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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Mitt(h)eilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde

Jahr/Year: 2007

Band/Volume: 147_2

Autor(en)/Author(s): Schernthaner Peter

Artikel/Article: Pinzgauer NS-Bürgermeister im Spiegel lokalhistorischer Darstellungen. 323-366 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, , ; download unter www.zobodat.at 323 Pinzgauer NS-Bürgermeister im Spiegel lokalhistorischer Darstellungen

Von Peter Schernthaner

E in leitung

Unter der Herrschaft des Nationalsozialismus wurden furchtbare Ver­ brechen verübt. Am Ende standen Verwüstung, Elend und der gewaltsame Tod von vielen Millionen. Die 1945 wiedererstandene Republik Österreich schlüpfte von Anfang an in eine Opferrolle. Österreich betrachtete sich als ein Land im Stande der politischen Unschuld. Befreit von einer Unter­ drückung, der es sich entschieden widersetzt hatte und fest entschlossen, mit der vollen Schärfe der Gesetze gegen die wirklich Schuldigen vorzugehenx. Bereits am 7. Juni 1945 trat — zunächst nur für den Bereich der sowjetischen Besatzungsmacht — das Verbotsgesetz 19452 in Kraft. Dieses verfügte die Auflösung der NSDAP und aller ihrer Gliederungen und untersagte jede Neubildung. Zuwiderhandlungen waren mit strengsten Strafen, bis hin zur Todesstrafe, bedroht. Es verfügte eine Registrierungspflicht für alle Mitglie­ der der NSDAP oder deren Gliederungen. Wer zwischen dem 1. Juli 1933 und dem 13. März 1938 der NSDAP angehört hatte, galt ohne weiteres Ver­ fahren als des Hochverrates schuldig, doch wurde die Verfolgung wegen die­ ses Tatbestandes ausgesetzt. Kurz darauf folgte das Kriegsverbrechergesetz3, dessen § 1 allein die Ausübung bestimmter Funktionen im NS-Staat (z. B. Mitglieder der Reichsregierung, Gauleiter, SS-Führer vom Standartenführer aufwärts u. dgl.) für eine Bestrafung qualifizierte. Vor diesem Hintergrund einer zunächst äußerst scharfen antinazistischen Haltung und Gesetzgebung wurden nach Kriegsende auch viele mittlere und kleine Funktionsträger des NS-Regimes von den Besatzungsmächten nach dem Prinzip des „automa­ tischen Arrests“ in Haft genommen, darunter naturgemäß auch solche, die zwischen 1938 und 1945 das Bürgermeisteramt bekleidet hatten. Die Strenge und die Pauschalmaßnahmen der neuen Gesetze riefen alsbald prominente Kritiker auf den Plan. So bezeichnete etwa der Salzburger Erzbischof An­ dreas Rohracher in einer 1947 in Innsbruck gehaltenen Rede die neuen Ge­ setze als einen „Irrweg“4. Unter den in „Automatikhaft“ befindlichen Per­ sonen ortete er viele „Ehrenmänner“: Viele, die im Herzen niemals dem Nationalsozialismus huldigten, werden als Aktivisten betrachtet. Ja sogar solche wurden gemaßregelt, die, ohne der Partei beizutreten, ein Amt als Bürgermeister, Ortsbauernführer oder bei der Arbeitsfront oder dergleichen übernahmen. Ich selbst kenne Fälle, in denen Ehrenmänner und glühende Patrioten über Drängen und Bitten absolut österreichisch eingestellter Mit­ bürger solche Ämter unter dem früheren Regime übernahmen, um wirkliche und echte Parteigenossen fernzuhalten, und dafür mussten sie monatelang in © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 324

einem Lager büßen [...]5 Relativiert man die als Ausfluss der „Opferrolle“ Österreichs fast krampfhafte Betonung einer „absolut österreichischen Ein­ stellung“ bestimmter Amtsinhaber ein wenig, so zielten Rohrachers Aus­ sagen doch jedenfalls darauf ab, dass anständige und von der Bevölkerung geschätzte Persönlichkeiten zur Übernahme derartiger Funktionen bewo­ gen wurden, um fanatische Scharfmacher fernzuhalten. Bei einer nur kur­ sorischen Durchsicht lokalhistorischer Publikationen kann bezogen auf die Salzburger Gemeinden tatsächlich der eine oder andere NS-Bürgermeister mit einer verhältnismäßig guten Nachrede nach 1945 ausgemacht werden. In Einzelfällen wurden diese Amtsinhaber in der Zweiten Republik für ihr Wirken während der NS-Zeit sogar mit der Ehrenbürgerschaft bedacht. Als wohl prominentestes Salzburger Beispiel für einen absolut „positiv besetz­ ten“ NS-Bürgermeister ist Karl Heinrich Waggerl zu nennen, der seitens einer breiten Öffentlichkeit sowohl vor als auch nach 1945 als Mensch und Schriftsteller allerhöchste Wertschätzung genoss6. Der Autor unternimmt in der vorliegenden Abhandlung den Versuch, anhand einer systematischen Durchforstung der Ortschroniken eines poli­ tischen Bezirks, nämlich , exemplarisch zu erheben, welche Per­ sönlichkeiten zwischen 1938 und 19457 das Bürgermeisteramt innehatten, wie deren Amtsführung von den Lokalhistorikern beurteilt wird und wel­ che Aspekte gegebenenfalls für eine derartige Wertung ins Treffen geführt werden. In diesem Zusammenhang drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob eine seriöse Geschichtsschreibung den lokalen Repräsentanten eines durch und durch verbrecherischen Regimes überhaupt ein „positives Zeugnis“ ausstel­ len kann und darf? Hier muss berücksichtigt werden, dass es in der Realität des Dritten Reiches nicht nur „gute Antifaschisten“ und „böse Nazis“ gab. Die Mehrheit der Bevölkerung bestand weder aus kompromisslosen Wider­ standskämpfern noch aus fanatischen, alle Maßnahmen des Regimes billi­ genden Nationalsozialisten. Charakteristisch war die Mischung von Konfor­ mität und Nonkonformität. Erst das Ausmaß dieses Mischungsverhältnisses lässt erkennen, wo jemand tatsächlich stand. Die Parteimitgliedschaft allein reichte jedenfalls nicht aus. Man konnte, ohne Parteimitglied zu sein, das Regime prinzipiell bejahen, und man konnte als Parteimitglied in Oppo­ sition stehen8. Glühende Österreich-Patrioten im Sinne der erwähnten Rede Rohrachers werden unter den NS-Bürgermeistern gewiss die Ausnahme ge­ wesen sein. Aber: Ein Bürgermeister, der etwa jeden Fanatismus gegen po­ litische Gegner vermied, für eine anständige Behandlung der im Ort ein­ gesetzten Zwangsarbeiter eintrat oder bei Kriegsende sein Dorf mutig vor einer sinnlosen „Verteidigung“ bewahrte, verdient in diesem Sinn trotz sei­ ner leitenden Stellung im lokalen NS-Machtgefüge gewiss eine differenzie­ rende Beurteilung (und vielleicht sogar eine Ehrenbürgerschaft!). © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 325

ERNENNUNG UND KOMPETENZEN EINES BÜRGERMEISTERS IM NS-STAAT

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 wurde im „Lande Österreich“ die Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 eingeführt9. Bis zu die­ sem Zeitpunkt waren nach der Installierung der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich die aus der Ara des Ständestaates stammenden Ge­ meindeordnungen der früheren Bundesländer bzw. die Stadtrechte der lan­ desunmittelbaren Städte weiter in Geltung belassen worden. Da auch diese Vorschriften eine demokratische Mitbestimmung der Bevölkerung kaum vorsahen, wurden sie von den neuen Machthabern zwischenzeitlich als taug­ liche Rechtsgrundlage für kommissarische Bürgermeisterernennungen her­ angezogen. Nach der Salzburger Gemeindeordnung 193610 führten im Be­ reich der Selbstverwaltung der Bürgermeister mit dem ihm beratend zur Seite stehenden Gemeinderat und die als „Gemeindetag“ bezeichnete Ge­ meindevertretung sowie von dieser ermächtigte „Verwaltungsausschüsse“ die Verwaltung in der Gemeinde. Die Agenden des übertragenen Wir­ kungsbereichs hatte der Bürgermeister allein zu besorgen. Ab dem 12. März 1938 waren die Bürgermeister aufgrund von Vor­ schlägen der lokalen Parteiorgane vom neuen nationalsozialistischen Be­ zirkshauptmann bzw. Kreisleiter in Absprache mit der Gauleitung kom­ missarisch eingesetzt worden11. Vereinzelt wurden dabei auch bisherige Bür­ germeister im Amt bestätigt12. Am 14. März 1938 verfügte die Landeshaupt­ mannschaft Salzburg die sofortige Aufhebung der bisherigen Gemeinde­ tage13. Diese wurden in weiterer Folge (als Vorläufer der Gemeinderäte nach der Deutschen Gemeindeordnung) — in der Regel mit NS-loyalen Personen — neu besetzt14. Am 1. Februar 1939 fand dann zeitgleich in allen Gemein­ den des Reichsgaues Salzburg eine feierliche Vereidigung und erste Vollsit­ zung der nach der Deutschen Gemeindeordnung neu bestellten Gemeinde­ räte statt, wobei eine Ansprache des Gauleiters in alle Ortschaften über­ tragen wurde15. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung im Oktober 1938 wurde der Bürgermeister nun ganz offiziell für den eigenen und den über­ tragenen Wirkungsbereich der Gemeinde das einzig maßgebende Organ. Damit wurde der „Führergrundsatz“ in der Gemeindeverwaltung verankert: Der neue Staat beruht auf dem Grundsatz der unbeschränkten Führer­ verantwortlichkeit. Autorität nach unten und uneingeschränkte Verant­ wortung nach oben ist der Grundsatz des nationalsozialistischen Staates. Diese Grundgedanken, auf denen der Staat seihst beruht, bestimmen wesens­ notwendig auch das Gepräge der staatlichen Gliedkörperschaften, der Ge­ meinden; daher ist die Verwaltungsreform der Gemeinde durch die Deut­ sche Gemeindeordnung ebenfalls auf den Führergrundsatz gegründet. Schon in dem Buche „Mein Kampf“ hat der Führer die künftige Verwaltungs­ reform eindeutig Umrissen: „Es gibt keine Majoritätsentscheidungen, son­ dern nur verantwortliche Personen und das Wort Rat wird wieder zurück­ © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 326

geführt auf seine ursprüngliche Bedeutung. Jedem Mann stehen wohl Berater zur Seite, allein die Entscheidung trifft ein Mann." Die Rechtsfolgen des Führergrundsatzes sind, dass Willensbildung und Willensausführung (Füh­ rung und Durchführung) in einer Hand, in der Hand des Leiters der Ge­ meinde, des Bürgermeisters liegen [...]16 Als seine unmittelbaren Mitarbeiter sowie als seine Vertreter fungierten die Beigeordneten. Schließlich sah die Deutsche Gemeindeordnung auch noch die Bestellung von Gemeinderäten vor, denen allerdings keine Beschlussbefugnis zukam: Die stete Verbunden­ heit der Verwaltung mit der Bürgerschaft gewährleisten die Gemeinderäte; sie stehen als verdiente und erfahrene Männer dem Bürgermeister mit ihrem Rat zur Seite.17 Bei diesen sollte nicht ein Mehrheitsbeschluss, sondern das verantwortliche Manneswort des Einzelnen18 gelten. Die NSDAP hatte in der Gemeindeverwaltung einen weit reichenden Einfluss: Der Bürgermeister, seine Beigeordneten und die Gemeinderäte konnten nur durch das Vertrauen von Partei und Staat19 in ihr Amt beru­ fen werden. Der Grundsatz der Einheit von Partei und Staat, der die Ver­ fassung des Staates beherrscht, hat auch in der Gemeinde seinen Ausdruck gefunden: Die NSDAP vertritt als Trägerin der Staatsidee das Gesamtvolk. Sie trägt vor den Augen des Volkes eine weit gehende Mitverantwortung für das öffentliche Geschehen20. Die Sicherung des Einklangs der Gemeinde­ verwaltung mit der Partei21 garantierten einerseits das Amt des „Beauftrag­ ten der NSDAP“ und andererseits die Übertragung „wichtigster Entschei­ dungsbefugnisse“ auf den Gauleiter bzw. Reichsstatthalter. Die Funktion des „Beauftragten der NSDAP“ oblag dem NSDAP-Kreisleiter des betref­ fenden Landkreises. Jede Berufung oder Abberufung von Bürgermeistern, Beigeordneten und Gemeinderäten in den Landgemeinden bedurfte seiner Mitwirkung. Der Bürgermeister hatte die Stellung eines ehren- oder hauptamtlichen Beamten der Gemeinde inne. Bis zu 10.000 Einwohnern war eine Gemeinde grundsätzlich ehrenamtlich zu verwalten, es sei denn, die Hauptsatzung sah Gegenteiliges vor. Die Amtszeit betrug bei ehrenamtlicher Anstellung sechs Jahre, ansonsten zwölf Jahre. Der Bürgermeister ging nicht mehr aus dem Spiele der Wahl, sondern aus einem sorgfältigen Ausleseverfahren hervor21. Hauptamtliche Bürgermeisterposten waren grundsätzlich auszuschreiben. Der „Beauftragte der NSDAP“ hatte nach Vorberatung mit den Gemeinde­ räten das Vorschlags recht für bis zu drei Bewerber. Nach Zustimmung der je nach Gemeindegröße zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörde hatte die Ernennung des Bürgermeisters durch den Ersten Beigeordneten der Ge­ meinde zu erfolgen. Dabei war die Gemeinde verpflichtet, die aus dem Be­ rufungsverfahren hervor gegangene Persönlichkeit zum Bürgermeister zu er­ nennen23. Gemäß den Richtlinien zur Ausschreibung von Bürgermeister­ stellen wurde von den Bewerbern eine absolut staats- und parteitreue Ge­ sinnung sowie selbstredend arische Abstammung abgefordert: Der Bewerber muss die Voraussetzungen für die Bekleidung eines gemeindlichen Ehren­ amtes erfüllen, die Gewähr dafür bieten, dass er jederzeit rückhaltlos für © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 327

den nationalsozialistischen Staat eintritt, und deutschblütiger Abstammung und im Falle seiner Verheiratung mit einer Frau deutschblütiger Abstam­ mung verheiratet sein.24

Zu den Obliegenheiten eines Bürgermeisters im NS-Staat gehörten: — die Verwaltung der eigenen und der übertragenen Angelegenheiten der Gemeinde; — die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gemeinde; — die Bestellung und Entlassung von Gemeindebediensteten, Funktion als deren Dienstvorgesetzter; — die Verteilung der Amtsgeschäfte, wobei er in bestimmten Fällen Ge­ meindebedienstete mit seiner Vertretung bevollmächtigen konnte.25 Schließlich hatte er für die Verbundenheit der Gemeindeverwaltung mit der Bevölkerung durch Anhörung der Gemeinderäte und Beiräte zu sorgen und gegenüber dem Staat die Verantwortung zu tragen26. Die Rechtswirk­ samkeit seiner Handlungen hing in bestimmten Fällen freilich von der Zustimmung des Beauftragten der NSDAP und von der Genehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde ab. Letztere hatte sicherzustellen, dass die Gemeinde im Einklang mit den Gesetzen und den Zielen der Staatsführung verwaltet wird27. Die Abhängigkeit von politischen und aufsichtsbehörd- lichen Dienststellen höherer Ebenen war im zentralistisch organisierten „Führerstaat“ naturgemäß bedeutend. Das Prinzip der Gemeindeautonomie blieb schlussendlich „nur als Floskel erhalten“28. Gemeinsam mit dem Ortsgruppenleiter und dem Ortsbauernführer bil­ dete der Bürgermeister gleichsam ein politisches „Ortsdreieck“29, in dem ihm aufgrund seines Aufgabenspektrums in aller Regel die dominierende Rolle zukam. Der Ortsgruppenleiter war kein in die Gemeindeverfassung eingebautes Organ. Es ist aber selbstverständlich, dass der Bürgermeister mit dem örtlichen Hoheitsträger der Partei in allen bedeutsamen, insbeson­ dere für die Öffentlichkeit gewichtigen Angelegenheiten Fühlung zu halten hat. Bei Meinungsverschiedenheiten wird jeder an die ihm Vorgesetzte Stelle berichten, damit auf höherer Ebene die Richtung der Entwicklung gewiesen werden kann?0

