schio die Beerdigung von Nadia de Mu- – den Präfekten der Kongregation für die den Gästen eine Majolika-Kachel, die eine Petrus-Statue und den Petersdom zeigt, sowie einige seiner nari zu feiern. Die Laienmissionarin war Bischöfe, Kardinal ; jüngsten Schriften, unter anderem die Enzyklika »«. Ende April nach einem brutalen nächtli- – den Sekretär der Kongregation für den Gottes- chen Überfall verstorben. Sie war unter dienst und die Sakramentenordnung, Erzbischof vom Klerus der Metropolitan-Erzdiözese Neapel, Am 4. Mai ist der emeritierte Erzbischof von anderem verantwortlich für das Zentrum Arthur Roche, emeritierter Bischof von Leeds; bisher Pfarradministrator von »San Gennaro von Pondicherry and Cuddalore in Indien, An- »Mamma mia« in Nuevo Chimbote, das – den Vizedirektor für Verwaltung und Manage- all’Olmo« und Berater des Bischofsrats der Erz- tony Anandarayar, im Alter von 75 Jahren ge- sich um bedürftige Mütter und Kinder ment der Vatikanischen Museen, Msgr. Paolo diözese; storben. kümmert. Nicolini; ******* 8. Mai: Ebenfalls am 4. Mai ist der emeritierte Bischof von Florida in Uruguay, Raúl Horacio Scarrone Der neue Nuntius in der Schweiz und 10. Mai: – zum Bischof von Ragusa (Italien): Giuseppe La Carrero, im Alter von 90 Jahren gestorben. im Füstentum Liechtenstein, Erzbischof – den Präsidenten der Republik Lettland, Egils Placa, bisher Generalvikar der Diözese Caltanis- Martin Krebs, ist in der Nuntiatur in Bern Levits, mit Gattin und Gefolge; setta; Weiter ist am 4. Mai der emeritierte Bischof eingetroffen. Der deutsche Vatikandiplo- – den Erzbischof von Toledo (Spanien), Fran- – zum Bischof der Diözese Dedza (Malawi): Pe- von Sapporo in Japan, Peter Toshio Jinushi, im Alter von 90 Jahren gestorben. mat und frühere Wiener Nuntiaturrat war cisco Cerro Chaves, mit Begleitung; ter Chifukwa, vom Klerus der Diözese, bisher zuletzt Botschafter des Papstes in Uruguay. – den Apostolischen Nuntius in Rumänien und in Gerichtsvikar und Direktor des Knabenseminars Ebenso am 4. Mai ist der emeritierte Bischof Die diplomatischen Amtsgeschäfte kann der Republik Moldau, Miguel Maury Buendia, »St. Kizito«; von Jataí in Brasilien, Aloísio Hilário de Pinho, der Nuntius offiziell erst übernehmen, aus der Kongregation der Söhne der Göttlichen Titularerzbischof von Italica; 11. Mai: wenn er bei den Regierungen in Bern und Vorsehung (Don Orione), im Alter von 87 Jahren Vaduz akkreditiert ist. Mitte Juni soll Krebs – den Untersekretär der Abteilung für Migranten – zum Bischof von Bilbao (Spanien): Joseba gestorben. dem Schweizer Bundespräsidenten sein und Flüchtlinge im Dikasterium für den Dienst Segura Etxezarraga, bisher Weihbischof in die- Beglaubigungsschreiben übergeben. Das zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des ser Diözese und Titularbischof von Basti; Am 6. Mai ist der Bischof von Jhabua in In- Menschen, Kardinal , mit Be- dien, Basil Bhuriya, aus der Steyler Missionsge- Datum für die Akkreditierung in Vaduz gleitung. – zum Bischof von Ajaccio (Frankreich): P. Fran- sellschaft, im Alter von 65 Jahren an den Folgen steht noch nicht fest. çois-Xavier Bustillo OFMConv, bisher Guar- einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. dian des Klosters »Saint-Maximilien Kolbe« in Lourdes. Ebenfalls am 6. Mai ist der emeritierte Bischof Bischofskollegium der Diözese Dschibuti in Dschibuti, Georges Rücktritte Perron, aus dem Franziskanerorden, im Alter Ernennungen von 96 Jahren in einem Krankenhaus in Angers Der Papst nahm die Rücktrittsgesuche an: in Frankreich gestorben. Der Papst ernannte: 5. Mai: 7. Mai: – von Bischof Gino Reali von der Leitung der Der Apostolische Stuhl – zum Bischof von Cerreto Sannita-Telese-Sant’ Diözese Porto-Santa Rufina (Italien); L’OSSERVATORE ROMANO Agata de’ Goti (Italien): Giuseppe Mazzafaro, Wochenausgabe in deutscher Sprache 7. Mai: 51. Jahrgang Herausgeber: Apostolischer Stuhl – von Bischof William Kenney, Titularbischof Römische Kurie Verantwortlicher Direktor: Andrea Monda 100 Jahre diplomatische von Midica, von seinem Amt als Weihbischof in Beziehungen zwischen Lettland der Metropolitan-Erzdiözese Birmingham (Eng- Der Papst ernannte: Redaktion land). I-00120 Vatikanstadt; und dem Heiligen Stuhl 5. Mai: Tel.: 00 39/06 69 84 58 60; Internet: http://www.vatican.va; Vatikanstadt. Aus Anlass des 100-jährigen – zum Generalrevisor: Alessandro Cassinis E-Mail: [email protected] Todesfälle Bilder: Foto-Service und Archiv O.R. Bestehens der diplomatischen Beziehungen zwi- Righini, bisher Generalrevisor »ad interim«; Tel.: 00 39/06 69 84 51 47; E-Mail: [email protected] schen der Republik Lettland und dem Heiligen Am 1. Mai ist der ehemalige Weihbischof in 7. Mai: Verlag: Schwabenverlag AG; Vorstand: Ulrich Peters Stuhl hat Papst Franziskus am 10. Mai den Prä- der Erzdiözese São Luís do Maranhão in Brasilien, Vertrieb: Annika Wedde; Anzeigen: Angela Rössel sidenten des Landes, Egils Levits, in Audienz Geraldo Dantas de Andrade, Titularbischof – zum ordentlichen Mitglied der Päpstlichen Postfach 42 80; D-73745 Ostfildern; Tel.: (07 11) 44 06-0; Fax: (07 11) 44 06 138; empfangen. Der frühere Richter am Europäi- von Cibaliana, aus der Kongregation der Herz- Akademie für Sozialwissenschaften: Prof. Fabio Internet: http://www.schwabenverlag.de; schen Gerichtshof amtiert seit rund zwei Jahren Jesu-Priester (Dehonianer), im Alter von 89 Jah- Ferrucci, Professor für Soziologie an der Univer- E-Mail: [email protected] Druck: Pressehaus Stuttgart Druck GmbH als Staatsoberhaupt. Er traf auch mit Kardinal- ren gestorben. sität der Region Molise (Italien); Plieninger Straße 150, D-70567 Stuttgart; staatssekretär Pietro Parolin und Erzbischof Paul Jahresabonnement: Deutschland e 98,50; Schweiz 8. Mai: sFr. 135,–; restl. Europa e 102,50; Übersee e 129,50. Richard Gallagher zusammen. Bei den Ge- ISSN 0179-7387 – zum Mitglied der Kongregation für die Orienta- sprächen sei der »fundamentale Beitrag« des Folgende Bankverbindungen gelten für die Kunden in Staat der lischen Kirchen: Kardinal . Deutschland, Österreich und der Schweiz: christlichen Glaubens und der katholischen Kir- Deutschland: Liga Bank Regensburg; BIC: GENODEF1M05; che bei der Verbreitung eines »authentischen IBAN: DE53750903000006486142; Vatikanstadt Österreich: BAWAG P.S.K.; BIC: OPSKATWW; IBAN: AT476 Humanismus« gewürdigt worden. Bereits am Apostolische Nuntiaturen 000000007576654 9. Mai hatte die lettische Botschafterin beim Hei- Schweiz: PostFinance AG; BIC: POFICHBEXXX; IBAN: 8. Mai: CH2809000000800470123 ligen Stuhl, Elita Kuzma, die guten bilateralen Be- Papst Franziskus hat Msgr. Alejandro Der Papst ernannte: Abonnementgebühren sind erst nach Rechnungserhalt zahl- bar. Abbestellungen können nur schriftlich mit einer Frist ziehungen gewürdigt. Im Interview mit Vatican Arellano Cedillo, Dekan des Gerichts 8. Mai: von 6 Wochen zum Bezugsjahresende entgegengenommen News erinnerte sie daran, dass der Vatikan die der Römischen Rota, zum Präsidenten des werden. Bei Anschriftenänderung unserer Leser ist die Post Eingliederung Lettlands in die Sowjetunion nie – zum Apostolischen Nuntius bei der Europäi- berechtigt, diese an den Verlag weiterzuleiten. Zur Zeit ist die Appellationsgerichts des Staates der Vati- Anzeigenpreisliste Nr. 31 vom 1. Januar 2021 gültig. Für un- anerkannt hatte. Im September 2018 hatte Fran- kanstadt ernannt. schen Union: Aldo Giordano, Titularerzbischof verlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Ge- ziskus bei einer Reise ins Baltikum auch Lettland von Tamada, bisher Apostolischer Nuntius in Ve- währ übernommen. besucht. nezuela. 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Kultur 5

Zum 500. Geburtstag des heiligen Petrus Canisius Ein Mann des Glaubens und der Bildung

eter Kanis (lat. Petrus Canisius) wurde Porträt von Petrus am 8. Mai 1521 als Sohn des Juristen Canisius, datiert Pund Bürgermeisters von Nimwegen Ja- auf den 1. Februar kob Kanis geboren. Nach der Lateinschule imma- 1546 (rechts). trikulierte Canisius im Januar 1536 an der Univer- sität Köln und schloss nach drei Jahren das Grundstudium mit dem Lizenziat ab. Nach der Vorstellung des Vaters sollte er eigentlich Kir- chenrecht – Voraussetzung für eine kirchliche Karriere – in Löwen studieren, doch der Sohn wollte Priester werden und entschied sich für das Griechisch- lateini- Theologiestudium in Köln, wo er unterschiedli- sche Ausgabe des che Reformbemühungen im Umkreis der Kartäu- Katechismus von ser kennenlernte. Schlüsselerlebnis wurden für Petrus Canisius, ihn die in Mainz vom Mitbegründer des Jesui- Oeniponti: tenordens, Pierre Favre (1506-1546), gehaltenen per Hieronymum Exerzitien. Beeindruckt von dessen Spiritualität Agricolam (links). trat er 1543 in die Gesellschaft Jesu ein und legte 1549 als Achter des Gesamtordens und erster kommuniziert und seines Amtes enthoben. Als Herzog Wilhelm IV. (1493-1550) berief ihn 1550 Fragen erläutert wurden, ist an Gebildete und Deutscher die feierliche Profess ab. Begleiter des Augsburger Bischofs Kardinal Otto an die Universität in Ingolstadt, wo er auch zum Geistliche gerichtet und erschien 1555, der Truchsess von Waldburg (1514-1573) nahm Cani- Rektor ernannt wurde. Nach zwei Jahren verließ »Kleine Katechismus« (»Kurze Gebetlen für die Begnadeter Prediger sius am Konzil von Trient teil. Nachdem Ignatius er Ingolstadt, weil ihm die Gründung eines Jesui- Einfältigen«) mit 59 Fragen für das einfache Volk, von Loyola (1491-1556) ihn nach Rom berufen tenkollegs verweigert wurde. In Prag konnte er und der drei Jahre später gedruckte »Mittlere Ka- Deutschland war in zwei Lager gespalten und hatte, schickte er den jungen Priester nach der im Auftrag der Ordensleitung ein solches ohne techismus« war für die Lateinschulen gedacht. steckte in der Auseinandersetzung zwischen Ablegung der Profess und der Erwerbung des Schwierigkeiten einrichten. Im Jahre 1552 kam Diese Katechismen wurden in die meisten eu- Katholiken und Protestanten in einer tiefen Krise. Doktorats in Theologie wieder in die Heimat, um er als Prediger an den Stephansdom, lehrte an der ropäischen Sprachen übersetzt, fanden eine ra- Als erste kirchliche Aufgabe wurde ihm von der dort der Gegenreformation zum Durchbruch zu Universität Theologie und war 1554/55 Admi - sche Verbreitung und wurden schon zu seinen Kölner Geistlichkeit eine Mission zu Kaiser verhelfen. In dieser Funktion hatte der Abge- nistrator in der Diözese. Lebzeiten mit 200 Auflagen zu Bestsellern. Karl V. (1500-1558) übertragen. Der junge Theo- sandte des Ordensgenerals einen wesentlichen Eine ausreichende Bildung der Studierenden loge sollte die Absetzung des mit dem Protestan- Anteil am Aufbau des Jesuitenordens in Deutsch- Verfasser von drei Katechismen lag dem Prediger und Volksmissionar sehr am tismus sympathisierenden Erzbischofs von Köln, land. Er bemühte sich um den rechten Glauben, Herzen, und daher legte er Wert darauf, dass sich Hermann von Wied, erreichen; dieser wurde zeigte jedoch immer eine tolerante Haltung, denn Im Juni 1556 wurde er zum Provinzial der in jedem der neu eingerichteten Kollegien eine Bi- nach weiteren Verhandlungen schließlich ex- er ließ sich nicht zu polemischen Äußerungen ge- süddeutschen Jesuiten bestellt und in den18 Jah- bliothek befand, in der die geeigneten Lehr- genüber den Reformato- ren, in denen er das Amt innehatte, trug er we- bücher und wichtigsten theologischen Werke ren hinreißen. Er war der sentlich zur Verbreitung des Ordens bei und er- vorhanden waren. Es wird ihm das geflügelte Ansicht, nur so die Glau- warb sich große Verdienste im Bildungsbereich Wort »Lieber ein Jesuitenkolleg ohne Kirche als bensspaltung überwin- durch die Errichtung zahlreicher Jesuitenkolle- ein Jesuitenkolleg ohne eigene Bücherei!« nach- den zu können. gien, so in Wien und Prag. Zwischen 1560 und gesagt. Er war überzeugt, dass für die Verbreitung Bald verbreitete sich 1580 hielt er sich viel in Innsbruck auf, wo er des rechten Glaubens eine entsprechende geis- sein Ruf als begnadeter 1562 ebenfalls ein Kolleg gründete und 1571 als tige Bildung Voraussetzung war. Prediger, und so zog er als Hofprediger bei Erzherzog Ferdinand II. (1529- Canisius, der sich selbst als Seelsorger sah – er solcher durch Deutsch- 1595) tätig war. Anschließend ging er nach Frei- lehnte höhere Ämter ab – wurde erst 1864 selig- land, die Schweiz und burg (Schweiz), wo er 1597 starb. gesprochen und am 21. Mai 1925 von Pius XI. Österreich. Der bayrische Während seines Aufenthalts in Wien begann (1922-1939) heiliggesprochen und zum Kirchen- er im Auftrag von König Ferdinand I. (1503-1564) lehrer erhoben. Leo XIII. (1878-1903) bezeich- an einem Katechismus für die Abschlussklassen nete den engagierten Reformer und Missionar an- des Gymnasiums und für Studenten zu arbeiten. lässlich seines 300. Todestages als »zweiten Das Sterbezimmer des Nach intensiver Auseinandersetzung mit der Apostel Deutschlands«. Canisius, dessen Ge- heiligen Petrus Canisius Glaubenslehre veröffentlichte er drei Ausgaben, denktag am 27. April gefeiert wird, gilt vielen als im Kollegium die die wichtigsten Glaubensgrundsätze ver- Schutzpatron, so etwa der Diözese Innsbruck. Sankt Michael, schiedenen Gesellschaftsgruppen näherbringen Freiburg (Schweiz). sollten. Der »Große Katechismus«, in dem 211 Dr. Christine Grafinger

