31382 Deutscher – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage- Nicole Bracht-Bendt gen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsan- Cornelia Möhring trag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der Die Fraktion Die Linke hat zu der Antwort auf ih- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung re Große Anfrage einen Entschließungsantrag ein- der SPD-Fraktion abgelehnt. gebracht. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a bis 12 c Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für auf: die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – a) Beratung der Antwort der Bundesregierung Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so be- auf die Große Anfrage der Abgeordneten schlossen. Cornelia Möhring, Diana Golze, Matthias W. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Kollege Jörn Wunderlich für die Fraktion Die Linke. Fraktion DIE LINKE (Beifall bei der LINKEN) Hilfe und Unterstützung für alle Opfer von häuslicher Gewalt nach dem Gewalt- Jörn Wunderlich (DIE LINKE): schutzgesetz Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Drucksachen 17/5069, 17/6685 – Der durch die Bundesregierung in Auftrag gegebe- ne Lagebericht zur Situation des Schutz- und Hil- b) Beratung der Beschlussempfehlung und des fesystems bei Gewalt gegen Frauen hat gezeigt, in Berichts des Ausschusses für Familie, Seni- welch desolatem Zustand sich dieses zum Teil be- oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) findet, bezogen sowohl auf Strukturen als auch auf zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Ressourcen. In der Anhörung im Dezember des Lazar, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer letzten Jahres wurde dieses Fazit durch die Vertre- Abgeordneter und der Fraktion BÜND- terinnen der Schutz- und Hilfseinrichtungen unter- NIS 90/DIE GRÜNEN mauert. Effektive Unterstützung und Schutz bei In der Antwort auf die Große Anfrage zum Ge- Gewalt gegen Frauen gewährleisten waltschutzgesetz hat die Bundesregierung darauf – Drucksachen 17/12850, 17/13960 – verwiesen, dass sie auf der Basis einer Bestands- aufnahme zur Lage des Hilfesystems bei häusli- Berichterstattung: cher Gewalt beurteilen wird, ob und wie für alle Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker gewaltbetroffenen Frauen eine angemessene Ver- Marlene Rupprecht (Tuchenbach) sorgung sicherzustellen ist. Trotz des Resultats des Lageberichts wie auch der Anhörung hat die Cornelia Möhring Bundesregierung bis heute nicht gehandelt. Monika Lazar (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, c) Beratung der Beschlussempfehlung und des traurig!) Berichts des Ausschusses für Familie, Seni- – Traurig, aber wahr. oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) In ihrer Stellungnahme zum Lagebericht stellt – zu dem Antrag Marlene Rupprecht die Bundesregierung selbst fest, dass es ein struk- (Tuchenbach), Petra Crone, Petra Ernst- tureller Nachteil sei – jetzt zitiere ich –, „dass die berger, weiterer Abgeordneter und der leistungsrechtliche Verortung der Hilfen für gewalt- Fraktion der SPD betroffene Frauen zur Zeit überwiegend über Nor- Frauenhäuser ausreichend zur Verfü- men des Sozialrechts erfolgt … und nicht auf den gung stellen und deren Finanzierung individuellen Hilfebedarf bei Gewalterfahrungen“ sichern zugeschnitten ist. In der Praxis sieht die Bundes- regierung allerdings dennoch keinen Handlungs- – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika bedarf. Lazar, Ekin Deligöz, Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion In den letzten Jahren wurde immer wieder auf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die fatale Situation sowohl der betroffenen Frauen als auch der Frauenhausmitarbeiterinnen hinge- Grundrechte schützen – Frauenhäuser wiesen, in welche diese durch die Tagessatzfinan- sichern zierung kommen. Es gibt bürokratische Hürden – Drucksachen 17/1409, 17/259, 17/2070 ohne Ende, und sie werden nicht abgebaut. Ich zi- Buchstaben a und c – tiere die Leiterin der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, Frau Eva Risse, mit ei- Berichterstattung: ner Antwort aus der Anhörung: Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Ich kann Ihnen einmal darstellen, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 31383

welche Unterlagen man für einen Arbeitslo- nen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe, also ei- sengeld-II-Antrag benötigt: nen gesetzlich verankerten Anspruch! (Unruhe) (Beifall bei der LINKEN) – Vielleicht sollten die Kollegen, die sich mit Anträ- Sorgen Sie dafür, dass diesen Frauen und ihren gen zu Frauenhäusern nicht so gut auskennen, Kindern sicher, schnell, unbürokratisch und be- einmal zuhören; das ist nämlich hochinteressant. darfsgerecht Schutz und qualifizierte Hilfe zuteil- wird! Erarbeiten Sie endlich einen nationalen Akti- (Beifall bei der LINKEN) onsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frau- Man braucht den Hauptantrag, die Anlage EK, en, der diesen Namen auch wirklich verdient! die Anlage Kl, die Anlage UH 1, die Anlage Danke für Ihre Aufmerksamkeit. UH 2, die Anlage VM, eventuell die Anlage BB, die Anlage KDU, die Anlage Vermittlung, (Beifall bei der LINKEN) den Bewerbungsbogen Teil 1 und 2, die Kon- toauszüge der letzten drei Monate, die Anmel- Vizepräsidentin : dung, den Sozialversicherungsausweis, den Das Wort hat die Kollegin Dorothee Bär für die Nachweis über die Krankenversicherung, den Unionsfraktion. Pass oder Personalausweis, Nachweise über (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kontoeröffnung, über Einkommen und Vermö- [CDU/CSU]: Gute gen, einen Nachweis über die Beantragung Frau!) von Kindergeld, UVG-Leistungen, – Unterhaltsvorschussgesetz-Leistungen – Dorothee Bär (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle- Unterhaltsansprüche müssen geltend gemacht gen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für werden, Elterngeld muss beantragt werden die Regierung können wir feststellen, dass der und, wenn man einen Anspruch auf BAföG Bund in den letzten vier Jahren überall da, wo er oder Arbeitslosengeld I haben könnte, die ent- Verantwortung übernehmen konnte, dies auch ge- sprechenden Ablehnungsbescheide. tan hat. Diese Bundesregierung hat bei der Be- Alle diese Unterlagen müssen für jede einzelne kämpfung von Gewalt gegen Frauen also sehr viel Frau und deren Kinder ausgefüllt, zum Amt ge- erreicht. bracht und beschieden werden. Vielleicht haben Was Sie so lapidar als einzige Maßnahme ab- Sie jetzt eine Vorstellung von dem bürokratischen tun, das muss man wirklich noch einmal heraus- Aufwand, dem die Frauenhausmitarbeiterinnen stellen. Seit dem 1. März 2013 haben wir das Hilfe- und die betroffenen Frauen ausgesetzt sind. Aber telefon für von