SWR2 Musikstunde
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SWR2 MANUSKRIPT SWR2 Musikstunde Mozarts Frauen (4) Schülerinnen und Primadonnen Mit Ulla Zierau Sendung: 06. Oktober 2017 Redaktion: Dr. Ulla Zierau Produktion: SWR 2017 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Musikstunde können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2- Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de SWR 2 Musikstunde mit Ulla Zierau 02. Oktober, 04. - 06. Oktober 2017 Mozarts Frauen (4) - Dier Sängerinnen Signet Mit Ulla Zierau und der letzten Folge unserer Reihe “Mozarts Frauen“ – heute geht um die Sängerinnen, für die Mozart seine großen Frauenrollen geschrieben hat. Titelmusik „Ich bin die erste Sängerin“, darum streiten sich in Mozarts Singspiel „Der Schauspieldirektor“ Madame Herz und Mademoiselle Silberklang und dabei geht es nicht nur darum, wer die beste Sängerin ist, sondern auch wer die höchste Gage bekommt. Kaiser Leopold II hat diese Komödie über das Theater und seine Stars in Auftrag gegeben und ruft dabei auch gleich zum Wettstreit zwischen dem deutschen Singspiel und der italienischen Oper auf. Dem Schauspieldirektor soll eine Opera buffa von Salieri gegenübergestellt werden und das Publikum darf entscheiden. Was Konkurrenz unter Sängerinnen angeht, darüber weiß Mozart Bescheid, scharen sich doch einige Sängerinnen um ihn, die er gleichermaßen bedienen muss. Im Falle des Schauspieldirektors sind das Aloisia Lange, seine einstige große Liebe und inzwischen Schwägerin als Madame Herz und Catarina Cavalieri als Mademoiselle Silberklang. Die Namensgebung ist nicht nur eine Anspielung auf den Familienstand der Sängerinnen, sondern auch auf das jeweilige Timbre. Musik 1 6‘18 Wolfgang Amadeus Mozart: „Der Schauspieldirektor“, Ich bin die erste Sängerin Cyndia Sieden, Madame Herz Sharon Baker, Mademoiselle Silberklang John Aller, Monsieur Vogelsang Boston Baroque Leitung: Martin Pearlman M0279528 004 2 Cyndia Sieden, Sharon Baker und John Aller in dieser Szene aus Mozarts Singspiel „Der Schauspieldirektor“. Martin Pearlman leitet das Boston Baroque. Aloisia Lange und Catarina Cavalieri singen bei der Uraufführung in der Orangerie von Schloss Schönbrunn die rivalisierenden Sängerinnen Madame Herz und Mademoiselle Silberklang und parodieren sich mit Bravour selbst. Mozart kennt die beiden Sängerinnen gut, so dass er ihnen die Partie in Herz, Seele und Stimme schreiben kann. Geht es zwischen den beiden Damen auch hoch her, am Ende versöhnen sie sich: „Jedes leiste, was ihm eigen, halte Kunst, Natur, gleich wert; lasst das Publikum dann zeigen, wem das größte Lob gehört“. An diesem Abend im Februar 1786 entscheidet sich das Publikum in der Orangerie im Schloss Schönbrunn für Salieris „Prima la musica e poi le parole“. Salieris Librettist Giovanni Battista Casti karikiert den großen Lorenzo da Ponte und sich selbst. Es ist eine Satire auf das aktuelle Wiener Theaterleben. In Salieris Buffa singen Nancy Storace und Celeste Coltellini, beide sind nicht nur Salieri, sondern auch Mozarts bestens vertraut. Zu Nancy Storace fühlt sich Mozart besonders hingezogen. Sie wird die erste Susanna im Figaro. Die junge Engländerin sorgt auf den Opernbühnen für Aufregung. Ihr Vater ist Italiener und ebenda in Italien hat er seine beiden Kinder Nancy und Stephen musikalisch ausbilden lassen. Mit 13 beginnt Nancy ihre Bühnenlaufbahn. Eine Wunderkindkarriere ähnlich wie die Mozarts. Jung, unbekümmert, mit einer eindrücklichen Stimme und einem ausgeprägten Talent für komische Rollen ist sie in Italien und England bald ein Star. Das kommt auch Kaiser Joseph II zu Ohren und er beauftragt Salieri, italienische Sänger, allen voran die Storace nach Wien zu holen. Die deutsche Operntruppe muss kurzerhand das Burgtheater räumen und die beste Bühne der Stadt für die welsche, sprich die italienische Oper frei machen. In Salieris „La Scuola de’gelosi“ – „Die Schule der Eifersüchtigen“ steht Nancy Storace zum ersten Mal vor dem Wiener Publikum als Contessa und da ist nicht Forza gefragt, sondern auch Zartheit und Gefühl. 