Die Monatswende Juni—Juli Des Jahres 193 J Brachte Ein Für Die Kulturpolitik Des Dritten Reiches Bedeutungsvolles Ereignis. Am Samstag, Dem 29
Erstes Kapitel DIE GRÜNDUNG DES VEREINS „DAS AHNENERBE", 1935 1. Herman Wirth Die Monatswende Juni—Juli des Jahres 193 j brachte ein für die Kulturpolitik des Dritten Reiches bedeutungsvolles Ereignis. Am Samstag, dem 29. Juni, lud Reichs- kanzler Adolf Hitler in der Hauptstadt der nationalsozialistischen Bewegung Mün- chen zum Richtfest des „Hauses der Deutschen Kunst" in der Prinzregentenstraße. Die erste Ausstellung, so hatte der Führer schon bestimmt, sollte unter dem Motto „Tausend Jahre Deutsche Kunst" stehen, als ein „Denkmal für unsere Ahnen, eine Lehrstätte für unsere lebenden Künstler"1. Unter den zahlreichen Ehrengästen der nationalsozialistischen Prominenz befanden sich der Münchener Gauleiter Adolf Wagner, der bayerische Ministerpräsident Ludwig Siebert, die Reichsleiter Otto Dietrich und Martin Bormann und verschie- dene SS-Gruppenführer — ihnen allen wurde von einer Ehrenkompanie der SS-Ver- fügungstruppe München Reverenz erwiesen2. Deren oberster Kommandeur aber, Reichsführer-SS Heinrich Himmler, hatte sich entschuldigen lassen. Denn am dar- auffolgenden Sonntag hatte er, dessen Schutzstaffel gerade erst im Aufbau begriffen war, in Braunschweig die zweite und bisher größte SS-Führerschule zu eröffnen3. Im übrigen plante er für Montag, den 1. Juli, die Gründung einer Kultureinrich- tung ganz eigener Art, und zwar am Orte seines Amtssitzes, in Berlin. Gleich am Montag, dem 1. Juli, traf er sich in den Diensträumen der Schutzstaffel mit sechs Gleichgesinnten, um, nach unterschriftlicher Anerkennung einer Satzung, die sog. „Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte ,Deutsches Ahnenerbe'" ins Leben zu rufen4. Einer der Mitunterzeichner und eigentliche Vater dieser Gesellschaft „Ahnenerbe" war der deutsch-holländische Privatgelehrte Herman Wirth, geboren 1885 als Sohn eines Gymnasiallehrers in Utrecht5. Nach dem Studium der niederländischen Philo- logie, Germanistik, Geschichte und Musikwissenschaft in Utrecht und Leipzig hatte er bereits 1910 über den „Untergang des niederländischen Volksliedes" bei dem Volkskundler John Meier promoviert.
[Show full text]