Gewalt betroffene Frauen. Wir ha- Sie sehen ja keinen Handlungsbedarf. Das Inte- ben das so eingerichtet, dass es wirklich für jede resse hier ist auch mal wieder einzigartig. einzelne Frau, die sich dahin wendet, funktionieren Das Einzige, was die Bundesregierung in dieser wird. Wir haben eine bundesweit einheitliche Ruf- Wahlperiode für die von Gewalt betroffenen Frau- nummer geschaltet. Unter der Rufnummer 08000 en mit Anlaufschwierigkeiten auf den Weg ge- 116 016 kann man anrufen und bekommt kosten- bracht hat, ist das bundesweite kostenlose Hilfete- los, anonym und vertraulich Rat durch erfahrene lefon. Das ist – das muss man zugestehen – eine Fachkräfte. gute Sache. Das Wichtigste für uns war dabei, dass jede Auf der Pressekonferenz am 3. Juni verkündete Frau, die sich dahin wendet, egal ob sie der deut- unsere Familienministerin Schröder – auch nicht schen Sprache mächtig ist oder nicht, Hilfe be- da! –, „dass das Hilfetelefon die in das Angebot kommt. Es stehen nämlich Dolmetscherinnen zur gesetzten Erwartungen erfüllt“. Bis zum Stichtag Verfügung, die am Telefon zeitnah zugeschaltet 29. Mai seien im Schnitt 220 Anrufe täglich einge- werden können. gangen; sie hoffe, dass es noch mehr werden. Für uns ist dieses Hilfetelefon die erste wichtige Nun hoffen wir auch, dass sich mehr Frauen an anonyme Anlaufstelle. Sie hat Lotsenfunktion mit dieses Hilfetelefon wenden, zum Hörer greifen und Blick auf die Erstberatung. Es geht darum, dass ihre Notsituation schildern. Aber was folgt dann? eine Frau, egal wo im Bundesgebiet sie wohnt, Hil- Es soll doch weitervermittelt werden. Was wollen fe bekommt und erfährt, wohin sie sich wenden Sie als Regierung machen, wenn dieses Angebot kann. Deswegen sollen Betroffene informiert, auf tatsächlich mehr Frauen erreicht und dazu bringt, die Unterstützungseinrichtungen vor Ort hingewie- Hilfe zu suchen? Das Schutz- und Hilfesystem sen und gegebenenfalls auch dorthin vermittelt kann doch schon jetzt nicht alle Frauen auffangen. werden. Wie sollen denn dann die erhöhten Zahlen durch Es reicht nicht aus, eine Einrichtung zu schaf- die Frauenhäuser bewältigt werden? Was soll aus fen. Es ist wichtig, dass man sie auch bekannt diesen Frauen werden? Handeln Sie endlich! Ge- macht. Wir haben also eine bundesweite Kampag- ben Sie von Gewalt betroffenen Frauen endlich ei- ne gestartet, um das Telefon bekannt zu machen 31384 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 und um allen Frauen nahezubringen, dass Gewalt wird als die Bordelle. gegen Frauen nicht toleriert wird, dass es Hilfe (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) gibt. Deswegen kann man sagen: Manchmal ist gut (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Ab- gemeint noch lange nicht gut. Rot-Grün hat geordneten der FDP) Deutschland leider Gottes zu einem Paradies für Es gibt eine Zwischenbilanz. Man kann sich na- Zuhälter und Menschenhändler gemacht. türlich darüber streiten, ob es gut ist, dass sich vie- (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- le an Stellen wie das Hilfetelefon wenden, oder ob NEN]: Grober Unfug! – Marlene Rupp- das schlecht ist. Aber die Zwischenbilanz hat er- recht [Tuchenbach] [SPD]: Das ist unver- geben, dass es bei dem Hilfetelefon innerhalb der schämt! Das ist unerhört! – Bettina Hage- ersten zwölf Wochen fast 19 000 Anrufe gab. Das dorn [SPD]: Unglaublich! Stammtischge- sind mehr als 220 Anrufe täglich. Auf der einen rede!) Seite macht dies deutlich, dass das Angebot gut angenommen wird. Auf der anderen Seite wäre es Dem setzen wir jetzt an dieser Stelle ein Ende. schön, wenn es keinen einzigen Anruf gäbe, weil Zuletzt sei der Frauenhausbericht der Bundes- keiner notwendig wäre. Aber es sind nun einmal regierung erwähnt. Es ist die erste umfassende fast 19 000 Anrufe eingegangen, und wir versu- sozialwissenschaftliche Untersuchung, die auf- chen, den Betroffenen mithilfe dieses Angebots in- zeigt, was Frauenhäuser und Frauenberatungsstel- dividuell zu helfen. len alles leisten. Für viele Frauen und ihre Kinder (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Ab- ist die Flucht in ein solches Frauenhaus der letzte geordneten der FDP) Ausweg. Frauen können zum Beispiel auch in ei- ner Region, in der sie nicht leben, in ein Frauen- Wir haben weiterhin – auch das ist dieser Bun- haus gehen. desregierung zu verdanken – einen eigenständi- gen Straftatbestand für weibliche Genitalverstüm- (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die melungen geschaffen. Die Nichtregierungsorgani- kann noch nicht mal zwischen Exekutive sation Terre des Femmes schätzt, dass in und Legislative unterscheiden!) Deutschland ungefähr 24 000 Frauen von Genital- Deswegen möchte ich meine heutige Rede auch verstümmelungen betroffen sind. Aktuell sind im- dazu nutzen, allen, die dort hauptberuflich, aber mer noch 6 000 Frauen und Mädchen davon be- auch jenen, die dort ehrenamtlich arbeiten, ein droht. Die körperlichen und psychischen Folgen herzliches Dankeschön für ihre Arbeit in den Frau- sind immens. Deswegen wollen wir eine weitere enhäusern in Deutschland auszusprechen. Schärfung des Unrechtsbewusstseins der Öffent- lichkeit. Es soll ein deutliches Signal an die betrof- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU fenen Frauen sein, dass wir auf ihrer Seite stehen, und der FDP) indem wir dieses Verbrechen als ein solches be- Es gibt in den Ländern unterschiedliche Situati- nennen, und auch die Eltern der gefährdeten Mäd- onen. Das ist – leider – richtig, weil nicht alle Bun- chen sollen wissen, dass die deutsche Gesell- desländer ihrer Verantwortung gerecht werden. schaft hier nicht wegschaut. Auch das ist dieser Manche Bundesländer, wie Bayern, haben zusätz- Koalition zu verdanken. liche finanzielle Unterstützung auf den Weg ge- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) bracht. So wurde 2009 in Bayern für die Frauen- häuser eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse Weiterhin trat am 1. Juli 2011 das Gesetz zur um 13 Prozent durch das Land beschlossen. Lei- Bekämpfung der Zwangsheirat in Kraft. Auch damit der kommt das Geld nicht immer an der richtigen wollen wir betroffenen Frauen durch Regelungen Stelle an, weil man bei manchen Kommunen nicht helfen. immer gewillt ist, eine durch das Land bewilligte Wir haben außerdem einen Gesetzentwurf auf höhere Förderung weiterzugeben. Aber die Haupt- den Weg gebracht, der es ermöglicht, dass Bordel- verantwortung der Finanzierung liegt nicht beim le besser kontrolliert werden, um Zwangsprostituti- Bund. Deswegen enthält der Bericht zur Situation on und Menschenhandel einzudämmen. Damit kor- der Frauenhäuser auch weitere Maßnahmen auf rigieren wir die unerträglichen Auswüchse des von Bundesebene. Rot-Grün 2001 beschlossenen Prostitutionsgeset- Wir