Informationen der Pallottiner in Deutschland und Österreich

PALLOTTIS WERK

Jubiläumsausgabe

125 JAHRE PALLOTTINER IN DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH PALLOTTINER JUBILÄUM Inhalt

Vinzenz Pallotti Seite 4 Grußworte Von Masio über Umwege nach Deutschland Seite 6

Und immer Maria Seite 8 Rückschau, Bestandsaufnahme, Freude und Dankbarkeit, auch Da sein, wo andere unterwegs sind Seite 10 Trauer, sind Stichworte, die mit jedem Jubiläum verbunden sind. Wir Pallottiner schauen heuer auf eine 125jährige Geschichte in erfrischend anders Seite 12 Deutschland, besser gesagt, im deutschsprachigen Raum. Denn die Mission der Gemeinschaft ist nicht denkbar ohne Mitbrüder Bilder Pallottis Seite 14 aus der Schweiz und aus Österreich. Vor genau zehn Jahren sind die Pallottiner aus Österreich und Deutschland zu einer Provinz Pallottiner in aller Welt Seite 16 zusammengewachsen, der Herz-Jesu-Provinz, mit dem Sitz des Provinzialates in Friedberg bei . Begonnen hat alles in Pallottiner (Niederlassungen) Seite 18 Limburg an der Lahn. Ich bewundere den Mut und das Gottver- trauen der Deutschen, die in Italien Pallottiner geworden wa- Ein guter Ort, um sich zu bilden Seite 20 ren und über die Mission in Kamerun einen Weg in ihre Heimat fanden. 1890 startete die Kamerunmission. 1892 konnte end- Noviziat im Wandel der Zeit Seite 21 lich ein Missionshaus in Deutschland gegründet werden. 1895 kamen aus Rom deutsche Pallottinerinnen nach Limburg, um Mut zum Abschied Seite 22 mit den Brüdern und Patres in der Mission zu wirken. Der Gedanke Vinzenz Pallottis, dass man den Glauben nur in Familiengeist Seite 23 einem Miteinander vieler verlebendigen und verbreiten kann, war dabei immer präsent. So erfüllen wir Pallottiner bis heu- Wir haben eine Mission Seite 24 te unsere Mission hierzulande und in Kamerun, in Südafrika, Lateinamerika und Indien stets zusammen mit einer unüber- Erinnerung bewahren Seite 26 schaubar großen Zahl von Freunden und Wohltätern. Pallotti- ner aus dem deutschsprachigen Raum brachten das Charis- Auf dem Weg zur Seligsprechung Seite 27 ma und die Gemeinschaft Pallottis auch nach Australien und Polen, nach Uruguay und Brasilien, nach Nordamerika und Gastlich und geistlich Seite 28 jüngst, 2016, nach Malawi. In Verkündigung und Seelsorge wurde in den zurückliegenden »Wir kümmern uns drum« Seite 30 125 Jahren viel geleistet. Darauf dürfen wir stolz sein. Dafür sind wir dankbar. Darum ist das wichtigste Wort unseres Jubi- läums die Dankbarkeit. Dank gegenüber Gott. Dank gegenüber PALLOTTIS WERK // ISSN 1439-6580 den vielen Mitbrüdern vor uns. Dank gegenüber den Wohltä- Kostenlose Informations­ Druck: tern und Unterstützern unserer Gemeinschaft. Was wären un- zeitschrift der ­Pallottiner in LVD – Limburger Deutschland und Österreich. Vereins­druckerei GmbH, sere Niederlassungen und unsere Missionen ohne die vielen 68. Jahrgang Senefelderstraße 2, 65549 Limburg an der Lahn Freunde und Gönner? Ihr Vertrauen, ihre Verbundenheit und Erscheint viermal jährlich. Erscheinungstag dieser Ausgabe: Bildnachweis: ihre Zuwendungen sind bewundernswert. Für uns eine hohe 1. September 2017. S. 5,7,11,12,14,15,21,26,28,29,31: Verantwortung. Unsere Geschichte ist groß. Wie die Zukunft SAC-Bildarchiv, Friedberg; S. 6: Herausgeber und Verleger: SAC-Bildarchiv, Limburg; S. 8, 20: wird, wissen wir nicht. Ich wünsche mir das Gottvertrauen und Pallottiner Körperschaft Timo Keßler; S. 9: Schön­ des öffentlichen Rechts die Beherztheit der ersten Pallottinergeneration vor 125 Jah- statt-Presse; S. 10, 11: Wallfahrt Vinzenz-Pallotti-Straße 14 Herrgottsruh; S. 11: Wallfahrt ren. Zugleich freue ich mich, dass wir 86316 Friedberg (Bayern) Kälberau; S. 12: Haus Wasserburg; auf dem Weg nicht allein sind, son- Redaktionsanschrift: S. 13: Rolf Orlowski; S. 22, 23, 30: PALLOTTIS WERK privat; S. 24, 25: P. Alois Mäntele; dern viele uns wohlwollend begleiten. Vinzenz-Pallotti-Straße 14 S. 26: Jörg Hempel 86316 Friedberg (Bayern) Rätsel: Tel. 08 21/600 52-0 Pater Johannes Moosmann SAC Dafür danke ich und grüße herzlich Fax 08 21/600 52-546 E-Mail: Für unverlangt eingesandte [email protected] ­Bücher, Manuskripte, Fotos, Internet: www.pallottis-werk.de Dias o. Ä. übernehmen wir keine ­Haftung. Redaktion/unsignierte Texte:: Es erfolgt keine Pater Alexander Holzbach SAC ­Rücksendung. Satz und Grafik: Provinzial Friends Media Group, www.fmga.de PALLOTTINER JUBILÄUM

125 Jahre Pallottiner im deutschsprachigen Raum, ist das Es gleicht einem Wunder in der Entwicklung unserer Gemein- ein Grund zum Jubel? Viele sind angesichts einer wachsen- schaft, dass sie im deutschsprachigen Raum Fuß fassen den Kirchenkrise und der damit verbundenen Probleme der konnte. Manche sprechen von einer zweiten Gründung. Denn fehlenden Berufungen und der zunehmenden Überalterung in die tief religiösen und hoch motivierten Männer aus Irland, den religiösen Gemeinschaften eher zurückhaltend. England und Deutschland, die in Italien Pallottiner geworden Ein Blick in die Geschichte der Pallottiner zeigt aber auch waren, brachten das Charisma der Gründung Vinzenz Pallottis deutlich die Führung Gottes. Einige Male schon haben ech- nicht allein in ihre Heimatländer, sondern auf alle Kontinente te Krisen dazu geführt, das Apostolat deutlicher zu erkennen unserer Erde. Ich selbst wäre nicht Pallottiner, wären nicht in und gezielter umzusetzen. Daraus ist jeweils eine Dynamik den 1950er Jahren Missionare aus Friedberg in meine Heimat entstanden, deren Wurzeln nicht allein im menschlichen Be- gekommen, um die Kirche in Indien zu unterstützen und die mühen gründen. Gemeinschaft und ihren Geist dort einzupflanzen. Mit Fug und Recht kann man sagen, dass Limburg und die Initialzündung des Ganzen war die Gründung des Missions- weltoffene Führung des Generalrektors P. Giuseppe Faà di hauses in Limburg vor 125 Jahren. Beherzt hatten die deut- Bruno sozusagen zur überlebensfähigen Zweitgründung schen Mitbrüder damals die Mission in der Kolonie Kamerun der Gesellschaft geworden sind. Von Anfang an waren die übernommen und das Land am Sanaga Maria, der Königin Schweizer mit dabei: P. Jakob Pfändler (erster Schweizer Pal- der Apostel, geweiht. Was die Patres, Brüder und Schwes- lottiner) war Freund und Schüler in Ipswich (GR) von Ämilian tern damals dort geleistet haben, trägt Früchte bis heute. Kirner, dem ersten deutsche Pallottiner. Pfändler war dann Denn die Kirche Kameruns ist lebendig und unsere Gemein- Vikar von Kirner in New York und von da ging er nach Santa schaft wächst. Darum können Kameruner Pallottiner etwa in Maria und gilt mit P. Franz Xaver Schuster als Begründer der Deutschland, Südafrika und Frankreich mit den Mitbrüdern pallottinischen Präsenz in Brasilien. Hernach ging er in die vor Ort zusammenarbeiten. Mission nach Kamerun. Erstaunlich, wie hilfsbereit damals die deutschen Katholiken Mit der ersten Expedition nach Kamerun 1890 wurde P. H. und auch die Verantwortlichen des Bistums Limburg waren, ­Vieter von Bruder Robert Ulrich aus Rorschach begleitet. Er hat damit die Pallottiner ihre Mission erfüllen konnten. Ebenso dort den Bischof sogar um ein Jahr überlebt und wurde erst erstaunlich, mit wie viel Tatkraft und Gottvertrauen unsere 1915 als letzter Pallottiner in Kamerun in Ngowayang beerdigt. Gemeinschaft von Deutschland aus in zahlreichen Ländern Ihm folgten andere Schweizer wie Br. Josef Fischli oder Br. der Erde heimisch wurde. Erstaunlich auch, wie die Pallotti- Josef Stadlin, der 1919 mit bei der Gründung der ersten Nie- ner im deutschsprachigen Raum auch mit schweren Zeiten, derlassung in der Schweiz (Gossau) mit dabei war. Diese mit Prüfungen und Umbrüchen in ihrer Geschichte und den Gründung ist eine Folge der Vertreibung der Pallottiner aus Herausforderungen der Gegenwart umgegangen sind und sie Kamerun durch die Alliierten und der Weitsicht des damali- meistern. gen Generalprokurators P. Peter Resch und des Generalrek- Darum nimmt die Generalleitung in Rom herzlich und dankbar tors P. Karl Gissler, die beide nach dem Eintritt Italiens in den Anteil am Jubiläum »125 Jahre Pallottiner in Deutschland«. 1. Weltkrieg in der Schweiz im Exil lebten. Man bedenke, dass Ich bete am Grabaltar des Hl. Vinzenz Pallotti für alle Brüder dazumal die Pallottiner nicht in Rom, sondern in der Deutsch- und Patres, für alle Freunde und Wohltäter unserer Gemein- schweiz durch den Generalrektor geführt wurde. schaft und Unterstützer unserer Mission in Deutschland, Ös- Aus all diesen Gründen kommt diesem Jubiläum eine große terreich und der Schweiz. Ich freue mich, dass in der Kirche Bedeutung zu! Wir vermissen heute leider jenen Pioniergeist. dieser Länder die Vereinigung des Katholischen Apostolates Vielleicht könnte uns dieses Bewusst- (Unio) eine lebendige Größe ist. sein anlässlich dieses Jubiläums et- was aufrütteln und wer weiß: Daraus Impulse für die Herausforderung un- serer Zeit zu schöpfen wäre wohl die schönste Frucht eines Jubiläums. Deshalb grüße ich dankbar und herzlich aus Rom P. Adrian Willi SAC Provinzial der Br. Nikolaus von P. Jakob Nampudakam SAC Flüe-Provinz Schweiz Generalrektor