Schätze in der Vatikanischen Bibliothek

Eine geschichtliche ab 1524 Pfarrer Von Irenicus’ Schriften sind nur Landeskunde Deutschlands zu Ettlingen, und die gedruckten erhalten. Von der von den Germanen bis zur 1526 begleitete er zweibändigen Geschichte des elsässi- Gegenwart von seinen Herrn und schen Klosters Odilienberg erfahren Franciscus Irenicus Gönner auf den wir nur aus Hinweisen in seinem (R.I.II.258) Speyrer Reichs- Hauptwerk Germaniae exegesis. Der tag. Nachdem der deutsche Humanist Willibald Pirck- er Historiker und protestan- Markgraf unter heimer zeigte an den historischen Ar- Dtische Theologe Franz Fried- politischem Druck beiten des Irenicus Interesse, sparte lieb (latinisierter Name: Irenicus, die reformatori- aber auch nicht an der notwendigen eirenicos bedeutet im Griechischen schen Neuerun- Kritik. »friedlich«) wurde 1495 in Ettlingen gen in Baden auf- Das Lebenswerk des Theologen (südlich von Karlsruhe) geboren. humanistischen Kreis der »Sodales hob, musste der protestantische und Schriftstellers war eine um - Nach der Lateinschule in Pforzheim Neccarani« (Neckargenossen) an. Theologe sein Amt niederlegen und fassende historische Darstellung schrieb er sich 1510 fürs Studium der Dort studierte auch Philipp Melanch- das badische Gebiet verlassen. Im Deutschlands von der Zeit der Germa- Artes liberales an der Heidelberger thon (1497-1560), durch den er Herbst 1531 wurde er zum Pfarrer nen bis zur Gegenwart, die Germa- Titelblatt Universität ein, wo er nach zwei Reuchlin (1455-1522) kennen lernte. der Pfarrkirche von Gemmingen be- niae exegesis. Diese geschichtliche der »Germaniae exegesis«. Jahren das Bakkalaureat erwarb. An - Bald wechselte Irenicus wieder stellt. Als solcher war er auch Leiter Landeskunde ist eine Stoffsammlung, schließend bereiste er Süddeutsch- nach Heidelberg und schloss dort das der dortigen Lateinschule, wo der in der über dreihundert gedruckte allem wegen seiner Bedeutung in land, setzte 1516 das Studium in Tü- Studium mit dem Magistertitel ab. evangelische Theologe und spätere Quellen nachgewiesen werden kön- der nationalen Geschichtsschreibung bingen fort und schloss sich dem Vermutlich war er seit der Heidelber- Rektor der Universität Rostock David nen. Das Werk wurde bereits von den dreimal wieder aufgelegt. ger Disputation (Generalkonvent der Kochhaf (Chytraeus, 1530-1600) ei- Zeitgenossen kritisiert – auch von Die Vatikanische Bibliothek be- Augustinereremiten) im April 1518 ner seiner Schüler war. Zu konfessio- Melanchthon und Pirckheimer –, sitzt drei Exemplare, eines unter den ein Anhänger Martin Luthers. Im nellen Streitfragen nahm er später weil eigene Anschauungen wie auch historischen, eines unter den selte- Oktober 1519 trat er in die Dienste kaum mehr Stellung, der Schwer- fachbezogene Stellungnahmen zu nen Werken und eines in der Biblio- des Markgrafen Philipp I. von Baden punkt seiner Tätigkeit lag auf dem landeskundlichen Beiträgen vollkom- thek der Familie Barberini. (1479-1533), war zuerst Hofprediger, Unterricht. men fehlten. Trotzdem wurde es vor CG 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 6 Aus dem Vatikan

Audienz für die Mitglieder der Päpstlichen Schweizergarde Glaube Reiche geistliche und menschliche Erfahrungen und Disziplin Ansprache von Papst Franziskus am 6. Mai

Am Donnerstagvormittag, 6. Mai, traf der Papst mit den neuen Schweizergardisten zusam- men, die am Nachmittag vereidigt werden soll- ten. Die 34 Rekruten waren in Begleitung ihrer El- tern und einzelner Geschwister. Obwohl die Garde inzwischen geimpft ist, fanden die Vereidi- gungszeremonie und alle Begegnungen aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie in kleinerem Vatikanstadt. Begonnen hatte der Rahmen statt. In einem kurzen Grußwort dankte Tag der Vereidigung der neuen Rekruten Franziskus den Gardisten für ihren treuen Dienst der Päpstlichen Schweizergarde mit einer am Papst und der kirchlichen Gemeinschaft. Er heiligen Messe im Petersdom. Kardinal- sagte wörtlich: staatssekretär Pietro Parolin dankte dabei der Schweizergarde in seiner Predigt nicht Liebe Offiziere und nur dafür, dass, sondern auch wie diese Mitglieder der Schweizergarde! ihren Dienst ausübe. Sich aus Liebe zu Liebe Familienangehörige! Gott in den Dienst des Papstes zu stellen, Anlässlich der Vereidigung der Rekruten nötigenfalls mit dem eigenen Leben, ver- heiße ich euch gerne im Haus des Nachfolgers lange neben Glauben auch äußere wie in- Petri willkommen. Ich grüße Oberst Christoph nere Disziplin. Graf, der die Schweizergarde mit großer Hingabe Bei dem Gottesdienst mit etwa 200 führt, den Kaplan, die Offiziere, Unteroffiziere Teilnehmern zelebrierten mit Kardinal Pa- und alle Mitglieder des Korps. Ich begrüße die El- rolin auch der Schweizer Kurienkardinal tern, die an dieser Feier teilnehmen. Ihre Anwe- Der Papst bei der Begegnung mit den Schweizergardisten im Apostolischen Palast: Der 6. Mai ist der , der Apostolische Nuntius in Ita- senheit zeugt von der Verbundenheit vieler traditionelle jährliche Termin für die Vereidigung. An diesem Tag gedenkt die Schweizergarde des lien, Erzbischof Emil Paul Tscherrig, sowie Schweizer Katholiken mit der Kirche und insbe- »Sacco di Roma«. Während der Plünderung Roms 1527 durch spanische und deutsche Landsknechte Alain de Raemy, Weihbischof in Lausanne, sondere mit dem Stuhl Petri. kamen 147 Gardisten bei der Verteidigung des Papstes ums Leben. Den übrigen gelang es, Papst Cle- Genf und Freiburg. Die Orte, an denen die neuen Rekruten ihren mens VII. (1523-1534) auf die Engelsburg in Sicherheit zu bringen. Dienst tun werden, sind geschichtsträchtig; seit der Gründung der Päpstlichen Schweizergarde mal ruft der Herr einige von euch, ihm auf dem sorgfältige Ausübung ihres Dienstes zu danken. im Vatikan als auch in der Stadt Rom fruchtbare haben viele junge Männer mit Engagement und Weg des Priestertums oder des gottgeweihten Ich schätze sehr eure Fähigkeit, berufliche und geistliche und menschliche Erfahrungen ma- Treue diese besondere Aufgabe erfüllt, die das Lebens zu folgen. In ihnen findet er einen guten geistliche Aspekte miteinander zu verbinden und chen dürft. Mögen diese Jahre, die ihr hier ver- Korps auch heute noch ausübt. Einige haben sogar Boden, der eben während dieser Zeit des Diens- damit eure Verbundenheit und Treue gegenüber bringen werdet, eine Gelegenheit sein, euren ihr Leben geopfert, um den Papst zu verteidigen. tes in der Garde bereitet wurde. Andere hingegen dem Apostolischen Stuhl zum Ausdruck zu brin- Glauben zu vertiefen und die Kirche noch mehr Wie ihr wisst, stellen die Aufgaben der folgen der Berufung zur Ehe und gründen eine ei- gen. Auch die Pilger und Touristen, die nach Rom zu lieben. Ich begleite euch mit meinem Gebet Schweizergarde, auch wenn sie militärischer gene Familie. Mit euch danke ich dem Herrn, der kommen, dürfen die Höflichkeit und Hilfsbereit- und danke euch, dass ihr euch entschieden Art sind, einen speziellen Dienst für den Papst Quelle alles Guten, für die verschiedenen Gaben schaft der Gardisten an den verschiedenen Ein- habt, dem Nachfolger Petri einige Jahre eures und den Apostolischen Stuhl zum Wohl der und Berufungen, die er euch anvertraut, und ich gängen zur Vatikanstadt erleben. Vergesst nie- Lebens zur Verfügung zu stellen. Bitte betet ganzen Kirche dar. Aus diesem Grund ist es hoch bete, dass auch alle, die jetzt ihren Dienst begin- mals diese Eigenschaften, die ein schönes auch für mich. zu schätzen, dass junge Menschen sich ent - nen, dem Ruf Christi ganz entsprechen und ihm Zeugnis und ein Zeichen für die Gastfreundschaft In diesem Sinne wünsche ich euch ein schö- schließen, einige Jahre ihres Lebens großmütig in großherziger Treue folgen. der Kirche sind. nes Fest und erteile den hier Anwesenden und dem Dienst am Nachfolger Petri und an der Dieser Anlass gibt mir die Gelegenheit, allen Euch jungen Rekruten spreche ich meine der gesamten Päpstlichen Schweizergarde von kirchlichen Gemeinschaft zu widmen. Manch- Mitgliedern der Schweizergarde öffentlich für die besten Wünsche aus und hoffe, dass ihr sowohl Herzen den Apostolischen Segen.