nehmen unsere Verantwortung in allen Poli- zes. tikfeldern sehr ernst. Für uns ist diese Politik, die (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sich mit der Gewalt gegen Frauen beschäftigt, NEN]: Es wird nicht besser, wenn man nicht nur eine Politik, die in unserem Ausschuss das immer wieder wiederholt!) und in unserem Ministerium angesiedelt ist. Des- wegen möchte ich mich – das ist mein letzter Satz Denn es ist eine naive Annahme, dass alle Prosti- – ganz herzlich bei der Staatsministerin im Aus- tuierten selbstbestimmte Sexarbeiterinnen sind. wärtigen Amt, Frau , bedanken, die Leider Gottes haben wir in Deutschland die Situa- am 28. Juni um 10 Uhr zu einer Podiumsdiskussi- tion, dass jede Pommesbude besser kontrolliert Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 31385 on mit herausragenden, weltweit engagierten das von den Schriftführerinnen und Schriftführern Frauen zum Thema „Gewalt gegen Frauen – ge- ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim- lebte und geduldete Wirklichkeit?“ in das Auswärti- mung über die Beschlussempfehlung des Auswär- ge Amt einlädt, weil es für sie gerade auch in der tigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesre- Außenpolitik ein wichtiges Thema ist. Deswegen, gierung „Fortsetzung der deutschen Beteiligung an sehr geehrte Frau Staatsministerin, ein herzliches der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo“ Dankeschön, dass Sie hier mit uns Hand in Hand bekannt: 553 Kolleginnen und Kollegen haben an kämpfen. der Abstimmung teilgenommen. Mit Ja haben Vielen Dank! 495 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein 50, und 8 Kolleginnen und Kollegen haben sich (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) enthalten. Die Beschlussempfehlung ist damit an- genommen. Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor wir die Debatte fortsetzen, gebe ich Ihnen Endgültiges Ergebnis (Hof) (Villingen-Schw.) Rita Pawelski Abgegebene Stimmen: 553; Ulrich Petzold davon Erich G. Fritz Dr. Stefan Kaufmann Dr. Dr. Michael Fuchs Sibylle Pfeiffer ja: 495 Hans-Joachim Fuchtel nein: 50 Alexander Funk enthalten: 8 Ingo Gädechens Christoph Poland Dr. Jürgen Klimke Ja Manfred Kolbe Dr. Dr. CDU/CSU Josef Göppel Hartmut Koschyk (Pots- Peter Götz Thomas Kossendey dam) Dr. Wolfgang Götzer Dorothee Bär Dr. Günter Krings Thomas Bareiß Rüdiger Kruse Hermann Gröhe Dr. Günter Baumann Michael Grosse-Brömer Dr. Hermann Kues Johannes Röring Ernst-Reinhard Beck Markus Grübel Günter Lach Dr. Norbert Röttgen (Reutlingen) Dr. Karl A. Lamers (Hei- Dr. Christian Ruck (Börde) Monika Grütters delberg) Erwin Rüddel Andreas G. Lämmel (Wei- Dr. Dr. den) Dr. Anita Schäfer (Saalstadt) Jürgen Hardt Ulrich Lange Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Max Lehmer Dr. Dr. Maria Böhmer Dr. Paul Lehrieder Karl Schiewerling Dr. Norbert Schindler Klaus Brähmig Michael Brand Ursula Heinen-Esser Matthias Lietz Georg Schirmbeck Dr. Dr. Christian Schmidt (Fürth) Dr. Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Dr. Nadine Schön (St. Wen- Ernst Hinsken Dr. Michael Luther del) Dr. Ole Schröder Cajus Caesar Robert Hochbaum Dr. Thomas de Maizière Bernhard Schulte- (Altötting) Drüggelte Franz-Josef Holzenkamp Dr. Thomas Dörflinger Joachim Hörster (Weil am Marie-Luise Dött Anette Hübinger Dr. h.c. Rhein) Dr. Hubert Hüppe Philipp Mißfelder Ingrid Fischbach Dieter Jasper Hartwig Fischer (Göttin- Dr. Dr. Gerd Müller Dr. gen) (Konstanz) Stefan Müller (Erlangen) Bernd Siebert Dirk Fischer () Dr. Egon Jüttner Dr. Axel E. Fischer (Karlsru- Bartholomäus Kalb he-Land) Hans-Werner Kammer Dr. Georg Nüßlein Dr. Steffen Kampeter Franz Obermeier Carola Stauche Klaus-Peter Flosbach Dr. Bernhard Kaster Dr. Hans-Peter Friedrich Siegfried Kauder Dr. Michael Paul Christian Freiherr von 31386 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013

Stetten Elke Ferner Sönke Rix René Röspel Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Dr. Ernst Dieter Ross- Dr. mann Hans-Michael Goldmann Karin Roth (Esslingen) Heinz Golombeck Marlene Rupprecht Miriam Gruß (Heilbronn) Iris Gleicke (Tuchenbach) Joachim Günther (Plauen) Lena Strothmann Günter Gloser Annette Sawade Dr. Christel Happach- Michael Stübgen Axel Schäfer (Bochum) Kasan Dr. Angelika Graf (Rosen- Bernd Scheelen Manuel Höferlin heim) Dr. Hans-Peter Uhl (Schwandorf) Birgit Homburger Gabriele Groneberg Werner Schieder (Wei- Heiner Kamp (Klein- Michael Groß den) saara) Hans-Joachim Hacker (Aachen) Dr. Lutz Knopek Stefanie Vogelsang (Erfurt) Andrea Astrid Voßhoff Klaus Hagemann (Spandau) Dr. Heinrich L. Kolb Dr. Michael Hartmann Sebastian Körber (Wackernheim) Dr. Martin Schwanholz Holger Krestel (Peine) Patrick Kurth (Kyffhäuser) (Ham- Heinz Lanfermann burg) Dr. Barbara Hendricks Rita Schwarzelühr-Sutter Harald Leibrecht Peter Weiß (Emmendin- Dr. Sabine Leutheusser- gen) Gabriele Hiller-Ohm Schnarrenberger Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Eva Högl Peer Steinbrück Lars Lindemann Christel Humme Dr. Frank-Walter Stein- Dr. Martin Lindner (Berlin) Peter Wichtel meier Michael Link (Heilbronn) Annette Widmann-Mauz Christoph Strässer Dr. Erwin Lotter Klaus-Peter Willsch Johannes Kahrs Elisabeth Winkelmeier- Dr. h.c. Susanne Kastner Franz Thönnes Horst Meierhofer Becker Patrick Meinhardt Dagmar G. Wöhrl Rüdiger Veit Gabriele Molitor Dr. Hans-Ulrich Klose Jan Mücke Wolfgang Zöller Astrid Klug Dr. Marlies Volkmer Petra Müller (Aachen) Willi Zylajew Dr. Bärbel Kofler Andrea Wicklein Burkhardt Müller-Sönksen Fritz Rudolf Körper Heidemarie Wieczorek- Dr. (Lau- Zeul sitz) SPD Angelika Krüger-Leißner Dr. Dieter Wiefelspütz Ingrid Arndt-Brauer Ute Kumpf Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Heinz-Joachim Christian Lange (Back- Manfred Zöllmer Cornelia Pieper Barchmann nang) Gisela Piltz Dr. Jörg von Polheim Steffen-Claudio Lemme Dr. Christiane Ratjen- Dr. Hans-Peter Bartels FDP Sören Bartol Damerau Bärbel Bas Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Birgit Reinemund Sabine Bätzing- Kirsten Lühmann Christine Aschenberg- Lichtenthäler Dugnus Dr. Peter Röhlinger (Münster) Dr. (Heidel- Florian Bernschneider Björn Sänger berg) Petra Merkel (Berlin) Sebastian Blumenthal Frank Schäffler Ullrich Meßmer Claudia Bögel Christoph Schnurr Klaus Brandner Dr. Nicole Bracht-Bendt Franz Müntefering Klaus Breil (Hil- Dr. Rolf Mützenich Rainer Brüderle Dr. Erik Schweickert desheim) Manfred Nink Werner Simmling Marco Bülow Dr. Holger Ortel Joachim Spatz Aydan Özoğuz Sylvia Canel Torsten Staffeldt Petra Crone Heinz Paula Helga Daub Dr. Rainer Stinner Dr. Johannes Pflug Reiner Deutschmann Martin Dörmann Joachim Poß Bijan Djir-Sarai Elvira Drobinski-Weiß Dr. Wilhelm Priesmeier Patrick Döring Dr. Gerhard Drexler Serkan Tören Ingo Egloff Dr. Mechthild Dyckmans Johannes Vogel (Lüden- Siegmund Ehrmann Hans-Werner Ehrenberg scheid) Dr. h.c. Stefan Rebmann Rainer Erdel Dr. Daniel Volk Petra Ernstberger Gerold Reichenbach Jörg van Essen Dr. Karin Evers-Meyer Dr. Carola Reimann Ulrike Flach Dr. Claudia Winterstein Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 31387