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Vinzenz Pallotti Ein ungewöhnlicher Mensch in seinem Gebet, seinen Visionen, seinem Handeln.

Vinzenz Pallotti (geb. 1795, gest. 1850) ist jene Persönlichkeit, von der die Gesellschaft des katholischen Apostolats, die vor allem als »Pallottiner« bekannt ist, Name und Profil hat. Obwohl Vinzenz Pallotti nicht zu den populären Persönlichkeiten der Geschichte zählt, sind seine Anliegen durch das Zweite Vatikanische Konzil heute überall in der Kirche präsent. Pallotti war seiner Zeit weit voraus in seiner Absicht, eine universale und solidarische menschliche Gemeinschaft aufzubauen und dabei alle einzubeziehen und an der Verantwortung für das Ganze zu beteiligen.

In seinem geistlichen Tagebuch notierte wurde – dem damaligen hierarchischen ner restaurativen, antimodernistischen er 1835 eine Inspiration, für deren Ver- Selbstverständnis und der Trennung von und zunehmend weltfremden Kirche wirklichung er ein Netzwerk möglichst »lehrender und hörender Kirche« ent- und Kirchenpolitik andererseits. Pal- vieler Christinnen und Christen bauen sprechend – vom Klerus ausschließlich lotti selbst vereinigte in sich manche wollte: Er spürte damals einen Impuls, für sich beansprucht. Pallotti musste Gegensätze. Er scheint auf den ersten einen Ruf Gottes, zur Verbreitung des darauf reagieren, um seine Vision ver- Blick traditionsgebunden, seine Familie christlichen Glaubens und der spiritu- wirklichen zu können, und betrieb von stand wohl den Ultramontanisten nahe. ellen Vertiefung der Gläubigen sowie 1837 an die Bildung einer Gemeinschaft Äußerlich wirkte er unscheinbar und zu einer weltweiten Caritas. In heutiger von Priestern und Brüdern, die später schlicht. Seine Aufmerksamkeit für den Sprache könnte man es so ausdrücken: als Gesellschaft des Katholischen Apo- Anspruch des Augenblicks aber hatte zu christlichem Zeugnis und Dialog mit stolats (SAC) kirchenrechtlichen Status prophetischen Charakter, den Traditio- Menschen aller Religionen und Weltan- erhielt. Sie sollte im Zentrum der weiten nalisten galt er wohl als revolutionär. Er schauungen, zu Spiritualität und Ethik, pallottinischen Familie stehen, die als war papsttreu und zugleich auch laien- zu weltweiter Gerechtigkeit und Solida- Unio (Vereinigung) erst 2003 ihre defi- orientiert. Seine Überzeugung von der rität sowie zur Erneuerung der Christen- nitiven Statuten erhielt und von Anfang gleichen Würde aller Menschen, die als heit und Kirche … Alle sollten diese Sen- an Einzelpersonen wie Gemeinschaften lebendige Bilder Gottes alle, einfach auf- dung verwirklichen, in Pallottis Worten, unterschiedlicher Art, Familien, ehelose grund ihrer Geschöpflichkeit, an Gottes am universalen weltweiten Apostolat Christinnen und Christen, Priester oder Heiligkeit und allen seinen Eigenschaf- Jesu, des ersten Apostel, teilnehmen. Ordensleute umfasste und auch heute ten teilhaben und deshalb auch zu ei- Sein kontinuierliches Bestreben, alle vernetzt. Pallotti war davon überzeugt, nem heiligen Leben berufen sind, war anzusprechen und einzubinden, lässt dass alle Getauften als Geschwister, damals keineswegs eine selbstverständ- sich aus seiner Erfahrung der unendli- als Brüder des erstgeborenen Bruders liche Sichtweise. chen Liebe Gottes deuten und stellt den eine Gemeinschaft bilden (Kirche Versuch dar, sie zu erwidern, was aus als communio, schon damals!) und dies Jedes Leben ist Sendung Pallottis Sicht nur dann entsprechend im Miteinander leben und zeigen sollen. Schon als Jugendlicher war Pallotti für möglich werden kann, wenn letztlich alle Diese Zusammenarbeit, wie Pallotti sie seinen einfühlsamen Umgang mit oft gemeinsam in Liebe antworten würden. nannte, war für ihn ein Sinnbild der in- schwierigen Menschen und Situationen neren Gemeinschaft des dreifaltigen bekannt und zeigte ein hohes Potential Kirche im Miteinander Gottes und den Menschen als Gabe und an Fähigkeit zur Problemlösung. Für ei- Dass Pallotti am 20. Januar 1963 – Fähigkeit geschenkt. nen Priester der damaligen Zeit war er während des Konzils (1962 – 1965) überaus gebildet. Er war ein beliebter – von Papst Johannes XXIII. heilig Pallottis Zeit war schwer belastet von geistlicher Begleiter und übernahm zahl- gesprochen wurde, zeigt den engen der Spannung zwischen den Ideen der reiche pastorale Dienste, kümmerte sich Zusammenhang seiner Ideen mit die- französischen Revolution und zuneh- um Kranke und Sterbende, half Waisen- sem epochalen Ereignis der jüngeren menden Demokratisierungsprozessen, kindern, aber auch Priestern und Bischö- Vergangenheit. Seine Initiative rief den der wachsenden Überzeugung von der fen und vielen Armen und Leidenden. Er Widerstand der Kirchenleitung hervor Autonomie des Weltlichen, dem Zerfall arbeitete trotz schwacher Gesundheit und blieb unverstanden. Ein Apostolat des Kirchenstaates einerseits und ei- weit über seine Kräfte hinaus. Dabei

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konzentrierte er seine Tätigkeit auf die Stadt Rom und war doch zugleich bren- nend an der Weltkirche in ihrer Vielfalt und ihren verschiedenen Riten interes- siert. Epiphanie, das Fest der Erschei- nung des Herrn am 6. Januar, war ihm besonders wichtig. Er organisierte dazu große Gottesdienste und Gebete mit den in Rom lebenden Priesterstudenten aus aller Welt. Auch Pfingsten spielte für ihn eine besondere Rolle. Er vertraute auf die ständige Gegenwart des Geistes Gottes, von dem er erwartete, die Einheit in der Vielfalt zu wirken.

Pallottis besondere Bedeutung liegt in seiner Universalität, in der Deutung des Lebens als Sendung, als Apostolat und in seiner Weltzugewandtheit, die es ver- steht, Gott immer und überall zu suchen und zu finden. Als Mystiker der Unend- lichkeit und Unfassbarkeit Gottes weist er den Weg der Kontemplation und der menschlichen Beziehungen: kontempla- tiv in Kommunikation, auf alle hören und allen alles werden. Brigitte Proksch

»Die Liebe Christi drängt uns.«

Portrait Vinzenz Pallottis von Oskar Kokoschka in der Pallotti-Kirche in Friedberg

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Von Masio über Umwege nach Deutschland Deutsche, in Italien Pallottiner geworden, brachten Pallottis Anliegen in die ganze Welt

Zu den zwölf Priestern und Brüdern, die nach Vinzenz Pallottis Tod 1850 seine Gemeinschaft bildeten, gehörte ein Graf aus dem Piemont: Giuseppe Faá di Bruno. Er wirkte zeitweise in der Italiener-Seelsorge in London und nahm hier den ersten Deutschen in die Gemeinschaft auf: Ämilian Kirner (1836 – 1887) aus Urach im Schwarzwald. Um in London eine neue Kirche bauen zu können, unternimmt er Bettelreisen auch durch Deutschland und Österreich. Er ist beeindruckt von der gut organsierten Kirche und fasst den Entschluss: Die Pallottiner müssen in dieser Region Fuß fassen. Aber wie? Die Kultur- kampfgesetze des Kaiserreiches verbieten Neugründungen klösterlicher Niederlassungen.