6. Mai 2021 – Die neuen Gardisten des Papstes

Vatikanstadt. Bei der Vereidigung der Schmid Timo, deutsch, Hasle LU, Sörenberg LU; Schweizergarde am 6. Mai legten 34 neue Rekru- Würsch Tiago William, deutsch, ten den Eid in ihren jeweiligen Landessprachen Beckenried NW, Beckenried NW; ab. 23 Gardisten leisteten den Eid in deutscher Zurfluh Tobias Beat, deutsch, Isenthal UR, Sprache, acht auf Französisch, 2 auf Italienisch Pfaffnau LU. und einer auf Rätoromanisch. Den feierlichen Rahmen der Vereidigung bildete der Damasushof Eintrittsdatum: 1. September 2020 des Apostolischen Palastes. Bei der Zeremonie Besmer Sandro Francesco, deutsch, schworen die Rekruten, dem amtierenden Papst Oberägeri ZG, Hittnau ZH; und seinen rechtmäßigen Nachfolgern treu zu Borer Michel, deutsch, Grindel SO, dienen und, »wenn es erheischt sein sollte, für Baltschieder VS; ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben«. Crettaz Baptiste Etienne Emmanuel, Mit den 34 neuen Gardisten verfügt die Päpstli- französisch, Vex VS, Bramois VS; che Schweizergarde aktuell über 127 Mann; ihre Dubuis Marc, franzöisch, Savièse VS, Sollstärke liegt bei 135. Die Vereidigung findet Savièse VS; traditionell am 6. Mai statt, dem Jahrestag des Eichenberger Dominik Michael, deutsch, »Sacco di Roma« im Jahr 1527. Damals überfielen Beinwil am See AG, Reinach AG; rund 20.000 Landsknechte Kaiser Karls V. Rom Felder Raphael Roman, deutsch, Flühli LU, und plünderten die Stadt tagelang. Bei der Vertei- Wangen bei Olten SO; digung von Papst Clemens VII. (1523-1534) ka- Jordan Elias, französisch, Zwischbergen VS, men 147 Gardisten ums Leben. Ecublens VD; Als Vertreter von Papst Franziskus nahm Erz- Klingler Manuel, deutsch, Oberbüren SG, bischof Edgar Peña Parra, Substitut in der Ersten Amriswil TG; Sektion des vatikanischen Staatssekretariats, an Krummenacher Luca, deutsch, Sempach LU, der Zeremonie im Damasushof teil. Sempach LU; Roveredo GR; Jacquod Florent, französisch, Sion VS, Wir veröffentlichen im Folgenden die Na- Lachmuth Silvan Fabian, deutsch, Gunzgen Bossi Gian Andrea, deutsch, Bramois VS; mensliste der neuen Rekruten der Päpstlichen SO, Gunzgen SO; Albula/Alvra GR, Davos Dorf GR; Kellenberger Lukas, deutsch, Schweizergarde. Der erste nach dem Namen an- Lamon Samuel Dimitri, französisch, Lens VS, Coroneo Alessandro, italienisch, Mendrisio Walzenhausen AR, Untereggen SG; gegebene Ort ist der Bürgerort, der zweite der Flanthey VS; TI, Ligornetto TI; Klaas Curdin, rumantsch, Jenaz GR, Wohnsitz. Die meisten Gardisten stammen zur- Luzio Fabian, deutsch, Surses GR, Davolio David, deutsch, Zürich ZH, Zürich ZH; Davos Platz GR; zeit aus den Kantonen Sankt Gallen und Wallis Büttikon AG; Dubach Patrick, deutsch, Ufhusen LU, Künzler Elias Immanuel Michael, deutsch, (jeweils 16), gefolgt vom Kanton Luzern (13). Sirovina Joel, deutsch, Winterthur ZH, Ufhusen LU; Walzenhausen AR, Arbon TG; Kollbrunn ZH; Egger Luca Fabio, deutsch, Berneck SG, Pauchard Marc, französisch, Eintrittsdatum: 1. Juni 2020 Tomaschett Flavio; deutsch, Trun GR, Berneck SG; Belmont-Broye FR, Fribourg FR; Frei Claude Leonardo Jürg, deutsch, Uffikon LU. Ineichen Boris, französisch, Dagmersellen LU, Rolle Gaëtan; französisch, Gibloux FR, Diepoldsau-Schmitter SG, Walzenhausen AR; Bulle FR; Echarlens FR; Nyffenegger Max; deutsch, Eriswil BE, Eintrittsdatum: 3. Januar 2021 Kadlubowski David Henryk, deutsch, Schlienger Markus Antonius, deutsch, Münsingen BE; Albrecht Max, italienisch, Breil/Brigels GR, Freienbach SZ, Waldkirch SG; Hellikon AG, Wegenstetten AG. 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 7

Botschaft von Papst Franziskus zum 107. Welttag des Migranten und Flüchtlings Auf dem Weg zu einem immer größeren »Wir«

ben, die Mauern einzureißen, die uns trennen, und Brücken zu bauen, die eine Kultur der Be- gegnung fördern. In dieser Hinsicht geben uns die gegenwärtigen Migrationsbewegungen die Möglichkeit, unsere Ängste zu überwinden und uns von den vielen unterschiedlichen Gaben be- Liebe Brüder und Schwestern! reichern zu lassen. Dann können wir, wenn wir es denn wollen, die Grenzen in besondere Orte In der Enzyklika Fratelli tutti hatte ich eine der Begegnung verwandeln, wo sich das Wunder Sorge und einen Wunsch geäußert, die weiter- eines immer umfassenderen Wir ereignen kann. hin einen wichtigen Platz in meinem Herzen Ich bitte alle Männer und Frauen in der Welt, einnehmen: »Ist die Gesundheitskrise einmal die Gaben, die der Herr uns anvertraut hat, gut überstanden, wäre es die schlimmste Reaktion, einzusetzen, um seine Schöpfung zu bewahren noch mehr in einen fieberhaften Konsumismus und noch schöner zu machen. »Ein Mann von und in neue Formen der egoistischen Selbster- vornehmer Herkunft wollte in ein fernes Land haltung zu verfallen. Gott gebe es, dass es am reisen, um die Königswürde für sich zu erlangen Ende nicht mehr ›die Anderen‹, sondern nur ein und dann zurückzukehren. Er rief zehn seiner ›Wir‹ gibt« (Nr. 35). Diener zu sich, verteilte unter sie zehn Minen So kam mir der Gedanke, die Botschaft zum und sagte: Macht Geschäfte damit, bis ich wie- 107. Welttag des Migranten und Flüchtlings unter derkomme« (Lk 19,12-13). Der Herr wird von uns das Motto »Auf dem Weg zu einem immer größe- Rechenschaft über unser Tun verlangen! Damit ren Wir« zu stellen, um auf diese Weise eine klare aber sichergestellt ist, dass unserem gemeinsa- Perspektive für unseren gemeinsamen Weg in men Haus eine angemessene Sorge zuteilwird, dieser Welt aufzuzeigen. müssen wir ein immer umfassenderes Wir wer- den und Mitverantwortung übernehmen – in der Die Geschichte des »Wir« festen Überzeugung, dass alles, was man der Welt an Gutem tut, der gegenwärtigen und den Diese Perspektive erscheint bereits im göttli- zukünftigen Generationen zugutekommt. Es chen Schöpfungsplan: »Gott erschuf den Men- rer Krisen, wie jetzt während der Pandemie, wird rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr emp- geht dabei um eine persönliche und kollektive schen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. dies besonders deutlich. Ein verbohrter und ag- fangen, umsonst sollt ihr geben« (Mt 10,7-8). Anstrengung zugunsten aller weiterhin notlei- Männlich und weiblich erschuf er sie. Gott seg- gressiver Nationalismus (vgl. Fratelli tutti, 11) und Heute ist die Kirche gerufen, hinauszugehen denden Brüder und Schwestern und um den Ver- nete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar ein radikaler Individualismus (vgl. ebd., 105) zer- an die existenziellen Peripherien und sich um die such, eine nachhaltigere, ausgewogenere und in- und mehrt euch« (Gen 1,27-28). Gott schuf uns bröckeln oder spalten das Wir, sowohl in der Welt zu kümmern, die verwundet sind, und die zu su- klusivere Entwicklung zu erreichen. Dieses als Mann und Frau, als unterschiedliche und als auch innerhalb der Kirche. Und den höchsten chen, die sich verirrt haben. Das soll ohne Vorur- Engagement macht keinen Unterschied zwi- komplementäre Wesen, auf dass wir gemeinsam Preis zahlen diejenigen, die besonders schnell als teile oder Ängste und ohne Proselytismus ge- schen Einheimischen und Fremden, zwischen zu einem Wir werden, das mit jeder neuen Ge- Andere gelten: die Ausländer, die Migranten, die schehen, sondern mit der Bereitschaft, alle offen Einwohnern und Gästen, denn es geht um einen neration weiter wächst. Gott hat uns nach sei- Ausgegrenzten, all jene, die an den existentiellen aufzunehmen. Unter den am Rande stehenden gemeinsamen Schatz, um den sich ausnahmslos nem Bild geschaffen, nach dem Bild seines einen Rändern leben. Menschen sind viele Migranten und Flüchtlinge, alle kümmern und von dem ausnahmslos alle und dreifaltigen Seins, Gemeinschaft in Vielfalt. In der Tat sitzen wir alle im selben Boot, und Vertriebene und Opfer von Menschenhandel, de- profitieren sollen. Als sich der Mensch aufgrund seines Unge- wir sind aufgerufen, uns dafür einzusetzen, dass nen der Herr durch uns seine Liebe zeigen und horsams von Gott entfernt hatte, eröffnete Gott in es keine Mauern mehr gibt, die uns trennen, dass sein Heil verkünden will. »Die gegenwärtigen Der Traum beginnt seiner Barmherzigkeit einen Weg der Versöh- es nicht mehr die Anderen gibt, sondern nur noch Migrationsflüsse [stellen] einen neuen missiona- nung. Dieses Angebot erging nicht an einzelne ein Wir, das die ganze Menschheit umfasst. Des- rischen Horizont dar, eine hervorragende Gele- Der Prophet Joël sagte die messianische Zu- Individuen, sondern an ein Volk, an ein Wir, das halb nutze ich diese Gelegenheit dieses Welttags genheit, Jesus Christus und sein Evangelium zu kunft als eine Zeit der vom Heiligen Geist einge- die ganze Menschheitsfamilie, alle Völker umfas- zu dem zweifachen Appell, gemeinsam den Weg verkündigen, ohne das eigene Umfeld zu verlas- gebenen Träume und Visionen voraus: »Ich sen soll: »Seht, die Wohnung Gottes unter den zu einem immer umfassenderen Wir zu be- sen, und den christlichen Glauben in Liebe und werde meinen Geist ausgießen über alles Fleisch. Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und schreiten, wobei ich mich zunächst an die katho- tiefer Achtung gegenüber den anderen religiösen Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei lischen Gläubigen und dann an alle Männer und Ausdrucksformen zu bezeugen. Die Begegnung eure Alten werden Träume haben und eure jun- ihnen sein« (Offb 21,3). Frauen in der Welt wende. mit Migranten und Flüchtlingen anderer Konfes- gen Männer haben Visionen« (3,1). Wir sollen ge- Sowohl am Anfang als auch am Ende der sionen und Religionen ist ein fruchtbarer Boden meinsam träumen. Wir dürfen keine Angst ha- Heilsgeschichte steht also ein Wir, und im Zen- Eine immer katholischere Kirche für die Entwicklung eines aufrichtigen und berei- ben zu träumen, gemeinsam zu träumen als eine trum steht das Geheimnis Christi, der gestorben chernden ökumenischen und interreligiösen Dia- einzige Menschheit, als Gefährten auf dem glei- und auferstanden ist, damit »alle eins seien« (vgl. Für die Glieder der katholischen Kirche be- logs« (Ansprache an die Nationaldirektoren für chen Weg, als Söhne und Töchter dieser einen Joh 17,21). Heute sehen wir jedoch, dass jenes deutet dieser Appell konkret, sich darum zu Migrantenpastoral, 22. September 2017). Erde, die unser gemeinsames Haus ist und wo gottgewollte Wir zerbrochen und zersplittert, ver- bemühen, dem eigenen Katholisch-Sein immer wir alle Schwestern und Brüder sind (vgl. Enzy- wundet und entstellt ist. Und in den Zeiten größe- mehr gerecht zu werden und das zu verwirkli- Eine immer inklusivere Welt klika Fratelli tutti, 8). chen, was der heilige Paulus der Gemeinde von Ephesus empfohlen hatte: »Ein Leib und ein An alle Männer und Frauen in der Welt ap- Gebet Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoff- pelliere ich, sich gemeinsam auf den Weg zu ei- Heiliger und geliebter Vater, Kurz notiert nung in eurer Berufung: ein Herr, ein Glaube, nem immer größeren Wir zu begeben und die dein Sohn Jesus lehrte uns, eine Taufe« (Eph 4,4-5). Menschheitsfamilie wieder neu zusammenzu- dass im Himmel große Freude herrscht, Die Katholizität der Kirche, ihre Universalität, bringen, um gemeinsam eine Zukunft in Gerech- Vatikanstadt. Kardinal Michael wenn jemand, der verloren war, ist nämlich eine Realität, die zu allen Zeiten ange- tigkeit und Frieden aufzubauen und dafür zu sor- Czerny, Untersekretär der Abteilung für wiedergefunden wird, nommen und gelebt werden will, so wie es dem gen, dass niemand außen vor bleibt. Migranten und Flüchtlinge im Dikaste- wenn jemand, der ausgeschlossen, abgelehnt Willen und der Gnade des Herrn entspricht, der Die Zukunft unserer Gesellschaften ist eine rium für den Dienst zugunsten der ganz- oder verworfen wurde, versprochen hat, immer bei uns zu sein, bis zum »bunte« Zukunft, reich an Vielfalt und interkultu- heitlichen Entwicklung des Menschen, wieder in unser Wir aufgenommen wird, Ende der Welt (vgl. Mt 28,20). Sein Geist befähigt rellen Beziehungen. Aus diesem Grund müssen verwies bei der Präsentation der Botschaft das auf diese Weise größer und größer wird. uns, eine alle umfassende Gemeinschaft in der wir heute lernen, in Harmonie und Frieden zu- des Papstes am 6. Mai auf das Gleichnis Vielfalt zu bilden und dabei die Unterschiede in sammenzuleben. Besonders lieb geworden ist vom barmherzigen Samariter. Im Gegen- Wir bitten dich: Gewähre allen Jüngern Jesu Einklang zu bringen, was niemals zu einer ent- mir die Szene, wie das Volk von Jerusalem an satz zu anderen sei dieser nicht in »ob- und allen Menschen guten Willens die Gnade, persönlichenden Uniformität führen darf. In der Pfingsten, dem »Tauftag« der Kirche, unmittelbar sessive Sorge um sich selbst« versunken, deinen Willen in der Welt zu tun. Begegnung mit der Vielfalt der Fremden, der Mi- nach der Herabkunft des Heiligen Geistes die Ver- sondern habe stattdessen die »Grenze Segne jede Geste des Willkommens granten, der Flüchtlinge und im interkulturellen kündigung der Heilsbotschaft vernimmt: »Part- zwischen dem Wir und dem Anderen« und der Hilfe, Dialog, der daraus entstehen kann, haben wir die her, Meder und Elamiter, Bewohner von Meso- überwunden. Seine Hilfe für den am We - welche einen jeden im Exil Lebenden Möglichkeit, als Kirche zu wachsen und uns ge- potamien, Judäa und Kappadokien, von Pontus gesrand liegenden Verwundeten sei bei- wieder in das Wir des gesellschaftlichen und genseitig zu bereichern. Tatsächlich ist jeder Ge- und der Provinz Asien, von Phrygien und Pam- spielhaft auch für die heutige Zeit. kirchlichen Lebens integriert, taufte, wo auch immer er oder sie sich befinden phylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens Die Wirtsschaftswissenschaftlerin und damit unsere Erde so werden kann, mag, mit vollem Recht Glied der örtlichen kirchli- nach Kyrene hin, auch die Römer, die sich hier Salesianerin Don Boscos, Alesandra Sme- wie du sie geschaffen hast: chen Gemeinschaft, Glied der einen Kirche, Be- aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Ara- rilli, kritisierte ein »entstelltes Wir« vor al- das gemeinsame Haus aller Brüder und wohner des einen Hauses, Teil der einen Familie. ber – wir hören sie in unseren Sprachen Gottes lem in ökonomischer Hinsicht. Das Fi- Schwestern. Amen. Die katholischen Gläubigen sind gerufen, sich große Taten verkünden« (Apg 2,9-11). nanzwesen sei »in den meisten Fällen zu ausgehend von ihrer jeweiligen Gemeinschaft Dies ist das Ideal des neuen Jerusalem (vgl. Jes reiner Spekulation geworden«. Die Frage Rom, Sankt Johannes im Lateran, dafür einzusetzen, dass die Kirche immer inklusi- 60; Offb 21,3), wo alle Völker in Frieden und Har- müsse lauten: »Was ist das Beste für uns am 3. Mai 2021, Fest der Heiligen Apostel ver wird und so dem Auftrag gerecht wird, den monie vereint Gottes Güte und die Wunder der alle?« Nur so sei es möglich, eine kranke Philippus und Jakobus Jesus Christus den Aposteln anvertraut hat: Schöpfung rühmen. Aber um dieses Ideal zu er- Wirtschaft zu heilen. »Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. reichen, müssen wir alle im Bewusstsein einer Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige tiefen gegenseitigen Verbundenheit danach stre- 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 8 Aus dem Vatikan