Dr. Undine Kurth (Quedlin- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) burg) Matthias W. Birkwald Johanna Voß Dr. Eva Bulling-Schröter Nicole Maisch Dr. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Dr. Sevim Dağdelen Jörn Wunderlich Heidrun Dittrich Sabine Zimmermann (Bremen) Werner Dreibus (Köln) Dr. Hermann E. Ott Dr. Brigitte Pothmer fraktionsloser Abgeordneter Agnes Brugger (Augsburg) Dr. Viola von Cramon- Heike Hänsel Wolfgang Nešković Taubadel Elisabeth Scharfenberg Dr. Ekin Deligöz Dr. Inge Höger Dr. Dr. Barbara Höll Katja Dörner Enthalten Hans-Josef Fell Ulrich Schneider Dr. Thomas Gambke Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Streng- Dr. Lukrezia Jochimsen SPD Katrin Göring-Eckardt mann-Kuhn Harald Koch Britta Haßelmann Dr. Harald Terpe (Essen) Priska Hinz (Herborn) Jürgen Trittin Ulla Lötzer Dr. Dr. Gesine Lötzsch Bärbel Höhn Beate Walter- FDP Rosenheimer Ulrich Maurer Ingrid Hönlinger Dr. h.c. Jürgen Koppelin Thilo Hoppe Arfst Wagner (Schleswig) Dorothée Menzner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Petra Pau BÜNDNIS 90/ Susanne Kieckbusch Josef Philip Winkler Richard Pitterle DIE GRÜNEN Memet Kilic Sven-Christian Kindler Paul Schäfer (Köln) Sylvia Kotting-Uhl Maria Klein-Schmeink Nein Dr. Ilja Seifert Monika Lazar Ute Koczy Kathrin Senger-Schäfer Beate Müller-Gemmeke Tom Koenigs Dr. DIE LINKE Sabine Stüber Hans-Christian Ströbele Alexander Süßmair Stephan Kühn Dr. Dr. Markus Kurth Frank Tempel nen Punkt auf die Tagesordnung gesetzt; denn Wir fahren in der Debatte zum Tagesordnungs- dieses Thema nimmt genügend Raum ein. punkt 12 fort. Das Wort hat die Kollegin Marlene Rupprecht für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber (Beifall bei der SPD) reden wir in der nächsten Sitzungswoche noch mal!) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Bei Ich finde es nicht gut, wenn ein anderes Thema, diesem Tagesordnungspunkt behandeln wir a) die das gesondert betrachtet werden muss, mit dem Große Anfrage der Linken zum Thema „Hilfe und Thema Frauenhäuser vermischt wird. Manche Unterstützung für alle Opfer von häuslicher Gewalt Frauen, die ein Frauenhaus aufsuchen bzw. dort nach dem Gewaltschutzgesetz“, b) die Beschluss- Zuflucht suchen, kommen vielleicht aus der Prosti- empfehlung und den Bericht des Ausschusses für tution; das kann sein. Aber diese Frauen sind nicht Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Antrag die Hauptzielgruppe, wenn es um Frauenhäuser der Grünen mit dem Titel „Effektive Unterstützung geht. und Schutz bei Gewalt gegen Frauen gewährleis- (Beifall bei der SPD und dem BÜND- ten“ und c) die Beschlussempfehlung und den Be- NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeord- richt des Ausschusses für Familie, Senioren, Frau- neten der CDU/CSU, der FDP und der en und Jugend zum Antrag der SPD mit dem Titel LINKEN) „Frauenhäuser ausreichend zur Verfügung stellen und deren Finanzierung sichern“ und zum Antrag Vermischen Sie also bitte nicht die Themen! Das der Grünen mit dem Titel „Grundrechte schützen – tut den Frauen nicht gut, und das tut vor allem uns Frauenhäuser sichern“. Das ist das Thema dieser nicht gut. Debatte. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ach! Es tut Wenn wir über das Thema Prostitution hätten nur weh, die Wahrheit zu hören!) sprechen wollen, dann hätten wir dazu einen eige- Eines möchte ich gerne sagen: Wenn wir bei 31388 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 manchen Themen an bestimmten Punkten nicht gebracht. Wir haben im Laufe der Jahre durch kon- vorankommen, dürfen wir nicht lockerlassen. Es ist tinuierliche Befassung mit diesem Thema vieles er- wichtig, dass wir immer wieder darüber reden. reicht. Allerdings frage ich mich: Wann ratifizieren Auch über dieses Thema haben wir hier noch am wir endlich diese Konvention? Damit würden wir 16. Mai dieses Jahres diskutiert. auch auf europäischer Ebene ein Zeichen setzen, nämlich das Zeichen, dass wir vorneweg marschie- Wir haben in der Vergangenheit sehr viel getan. ren und nicht hinterherhüpfen. Wir müssen uns wahrlich nicht verstecken. Beim heutigen Besuch des PACE- (Beifall bei der SPD) Generalberichterstatters José Mendes Bota haben wir vorgetragen, was wir alles unternommen ha- Ich denke, es ist wichtig, dass wir im ben. Wir müssen uns, wie gesagt, nicht verste- nächsten Parlament Abgeordnete haben, die ge- cken. Das gilt für alle in diesem Hause, die mit da- rade auch bei schwierigen Themen die Zusam- zu beigetragen haben. Das gilt auch für die zu- menarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg suchen, ständige Abteilung im Ministerium, die sich seit damit sich etwas bewegt. Sonst bewegt sich näm- Jahren hartnäckig mit diesem Thema beschäftigt. lich nichts. Deswegen ist es umso unverständlicher, dass Wir führen heute die Debatte zu einer prominen- wir es in einem Punkt nicht schaffen, voranzu- ten Zeit: Es ist jetzt 18.59 Uhr. Wir haben auch kommen: bei der Finanzierung von Frauenhäu- schon zu späteren Zeiten debattiert oder gar nicht sern. Wir wissen, dass dieses Vorhaben verfas- debattiert und die Reden zu Protokoll gegeben. Ich sungsrechtlich problematisch ist, weil es Bund- wünsche mir kämpferische Kolleginnen und Kolle- Länder-Kollisionen gibt. Aber es muss doch mög- gen, die sich wirklich um dieses Thema kümmern; lich sein, dass wir uns einigen. Dieses Thema ge- denn wir sind dabei noch nicht am Ziel. hört zur öffentlichen sozialen Daseinsvorsorge, Ich wünsche mir aber auch – wenn ich einen genauso wie die Wasserversorgung in einer Ge- Wunschkatalog anbringen darf – eine meinde und die Kinderbetreuung auf kommunaler Entschleunigung von Politik: dass wir uns für Ge- Ebene. All das betrifft die öffentliche soziale Da- setze Zeit lassen. Außerdem sollten wir beispiels- seinsvorsorge. Wir brauchen auch den Schutz vor weise die Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Gewalt. Es ist ein Menschenrecht, Schutz vor Ge- Menschenhandel oder zum Kinderhandel nicht da- walt zu gewährleisten. zu nutzen, etwas, was vor zehn oder elf Jahren (Beifall bei der SPD, der LINKEN und gemacht wurde, zu ändern, ohne dass der dazu- dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gehörige Bericht vorgelegt wird. Wenn man Ent- scheidungen trifft oder später eine Revision durch- Wenn Frauen misshandelt werden und wir dies zu- führt, dann sollte man das Wissen, das man erar- lassen, ist sogar ein Straftatbestand erfüllt. beitet hat – Deutschland