2‘20 3 Musik 2 2’51 Antonio Salieri: „La Scuola de’gelosi“,Ah sia già, Arie der Contessa, 2. Akt Cecilia Bartoli, Mezzosopran Orchestra of the Age of Enlightenment Leitung: Adam Fischer M0010365 002, Decca, 475100-2 Cecilia Bartoli mit der Arie der Contessa aus dem 2. Akt der Oper „La Scuola de’gelosi“ von Antonio Salieri. In dieser Rolle erobert Nancy Storace Wien: „Eine hübsche Figur, rundlich schöne Augen, weißer Nacken, frischer Mund, schöne Haut, mit der Naivität und dem Ungestüm eines Kindes, singt sie wie ein Engel“, meint ein Theaterbesucher. Ein anderer schreibt: „Storazze – in Wien wird ihr Name gerne italienisch ausgesprochen, auch Mozart tut dies –„Storazze, die schöne Sängerin, verzaubert Auge, Ohr und Seele“ und Lorenzo da Ponte erinnert sich in seinen Memoiren „Sie stand damals in ihrer höchsten Blüte und entzückte ganz Wien“. Eines ist klar, die Storace ist Wiens Publikumsliebling und unangefochten der Star der italienischen Truppe. Ihre Spiellaune, ihre Bühnenpräsenz, ihr komisches Talent und ihr natürliches Selbstbewusstsein begeistern das Publikum und inspirieren Komponisten. In ihrer Beurteilung geht es nicht immer nur um die Stimme, sondern auch um ihr Aussehen und um Affären mit ihrem italienischen Gesangspartner Francesco Benucci. Unter vorgehaltener Hand heißt es sogar, sie sei die Mätresse des Kaisers. Als die Storace vollkommen überstürzt einen doppelt so alten Geiger und Doktor der Musik heiratet, ist ganz Wien erstaunt. Noch mehr als der einen Monate nach der Hochzeit vom Kaiser des Landes verwiesen wird, angeblich wegen Gewalt gegen die Ehefrau. Alles mysteriös. Ein Jahr später bekommt die Storace ein Kind, wer der Vater ist, verrät sie keinem, gibt das Kind sogleich einer Amme, ein Monat später ist es tot. Ehe, Schwangerschaft, Geburt, Nancy Storace tritt keinen Moment kürzer, verausgabt sich, bis die Stimme darunter leidet und am Ende während einer 4 Aufführung ganz versagt. Am liebsten würde sie Wien den Rücken kehren und nach London gehen, aber der Kaiser akzeptiert ihre Kündigung nicht. Nancy Storace bleibt in Wien und hätte sie es nicht getan, wäre Mozarts erfolgreichste Buffo-Oper so vielleicht nicht über die Bühne gegangen. Denn Storace wird seine erste Susanna, die größte Frauen-Rolle, die Mozart jeher geschrieben hat. Schon in Beaumarchais Theaterstück „Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit“ spielt Susanna die tragende Rolle und Da Ponte und Mozart haben das perfektioniert. Mozart gestaltet die gesangliche Partie so, dass sie genau zu Storaces Stimme passt. Musik 3 3‘19 Wolfgang Amadeus Mozart: Figaros Hochzeit, Rosenarie der Susanna 4. Akt Moica Erdmann, Sopran La Cetra Barockorchester Basel Leitung: Andrea Marcon M0280188 W03, Deutsche Grammophon 00289 477 8879 Moica Erdmann mit der Rosenarie der Susanna aus Mozarts Figaros Hochzeit. Andrea Marcon leitete das Cetra Barockorchester Basel. Storace als Susanna und Benucci als Figaro, das Wiener Traumpaar hievt den Figaro von der ersten Stunde an in den Olymp. Einzelne Nummern müssen wiederholt werden, so dass der Kaiser ein Wiederholungsverbot erlassen muss, damit die Oper auch einmal zum Ende kommt. „Nie hat man einen glänzenderen Triumph gehört als Mozart mit seiner Nozze di Figaro“, heißt es in Wien. Und dennoch nach vier Jahren Wien zieht es Nancy Storace zurück nach London. Was auch immer die Gründe sein mögen, der Streit mit ihrem Gesangspartner und zeitweiligen Geliebten Benucci, weitere Affären, ihre horrenden, nicht unumstrittenen Gagen oder andere Theaterintrigen – an Mozart kann es auf jeden Fall nicht gelegen haben. Er schreibt ihr für die Abschiedsvorstellung in Wien eine Konzertarie und begleitet sie am Klavier. 5 Musik 4 5‘02 Wolfgang Amadeus Mozart: Konzertarie Ch’io mi scordi di te, Rondo für Sopran mit obligatem Klavier und Orchester KV 505 Joyce DiDonato, Mezzosopran Alexandre Tharaud, Klavier Les Violons du Roy Leitung: Bernard Labadie M0414494 005, Erato 4626268 Joyce DiDonato, Alexandre Tharaud und Les Violons du Roy unter der Leitung von Bernard Labadie mit der Konzertarie „Ch’io mi scordi di te“ für Sopran mit obligatem Klavier und Orchester KV 505, die Mozart für Nancy Storace zu ihrem Abschied von Wien geschrieben hat. „Für Mademoiselle Storace und mich“ so notiert Mozart in seinem selbst erstellten Werkverzeichnis und auf dem Autograph steht: „Composto per la Signora storace del suo servo e amico W.A. Mozart“- „von ihrem Freund und Diener“. Anlass für Spekulationen in welchem Verhältnis Mozart zu der Sängerin wirklich steht, vieles spricht für eine freundschaftliche und künstlerische Reverenz für seine erste Susanna. Damit ist Storaces Intermezzo in Wien beendet. Sie geht nach England zurück. Auch Mozart hegt Pläne für eine Londonreise mit Constanze. Er möchte den Engländern seine Opern präsentieren. Leopold Mozart soll sich derweil um die Kinder kümmern, doch der weigert sich. Aus der Englandreise wird nichts. Nancy findet sich in der Londoner Künstlerkreisen schnell zurecht, lebt einige Jahre mit dem Tenor John Braham zusammen, bekommt von ihm