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass den Bürgermeistern im NS-Staat auf der Basis des „Führerprinzips“ weit reichende Befugnisse zukamen. Ihre Abhängigkeit von übergeordneten Stellen der NS-Verwaltungs- und Partei­ hierarchie war freilich groß31. Eine absolut staats- und parteitreue Gesin­ nung war in aller Regel die Voraussetzung für die Bekleidung der Bürger­ meisterposition. Wie weiter unten dargestellt, wurden unbeschadet dessen in einigen Pinzgauer Gemeinden auch bewährte und in der Bevölkerung angesehene Bürgermeister aus der Ara der Ersten Republik, die (zumindest vor 1938) nicht NSDAP-Mitglieder waren, nach dem Anschluss 1938 weiter im Amt belassen oder sogar erneut ins Amt geholt. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 328

LOKALGESCHICHTLICHE SCHILDERUNGEN AUS DEN EINZELNEN GEMEINDEN

Von jenen 24 hier untersuchten Gemeinden, die nach den zum 1. Januar 1939 erfolgten Gemeinde-Zusammenlegungen während des Zweiten Welt­ kriegs im damaligen „Landkreis Zell am See“ Bestand hatten, liegt zum Stand September 2005 in immerhin fünfzehn Fällen32 eine aus jüngerer Zeit stammende, mehr oder weniger professionell verfasste33 Ortschronik vor. Der Zeitgeschichte und im Speziellen der NS-Ara wird in diesen Werken ein sehr unterschiedliches Augenmerk zugewendet34. Bei Gemeinden ohne Ortschronik bzw. mit einer Ortschronik ohne einschlägige Beiträge wurden hilfsweise auch die um 1960 aufgelegten heimatkundlichen Publikationen über die Pinzgauer Gemeinden von Josef Lahnsteiner35 herangezogen. Sons­ tige Quellen zur Amtsführung der Pinzgauer NS-Bürgermeister wurden — dem gestellten Thema dieser Arbeit Rechnung tragend — nicht verwertet. Der Vollständigkeit halber wurden aber die Namen, Berufe (soweit eruier­ bar) und Amtszeit sämtlicher NS-Bürgermeister, die in den 24 untersuchten Gemeinden amtierten, erhoben36. Aufgrund der Salzburger Eingemeindungs- und Verwaltungsgemeinschaf­ tenverordnung 193837 gab es im Pinzgau zwischen 1939 und 1945 folgende Gemeinden: Alm, , Bruck an der Großglockner­ straße, Dienten am Hochkönig, Fusch an der Großglocknerstraße, , -Wald, Lend, , , , , Neukirchen am Großvenediger, , , , Saalbach, am Steinernen Meer, , , , , , Zell am See. Zuvor waren bereits während der Ara des Ständestaates in den Jahren 1935 und 1936 die Gemeinde Bruckberg mit der Stadtgemeinde Zell am See und die Gemeinden Mittersill-Land und -Markt sowie Saalfelden- Land und -Markt vereinigt worden. In der NS-Ara wurden im Pinzgau durch die erwähnte Verordnung folgende Änderungen vorgenommen: Vereinigung der Gemeinden: Gemeindename: Thumersbach und Zell am See Zell am See Lofer und St. Martin bei Lofer Lofer Mittersill und Hollersbach Mittersill Bruck an der Großglocknerstraße und St. Georgen im Pinzgau Bruck an der Großglocknerstraße Taxenbach und Eschenau Taxenbach Lend und Embach Lend Rauris und Bucheben Rauris Krimml und Wald Krimml-Wald Die Gemeinden Maishofen und Viehhofen sowie Bruck an der Groß­ glocknerstraße und Fusch an der Großglocknerstraße hatten eine Verwal­ tungsgemeinschaft im Sinne des § 120 der Deutschen Gemeindeordnung zu bilden, behielten aber eigene Bürgermeister38. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 329

Den einzelnen Gemeinden jeweils vorangestellt wird der Stand der Wohnbevölkerung und deren agrarischer Anteil zum 17. Mai 1939 (Volks­ zählung 1939)39. Zur Illustrierung der politischen Orientierung der Orts­ bevölkerung vor der Errichtung des Ständestaates wird der auf die NSDAP bei der Nationalratswahl 1930 und bei der Landtagswahl 1932 entfallende Stimmenanteil angegeben40. Aus letzterer Wahl gingen im Pinzgau 16 (von damals insgesamt 35) Gemeinden mit einem NSDAP-Anteil von über 20% quasi als „NSDAP-Hochburgen“ hervor: NSDAP-Anteil über 30%: Bucheben, Krimml, Lofer, Niedernsill, Rauris, Unken und Zell am See NSDAP-Anteil 25-30%: Bruckberg, Mittersill-Markt, Neukirchen, Thu­ mersbach und Viehhhofen NSDAP-Anteil 20-25%: Bruck, Maishofen, Saalfelden-Markt und Taxen­ bach Neben Gemeinden mit einem hoch entwickelten Tertiären Sektor (Mit­ tersill-Markt, Saalfelden-Markt und Zell am See) hatte die NSDAP damit auch in vielen — zum Teil abgelegenen — „Agrardörfern“ bedeutende Wahl­ erfolge zu verzeichnen. Laurenz Krisch erklärt diese „untypischen“ NS- Hochburgen unter anderem mit der regionalen Herkunft fähiger NSDAP- Landtagskandidaten, die in ihrer Heimatgemeinde ihre für dörfliche Gesell­ schaften typische „Klientel“ mobilisieren konnten^1.

Alm

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1096 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 50% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: Wahlberechtigte: 576 Stimmenanteil NSDAP: 10,07% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 613 Stimmenanteil NSDAP: 16,64% Zur Gemeinde Alm, die erst nach 1945 die Bezeichnung „ am Steinernen Meer“ erhielt, liegt noch keine nach 1945 publizierte Ortschro­ nik vor. Aus Lahnsteiners Publikation ist zu entnehmen, dass in der NS-Ara folgende Personen das Bürgermeisteramt innehatten42: 1938-1943: Stefan Stöckl, Tischlermeister; 1943-1945: Alois Niederreiter, Pichlerwirt. Lahnsteiner schildert zur NS-Zeit in (Maria) Alm besonders ausführlich den Aufenthalt von Generalfeldmarschall Kesselring und weiterer Wehr­ machts-Generäle bei Kriegsende43. Das Wirken der beiden NS-Bürger- meister bleibt dagegen unkommentiert. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 330

Bramberg am Wildkogel

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1921 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 47% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: Wahlberechtigte: 1017 Stimmenanteil NSDAP: 2,06% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 1010 Stimmenanteil NSDAP: 8,32%

Die von Hans Hönigschmid verfasste Ortschronik „Bramberg am Wild­ kogel“ wurde 1993 von der Gemeinde Bramberg herausgegeben. Der Per­ sönlichkeit des Bürgermeisters der NS-Ara, Matthias Blaikner, wird darin in einem eigenen Kapitel eine ausführliche Darstellung gewidmet44. Blaikner hatte das Bürgermeisteramt von 1936 (!) bis zum 8. September (!) 1945 und in der Zweiten Republik zwischen 1954 und 1972 inne. Matthias Blaikner kam 1895 als zweites von sieben Kindern auf dem elter­ lichen Bauernhof „Oberhaus“ zur Welt. Im Ersten Weltkrieg als Soldat schwer verwundet, übernahm er nach dem Tod des Vaters 1919 den elter­ lichen Hof und heiratete 1921 eine Wirtstochter. Der Ehe entsprossen zehn Kinder. Matthias Blaikner beschäftigte sich sehr bald kommunalpolitisch. In den Zeiten der Weltwirtschaftskrise kämpften viele Bauern um ihre Existenz,45 Auch die Gemeinde selbst war aufgrund diverser Investitionen schwer verschuldet. In dieser trostlosen finanziellen Lage übernahm Mat­ thias Blaikner, der seit 1933 der Gemeindevertretung angehörte, 1936 das Amt des Bürgermeisters. Diese ehrenamtliche Tätigkeit konnte nur ein grö­ ßerer Bauer oder Gewerbetreibender übernehmen, denn bei Besprechungen außerhalb der Gemeinde ersetzte man zwar die Fahrtkosten, alle weiteren Spesen hatte er selbst zu tragen. Die Beseitigung der Schuldenlast, die er als schwere Bürde übernommen hatte, prägte in den nächsten Jahrzehnten seine gesamte Arbeit als Gemeindeoberhaupt. So streckte er oft, um die Versor­ gung der Menschen im Altersheim zu ermöglichen, so wie sein Vorgänger Rupert Bachler, Radlerbauer, das Geld für Lebensmittel aus eigener Tasche vor. Die Kaufleute weigerten sich, der Gemeinde au f Kredit zu liefern. Im März 1938, als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, blieb Matthias Blaikner als Angehöriger der ehemaligen Christlich-sozialen Par­ tei weiterhin im Amt. Man hatte keinen besseren Mann, der die Gemeinde hätte leiten können. Trotz seiner Parteizugehörigkeit und seiner fundierten christlichen Weltanschauung stand er in den Jahren vor 1938 über dem Streit der Parteien. Er fühlte sich als Bürgermeister für alle Bramberger ver­ antwortlich. Mehrere Aufforderungen, der NSDAP beizutreten, lehnte er stets mit dem Hinweis ab, dass man seine Grundeinstellung kenne und er auch so der Allgemeinheit diene, bis ihm eines Tages der damalige Orts­ © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 331 gruppenleiter Hans Fürschnaller, Tischlermeister und Ledererwirt, ein be­ sonnener und keineswegs fanatischer Nationalsozialist, bei einem zufälligen Zusammentreffen auf dem Ledererbrückl eröffnete: „Den Weyerhofer46 hab i in die Partei aufgenommen, und di, Hias, hab i glei dazuagschriebn. “ So wurden die zwei angesehensten Bramberger auf dem Papier Parteigenossen, aber keine Nationalsozialisten. Mit Ruhe und Geschick gelang es in diesen schweren Jahren Matthias Blaikner zusammen mit dem Ortsgruppenleiter Hans Fürschnaller*7, oft auftretende Schwierigkeiten zu bewältigen, so dass in Bramberg die NS-Zeit ohne radikale Maßnahmen vorüberging,,48 Dem Kapitel „Schwere Zeit: 1938-1954“ ist allerdings auch zu entneh­ men, dass einige Bramberger aufgrund politischer Delikte in Haft kamen und es gegen Kriegsende eine spektakuläre Großfahndung gegen Deserteure gab49. Matthias Blaikner war als Bürgermeister so hoch angesehen, dass er nach Kriegsende noch vier Monate weiter amtieren konnte. Erst als die ameri­ kanische Militärregierung seine Parteizugehörigkeit erfuhr, musste er am 8 . September 1945 sein Amt Jakob Scheurer, Lehenbauer, übergeben 50. Matthias Blaikner, der zwischen 1954 und 1972 erneut das Bürgermeister­ amt innehatte, erhielt von der Gemeinde Bramberg am 29. Oktober 1966 die Ehrenbürgerschaft verliehen51.

Bruck an der Großglocknerstraße

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 2492 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 34%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Bruck: W ahlberecht igt e: 915 Stimmenanteil NSDAP: 7,76%

Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Bruck: Wahlberechtigte: 1021 Stimmenanteil NSDAP: 22,43%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde St. Georgen im Pinzgau: Wahlberechtigte: 428 Stimmenanteil NSDAP: 0,70%

Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde St. Georgen im Pinzgau: Wahlberechtigte: 421 Stimmenanteil NSDAP: 8,55%

Max Effenberger, der auch die Chronik von Piesendorf verfasste und an jener von Mittersill mitwirkte, untertitelt sein 1984 publiziertes „Brücker Heimatbuch“ mit „Aufzeichnungen zum Erinnern, Nachdenken und zum © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 332

gegenseitigen Verstehen“. Im Kapitel „Die Dorfgemeinschaft“ bedauert er den seit dem 19. Jahrhundert einsetzenden Zerfall der wirklichen Gemein­ schaft des Dorfes, welches früher eine Schicksals- und Wirtschaftsgemein­ schaft gewesen sei, in die der einzelne fest eingebunden war, der sich wohl fügen musste, die aber auch für ihn immer da war52. Es habe aber auch spä­ ter noch Zeiten gegeben, in denen wirklich einer für den anderen da war, in denen echte Gemeinschaft nicht nur gezeigt, sondern auch aufrichtig gelebt wurde; die harten Zeiten während der Kriege etwa und einige Jahre danach55. Nach Schilderung der Verhältnisse im Ersten Weltkrieg und in den 1920er-Jahren reflektiert der Chronist die Ara des Ständestaates und der NS-Herrschaft wie folgt: Leider fanden im damaligen Staat, auch hier in der Gemeinde, die politisch verschieden denkenden Menschen auch nicht zueinander, Anfeindungen statt Verstehenwollen gehörten zum regelmäßi­ gen Tagesablauf. Das führte dann soweit, dass zum Beispiel am 13. Februar 1934 die Funktionäre der Sozialdemokratischen Partei im Ort in Gewahr­ sam genommen wurden. Dazu kamen immer wieder Störaktionen durch die Anhänger der neuen nationalsozialistischen Bewegung. [...] Schreckliche Zeiten, die gar nie mehr kommen dürfen! Und dann kam der 13. März 1938. Auch in Bruck feierte man mit Höhenfeuern und Aufmärschen. Es gab aber auch damals sehr einsichtige Brücker in leitender Stellung in Ge­ meinde und Partei. Mit Dankbarkeit muss man hier des ersten Ortsgrup­ penleiters Josef Frauscher gedenken. Er hat das Menschliche in den Vorder­ grund gestellt, ein an ihn ergangener Auftrag zu meiner eigenen Festnahme landete im Papierkorb. Aber auch Bürgermeister Peter Lederer und Orts­ gruppenleiter Otto Ploner haben sicherlich nicht bewusst unrecht getan, wenn auch leider einige Brücker unter die Räder des „Apparatescc gekom­ men sind.54 Nach dem politischen Umbruch im März 1938 holte die Partei den be­ währten Altbürgermeister Anton Posch wieder an die Spitze der Gemeinde. Seine Tätigkeit war aber nur von kurzer Dauer, nämlich vom 13. März 1938 - 7. Juni 1938.55 Warum Posch so rasch wieder abgelöst wurde, erfährt der Leser nicht. Anton Posch, Schmiedemeister von Beruf, war bereits seit 1898 Mitglied des Gemeindeausschusses gewesen und hatte dann zwischen 1919 und 1936 das Bürgermeisteramt bekleidet: Es war dies für alle eine schwere und sorgenvolle Zeit, die aber durch die zielstrebige Arbeit des Bürgermeisters, seine große Kenntnis der örtlichen Verhältnisse doch ohne wesentliche Rückschläge gemeistert werden konnte 56 1955 erhielt Anton Posch für seine Verdienste als Bürgermeister — sicher bezogen auf seine Amtszeit von 1919 bis 1936 — das Ehrenbürgerrecht verliehen57. Ab Juni 1938 bis Kriegsende amtierte der Kaufmann Peter Lederer als Bürgermeister. Er war erst seit 1933 in Bruck ansässig. Der Chronist schil­ dert seine Amtsführung relativ ausführlich und durchgehend positiv: Ge­ nauso umsichtig wie in seinem Handelsbetrieb war er auch in der Verwal­ tung der Gemeinde und hier wie dort galten für ihn die Grundsätze eines ordentlichen Kaufmannes. Bürgermeister Lederer verstand es bei Erfüllung © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 333

aller gestellten Aufgaben immer, Reserven anzulegen, er wurde vor allem ein besonderer Förderer der Freiwilligen Feuerwehr, die zu dieser Zeit eine der bestgerüsteten Wehren im Pinzgau war. Neben seiner Tätigkeit als Bür­ germeister übte er noch mit besonderer Gewissenhaftigkeit auch die Funk­ tion eines Standesbeamten aus; er verstand es, diese an sich nüchterne Amts­ handlung recht feierlich zu gestalten. Der April 1945 brachte nicht nur das Ende des Krieges und damit auch das Ende seiner Tätigkeit, schon die Jahre vorher waren für ihn Enttäuschung in vieler Hinsicht geworden.58

Dienten am Hochkönig

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 682 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 60% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: Wahlberechtigte: 254 Stimmenanteil NSDAP: 0,00% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 269 Stimmenanteil NSDAP: 8,92%

Das „Heimatbuch Dienten am Hochkönig — Unsere Gemeinde in Ver­ gangenheit und Gegenwart“, wurde von Franz Portenkirchner verfasst und 1988 im Eigenverlag der Gemeinde herausgegeben. Aus einer Auflistung der Bürgermeister ab dem Jahr 1850 ist zu entnehmen, dass während der NS- Ara der Landwirt Josef Oblasser, Moderegg, die Gemeindeführung innehat­ te59. Weitere Informationen zum Wirken Oblassers sind dem Dientner Heimatbuch nicht zu entnehmen. Wohl findet sich aber eine Schilderung über die erfolgreiche Verteidigung der Selbstständigkeit Dientens im Jahr 1938. In politischen Kreisen sprach man schon davon, dass die kleine Ge­ meinde Dienten an die Gemeinde Lend angeschlossen werden s o l l t e Uber Intervention von Altbürgermeister Ferdinand Buchmann (1923-1924) und dem Huberbauern sei nach mehreren Verhandlungen erreicht worden, dass Dienten unter Einbeziehung der zuvor zur Gemeinde Goldegg-Weng gehö­ renden Ortsteile Schwarzenbach und Bodenberg selbstständig blieb61.

