Stand: 2013 Die Verteilung der Konfessionszugehörigkeit in Westfalen

„Wie hast du´s mit der Religion?“ – gehörenden Fürstbistümern, wobei Religions- Anzahl d. so lautet bekanntlich die berühmte das Herzogtum Westfalen, also gemeinschaft Gemeind. „Gretchenfrage“ in Goethes „Faust“. große Teile des Sauerlandes, sowie Evangelisch reformiert 4 Sie berührt einen der intimsten das Vest Recklinghausen zu Kur- Ev.-lutherische Landeskirche 1 Persönlichkeitsbereiche. Deshalb ist köln gehörten. Selbständige ev. Luth. Kirche 1 es auch heute nicht immer leicht, – Die evangelische oder die refor- verlässliche statistische Daten zur mierte Konfession herrschte in den Baptisten 4* Konfessionszugehörigkeit der Bevöl- meisten übrigen Territorien Westfa- Neuapostolische Kirche 1 kerung in den Gemeinden zu bekom- lens. Zu ihnen zählten beispielswei- Mennoniten 1 men. se im Jahr 1789 insbesondere die Pfingstgemeinde 1 Die folgende Darstellung basiert Fürstentümer Minden und Lippe Sieben-Tags-Adventisten 1 auf Daten, die zwischen 2005 und sowie die Grafschaften Mark und Ev.-methodistische Kirche 1 2013 erhoben und zumeist in der Pu- Ravensberg, die Brandenburg-Preu- Römisch-katholische Kirche 1 blikationsreihe „Regionen in Nord- ßen unterstanden. Hinzu kamen Zeugen Jehovas 1 rhein-Westfalen“ des Aschendorff einige kleinere Territorien bzw. Teile Islam 2 Verlages veröffentlicht wurden. Bei anderer Fürstentümer, Grafschaften *) davon eine im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden den Gemeinden, für die dort keine oder Herrschaften. Angaben vorlagen, wurden entspre- Tab. 1: Religiöse Vielfalt in der chende Auskünfte bei den jeweiligen Grundsätzlich schlägt sich die Stadt Lage (Kr. Lippe) 2010 städtischen Behörden eingeholt. Die damalige territoriale Zugehörigkeit (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/ Lage_%28Lippe%29#Religionen) unterschiedlichen Erhebungsdaten auch heute noch bei den Quoten und -verfahren könnten in Einzelfäl- der Konfessionszugehörigkeit nieder. len zu geringfügigen Abweichungen In den meisten Fällen ist die Bevöl- sind etwa Rheda-Wiedenbrück oder von den tatsächlichen, aktuellen kerung in den ehemaligen Fürstbis- Burgsteinfurt und Borghorst. Werten führen. Genannt wird tümern bzw. geistlichen Territorien einerseits die Anzahl der römisch- noch mehrheitlich katholisch, in Insgesamt zeigen sich gegenwärtig katholischen und der evangelischen den anderen Regionen mehrheitlich folgende Auffälligkeiten und Tenden- Konfessionsangehörigen, wobei evangelisch bzw. reformiert. Die zen: letztere evangelisch-lutherisch oder jeweiligen Quoten haben sich in 1. In den eher ländlich geprägten reformiert sein können. Die dritte diesen Teilregionen aber in der Regel Kreisen und Gemeinden, in denen Gruppe fasst alle diejenigen Personen von einst etwa 95 % auf heute etwa die Industrialisierung erst später zusammen, die entweder einer ande- 60 % bis 70 % reduziert, vor allem oder nicht so intensiv stattfand wie ren oder gar keiner Religionsgemein- durch Zuwanderungen, beispielswei- beispielsweise im Ruhrgebiet, blieb schaft angehören. Zu den „anderen“ se durch Flüchtlinge und Vertriebene die früher vorherrschende konfes- Konfessionen zählen beispielsweise nach dem Zweiten Weltkrieg. Nur sionelle Ausrichtung in stärkerem der Islam, aber auch Freikirchen, die noch in den Kreisen Borken und Olpe Maße erhalten. von der Evangelischen Landeskirche sowie im Hochsauerlandkreis weist 2. Erhebliche Veränderungen und nicht repräsentiert werden. die deutliche Mehrheit der Gemein- Durchmischungen geschahen Die Religionsauseinandersetzun- den noch eine zu 70 % oder mehr durch die starken Wanderungs- gen des 16. und 17. Jh.s führten zum katholische Bevölkerung auf. In den ströme im Zuge der Industriali- Grundsatz „Cuius regio, eius reli- evangelischen Kreisen, z. B. in Ost- sierung. Ins Ruhrgebiet beispiels- gio“. Der Landesherr bestimmte mit westfalen, werden solche Werte nur weise kamen Migranten zunächst seiner eigenen Entscheidung darüber, selten erreicht. u. a. aus Schlesien, Ost- und welche Konfession für die Bewohner Verschiedene Verwaltungsrefor- Westpreußen usw., gegen Ende seines Territoriums gelten sollte. men führten in mehreren Kreisen des 19. Jh.s auch aus Polen, So hatten sich bis zum Ende des dazu, dass Gemeinden aus früher um 1960 aus Südeuropa, dann 18. Jh.s auch in Westfalen deutli- unterschiedlichen Territorien und vorwiegend aus der Türkei und che Konfessionsgrenzen zwischen mit verschiedenen Konfessionen zu schließlich, nach 1990, aus den bis den verschiedenen Hoheitsgebieten neuen Verwaltungseinheiten zu- dahin sozialistischen Ländern. Eine herausgebildet, die im Prinzip bis in sammengefasst wurden. Manchmal Folge dieser Zuwanderungen war, die Gegenwart die konfessionelle wurden im Zuge der Gebietsreformen dass sich vor allem in den Ruhrge- Ausrichtung der Teilregionen und in den 1970er Jahren sogar Gemein- bietsstädten, aber auch in ande- Gemeinden prägen: den zusammengelegt, die konfessi- ren, intensiv industriell geprägten

