PDF: Debatte Zum Thema Schutz Vor Häuslicher Gewalt
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31382 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage- Nicole Bracht-Bendt gen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsan- Cornelia Möhring trag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen Monika Lazar und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der Die Fraktion Die Linke hat zu der Antwort auf ih- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung re Große Anfrage einen Entschließungsantrag ein- der SPD-Fraktion abgelehnt. gebracht. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a bis 12 c Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für auf: die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – a) Beratung der Antwort der Bundesregierung Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so be- auf die Große Anfrage der Abgeordneten schlossen. Cornelia Möhring, Diana Golze, Matthias W. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Kollege Jörn Wunderlich für die Fraktion Die Linke. Fraktion DIE LINKE (Beifall bei der LINKEN) Hilfe und Unterstützung für alle Opfer von häuslicher Gewalt nach dem Gewalt- Jörn Wunderlich (DIE LINKE): schutzgesetz Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Drucksachen 17/5069, 17/6685 – Der durch die Bundesregierung in Auftrag gegebe- ne Lagebericht zur Situation des Schutz- und Hil- b) Beratung der Beschlussempfehlung und des fesystems bei Gewalt gegen Frauen hat gezeigt, in Berichts des Ausschusses für Familie, Seni- welch desolatem Zustand sich dieses zum Teil be- oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) findet, bezogen sowohl auf Strukturen als auch auf zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Ressourcen. In der Anhörung im Dezember des Lazar, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer letzten Jahres wurde dieses Fazit durch die Vertre- Abgeordneter und der Fraktion BÜND- terinnen der Schutz- und Hilfseinrichtungen unter- NIS 90/DIE GRÜNEN mauert. Effektive Unterstützung und Schutz bei In der Antwort auf die Große Anfrage zum Ge- Gewalt gegen Frauen gewährleisten waltschutzgesetz hat die Bundesregierung darauf – Drucksachen 17/12850, 17/13960 – verwiesen, dass sie auf der Basis einer Bestands- aufnahme zur Lage des Hilfesystems bei häusli- Berichterstattung: cher Gewalt beurteilen wird, ob und wie für alle Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker gewaltbetroffenen Frauen eine angemessene Ver- Marlene Rupprecht (Tuchenbach) sorgung sicherzustellen ist. Trotz des Resultats Sibylle Laurischk des Lageberichts wie auch der Anhörung hat die Cornelia Möhring Bundesregierung bis heute nicht gehandelt. Monika Lazar (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, c) Beratung der Beschlussempfehlung und des traurig!) Berichts des Ausschusses für Familie, Seni- – Traurig, aber wahr. oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) In ihrer Stellungnahme zum Lagebericht stellt – zu dem Antrag Marlene Rupprecht die Bundesregierung selbst fest, dass es ein struk- (Tuchenbach), Petra Crone, Petra Ernst- tureller Nachteil sei – jetzt zitiere ich –, „dass die berger, weiterer Abgeordneter und der leistungsrechtliche Verortung der Hilfen für gewalt- Fraktion der SPD betroffene Frauen zur Zeit überwiegend über Nor- Frauenhäuser ausreichend zur Verfü- men des Sozialrechts erfolgt … und nicht auf den gung stellen und deren Finanzierung individuellen Hilfebedarf bei Gewalterfahrungen“ sichern zugeschnitten ist. In der Praxis sieht die Bundes- regierung allerdings dennoch keinen Handlungs- – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika bedarf. Lazar, Ekin Deligöz, Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion In den letzten Jahren wurde immer wieder auf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die fatale Situation sowohl der betroffenen Frauen als auch der Frauenhausmitarbeiterinnen hinge- Grundrechte schützen – Frauenhäuser wiesen, in welche diese durch die Tagessatzfinan- sichern zierung kommen. Es gibt bürokratische Hürden – Drucksachen 17/1409, 17/259, 17/2070 ohne Ende, und sie werden nicht abgebaut. Ich zi- Buchstaben a und c – tiere die Leiterin der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, Frau Eva Risse, mit ei- Berichterstattung: ner Antwort aus der Anhörung: Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Ich kann Ihnen einmal darstellen, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 31383 welche Unterlagen man für einen Arbeitslo- nen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe, also ei- sengeld-II-Antrag benötigt: nen gesetzlich verankerten Anspruch! (Unruhe) (Beifall bei der LINKEN) – Vielleicht sollten die Kollegen, die sich mit Anträ- Sorgen Sie dafür, dass diesen Frauen und ihren gen zu Frauenhäusern nicht so gut auskennen, Kindern sicher, schnell, unbürokratisch und be- einmal zuhören; das ist