ist Weltmeister im Erfor- Ich denke, unsere Ziele sind die gleichen: Wir schen –, einfach auch nutzen. wollen schnelle, unbürokratische und bedarfsge- Der erste Schritt ist also, Berichte vorzulegen. rechte Hilfe für alle von Gewalt betroffenen Frauen Dann kann dieses Parlament zukünftig fach- und und ihre Kinder. Diese Hilfe muss barrierefrei zu- sachgerecht adäquate Entscheidungen unter Ein- gänglich sein und in geeigneten Räumlichkeiten beziehung der Betroffenen treffen. Das wünsche angeboten werden. Das gibt es allerdings nicht ich mir, das wünsche ich Ihnen, den Kolleginnen zum Nulltarif. Die Finanzierung muss gesichert und Kollegen. sein, damit die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser nicht Tag um Tag bangen müssen, ob es im Ich hoffe, dass Sie, meine Kolleginnen und Kol- nächsten Monat weitergeht oder nicht. legen, in der 18. Legislaturperiode, in der ich dem Bundestag nicht mehr angehören werde, genug (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Genau!) Mut aufbringen, um dies gemeinsam voranzubrin- Für diese Sicherheit müssen wir Politiker, die wir gen. die Entscheidungen treffen, sorgen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und ten der LINKEN und des BÜNDNIS- dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie SES 90/DIE GRÜNEN) bei Abgeordneten der FDP und der LIN- Es gibt eine zweite Baustelle, bei der wir nicht KEN) vorangekommen sind: die Ratifizierung der Istan- bul-Konvention des Europarates. In dieser Kon- Vizepräsidentin Petra Pau: vention ist exakt beschrieben, was wir zum Schutz Das Wort hat die Kollegin Sibylle Laurischk für der Frauen vor häuslicher Gewalt tun müssen. Wir die FDP-Fraktion. müssen uns bei diesem Thema aber nicht verste- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordne- cken. Vielmehr sollten wir deutlich machen, was ten der CDU/CSU) wir alles getan haben. So haben wir zum Beispiel einen ersten und zweiten Aktionsplan auf den Weg Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 31389

Sibylle Laurischk (FDP): in Deutschland noch nicht so gut auskennen, die Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die sprachliche Defizite haben und die Schwierigkeiten Überschrift der heutigen Debatte lautet: Unterstüt- haben, um Hilfe nachzufragen, haben hier eine re- zung für Opfer häuslicher Gewalt. Dazu liegt eine lativ einfache Möglichkeit, unbürokratisch konkrete Vielzahl von Anträgen vor. Über allem steht natür- Hilfe vor Ort zu finden, indem sie ihre Probleme in lich das Thema Frauenhaus. ihrer Sprache am Telefon benennen können. Das Hilfetelefon wird schon jetzt gut angenommen. In Als ich vor elf Jahren in den Bundestag gewählt Zukunft wird es für die Arbeit gegen strukturelle wurde, war „Gewalt gegen Frauen, familiäre Ge- Gewalt in der Familie große Bedeutung haben. walt“ mein Thema, weil ich es als Anwältin vielfältig bearbeitet habe. Mein Impuls war immer, in diesem Darüber hinaus sind noch andere Tatbestände Bereich zu arbeiten. Ich stellte zu Beginn meiner zu nennen, die ausdrücklich unter Strafe gestellt Abgeordnetentätigkeit fest, dass sich der Bundes- werden, zum Beispiel die Zwangsheirat und die tag damals im Jahr 2003 20 Jahre lang nicht mit Genitalverstümmelung. dem Thema beschäftigt hatte; der letzte Bericht (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) stammte aus dem Jahr 1983. Dadurch wird klar: Gewalt, in welcher Form auch Gemessen daran, haben wir in den vergange- immer, wird in Deutschland nicht akzeptiert. Wenn nen Jahren doch sehr viel gemacht, und zwar Gewalt ausgeübt wird, dann wird dies strafrechtlich durchaus auch fraktionsübergreifend. Meine Frak- verfolgt. tion und ich haben uns lange Zeit aus der Opposi- tion heraus mit der Frauenhausfinanzierung be- Ich komme nun auf die sehr spezielle Frage der fasst; wir haben Anhörungen durchgeführt und uns vertraulichen Geburt zu sprechen, über die in der an der Frage der verfassungsmäßigen Zuständig- letzten Woche hier im Bundestag aufgrund ge- keit abgearbeitet. Leider ist es in den verschiede- schäftsordnungstechnischer Mätzchen der Opposi- nen Legislaturperioden so gewesen – es ist nach tion leider nicht debattiert werden konnte. wie vor so –, dass es in diesem Haus keine ent- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordne- sprechende Mehrheit für eine Zuständigkeit des ten der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkel- Bundes für die Frauenhausfinanzierung zu geben mann [DIE LINKE]: Was halten Sie von scheint. Um daran etwas zu ändern, müsste die der Geschäftsordnung? Wie reden Sie Verfassung geändert werden. Das ist nicht so ein- über die Geschäftsordnung?) fach. Wir haben die gesetzlichen Grundlagen für die Dennoch haben wir das Thema „Häusliche Ge- vertrauliche Geburt geschaffen. Wir bringen damit walt, Gewalt in der Familie“ sehr ernst genommen deutlich zum Ausdruck: Wenn schwangere Frauen und an einer Lösung der Probleme gearbeitet. Wir in großer Not sind, eventuell unter familiärem haben ein Bundeskinderschutzgesetz auf den Weg Druck stehen, keine Aufenthaltsgenehmigung ha- gebracht, wir haben den Einsatz von Familienheb- ben und einfach nicht wissen, wie sie sich verhal- ammen ermöglicht, die dafür sorgen, dass Fami- ten sollen, dann stehen ihnen Angebote zur Verfü- lien, die sich in einer schwierigen, stressigen, viel- gung, damit sie ihr Kind in einem geschützten leicht auch gewaltbesetzten Situation befinden, Raum zur Welt bringen können. Dadurch ist auch lernen, gerade mit ihren kleinen Kindern gut um- der Schutz des Kindes gewährleistet; denn gerade zugehen. Ich denke, das sind flankierende Maß- unter der Überschrift „Opfer häuslicher Gewalt“ ist nahmen, die im Kampf gegen familiäre Gewalt es wichtig, festzuhalten, dass es eben nicht nur um notwendig sind. Es sind die flankierenden Maß- die Frauen geht, sondern auch um die Kinder, die nahmen, die ich immer eingefordert habe. Dazu ebenso Opfer und ebenso hilflos wie ihre Mütter gehört also nicht nur die Finanzierung von Frauen- sind. häusern, sondern sehr viel mehr. Es ist mir wichtig, an dieser Stelle darauf hinzu- Ebenso haben wir in dieser Legislatur auch das weisen, dass die Thematik der vertraulichen Ge- Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ auf den Weg burt vielleicht nicht sehr viele Frauen betrifft, aber gebracht. Es stand im Koalitionsvertrag, und wir sie betrifft Frauen in besonders großer Not. Für sie haben gesagt: Das muss möglich sein, es muss fi- haben wir, die Bundesregierung und die Regie- nanziert werden können. – Das haben wir hinbe- rungskoalition, nun ein Angebot geschaffen, das kommen. Auch da waren anfänglich durchaus Wi- sich sehen lassen kann. derstände vorhanden; denn es ist schon eine gro- ße Aufgabe, die das Ministerium zu stemmen hat, (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) wenn ein solches Projekt auf den Weg gebracht Wir müssen uns weiterhin mit dem Thema häus- werden soll. liche Gewalt beschäftigen. Leider sind wir noch (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) lange nicht am Ende. Dass sich dieses Problem nie ganz lösen lässt, das sei dahingestellt. Wir ha- Der Erfolg gibt uns recht. Wir haben bei diesem ben das Unsere getan. Ich wünsche mir, dass der Hilfetelefon darauf geachtet, dass es ein Angebot nächste Bundestag an diesem Thema weiterarbei- auch für Migrantinnen ist. Gerade Frauen, die sich ten wird. 31390 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013