Gesellschaft und Politik – Die katholische Religion galt vor onell unterschiedlich geprägt waren Kreisen die Zugehörigkeitsquoten allem in den zu den Bischofssitzen und ursprünglich zu verschiedenen zu bestimmten Konfessionen bzw. Köln, Münster oder Paderborn Territorien gehörten. Beispiele hierfür zur „3. Gruppe“ derer, die weder Konfessionen Peter Wittkampf

Rahden Stemwede Petershagen Espelkamp Lübbecke Hille Preuß. Hörstel Lotte Oldendorf Hüllhorst Minden Ibbenbüren Wettr. Neuen. Röding- Kirch- Gronau hausen lengern Bad Porta (Westf.) kchn. Oeynhsn. Westfalica Lengerich Bünde Löhne Enger Borgholz- Lad- Spenge Hidden- Vlotho Kalletal Heek Schöppingen bergen hausen hsn. Horstmar Herford Extertal Vreden AhausLegden Werther (W.) Ostbevern Bad Salzuflen Versmold Stadtlohn Halle (W.) Rosendahl Sassen- Stein- Lemgo Dörentrup Barntrup Gescher berg Bielefeld Leop.- Südlohn Billerbeck Havix- Telgte hgn. höhe Lage Coesfeld beck Harsewinkel Oerl.- Münster Warendorf hsn. Blomberg Nottuln Evers- Beelen Herze- Detmold brock- Schloß Schieder- Velen winkel Clarholz Gütersloh Holte- Augustdf. Horn- Lügde Isselburg Bocholt Bad Meinb. Schwalen- Borken Heiden Rheda- Stuk. berg Rhede Dülmen Senden Sendenhorst Ennigerloh Verl Schlangen Dren- Wieden- Steinheim Marienmünster Reken brück Rietberg Hövelhof Nieheim Raesfeld steinfurt Höxter Haltern Lüdinghausen Oelde am See Asche- Langenbg. B. Lippspringe berg Ahlen Beckum Wadersloh Bad Nord- Delbrück Driburg Dorsten kirchen Paderborn Alten- Oer- Olfen Selm Lippetal Lippstadt beken Marl Erken- Werne Salzkotten schw. Datteln Hamm Berg- Geseke Brakel Herten kamen Beverungen Waltrop Bönen Borchen Glad- Reckl.- Lünen Welver Erwitte Willebadessen hsn. Kamen Borgentreich beck Castrop- Bad Büren Lichtenau Bottrop Herne Werl Sassen- Anröchte Gelsen- Rauxel Unna Soest dorf kchn. Wickede Rüthen Dortmund Holz- Frönd.- Ense Bad Bochum wickede berg Wünnenberg Warburg Möhnesee Witten Menden Schwerte (Sauerl.) Warstein Hattingen Herdecke Arnsberg Brilon Marsberg Hemer Wetter Hagen Iserlohn Meschede Westfälische Gevelsbg. Sprock- N.