Fusch an der Großglocknerstraße

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 654 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 43% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: W ahlberecht igt e: 578 Stimmenanteil NSDAP: 1,73% © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 334

Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 489 Stimmenanteil NSDAP: 6,95%

Eine Ortschronik aus jüngerer Zeit existiert für die Gemeinde Fusch nicht62. In Fusch, das ab 1939 mit Bruck eine Verwaltungsgemeinschaft zu bilden hatte, amtierten während der NS-Ara folgende Bürgermeister:63 Seit den 1920er-Jahren bis 20.1.1939: Josef Mühlauer, Sägewerksbesitzer 20.1.1939 bis 31.12.1941: Rupert Grünwald, Wagnermeister 1942 bis 1944: Sebastian Koller (keine Berufsangabe) 1944 bis 10. Mai 1945: Sebastian Voglreiter, Sulzbachbauer

Aus der langen Amtszeit von Josef Mühlauer, die sich von der Ersten Republik bis in die NS-Ara hinein erstreckt, ist abzuleiten, dass dieser Amts­ inhaber in Fusch ein sehr anerkannter und geschätzter Bürgermeister gewe­ sen sein muss.

K aprun

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1203 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 24% Ergebnis der Nationalratswahl 1930: Wahlberechtigte: 434 Stimmenanteil NSDAP: 8,53% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 416 Stimmenanteil NSDAP: 19,47%

Über Kapruns Geschichte wurde von Grete Nyvelt das Buch „Kaprun einst und jetzt — im Zusammenhang mit der Geschichte des Pinzgaues und Salzburgs“ verfasst, in zweiter, bis 1985 ergänzter Auflage herausgegeben von der Gemeinde Kaprun (1986). Obwohl die nationalsozialistische Ara für die Gemeinde Kaprun aufgrund der umfangreichen Bautätigkeiten am Tauernkraftwerk in vielen Bereichen besonders einschneidende Verände­ rungen mit sich brachte, wird der Abschnitt zwischen 1938 und 1945 leider nur sehr knapp abgehandelt64. Aus einer Auflistung der Bürgermeister ist zu entnehmen, dass während der NS-Zeit Martin Bacher, Vorderweißenstein­ bauer, und Josef Büchner, Weißbachbauer, die Gemeindeführung innehat­ ten65. Martin Bacher bekleidete das Bürgermeisteramt während des Stände­ staates (ab 20. Mai 1935) bis in die NS-Ära hinein (bis 1. Februar 1939) und nach Kriegsende ab dem 27. Mai 1945 bis zum 28. April 1946. Ab 1. Februar 1939 bis 27. Januar (richtig wohl: Mai?) 1945 war dann Josef Büchner Bür­ germeister. Über die Amtsführung dieser beiden Bürgermeister ist der Chronik nichts Näheres zu entnehmen. Auch neuere Abhandlungen zur © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 335

Geschichte des Tauernkraftwerkes enthalten keine einschlägigen Hin­ weise66. Da Martin Bacher auch vor 1938 und nach 1945 als Bürgermeister tätig war, muss er in der Gemeinde eine sehr anerkannte Persönlichkeit gewesen sein.

Krimml-Wald

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1216 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 55% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Krimml: Wahlberechtigte: 292 Stimmenanteil NSDAP: 6,51% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Krimml: Wahlberechtigte: 298 Stimmenanteil NSDAP: 37,92%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Wald: W ahlberecht igt e: 368 Stimmenanteil NSDAP: 2,45% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Wald: W ahlberechtigte: 3 64 Stimmenanteil NSDAP: 19,78%

Krimml zählte bereits vor der Begründung des Ständestaates zu den NSDAP-Hochburgen im Land Salzburg. Bei der Landtagswahl 1932 votier­ ten immerhin fast 38% der wahlberechtigten Bevölkerung für die NSDAP. Auch in Wald erzielte die NSDAP bei dieser Wahl mit knapp 20% einen sig­ nifikant hohen Stimmenanteil. Zu den beiden Gemeinden Krimml und Wald, die mit Wirkung vom 1. Januar 1939 unter der neuen Gemeindebezeichnung Krimml-Wald ver­ einigt und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auseinandergelegt wurden, wurden bis dato nach 1945 noch keine Ortschroniken publiziert. Josef Lahnsteiners Publikation enthält zur Person und zum Wirken der NS-Bürgermeister in der damaligen Gemeinde Krimml-Wald keine näheren Hinweise.

Folgende Personen amtierten als Bürgermeister:67 Krimml, 1938: Johann Schleinzer, Kaufmann Wald, 1938: Johann Oberhäuser, Landwirt

Krimml-Wald, 1939-1942: Johann Oberhäuser, Landwirt 1942-1945: Johann Schleinzer, Kaufmann © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 336

L e n d

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 2198 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 21% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Lend: W ahlberechtigt e: 1029 Stimmenanteil NSDAP: 3,01% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Lend: Wahlberechtigte: 872 Stimmenanteil NSDAP: 8,94%

Ergebnis der Nationalratswahl 1930 in der Gemeinde Embach: W ahlberechtigt e: 416 Stimmenanteil NSDAP: 0,00% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Embach: W ahlber echt igt e: 413 Stimmenanteil NSDAP: 9,44%

1991 wurde von der Gemeinde Lend die von Erika Pfeiffenberger-Scherer verfasste Ortschronik „Lend/Embach, eine Gemeinde im Wandel der Zeit“ herausgegeben. Aus einer Auflistung der Bürgermeister68 ist zu entnehmen, dass zwischen 1938 und 1945 folgende Personen amtierten: Valentin Hnat, Kaufmann, 1938-1939 Johann Lainer, Schlosser, 1939-1942 Gustav Siegl, kaufmännischer Angestellter, 1942-1945 Obwohl die NS-Ara recht ausführlich über 18 Seiten abgehandelt wird („Lend und Embach im Zweiten Weltkrieg“ und „Das Flugwachkommando Lend“, beide Kapitel verfasst von Hermann Hinterstoisser), finden sich zur Amtsführung der drei NS-Bürgermeister nur spärliche Hinweise. Am 12. März 1938 wurde von der NSDAP der Kaufmann Valentin Hnat zum kommissarischen Gemeindeverwalter bestimmt. Hnat war schon vorher als Vertreter des „Handels und VerkehrsK Mitglied des ständestaatlichen Ge­ meindetages gewesen. Mit Erlass der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 21.3.1938 (ZI. 7028) wurde er schließlich als kommissarischer Bürger­ meister von Lend bestätigt,69 Trotz seiner Amtsfunktion musste Hnat im September 1938 zur Wehrmacht einrücken70. Folgende Passage lässt gewissermaßen auf ein positives „Stehvermögen“ der NS-Gemeindeführung schließen: Das totalitäre Regime des NS-Staates griff immer mehr in die Privatsphäre der Bürger ein. So wurde auch die Gemeinde Lend verhalten, alle Burschen und Mädchen im Gemeindegebiet für den obligatorischen Dienst in der Hitlerjugend zu erfassen. [...] Inte­ ressanterweise ist es gerade der Gemeinde Lend gelungen, wiederholt vor­ gebrachten Forderungen nach Errichtung eines HJ-Heimesy unter Hinweis au f die Überschuldung der Gemeinde, Absagen zu erteilen. Ebenso wurden © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 337

Ansuchen verschiedener HJ- und BDM-Fahrtengruppen um Unterbringung durch die Gemeinde abgewiesen.71 Weitere Hinweise auf das Wirken der NS-Bürgermeister sind der Orts­ chronik nicht zu entnehmen.

Leogang

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1944 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 43% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: Wahlberechtigte: 950 Stimmenanteil NSDAP: 1,58% Ergebnis der Landtagswahl 1932: W ahlberechtigte: 1027 Stimmenanteil NSDAP: 6,43%

1998 wurde vom Leoganger Bergbau-Museumsverein die von Alois Schwaiger verfasste Mikrostudie „Leogang 1938-1945 Zeitzeugen berich­ ten“ herausgegeben. Dem Wirken des zwischen 1938 und 1945 amtierenden Bürgermeisters Simon Empl werden darin in einem Unterkapitel „Der Bür­ germeister“ immerhin 10 Seiten gewidmet72. Zeitzeugen kommen ausführ­ lich zu Wort. Laut Alois Schwaiger hatte in Leogang nicht der Ortsgrup­ penleiter die wichtigste Rolle gespielt, sondern der Bürgermeister, der Ge­ mischtwarenhändler und Landwirt Simon Empl. In der NSDAP hatte er die Funktion eines SA-Ober Scharführers und -Schulungsleiters inneP

Auf die Frage „Wie war der Bürgermeister Empl persönlich?“ stellen die befragten Zeitzeugen dem NS-Bürgermeister ohne Ausnahme ein positives Zeugnis aus: Er war natürlich ein Nazi, in der ersten Zeit sicher mit Begeisterung, aber er war sehr aufgeklärt und vielleicht hat er dann erkannt, dass der natio­ nalsozialistische Weg in die falsche Richtung führt. Er hat aber bis zum Kriegsende sein Bürgermeisteramt durchgehalten, obwohl viele da waren, die ihn gerne ausgeschaltet hätten. Die Parteigenossen haben ihm später nicht mehr richtig getraut. Er war ein vernünftiger Mensch und ohne ihn als Bürgermeister wären viele Menschen zu Schaden gekommen. [...] Beson­ ders bemerkenswert war sein Einsatz für den Pfarrer und den Gemeinde­ arzt, die er beide vor der Haft bewahrt hat. Er war wohl ein Hitzkopf, aber gerecht und er hat immer versucht, dass nichts aufkommt in der Gemeinde. [...] Er hat auch dem Gemeindearzt sehr geholfen und dieser hat mir selber gesagt, dass er dem Empl sein Leben ver­ dankt, weil er sonst verhaftet worden wäre. Der Empl hat ihm ein gutes Zeugnis ausgestellt. Er war für Leogang sehr positiv und hat viele Leute geschützt. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 338

Er war ein Nazi, aber kein schlechter. Er hat sich sehr für die Bauern ein- gesetzt, dass sie nicht einrücken mussten, er hat sich echt eingesetzt für die Leoganger. Es wären viele Leoganger verschwunden, wenn nicht der Empl geholfen hätte. Mei Bruader und zwoa Loigamer Bauern hamb im Gasthaus über die Nazi gschimpft und da warns bald ins KZ kemma, wenn eana nit da Empl außa ghoifn hätt. Er ist sozial gewesen und hat immer alles niedergeschlagen. Er hat sich 1938 auch für Leute der Vaterländischen Front eingesetzt, wenn sie eine große Familie hatten, dass sie nicht eingesperrt werden. Mit Empl, dem Bürgermeister, kamen wir französische Kriegsgefangene gut zurecht und im Rahmen seiner Möglichkeiten war er sehr anständig, wir konnten von ihm immer Unterstützung in allen Situationen haben. [...] Zu den Franzosen war er gut, nicht so zu den Polen. Vielleicht hat er auch gedacht, dass der Krieg bald verloren ist und wollte Vorsorgen. Der Empl war beliebt und nicht fanatisch. Auch der Ortsbauernführer war in Ordnung. Sie waren ausgleichend und haben niemanden hinein getaucht. Der Empl war eigentlich ein anständiger Mensch, den haben alle gern mögen. Bürgermeister Empl war auf die damalige Zeit bezogen ein objektiver Bür­ germeister. Nach seiner illegalen Betätigung war eine solche Objektivität nicht von vornherein zu erwarten, aber er hat sie schon kurz nach der Amts­ übernahme ausgeübt. Er stand oft in Konfrontation mit dem Ortsgruppen­ leiter, der in vielen Fällen ein wesentlich schärferes Vorgehen verlangte, aber Empls Position war offensichtlich auch bei seinen Vorgesetzten Stellen so gut, dass man seine Maßnahmen grundsätzlich billigte. Er hat als Bürgermeister stets auch auf soziale Gesichtspunkte Rücksicht genommen, war bemüht, bei Einberufungen zu versuchen, den Betreffenden frei zu bekommen, über­ haupt, wenn schon einer aus der Familie gefallen war. Er war insgesamt da­ rauf bedacht, Scharfmacher zurückzudrängen, die es auch in Leogang gab. Bei Kriegsende war am Pass Grießen eine Wehrmachtseinheit, die wollte unbedingt noch Widerstand leisten. Da ist er mit dem Radi hinauf gefahren und hat sie erfolgreich überredet zum Aufgeben. Damit ihm niemand vor­ werfen kann, dass er sich vorm Einrücken drückt, hat er sich 1943 freiwillig gemeldet, sie haben ihn aber bald nach Hause geschickt, weil er zu dieser Zeit wegen seines beginnenden Kopftumors bereits epileptische Anfälle hatte. Nach dem Zusammenbruch wurde er wiederholt verhaftet und nach Zell am See zu den Amerikanern gebracht, sie haben ihn aber nicht behalten. Sie haben gesagt: „Herr Empl, was machen sie hier, gehen sie in ein Kranken­ haus, wir wollen nichts von ihnen.f<74 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 339

Alois Schwaiger schildert in weiterer Folge an Hand einschlägiger Ge­ meinderatsprotokolle Empls vielfältige Konflikte mit dem Gemeinderat aus der Zeit vor 1938 und resümiert: Wenn man sich die Auseinandersetzungen zwischen Simon Empl und dem Gemeinderat seit 1927 vor Augen hält, ist es Empl hoch anzurechnen, dass es von seiner Seite nicht zu Racheaktionen an seinen damaligen Geg­ nern gekommen ist, als er dann als nationalsozialistischer Bürgermeister die Macht in Händen hielt. Er hat im Gegenteil wichtige Exponenten des Stände­ staates, den Gemeindearzt und auch den Pfarrer in Leogang wiederholt vor der Verhaftung bewahrt. Diese Personen haben nach 1945, als Empl in das amerikanische Gefangenenlager Glasenbach als Funktionsträger des NS-Re- gimes eingeliefert wurde, für ihn interveniert und Empl kam bereits nach drei Tagen wieder frei. [...] Im November 1946 starb Simon Empl im Alter von 42 Jahren an einem Kopftumor. Pfarrer Neumayer soll Zeitzeugen- Berichten zufolge in seinem Nachruf gesagt haben: „Diesem Menschen ver­ danke ich mein Leben. “73

L ofer

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 2204 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 49% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Lofer: Wahlberechtigte: 373 Stimmenanteil NSDAP: 9,92% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Lofer: Wahlberechtigte: 390 Stimmenanteil NSDAP: 31,7%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde St. Martin bei Lofer: Wahlberechtigte: 758 Stimmenanteil NSDAP: 6,60% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde St. Martin bei Lofer: Wahlberechtigte: 779 Stimmenanteil NSDAP: 12,97%

Von den beiden Gemeinden Lofer und St. Martin bei Lofer, die in der NS-Zeit unter der Gemeindebezeichnung „Lofer“ zusammengelegt waren, wurde 1982 eine von Sebastian Hinterseer verfasste „Heimatchronik Lofer- St. Martin“ (mit Volkstumsgeschichte von Max Faistauer) herausgegeben. Die Zeit zwischen 1938 und 1945 wird darin über mehrere Seiten recht aus­ führlich geschildert76. Das Wirken des während der gesamten NS-Ara als Bürgermeister amtierenden Fritz Eckschlager77, Maurerpolier, bleibt aller­ dings leider unkommentiert. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 340

M aishofen

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1459 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil 42% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: W ahlberecht igt e: 780 Stimmenanteil NSDAP: 2,31% Ergebnis der Landtagswahl 1932: W ahlberecht igte: 837 Stimmenanteil NSDAP: 23,54%

Zur Gemeinde Maishofen wurde nach 1945 noch keine Ortschronik publiziert. Zwischen 1938 und 1945 amtierte der Sägewerksbesitzer Franz Lackenschwaiger als Bürgermeister78.