Audienz für die Teilnehmer an der 17. Nationalversammlung der Katholischen Aktion Italiens Eine synodale Kirche, die gemeinsam auf den Heiligen Geist hört

Ansprache von Papst Franziskus am 30. April

Liebe Brüder und Schwestern! Der Evangelist unterstreicht, dass Jesus »das Herzlich begrüße ich euch und freue mich, in Wort durch Zeichen bekräftigte«. Was bedeutet den Tagen eurer 17. Nationalversammlung mit das? Dass das, was wir in die Tat umsetzen, einen euch zusammenzutreffen. Dem Nationalpräsi- präzisen Ursprung hat: das Hören und die An- denten und dem kirchlichen Generalassistenten nahme des Evangeliums. Aber es bedeutet auch, danke ich für ihre einführenden Worte. Ich dass es eine enge Verbindung zwischen dem ge- möchte euch einige Anregungen anbieten, um er- ben muss, was wir hören, und dem, was wir le- neut über die Aufgabe einer Realität wie die der ben. Das Wort leben und das mit dem Leben [ver- Katholischen Aktion Italiens nachzudenken, ins- bundene] Wort verkünden. Ich fordere euch besondere in einer Zeit wie dieser, die wir gerade daher auf sicherzustellen, dass das Bemühen um erleben. Ich werde mich an drei Worte halten: eine Synthese zwischen dem Wort Gottes und Aktion, katholisch und italienisch. dem Leben, die den Glauben zu einer fleischge- wordenen Erfahrung macht, weiterhin die Bil- die Verantwortung für die Verkündigung über- Laienstand ist ein Reichtum für die Katholizität 1. Aktion dungsaktivitäten der Katholischen Aktion kenn- nehmt; sie fordert euch auf, auf euer Terrain zu der Kirche, die Sauerteig sein will, »Salz der Erde zeichnen möge. hören, seine Bedürfnisse wahrzunehmen, ge- und Licht der Welt«. Wir können uns fragen, was dieses Wort »Ak- Und wenn wir vom Heiligen Geist sprechen, schwisterliche Beziehungen zu knüpfen. Die Ge- Insbesondere ihr Laien der Katholischen Ak- tion« bedeutet, und vor allem, wer der Urheber der uns vorangehen lässt, und wenn wir vom schichte eurer Vereinigung besteht aus Heiligen, tion könnt der ganzen Kirche und der Gesell- der Aktion ist. Nachdem im letzten Kapitel des Herrn sprechen, der handelte, der uns begleitet, den – vielen! – Heiligen »von nebenan«, und es schaft helfen, gemeinsam neu darüber nachzu- Markusevangeliums von der Erscheinung Jesu der an unserer Seite ist, dann müssen wir sehr ist eine Geschichte, die weitergehen muss: die denken, welche Art von Menschheit wir sein vor den Aposteln und seiner Aufforderung, in die aufpassen, nicht der Illusion des Funktionalismus Heiligkeit ist das Erbe, dass es zu bewahren, und wollen, was für eine Erde wir bewohnen wollen, ganze Welt hinauszugehen und das Evangelium zum Opfer zu fallen. Die Programme, die Organi- die Berufung, die es anzunehmen gilt. was für eine Welt wir aufbauen wollen. Auch ihr allen Geschöpfen zu verkünden, berichtet gramme sind nützlich, aber als Ausgangspunkt, Ein zweites Merkmal eures Handelns, das ich seid berufen, einen besonderen Beitrag zur Ver- wurde, schließt es mit den folgenden Worten: als Inspiration. Was das Reich Gottes voranbringt, unterstreichen möchte, ist die Demut, die Sanft- wirklichung einer neuen »ganzheitlichen Ökolo- »Der Herr stand ihnen bei und bekräftigte das das ist die Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen mut. Die Kirche ist der Vereinigung, zu der ihr gie« zu leisten: mit euren Kompetenzen, eurer Wort durch die Zeichen, die es begleiteten« Geist. Es ist der Geist, unsere Fügsamkeit und die gehört, dankbar, weil eure Präsenz oft keinen Leidenschaft, eurem Verantwortungsbewusst- (16,20). Wer also handelt hier? Das Evangelium Gegenwart des Herrn. Die Freiheit des Evangeli- Lärm macht – ihr überlasst es dem Heiligen Geist, sein. versichert uns, dass es das Handeln des Herrn ist: ums. Es ist traurig, zu sehen, wie viele Organisa- den Lärm zu machen, ihr macht keinen Lärm –, Das von der Pandemie verursachte große Es kommt ausschließlich ihm zu, der »inkognito« tionen in die Falle der Organigramme geraten sondern eine treue, großherzige, verantwor- menschliche und soziale Leid droht zu einer Bil- in der Geschichte unterwegs ist, in der wir leben. sind: alles perfekt, alles perfekte Institutionen, al- tungsvolle Präsenz ist. Demut und Sanftmut sind dungskatastrophe und einem Wirtschaftsnot- Daran zu erinnern, nimmt uns nichts von un- les notwendige Geld, alles perfekt… Aber sage die Schlüssel, um das Dienen zu leben, nicht um stand zu werden. Pflegen wir eine weise Haltung, serer Verantwortung, sondern führt uns zu unse- mir: Wo ist der Glaube? Wo ist der Heilige Geist? Räume zu besetzen, sondern um Prozesse in wie es Jesus getan hat, der »durch das, was er ge- rer Identität als Jünger und Missionare. In der Tat »Nein, wir suchen ihn gemeinsam, ja, dem Orga- Gang zu bringen. Ich freue mich, denn in diesen litten hat, den Gehorsam gelernt« hat (Hebr 5,8). fügt der Bericht des Markus sofort hinzu, dass die nigramm entsprechend, das wir entwerfen.« Hü- Jahren habt ihr den von auf- Auch wir müssen uns die Frage stellen: Was kön- Jünger »auszogen« und »überall verkündeten« tet euch vor dem Funktionalismus. Hütet euch gezeigten Weg ernst genommen. Macht auf die- nen wir aus dieser Zeit und diesem Leid lernen?« (ebd.). Der Herr handelte, und sie zogen aus. davor, der Sklaverei der Organigramme zu verfal- sem Weg weiter: Der Weg ist noch sehr lang! So »Er hat den Gehorsam gelernt«, sagt der Hebräer- Daran zu denken, dass das Handeln dem Herrn len, dem, was »perfekt« ist… Das Evangelium ist weit zur Aktion. brief, das heißt, er lernte eine hohe und an- zukommt, erlaubt es, niemals aus dem Blick zu Unordnung, weil der Heilige Geist, wenn er spruchsvolle Form des Hörens, das fähig ist, das verlieren, dass der Heilige Geist die Quelle der kommt, Lärm macht, so sehr, dass das Handeln 2. Katholisch – das zweite Wort. Handeln zu durchdringen. Auf diese Zeit zu Mission ist: seine Gegenwart ist Ursache – und der Apostel eine Aktion von »Betrunkenen« zu hören ist eine Übung der Treue, der wir uns nicht nicht Folge – der Mission. So können wir uns im- sein scheint. So sagte man: »Sie sind betrunken!« Das Wort »katholisch«, das eure Identität entziehen dürfen. Ich vertraue euch vor allem mer vollkommen bewusst sein, dass »unsere Be- (vgl. Apg 2,13). Die Fügsamkeit gegenüber dem kennzeichnet, besagt, dass die Mission der Kir- jene an, die von der Pandemie am stärksten ge- fähigung vielmehr von Gott stammt« (2 Kor 3,5); Heiligen Geist ist revolutionär, weil Jesus Chris - che keine Grenzen kennt. Jesus hat die Jünger troffen wurden und die riskieren, den höchsten dass die Geschichte von der Liebe des Herrn ge- tus revolutionär ist, weil die Menschwerdung re- zur Erfahrung berufen, in umfassender Weise Preis zahlen zu müssen: die Kleinen, die jungen lenkt wird und dass wir dessen Co-Protagonisten volutionär ist, weil die Auferstehung revolutionär sein Leben zu teilen, aber er ist zu ihnen gekom- Menschen, die alten Menschen, alle, die Ver- sind. Auch eure Programme sind daher darauf ist. Auch eure Aussendung muss dieses revolu- men, dorthin, wo sie lebten und arbeiteten. Er hat wundbarkeit und Einsamkeit erlebt haben. ausgerichtet, die Zeichen der Güte des Herrn in tionäre Merkmal haben. sie so, wie sie waren, berufen. Auch ihr seid auf- Und vergessen wir nicht, dass eure Erfahrung der Geschichte zu finden und zu verkünden. Welche Merkmale muss das Handeln, das gerufen, euch immer mehr bewusst zu werden, als Vereinigung »katholisch« ist, weil sie Kinder, Die Pandemie hat viele Projekte zunichte ge- Werk der Katholischen Aktion haben? Ich würde dass »bei den anderen und für die anderen da zu Jugendliche, Erwachsene, alte Menschen, Stu- macht, sie hat von jedem verlangt, Unvorherge- sagen vor allem die Unentgeltlichkeit. Der mis- sein« (vgl. Evangelii gaudium, 273) nicht bedeu- denten, Berufstätige einbezieht: eine Erfahrung sehenes zu bewältigen. Das Unvorhergesehene sionarische Aufbruch ist nicht in der Logik der Er- tet, die Mission zu »verdünnen«, sie zu »verwäs- des ganzen Volkes. Die Katholizität ist gerade zu akzeptieren, statt es zu ignorieren oder abzu- oberung angesiedelt, sondern in der Logik des sern«, sondern darauf zu achten, dass sie eng mit diese Erfahrung des heiligen gläubigen Gottes- lehnen, bedeutet, dem Heiligen Geist fügsam und Geschenks. Die Unentgeltlichkeit, reife Frucht dem konkreten Leben verbunden bleibt, mit den volkes: Verliert nie diese Prägung durch das Volk! vor allem dem Leben der Männer und Frauen un- der Selbsthingabe, erfordert es, dass ihr euch eu- Menschen, mit denen ihr zusammenlebt. In genau diesem Sinne: Volk Gottes zu sein. serer Zeit treu zu sein. ren örtlichen Gemeinschaften widmet, indem ihr Das Wort »katholisch« kann man also mit dem Ausdruck »nahe sein« übersetzen, denn es ist 3. Drittes Wort: Italienisch universal, »nahe sein«, aber allen. Diese Zeit der Pandemie, in der alle aufgefordert waren und Der dritte Begriff lautet »italienisch«. Eure Ver- sind, Formen der Distanz zu akzeptieren, hat den einigung war stets in die italienische Geschichte Wert der geschwisterlichen Nähe noch deutli- eingefügt und hilft der Kirche in Italien, Hoffnung cher hervortreten lassen: zwischen Menschen, zu wecken für euer ganzes Land. Ihr könnt der zwischen Generationen, zwischen Gebieten. kirchlichen Gemeinschaft helfen, in der Gesell- Eine Vereinigung zu sein, das ist eine Art und schaft Sauerteig des Dialogs zu sein, in jenem Stil, Weise, gerade diesen Wunsch zum Ausdruck zu den ich auf dem Kongress von Florenz aufgezeigt bringen, gemeinsam zu leben und zu glauben. habe. Und die italienische Kirche wird bei der Dadurch dass ihr eine Vereinigung seid, bezeugt Versammlung [der Bischöfe] im Mai den Kon- ihr heute, dass Distanz niemals Gleichgültigkeit gress von Florenz aufgreifen, um ihn der Versu- werden darf, niemals zur Fremdheit werden darf. chung der Archivierung zu entziehen, und sie Es gibt eine schlechte Distanz, die darin besteht, wird das tun im Licht des Synodalen Wegs, den den Blick abzuwenden, in Gleichgültigkeit, Kälte: die italienische Kirche beginnen wird und von Ich habe meines, ich brauche nichts… Ich gehe dem wir nicht wissen, wie er enden wird, und weiter. wir wissen auch nicht, was daraus hervorgehen Auf diesem Gebiet könnt ihr sehr viel bewir- wird. Der Synodale Weg, der in jeder christlichen ken, gerade weil ihr eine Vereinigung von Laien Gemeinschaft beginnen wird, von unten, ganz seid. Die Gefahr ist die Klerikalisierung der Ka- unten bis nach oben. Und das Licht von oben tholischen Aktion, aber darüber werden wir ein nach unten wird der Kongress von Florenz sein. andermal sprechen, weil das zu lang wird… Es Eine Kirche des Dialogs ist eine synodale Kir- ist eine alltägliche Versuchung. Es ist eine weit che, die gemeinsam auf den Heiligen Geist und verbreitete Versuchung, zu meinen, dass die För- die Stimme Gottes hört, die uns durch den Schrei derung der Laien – angesichts so vieler kirchli- der Armen und der Erde erreicht. Denn »synodal« cher Notwendigkeiten – über eine größere Betei- bedeutet nicht so sehr, einen Plan zu entwerfen ligung der Laien an den »Dingen der Priester«, die und zu verwirklichen, sondern es ist vielmehr ein Die »Azione Cattolica« entstand aus einer Initiative junger Akademiker 1867 in Bologna und hatte als Klerikalisierung, führt. Mit dem Risiko, dass man Stil, der verkörpert werden muss. Und wir müs- Laienbewegung vor allem in den späten 1950er-Jahren mit fast 3,4 Millionen Mitgliedern in Italien letztendlich die Laien klerikalisiert. Aber um an- sen präzise sein, wenn wir von Synodalität, vom großen Einfluss in Kirche und Gesellschaft. Unter dem Thema »Viel Volk nämlich gehört mir in dieser erkannt zu sein, braucht ihr nichts anderes zu Stadt« (Apg 18,10) fand vom 25. April bis 2. Mai die 17. Nationalversammlung statt. werden als das, was ihr durch die Taufe seid. Euer Fortsetzung auf Seite 9 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 9