In diesen Jahren stoßen in Rom eine Max Kugelmann (1857 – 1935). Auch er Leere laufen. Das Zentrum wandte sich Anzahl junger Deutscher zur Gemein- war in Rom zu den Pallottinern gesto- an die Kongregation für die Glaubens- schaft. Ihre Motive: Sie wollen Priester ßen. Aus der »englischen Fraktion« (die verbreitung in Rom. Diese wandte sich werden. Und sie wollen die Seelsorge an Umgangssprache in Masio ist Englisch) an die junge Pallottinergemeinschaft. italienischen und deutschen Einwande- ist P. William Whitmee (1851 – 1909) zu P. Whitmee erkannte die Chance, einen rern vor allem in Amerika unterstützen. nennen, der als Mitglied der Generallei- Fuß in die Türe nach Deutschland zu Dieses Ziel verfolgt die Gemeinschaft tung zusammen mit Faá di Bruno gro- bekommen. Missionaren in der Kolonie damals auffällig stark. Das Haus an der ßen Einfluss auf den Weg der Pallottiner würde das Kaiserreich wohl nicht eine Grabeskirche Pallottis, San Salvatore in nach Deutschland nimmt. Er kannte Heimatbasis verweigern. In dieser Hoff- Onda, in Rom ist zu klein. Da baut Faá Deutschland ebenfalls von Bettelreisen. nung, in der Erwartung, dass noch mehr di Bruno auf seinem Besitz in Masio bei Deutsche in Masio anklopften, und mit Alessandria 1883 ein Ausbildungszen- Missionare für die Kolonie viel Gottvertrauen sagte er zu, dass die trum. Hier schlägt nun gleichsam das Das Kaiserreich war 1884 Kolonial- Pallottiner bereit seien, nach Kamerun junge Herz der Gemeinschaft besonders macht geworden und fühlte sich endlich zu gehen. So übertrug Rom am 4. März zur Zeit der Rektoren Ämilian Kirner England und Frankreich ebenbürtig. Den 1890 der Gemeinschaft die Apostoli- und Heinrich Vieter (1853 – 1914). Der Katholiken im Reich und besonders der sche Präfektur Kamerun. Schreinergeselle aus Westfalen war in Zentrumspartei unter Ludwig Windthorst Am 1. Oktober reiste die erste Gruppe Rom zu den Pallottinern gestoßen und war es ein Dorn im Auge, dass z. B. in der von Missionaren in das Land am Sanaga empfing dort 1887 die Priesterweihe. Kolonie Kamerun keine katholischen unter der Leitung von P. Heinrich Vieter, Eine weitere außergewöhnliche Persön- Missionare tätig waren. Entsprechende der nach seinem Rektorat in Masio Obe- lichkeit in Masio ist der aus Bobingen Anfragen ließ die Regierung mit der Be- rer der Pallottiner in Brasilien geworden bei Augsburg stammende Schriftsetzer merkung, es meldeten sich ja keine, ins war. Versorgt wurden die Missionare von

P. Max Kugelmann aus Bobingen, erste Reihe Bildmitte, mit Studenten und Schülern im oberitalienischen Masio kurz vor seinem Einsatz in Limburg 1892.

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Masio aus mit großer Unterstützung des einigen Brüdern, Patres und Studenten Afrikavereins, der 1888 in Deutschland im leerstehenden Stadthof der Grafen gegründet worden war. Das Interesse an zu Walderdorff ein. Es gibt viel Hilfe aus Afrika und an der Arbeit der Pallottiner der Bevölkerung und vor allem durch dort war in der jungen Kolonialmacht un- Domdekan Hilpisch. Am 3. November geheuer groß. Die Frage war, wann kann 1892 weiht Bischof Karl Klein die neue die Gemeinschaft wo ein Missionshaus Hauskapelle ein. Mit ungeheurer Energie gründen, um fürUnterstützung und Nach- betreibt P. Kugelmann nun den Aufbau wuchs für die Mission zu werben und der Gemeinschaft, den Ausbau der Nie- diesen auszubilden. Ein hoffnungsvoller derlassung und die Unterstützung der Versuch in Münster schlug fehl. Zielfüh- Mission; 1897 kann die stark wachsen- render schien ein Angebot aus Bayern. de Gemeinschaft ein neues Haus am Pfarrer Scheugenpflug aus der Diözese Rande der Stadt beziehen. Bereits im Regensburg hatte von den Pallottinern Dezember 1893 gründete P. Kugelmann erfahren und schickte etliche gute Kan- eine neue Niederlassung in Koblenz-Eh- didaten nach Masio. Und er machte auf renbreitstein (Bistum Trier). 1901 gingen die leerstehende ehemalige Benedikti- die ersten Pallottiner von Limburg aus nerabtei Reichenbach aufmerksam. Der nach Australien; 1909 erfolgte die Be- Regensburger Bischof Ignatius von Se- heimatung der Gemeinschaft in Polen. Pionier in Masio, Brasilien und Kamerun: nestrey, der als Student in Rom Vinzenz Pallottiner-Bischof Heinrich Vieter Pallotti schätzen gelernt hatte, unterstüt- Priester für Lateinamerika ze die Ansiedlung der Pallottiner in sei- Aber auch die in Masio verbliebenen nem Bistum und ließ bereits einen Pater Deutschen waren nicht untätig. Ihre Ver- ter in Rocca di Papa und in Irland gewe- und drei Brüder in Reichenbach einzie- antwortung galt immer noch stark der sen und hatte jetzt die Verantwortung für hen. Das missfiel der eher abgeneigten Einwandererseesorge in Lateinamerika. junge Pallottinerschüler, die sich auf ihren Bayerischen Regierung, und trotz der Ab 1886 waren Patres nach Uruguay Einsatz in Lateinamerika vorbereiteten. Verhandlungen der Patres Kugelmann und Brasilien gegangen. P. Johanes Vo- Mit ihnen zieht er 1915 in das badische und Vieter in München musste der Neu- gel (ein Pfarrkind von Pfarrer Scheugen- Bruchsal und baut nach dem Krieg das St. start Anfang September 1890 abgebro- pflug) weihte die Mission dort 1894 dem Paulusheim auf. Er wird später noch die chen werden. Hl. Herzen Jesu. Niederlassungen in Konstanz, Untermerz- Die Pallottiner gewannen aber viele Weltweit wuchs die Gemeinschaft, so bach, Schwäbisch Gmünd, Schöllkrippen Freunde im Raum Regensburg, Bam- dass man sie nur noch schwer von Rom und Meran gründen. Der Weltkrieg macht berg, Würzburg und München-Freising. bzw. von Masio aus leiten konnte. Das auch das Leben der deutschen Pallottiner Der Freisinger Zentrumsabgeordnete Generalkapitel schuf 1909 vier Provin- in Basilien nicht leichter, sodass man sich Dr. Georg von Orterer machte auf Frei- zen, darunter die Deutsche mit Sitz in 1923 entscheidet, das Provinzialat der herr von Huene in Berlin aufmerksam. Limburg und die Amerikanische mit Sitz Amerikanischen Provinz nach Bruchsal Der konnte in zäher Kleinarbeit die un- im brasilianischen Santa Maria. Die Mit- zu verlegen. 1929 kommt es nach Fried- terschiedliche Gesetzesauslegung zwi- brüder dort stammten überwiegend aus berg bei Augsburg. Es gibt also de facto schen Kolonial- und Innenministerium Deutschland. jetzt zwei Provinzen in Deutschland. Ab ausräumen; er machte auch auf das Der erste Weltkrieg brachte eine gewalti- 1948 geschieht die Theologenausbildung noch junge Bistum Limburg aufmerk- ge Zäsur in der Entwicklung der Gemein- gemeinsam an der Hochschule in Val- sam und führte erste Verhandlungen. schaft. Sie musste die Kolonie Kamerun, lendar; ab 1961 die Pastoralausbildung Am 10 Mai 1892 traf in Masio die staat- die nun an Frankreich und England fiel, am Pastoraltheologischen Institut in Frie- liche und kirchliche Nachricht ein: Die verlassen. 1922 übertrug Rom den Pal- dberg; ab 1967 die Noviziatsausbildung Pallottiner können in Limburg an der lottinern zwei Diözesen in Südafrika. Und in Untermerzbach. Das ist mit eine gute Lahn ein Missionshaus gründen. Der die Deutschen mussten Masio verlassen. Voraussetzung für die Union der Limbur- Jubel unter den deutschen Studenten Das traf besonders P. Johannes Weber ger Pallottinerprovinz und der Friedberger ist riesig. P. Max Kugelmann zieht mit (1878 – 1971) hart. Er war Novizenmeis- und der Regio Österreich im Januar 2007.