M ittersill

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 3024 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 49% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in Mittersill-Markt: W ahlberecht igte: 452 Stimmenanteil NSDAP: 18,58% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in Mittersill-Markt: W ahlberecht igte: 429 Stimmenanteil NSDAP: 28,21%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in Mittersill-Land: W ahlberechtigte: 845 Stimmenanteil NSDAP: 4,62% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in Mittersill-Land: W ahlberechtigte: 926 Stimmenanteil NSDAP: 15,77%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in Hollersbach: Wahlberechtigte: 224 Stimmenanteil NSDAP: 1,7% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in Hollersbach: Wahlberechtigte: 208 Stimmenanteil NSDAP: 15,87%

1985 wurde das von Michael Forcher redigierte und gestaltete Buch „Mit­ tersill in Geschichte und Gegenwart“ von der Marktgemeinde Mittersill he­ © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 341

rausgegeben. Max Effenberger, der Ortschronist von Bruck an der Groß­ glocknerstraße und Piesendorf, ist der Verfasser des sehr ausführlichen Kapitels über „Die schlimmen Jahre von 1938 bis 1945“79. Effenberger gibt einleitend eine Erklärung zur Aufbruchsstimmung der Mittersiller Bevölke­ rung im März 1938: Die Zwischenkriegszeit war eine Zeit der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Not, Arbeitslosig­ keit, sogar Hunger herrschten in vielen Familien. Politischer Radikalismus, Hass gegen die Besitzenden und schließlich Hass auch gegen Andersdenkende waren die Folgen. [...] Auch Menschen, die der neuen Lehre nicht gerade zu­ getan waren, glaubten vielfach, ein Anschluss an Deutschland könne eine Besserung bringen, hörte man doch, dass es seit der Machtübernahme durch Hitler in Deutschland keine Arbeitslosen mehr gebe, dass alles aufwärts ginge und dass offensichtlich auch das übrige Ausland für richtig halte, was in Deutschland geschah. Immerhin genoss Hitler internationales Ansehen und konnte anstehende Probleme selbst mit Gewalt in seinem Sinne lösen, ohne dass die übrigen Staaten eingegriffen hätten. Über die negativen Seiten des Nationalsozialismus, über Judenverfolgungen und Konzentrationslager, über Freiheitsbeschränkung und die auf den Krieg hinsteuernde Politik des NS-Regimes waren die Menschen bei uns viel zu wenig informiert. [...] Hier in Mittersill und fast überall in unseren Märkten und Dörfern war man sich im März 1938 noch nicht bewusst, dass schon sehr bald die Höhenfeuer der Begrüßung zu lodernden Feuern des Krieges werden sollten. [...] Im örtlichen Bereich war auch das Vertrauen wichtig, das man in die neuen Männer setz­ te. Schließlich war der Vorderguggbauer Rupert Steger, der den abgesetzten Bürgermeister Martin Ploch ablöste, ein angesehener und achtbarer Mann, der ja schon einmal Bürgermeister der Landgemeinde war und größtes Ver­ trauen rechtfertigte.80 Rupert Steger war zuvor als Mitglied der Christlich- Sozialen zwischen 1925 und 1936 Bürgermeister der Gemeinde Mittersill- Land gewesen81. Ebenso genossen die höheren örtlichen Funktionäre der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) durchwegs be­ deutendes A nsehen.82 Im Rahmen einer Schilderung von diversen Auswirkungen des totalitä­ ren Regimes und des Krieges auf die Mittersiller Bevölkerung wird auch der Einsatz von Zwangsarbeitern behandelt. Rupert Steger habe gemeinsam mit dem Kommandanten des Gendarmeriepostens allen Zwangsarbeitern gegen­ über ein geradezu mustergültiges Verhalten gezeigt. Den beiden Männern ge­ lang es, durch ihre menschliche und äußerst tolerante Einstellung das Ver­ trauen dieser Fremden zu erwerben. Diese wiederum dankten es bei Kriegs­ ende dadurch, dass auch sie sich nahezu keine Übergriffe gegen die ansässige Bevölkerung und gegen deren Eigentum zuschulden kommen UeßenP Und zur Amtsführung Stegers fügt der Chronist folgende allgemeine Beurteilung an: Rupert Steger war überhaupt in dieser traurigen Zeit ein idealer Bürger­ meister. Stets handelte er als Mensch mit Herz und Verstand und nicht als Parteigröße. Mit ihm konnte jeder offen reden. Wenn jemand in Schwierig­ keiten geriet, half er, so gut er konntet Als im Februar 1945 ein bei Mitter- © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 342

sill abgestürzter US-Pilot über höhere Anordnung unbekleidet und ohne Sarg beerdigt werden sollte, wehrte sich Bürgermeister Steger mit Erfolg dagegen85. Seine Rolle bei Kriegsende wird wie folgt dargestellt: An der Spitze der Gemeinde war zunächst noch Rupert Steger geblieben, der sich in den kritischen letzten Kriegswochen voll und ganz für die Bevölkerung ein­ gesetzt hatte. Er war als Vermittler zwischen Parteifanatikern und Heeres­ stellen tätig gewesen und stand gleichzeitig mit der Widerstandsgruppe in Verbindung. Die Amerikaner beließen den beliebten und integeren Mann vorerst in seinem Amt und setzten ihn erst am 20. Mai ab. Er wurde sogar vorübergehend inhaftiert, bald aber wieder freigelassen.86 Am 2. Mai 1953 wurde an Rupert Steger für sein langjähriges Wirken als Bürgermeister die Ehrenbürgerschaft verliehen87.

Neukirchen am Großvenediger

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1440 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 43% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: Wahlberechtigte: 718 Stimmenanteil NSDAP: 7,24% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 810 Stimmenanteil NSDAP: 28,40%

Im Jahr 2003 wurde das Buch von Franz Brunner und Stefan Unterwurz- acher „874 Jahre Neukirchen. Streiflichter aus Geschichte und Gegenwart. Der Versuch einer geschichtlichen Dorfdokumentation“ vom Ortsverband Neukirchen des Salzburger Kameradschaftsbundes herausgegeben. Das mit vielen Fotografien versehene Werk präsentiert sich vornehmlich als Bild­ band und enthält keine direkte Darstellung des 20. Jahrhunderts bzw. des Wirkens der NS-Bürgermeister. Einige Details der NS-Ara in Neukirchen sind aber der Darstellung der Geschichte des Kriegervereins zu entnehmen. Aus einer Auflistung der Bürgermeister88 ist zu entnehmen, dass zwi­ schen 1938 und 1945 insgesamt drei Personen amtierten: 1938- 1939 Dr. Norbert Meixner, Gemeindearzt 1939- 1942 Johann Hotter, Untermaurach, Rosental 1942-1945 Josef Eichinger, Kaufmann

Dr. Norbert Meixner, Jahrgang 1896, wird im Abschnitt über die Neu- kirchener Arzte mit einem sympathischen Bild und knappen biografischen Daten vorgestellt. Seine Bürgermeistertätigkeit bis 1939 wird zwar erwähnt, aber nicht näher kommentiert89. Das Kapitel zur Geschichte des Kriegervereins enthält einige Angaben zum Wirken der beiden Bürgermeister Johann Hotter und Josef Eichinger: © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 343

Johann Hotter, Jahrgang 1910, ließ für die Heldenehrung am Krieger­ denkmal einen Obelisken aus Holz anfertigen. Jedes Mal, wenn der Ort wie­ der einen Gefallenen zu beklagen hatte, wurde der Obelisk am Kriegerdenk­ mal aufgestellt, wobei die Namen jeweils nachgetragen wurden. Ge­ schmückt wurde das Mahnmal mit einem haltbaren Kranz, um Geld zu spa­ ren. Offenbar ahnte man, dass die Zahl der gefallenen Soldaten steigen würde. Bürgermeister Johann Hotter rückte freiwillig ein, sah aber seine Heimat und seine Familie nie mehr wieder, da er am 17. Mai 1943 in Russ­ land gefallen war.90 Der Bericht über den französischen Kriegsgefangenen Johann Berthener wirft auf die Amtstätgkeit von Josef Eichinger ein positives Licht: Berthener war als Zwangsarbeiter in Neukirchen gut behandelt worden. Im Jahr 1956 erhielt der Kaufmann Josef Eichinger überraschend einen Brief aus Frank­ reich, in dem zu lesen war, dass ein gewisser Johann Berthener mit seiner Familie einen Urlaub in Neukirchen — dem Ort seiner Zwangsarbeit — ver­ bringen möchte. Herr Eichinger war der Ansprechpartner, da er in der schwierigen Zeit von 1942 bis 1945 Bürgermeister war und ihn der Franzose in guter Erinnerung hatte.91

Niedernsill

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1282 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 45% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: W ahlberechtigt e: 674 Stimmenanteil NSDAP: 12,61% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 684 Stimmenanteil NSDAP: 34,50%

Die von August und Barbara Rettenbacher verfasste „Chronik von Nie­ dernsill“ wurde 1978 von der Gemeinde Niedernsill herausgegeben. Das Wirken der Niedernsiller Bürgermeister wird darin — auch hinsichtlich ihrer verwandtschaftlichen Verbindungen — außerordentlich detailreich präsentiert, so auch jenes der beiden NS-Bürgermeister Lorenz Hutter (11. März 1938 bis 26. Januar 1939) und August Bittner (26. Januar 1939 bis 14. Mai 1945). So wie bei den Amtskollegen vor und nach ihnen wird auch ihr Wirken ausschließlich positiv bewertet: Während der Amtszeit von Lorenz Hutter, Jahrgang 1895, wurde ein Notstandserhebungsoperat ausgearbeitet und an die Kreisbauernschaft ein Ansuchen um rasche und wirksame Unterstützung eingebracht. Im Juni 1938 verwüsteten Mühlbach und Aisdorf er Bach die umliegenden Felder. Die Wasser flössen über die Kulturen wild dahin. Hutter forderte energisch die Einleitung des Mühlbaches durch eine Umleitung, er legte ein Bodenregulie- © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 344

rungsprojekt vor und beantragte den sofortigen Beginn der kommissioneilen Schadenserhebungen. Für den Herbst 1938 wurde ein Darlehen zur Ausbes­ serung der Gemeindestraßen, der Hackl- und der Jesdorfer Brücke angestrebt. [...] Eingeleitet wurde die Entschuldung landwirtschaftlicher Güter, gefähr­ dete Anwesen wurden vordringlich behandelt. Eine Jesdorfer Wasserleitung war in Aussicht genommen. [...] Lorenz Hutter hat in seiner verhältnismä­ ßig kurzen Amtszeit wichtige Vorhaben für die Allgemeinheit ausgeführt und geplant.92 Die Chronik vermerkt abschließend, dass Lorenz Hutter bis zu seinem Tod im Jahr 1973 im öffentlichen Leben noch in vielerlei Obmannsfunk­ tionen tätig war und das Vereinsleben besonders gefördert hat93. Der 1878 in Schlesien geborene August Bittner war Reichsbahn-Revident von Beruf. Die Amtsführung war durch die kriegswirtschaftlich bedingte Verwaltung sehr erschwert: Ausgabe der Lebensmittelkarten und der Bezugs­ scheine, große Lieferkontingente an Erlen- und Fichtenholz, Betreuung der Kriegshinterbliebenen, Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Nach Überschwemmungen durch den Mühlbach und den Aisdorfer Bach ließ Bittner die Jesdorfer und die Hacklbrücke sanieren. Ein besonderes An­ liegen bildete für ihn das Altersheim, das er nach Kräften förderte. Gegen Ende seiner Amtszeit überstürzten sich die Ereignisse, Truppenteile der sich auflösenden Deutschen Wehrmacht schlugen die Quartiere auf, und schließ­ lich zogen Soldaten der amerikanischen Besatzungsmacht ein. Bürgermeister Bittner erfreute sich wegen seiner guten Amtsführung, seiner Bemühungen um die Gemeinde und seines freundlichen Entgegenkommens allgemeiner Wertschätzung. In seinen schriftlichen Eingaben war er stets um die Darstel­ lung des Positiven bemüht gewesen,94

P iesen d orf

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1581 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 54% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: W ahlberechtigt e: 886 Stimmenanteil NSDAP: 6,7% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 893 Stimmenanteil NSDAP: 12,77%

Wie oben zur Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße bereits er­ wähnt, wurde auch das 1990 edierte „Heimatbuch Piesendorf“ von Max Effenberger verfasst. Die NS-Zeit wird hier — anders als in Effenbergers Darstellungen zu Bruck und Mittersill — kaum abgehandelt. Einer Auf­ listung der Bürgermeister zwischen 1883 und 194595 ist zu entnehmen, dass in Piesendorf während der NS-Ara insgesamt drei Personen amtierten: © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 345

12.3.1938- 12.1.1939 Matthias Wallner, Landwirt 12.1.1939- 27.3.1943 Eduard Neureiter, Bäckermeister 27.3.1943-12.5.1945 Alois Huber, Gast- und Landwirt Das Wirken dieser Bürgermeister wird mit keiner Zeile kommentiert, der Chronist merkt lediglich an: Es fällt auf dass in der NS-Zeit die Bürger­ meister relativ rasch wechselten, in vielen anderen Gemeinden des Pinzgaues war dieses Amt überwiegend von einem einzigen Funktionär besetzt.96 Da Effenberger die Amtsführung der NS-Bürgermeister in den Chroniken von Bruck und Mittersill einer auffallend breiten Würdigung unterzieht, könn­ te aus seinen knappen Ausführungen sowie seinem Hinweis auf die raschen Amtswechsel geschlossen werden, dass es zu den Piesendorfer NS-Bürger- meistern aus seiner Sicht nichts sonderlich „Positives“ zu berichten gab.

R auris

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1955 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 61% Ergebnis der Nationalratswahl 1930 in der Gemeinde Rauris: Wahlberechtigte: 948 Stimmenanteil NSDAP: 6,9% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Rauris: W ahlberechtigte: 931 Stimmenanteil NSDAP: 47,05%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Bucheben: Wahlberechtigte: 117 Stimmenanteil NSDAP: 0,00% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Bucheben: Wahlberechtigte: 127 Stimmenanteil NSDAP: 32,28%

Zur Gemeinde Rauris wurde bis jetzt noch keine Ortschronik betreffend die Ereignisse des 20. Jahrhunderts publiziert. Rauris ragt unter allen Ge­ meinden des Pinzgaues dadurch heraus, als dort bei der Landtagswahl 1932 fast jede zweite Stimme (!) auf die NSDAP entfiel. Auch die abgeschiedene, rein agrarisch struktierte Gemeinde Bucheben wies bei dieser Wahl einen signifikant hohen NSDAP-Stimmenanteil von 32,28% auf. Noch bei der vorangegangenen Nationalrats wähl von 1930 war in Bucheben für die NSDAP nicht eine einzige Stimme abgegeben worden. Laurenz Krisch führt diese erstaunlichen Wahlergebnisse auf die Persön­ lichkeit des Schmiedemeisters Franz Koweindl zurück. Koweindl war Mit­ begründer der Rauriser NSDAP-Ortsgruppe und deren erster Leiter. Im Gefolge der Landtagswahl 1932 wurde er zum Landtags-Vizepräsidenten ge­ wählt. Krisch zitiert aus dem unpublizierten „Dorfbuch“ des Rauriser Hei- © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 346

matforschers Siegmund Narholz, wonach sich Koweindl um die Vertiefung der n.s. Weltanschauung nicht bloß im Tale Rauris sondern im ganzen Hei­ matlande sehr bemüht habe97. Koweindls Beerdigung am 17. August 1933 gestaltete sich trotz des bereits erfolgten Verbotes der NSDAP zu einer machtvollen Kundgebung der nat. soz. Bewegung. Die Zahl der Teilnehmer war überwältigend groß. Nur durch das Einschreiten der Gendarmerie konnte das Aufstellen eines Grabkreuzes in Hakenkreuzform verhindert werden. Eine von den Nationalsozialisten beabsichtigte Ehrenwache in wei­ ßem Hemd und schwarzer Krawatte wurde ebenso unterbunden98. Josef Lahnsteiner benennt den zwischen 1938 und 1945 amtierenden Bür­ germeister mit Johann Sommerbichler, Untergratsberger, der vernünftig und mildernd im Amte waltete während der bösen Kriegszeit. Unter ihm war Rauris Aufbaugemeinde, wurde zur Verbesserung der Landwirtschaft manches geleistet, Entwässerungen durchgeführt, Wege ausgebaut, Kunst­ dünger ins Land gebracht."