nämlich hochinteressant. darfsgerecht Schutz und qualifizierte Hilfe zuteil- wird! Erarbeiten Sie endlich einen nationalen Akti- (Beifall bei der LINKEN) onsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frau- Man braucht den Hauptantrag, die Anlage EK, en, der diesen Namen auch wirklich verdient! die Anlage Kl, die Anlage UH 1, die Anlage Danke für Ihre Aufmerksamkeit. UH 2, die Anlage VM, eventuell die Anlage BB, die Anlage KDU, die Anlage Vermittlung, (Beifall bei der LINKEN) den Bewerbungsbogen Teil 1 und 2, die Kon- toauszüge der letzten drei Monate, die Anmel- Vizepräsidentin Petra Pau: dung, den Sozialversicherungsausweis, den Das Wort hat die Kollegin Dorothee Bär für die Nachweis über die Krankenversicherung, den Unionsfraktion. Pass oder Personalausweis, Nachweise über (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kontoeröffnung, über Einkommen und Vermö- Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Gute gen, einen Nachweis über die Beantragung Frau!) von Kindergeld, UVG-Leistungen, – Unterhaltsvorschussgesetz-Leistungen – Dorothee Bär (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle- Unterhaltsansprüche müssen geltend gemacht gen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für werden, Elterngeld muss beantragt werden die Regierung können wir feststellen, dass der und, wenn man einen Anspruch auf BAföG Bund in den letzten vier Jahren überall da, wo er oder Arbeitslosengeld I haben könnte, die ent- Verantwortung übernehmen konnte, dies auch ge- sprechenden Ablehnungsbescheide. tan hat. Diese Bundesregierung hat bei der Be- Alle diese Unterlagen müssen für jede einzelne kämpfung von Gewalt gegen Frauen also sehr viel Frau und deren Kinder ausgefüllt, zum Amt ge- erreicht. bracht und beschieden werden. Vielleicht haben Was Sie so lapidar als einzige Maßnahme ab- Sie jetzt eine Vorstellung von dem bürokratischen tun, das muss man wirklich noch einmal heraus- Aufwand, dem die Frauenhausmitarbeiterinnen stellen. Seit dem 1. März 2013 haben wir das Hilfe- und die betroffenen Frauen ausgesetzt sind. Aber telefon für von Gewalt betroffene Frauen. Wir ha- Sie sehen ja keinen Handlungsbedarf. Das Inte- ben das so eingerichtet, dass es wirklich für jede resse hier ist auch mal wieder einzigartig. einzelne Frau, die sich dahin wendet, funktionieren Das Einzige, was die Bundesregierung in dieser wird. Wir haben eine bundesweit einheitliche Ruf- Wahlperiode für die von Gewalt betroffenen Frau- nummer geschaltet. Unter der Rufnummer 08000 en mit Anlaufschwierigkeiten auf den Weg ge- 116 016 kann man anrufen und bekommt kosten- bracht hat, ist das bundesweite kostenlose Hilfete- los, anonym und vertraulich Rat durch erfahrene lefon. Das ist – das muss man zugestehen – eine Fachkräfte. gute Sache. Das Wichtigste für uns war dabei, dass jede Auf der Pressekonferenz am 3. Juni verkündete Frau, die sich dahin wendet, egal ob sie der deut- unsere Familienministerin Schröder – auch nicht schen Sprache mächtig ist oder nicht, Hilfe be- da! –, „dass das Hilfetelefon die in das Angebot kommt. Es stehen nämlich Dolmetscherinnen zur gesetzten Erwartungen erfüllt“. Bis zum Stichtag Verfügung, die am Telefon zeitnah zugeschaltet 29. Mai seien im Schnitt 220 Anrufe täglich einge- werden können. gangen; sie hoffe, dass es noch mehr werden. Für uns ist dieses Hilfetelefon die erste wichtige Nun hoffen wir auch, dass sich mehr Frauen an anonyme Anlaufstelle. Sie hat Lotsenfunktion mit dieses Hilfetelefon wenden, zum Hörer greifen und Blick auf die Erstberatung. Es geht darum, dass ihre Notsituation schildern. Aber was folgt dann? eine Frau, egal wo im Bundesgebiet sie wohnt, Hil- Es soll doch weitervermittelt werden. Was wollen fe bekommt und erfährt, wohin sie sich wenden Sie als Regierung machen, wenn dieses Angebot kann. Deswegen sollen Betroffene informiert, auf tatsächlich mehr Frauen erreicht und dazu bringt, die Unterstützungseinrichtungen vor Ort hingewie- Hilfe zu suchen? Das Schutz- und Hilfesystem sen und gegebenenfalls auch dorthin vermittelt kann doch schon jetzt nicht alle Frauen auffangen. werden. Wie sollen denn dann die erhöhten Zahlen durch Es reicht nicht aus, eine Einrichtung zu schaf- die Frauenhäuser bewältigt werden? Was soll aus fen. Es ist wichtig, dass man sie auch bekannt diesen Frauen werden? Handeln Sie endlich! Ge- macht. Wir haben also eine bundesweite Kampag- ben Sie von Gewalt betroffenen Frauen endlich ei- ne gestartet, um das Telefon bekannt zu machen 31384 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 und um allen Frauen nahezubringen, dass Gewalt wird als die Bordelle. gegen Frauen nicht toleriert wird, dass es Hilfe (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) gibt. Deswegen kann man sagen: Manchmal ist gut (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Ab- gemeint noch lange nicht gut. Rot-Grün hat geordneten der FDP) Deutschland leider Gottes zu einem Paradies