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Und immer Maria Vinzenz Pallotti verehrte die Mutter Jesu. Das hatte gute Gründe.

Vinzenz Pallotti war ein stolzer Römer. Er gibt zu, dass ihm dieser angeborene Stolz zuweilen zu schaffen machte. Umso mehr bewundert er die Demut der Mutter Jesu. Marienverehrung war dem Italiener in die Wiege gelegt; sie hatte er in der frommen und kirchlich gesinnten Kaufmannsfamilie in der Via del Pellegrino Nr. 130 sozusagen mit der Muttermilch aufgenommen. Gebete zur Gottesmutter, den Rosenkranz, das alles pflegte er seit Kindesbeinen. Er förderte das zu seiner Zeit wachsende Brauchtum der Maiandacht und verfasste Texte dazu. Er forderte besonders im Mai dazu auf, die Bilder der Gottesmutter mit Blumen und Kerzen zu schmücken.

Berühmt war sein Verhalten als Priester, das Marienbild »Mutter der Göttlichen de der Mutter mit dem Jesuskind. Auf denen man damals beim Gruß die Hand Liebe«. Beugte sich nun jemand beim beider Brust sieht man ein entflammtes küsste. Das wollte Pallotti nicht. Der Ab- Gruß in Richtung seiner Hand, ließ er Herz. Warum dieses Motiv Pallottis Lieb- bate trug im Ärmel an einem Band ein das Bildkästchen aus dem Ärmel gleiten lingsbild war, wissen wir nicht. Vieleicht schmales Reliquienkästchen, darauf und die Person küsste das kleine Gemäl- hatte es etwas mit der im 19. Jahrhun- dert immer stärker werdenden Herz-Je- su und Herz-Marien-Verehrung zu tun, also der Hoffnung auf die Barmherzig- keit Gottes. In der Frömmigkeit und der Verkündigung Pallottis spielt diese eine große Rolle.

Interessant, dass er seine Gründung, die nach 1835 immer mehr Gestalt annahm, Maria nicht als »Mutter der Göttlichen Liebe« als Patronin anemp- fahl, sondern unter dem Titel »Königin der Apostel«. Dies ist nicht allein der Frömmigkeit, sondern der taktischen Klugheit des stolzen Römers geschul- det. Der Titel und das Programm seiner Gründung, der »Vereinigung des katho- lischen Apostolates« waren von Anfang an Missverständnissen und Widerstän- den ausgesetzt. Knapp formuliert: die Verantwortung für den Glauben und das Apostolat (heute würden man sa- gen: die Mission) der Kirche liegt in den Händen der Nachfolger der Apostel, der Bischöfe. Wie kann sich eine Gruppe von einfachen Priestern und Laien (!) anma- ßen, sich verantwortlich zu wissen für Glaube und Apostolat? Wegen der revo- lutionären Strömungen in ganz Europa damals ist dieser Einwand oder gar die- Blick in die Hauskapelle der Hochschule in Vallendar mit dem Fenster der Apostelkönigin. se Angst irgendwie verständlich. Seine Gegner verkannten die Treue Pallottis

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Statue der Gottesmutter im Innenhof des Missionshauses in Limburg.

Luigi Crosio aus Turin malte 1898 das Bild, das heute als Schönstatt-Madonna, als »Drei Mal wunderbare Mutter« weltweit bekannt ist. zu seiner Kirche und zum Nachfolger haben. Die »Vereinigung des Katholi- P. Josef Kentenich, bestimmte mehr und des Apostels Petrus. Der Priester aus schen Apostolates«, die ganze pallotti- mehr das Lebensgefühl der pallottini- der römischen Altstadt war nur insofern nische Familie verehrt bis heute als Pa- schen Welt. 1936 verfügte deshalb die revolutionär, als er gegen manche Ober- tronin Maria, die »Königin der Apostel«. Gemeinschaft, in den Schönstatt-Kapel- flächlichkeit seiner Zeit alle, die getauft Das ist eben nicht allein Ausdruck von len auf dem Altaraufsatz Statuen von waren, an ihre Verantwortung für den Frömmigkeit, sondern auch Programm. Petrus und Paulus aufzustellen, um an Glauben, dessen Lebendigkeit, dessen Das war den Pallottinern immer wich- den Gedanken der »Königin der Apostel« Weitergabe, dessen Motivationskraft für tig und bewusst. Das zeigt ein Beispiel zu erinnern. Seit damals gehören die den Alltag erinnerte. Ja, er forderte das aus dem Jahr 1936. Nach 1914 war in Apostelfürsten zu jedem klassischen ein! der Pallottiner-Nachwuchsschule in Schönstatt-Altar. Nochmal klapp formuliert: Jede Getauf- Vallendar-Schönstatt auf Initiative des te ist eine Apostolin, jeder Getaufte ein Spirituals P. Josef Kentenich eine ma- Letztlich war aber das Auseinanderleben Apostel mit seinen Möglichkeiten in sei- rianische Gruppe hoch motivierter und beider Frömmigkeiten nicht aufzuhalten, nem Lebensumfeld. Alle sind gerufen, engagierter Schüler entstanden. Vorbild so dass Pallottiner und Schönstattbe- ihre Sendung vor Ort zu erfüllen. war die jesuitische Marianische Kongre- wegung 1964 getrennt wurden. 50 Jahre Vinzenz Pallotti war zwei Mal als Pilger gation in Ingolstadt, die Maria als »Drei später, 100 Jahre nach dem Entstehen in Loreto, dem großen italienischen Ma- mal wunderbare Mutter« verehrte. Als der Schönstattbewegung schenkten die rienwallfahrtsort. Dort war die Laureta- die Schülergruppe ein Marienbild für ih- Pallottiner 2014 der Bewegung die Gna- nische Litanei entstanden mit ihren zahl- ren Versammlungsraum, das ehemalige denkapelle in Schönstatt. Für die Bewe- reichen Anrufungen der Gottesmutter, Michaels-Kappelchen, geschenkt be- gung ein schönes und hoch willkomme- eben auch dem Gruß an die »Königin der kam, nannten sie dieses Madonnenbild nes Ereignis. Die Gemeinschaft hatte Apostel«. Pallotti verweist auf diesen weiterhin »Drei mal wunderbare Mut- Kapelle und Wallfahrtskirche bis 2014 allgemein anerkannten Titel und sagt, ter«. Heute ist das oft »Schönstatt-Ma- jenseits der Schönstatt-Frömmigkeit als dass Maria, obwohl sie kein Priester donna« genannte Bild weltweit bekannt beliebten Marien-Wallfahrtsort betreut. oder Apostel war, »Königin der Apostel« und über die Grenzen der pallottinischen Denn seit Vinzenz Pallotti gehört die Ver- genannt wird. Was also spricht dagegen, Familie und der Schönstattbewegung ehrung der Mutter Jesu zur Frömmigkeit alle Christinnen und Christen daran zu hinaus verehrt. Dieses Bild und die da- der Pallottiner, wo immer sie leben und erinnern, dass sie im gleichen Geist für mit verbundene Frömmigkeit des klugen wirken. Jesus und sein Evangelium einzutreten Pädagogen und begabten Priesters,

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Da sein, wo andere unterwegs sind Pallottiner begleiten Menschen unterwegs, Pilger und Wallfahrer

Menschsein bedeutet Unterwegssein: Im Sinne des Wachsens und Werdens auf ein Ziel hin, das glaubende Christen »Voll- endung in der Gemeinschaft mit Gott« nennen; auch im Sinne der kleinen oder großen Wege, die Menschen Tag für Tag zurücklegen.