Audienz für die politische Fraternität der Gemeinschaft »Chemin Neuf« Franziskus sichert Jungen Menschen den Geschmack Indien in der Pandemie seine Solidarität zu

am Leben zurückgeben Vatikanstadt. Angesichts der erheb- lich verschärften Covid-Pandemie in In- Ansprache von Papst Franziskus am 30. April dien hat Papst Franziskus den Menschen seine Solidarität zum Ausdruck gebracht. In einem Brief an den Vorsitzenden der In- Liebe Freunde! Furcht vor dem anderen immer noch viele Mau- Gegenwart der Migranten und ihre Aufnahme dischen Bischofskonferenz und Erzbischof Ich heiße euch, die Mitglieder der politischen ern stehen. Durch eure Initiativen, Projekte und im heutigen Europa. Denn ihr wisst sehr gut: von Bombay, Kardinal Oswald Gracias, Fraternität »Chemin Neuf«, willkommen und Aktivitäten macht ihr eine Kirche mit und für die »Wenn man über Migranten und Flüchtlinge schrieb er am 6. Mai: grüße durch euch von Herzen alle jungen Men- Armen sichtbar, eine Kirche im Aufbruch, die spricht, bleibt man allzu oft bei den Zahlen ste- »In dieser Zeit, in der so viele Menschen schen verschiedener Länder, die wie ihr von der den Menschen in Situationen des Leidens, der hen. Aber es geht nicht um Zahlen, es geht um in Indien unter der gegenwärtigen gesund- Kompetenz und der Begleitung durch die Ge- Prekarität, der Marginalisierung, der Ausgren- Menschen! Wenn wir sie treffen, werden wir sie heitlichen Notlage leiden, schreibe ich, um meinschaft »Chemin Neuf« profitieren. Ich danke zung nahe ist. Denn: »Aus unserem Glauben an kennenlernen. Und wenn wir ihre Geschichten dem gesamten indischen Volk meine auf- euch, dass ihr trotz der Beschränkungen durch die Christus, der arm geworden und den Armen und kennen, werden wir sie verstehen können« (Bot- richtige Solidarität und geistliche Nähe zu Pandemie bis hierher nach Rom gekommen seid. Ausgeschlossenen immer nahe ist, ergibt sich die schaft zum 106. Welttag des Migranten und übermitteln, verbunden mit der Zusiche- Gemeinsam mit euch danke ich dem Herrn Sorge um die ganzheitliche Entwicklung der am Flüchtlings, 15. Mai 2020). rung meines Gebets, dass Gott allen, die für das Wirken seines Heiligen Geistes, das sich stärksten vernachlässigten Mitglieder der Gesell- Liebe Freunde, ich lade euch ein, fest zu blei- von dieser schweren Pandemie betroffen auf eurem menschlichen und geistlichen Weg im schaft« (Apostolisches Schreiben Evangelii gau- ben in euren Überzeugungen und in eurem Glau- sind, Heilung und Trost gewähren möge. Dienst am Gemeinwohl und besonders an den dium, 186). ben. Vergesst niemals, dass Christus lebt und Meine Gedanken sind vor allem bei Armen zeigt, ein Weg, den ihr zurücklegt, wobei Mit den Jugendlichen eurer Gesellschaften euch ruft, ihm mutig zu folgen. Mit ihm sollt ihr den Kranken und ihren Familien, bei de- ihr das Elend zurückweist und euch für eine habt ihr heute mehr denn je Herausforderungen jene Flamme sein, die in den Herzen so vieler nen, die sie pflegen, und besonders bei de- gerechtere und geschwisterliche Welt einsetzt. zu bewältigen, bei denen der Gesundheitszu- mutloser, trauriger, perspektivloser junger Men- nen, die den Verlust von Angehörigen be- Denn im zügellosen Streben nach Besitz, Kar- stand unseres gemeinsamen Hauses auf dem schen neue Hoffnung weckt. Mögt ihr Bande der riere, Ehre und Macht werden die Schwachen Spiel steht. Es handelt sich wirklich um eine öko- Freundschaft, des geschwisterlichen Teilens für und Kleinen oft ignoriert und zurückgedrängt logische Umkehr, die die herausragende Würde eine bessere Welt knüpfen. Der Herr zählt auf oder als nutzlos betrachtet, ja noch mehr, und das jedes Menschen anerkennt, seinen eigenen eure Kühnheit, euren Mut, eure Begeisterung. steht nicht hier [im vorbereiteten Text]: sie wer- Wert, seine Kreativität sowie seine Fähigkeit, das Jeden von euch und eure Familien wie auch den als Ausschussware betrachtet. Daher hoffe Gemeinwohl zu suchen und zu fördern. Was wir die Mitglieder eurer Fraternität und alle Jugend- ich, dass euer Einsatz und eure Begeisterung im derzeit in der Pandemie erleben, lehrt uns kon- lichen, denen ihr begegnet, vertraue ich der Für- Dienst an den anderen, geformt von der Kraft des kret, dass wir alle im selben Boot sitzen und dass sprache der Jungfrau Maria und dem Schutz des Evangeliums Christi, vielen und vor allem vielen wir die Schwierigkeiten nur dann überwinden heiligen Ignatius an. Ich segne euch von Her- jungen Menschen den Geschmack am Leben können, wenn wir die Zusammenarbeit akzep- zen. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. und die Hoffung in die Zukunft zurückgeben kön- tieren. Und ihr verbringt einige Tage hier in Rom, Und der Herr segne euch alle, jeden von euch. nen. um über einen besonderen Aspekt im Leben un- Amen. trauern. Ich denke auch an die vielen »Die laikale Berufung [ist] vor allem die der seres gemeinsamen Hauses nachzudenken: die (Orig. ital. in O.R. 30.4.2021) Ärzte, Krankenschwestern, Krankenhaus- Liebe in der Familie, der sozialen und politisch mitarbeiter, Krankenwagenfahrer und all wirksamen Nächstenliebe: Sie ist eine konkrete jene, die unermüdlich arbeiten, um auf die Verpflichtung vom Glauben her zum Aufbau ei- unmittelbaren Bedürfnisse ihrer Brüder ner neuen Gesellschaft. Das bedeutet, inmitten und Schwestern einzugehen. In tiefer der Welt und der Gesellschaft zu leben, um ihre Dankbarkeit rufe ich auf sie alle Gottes Ga- verschiedenen Ebenen zu evangelisieren, um ben der Ausdauer, der Kraft und des Frie- den Frieden wachsen zu lassen, das Zusammen- dens herab. leben, die Gerechtigkeit, die Menschenrechte, In besonderer Weise bin ich mit der ka- die Barmherzigkeit und so das Reich Gottes in der tholischen Gemeinschaft in Ihrem Land Welt zu verbreiten« (Nachsynodales Apostoli- verbunden, mit Dankbarkeit für ihre sches Schreiben , 168). Und genau Werke der Nächstenliebe und der brüder- in dieser Dynamik geht ihr euren Weg mit einer lichen Solidarität, die im Dienst aller gelei- Offenheit für die Ökumene und einem Herzen, stet werden. Dabei denke ich besonders das bereit ist, die verschiedenen Kulturen und an die Großherzigkeit, die so viele enga- Traditionen anzunehmen, mit dem Ziel, das Ant- gierte junge Menschen zeigen. Ich litz unserer Gesellschaft zu verwandeln. schließe mich Ihnen an und empfehle der Liebe Freunde, ich ermutige euch, keine unendlichen Barmherzigkeit des Herrn die Angst zu haben, den Weg der Geschwisterlich- Gläubigen, die ihr Leben verloren haben, keit zu gehen und Brücken zwischen Menschen nicht zuletzt die große Zahl der Priester, und Völkern zu bauen, in einer Welt, in der aus Ordensmänner und Ordensfrauen. Mögen wir alle in diesen Tagen großer Trauer ge- tröstet werden durch die Hoffnung, die dem Osterfest entspringt, und durch unse- Audienz für die Teilnehmer an der 17. Nationalversammlung ren unerschütterlichen Glauben an Christi Verheißung der Auferstehung und neuen der Katholischen Aktion Italiens Lebens. Allen sende ich meinen Segen.« Mit 4.000 Toten und mehr als 412.000 Fortsetzung von Seite 8 auch die Sünder die Armen der Erde. Denn »syn- müssen, um praktikabel zu sein, von der Wirk- neuen Corona-Infektionen binnen 24 odal« bedeutet nicht so sehr, einen Plan zu ent- lichkeit ausgehen, nicht von den drei, vier Ideen, Stunden haben die Corona-Zahlen in In- werfen und zu verwirklichen, eine pastorale Ent- die gerade in Mode sind oder in der Diskussion dien einen neuen Höchstwert erreicht. Synodalen Weg, von synodaler Erfahrung spre- scheidung zu treffen, sondern es ist vielmehr ein zutage treten. Nicht um sie so zu lassen, wie sie Diese Entwicklung stelle einen Rückschlag chen. Es ist kein Parlament. Synodalität bedeutet Stil, der verkörpert werden muss. ist, die Realität, selbstverständlich nicht, sondern dar, nachdem in den vergangenen Tagen nicht, ein Parlament zu sein. Synodalität ist nicht In diesem Sinn ist eure Vereinigung eine um zu versuchen, auf sie einzuwirken, um sie die Neuinfektionen leicht rückläufig wa- allein die Diskussion von Problemen, von ver- »Übungsstätte« der Synodalität, und diese eure auf der Linie des Heiligen Geistes wachsen zu ren, berichteten indische Medien am Don- schiedenen Dingen, die es in der Gesellschaft Haltung war – und wird es weiterhin sein kön- lassen, um sie gemäß dem Plan des Reiches nerstag, 6. Mai. Am schwersten seien die gibt… Es geht darüber hinaus. Synodalität be- nen – eine wichtige Ressource für die italienische Gottes zu verändern. Bundesstaaten Delhi und Maharashtra mit deutet nicht, eine Mehrheit zu suchen, eine Kirche, die sich gerade fragt, wie sie diesen Stil Brüder und Schwestern, ich wünsche eurer der Hauptstadt Mumbai sowie Westbenga- Übereinkunft hinsichtlich von pastoralen Lösun- auf allen ihren Ebenen heranreifen lassen kann. Versammlung gute Arbeit. Möge sie dazu beitra- len und die Hauptstadt Kalkutta betroffen. gen, die wir erreichen müssen. Das allein ist Dialog, Diskussion, Suche, aber mit dem Heiligen gen, das Bewusstsein heranreifen zu lassen, dass Auch Karnataka als Standort der indischen keine Synodalität, das ist ein schönes »katholi- Geist. in der Kirche die Stimme der Laien nicht »als Zu- Hochtechnologie- und IT-Branche sowie sches Parlament«. So weit, so gut, aber es ist keine Euer wertvollster Beitrag kann erneut von geständnis« gehört werden muss. Nein. Zuwei- Kerala mit seinem relativ hohen christli- Synodalität. Denn es fehlt der Heilige Geist. Was eurer Laizität kommen, die ein Heilmittel gegen len muss die Stimme der Priester oder der chen Bevölkerungsanteil sind betroffen. bewirkt, dass die Diskussion, das »Parlament«, Autoreferentialität ist. Es ist seltsam: Wenn man Bischöfe gehört werden, und in manchen Au- Kliniken können den Patientenansturm das Suchen nach den Dingen zur Synodalität in der Kirche die echte Laizität nicht lebt, dann genblicken »als Zugeständnis«, immer muss es eigenen Angaben zufolge nicht mehr be- wird, das ist die Gegenwart des Heiligen Geistes: fällt man in die Autoreferentialität. Synode zu »von Rechts wegen« geschehen. Aber auch die wältigen. Es fehlt an Sauerstoff und Beat- Gebet, Stille, Unterscheidung all dessen, was wir halten bedeutet nicht, sich im Spiegel anzu- Stimme der Laien »von Rechts wegen«, nicht »als mungsgeräten. Täglich sterben tausende miteinander teilen. Es kann keine Synodalität schauen, und auch nicht, auf die Diözese oder Zugeständnis«. Beide. Sie muss aus Überzeugung Menschen auf den Straßen vor den Kli - ohne den Heiligen Geist geben, und es gibt kei- die Bischofskonferenz zu schauen. Nein, das ist gehört werden, von Rechts wegen, weil das niken, heißt es. In vielen Städten Indiens nen Heiligen Geist ohne das Gebet. Das ist sehr es nicht. Es bedeutet, gemeinsam hinter dem ganze Volk Gottes »in credendo unfehlbar« ist. leistet die Caritas mit provisorischen Be- wichtig. Herrn herzugehen und auf die Menschen zuzu- Von Herzen segne ich euch und alle eure regio- handlungs-Zelten in der Nähe der Kliniken Die Kirche des Dialogs ist eine synodale Kir- gehen, geführt vom Heiligen Geist. Laizität ist nalen Vereinigungen. Und bitte vergesst nicht, eine medizinische Erstversorgung von Er- che, die gemeinsam auf den Heiligen Geist und auch ein Heilmittel gegen Abstraktheit: ein syn- für mich zu beten, denn diese Arbeit ist alles an- krankten. die Stimme Gottes hört, die uns durch den Schrei odales Vorgehen muss dazu führen, Entschei- dere als einfach! Danke. der Armen und der Erde erreicht. Allgemein sind dungen zu treffen. Und diese Entscheidungen (Orig. ital. in O.R. 30.4.2021) 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 10 Aus dem Vatikan