Danke schön. –, wenn sich vermehrt Frauen melden? Die Erstbe- ratung findet statt; das ist gut. Aber was ist, wenn (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) sie an die örtlichen Strukturen verwiesen werden? Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Was ist, wenn das Frauenhaus sie nicht aufneh- Die nächste Rednerin ist für Bündnis 90/Die men kann? Wenn die Beratungsstellen nicht jeden Grünen die Kollegin Monika Lazar. Tag offen haben, dann stehen die Frauen womög- lich vor verschlossener Tür und haben das Nach- Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): sehen. Das kann es doch nicht sein. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle- In dieser Wahlperiode wurde der Bericht vorge- gen! Ich glaube, dass die Vorrednerinnen der Koa- legt. In dem Bericht wird dargelegt, dass das der- lition ihre Redezeit mit anderen Themen aufgefüllt zeitige Unterstützungsangebot unterfinanziert ist. haben, weil sie sonst hätten zugeben müssen, Daher müssen wir uns überlegen, was wir dage- dass sie in dieser Wahlperiode auf dem Gebiet der gen machen wollen. In der Anhörung waren sich Finanzierung von Frauenhäusern viel zu wenig er- alle Sachverständigen einig: Es muss etwas getan reicht haben. Anders kann ich mir das nicht erklä- werden. Aber – das ist bitter – es gibt keine Vor- ren. schläge der Koalition dazu. Das ist wirklich sehr (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN traurig. sowie bei Abgeordneten der SPD und der Die Vorschläge der Opposition liegen vor. Wir LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: haben vor vier Wochen über unseren zweiten An- Das stimmt doch gar nicht!) trag in dieser Wahlperiode zu dieser Thematik be- Ich kann die Wut des Kollegen Wunderlich raten. Wir haben uns genau überlegt, wie wir mit durchaus nachvollziehen. Ich kann auch verste- dieser schwierigen Situation umgehen können. hen, warum Sie als Linksfraktion den Entschlie- Zumindest hätte man zu diesem Thema eine ßungsantrag eingebracht haben; denn es ist ein- Bund-Länder-Arbeitsgruppe, wie in unserem An- fach so: Es ist zu wenig passiert. trag vorgeschlagen, jetzt einrichten können, damit alle an einen Tisch kommen und sagen: Jeder Wir haben in den letzten Jahren häufig über die- trägt seinen Teil dazu bei; keiner muss alles finan- se Thematik diskutiert. Wir alle wissen genau: Oft zieren, aber jeder muss sich beteiligen; denn nie- ist ungeklärt, wie die Finanzierung von Frauenhäu- mand ist mit dem Umstand, dass die Frauen unzu- sern sichergestellt werden kann. Es ist schwierig, reichend abgesichert sind, zufrieden. eine ausreichende Finanzierung hinzubekommen. Darin sind wir uns alle einig. Heute liegen die Anträge zu dieser Thematik zur Abstimmung vor. In der Opposition sind wir uns (Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Die Kom- zum Glück über die Richtung einig. Wir haben die munen sind zuständig!) Anträge mit Absicht so lange Zeit im Verfahren ge- – Natürlich sind die Kommunen und die Länder lassen. Wir haben den Bericht abgewartet, und wir zuständig, aber auch der Bund steht in der Pflicht; haben die Anhörung abgewartet. Ich persönlich denn es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, habe immer gedacht, dass noch etwas passiert. Aber es ist leider nichts passiert, sodass wir über (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) die Anträge heute abschließend beraten. den von Gewalt betroffenen Frauen und ihren Kin- Die Koalition hat leider nichts gemacht. Deshalb dern zu helfen. kann ich nur sagen: Wir müssen auf die nächste (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wahlperiode setzen. Mit der Wahl werden sich die Mehrheitsverhältnisse ändern, und mit der neuen Wir wissen: Die rechtlichen und haushalter- Bundesregierung werden wir auch diese Probleme ischen Schwierigkeiten sind groß, aber: Wo ein lösen. Von daher machen wir in der nächsten Wille ist, ist auch ein Weg. Allerdings scheint bei Wahlperiode erfolgreich weiter. der Koalition kein politischer Wille vorhanden zu sein, sonst wären wir weitergekommen. Vielen Dank. (Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sie machen sich bei (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesem Thema einen schlanken Fuß!) und bei der SPD sowie des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE] – Christian Lan- Richtig ist: Das Hilfetelefon ist freigeschaltet. Ich ge [Backnang] [SPD]: Das ist doch einmal möchte daran erinnern, dass das Hilfetelefonge- ein konstruktiver Ansatz! Sehr gut! So setz hier einstimmig verabschiedet wurde. Wir ha- machen wir das!) ben das Vorhaben unterstützt, und wir finden es nach wie vor gut. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Jetzt hat das Wort die Kollegin Nadine Schön für die CDU/CSU-Fraktion. Dagegen sagt auch niemand etwas. Aber was ist – Kollege Wunderlich hat das schon angemerkt (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Ab- geordneten der FDP) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 31391

Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU): diese Frauen gesagt hat, fand ich nicht ange- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegin- bracht. – Wo ist Frau Rupprecht eigentlich? nen und Kollegen! Liebe Kollegin Lazar, da Sie es (Caren Marks [SPD]: Hinter Ihnen!) so dargestellt haben, dass wir jetzt nicht über Ihren Antrag debattieren wollten – Ach so, sie sitzt als Schriftführerin hinter mir. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das habe ich nicht gesagt! Sie ha- NEN]: Perspektive gewechselt!) ben nur keine Lösung!) – Die Perspektive zu wechseln, kann manchmal und deshalb unter diesem Tagesordnungspunkt nicht schaden. verschiedene Themen ansprechen würden, muss (Heiterkeit und Beifall beim BÜND- ich sagen, dass das schlicht falsch ist. Heute NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeord- Abend gehen ungefähr 40 Punkte zu Protokoll. Wir neten der SPD) können froh sein, dass wir über dieses Thema noch einmal so ausführlich reden können. Frau Rupprecht, ich fand es schade, dass Sie gesagt haben, dass Opfer von Zwangsprostitution (Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eigentlich nicht zur Zielgruppe der Frauenhäuser NEN]: Das ändert nichts! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe gehören. Ich finde, gerade Opfer von ich doch nicht gesagt! Wir haben sehr viel Zwangsprostitution gehören durchaus zur Klientel geredet! Aber wir haben keine Lösung ge- der Frauenhäuser. funden! Wir haben Vorschläge gemacht! (Aydan Özoğuz [SPD]: Das hat sie so gar Sie nicht!) nicht gesagt! Die Verallgemeinerung ist Ich bin froh, dass wir über den gesamten The- nicht in Ordnung!) menkomplex Gewalt gegen Frauen sprechen kön- Das Hilfetelefon ist eine wichtige Verbesserung. nen; denn es sind wirklich wichtige Themen dabei. Eine weitere Verbesserung ist, dass wir die Straf- Das wird deutlich, wenn man sich die Zahlen an- verfolgung intensiviert haben. In der polizeilichen schaut: Vier von zehn Frauen haben seit ihrem 16. Grundausbildung ist das Thema häusliche Gewalt Lebensjahr schon einmal körperliche oder sexuelle mittlerweile fester Bestandteil. Es gibt viele Fortbil- Gewalt erlebt. Angesichts dessen finde ich es dungen in dem Bereich, was sehr wichtig ist. Wir wichtig, dass wir über den ganzen Themenkom- haben auch den rechtlichen Schutz verbessert. plex sprechen. Der Straftatbestand der Genitalverstümmelung ist (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) schon erwähnt worden. Sie wird jetzt unter Strafe gestellt. Auch die Zwangsheirat ist ein Straftatbe- Wir haben das Thema Gewalt gegen Frauen in stand und wird ebenfalls unter Strafe gestellt. Bei- dieser Legislaturperiode zum Schwerpunktthema des sind wichtige Meilensteine, die in dieser Legis- unserer Frauenpolitik gemacht. Wir konnten einige laturperiode gesetzt wurden. Verbesserungen für die Frauen erreichen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Da ist zum einen das neu eingerichtete Hilfetele- und der FDP) fon Gewalt gegen Frauen; es ist bereits erwähnt worden. Es ist seit März im Einsatz. Es kostet viele Wir beraten aktuell das Gesetz zum Thema Millionen Euro, aber das Geld ist, wie ich glaube, Menschenhandel und Zwangsprostitution. Es ist sehr gut angelegt. Das Telefon ist 24 Stunden am leider so, dass wir in Deutschland diesbezüglich Tag besetzt und gebührenfrei. Die Anruferin kann die laschesten Gesetze haben und dass es in anonym bleiben. Die Berater sprechen mehrere Deutschland die meisten Prostituierten gibt. Wer Sprachen. Die Nummer 08000 116 016 wird mitt- die Reportage in der ARD am Montag gesehen lerweile an vielen Orten beworben. Ich habe sie im hat, der hat wirklich sehr eindrücklich erfahren Internet und auf verschiedenen Druckerzeugnissen können, dass sich diese Frauen in problemati- gesehen. Man kann sie zukünftig auf Türen von öf- schen Situationen befinden. Das ist leider die Kon- fentlichen Toiletten lesen. Überall, wo Menschen sequenz aus der Liberalisierung, die 2002 unter sind, wird auf diese Nummer hingewiesen. Das ist Rot-Grün beschlossen wurde. Ich weiß, dass es eine gute Sache. gute Absichten waren, die dahinterstanden, aber man muss der Realität ins Auge sehen und erken- Durch diese Nummer werden vor allem die nen, dass die Liberalisierung zu Entwicklungen ge- Frauen erreicht, die von Gewalt betroffen sind, die führt hat, die nicht gut sind. An einer Verbesserung aber vielleicht aus kulturellen, aus persönlichen, müssen wir gezielt arbeiten – auch im Interesse aus körperlichen oder sprachlichen Gründen eben der Frauen. nicht den Weg zu Beratungsstellen finden oder nicht direkt ins Frauenhaus gehen. Es geht um (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Ab- Frauen mit Migrationshintergrund, um Frauen mit geordneten der FDP) Behinderung und durchaus auch um Opfer von In einem ersten Schritt wollen wir, dass die Bor- Zwangsprostitution. Das, was Frau Rupprecht über delle stärker kontrolliert werden 31392 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu tun haben. Vielen Dank für die wertvolle Arbeit, NEN]: Ein unzureichender Vor- die hier geleistet wird! schlag!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Ab- und dass den Ordnungsämtern die Möglichkeit ge- geordneten der FDP) geben wird, Auflagen und Einschränkungen zu Ich bin mir sicher, dass auch in der nächsten Le- machen und die Kontrollen zu verstärken. Für mei- gislaturperiode das Thema Gewalt gegen Frauen ne Fraktion muss ich auch sagen: Das reicht uns uns – leider – beschäftigen wird und dass die Poli- noch nicht, hier müssen wir noch mehr tun. Auch tik hier ihre Verantwortung wahrnehmen wird. im Aufenthaltsrecht und im Prostitutionsgesetz muss noch einiges getan werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: NEN]: Im Aufenthaltsrecht hätten Sie et- Für die Fraktion der SPD hat nun Aydan Özoğuz was machen sollen! Da wären wir bei Ih- das Wort. nen! Es ist aber nichts passiert!) (Beifall bei der SPD) Auch die Länder stehen in der Verantwortung, etwa wenn es um die Flatrate-Bordelle geht. Da Aydan Özoğuz (SPD): können die Länder ihren Beitrag zur Verbesserung Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegin- der Situation der Frauen leisten. nen und Kollegen! Ich möchte in der kurzen Zeit (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) nur noch einen Punkt hierzu anmerken. Schließlich noch ein Satz zu den Frauenhäu- Frau Schön, Sie haben es gerade angespro- sern. Frau Lazar, Sie haben gesagt, es werde ei- chen: Leider handelt die Bundesregierung bei die- nen Wechsel in der Regierung geben. Selbst wenn sem Thema häusliche Gewalt durchaus wider- das passiert, würden sich die Zuständigkeiten, die sprüchlich. Ich möchte das Beispiel des 2011 ver- durch die Verfassung gegeben sind, leider nicht abschiedeten Gesetzes gegen Zwangsheirat nen- ändern. Für die Frauenhäuser sind nun einmal die nen. Das wurde im Rahmen der Aufenthaltsge- Länder zuständig. Es ist eine schwierige Situation, setzgebung beschlossen, in der auch viele gute weil auch die Kommunen Geld geben und der Punkte enthalten waren. Aber ich möchte dieses Bund über die Sozialgesetzgebung beteiligt ist. So Gesetz nennen, weil darin der Schutz der Opfer haben wir eine Mischzuständigkeit. Die führt – das nicht ausreichend gestärkt wurde. ist leider so – sehr oft zu Unsicherheiten und dazu, Verheerend daran war ja, dass die Ehebe- dass die Situation der Frauenhäuser sehr unter- standszeit, also die Zeit, die vergangen sein muss, schiedlich ist. bevor ein ausländischer Ehepartner ein eigenstän- Ich bin skeptisch, ob das Problem durch eine diges Bleiberecht bekommt, sehr willkürlich von reine Bundeszuständigkeit gelöst werden kann. zwei auf drei Jahre erhöht wurde. Unter dem Strich hat die Regierung damit bewirkt, dass, wenn es ein (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gefängnis Zwangsehe gibt, dieser Zustand sogar NEN]: Darum geht es gar