Auf vielfältige Weise waren und sind Menschen auf ihren konkreten Wegen den »Rastplätzen« auf dem »Pilgerweg Pallottiner – als Einzelne und als Ge- zu begleiten, ist Teil jeder Seelsorge. des Lebens« als Ansprechpartner und meinschaft selbst unterwegs durch die Zum Beispiel am Flughafen Frankfurt, Begleiter zur Verfügung. Jahrzehn- Herausforderungen ihrer Zeit – dort wo seit 1972 über 30 Jahre lang P. Wal- telang versahen Mitbrüder aus Haus anzutreffen, wo andere »auf dem Weg«- ter Mader tätig war und bis heute mit Wasserburg in Vallendar den Dienst an sind. Es gehört quasi zur DNA der Pal- P. Heinz Goldkuhle ein Pallottiner vor der Gnadenkapelle in Schönstatt und lottiner, »insieme«, also zusammen mit Ort ist. Berühmt waren in den 1970er der nahen Wallfahrtskirche, die – nach Menschen unterwegs zu sein. Dazu und 80er Jahren die Einsätze der »Cam- grundlegender Renovierung und Umge- gehören und gehörten natürlich die pingseelsorge« am Biggesee bei Olpe staltung im Sommer 2003 neu geweiht Schulen, Internate und Jugendhäuser, im Sauerland, wo P. Konrad Kant und – nunmehr als »Pallotti-Kirche« vielen Bildungseinrichtungen – ob in Olpe und andere ihre Akzente setzten, oder am Menschen geistliche Heimat ist. Seit Vallendar, Rheinbach oder Rheinberg, Bannwaldsee mit P. Ludwig Kuhn. Un- 1967 ist Br. Richard Ruppert vor Ort und Bruchsal oder Hersberg und anderswo; vergessen ist für viele das Wirken von als Mann mit offenen Ohren für die An- Engagement in der Lebens- und Glau- P. Heinzpeter Schönig als Schausteller- liegen der Besucher beliebt. bensbegleitung Jugendlicher und Er- und ­Zirkusseelsorger. wachsener wäre zu nennen, das die Pal- Seit 1955 versahen Mitbrüder den Dienst lottiner in Deutschland und Österreich An Wallfahrtsorten als »geistliche Zen- im unterfränkischen Kälberau, wo die von Anfang an und an zahlreichen Orten tren« waren und sind Pallottiner anzu- Wallfahrt »Maria zum Rauhen Wind« leisten. treffen. Dort stehen sie sozusagen an seit dem 14. Jahrhundert Menschen in den Stürmen der Zeit Halt bietet. In die- sem Herbst muss sich die Gemeinschaft nach 62 Jahren schweren Herzens von diesem liebenswürdigen Ort trennen und die Seelsorge ans Bistum Würzburg zu- rückgeben.

In Friedberg bei Augsburg übernahmen die Pallottiner vor genau 80 Jahren die Verantwortung für die Wallfahrt zum Gnadenbild »Unseres Herren Ruhe«. Die geistlich und kunsthistorisch höchst wertvolle Rokokokirche »Herrgottsruh« ist bis heute Ziel vieler Wallfahrer und Besucher aus der Region und darüber hinaus.

Mit Menschen unterwegs sein war und ist seit 1950 auch die Aufgabe von »Pallottiner-Pilgerreisen«. P. Karl Werth Seit 1937 wirken Patres und Brüder an der Wallfahrtskirche »Unseres Herrn Ruhe« in Friedberg steht an deren Beginn und zahlreiche

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Sonderzüge, die für Rompilger anläss- 650 Reisen in zahlreiche Länder konnten Wer zu Orten pilgert, wo »der Himmel lich der Seligsprechung Vinzenz Pal- in dieser Zeit – tatkräftig unterstützt von die Erde berührt«, spürt Segen und wird lottis organisiert wurden. Schon bald Frau Edith Mathieu – organisiert und neu sensibel für die je eigene Beru- kamen neue Reiseziele hinzu und das durchgeführt werden. Heute ist P. Björn fung, ­Gottes Gegenwart in der Welt zu Interesse, mit den Pallottinern zu verrei- Schacknies Programmdirektor und ar- ­bezeugen. sen, wuchs. Rund 30 Jahre lang leitete beitet mit »Tobit-Reisen«­ in Limburg zu- P. Paul ­Nitsche das Pilgerbüro; knapp sammen. P. Sascha-Philipp Geißler

Gnadenbild »Maria vom rauen Wind« in Käl- berau im Kahlgrund. Die gotische Madonna Von 1914 bis 2014 betreuten Pallottiner die Gnadenkapelle in Schönstatt mit dem Bild der »Drei- wurde um 1380 geschaffen und zieht jähr- mal wunderbaren Mutter«. Die Kapelle war vormals dem Erzengel Michael (Statue links) geweiht. lich viele Pilger an.

Blick in das Rokoko-Juwel »Unseres Herrn Ruhe«, in dem Cosmas Damian Asam, Matthäus Günther und Franz Xaver Feichtmayr als Künstler tätig waren. Eingeweiht wurde die Wallfahrtskirche 1753.

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erfrischend anders Pallottiner wirkten und wirken in der ordentlichen und der außerordentlichen Seelsorge

Neben der missionarischen Tätigkeit entfalteten die Pallottiner in Deutschland von Anfang an ein vielfältiges und reiches apostolisches Wirken: in der Jugendarbeit, in Bildung und Erziehung, in der Volksmission, im Presseapostolat, bei Exerzitien, in der Pfarrseelsorge (Limburg, Hamburg, Vallendar, Grafenau, Hochzoll, Bad Zwischenahn, Friedberg u. a.), um nur einige Arbeitsfelder zu nennen. Daneben gab es immer auch besondere Initiativen, Werke und Apostolate, von denen einige für die Gemeinschaft »wie gemacht« schienen. So möchte ich verständlicherweise – in diesem Jahr bin ich bereits zehn Jahre hier tätig – auf das Katholische Forum in Dortmund hinweisen. Träger ist das Erzbistum Paderborn. Gegründet wurde es im Jahr 1984 als franziskanische Initiative. Die Franziskaner leiteten das Katholische Forum bis 1998. Im selben Jahr ging die Lei- tung an die Pallottiner über. Mit den Mitbrüdern zusammen haben von Anfang an pastorale Mitarbeiter des Erzbistums die Leitung des Katholischen Forums gebildet. Dazu kommen etwa 150 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne deren Engagement das vielfältige Angebot nicht zu erbringen wäre.

Die zentrale Idee des Konzeptes – im- geben zu wollen, glauben wir, dass 1. In der Liturgie, im Gebet, in der Feier: mer noch »erfrischend anders«, wie ich das Evangelium dabei eine befreiende Es mag erstaunlich klingen, dass in einer finde – hat drei Aspekte: Kraft sein kann, intensiver zu leben. »Initiative für Menschen auf der Suche« » Das Katholische Forum möchte Ge- » Inspiriert von Vinzenz Pallotti und eine Eucharistiefeier im Zentrum steht. sprächspartner sein für Menschen, Franz von Assisi ist für das Katholische In dieser aber sind viele Elemente, oft die auf der Suche sind nach spirituel- Forum wichtig: Offenheit, Begegnung, Details, anders gestaltet und das zeigt len Erfahrungen, nach Lebensorientie- Gastfreundschaft, Lebensfreude, Sen- Wirkung. Unser Ziel ist es, dass der Got- rung und Gemeinschaft, ganz gleich sibilität für die Nöte unserer Zeit, eine tesdienst eine therapeutische Kraft be- welchen Alters, welcher Konfession kritische Solidarität mit der Kirche und sitzt, eine heilsame Unterbrechung des und Weltanschauung. Das Leitwort zugleich mit den vielen Menschen, die Alltäglichen ist. Die Gestaltung geschieht des Forums lautet: »Leben ist mehr«. sich mit der Kirche schwertun. nicht in Willkür oder Beliebigkeit, sondern » Das Katholische Forum möchte Men- im Wissen darum, dass es in einer plura- schen ermutigen, ihren eigenen Weg Das Katholische Forum »verortet« sich len Gesellschaft eine Vielgestalt von For- zu finden. Ohne fertige Antworten vor allem in drei wichtigen Aspekten: men geben muss, damit das Wesentliche immer wieder zum Vorschein kommt und verstanden werden kann. Für uns ermu- tigend und erfreulich zugleich: Dieser Gottesdienst erreicht viele, denen Glaube und Kirche fremd geworden ist; er spricht nicht nur Ältere an, sondern auch Jün- gere und Menschen aus verschiedenen Schichten unserer Gesellschaft. Jeden Samstagabend besuchen diesen Gottes- dienst zwischen 400 und 500 Menschen.

2. In der Verkündigung – im Zeugnis: Die »Freitags-Foren« sind eine Vortrags- reihe zu existenziellen, lebensrelevanten und aktuellen Themen. Der jeweilige Abend ist nicht nur als eine Bildungs- veranstaltung gedacht, sondern möch- Jugendarbeit in Vallendar: »Teamkran« heißt die Kooperationsübung, die Konzentration und Sensibilität erfordert. Links der Rektor von Haus Wasserburg, P. Jörg Gattwinkel. te Menschen in ihrer Lebenssituation berühren, anregen und ermutigen. Da

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immer mehrere hundert Menschen die Veranstaltungen besuchen, bedeutet das: Es gibt auch in der »säkularisierten Stadt« viele, die offen sind und auf der Suche nach spiritueller Nahrung, nach diesem »Mehr«, das sich in unserem Leitwort ausdrückt.

3. In der Diakonie – der Caritas – dem Dienst am Nächsten: Bei all dem können wir in einem städ- tischen Umfeld nicht übersehen, dass es neben solchen persönlichen Lebens- Patronatsfest in der Pfarrei »Seliger Johannes Prassek« in Hamburg, wo seit 1922 Pallottiner fragen auch eine vielfältige materielle tätig sind. Pfarrer heute ist P. Hans Joachim Winkens. und soziale Armut gibt. Von unserem Auftrag her ist nur wenig direkte Hilfe leistbar. In den kalten Monaten von No- vember bis März geht jeden Donnerstag eine Gruppe von Mitarbeitern mit heißen Getränken und belegten Broten los, um die Obdachlosen, die sich in der Innen- stadt aufhalten, mit Kaffee oder Tee und mit etwas zu essen zu versorgen. Darü- ber hinaus finanzieren wir tatkräftig mit unseren Kollekten und mit Spenden jene Initiativen in Dortmund, die sich gezielt um obdachlose und hilfsbedürftige Men- schen kümmern. Wir machen die Öffent- lichkeit auf diese Projekte aufmerksam und unterstützen so alle Initiativen, die sich für solche Menschen einsetzen.