Saalbach

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1101 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 65% Ergebnis der Nationalratswahl 1930: Wahlberechtigte: 546 Stimmenanteil NSDAP: 0,73% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 547 Stimmenanteil NSDAP: 5,85%

Das von Siegfried Weitlaner verfasste „Heimatbuch Saalbach-Hinter- glemm — Vom armen Bergbauerndorf zum internationalen Fremdenver­ kehrsort“ wurde 1987 von der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm heraus­ gegeben. Die NS-Zeit wird darin in dem Kapitel „Die dunklen Jahre von 1938 bis 1945; Österreich hat aufgehört zu bestehen“100 — vornehmlich unter Heranziehung der Chroniken von Gendarmerie, Schule und Pfarrei — über rund 8 Seiten sehr ausführlich abgehandelt. Zur Haltung der Bevöl­ kerung nach dem Anschluss im März 1938, die nach dem Ergebnis der Land­ tagswahl 1932 noch kaum zum Nationalsozialismus tendiert hatte, verweist der Chronist auf die prekäre wirtschaftliche Situation zuvor sowie auf den zentralen Einfluss des Ortspfarrers: Die Hochstimmung, die in diesen Um­ bruchstagen in Saalbach herrschte, war keineswegs von der Idee des National­ sozialismus geprägt, sondern war sehr viel mehr gekennzeichnet von der gro­ ßen Hoffnung und Erwartung, dass jetzt das große Elend, die entsetzliche Not und die katastrophale Arbeitslosigkeit ein Ende nehmen werden. Der Verlust der Selbständigkeit Österreichs wog nach den durchlebten Jahrzehn­ ten der Not im Augenblick weniger als die Aussicht auf ein sorgenfreies © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 347

Leben aller Bewohner der Gemeinde. Es sei kennzeichnend für die tiefreli­ giöse Bevölkerung von Saalbach, dass sie in den Märztagen 1938 ihre Ver­ treter zum Ortspfarrer Johann Gumpold entsandte, um ihn zu fragen, was er von der neuen Zeit denke und wie man sich zu verhalten habe. Dieser sprach nicht für den Nationalsozialismus, sondern im Interesse der Bevölke­ rung für ein der Realität entsprechendes Verhalten in dieser Zeit.101 So gese­ hen sei das Abstimmungsergebnis vom 10. April 1938 (nur eine Nein-Stim­ me und eine ungültige Stimme) von ihm beeinflusst worden. Er wollte für seine Pfarrgemeinde den politischen Frieden sichern und die antireligiöse Strömung fernhalten. Es ist ihm zu danken, dass es in den Umbruchstagen zu keinen größeren Exzessen und politischen Gehässigkeiten kam. Einzelne nationalsozialistische Fanatiker wurden durch die Persönlichkeit des Orts­ pfarrers und dessen Autorität in ihren Absichten gebremst.102 Der Anschluss habe für Saalbach dann gewaltige Veränderungen ge­ bracht. Der Fremdenverkehr nahm einen beachtlichen Aufschwung und die auf Krieg ausgerichtete Wirtschaftspolitik hatte anfangs eine merkliche Bes­ serung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in der Gemeinde zur Folge. Alle bekamen Arbeit, es gab bald keine Arbeitslosen mehr. Dazu trugen sicherlich auch die zweijährige Wehrpflicht und die einsetzende Landflucht bei. Es entstand der Eindruck, dass mit den Nationalsozialisten alle wirt­ schaftlichen Probleme gelöst werden konnten. Mit Kriegsbeginn am 1. Sep­ tember 1939 kam dann die große Ernüchterung ,103 Zum ersten NS-Bürgermeister Stefan Niederseer, Saigbauer, erfährt der Leser in weiterer Folge lediglich, dass er 1939 von Robert Schneider, Pächter des Vorderreitgutes in Vorderglemm, abgelöst wurde104. Schneider hatte das Bürgermeisteramt bis Kriegsende inne und seine Amtsführung wird vom Chronisten wie folgt beurteilt: Mit Robert Schneider trat ein Mann an die Spitze der Gemeinde, der das Gemeindewohl weit über parteipolitische In­ teressen stellte. Schneider hat — wie die Saalbacher aus dieser Zeit bestätigen — alles unternommen, um das Leben der Einwohner erträglich zu machen, jede politische Intoleranz zu unterbinden und für ein friedliches Zusam­ menwirken zu sorgen. Er scheute sich nicht, dem neuen Ortspfarrer Professor Johann Loitfelder am 1. Mai 1939 einen offiziellen Besuch abzustatten und ihm die uneingeschränkte Zusammenarbeit anzubieten. Sein schwerster Dienst war wohl — wie seine Gattin Maria erzählt — die Verständigung der Familien, wenn der Vater, der Sohn, der Ehemann, der Bruder oder andere Verwandte an den Fronten gefallen waren. Dieser Dienst erforderte viel Einfühlungsvermögen, viel ungeh euch eite, unpathetische Menschlichkeit und aufrichtige Anteilnahme ohne große Worte. Die betroffenen Familien haben das menschliche Verhalten ihres Bürgermeisters nicht vergessen.105 Am 16. Mai 1945 wurde Schneider, der in der Nazizeit niemandem ge­ schadet hat, von den Amerikanern im Rahmen des „automatischen Ar­ restes “ festgenommen und in ein Internierungslager gebracht106. In der Zweiten Republik würdigte die Gemeinde Saalbach ihren Altbürgermeister Robert Schneider mit der „Ehrennadel in Gold“107. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 348

Saalfelden am Steinernen Meer

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 7018 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 24% Ergebnis der Nationalratswahl 1930 in der Gemeinde Saalfelden-Markt: Wahlberechtigte: 1968 Stimmenanteil NSDAP: 11,94% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Saalfelden-Markt: Wahlberechtigte: 2079 Stimmenanteil NSDAP: 21,60%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Saalfelden-Land: Wahlberechtigte: 2012 Stimmenanteil NSDAP: 1,94% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Saalfelden-Land: Wahlberechtigte: 1983 Stimmenanteil NSDAP: 7,41%

1992 wurde von der Markt gemeinde108 Saalfelden in zwei Bänden die „Chronik Saalfelden“ herausgegeben. Im Band I findet sich das von Eduard Schuster verfasste Kapitel „Saalfelden im Deutschen Reich 1938-1945“109, dem knapp 10 Seiten gewidmet werden. Uber 4 Seiten kommen Zeitzeugen zu Wort, darunter der während der gesamten NS-Ara amtierende Bürger­ meister Hans Großlercher. Auch dem ebenfalls von Eduard Schuster stammenden Kapitel „Die Erste Republik 1918-1938“ kann entnommen werden, dass die NSDAP in Saal­ felden schon früh Fuß fassen konnte. Bereits 1922 schlossen sich Christlich- Soziale, Nationalsozialisten und der Bauernbund zu einer Wahlgemein­ schaft gegen die Sozialdemokraten zusammen, und schon 1925 konnte die NSDAP fünf Personen in die Gemeindevertretung von Saalfelden-Markt entsenden. 1931 erreichten sie in deren Gemeindevorstehung drei Sitze und in der Gemeinde Saalfelden-Land konnten sie zwei Mandate erringen110. Bei der Landtagswahl 1932 erreichte die NSDAP in der Gemeinde Saalfelden- Markt 21,6% der Wählerstimmen. Nach dem im Juni 1933 ausgesprochenen Verbot der NSDAP blieben die nunmehr „Illegalen“ in der Gemeinde eine zahlenmäßig nicht zu übersehende Gruppe111. Am 18. März wurde Hans Großlercher durch Verfügung des Landes­ hauptmannes zum kommissarischen Bürgermeister Saalfeldens bestellt. Erst ab 1939 hatte er diese Funktion hauptamtlich inne112. Dem hauptamtlich agierenden Bürgermeister waren zwei Beigeordnete zur Seite gestellt. Die Zahl der Gemeinderäte war mit 12 festgelegt.113 Großlerchers Situation als Bürgermeister muss differenziert beurteilt wer­ den. Einerseits stand ihm weit mehr Geld zur Verfügung, er konnte also weit großzügiger für die Gemeinde planen. Zumindest galt dies für die Jahre 1938 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 349

und 1939. Andererseits war er einer weit stärkeren Kontrolle ausgesetzt. Neben den verschiedensten Ministerien, denen er unterstellt war, wie Reichs­ nährstand, Propagandaministerium, Militär usw.y hatte er die Interessen der Partei, SS, SA und Gestapo wahrzunehmen. Eine Vermeidung von Interes­ senskonflikten war ein schwieriges Unterfangen. Anfangs wurde auch groß- zügig geplant. Partei, Gericht und Gemeinde sollten am Hoferfeld in neu zu errichtenden Gebäuden untergebracht werden. Der Ausbruch des Krieges vereitelte dieses Vorhaben.114 Auch ein im Juli 1939 gefasster Beschluss zur Erstellung eines Gesamt­ bebauungsplanes für Saalfelden kam nicht mehr zur Ausführung115. Wäh­ rend des Krieges wurde die Wohnungssituation immer angespannter. 1942 hält Großlercher das Erfordernis der Errichtung von Wohnbauten in einem Protokoll fest: Es sind immer noch über 200 Wohnungssuchende beim Bür­ germeister vorgemerkt, wovon 120 Parteien besonders vordringlich unterzu­ bringen wären.116 In der letzten Phase des Krieges war an ein geordnetes Arbeiten in der Gemeindestube nicht mehr zu denken117.

Unter der Überschrift „Geschichte aus der Sicht von Zeitzeugen“ lässt auch Hans Großlercher sein Wirken in der NS-Ara Revue passieren118. Großlercher wurde 1896 in Saalfelden geboren und besuchte dort die Volks­ und Bürgerschule. Er erlernte das seltene Handwerk eines Turmuhrbauers. 1913 beendete er die Lehre, war arbeitslos, dann einige Jahre bei der Öster­ reichischen Bundesbahn und anschließend in der Privatwirtschaft tätig. Seit 1925 saß Großlercher für die NSDAP in der Gemeindevertretung von Saal- felden-Markt. Ab 1934 wurde er mehrmals verhaftet und unter anderem im Anhaltelager Wollersdorf interniert119. Obwohl er nie etwas Gesetzwidriges getan habe, habe man ihn als Geisel genommen, da man in ihm den geisti­ gen Kopf gesehen habe. 1938 sei er nach dem Anschluss deshalb Bürgermeister geworden, da er über die größte politische Erfahrung verfügt habe. [...] In der Gemeinde sei die Arbeit normal weiter gegangen, berichtet der Altbürger­ meister, mit Ausnahme, dass ab 1939 die Lebensmittelkarten ausgegeben wurden und die Milchablieferung über die Gemeinde geregelt war. Das Verhältnis zur Kirche sei ein gutes gewesen. Er habe sich mit Dechant Kocher gut verstanden. Der Bürgermeister habe auch einen Kirchenschlüssel beses­ sen, allerdings diente dies für den Notfall zum Feuerläuten.120 Großlercher erinnert sich in weiterer Folge an die Abschaffung des nicht mehr zeitgemä­ ßen Bügerluses, zumal man mit den neuen Fürsorgegesetzen die Möglichkeit gehabt habe, Verarmte zu unterstützen. Dann schildert er die geplanten öffentlichen Bauprojekte, darunter auch die verkehrsmäßige Erschließung des Steinernen Meeres, für die der Planer der Großglocknerstraße, Franz Wallack, drei Varianten vorgelegt habe121. Was die Einziehung jüdischen Besitzes betroffen habe, so sei dies über die Liquidationsstelle in Wien zentral erfolgt. Die Gemeinde habe von dieser Stelle lediglich die „Süßmanngründe“ erworben. Mit der „Arisierung“ des Geschäftes des Kaufmannes Spira sei die Gemeinde nicht befasst gewesen. Dies sei ebenfalls aus Wien erfolgt.122 © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 350

Bei Kriegsende habe er sich trotz mehrer Aufforderungen zum Rücktritt mangels anderer Anweisung vom Landrat verpflichtet gefühlt, im Amt zu bleiben. Letztlich sei ihm die Entscheidung freigestellt worden123. Das von Großlercher angeführte gute Verhältnis zur Kirche wird im Zeitzeugenbericht des Priesters Michael Brugger, der von 1940 bis 1946 als Kooperator in Saalfelden wirkte, bestätigt: Über sein Verhältnis zum Bür­ germeister befragt, erzählt er, dass die Bürgermeister eine Sonderstellung gehabt hätten, da sie das Gegengewicht zum Ortsgruppenleiter bildeten. „Der Bürgermeister hat uns nie etwas zuleide getan c, erinnert sich Brugger.124 Das Kapitel über Saalfeldens NS-Ara enthält auch ausführliche Schilde­ rungen über den Terror des NS-Regimes und das schlimme Los einer Reihe von politisch Verfolgten, darunter jenes des Altbürgermeisters Karl Rein- thaler, der als Zeitzeuge über seine Jahre als Häftling im Dritten Reich be­ richtet125. Als letzte Zeitzeugin kommt bemerkenswerter Weise eine BDM- Führerin aus dem „Altreich“ zu Wort, die sich an ihre Zeit im Arbeits­ dienstlager Bürgerau im Jahr 1944 durchaus positiv erinnert: Nach einigen Wochen gemeinsamer Arbeit und fröhlichem Feierabend sah man rundum braungebrannte frische Jugendlichkeit, verschwunden waren Stöckelschuhe und modisches Getue — hervor traten fröhliche junge Mädchen — trotz aller Probleme, die sie natürlich hatten durch Krieg und Verlust von Familien­ angehörigen [...]126 Der Chronist hält angesichts vieler Abhängigkeiten von übergeordnete- ten NS-Instanzen eine differenzierte Beurteilung von Großlerchers Amts­ führung für angezeigt. Im Kontext mit Großlerchers betont gutem Verhält­ nis zur Ortsgeistlichkeit könnte vom Leser daraus — mit aller Vorsicht — der Schluss gezogen werden, der Saalfeldener NS-Bürgermeister habe insge­ samt — trotz widriger Abhängigkeiten im NS-Machtapparat — einen mög­ lichst besonnenen Kurs gefahren.

Stuhlfelden

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 977 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 44% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: Wahlberechtigte: 494 Stimmenanteil NSDAP: 6,28% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 474 Stimmenanteil NSDAP: 11,60%

Zur jüngeren Geschichte der Gemeinde Stuhlfelden existiert noch keine Ortschronik. Aus der Publikation Lahnsteiners ist zur Person bzw. zum Wirken der Stuhlfeldener NS-Bürgermeister nichts Näheres zu entnehmen. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 351

Auflistung der NS-Bürgermeister:127 Peter Brandstätter, Bahnbeamter und Gemeindesekretär 1938 Josef Egger, Gast-, Landwirt und Sägewerksbesitzer 1939-1941 Franz Hainzer, Landwirt 1941 Simon Scharler, Landwirt 1942 Franz Altenberger, Landwirt 1942 Franz Hainzer, Landwirt 1943 Stellv. BM Anton Egger, Landwirt und Sägewerksbesitzer 1944 Johann Steiner, Landwirt 1944-1946. Bemerkenswert an dieser Auflistung ist der sehr häufige Amtswechsel der Bürgermeister sowie der Umstand, dass Johann Steiner über das Kriegsende hinaus bis 1946 amtierte.