nicht!) noch um ein Jahr verlängert wird. Das kann man Zumindest finanziell geht es einigen Frauenhäu- nun wirklich nicht als Schutz für die Frauen, die be- sern sehr gut. Ob es denen immer noch so gutge- troffen sind, bezeichnen. hen wird, wenn der Bund dann alle über einen (Beifall bei der SPD und dem BÜND- Kamm schert, weiß ich nicht. Klar ist, dass man NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeord- hier Wege finden muss, um die Situation der Frau- neten der LINKEN) enhäuser zu verbessern. Es gab ein entsprechen- des Gutachten, es gibt auch Gespräche. Ich bin Außerdem müssen die Opfer von Zwangsheira- mir sehr sicher, dass in der nächsten Legislaturpe- ten – das möchte ich noch hinzufügen – auch sel- riode die verschiedenen Partner – Bund, Länder ber die Beweise für die Gewalt erbringen. Oftmals und Kommunen – zusammenkommen und ganz sind sie nicht in der Lage, dies zu beweisen. Sie konkrete Schritte unternehmen. müssen es aber dokumentieren, auch wenn sie Angst vor dem Partner oder seinen Familienange- Ich will zum Schluss meiner Rede all denjenigen hörigen haben. An der Stelle – das muss man ganz herzlich danken, die sich in dieser Legislatur- festhalten – haben Sie es den Opfern deutlich er- periode für all diese Themen in den unterschied- schwert. lichsten Ausschüssen eingesetzt haben, auch un- serer Berichterstatterin Elisabeth Winkelmeier- Ich möchte jetzt gerne meine übrige Redezeit Becker und den Vertretern des Ministeriums, die nutzen, um im Namen der gesamten Arbeitsgruppe sich sehr intensiv für das Thema Gewalt gegen einen ganz herzlichen Dank an unsere Kollegin Frauen engagiert haben. Ich bedanke mich vor al- Marlene Rupprecht, die mir gerade als Schriftfüh- lem bei denen, die in den Hilfsorganisationen, in rerin links im Nacken sitzt, auszusprechen. Dies den NGOs, in den Frauenhäusern und in den Be- war voraussichtlich ihre letzte Rede im Deutschen ratungsstellen tagtäglich vor Ort mit diesem Thema Bundestag. Für den 18. kandidiert sie nicht mehr; Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 246. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 13. Juni 2013 31393 das hat sie eben selber gesagt. Wer sie kennt, der Wir kommen zur Abstimmung über die Be- weiß, dass sie auch nach ihrer Zeit im Bundestag schlussempfehlung des Ausschusses für Familie, sicher nicht in den sogenannten Ruhestand gehen Senioren, Frauen und Jugend auf Drucksache wird. Das ist bei ihr unvorstellbar. 17/2070, Buchstaben a und c. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a NEN]: Unruhestand!) seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache Sie war hier in unserem Haus und im Europarat 17/1409 mit dem Titel „Frauenhäuser ausreichend seit 1996 eine unermüdliche Kämpferin für die, die zur Verfügung stellen und deren Finanzierung si- keine große Lobby hatten. Als jahrelanges Mitglied chern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- der Kinderkommission hat sie sich für die Rechte lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – der Kinder eingesetzt. Sie hat für Frauen in Notsi- Die Beschlussempfehlung ist angenommen bei tuationen gekämpft. In Fürth hat sie ein Frauen- Enthaltung der Fraktion Die Linke. Dafür waren die haus gegründet. Sie ist Vorsitzende des Kuratori- Koalitionsfraktionen, dagegen SPD und Bündnis ums der Elly-Heuss-Knapp-Stiftung, also des 90/Die Grünen. Deutschen Müttergenesungswerkes. Sie hat für die Contergan-Opfer gestritten, für die Kinder und Ju- Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung gendlichen, die in staatlichen Heimen Opfer von empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des An- Gewalt und Willkür wurden. Sie hat sich für die trags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Rechte der Opfer von sexuellem Missbrauch ein- Drucksache 17/259 mit dem Titel „Grundrechte gesetzt, also für die, die keine laute Stimme hatten. schützen – Frauenhäuser sichern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dage- So mancher Runde Tisch hätte ohne sie vermut- gen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung lich ein weniger gutes Ergebnis gehabt. Wer sie ist angenommen bei Zustimmung durch die Koali- gut kennt, weiß, dass sie in ihrer Handtasche stets tionsfraktionen. Die Oppositionsfraktionen waren eine kleine Ausgabe der UN- dagegen. Kinderrechtskonvention dabei hat, die sie auch manchmal herausholt, um daraus zu zitieren. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 13 auf: Liebe Marlene, dir gebühren unser herzlicher Beratung der Unterrichtung durch die Bun- Dank und eine ganz große Anerkennung für das, desregierung was du hier geleistet hast. Tourismuspolitischer Bericht der Bun- (Beifall im ganzen Haus) desregierung – 17. Legislaturperiode – Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Diesem Dank schließt sich offensichtlich das – Drucksache 17/13674 – ganze Haus an und natürlich auch das Präsidium. Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Tourismus (f) Ich schließe die Aussprache. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wir kommen zur Abstimmung über den Ent- Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung schließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- Drucksache 17/13905. Wer stimmt für diesen Ent- heit Ausschuss für Kultur und Medien schließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist ab- Hierzu ist verabredet, eine Dreiviertelstunde zu gelehnt bei Zustimmung durch die einbringende debattieren. – Dazu sehe und höre ich keinen Wi- Fraktion. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben derspruch. Das ist dann so beschlossen. sich enthalten. CDU/CSU und FDP haben dage- Ich eröffne die Aussprache. gen gestimmt. Für die Bundesregierung ergreift das Wort der Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Kollege Ernst Burgbacher. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Fraktion Bündnis (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordne- 90/Die Grünen mit dem Titel „Effektive Unterstüt- ten der CDU/CSU) zung und Schutz bei Gewalt gegen Frauen ge- währleisten“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/13960, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle- Drucksache 17/12850 abzulehnen. Wer stimmt für gen! Gestatten Sie, dass ich vorab zu dem aktuel- diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dage- len Thema Hochwasser etwas sage. Das Hoch- gen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung wasser hat gerade den Tourismus ganz empfind- ist damit angenommen bei Zustimmung durch die lich getroffen; denn touristische Einrichtungen sind Koalitionsfraktionen. Die Oppositionsfraktionen wa- in aller Regel in Flussnähe. Die Lage vieler Betrie- ren gemeinsam dagegen. be, die wegen des völlig verkorksten Wetters so-