Audienz für die Mitglieder des Gerichts des Staates der Vatikanstadt aus Anlass der Eröffnung des Gerichtsjahrs Transparenz in allen institutionellen Aktivitäten Ansprache von Papst Franziskus am 27. März

Sehr geehrte Damen und Herren! Weitere Reformen und eine bessere Es ist mir eine Freude, mit Ihnen zusammen- internationale Zusammenarbeit des zutreffen aus Anlass der Eröffnung des 92. Ge- vatikanischen Justizsystems hat der Papst richtsjahres des Gerichts des Staates der Vatikan- anlässlich der Eröffnung des 92. Gerichtsjahres stadt. Herzlich begrüße ich Sie alle und danke im Vatikan gefordert. In Anwesenheit unter Dr. Pignatone sowie Prof. Milano. Dem Minister- anderem von Italiens Ministerpräsident Mario präsidenten der italienischen Regierung, Mario Draghi kritisierte Franziskus bei der Begegnung, Draghi, danke ich für seine Anwesenheit. Und die in der »Aula delle Benedizioni« stattfand, ich darf nicht versäumen, den verstorbenen Prof. bisherige Praktiken der vatikanischen Behörden, Giuseppe Dalla Torre zu erwähnen, der im letzten »die nicht immer der von der investigativen Jahr von uns gegangen ist. Dynamik geforderten Unverzüglichkeit Die aufgrund der Pandemie erforderlichen entsprechen«. Ziel aller Initiativen müsse die Maßnahmen haben uns veranlasst, die heutige »absolute Transparenz der institutionellen Zeremonie in dieser »Aula delle Benedizioni« ab- Aktivitäten des Vatikanstaates«, vor allem im zuhalten, die zwischen der Basilika St. Peter und wirtschaftlichen und finanziellen Bereich, sein. dem Petersplatz liegt. Von hier aus erteilen die Neben dem Präsidenten des Gerichtshofes, Päpste den Gläubigen an den Hauptfesten den Se- Giuseppe Pignatone, sowie dem sogenannten gen »Urbi et orbi«, Rom und der Welt. Auf der ge- »promotore di giustizia« – dies entspricht dem genüberliegenden Seite öffnet sich die Aula zum Staatsanwalt –, Gian Piero Milano, waren Mittelschiff der Basilika mit der Sicht auf die Glo- Beamten, Anwälte sowie weitere Mitarbeiter rie des Heiligen Geistes, die die Apsis erhellt. Eine des Tribunals bei der Audienz anwesend. – physisch und geistlich – zentrale Position zwi- schen dem offenen und durch die Kolonnaden Dies ist das zweite Jahr in Folge, in dem ich an von Bernini gleichzeitig abgegrenzten Raum und der Eröffnung des Gerichtsjahres teilnehme. Ich dem Raum des gefeierten und bekannten Glau- empfinde Dankbarkeit und Anerkennung, denn bens am Petrusgrab. Dabei muss ich an den ich weiß, wie anspruchsvoll und zuweilen auch Mut von Pius XI. denken, der auf diesen Balkon mühsam Ihre Tätigkeit ist, die Sie Tag für Tag leis- zurückkehren wollte, um den Segen zu geben, ten, um die Ordnung der zwischenmenschlichen denn zwischen den Vorhängen und dem Balkon und sozialen Beziehungen zu fördern, die ihr befand sich ein Lagerraum, und als er darum bat, Gleichgewicht im Werk der Gerechtigkeit finden. diesen Segen zu geben, musste man etwas war- Die normativen Änderungen, auf die sich der ten, um dieses Lager nach über 70 Jahren ein we- Kirchenanwalt bezogen hat, haben die vatikani- nig zu säubern, damit der Papst sich von dort aus schen Regelungen in den vergangenen Jahren ge- an die Menschen auf dem Platz wenden konnte. kennzeichnet. Sie werden noch wirksamer sein In dieser einzigartigen Lage könnte man den können in dem Maße, in dem sie von weiteren Re- Sinn und die Aufgabe der Kirche verdeutlicht se- formen im strafrechtlichen Bereich begleitet wer- hen, die von Christus, dem Herrn, gestiftet wurde den, vor allem zur Bekämpfung und Verhinde- rung von Finanzkriminalität, Ich lade Sie ein, über die Tatsache nachzudenken, sowie von der Intensivierung dass Sie durch Ihre tagtägliche verborgene, weiterer Aktivitäten, die darauf geduldige Arbeit einen wertvollen Beitrag leisten, ausgerichtet sind, die internatio- damit die Kirche in diesem sehr kleinen Staat der nale Zusammenarbeit zwi- Vatikanstadt ein gutes Beispiel geben kann für das, schen den vatikanischen Straf- was sie in ihrer Soziallehre verkündet. verfolgungsbehörden und den entsprechenden Einrichtungen und gesandt ist, die Mission der Unterstützung anderer Nationen zu erleichtern und zu beschleu- schneller und effektiver zu gestalten. Die bisher jeweiligen Funktionen und Aufgaben das im- der Wahrheit zu erfüllen und – wie es das Zweite nigen, wie auch von den Initiativen der Justizpoli- erzielten Ergebnisse ermutigen zur Fortführung mense Erbe der Werte zu bezeugen, das die Sen- Vatikanische Konzil lehrt – »Demut und Selbst- zei unseres Staates. der Arbeit, um Praktiken zu überwinden, die dung der Kirche kennzeichnet: »Salz und Licht« verleugnung auch durch ihr Beispiel auszubrei- In dieser Hinsicht erscheint es nunmehr drin- nicht immer der von der investigativen Dynamik zu sein in der Gesellschaft und in der internatio- ten« (Lumen gentium, 8), mit dem Stil, der Gott zu gend erforderlich, neue und einschneidendere geforderten Unverzüglichkeit entsprechen. nalen Gemeinschaft, vor allem in Krisenzeiten eigen ist: Nähe, Mitleid, Zärtlichkeit. Mit diesem Formen der Zusammenarbeit, wie sie von den in- Ich ermahne alle, damit die für die absolute wie der jetzigen. Auftrag tritt die Kirche in die Geschichte ein und ternational tätigen Finanzmarktaufsichtsinstitu- Transparenz der institutionellen Aktivitäten des Ich lade Sie ein, über die Tatsache nachzuden- wird zum Ort der Begegnung zwischen Völkern tionen gefordert werden, zu finden und durch Vatikanstaates, vor allem im wirtschaftlichen und ken, dass Sie durch Ihre tagtägliche verborgene, und zum Ort der Versöhnung unter den Men- entsprechende Regelungen oder Grundsatzer- finanziellen Bereich, in letzter Zeit ergriffenen geduldige Arbeit einen wertvollen Beitrag leisten, schen, um sie mit dem Wort Gottes und den Sa- klärungen einzuführen. In diesem Zusammen- und noch zu ergreifenden Initiativen sich stets an damit die Kirche in diesem sehr kleinen Staat der kramenten, mit der Gnade und dem Beispiel des hang hoffe ich, dass man bald in der Lage sein den Grundprinzipien des kirchlichen Lebens ori- Vatikanstadt ein gutes Beispiel geben kann für Lebens zum Glauben, zur Freiheit und zum Frie- wird, die Angelegenheit auf der entsprechenden entieren sowie gleichzeitig die auf internationaler das, was sie in ihrer Soziallehre verkündet. Alle, den Christi zu führen (vgl. Ad gentes, 9). Ebene zu diskutieren, um die Zusammenarbeit Ebene geltenden Parameter und »guten Prakti- die gerufen sind, sich für die Sache der Gerechtig- ken« gebührend berücksichtigen und beispielhaft keit einzusetzen – eine herausragende Kardinal- sind, wie es von einer Realität wie der katholi- tugend –, lade ich daher ein, keine Angst zu ha- Papst Franziskus bestätigt schen Kirche verlangt wird. ben, Zeit zu verlieren, indem sie dem Gebet viel Generalrevisor der Römischen Kurie im Amt Alle, die in diesem Bereich arbeiten, und alle Zeit widmen. Im Gebet, und nur im Gebet, schöp- Amtsträger sollten daher ein Verhalten zeigen, fen wir aus Gott, aus seinem Wort, jene innere Vatikanstadt. Der Papst hat einen wichti- das – wo nötig – tätige Reue im Hinblick auf die Gelassenheit, die es uns erlaubt, unsere Pflichten gen Posten für seine Finanzreform an der Römi- Vergangenheit an den Tag legt und das zudem un- mit Großherzigkeit, Fairness und Weitblick zu er- schen Kurie wieder ordentlich besetzt. Wie der tadelig und vorbildlich für die Gegenwart und Zu- füllen. Vatikan am Mittwoch, 5. Mai, mitteilte, bestätigte kunft ist. In diesem Punkt wird es künftig not- Malerei und Skulptur stellen die Gerechtigkeit er den kommissarischen Generalrevisor, Ales- wendig sein, der vorrangigen Notwendigkeit häufig so dar, dass sie mit einer Waage in der ei- sandro Cassinis Righini, nun dauerhaft im Amt. Rechnung zu tragen, dass – auch durch zweck- nen Hand die gegensätzlichen Interessen oder Si- Righini (55) war im März 2016 zum beigeordne- mäßige normative Änderungen – die Gleichheit tuationen abwägt, während sie bereit ist, mit dem ten Revisor ernannt worden und hatte nach der aller Glieder der Kirche und ihre gleiche Würde Schwert in der anderen Hand das Recht zu vertei- Kündigung des damaligen Prüfers Libero Milone und Stellung in der gegenwärtigen Verfahrens- digen. Die christliche Ikonographie fügt der älte- im Juni 2017 die Aufgabe kommissarisch über- mehrerer Kurienbehörden beteiligt, mit denen ordnung zutage treten, und zwar ohne in die Ver- ren künstlerischen Tradition ein Detail von nicht nommen. diese eine engere Zusammenarbeit gegen Kor- gangenheit zurückreichende Privilegien, die geringer Bedeutung hinzu: Die Augen der Ge- Alessandro Cassinis Righini stammt aus Rom. ruption und Geldwäsche beschlossen haben, so nicht mehr der Verantwortung entsprechen, die rechtigkeit sind nicht verbunden, sondern in die Nach wirtschaftswissenschaftlichen Studien in im Juni 2020 mit der Finanzaufsicht ASIF unter ein jeder beim Aufbau der Kirche hat. Dies erfor- Höhe gerichtet und blicken zum Himmel, denn Rom und Mailand lehrte er kurzzeitig Manage- Leitung von Carmelo Barbagallo sowie im Okto- dert Festigkeit im Glauben und Konsequenz in nur im Himmel gibt es wahre Gerechtigkeit. ment in der italienischen Hauptstadt und wech- ber mit dem Wirtschaftssekretariat und dessen Haltung und Handeln. Ihnen allen wünsche ich von Herzen, dass selte nach einer Tätigkeit für die EU zur Unter- Präfekt P. Juan Antonio Guerrero Alves SJ. Aus dieser Perspektive und mit diesen Zielen dieses Bewusstsein Sie in dem Jahr, das wir heute nehmensberatung Braxton Associates nach Der Generalrevisor wird vom Heiligen Vater entbindet uns als Gemeinschaft der Gläubigen eröffnen, bei Ihrer täglichen Arbeit im Dienst der London sowie später zur Wirtschaftsprüfer- ernannt und hat die Aufgabe, die Rechnungsprü- und auch als Einzelpersonen die Tatsache, dass Gerechtigkeit begleiten und inspirieren möge. Gesellschaft Deloitte. Righini ist Autor mehrerer fung in den Dikasterien der Römischen Kurie, in dies in den Dynamiken der wirtschaftlichen Be- Dafür bete ich und begleite Sie mit meinem Se- Publikationen zu Unternehmenssteuerung und den mit dem Heiligen Stuhl verbundenen Einrich- ziehungen nur am Rande eine Rolle spielt, nicht gen. Und auch Sie, bitte beten Sie für mich. Vielen Regulierungsökonomie. In den vergangenen Mo- tungen sowie den Ämtern des Staates der Vati- von der besonderen Pflicht zum Zeugnis. Wir Dank! naten war er bereits an internen Abkommen kanstadt durchzuführen. sind aufgerufen, konkret und glaubwürdig in den (Orig. ital. in O.R. 27.3.2021) 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 11