T axenbach

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 2357 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 49% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Taxenbach: Wahlberechtigte: 990 Stimmenanteil NSDAP: 5,15% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Taxenbach: W ahlberecht igt e: 1101 Stimmenanteil NSDAP: 21,71%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Eschenau: Wahlberechtigte: 237 Stimmenanteil NSDAP: 0,00% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Eschenau: Wahlberechtigte: 219 Stimmenanteil NSDAP: 0,91%

Um 1990 wurde „Das Goldene Buch der Marktgemeinde Taxenbach“ herausgegeben, das neben der Vorstellung von Taxenbacher Einrichtungen, Vereinen und Firmen nur eine ganz knappe, stichwortartige Chronik der Gemeinde und der Pfarre enthält. Aus einer Auflistung der Bürgermeister128 geht hervor, dass zwischen 1938 und 1945 folgende Personen amtierten: 1938- 1939 Josef Bachofner, Baupolier 1939- 1943 Franz Hirschmann, Schuhmacher 1943 Josef Bachofner 1943-1945 Johann Harlander, Hauserbauer

Bereits 1963 wurde vom Dekanalpfarramt die Festschrift „1000 Jahre Taxenbach“ herausgegeben. Josef Lahnsteiner verfasste den Text. Seine © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 352

knappe Schilderung der Ära des 20. Jahrhunderts weicht von seinen Ausfüh­ rungen in seiner 1960 zum Unterpinzgau erschienenen Publikation kaum ab. Aus beiden Puplikationen ist zu entnehmen, dass Bürgermeister Johann Harlander in den letzten Kriegstagen gegen eine sinnlose Verteidigung von Taxenbach aufgetreten ist: In Taxenbach wollte man den Feind aufhalten. Vom Dechantbühel bis zum Schlossberg wurden Gräben gezogen, auf der Straße wurden durch Rundhölzer Panzersperren errichtet. Inner der Fried­ hofmauer wurde ein Schützengraben ausgeworfen. Sogar die Frauen haben das Nutzlose und Gefährliche dieser Volkssturmmaßnahmen erkannt und haben dagegen rebelliert. Der Bürgermeister Hauserbauer Johann Harlander war so klug, dass er sich mit aller Energie dafür einsetzte, dass kein Wider­ stand geleistet wurde, und so sind die Amerikaner am 8. Mai 1945 ohne jeden Büchsenschuss in Taxenbach eingezogen und haben den Markt besetzt.129

Unken

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1241 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 67% Ergebnis der Nationalratswahl 1930: W ahlberecht igt e: 637 Stimmenanteil NSDAP: 0,00% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 682 Stimmenanteil NSDAP: 31,38%

Im Jahr 2000 wurde von der Gemeinde Unken eine umfängliche Orts­ chronik herausgegeben. Sie trägt den Titel „Bei uns in Unken. Vergangenes und Gegenwärtiges aus einem Dorf inner Gebirg“. Mehrere Autoren sind verzeichnet, allerdings ohne eine konkrete Zuordnung zu den einzelnen Beiträgen. Aus dem Kapitel über „Die Gemeinde Unken“ ist zur NS-Ära lediglich zu entnehmen, dass mit dem Anschluss an Hitlerdeutschland Sebastian130 Herbst, Brennerbauer, die Geschicke der Gemeinde in die Hand genommen hatte. Über die finstere Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft liegen keine Gemeindeprotokolle vor.131 Im Kapitel „Die Zwischenkriegszeit und 7 Jahre Deutsches Reich“ wer­ den aber über rund 14 Seiten die Jahre zwischen 1918 und 1945 sehr aus­ führlich abgehandelt. Die Tatsache, dass die NSDAP in Unken bereits in den Jahren vor der Errichtung des Ständestaates eine starke Position errin­ gen konnte — siehe auch das oben angeführte Landtagswahlergebnis von 1932! — wird vom Chronisten nicht tabuisiert. Wie stark die „Los-von-Ös- terreich-Bewegung“ in Unken war, dokumentiert ein historischer Gemeinde­ ratsbeschluss. 132 Am 17. April 1933 ernannte die Unkener Gemeindevorste- © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 353

hung Adolf Hitler zum Ehrenbürger von Unken. Aufgrund des durch Ver­ ordnung vom 20. Juni 1933 ausgesprochenen Verbotes der NSDAP konnte die von sechs Gemeinderäten unterfertigte Urkunde allerdings erst nach dem Anschluss 1938 überreicht werden133. Die Grenzlage zu Deutschland spielte auch in Unken für ein Erstarken der NSDAP eine bedeutsame Rolle. Kirchgänger aus den bayerischen Orten Schneizlreuth und Ristfeucht, die zur Unkener Pfarre gehörten, kamen mit der notleidenden Unkener Bevöl­ kerung zusammen. Dabei wurde der wirtschaftliche Aufschwung im Hitler- Deutschland sichtbar — der eine oder andere kam zum Kirchgang schon mit dem Motorrad angefahren. Neben den sichtbaren Dingen wurde aber auch der politische Druck aus Deutschland hörbar: Mittels riesiger Lautsprecher wurde das Unkener Talbecken von Melleck aus mit Nazipropaganda für den Anschluss an das Deutsche Reich überschwemmt. Durch das Verbot der NSDAP vom 19.6.1933154 haben sich in Unken starke nationalsozialistische Lager im Untergrund gebildet. Neben vielen Arbeitslosen hat sich auch ein Teil der durch die Notzeit stark verschuldeten Bauernschaft zur national­ sozialistischen Ideologie bekannt.135

Wie schon zur angespannten politischen Situation im Pinzgau um 1933 lehnt sich der Chronist zur Einschätzung der Amtssituation des NS-Bürger- meisters an die einschlägige Darstellung in der Saalfeldener Chronik stark an: Der Bürgermeister war Vollzugsorgan übergeordneter neuer Dienststel­ len. Zu Beginn seiner Amtsszeit stand dem Bürgermeister — zumindest 1938/39 — mehr Geld zur Verfügung. So wurde ihm bereits am 10. August 1938 ein unverzinsliches Darlehen zur Errichtung des Dorfplatzes zwischen Kramerwirt und Neuhauser von der Landeshauptmannschaft Salzburg ge­ währt. Seine Entscheidungsfreiheit war jedoch stark eingeschränkt. Neben den verschiedenen Ministerien wie Reichsnährstand, Propagandaministe­ rium und Militär, hatte er auch die Belange der Partei, SS, SA und Gestapo wahrzunehmen. Die Vermeidung von Interessenskonflikten war ein schwie­ riges Unterfangen,136 Bürgermeisters Herbsts Amtsführung wird jedoch in weiterer Folge mit Ausnahme der Feststellung, dass er 1943 bevorrechteten Bauwerbern vom Gauwohnungskommissär ausgestellte Baukarten zur Er­ richtung von insgesamt zehn Behelfsheimen aushändigte137, nicht näher kommentiert. Auch die Zeitzeugin Auguste Herbst, die sich an ihre Tätig­ keit als „Gemeindeschreiberin“ zwischen 1941 und 1946 erinnert, enthält sich einer diesbezüglichen Bewertung. Sie berichtet unter anderem, dass das Sterben an den Fronten im Verlauf des Krieges von einem Großteil der Be­ völkerung als sinnlos erkannt worden sei. Unter diesem wachsenden mora­ lischen Druck mussten der Bürgermeister oder der Ortsgruppenleiter an die neunzig Gänge zu verzweifelten Eltern, Frauen mit Kindern und sonstigen Angehörigen antreten!138 Einer ihrer letzten Aufgaben unter Bürgermeister Blasius Herbst sei das Verbrennen der auf Hitler und sein Gedankengut aus­ gerichteten Buchbestände der Gemeindebücherei gewesen. Ein Aufsichts­ organ der amerikanischen Kommandantur hat meine Arbeit überwacht. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 354

Meinen Dienstherren hatten amerikanische Besatzer nach Kriegsende sofort verhaftet und im luge der Entnazifizierung nach Glasenbach überstellt.139

U tten d o rf

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 1838 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 42% Ergebnis der Nationalratswahl 1930: Wahlberechtigte: 884 Stimmenanteil NSDAP: 7,69% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 935 Stimmenanteil NSDAP: 15,19%

Zur jüngeren Geschichte der Gemeinde Uttendorf existiert noch keine Ortschronik. Aus der Publikation Lahnsteiners ist zur Person bzw. zum Wirken der Uttendorfer NS-Bürgermeister nichts Näheres zu entnehmen. Auflistung der NS-Bürgermeister:140 1938- 1939 Moritz Moritz, Oberförster 1939- 1942 Ernst Hofstätter (Beruf nicht erhoben) 1942-1944 Josef Altenberger, Gast- und Landwirt 1945-Februar 1945 Franz Maurer, Rauchfangkehrermeister März 1945-1946 Franz Profeit, Prokurist

Auffallend ist hier der häufige Amts Wechsel sowie der Umstand, dass Franz Profeit nach Kriegsende bis 1946 in seiner Funktion belassen wurde.

V iehhofen

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 386 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 63% Ergebnis der Nationalrats wähl 1930: Wahlberechtigte: 212 Stimmenanteil NSDAP: 12,74% Ergebnis der Landtagswahl 1932: Wahlberechtigte: 222 Stimmenanteil NSDAP: 29,7%

Zur kleinen Gemeinde Viehhofen existiert noch keine Ortschronik. Bemerkenswert ist, dass Viehhofen trotz seiner geringen Einwohnerzahl nach 1938 selbstständig bleiben durfte. Vielleicht hatte der Umstand, dass bei der Landtagswahl 1932 bereits knapp ein Drittel der wahlberechtigten Gemeindebürger für die NSDAP votierten, hiefür eine gewisse Bedeutung. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 355

Während der gesamten NS-Ära verblieb Johann Hollaus, Egglerbauer, Jahrgang 1870 und Bürgermeister bereits seit den 192Oer-Jahren, weiter im Amt141. Näheres über sein Wirken ist der Darstellung Lahnsteiners nicht zu entnehmen. Aufgrund der langen Amtsdauer ist aber davon auszugehen, dass Hollaus in seiner Gemeinde ein sehr anerkannter Bürgermeister gewe­ sen sein muss.

Zell am See

Wohnbevölkerung zum 17. Mai 1939: 4286 Einwohner Landwirtschaftlicher Bevölkerungsanteil: 14% Ergebnis der Nationalratswahl 1930 in der Stadtgemeinde Zell am See: W ahlberecht igt e: 177 8 Stimmenanteil NSDAP: 20,53% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Stadtgemeinde Zell am See: Wahlberechtigte: 1899 Stimmenanteil NSDAP: 37,07%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Bruckberg: Wahlberechtigte: 316 Stimmenanteil NSDAP: 8,86% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Bruckberg: Wahlberechtigte: 328 Stimmenanteil NSDAP: 28,3%

Ergebnis der Nationalrats wähl 1930 in der Gemeinde Thumersbach: Wahlberechtigte: 282 Stimmenanteil NSDAP: 13,83% Ergebnis der Landtagswahl 1932 in der Gemeinde Thumersbach: Wahlberechtigte: 266 Stimmenanteil NSDAP: 28,95%

1975 wurde von Ferdinand Hölzl das Buch „1200 Jahre Zell am See, Eine Heimatchronik“, im Eigenverlag des Autors herausgegeben142. Den Zeller Bürgermeistern zwischen 1854 und 1975 widmet Hölzl darin ein ausführ­ liches Kapitel143. Einschlägiges Fotomaterial zur NS-Zeit in Zell am See ent­ hält der von Horst Scholz und Erika Pfeiffenberger-Scherer 1996 heraus­ gegebene Bildband „Zell am See in vergangenen Tagen“144. Zell am See galt bereits früh als eine NSDAP-Hochburg. Schon 1919 konnte dort die NSDAP Fuß fassen145; 1922 wurde der Nationalsozialist Josef Ernst, Steueramtsdirektor, zum Bürgermeister gewählt und hatte die­ ses Amt nach mehrmaliger Wiederwahl bis 1931 inne. Bei der Landtagswahl 1932 votierten immerhin 37,07% der Wahlberechtigten für die NSDAP. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 356

Auch die 1938/39 mit Zell am See vereinigten Gemeinden Bruckberg und Thumersbach hatten bei der Landtagswahl 1932 mit je knapp 30% einen ungewöhnlich hohen Wähleranteil für die NSDAP aufzuweisen. Josef Lahnsteiner findet für die Amtsära von Josef Ernst, dessen Partei­ zugehörigkeit er freilich nicht erwähnt, äußerst lobende Worte: 1922 bis 1931 saß der Steuerdirektor Josef Ernst mit allem Ernst zur Hebung des Fremdenortes Zell auf dem Bürgermeisterstuhl. 1924 wurde ein großes Wohnhaus für 12 Familien beim Schweizerhof erbaut, 1925 der Park beim ehemaligen Hotel Elisabeth erworben. Zugleich wurde durch eine private Gesellschaft das große Strandbad mit verschiedenen Sport- und Belustigungs­ möglichkeiten au f dem See geschaffen, das dem Fremdenverkehr neuen Im­ puls brachte. 1927 begann der Bau der Seilschwebebahn auf die Schmitten­ höhe, der vom Landeshauptmann Franz Rehrl mit großer Energie gefördert wurde.146 Lahnsteiner erwähnt in weiterer Folge noch die 1928 erfolgte Er­ hebung Zells zur Stadt und die Realisierung diverser kommunaler Projekte (Hauptschulbau, Feuerwehrhaus, Strandbaderweiterung, Sportflächen)147. In der von Hölzl herausgegebenen Heimatchronik werden die geplanten und verwirklichten Vorhaben während der Amtszeit des Bürgermeisters Ernst sehr ausführlich über 2 Seiten148 dargestellt, um mit der Feststellung zu schließen: Die Amtsperiode Emsts als Bürgermeister muss wohl unter die produktivsten eingereiht werden; seiner persönlichen Tatkraft und Umsicht ist ein guter Teil des Aufstieges von Zell am See als Fremdenverkehrsort zu danken.149

Zwischen 1938 und 1945 amtierten Rechtsanwalt Dr. Georg Freiherr von Lippert (14. März 1938 bis 15. Mai 1938) und Dipl.-Ing. Erich Janik (15. Mai 1938 bis 8. Mai 1945) als Zeller Bürgermeister. Die Zeller Heimatchronik attestiert beiden Bürgermeistern eine posi­ tive Amtsführung: Trotz der bei anderen Amtsstellen in Erscheinung getre­ tenen Tendenz, gründliche Personalveränderungen vorzunehmen, sei es Dr. Lippert gelungen, den Personalstand des Stadtamtes vor Änderungen rest­ los zu bewahren und damit zugleich ein reibungsloses Funktionieren zu ge­ währleisten150. Unter tatkräftiger Mithilfe des damaligen Amtsleiters Adolf Mühldorf sei es Dr. Lippert zudem gelungen, in Anbetracht des stark anstei­ genden Autoverkehrs aus dem „Altreich“ in Richtung Großglocknerstraße für die Stadt ein Grundstück zwecks Errichtung eines hinreichend großen Parkplatzes günstig zu erwerben151. Dipl.-Ing. Erich Janik bemühte sich um eine unparteiische Amtsführung, sodass ihm selbst seine früheren politischen Gegner die Anerkennung nicht versagen konnten. Nach einem Bericht betrug die Vermehrung des Gemein­ devermögens von 1938 bis 1942 1,081.684 RM! Wenn auch die Geschäfts­ führung für einen Bürgermeister im großdeutschen Reich mit größeren Ein­ nahmequellen und auch bedeutenden Verfügungsrechten ausgestattet war, sind die Leistungen von Bürgermeister Janik schon in Anbetracht des Krie­ ges nicht minder einzuschätzen. Es gebührt ihm insbesondere für die großen © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 357

und außerordentlichen Errungenschaften der Dank der gesamten Gemein­ de.152 Die Heimatchronik hebt in weiterer Folge die Anschaffung eines Last­ kraftwagens und eines Traktors für den Bauhof und den Ankauf von 3,5 ha Grundfläche für Sportzwecke hervor. Nach der Erwähnung eines für die Gemeinde ungünstig ausgegangenen Rechtsstreits um das Eigentumsrecht der Gemeindewälder schließen die Ausführungen zu Janiks Amtstätigkeit mit folgenden lobenden Feststellungen: Obwohl höhere Stellen einen Luft­ schutzstollen als überflüssig fanden, hat Bürgermeister Janik einen solchen unterhalb des Cafes „Wimm“ einbauen lassen. [...] Am 8. Mai 1945 wurde Ing. Janik nach Einmarsch der amerikanischen Truppen seines Amtes ent­ hoben. Bürgermeister Dipl.Ing. Janik war nach seinen Leistungen und den nicht mehr ausführbaren Planungen stets bemüht, sein Bestes für Zell am See herzugeben, ohne auch nur die geringsten außerordentlichen Ansprüche für sich zu stellen.153