Im Katholischen Forum beschäftigt uns immer neu die Frage, wie wir diejenigen erreichen können, für die wir da sein möchten. Welche Formen braucht es, um Menschen heute anzusprechen? Wie können in Zukunft die Lebensfra- gen und Sehnsüchte der Menschen, die es ­immer geben wird, mit der heilenden und ­befreienden Botschaft des Evan- geliums in Verbindung gebracht wer- den? Was wir wollen, ist, auf der Suche ­bleiben mit den Fragenden. Und dabei immer auf den vertrauen, der uns seinen

­bleibenden Beistand versprochen hat. Das Forum ist offen für alle Fragen von heute, um Antwort zu suchen aus dem Geist des Evan- geliums und der Tradition der Kirche. P. Siegfried Modenbach

PALLOTTIS WERK // 2017-03 13 PALLOTTINER JUBILÄUM

Bilder Pallottis Einen Heiligen malen, heißt immer, ihn und die Zeit deuten

Wie Vinzenz Pallotti aussah und wie er wirkte, wissen wir nur aus Beschreibungen. Es gibt kein Bild von ihm. Was wir haben, ist die Totenmaske und ein kleines Gemälde, das ihn auf der Totenbahre zeigt. Sämtliche Bilder und Statuen, die wir von ihm haben, sind der Phantasie des Künstlers geschuldet und der Sichtweise, wie man zur jeweiligen Zeit den Gründer der »Vereinigung des katholischen Apostolats« deutete, aus der in den 1840er Jahren die Brüder- und Priestergemeinschaft der Pallottiner entstand.

In gewisser Weise stilbildend wirkte den anbetenden Mystiker als den akti- Missionshaus in Limburg vermachte, der schlesische Maler Alfred Gottwald ven Apostel. Dennoch wurde das Bild zeigt auch einen eher ernsten, mysti- (1893 – 1971). Er kannte die Pallotti- eine beliebte Pallotti-Darstellung, auch schen Vinzenz Pallotti, der den Betrach- ner aus Frankenstein, wo er sein Abitur als Postkartenmotiv, und diente P. Hein- ter geradezu herausfordert, über seine machte. Als freier Künstler wirkte er in rich Hamm für sein Pallotti-Portrait, das Gottesbeziehung und seine Berufung Berlin, dann wieder in seiner Heimat und wohl das meistgedruckte weltweit ist nachzudenken. nach dem Zweiten Weltkrieg in Hille bei (rot verfremdet, siehe Titel). Minden. Er verstand sich als christlicher Wann das kleine Pallotti-Portrait in Fried­ Künstler, illustrierte liturgische Bücher Es ist zu vermuten, dass das Gott- berg entstanden ist und in das Provinzial- und malte viele Kirchen aus. So auch wald-Bild auch den Münchner Bildhauer at kam, wissen wir nicht. Es stammt von in den 1930er Jahren die Hauskappelle Prof. Karl Baur (1881 – 1968) inspirierte dem schlesischen Maler und Grafiker der Pallottiner in Rheinbach. Da Vinzenz für seine Pallotti-Büste und seine Statue Bruno Zwiener (1889 – 1966), der den Pallotti damals noch nicht selig- bzw. für einen Seitenaltar der Marienkirche klaren, hin- und vorausschauenden Blick heiliggesprochen worden war, widmete in Limburg. In München wirkte auch der Pallottis hervorhebt und damit sein We- ihm Gottwald einen Seitenaltar. Das Bild Maler Leo Samberger (1861 – 1949). sen als verinnerlichter und zugleich tat- zeigt einen nachdenklichen Pallotti, eher Seine Kohlezeichnung, die er 1936 dem kräftiger Priester zum Ausdruck bringt.

Gemälde (Ausschnitt) von Alfred Gottwald Zeichnung (Ausschnitt) von Leo Samberger

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Tatkraft, aktives Handeln, davon redet das Pallotti-Bild, das Oskar Kokoschka (1886 – 1980) zur Heiligsprechung 1963 malte (siehe Seite 5). Der berühmte Künstler war von der damaligen Provinz- leitung in Friedberg angefragt worden, ein zeitgemäßes Pallotti-Bild zu schaf- fen. Kokoschka war zunächst eher abge- neigt, hatte er doch noch nie einen Hei- ligen bzw. einen Toten portraitiert. Doch ließ er sich von der Totenmaske und den Lebensbeschreibungen inspirieren und schenkte der pallottinischen Welt ein Bild ihres Gründers, das heute das wohl beliebteste ist. Es atmet den Geist der Aufbruchstimmung des Zweiten Vatika- nischen Konzils. Der segnende Pallotti schreitet den Seinen voran und zeigt ih- nen den Weg. Gemälde von Bruno Zwiener Gemälde von Walter Habdank

Das Aktive und das Mystische bringt Walter Habdank (1930 – 2001) zum Ausdruck in seinem Bild, das er 1995 für das Missionshaus in Hofstetten malte. Zu Gesicht und Händen Pallottis setzt er Golgotha und die Emmausszene, um das Motto des Jubiläumsjahres ­anlässlich des 200. Geburtstages Pallottis zum Ausdruck zu bringen: »Unterwegs als ­geschwisterliche Kirche – gemeinsam das Evangelium verkünden.«

Ganz auf die Mystik setzt Michael Trie- gel, geboren 1968 in Erfurt, der zum 50. Jahrestag der Heiligsprechung Pal- lottis den Auftrag zu einem neuen Bild bekam. Der Tradition und der Moderne verpflichtet, zeigt der Maler der Leipziger Schule Pallotti in seiner Todesstunde: nachdenklich, ermüdet. Er betet. Blickt er zum Kreuz oder fragend in sich hin- ein? Der Glanz des Granatapfelgobelins kündet im Dunkel des Bildes den Segen des Ostermorgens. Wie alle anderen Bil- der auch, so vermittelt das von Michael Triegel den jeweiligen Geist der Zeit, in dem die Pallottiner inmitten der Kirche Gemälde (Ausschnitt) von Michael Triegel leben und wirken.

PALLOTTIS WERK // 2017-03 15 PALLOTTINER JUBILÄUM

Pallottiner in aller Welt

5 6 7 11

6 25 15 13

15 1 18 10

1 Belgien 10 16 2 Bolivien 12 3 Demokratische Republik Kongo 7 4 Elfenbeinküste 9 5 England 4 26 5 6 Frankreich 9 7 Irland 8 Kenya 9 Kolumbien 13 3 10 Mexiko 11 Mosambik 12 Papua Neuguinea 2 13 Peru 14 Philippinen 15 Portugal 16 Ruanda 17 Sambia 1 18 Slowakei 24 19 Südkorea 20 Taiwan 21 Tanzania 22 Uganda 23 Ukraine 24 Uruguay 25 USA 26 Venezuela 27 Vietnam 28 Weißrussland

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28 11

23

19

20 4 27 14

5 22 8 3 16 12 21 8 11 Von Deutschland 17 aus gegründet:

1 Argentinien 2 2 Australien 14 3 Brasilien 4 Indien 5 Kamerun 6 Kanada 7 Kroatien 8 Malawi 9 Nigeria 10 Österreich 11 Polen 12 Schweiz 13 Spanien 14 Südafrika 15 Tschechien

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1

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15 16 1 3

2 1

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Pallottiner (Niederlassungen) deutschsprachiger Raum

1 Hamburg 7 Rheinbach 13 Völklingen

Bad- 2 8 Vallendar Bruchsal Zwischenahn 14

3 Berlin 9 Limburg 15 Konstanz

Hersberg, 4 Dortmund 10 Wiesbaden 16 Immenstaad

Mühlheim Alzenau, 5 11 17 Friedberg an der Ruhr Kälberau

6 Olpe 12 Neunkirchen 18 Freising

Falkenstein, 19 Hofstetten

1 Fribourg

Mehr Informationen zu allen 2 Niederlassungen finden Sie unter 2 Morschach http://www.pallottiner.org/ gemeinschaft/wo-wir-sind/ 3 Gossau

1 Salzburg

2 Wien

PALLOTTIS WERK // 2017-03 19 PALLOTTINER JUBILÄUM

Ein guter Ort, um sich zu bilden Kleine Geschichte der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar

Viel hat sich verändert in den letzten Jahren an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV). Und das ist gut, denn nur so sind wir am Leben und lebendig geblieben.