Gedanken zum weltweiten Rosenkranzgebet für ein Ende der Pandemie Die Macht des Gebets

Von Kardinaldekan Giovanni Battista Re Der Glaube verleiht uns nicht nur die Gewiss - heit, dass er seine Hand über uns hält, sondern auch, dass es ein Herz gibt, das in der Tiefe der Er- eignisse und Zufälle handelt und führt. Als Mo- m Drama der anhaltenden Pandemie, ei- nika, die Mutter des heiligen Augustinus, Gott un- ner mühevollen und schwierigen Zeit, ter Tränen darum bittet, dass ihr Sohn den Iund angesichts einer – aufgrund der öko- Glauben wiederfinden möge, entzieht sie sich ih- nomischen und sozialen Herausforderungen, die rer Mutterpflicht nicht, denn als Mutter hatte sie der Neubeginn nach Covid-19 mit sich bringen alles getan, was sie für möglich hielt, aber ohne wird – besorgniserregenden Zukunft, spüren wir, das Gewünschte erlangt zu haben. Mit ihrem Ge- dass wir die Hilfe von oben brauchen. Die Erfah- bet aber erlangte sie, dass Gott in der Tiefe des rung unserer Zerbrechlichkeit und unserer Gren- Gewissens von Augustinus wirkte, denn dort, im zen angesichts dieser tragischen Situation drängt Inneren des Herzens, entscheidet der Mensch uns, das Vertrauen in Gott wiederzufinden und frei über sein Schicksal und handelt Gott geheim- mit dem Gebet an seine Tür zu klopfen, damit nisvoll im Verborgenen: die Macht des Gebetes seine Hand uns zu Hilfe komme. von Monika berührte das Herz von Augustinus, Daher wird die Initiative eines einzigartigen der sich bekehrte. »Gebets-Marathons« oder einer »Gebets-Stafet- Die Lehre Jesu stützt unser Vertrauen, aus der te«, die im Mai aus den Hauptwallfahrtsorten der Höhe das zu erhalten, was unsere Kräfte über- Welt per Videoschaltung übertragen wird, überall steigt. Denn das Evangelium sagt uns, dass wir mit großer Freude aufgenommen. Angesichts der ohne den Herrn nichts Gutes tun können (vgl. Joh großen Not und gravierender Schwierigkeiten 15,5), und es versichert uns: »Was auch immer unserer Zeit wurde von verschiedener Seite der Mit dem Rosenkranzgebet im Petersdom hat Papst Franziskus den Monat Mai feierlich eingeleitet, der zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, wer- Wunsch nach einer besonderen Gebetsinitiative in besonderer Weise der Jungfrau und Gottesmutter Maria gewidmet ist. Er eröffnete damit auch einen den sie von meinem himmlischen Vater erhal- geäußert. Denn man spürt die Notwendigkeit zu- einmonatigen, internationalen »Gebetsmarathon« für ein Ende der Corona-Pandemie und für ein Wie- ten« (Mt 18,19). Und Psalm 127 erinnert uns: sätzlicher Hilfe von oben in Bezug auf zwei Anlie- deraufleben des sozialen und wirtschaftlichen Lebens in der ganzen Welt. »Wenn nicht der Herr das Haus baut, mühen sich gen: für ein Ende der Pandemie, die weiterhin umsonst, die daran bauen. Wenn nicht der Herr Opfer fordert, und für die Bewältigung der enor- »quaestio« über das Gebet (Summa theologica II Franz von Sales: »Bete so, als hinge alles von Gott die Stadt behütet, wacht umsonst, der sie behü- men Herausforderungen, die der Wiederbeginn a- II ae, q.83). Er sagt, dass Gott es in seiner Vor- ab, und handle so, als hinge alles von dir ab.« tet.« Mit anderen Worten sagte dies auch ein nach Covid-19 mit sich bringen wird. sehung so gefügt hat, dass es in unserer Macht Denn alles hängt von Gott ab, und zugleich hängt Dichter des 18. Jahrhunderts, Pietro Metastasio: steht, einige Dinge zu verwirklichen, dass es aber alles vom Menschen ab, aber auf verschiedene, »Per compiere le belle imprese, / l’arte giova e il Gottes Hilfe andere Dinge gibt, die von uns nur getan werden geheimnisvolle Weise. senno ha parte, / ma vaneggian il senno e l’arte / können, wenn wir den darum bitten, der mehr Es gibt immer zwei Protagonisten und Ak- se amico il Ciel non è« [Um schöne Taten zu voll- Warum soll man in schwierigen Zeiten auf ein tun kann als wir, dass heißt Gott, für den nichts teure für das, was in der Geschichte geschieht: bringen, / ist Kunst nützlich und Verstand hat ei- intensiveres gemeinsames Gebet zurückgreifen? unmöglich ist. Mit anderen Worten: Durch das den Menschen und Gott – den Menschen, der in nen Teil, / aber Verstand und Kunst sind eitel, / Vor allem weil Jesus selbst es im Evangelium Gebet können wir daran mitwirken, dass Gott et- seiner Freiheit entscheidet und handelt, und Gott, wenn der Himmel kein Freund ist]. lehrt: »Bittet und es wird euch gegeben; sucht und was tut, das jenseits unserer Fähigkeiten liegt. der allmächtig und die Quelle alles Seienden ist Der heilige Johannes Paul II. sagte, zu beten ihr werdet finden; und wer anklopft, dem wird Der tiefe Grund ist in Gottes Plan zu finden, und für den es weder Vergangenheit noch Zu- bedeute, die Wirklichkeit der verschiedenen Si- geöffnet« (Mt 7,7). Außerdem spüren wir, dass der uns als intelligente, freie Wesen geschaffen kunft gibt, für den alles gegenwärtig ist. tuationen nicht allein zu bewältigen, sondern mit wir die Hilfe Gottes brauchen. Dank der wunder- hat und der will, dass wir – in Übereinstimmung der Kraft, die von Gott kommt. Im gläubigen Ge- baren Fortschritte von Wissenschaft und Technik mit der hohen Würde, die er uns verliehen hat – In der Tiefe des Gewissens bet liege das Geheimnis, um die persönlichen können Männer und Frauen viele Dinge be- seine Mitarbeiter sind, und der nicht gerne ohne und sozialen Schwierigkeiten und Notsituatio- schließen und tun, aber dann gibt es immer irgend- uns handelt. Durch das Gebet können wir erlan- Für uns, die wir glauben, ist es weder der Zu- nen erfolgreich zu bewältigen (vgl. Angelus vom ein Element oder eine Dimension, die unsere gen, dass er tut, was wir Männer und Frauen nur fall noch der Einfluss der Sterne, der unser Schick- 8. September 2002). Möglichkeiten und Pläne übersteigt: Hindernisse mit unseren eigenen Kräften niemals erreichen sal oder den Lauf der Ereignisse bestimmt, son- Die gegenwärtige dramatische Situation und Unvorhergesehenes, das schwer zu berech- könnten. Blaise Pascal fragte sich: »Warum will dern es ist auf der einen Seite der Mensch mit drängt uns, vertrauensvoll Gottes Hilfe anzuru- nen ist, wie es auch unvorhersehbar war, dass ein Gott das Gebet?« Und er antwortete: »Um seinen seinen freien Entscheidungen, und auf der ande- fen. Und um das Herz Gottes zu erreichen, wen- kleines Virus diesen Sturm in der ganzen Welt aus- Geschöpfen die Möglichkeit zu geben, an seinen ren Seite Gott, der über die große Weltgeschichte den wir uns im Monat Mai an die Gottesmutter, lösen und unser Leben derart verändern würde. Werken mitzuarbeiten« (Gedanken, 513). ebenso wacht wie über die kleine Geschichte ei- die uns als barmherzige Mutter nahe ist und un- Dass wir durch das Gebet das erhalten und Gott um Hilfe zu bitten entbindet sicherlich nes jeden von uns, ein Gott, der auch auf krum- sere Nöte versteht; gleichzeitig ist sie im Himmel verwirklichen können, was allein mit unseren nicht vom Handeln. Gebet und menschlicher Ein- men Zeilen gerade zu schreiben weiß und der mit Gott nahe und kann wirksam Fürsprache für uns eigenen Kräften unmöglich wäre, erklärt der hei- satz schließen einander nicht aus, sondern bedin- seiner Hand das tun kann, was über menschliche halten und uns in dieser großen Not helfen. lige Thomas von Aquin sehr gut in einer langen gen sich gegenseitig. Daher empfahl der heilige Möglichkeiten weit hinausgeht. (Orig. ital. in O.R. 30.4.2021)

Videobotschaft von Papst Franziskus Weltweite Gedenkfeiern zum 30. Geburtstag zum Rosenkranzgebet in Luján in Argentinien des seligen Carlo Acutis

Ein Weg der Erinnerung Rom. Der am 10. Oktober 2020 in Assisi se- menico Sorrentino geleiteten Messfeier. Auch liggesprochene Carlo Acutis hätte am vergange- wenn die Kirche bei Seligen und Heiligen den Vatikanstadt. Papst Franziskus hat sich mit nen 3. Mai seinen 30. Geburtstag gefeiert. Das Sterbetag als »wahren Geburtstag« feiere – bei einer Videobotschaft im Gedenken an die Gottes- Gedenken für den 2006 im 16. Lebensjahr ver- Acutis ist dies der 12. Oktober –, so »hätte er wohl mutter von Luján an die Bischöfe seines Heimat- storbenen Italiener wurde an diesem Tag hochge- seinen Geburtstag auf der Erde gefeiert«, wäre er landes gewandt. Beim diesjährigen Festgottes- halten: Weltweit erinnerten Pfarreien, Ordensge- nicht an Leukämie erkrankt und verstorben, dienst werden die Gläubigen offiziell zu den meinschaften und Jugendbewegungen sowie sagte Sorrentino in der Predigt. Vorbereitungen auf die 400-Jahr-Feier eingela- Papst Franziskus an den Seligen, der aufgrund sei- Die enorme Popularität des im vergangenen den, die 2030 stattfinden wird. Der Heilige Vater ner Leidenschaft für Computer als »Cyberapostel« Oktober seliggesprochenen gläubigen Computer- schreibt in seiner Botschaft: bezeichnet wird. genies in seiner Heimat zeigt sich darin, dass es In diesem Zusammenhang verwies Papst auch in Neapel, Im Monat Mai, im Marienmonat, blicke ich Franziskus in einer Videobotschaft an ein Treffen Salerno, Pisa, nach Luján. ein Weg der Erinnerung an das, was die Jungfrau von Ministranten im portugiesischen Fatima auf Foggia und zahl- Ich möchte euch am Freitag, 7. Mai, bei der dort getan hat, wo sie bleiben wollte. Ein Weg der Acutis’ Ausspruch »Alle werden als Originale ge- reichen anderen Gebetswache nahe sein, wo ihr, alle Bischöfe, Erinnerung an viele, viele Jahre der Pilgerfahrten, boren, aber viele sterben als Fotokopien«. Auf- Teilen Italiens euch versammeln werdet, um für die Gesundheit der Bitten, der Wunder, an Töchter und Söhne, gabe von Jugendlichen sei, herauszufinden, »wer »Geburtstagsfei- des argentinischen Volkes den Rosenkranz zu be- die sich auf den Weg machen, um die Mutter zu du bist, und deine persönliche Art des Heiligseins ern« für Acutis ten. Ich begleite euch von hier aus. Und auch am sehen. zu entwickeln, unabhängig davon, was andere mit heiligen Samstag, wenn die Direktschaltung sein wird Möge euch bei dieser Begegnung die Erinne- sagen und denken«, so Franziskus. Das Leben ei- Messen, eucha- zum Rosenkranz im Heiligtum, der an diesem Tag rung führen, denn ein gutes Gedächtnis gewähr- nes Christen solle ein »prophetischer Impuls sein, ristischer Anbe- um 13 Uhr stattfinden wird, und um 19 Uhr zur leistet eine sichere Zukunft. Denkt an all das, was der andere inspiriert und eine einzigartige Spur tung, Beichte und Rosenkranz gab. Und auch in heiligen Messe mit dem Wechsel des Mantels. die Jungfrau für unsere Heimat getan hat. Lasst hinterlässt«. anderen Ländern und Kontinenten wurde an den Bei jener Messe werdet ihr aufgerufen werden, euch von ihr begleiten und begleitet sie auf ihrem Hauptschauplatz des Gedenkens an Carlo jung verstorbenen Katholiken erinnert. Freun- gemeinsam die neunjährige Novene bis 2030 Weg. Gott segne euch alle und die Jungfrau Acutis’ Geburtstag war Assisi, wo der Selige auf deskreis-Vereine des Seligen veröffentlichten auf vorzubereiten, um den 400. Jahrestag des Wun- behüte euch. Und bitte vergesst nicht, für mich zu eigenen Wunsch begraben liegt. Die mittelitalie- Facebook Videobotschaften mit Geburtstags- ders zu feiern. Es ist ein sehr langer Weg, aber er beten. Danke. nische Diözese lud zu einem Livestream-Gebet wünschen junger Menschen und von Ordensleu- geht schnell vorbei und man muss es tun. Es ist (Orig. span.; ital. in O.R. 7.5.2021) am Sarkophag und zu einer von Ortsbischof Do- ten aus aller Welt. 14. Mai 2021 / Nummer 19 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 12 Aus dem Vatikan