RESÜMEE

Die Chroniken als „Kinder ihrer Zeit und ihrer Verfasser“

Die gesichteten Chroniken illustrieren, dass vor dem Hintergrund ihrer Entstehungszeit, ihrer Zielsetzung und der Sichtweise ihrer Verfasser die Darstellung zeitgeschichtlicher Ereignisse sehr unterschiedlich ausfällt: Bei den beiden Ortschroniken aus den 1970er-Jahren (Zell am See: 1975, Niedernsill: 1978) wird die NS-Ara selbst noch weitgehend ausgespart, die NS-Bürgermeister erfahren jedoch gleich ihren anderen Amtskollegen als Ortshonoratioren eine positive Würdigung. In den Chroniken der 1980er-Jahre findet sich in vier Fällen (Lofer/ St. Martin: 1982, Bruck: 1984, Mittersill: 1985, Saalbach: 1987) eine einläss­ lichere, bisweilen auch leicht moralisierende, die Dorfbevölkerung aber weitgehend exkulpierende und die lokalen Akteure positiv würdigende Schilderung der NS-Ära. In drei Fällen (Kaprun: 1986, Dienten: 1988, Pie- sendorf: 1990) bleiben die „heiklen Jahre“ dagegen weiterhin mehr oder weniger unterbelichtet. Bei den seit den 1990er-Jahren herausgegebenen Ortschroniken ist das Bemühen um eine vertiefende und ausgewogene Darstellung der NS-Ära feststellbar. Nunmehr zugängliche historische Quellen werden verwertet, Zeitzeugen kommen breiter zu Wort und persönliche Betroffenheiten tre­ ten allmählich in den Hintergrund (Lend/Embach: 1991, Saalfelden: 1992, Bramberg: 1993, Unken: 2000). Die jüngste der gesichteten Ortschroniken (Neukirchen: 2003) trägt dagegen vornehmlich den Charakter eines Bild­ bandes und bietet zur NS-Ära nur beiläufige, für das Thema dieser Abhand­ lung aber durchaus interessante Informationen. Zur Gemeinde Leogang liegt als glücklicher Sonderfall seit 1998 eine ausführliche Mikrostudie zur NS-Zeit im Dorf vor. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 358

Zu Lahnsteiners Darstellungen aus den 1950/60er-Jahren, die vom Autor ergänzend herangezogen wurden, ist Folgendes anzumerken: Lahnsteiner hat die „kritischen Zeiten“ vor 1945 aus dem Blickwinkel eines katholischen Seelsorgers bewusst miterlebt. Dieser persönliche Erfahrungshorizont deck­ te sich offenkundig weitgehend mit der nach 1945 offiziell vertretenen Op­ ferrolle Österreichs (und der Kirche). Seine Publikationen, die von einer starken emotionalen Zuneigung zu seiner Pinzgauer Heimat geprägt sind, sind vor diesem Hintergrund zu sehen. Zur NS-Ara schildert er bei den ein­ zelnen Gemeinden auffällig oft das bei Kriegsende im Frühjahr 1945 herr­ schende Chaos. Auf die Ereignisse zwischen 1938 und 1944 bzw. auf das Wirken der NS-Bürgermeister nimmt er aber nur sehr vereinzelt Bezug. Dass die ausgewerteten Chroniken in diesem Sinn „Kinder ihrer Zeit und ihrer Verfasser“ sind, ist bei einem Vergleich der Bilder, die von den NS- Bürgermeistern gezeichnet werden, mitzubedenken154.

Bewertung der Amtsführung

Zu zwölf der 24 untersuchten Gemeinden enthalten die Ortschroniken bzw. Lahnsteiners Publikationen direkte Bewertungen der Amtsführung der NS-Bürgermeister: Bramberg am Wildkogel, Bruck an der Großglock­ nerstraße, Leogang, Mittersill, Neukirchen am Großvenediger, Niedernsill, Piesendorf, Rauris, Saalbach, Saalfelden am Steinernen Meer, Unken, Zell am See. In zehn dieser Gemeinden wird das Wirken des, der oder eines der NS- Bürgermeister eindeutig positiv bewertet. Die restlichen zwei Chroniken (Saalfelden und Unken) thematisieren gleichlautend die starke Abhängigkeit von übergeordneten Stellen, wobei sich in Saalfelden zumindest indirekt auch positive Momente (z. B. gutes Verhältnis zur Ortsgeistlichkeit) für die Amtsführung des NS-Bürgermeisters ableiten lassen. Die von den Ortschronisten für eine positive Amtsführung ins Treffen geführten Aspekte können wie folgt zusammengefasst werden: — Gute Wirtschaftsführung und/oder Vorantreibung bzw. Realisierung von Investitionen, Grundankäufen, Luftschutzeinrichtungen usw. zum Wohl der Gemeinde (-bevölkerung): Bramberg (Matthias Blaikner), Bruck (Peter Lederer), Niedernsill (Lorenz Hutter, August Bittner) Rau­ ris (Johann Sommerbichler), Saalfelden (Hans Großlercher), Zell am See (Josef Ernst, Dr. Georg Freiherr von Lippert, Dipl.-Ing. Erich Janik); — Einsatz für politisch bedrohte Gemeindebürgerinnen und -bürger: Leo­ gang (Simon Empl), Mittersill (Rupert Steger); — Einsatz für eine gute Behandlung von Kriegsgefangenen und Zwangs­ arbeitern: Leogang (Simon Empl), Mittersill (Rupert Steger), Neukir­ chen (Josef Eichinger); — Gutes Verhältnis zur Ortsgeistlichkeit: Bramberg (Matthias Blaikner), Leogang (Simon Empl), Saalbach (Robert Schneider) Saalfelden (Hans Großlercher); © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 359

— Besonnene, unparteiliche Amtsführung, Vermeidung fanatischen Han­ delns, den Frieden innerhalb der Gemeinde-Bevölkerung möglichst wah­ rend: Bramberg (Matthias Blaikner), Leogang (Simon Empl), Mittersill (Rupert Steger), Niedernsill (August Bittner), Rauris (Johann Sommer- bichler), Saalbach (Robert Schneider), Zell am See (Dipl.-Ing. Erich Janik); — Auftreten gegen fanatische Parteigenossen:155 Leogang (Simon Empl); — Auftreten gegen sinnlose Verteidigungsmaßnahmen bei Kriegsende: Leogang (Simon Empl), Mittersill (Rupert Steger), Taxenbach (Johann Harlander) — Auch vor 1938 und/oder nach 1945 als angesehener Bürgermeister tätig: Bramberg (Matthias Blaikner), Bruck (Anton Posch), Mittersill (Rupert Steger); — Besonders einfühlsames Verhalten gegenüber den Hinterbliebenen von gefallenen Soldaten: Saalbach (Robert Schneider).

Schließlich wird in der Ortschronik von Lend ein wirtschaftlich moti­ vierter Widerstand der Gemeindeverwaltung (und damit wohl: Bürgermeis­ ter?) gegen wiederholte Forderungen von HJ-Führungsstellen auf Errich­ tung eines HJ-Heimes sowie auf die Unterbringung von HJ- und BDM- Fahrtengruppen geschildert.

Kontinuitäten

Neben Bramberg, Bruck und Mittersill (siehe oben) lassen in weiteren fünf Gemeinden allein schon die Zeiten der Funktionsausübung auf eine von der Ortsbevölkerung sehr anerkannte Persönlichen schließen: Fusch: Bürgermeister Josef Mühlauer seit den 1920er-Jahren bis 1939 im Amt; K aprun: Bürgermeister Martin Bacher von 1935 bis 1939 und von 1945 bis 1946 im Amt; Stuhlfelden: Bürgermeister Johann Steiner von 1944 bis 1946 im Amt; U tte n d o rf: Bürgermeister Franz Profeit vom März 1945 bis 1946 im Amt; V iehhofen: Bürgermeister Johann Hollaus bekleidet sein Amt ohne Un­ terbrechungen bereits seit den 1920er-Jahren und während der gesamten NS-Ära.

In immerhin einem Viertel der 24 untersuchten Gemeinden, nämlich in Bramberg, Bruck, Fusch, Kaprun, Mittersill und Viehhofen, konnten vor dem 13. März 1938 nicht dem NS-Regime anhangende Bürgermeister wäh­ rend der NS-Ara weiter- bzw erneut amtieren. Der Umbruch im März 1938 führte damit auf lokaler Ebene entgegen vielfacher Annahme keineswegs zu einer lückenlosen und radikalen Entmachtung der bisherigen politischen Entscheidungsträger. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 360

Gesellschaftlicher Status der NS-Bürgermeister

Soweit die Berufe der 51 oben namentlich angeführten NS-Bürgermeister aus den Chroniken bzw. hilfsweise von den Gemeindeämtern erhoben wer­ den konnten, ergibt sich folgende Aufgliederung: Landwirt 19 Personen Handwerksmeister 6 Personen Kaufmann 4 Personen Öffentlich Bediensteter (Reichsbahn, Finanz, Oberförster) 4 Personen Gast- und Landwirt 2 Personen Polier 2 Personen Sägewerksbesitzer 2 Personen Angestellter 2 Personen Landw. Pächter 1 Person Gastwirt 1 Person Kaufmann und Landwirt 1 Person Sägewerksbesitzer und Landwirt 1 Person Gast-, Landwirt und Sägewerksbesitzer 1 Person Arzt 1 Person Rechtsanwalt 1 Person Nicht ermittelt 3 Personen

Die große Anzahl an Landwirten korrespondiert mit einem hohen land­ wirtschaftlichen Bevölkerungsanteil im damaligen Landkreis Zell am See von 40%156. Deutlich überwiegen die selbstständigen Berufsgruppen. Die NS-Bürgermeister hatten also aufgrund ihres Zivilberufes vor Ort in aller Regel einen gesellschaftlich sehr anerkannten Status.

Fluktuation der NS-Bürgermeister zw ischen 1938 und 1945

1 Bürgermeister 10 Gemeinden 2 Bürgermeister 7 Gemeinden157 3 Bürgermeister 3 Gemeinden 4 Bürgermeister 2 Gemeinden 5 Bürgermeister und mehr 2 Gemeinden

In 17 von 24 Gemeinden waren zwischen 1938 und 1945 nur ein bis zwei Bürgermeister im Amt. Dieser Anteil spricht insgesamt für eine eher stabile Besetzungspolitik158. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 361

Ortschroniken ohne Informationen zur Amtsführung

Uber jene NS-Bürgermeister, auf deren Amtsführung aus einer Orts­ chronik, aus Lahnsteiners Publikationen oder aus der Amtsdauer keinerlei Rückschlüsse gezogen werden können, ist im Rahmen dieser Abhandlung keine Aussage möglich. Dort, wo die NS-Ara in den Chroniken generell eher kryptisch abgehandelt wird (Dienten, Kaprun, Piesendorf), war in der Regel auch keine einlässlichere Befassung mit dem Wirken der NS-Bürger- meister zu erwarten. In Fällen, in denen die NS-Ara als solche aber durch­ aus ausführlicher dargestellt wird, lässt sich hingegen vermuten, dass der Chronist zur Amtsführung des NS-Bürgermeisters bewusst nichts Näheres — sei es Positives oder Negatives — berichten wollte. Eine direkte negative Beurteilung eines NS-Bürgermeisters findet sich in keiner einzigen der gesichteten Abhandlungen159.

Schlussbemerkungen

Die Zahl der in den gesichteten lokalhistorischen Publikationen eindeu­ tig positiv bewerteten NS-Bürgermeister (14 Personen in 10 Gemeinden) ist signifikant hoch. Die zentrale Botschaft der Chronisten ist in diesen Fällen sehr oft folgende: Das Bürgermeisteramt hatten von der Ortsbevölkerung geschätzte Persönlichkeiten inne, die nur das Beste für ihre Gemeinde woll­ ten und alles daran setzten, die schlimmen Auswirkungen eines diktatori­ schen Regimes vor Ort möglichst abzumildern. Eine Analyse der Orts­ chroniken weiterer Regionen könnte Aufschluss darüber geben, ob ein der­ artiges Ergebnis auch über den Pinzgau hinaus Gültigkeit hat. Nach wie vor gibt es eine ganze Reihe von Pinzgauer Gemeinden, zu deren Zeitgeschichte bis jetzt noch keine (oder noch keine „moderne“) Orts­ chronik vorliegt160. In den nächsten Jahren darf deshalb mit Interesse die Publikation von neuen Pinzgauer Ortschroniken erwartet werden. Jene Ortschronisten, die sich an eine vertiefende Darstellung der lokalen Ereig­ nisse in den „heiklen“ Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und an eine mög­ lichst ausgewogene Bewertung des Handelns der damaligen Akteure heran­ wagen, stehen trotz der inzwischen großen zeitlichen Distanz immer noch vor einer sehr sensiblen Aufgabe. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 362

Anmerkungen

1 Hellmut Butterweck, Verurteilt & begnadigt. Österreich und seine NS-Straftäter (Wien 2003), S. 49. 2 Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich Nr. 13/1945. 3 Ebd., Nr. 32/1945. 4 Rede Rohrachers zum Thema „Die vier Grundpfeiler des Wiederaufbaues“, gehalten am 7. März 1947 im großen Hörsaal der theologischen Fakultät in Innsbruck. Zitiert nach: Hans Widrich (Hg.), Andreas Rohracher. Kirche in der Welt. Predigten, Ansprachen und Kom­ mentare des Erzbischofs von Salzburg (Salzburg 1968), S. 16. 5 Ebd. 6 Waggerl war von 1940 bis 1942 kommissarischer Bürgermeister von Wagrain. 7 Ein nationalsozialistischer Bürgermeister amtierte zwischen 1922 und 1931. Zu dieser Ausnahme siehe im Abschnitt „Lokalgeschichtliche Schilderungen aus den einzelnen Gemein­ den“ die Ausführungen zu Zell am See. 8 Ernst Hanisch, Gau der guten Nerven. Die nationalsozialistische Herrschaft in Salzburg 1938-1945 (Salzburg 1997), S. 193. 9 Deutsches Reichsgesetzblatt (RGBl.) I S. 49, eingeführt in Österreich durch die Verord­ nung des Reichsministers des Inneren vom 15. September 1938, RGBl. I S. 1167. 10 Landesgesetzblatt Nr. 23/1936. 11 Für den Bezirk Tamsweg sind diese kommissarischen Bürgermeisterbesetzungen anhand der Akten der Bezirkverwaltungsbehörde exemplarisch dokumentiert bei: Ignaz Steinwender, Die Geschichte einer Verführung, Kirche und Nationalsozialismus im Bezirk Lungau, 1930- 1945 (Frankfurt am Main 2003), S. 239-244. 12 Siehe dazu die Darstellungen zu den einzelnen Gemeinden. 13 Steinwender (wie Anm. 11), S. 239. 14 Ebd., S. 244 f. 15 Chronik Saalfelden, Bd. 1, hg. von der Marktgemeinde Saalfelden (Saalfelden am Steiner­ nen Meer 1992), S. 369. 16 Mannlicher/Petz/Schattenfroh, Die Deutsche Gemeindeordnung nebst der Einführungs­ verordnung, Angleichungsverordnung und Ausführungsanweisung sowie den Anweisungen des Stellvertreters des Führers für die Ostmark bearbeitet, Verwaltungsbücher für die Ostmark Bd. I (München—Berlin 1939), S. 62. 17 Ebd. 18 Ebd., S. 63. 19 § 6 Abs. 2 Deutsche Gemeindeordnung 20 Mannlicher/Petz/Schattenfroh (wie Anm. 16), S. 63. 21 Ebd. 22 Ebd., S. 67. 23 Ebd. 24 Ebd., S. 230. 25 Ebd., S. 66. 26 Ebd. 27 § 106 Deutsche Gemeindeordnung. 28 Rudolf G. Ardelt, Die Stadt in der NS-Zeit, in: Dopsch/Spatzenegger II/4, S. 2427-2443, hier: S. 2436. 29 Hanisch, Gau der guten Nerven (wie Anm. 8), S. 198. 30 Mannlicher/Petz/Schattenfroh (wie Anm. 16), S. 64. 31 Siehe unten die einschlägigen Hinweise in den Chroniken von Saalfelden und Unken. 32 Seit den 1970er-Jahren publizierte Ortschroniken: Hans Hönigschmid, Bramberg am Wildkogel, hg. v. d. Gemeinde Bramberg (Bramberg am Wildkogel 1993); Max Effenherger, Brücker Heimatbuch (Bruck an der Großglocknerstraße 1984); Franz Portenkirebner, Heimat­ buch Dienten am Hochkönig — Unsere Gemeinde in Vergangenheit und Gegenwart, hg. im Eigenverlag der Gemeinde Dienten (Dienten am Hochkönig 1988); Grete Nyvelt, Kaprun einst und jetzt — im Zusammenhang mit der Geschichte des Pinzgaues und Salzburgs, hg. v. d. Ge­ © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 363