Beginnen wir von vorne. Als die Pallottiner Studierende – im Jahr 1993 zur offiziellen an uns heran, ob wir nicht neben der vor 125 Jahren in Limburg anfingen, wur- Errichtung einer Fakultät führten, mit al- Theologie eine zweite Fakultät aufbauen de schon bald eine eigene Studienstätte len dazu gehörigen Rechten wie Doktorat könnten. Der Plan stieß bei Bischöfen und eingerichtet, zuerst kurz in Koblenz-Eh- und Habilitation, die Voraussetzung zur auch beim Minister zunächst auf Skep- renbreitstein, dann in Limburg selbst. Nie- Übernahme eines Lehrstuhls. Dass die- sis, konnte dann jedoch mit Leben erfüllt mand konnte damals ahnen, dass zwei ses Ziel erreicht wurde, ist vor allem den werden: aus einer Ordenshochschule ent- attraktive Betätigungsfelder für reichlich damaligen Rektoren Franz Courth und puppte sich seit 2009 eine kleine »Katho- Zulauf sorgen würden: die Mission und Manfred Probst zu verdanken. Doch es lische Universität«! dann nach dem ersten Weltkrieg die von galt, wie im richtigen Leben, sich weiter In beiden Fakultäten geht es, wenn Pater Josef Kentenich ins Leben gerufene zu wandeln. Pallottinische Ressourcen auch mit unterschiedlichen Ausgangs- Schönstatt-Bewegung. Letztere war dann reichten bald nicht mehr aus, weder per- punkten und verschiedenen Methoden, auch der Beweggrund dafür, das Studium sonell noch finanziell. Und Zuschüsse gab um das Heil des konkreten Menschen, 1945 nach Vallendar in das Haus zu ver- und gibt es nur wenige – weder vom Land Grundanliegen Vinzenz Pallottis. Die legen, das vorher als eine Art Privatgym- noch von den Bistümern. zurzeit etwa 430 Studierenden bereiten nasium für am Priesterberuf interessierte Das Kollegium wurde ergänzt durch Pro- sich vor auf einen Dienst in der Kirche Jungen gedient hatte. fessorInnen aus anderen Gemeinschaf- und auf oft sehr verantwortliche Aufga- Viele Hundert zukünftige Seelsorger ten und Diözesen. Und dann fügten sich ben im Gesundheits- und Pflegebereich. durchliefen vor allem in den fruchtbaren zwei Entwicklungsströme zusammen, die In vielen inhaltlichen Themen, etwa der 50er Jahren die Hochschule, der Bau aus der PTHV das werden ließen, was wir Ethik, gibt es eine enge Zusammenar- wurde Anfang der 60er vergrößert, das II. heute sind: Die Kontakte des damaligen beit und ein »voneinander Lernen«. Nei- Vatikanische Konzil blies zu einem gro- Rektors Heribert Niederschlag zu Sr. Basi- gen Theologen eher zu den prinzipiellen ßen, auch theologischen Aufbruch – und na Kloos, Generaloberin der Waldbreitba- Grundsatzfragen, so bringen unsere dann kam alles ganz anders. Die Ausbil- cher Franziskanerinnen und Stiftungsvor- Pflegewissenschaftler gerne die prakti- dungskurse wurden kleiner; Schließen sitzende des in Rheinland-Pfalz und im schen, politischen und ökonomischen oder Sich-verändern war die Alternative. Saarland tätigen Gesundheitskonzerns Probleme ins Spiel. Es folgte ein intensives Ringen mit ver- »Marienhaus«, führten zur erweiterten Zum ersten Mal in der Geschichte hat antwortlichen Stellen bei Staat (Wissen- Trägerschaft von Marienhaus und Pallot- in diesem Jahr ein Nicht-Pallottiner das schaftsministerium Mainz) und Kirche tinern; parallel dazu suchten Fachhoch- Rektorat übernommen, Holger Zaborow- (Bildungskongregation Rom), die über vie- schulprofessoren für Pflegewissenschaft ski, Professor für Philosophie. Er wird die le Zwischenstufen – bereits in den 70er nach einer »kleinen Universität« zur wis- Wandlungsgeschichte weiter schreiben Jahren gab es »LaientheologInnen« als senschaftlichen Qualifikation und traten an einem Ort, wo – das sagen viele – es sich gut leben, lernen und sich bilden lässt. Und das nicht zuletzt deshalb, weil unter einem Dach mit der Hochschule das Bildungshaus »Forum Vinzenz Pal- lotti« Räume der Begegnung und des Fei- erns anbietet, welche helfen, die PTHV zu einem guten Ort ganzheitlichen Mensch-

Stabwechsel im Mai 2017. V.l.n.r.: Provinzial P. Helmut Scharler, Hochschulrektor Prof. Dr. Holger seins und Glaubens zu gestalten. Zaborowski, Vorgänger Prof. P. Dr. Paul Rheinbay, Generalrektor P. Jakob Nampudakam. P. Paul Rheinbay Infos: www.pthv.de; www.forum-pallotti.de

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Noviziat im Wandel der Zeit Zur Ausbildung gehören das Noviziat und das Pastoraltheologische Institut

Im Gesetz der Pallottiner heißt es: »Die Einführungszeit soll die Bewerber für den Eintritt in die Gesellschaft vorbereiten und ihnen die Grundausbildung im geistlichen Leben vermitteln.« Diese Einführungszeit wird »Noviziat« genannt.

theologische Institut in Friedberg bietet dafür verschiedene Angebote. Für Pries- teramtskandidaten beginnt nach der Di- akonenweihe die pastorale Ausbildung, die zunächst 14 Monate dauert und nach vier Jahren mit der zweiten Dienst- prüfung ihren Abschluss findet. Diese Art der pastoralen Berufseinfüh- rung war zur Zeit der Gründung des Patoraltheologischen Institutes etwas Neues. Vor dem II. Vatikanischen Konzil Möchte Pallottiner werden: Marcus Grabisch (rechts). Leiter der Einführungszeit (Novizenmeister): P. Christoph Lentz war die Priesterausbildung größtenteils durch das Studium abgedeckt und so- mit sehr theoretisch. In vielen Berei- Unser Noviziat hat eine bewegte Ge- Vier Bereiche sind in der Zeit des chen zeigte sich die Notwendigkeit, auf schichte hinter sich und war an ver- Novi­ziates zentral: Förderung der gesellschaftliche Veränderungen zu re- schiedenen Standorten angesiedelt. Mit persönlichen Reifung, Ausbau der agieren. Dies war Ende der 1950er Jahre Ankunft der Pallottiner in Limburg war Gottesbeziehung, Stärkung der Gemein- die Erfahrung eines Mitbruders, der sich auch das erste Noviziat in Limburg. Im schaftsbefähigung und Einübung in für den Dienst in der säkularen Welt Laufe der Jahre gab es in den beiden apostolische Aufgaben. Daneben wer- durch das Theologiestudium nur wenig Provinzen vier Noviziate jeweils ge- den für das Leben in unserer Gemein- vorbereitet sah. Er spürte einerseits sei- trennt für die Brüder und Priesterkandi- schaft wichtige Inhalte vermittelt, wie ne Sehnsucht, die Menschen auf Gott daten. So waren die Brüdernoviziate in z. B.: Leben und Wirken Vinzenz Pallot- hinzuweisen, zugleich aber auch seine Schöllkrippen und Hofstetten, das Kleri- tis, Geschichte und Spiritualität unserer Unsicherheit, wie dies z.B. unter den Be- kernoviziat in Olpe (vorher Limburg und Gemeinschaft und die Spiritualität der dingungen einer Großstadtklinik, eines Ehrenbreitstein) und Untermerzbach evangelischen Räte. Arbeitermilieus oder bei der studieren- (vorher Konstanz). Ziel des Noviziates ist es, dass jeder No- den Jugend geschehen kann. Nachdem die Zahl der Novizen in den vize eine tragfähige Entscheidung darü- Diese Not erwies sich als Initialzündung 1960er Jahren zurückging, entschieden ber fällen kann, ob er in der Lebensform für die Gründung des Pastoraltheologi- sich die Provinzleitungen 1967, in Unter- der evangelischen Räte in der Gemein- schen Institutes im Jahr 1961. Ganz im merzbach ein gemeinsames Noviziat für schaft der Pallottiner sein Leben leben Sinne Pallottis war es wichtig, die Vor- alle Mitbrüder zu errichten. und gestalten kann. Ebenso prüft in die- gänge in Kirche und Gesellschaft mit Dort haben die meisten der jetzt lebenden ser Zeit die Gemeinschaft, ob der Novize wacher Aufmerksamkeit wahrzuneh- Pallottiner ihr Noviziat erlebt und viele zu ihr passt. men und darauf zu reagieren, aber auch haben gute Erinnerung an das Schloss die Bedürfnisse der jungen Seelsorger im Frankenland. Nachdem auch dort der Pastorale Ausbildung zu achten. Das ist bis heute das Anlie- Raum zu groß und die Zahl der Novizen Nach dem Studium und der ewigen gen des PTHI: Menschen für den Einsatz immer geringer wurde, wurde das Noviziat Profess ist die Ausbildungsphase nicht in der Pastoral und bei den Menschen im Jahr 2009 nach Salzburg verlegt und abgeschlossen. Vielmehr ist jeder Mit- zu befähigen. Immer mit der Tendenz zu dann wiederum im Jahr 2012 nach Fried- bruder aufgerufen, sich darüber hinaus noch größerer Praxisnähe. berg. Dort ist es bis heute angesiedelt. ständig weiterzubilden. Das Pastoral- P. Christoph Lentz

PALLOTTIS WERK // 2017-03 21 PALLOTTINER JUBILÄUM

Mut zum Abschied Trauer und Energie im Sauerland

Ob Ehrenbreitstein, Untermerzbach, Rheinberg, Eichstätt, Schwäbisch Gmünd, Stuttgart-Hohenheim, Vinzenz-Pallotti-Kolleg Rheinbach, immer, wenn eine Einrichtung geschlossen wird, ist die Trauer groß. Viele Brüder und Patres haben an den ent- sprechenden Orten gut und gerne gewirkt. Menschen ließen sich inspirieren, arbeiteten mit, vielen wurde das Haus geistliche Heimat, sie gehörten irgendwie zur pallottinischen Familie. Derzeit ist die Trauer in Olpe groß. Denn am 6. Januar 2017 geht hier eine mehr als 100jährige Geschichte zu Ende. Nicht ganz.