-W. Territorien 1789 hövel Balve Best- Altena Sundern wig Olsberg Geistliche Territorien Schwelm Schalks- Neuen- Eslohe Brecker- mühle rade (Sauerl.) feld (S.) Fürstbistum Münster Ennepetal Werdohl Winterberg Lüden- Pletten- Finnen- Fürstbistum Paderborn Halver scheid berg trop Medebach Kurfürstbistum Köln Herscheid Schmallenberg Reichsabtei Corvey Kierspe Meinerz- Lennestadt hagen Attendorn Bad Berleburg Hallenberg Fürstbistum Osnabrück Olpe Kirch- hundem (Amt Reckenberg) Drols- hagen Hilchen- Weltliche Territorien bach Königreich Preußen Römisch-katholisch Wenden Kreuztal Erndtebrück Netphen Bad Laasphe Fürstentum Lippe Evangelisch Freuden- Siegen Fürstentum Nassau berg Kleinere Grafschaften Andere/ohne Wilnsdorf Neunkirchen Reichsunmittelbare In Gemeinden mit vergrößerten Symbolen Herrschaften hat eine Konfession einen Bevölkerungsanteil Burbach Reichsstadt von mehr als zwei Dritteln. 30 km Samtherrschaften Abb. 1: Überwiegende Konfessionszugehörigkeit der Bevölkerung in den westfälischen Städten und Gemeinden (Quellen: Regionen in Nordrhein-Westfalen 2005–2011 (= Band 1–4); eigene Erhebungen; Akademie für Raumforschung und Landesplanung 1982)

evangelisch noch katholisch sind, 4. Einige „Industriestädte“ weisen reits 29 % und ist damit größer als anglichen. seit Jahren einen Bevölkerungs- sowohl die katholische wie auch 3. Vor allem in protestantisch rückgang auf. Andererseits ist dort die evangelische Schülergruppe. geprägten Regionen haben sich die Zahl insbesondere der tür- 5. Gerade auch in den großen Städ- im Laufe der Zeit starke Anteile kischstämmigen Mitbürger relativ ten nimmt der Anteil derer, die freikirchlicher Konfessionen entwi- hoch. Speziell in der Altersgruppe keiner Religion oder Konfession ckelt. Nach 1990 wurden sie durch der Kinder und Jugendlichen ist angehören, zu. Auch dies ist sehr Migranten aus Osteuropa und der hierdurch der Anteil der Muslime deutlich bei den Kindern und Ju- früheren Sowjetunion zusätzlich im Spektrum der Religionen oft gendlichen feststellbar. So beträgt und z. T. deutlich verstärkt. Als größer als in der Gesamtrechnung der Anteil der konfessionslosen Beispiel einer solchen religiösen aller Einwohner und Altersgrup- Schülerinnen und Schüler 2011/12

Vielfalt kann die 35000 Einwohner pen. In Gelsenkirchen z. B. umfasst beispielsweise in Bielefeld knapp Gesellschaft und Politik zählende Stadt Lage im Kreis Lippe die Gruppe der muslimischen 18 %, in Dortmund über 16 %, in gelten (Tab. 1). Schüler im Schuljahr 2011/12 be- Hagen mehr als 13 %.