meinde Kaprun (Kaprun 21986); Erika Pfeiffenberger-Scherer, Lend/Embach, eine Gemeinde im Wandel der Zeit, hg. v. d. Gemeinde Lend (Lend 1991); Alois Schwaiger, Leogang 1938— 1945. Zeitzeugen berichten, hg. vom Leoganger Bergbau-Museumsverein (Leogang 1998); Se­ bastian Hinterseer, Heimatchronik Lofer-St. Martin, hg. v. den Gemeinden Lofer u. St. Martin bei Lofer (Lofer 1982); Mittersill in Geschichte und Gegenwart, hg. v. d. Marktgemeinde Mit- tersill, red. v. Michael Forcher (Mittersill 1985); Franz Brunner u. Stefan Unterwurzacher, 874 Jahre Neukirchen, Streiflichter aus Geschichte und Gegenwart, hg. vom Ortsverband Neukir­ chen des Salzburger Kameradschaftsbundes (Neukirchen am Großvenediger 2003); August u. Barbara Rettenbacher, Chronik von Niedernsill, hg. v. d. Gemeinde Niedernsill (Niedernsill 1978); Max Effenberger, Heimatbuch Piesendorf (Piesendorf 1990); Siegfried Weitlaner, Hei­ matbuch Saalbach-Hinterglemm — Vom armen Bergbauerndorf zum internationalen Fremden­ verkehrsort, hg. v. d. Gemeinde Saalbach-Hinterglemm (Saalbach-Hinterglemm 1987); Chro­ nik Saalfelden (wie Anm. 15); Bei uns in Unken. Vergangenes und Gegenwärtiges aus einem Dorf inner Gebirg, hg. v. d. Gemeinde Unken (Unken 2000); Ferdinand Hölzl, 1200 Jahre Zell am See. Eine Heimatchronik (Zell am See 1975). 33 Hier ist auf die von Historikern auf gezeigte Problematik hinzuweisen, die mit der Ver­ fassung von Ortschroniken durch „Hobby-Geschichtsschreiber“ ohne professionelle Beglei­ tung verbunden sein kann. Um die Erstellung von wissenschaftlich ansprechenden Ortschro­ niken zu fördern, werden bereits seit 1985 vom Salzburger Landesarchiv regelmäßig Ortschro­ nistenseminare durchgeführt. Im Rahmen dieser Seminare wird versucht, „den Teilnehmern Anleitungen zum sinnvollen Aufbau von Ortschroniken, zur Auffindung und Auswertung der Quellen, zu Form und Stil der Darstellung sowie zur Illustration, zur Kalkulation und zur Drucklegung zu geben. Auch in diesem Bereich sind die Vertreter der Landesgeschichte dazu aufgerufen, sich nicht auf eine durchaus berechtigte Kritik zu beschränken, sondern selbst bei­ spielhaft vorzuführen, wie die schwierige Aufgabe der Orts- und Lokalgeschichtsschreibung sinnvoll zu lösen ist“: Fleinz Dopsch, Probleme der Landes und Regionalgeschichte am Beispiel Salzburgs. Eine Zwischenbilanz nach zwei Jahrzehnten Arbeit an einem Handbuch, in: Herwig Wolfram u. Walter Pohl (Hg.), Probleme der Geschichte Österreichs und ihrer Darstellung (Wien 1991), S. 193-226, hier S. 208. 34 Zur generellen Unterschiedlichkeit der Ortschroniken als „Kinder ihrer Zeit und ihrer Verfasser“ siehe die einleitenden Ausführungen im Abschnitt Resümee. Was die NS-Zeit an­ langt, „flüchten“ manche Chronisten (selbst in ansonsten sehr professionell aufgemachten Orts­ chroniken aus jüngerer Zeit) nicht ungern in eine Darstellung der Ereignisse auf überregiona­ ler Ebene (z. B. Kriegsverlauf) und schildern deren Auswirkungen vor Ort (z. B. Ausgabe von Lebensmittelkarten) dann nur ganz allgemein. 35 Josef Lahnsteiner, Unterpinzgau. Zell am See, Taxenbach, Rauris. Geschichtlich und hei­ matkundlich beschrieben (Hollersbach 1960); Mitterpinzgau. Saalbach, Saalfelden, Lofer Salz- burgisches Saaletal. Geschichtlich und heimatkundlich beschrieben (Hollersbach 1962); Ober­ pinzgau von Krimml bis Kaprun. Eine Sammlung geschichtlicher, kunsthistorischer und hei­ matkundlicher Notizen für die Freunde der Heimat (Hollersbach 21965). 36 Uber die NS-Bürgermeister jener Gemeinden, die ab 1939 nicht mehr existierten (Buch­ eben, Embach, Eschenau, St. Georgen im Pinzgau, St. Martin bei Lofer und Thumersbach), wurden keine näheren Daten erhoben. 37 Verordnungsblatt für den Amtsbereich des Landeshauptmannes von Salzburg Nr. 31/ 1938. 38 Nach der Deutschen Gemeindeordnung konnte bei Verwaltungsgemeinschaften auch ein „gemeinschaftlicher Bürgermeister“ eingesetzt werden. 39 Gemeindeverzeichnis für die Reichsgaue der Ostmark auf Grund der Volkszählung vom 17. Mai 1939 nach dem Gebietsstand vom 1. Januar 1940 (Wien 1940), S. 84. 40 Laurenz Krisch, Die Wahlerfolge der Nationalsozialisten in der Spätphase der Ersten Republik im Pongau und Pinzgau. Eine empirische Analyse zur Struktur der NSDAP-Wähler- schaft, in: MGSL 140 (2000), S. 215-267, hier: S. 258. 41 Ebd., S. 247. 42 Lahnsteiner, Mitterpinzgau, (wie Anm. 35), S. 225. 43 Ebd., S. 236 f. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 364

44 Hönigschmid, Bramberg (wie Anm. 32,), S. 534-537. 45 Ebd., S. 535. 46 Peter Meilinger, Besitzer des Gutes Weyer. 47 Ortsgruppenleiter Hans Fürschnaller „hatte zum Pfarrer, der seine Pfarrkinder ohne Zugeständnisse an die Partei geschickt durch diese schwere Zeit führte, und zum Bürgermeister ein gutes Verhältnis. So konnten größere Schwierigkeiten nicht aufkommen“; siehe Hönig­ schmidy Bramberg (wie Anm. 32), S. 111. 48 Ebd., S. 535 f. 49 Ebd., S. 110-113. 50 Ebd., S. 536. 51 Ebd. 52 Effenberger, Heimatbuch Bruck (wie Anm. 32), S. 328. 53 Ebd., S. 331. Man beachte, dass nach dieser Feststellung auch in der Zeit des Zweiten Weltkriegs und damit während der NS-Ara eine „echte Gemeinschaft aufrichtig gelebt wurde“. 54 Ebd., S. 333. 55 Ebd., S. 344. 56 Ebd. Über die Parteizugehörigkeit von Posch gibt das Heimatbuch keine Auskunft. 57 Ebd. 58 Ebd. 59 Portenkirebner, Heimatbuch Dienten (wie Anm. 32), S. 117. 60 Ebd., S. 116. 61 Ebd. Vermutlich dürfte sich auch der Dientner NS-Bürgermeister Josef Oblasser für den Erhalt seiner Gemeinde eingesetzt haben. 62 Eine von Peter Heger in den 1970er-Jahren begonnene Fuscher Ortschronik blieb bis heute unvollendet. 63 Freundliche Mitteilung des Gemeindeamtes Fusch vom 3. Mai 2005. 64 Nyvelt, Kaprun (wie Anm. 32), S. 160 f. 65 Ebd., S.155. 66 Siehe etwa: Clemens M. Hutter, Kaprun, Geschichte eines Erfolges (Salzburg—Wien 1994); Oliver Rathkolb (Hg.), NS-Zwangsarbeit in der Elektrizitätswirtschaft der „Ostmark“: Ennskraftwerke, Kaprun, Draukraftwerke, Ybbs-Persenbeug, Ernsthofen (Wien 2002). 67 Freundliche Mitteilung des Gemeindeamtes Krimml vom 21. Juli 2005. 68 Pfeiffenberger-Scherer, Lend/Embach (wie Anm. 32), S. 153. 69 Ebd., S. 128. 70 Ebd., S. 129. 71 Ebd., S. 132. 72 Schwaiger, Leogang 1938-1945 (wie Anm. 32), S. 106-115. 73 Ebd., S. 106. 74 Ebd., S. 106-111. 75 Ebd., S. 114 f. 76 Hinterseer, Lofer-St. Martin (wie Anm. 2>2), S. 596-602. 77 Ebd., S. 326 f. (Auflistung der Bürgermeister von Lofer und St. Martin.) 78 Lahnsteiner, Mitterpinzgau (wie Anm. 35), S. 77. Berufsangabe: Freundliche Mitteilung des Gemeindeamtes Maishofen vom 29. Sept. 2005. 79 Forcher, Mittersill (wie Anm. 32), S. 341-351. 80 Ebd., S. 340. 81 Ebd., S. 314. Eine Abb. auf S. 343 zeigt Rupert Steger mit dem NSDAP-Parteiabzeichen und weist ihn damit für die Amtsperiode zwischen 1938 und 1945 als NSDAP-Mitglied aus. 82 Ebd., S. 340. 83 Ebd., S. 343. 84 Ebd. 85 Ebd., S. 344. 86 Ebd., S. 350. 87 Ebd., S. 407. 88 Brunner/Unterwurzacher, 874 Jahre Neukirchen (wie Anm. 32), S. 37. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 365

89 Ebd., S. 211. 90 Ebd., S. 270. 91 Ebd., S. 272. 92 Rettenbacber, Niedernsill (wie Anm. 32), S. 51. 93 Ebd. 94 Ebd., S. 52. 95 Effenberger, Heimatbuch Piesendorf (wie Anm. 32), S. 206. 96 Ebd., S. 207. Zur Fluktuation der NS-Bürgermeister siehe die einschlägige Zusammen­ stellung im Abschnitt „Resümee“. 97 Krisch (wie Anm. 40) S. 247. 98 Ebd., S. 247 f. 99 Lahnsteiner, Unterpinzgau, (wie Anm. 35), S. 305. 100 Weitlaner, Heimatbuch Saalbach (wie Anm. 32), S. 162-171. 101 Ebd., S. 162. 102 Ebd., S 163. Ergänzt muss hier allerdings werden, dass der von Pfarrer Gumpold ver­ folgte Kurs von den österreichischen Bischöfen, etwa durch deren „Feierliche Erklärung“ vom 18. März 1938, ausdrücklich vorgegeben worden war. 103 Ebd., S. 164. 104 Ebd., S. 165. 105 Ebd. 106 Ebd., S. 170. 107 Ebd., S. 424. 108 Im Jahr 2000 wurde Saalfelden zur Stadtgemeinde erhoben. 109 Chronik Saalfelden (wie Anm. 15), S. 367-377. 110 Ebd., S. 362 f. 111 Ebd., S 362. 112 Ebd., S 369. 113 Ebd. 114 Ebd., S. 370. 115 Ebd. 116 Ebd. 117 Ebd., S. 372. 118 Ebd., S. 372 f. 119 Ebd. 120 Ebd., S. 373. 121 Ebd. 122 Ebd. 123 Ebd. 124 Ebd., S. 374. 125 Ebd., S. 374 f. 126 Ebd., S. 377. 127 Freundliche Mitteilung des Gemeindeamtes Stuhlfelden vom 15. Sept. 2005. 128 Das „Goldene Buch der Marktgemeinde Taxenbach“ ist unpaginiert. 129 Lahnsteiner, Unterpinzgau (wie Anm. 35), S. 243. 130 Richtiger Vorname: Blasius. 131 Bei uns in Unken (wie Anm. 32), S. 152. 132 Ebd., S. 385. 133 Ebd. 134 Richtig: 20.6.1933. 135 Bei uns in Unken (wie Anm. 32), S. 387. 136 Ebd., S. 388 f. 137 Ebd., S. 391. 138 Ebd., S. 393. 139 Ebd. 140 Freundliche Mitteilung des Gemeindeamtes Uttendorf vom 29. Juli 2005. © Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria; download unter www.zobodat.at 366

141 Lahnsteiner, Mitterpinzgau, (wie Anm. 35), S. 61. 142 Ferdinand Hölzl verfasste später zu seiner Zeller Heimatchronik noch einen 2. Band „Die Zwischenkriegsjahre“ (Zell am See 1989, hg. v. Susanne Hölzl), sowie eine „Pinzgauer Parteienchronik“ (Zell am See 1983). 143 Hölzl, Zell am See (wie Anm. 32), S. 126-152. 144 Dieser (unpaginierte) Bildband enthält einleitend eine im Jahr 1921 von Eduard Bittner sen. verfasste Darstellung der Geschichte von Zell am See, die der Bevölkerung des Landes Salz­ burg eine durch und durch deutschnationale Gesinnung attestiert: Die Salzburger seien „ohne Unterschied der Parteien immer deutsch bis ins Mark hinein gewesen und liebten zum Arger unserer Machthaber in Wien ,schwarz-rot-gold‘ immer mehr als ,schwarz-gelb‘, blieben treu unseren Brüdern im Deutschen Reiche, von welchen wir erst vor einem Jahrhundert getrennt wurden“. 145 Krisch (wie Anm. 40), S. 245. 146 Lahnsteiner, Unterpinzgau (wie Anm. 35) S. 19. 147 Ebd. 148 Hölzl, Zell am See (wie Anm. 32), S. 137 f. 149 Ebd., S. 138. 150 Ebd., S. 141. 151 Ebd., S. 141 f. 152 Ebd., S. 142. 153 Ebd. Josef Lahnsteiner hält zur Amtsführung von Erich Janik Folgendes fest: „Als der große Einbruch im März 1938 aus Deutschland erfolgte, wurde Dipl.-Ing. Erich Janik als erster Amtsbürgermeister aufgestellt. Unter ihm kamen Grundkäufe für die Stadt zur Durchführung: das Bräufeld mit den Tennisplätzen, der Riemannpark in Thumersbach, die Wimm- und Tisch­ lerhäuslgründe wurden angekauft.“ Siehe Lahnsteiner, Unterpinzgau (wie Anm. 35), S. 21. 154 Dass manche dieser Bilder aufgrund anderer historischer Quellen ergänzt oder korri­ giert werden müssten, steht zu vermuten. 155 In den Chroniken von Bruck, Mittersill und Bramberg werden auch die Ortsgruppen­ leiter als besonnene Persönlichkeiten geschildert. 156 Gemeindeverzeichnis für die Reichsgaue der Ostmark (wie Anm. 39), S. 84. 157 In zwei Fällen (Bruck und Zell am See) hatte der erste Bürgermeister sein Amt aber nur wenige Monate inne. 158 Die von Hanisch getroffene Feststellung, dass es nach dem Umbruch 1938 vornehmlich in kleineren Orten hei der Ernennung der Bürgermeister zu zahlreichen lokalen Rivalitäten und Unzulänglichkeiten kam, so dass viele wieder ahgesetzt werden mussten, kann für den Bezirk Zell am See nicht bestätigt werden; siehe Hanisch (wie Anm. 8), S. 34. 159 Hier ist natürlich auch auf die generell beobachtbare Tendenz von Ortschronisten, kri­ tische Anmerkungen zu lokalen Persönlichkeiten zu vermeiden, hinzuweisen. 160 Die im Salzburger Kulturlexikon unter dem Stichwort „Geschichtsschreibung“ enthal­ tene Feststellung, wonach zur Jahrtausendwende bereits beinahe jede Salzburger Gemeinde über ihre Ortschronik verfüge, kann für den Bezirk Zell am See somit nicht bestätigt werden. — Siehe Adolf Haslinger u. Peter Mittermayr (Hg.), Salzburger Kulturlexikon (Salzburg 22001), S. 174.

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