Der ehrwürdige Diener Gottes Kardinal Van Thuân Den gegenwärtigen Augenblick mit Liebe erfüllen

Von Flaminia Giovanelli, eine Tatsache, die der Kardinal mehrfach persön- ehemalige Untersekretärin im Dikasterium lich bestätigt hatte: Van Thuân hatte ihm das Veni für Gerechtigkeit und Frieden Creator beigebracht. Wenn nun dieser ehemalige kommunistische Polizist diesen Hymnus sang, während er sich morgens wusch, nachdem er ie Treue zum Stuhl Petri war ein typi- Gymnastik gemacht hatte, dann versetzte das sches Merkmal für die Persönlichkeit den Gefangenen regelmäßig in gute Laune… Dvon Kardinal François-Xavier Nguyên Erbauend: Die Begebenheit mit dem Veni Van Thuân. Das zeigt auf einzigartige Weise eine Creator zeigt auch die »pädagogische« Sorge des der vielen Episoden seines Lebens, das von Kardinals, die auch in den schwierigsten Zeiten schweren Leiden gezeichnet war, die er aller- seiner Gefangenschaft nicht nachließ. Zum Bei- dings mit Hoffnung, Stärke und einem Sinn für spiel schrieb er 1.100 geistliche Botschaften an Humor zu nehmen wusste. Die Episode betrifft seine Gläubigen, und zwar auf die Rückseiten den »Osservatore Romano«. Er erzählte, wie ihm von alten Kalendern, die ihm ein Kind heimlich einmal, während eines Gefängnisaufenthalts un- gebracht hatte. Oder wenn die Polizeichefs ihn ter verschärften Haftbedingungen – er ver- darum baten, den Gefängniswärtern Fremdspra- brachte dreizehn Jahre im Gefängnis, davon neun chen beizubringen (er kannte mehrere). Oder: in Isolationshaft –, eine »Frau von der Polizei« den Um seine Gesprächspartner über das Wesen der kleinen Fisch, der sein Mittagessen sein sollte, Kirche zu informieren, verfasste er ein »Lexikon« brachte. Dieser war in zwei Seiten des »Osserva- religiöser Begriffe mit 1.500 Worten auf Franzö- tore Romano« eingewickelt: Dieses Tatsache be- sisch, Englisch, Italienisch, Lateinisch, Spanisch trachtete der Kardinal als Geschenk der Vorse- und Chinesisch und einer Erklärung auf Vietna- hung, so dass er die beiden Seiten säuberte und mesisch. Eine außerordentliche geistliche Be- sorgfältig aufbewahrte, um sie öfter zu lesen. Van Thuân mit dem Holzkreuz, das er in der Ge- gendes Zeichen für die Beleidigungen, unter de- weglichkeit, aufrechterhalten auch in jener Wir stellen uns vor, dass er sich freut, in die- fangenschaft selbst angefertigt hatte (oben). Ein nen er zu leiden hatte, und für seine mutige und schrecklichen Zeit totaler Einschränkung. ser Zeitung einen neuen Artikel über sein irdi- Gemälde zeigt, wie er in der Gefangenschaft die phantasievolle Reaktion darauf, ist die Geschichte sches Leben zu finden. Er wäre am vergangenen heilige Messe feierte (unten). seines Brustkreuzes, das er bis zum Schluss täg- »Du bist reich…« 17. April 93 Jahre alt geworden, während sich am lich trug. Als er ins Gefängnis kam, war es ver- kommenden 22. September sein 19. Todestag – boten, ihn als Bischof zu bezeichnen, und man Diese »pädagogische« Sorge bewies der Kardi- oder vielmehr seine Geburt zum Himmel – jährt. wurde, hatte die Gelegenheit, seine Einfachheit, nahm ihm alle Insignien seiner Würde ab, auch nal ebenso im Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit Dabei ist zu sagen, dass die Verbundenheit mit seine Sanftmut, seine Zuneigung, ja seine Liebe sein Pektorale. Für ihn aber hatten Symbole eine und Frieden, wo er das Projekt eines Kompendi- dem Bischofsstuhl von Rom auf Gegenseitigkeit zu erleben. Nachdem die Nachricht von seiner sehr wichtige Bedeutung, und so gelang es ihm ums der Soziallehre der Kirche initiierte, dessen beruhte und beruht. Immerhin hat der emeri- Berufung nach Rom bekannt geworden war, mit der Hilfe zweier Gefängniswärter, zunächst Vollendung er leider nicht mehr erleben durfte. tierte Papst ihn in der Enzyklika Spe salvi gewür- wurde die Ankunft von Msgr. Van Thuân ein Stück Holz zu erhalten, um daraus ein Kreuz Bewundernswert war sicherlich seine Fähig- digt, Papst Franziskus hat ihn in seinem Apostoli- mit großer Spannung erwartet, denn sein Schick- zu schnitzen. Nachdem er es längere Zeit in ei- keit, zu vergeben und den Feind zu lieben. An- schen Schreiben als Vorbild sal war wohlbekannt. Auch weil an den ab- nem Stück Seife versteckt hatte, bastelte er auch gesichts der unerschütterlichen Mauer der Feind- erwähnt und der heilige Johannes Paul II. hatte schließenden Verhandlungen mit der vietname- eine Kette aus elektrischen Kabeln. Zuvor hatte er schaft seiner Wärter kam ihm eines Nachts, als ihn im ersten Jahr des neuen Jahrtausends geru- sischen Regierung, die zu seiner Freilassung seinen Wärter davon überzeugen müssen, dass er er sehr verzweifelt war, folgender Gedanke: fen, im Vatikan die geistlichen Exerzitien zu pre- führten, Kardinal Etchegaray beteiligt war, der da- sich damit nicht umbringen wollte, denn »katho- »François, du bist noch sehr reich. Du hast die digen. malige Präsident des Päpstlichen Rats. Leicht lische Priester begehen keinen Selbstmord«. Liebe Christi in deinem Herzen. Liebe sie, wie Je- kann man sich die Überraschung ausmalen, als er Humorvoll: Der ehrwürdige Diener Gottes sus dich geliebt hat.« Am nächsten Tag, so er- Ikone der Menschenrechte sich mit seiner ruhigen, leisen Stimme als »Bi- hatte eine sehr ausgeprägte Beobachtungsgabe zählte er, habe er begonnen, sie zu lieben, und es schof Franz Xaver« vorstellte, eine Gewohnheit, und nicht selten ließ er sich zu urkomischen Imi- sei ihm sogar gelungen, was vielleicht noch Die Osterzeit ist sicherlich besonders geeig- die er auch als Kardinal beibehielt. Nach seiner tationen anderer Leute hinreißen. Die komische schwieriger war, sie davon zu überzeugen, dass net, um an diesen großen Glaubenszeugen zu er- Ankunft in Rom 1994 wohnte er lange Jahre bei Seite des Lebens sehen zu können, das war eine er dies weiter tun würde, auch wenn sie ihn hät- innern. Denn auch wenn sein Leben sozusagen einer vietnamesischen Schwesterngemeinschaft. Fähigkeit, die ihm in seiner Gefangenschaft sehr ten töten wollen. eine »Fastenzeit« war, so lebte er diese doch Von dort aus kam er auf einer Vespa 50 ins Büro nützlich gewesen war. Als auf Initiative des Wenn es ihm sogar gelang, seine Feinde zu lie- gemäß der Aufforderung Jesu: nicht »mit finste- im Palazzo San Calisto, gefahren von seinem Se- Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden ben, wie groß war dann erst seine Liebe zu den rem Gesicht« (vgl. Mt 6,16) oder »wie bei einer kretär, Pater Paolo, oder vielmehr Msgr. Paul das Seligsprechungsverfahren für ihn eröffnet Freunden! In den letzten Jahren seines Lebens Beerdigung«, sondern vielmehr mit einem freudi- Hien, den er im Untergrund heimlich geweiht wurde, lud man auch einen der von ihm bekehr- waren die Mitarbeiter im Rat für Gerechtigkeit gen Antlitz, ganz ausgerichtet auf die Hoffnung, hatte. Es war eine Überraschung, die zum ten Gefängniswärter ein. Dieser erinnerte sich an und Frieden Hauptempfänger seiner Aufmerk- das heißt auf die Gewissheit der österlichen Auf- Lächeln verleitete, wenn man sah, wie er von der samkeiten: Der Kardinal hatte auf seinem erstehung. Die Persönlichkeit des vietnamesi- Vespa stieg und seinen Helm abnahm… Für ei- Schreibtisch einen Strauß Stoffblumen stehen, schen Kardinals ist zu facettenreich und die Er- nen Erzbischof doch ein etwas originelles Trans- genauso viele an der Zahl wie seine Mitarbeiter, eignisse seines Lebens sind zu zahlreich und portmittel! damit sie ihm in Gedanken und im Gebet stets bedeutsam, als dass man sie in einem Artikel un- Überraschung und Bewunderung nahmen im präsent seien. Inmitten dieser Blumen thronte terbringen könnte. Besser ist es, sich auf das zu Lauf der Jahre noch zu, in dem Maße, wie sich die eine Karte aus Mexiko – ein Land, dem er tief ver- konzentrieren, für was er stand: er war eine ein- Erzählungen aus seiner Gefangenschaft mit leid- bunden war –, auf der einige Teufelchen mit zigartige Ikone der Menschenrechte. Einzigartig, vollen, humorvollen und erbauenden Details be- ihren Mistgabeln zu sehen waren. Letztere weil er seinen Kampf für deren Achtung mit Mit- reicherten. ließen ihn daran denken, dass er die Pikser ihrer teln gekämpft hat, die für diese Art von Kampf Leidvoll: Wenn der Kardinal seine Haftbedin- Gabeln gespürt hatte und spürte, was ihm eher unüblich waren, denn er kämpfte mit einer gungen überlebte, dann hatte er das seiner Geis - manchmal wehtat. Wenn er ins Büro kam, betete ironischen Einfachheit und vor allem mit Liebe. tesstärke zu verdanken, genährt vom Heiligen er, dass die Teufelchen ihn in Ruhe lassen sollten Überflüssig zu sagen, dass seine eigenen Rechte Geist, der in ihm wirkte. Er erzählte zum Beispiel, und auch seine Mitarbeiter nicht belästigten. Ist auf jegliche Art und Weise mit Füßen getreten dass er in einer seiner wechselnden Gefängnis- das nicht ein Beweis für die humorvolle Zärtlich- worden waren. zellen einmal sehr lange Zeit, über 100 Tage nach keit einer großen und einfachen Seele, die uns auf Wer Zeuge seines letzten Lebensabschnitts seinen Worten, auf der Erde liegend verbringen den Weg führen kann, »in diesem Augenblick zu sein durfte, als er zum Vize-Präsidenten des musste, um Luft holen und atmen zu können, leben und ihn mit Liebe zu füllen« (Gaudete et ex- Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden denn dort befand sich das einzige Loch in den sultate, 17)? ernannt und einige Jahre später dessen Präsident Wänden, das als Wasserabfluss diente. Ein vielsa- (Orig. ital. in O.R. 17.4.2021)

anchmal stellt einen das Leben vor größere Herausforderungen und durch sie lädt in erster wesentlicher Lernort der Hoffnung ist das Gebet. Wenn niemand mehr mir Muns der Herr zu neuen Veränderungen ein, die es ermöglichen, dass seine Gnade Ezuhört, hört Gott mir immer noch zu. Wenn ich zu niemand mehr reden, niemanden in unserer Existenz deutlicher offenbar wird, »damit wir Anteil an seiner Heiligkeit gewin- mehr anrufen kann – zu Gott kann ich immer reden. Wenn niemand mehr mir helfen kann – nen« (Hebr 12,10). Ein anderes Mal geht es nur darum, etwas, das wir bereits tun, auf wo es sich um eine Not oder eine Erwartung handelt, die menschliches Hoffenkönnen über- eine vollkommenere Art und Weise zu tun: »Es gibt Eingebungen, die nur auf eine außer- schreitet –: Er kann mir helfen. Wenn ich in eine letzte Einsamkeit verstoßen bin: Der Betende gewöhnliche Vollkommenheit gewöhnlicher Übungen des christlichen Lebens hinzielen.« ist nie ganz allein. Aus dreizehn Gefängnisjahren, davon neun in der Isolierhaft verbracht, hat Als Kardinal François-Xavier Nguyên Van Thuân im Gefängnis saß, verzichtete er darauf, uns der unvergessliche Kardinal Nguyên Van Thuân ein kostbares kleines Buch hinterlassen: sich in Erwartung seiner Freilassung aufzureiben. Er entschied: »Ich lebe in diesem Augen- Gebete der Hoffnung. Dreizehn Jahre in Haft, in einer Situation scheinbar totaler Hoffnungslo- blick und werde ihn mit Liebe füllen«; und die Art und Weise, in der dies konkret wird, sigkeit, ist ihm das Zuhören Gottes, das Redenkönnen mit ihm zu einer wachsenden Kraft der ist folgende: »Nütze jeden Tag die Gelegenheit, um kleine Dinge in großartiger Weise zu er- Hoffnung geworden, die ihn nach seiner Freilassung beflügelt hat, den Menschen in aller Welt ledigen.« Zeuge der Hoffnung zu werden – der großen Hoffnung, die auch in den Nächten der Einsam- Papst Franziskus, Gaudete et exsultate, 17 keit nicht untergeht. Benedikt XVI. Spe salvi, 32