1914 startet die Geschichte der Pallotti- ner im Sauerland. Doch erst 1926 ist das neue Noviziatsgebäude bezugsfertig und die Novizen können von Hofstetten nach Olpe umziehen. 1967 endet hier die Noviziatsarbeit. Norddeutsche und Süd- deutsche Provinz gestalten gemeinsam in Unternerzbach ihre Einführung in die Gemeinschaft. Das Olper Haus bleibt le- bendig durch die Exerzitienarbeit und die Heimvolkshochschule. Und die Jugend- arbeit. Sie gewinnt ab 1983 ganz neue Sie prägen die Jugendarbeit im »Jugendhof Pallotti«. Vorne links in der Hocke: Georg Hunold. Konturen durch den »Jugendhof im Pal- lotti-Haus«, der vor allem dem Einsatz von P. Norbert Hannappel zu verdanken cken war groß, als die Gemeinschaft ge lässt eine Gruppe um Marlies Kauf- ist. Die Pallotti-Kirche ist gesuchter 2007 die Liegenschaft veräußerte. Das mann und Ursula Quast aus Wenden und Beichtort und gleichsam Gemeindekir- Haus und etliche Neubauten bieten jetzt Barbara Clemens und Veronika Radema- che für den Olper Stadtteil Hatzenberg. vielen alten Menschen neue Heimat. Der cher aus Olpe keine Ruhe. Soll man eine Bis heute sind die Sonntagsgottesdiens- Jugendhof und die Pallotti-Kirche sind Unio-Gruppe gründen? Was ist mit dem te bestens besucht. Die Arbeit der Pal- derzeit noch »aktiv«. Freundeskreis des Pallotti-Hauses? Vie- lottiner in Olpe hat geprägt. Legendär ist Im Januar verlässt der Jugendhof Olpe le Fragen sind noch nicht ausdiskutiert. die »Nacht der Versöhnung« in Fasten- und wird als »Jugendbildungsstätte Vor über einem Jahr stellte die Gruppe zeit und Advent. Viele Pallottiner stam- Pallotti Lennestadt« weiterwirken. Das vier Stationen in der Kirche auf. 1. Wer men aus dem Sauerland. Das Erschre- Bistum Paderborn hat hier ein ehema- war Vinzenz Pallotti? 2. Pallottinisches liges Internat so umgebaut, dass gute Leben seit 1914. 3. Aufbrüche! 4. Chan- Jugendarbeit im Südsauerland weiter- cen, neue Wege zu gehen. Die Gruppe hin möglich ist. Garant, dass der Geist lädt ein zum Bibelteilen, unterstützt Pallottis mitzieht, ist Georg Hunold. Der den Pallotti-Chor und die Pfadfinder Olper Sozialpädagoge und Familienvater am Pallotti-Haus. Wichtig ist für sie das kennt den Jugendhof seit Jugendtagen, Pallotti-Motto »Die Liebe Christi drängt ist mit allen pallottinischen Wassern ge- uns!«. Sie sind realistisch und schätzen waschen und steht seit 2002 mit in der deshalb ein Wort von Andrea Schwarz: Leitung; seit 2010 leitet er den Hof. Pal- »Man braucht heute den Mut zum Un- lottiner und Bistum vertrauen ihm voll, terwegssein mit unterschiedlichen Weg- dass mit ihm die Arbeit in Lennestadt gefährten in unterschiedlichen Schnel- Realistinnen mit Visionen. Sie wissen: Trauer gut weitergeht. ligkeiten«. Noch unsicher, aber voller lähmt, Mut schenkt Kraft. v.l.n.r.: Marlies Kauf- mann, Barbara Clemens, Ursula Quast. Doch was wird aus der Pallotti-Kirche, Energie setzen sie sich dafür ein, dass die vielen geistliche Heimat ist? Die Fra- der Geist Pallottis in Olpe bleibt.

22 PALLOTTIS WERK // 2017-03 PALLOTTINER JUBILÄUM

Familiengeist Die Pallottiner sind Teil einer großen Familie

Vinzenz Pallotti litt an der Oberflächlichkeit vieler Christen seiner Zeit. Deshalb träumte er von einer Kirche, in der alle Freude am Glauben ausstrahlen und Glaubenswissen weitergeben. Am 9. Januar 1835 kam ihm die Idee, mit einer Gruppe Gleichge- sinnter anzufangen. Er gründete die Vereinigung des Katholischen Apostolates (UAC oder Unio).

In dieser Gründung entwickelte sich nach gleich eine Identitätskrise. Denn das der Kirche ein geregeltes Zusammenspiel 1837 aus den Frauen, die ein Waisenhaus Zweite Vatikanische Konzil forderte ein von Laien, Ordenschristen und Priestern der Unio betreuten, die Gemeinschaft der geschwisterliches Kirchenbild, das fra- leben wollen. Die Jahre 1985 und 2003 Pallottinerinnen. Durch die Nachhaltig- gen ließ, brauchen wir jetzt noch die Ideen haben die Unio beflügelt. Es gibt unter- keitsgedanken von Kardinalsstaatsekre- Pallottis? Das Konzil bewirkte aber auch, schiedliche Gruppen und zunehmend tär Luigi Lambruschini entwickelte sich dass die Gemeinschaft die Gründungs- viele Einzelmitglieder (ein Beispiel für die nach 1844 die Priester- und Brüderge- ideen ihres Stifters neu studierte. Hier Suche vieler nach geistlicher Heimat). meinschaft (Societas Apostolatus Catho- ist das Jubiläumsjahr 1985 zu nennen, in Auf nationaler Ebene wird sie geleitet lici, SAC). 1854 nahm der Vatikan der Ge- dem Generalrektor P. Martin Juritsch auf von einem Präsidium, dem Mitglieder meinschaft diesen Namen und bestimmte die Vision Pallottis am 9. Januar 1835 verschiedener Gliedgemeinschaften an- sie als Fromme Missionsgesellschaft (Pia blickte und neu die Unio entdeckte. gehören. Deren Arbeit ist keine leichte, Societas Missionum, PSM). Erst 1947 gab Immer schon hatte es in der pallottini- denn es gilt, zugleich das Ganze und die Papst Pius XII. ihr den ursprünglichen Na- schen Familie neben der Männer- und Eigenständigkeit der einzelnen Gemein- men zurück. Die Pallottiner vergaßen nie den Frauengemeinschaften feste Laien- schaften im Blick zu haben. ihren Ursprung. Als P. Max Kugelmann gruppen gegeben. Gemeinsam trat man Kritiker des Statutes sagen, es habe der nach 1892 begann, Informationsschriften 1999 an den Päpstlichen Laienrat heran, Unio die Spontaneität genommen; man zu verbreiten, betonte er das »Mitarbei- um endlich die kirchliche Gutheißung zu achte zu sehr auf die Form als auf die terwerk«. Man kann darüber streiten, ob erlangen. 2003 überreichte der Präsident Farbe. Derzeit gibt es viel Diskussion um ihm die Gründungsidee Pallottis oder eine dieses Rates der Unio ihr Generalstatut. Zugänge zur und Mitgliedschaftsweisen Art Dritter Orden vorschwebte. Jedenfalls So etwas hatte es in der Kirche noch nie in der Unio sowie um die Lebendigkeit der wussten Pallottiner immer, dass sie Teil gegeben, ein Dokument, das das Zusam- pallottinischen Familie und ihren Beitrag einer apostolischen Familie sind. menspiel von Priestern und Laien auf in der Kirche und Gesellschaft von heu- Diesen Gedanken forcierte P. Josef Ken- Augenhöhe regelte. Unendlich verdient te. Vinzenz Pallotti wird sich freuen, dass tenich und das durch ihn entstehende gemacht hat sich dabei der Vallendarer jede Generation neu auslotet, wie seine Schönstattwerk, das sich als zeitgemä- Kirchenrechtler P. Hubert Socha. Er in- Idee aktuell verwirklicht werden kann un- ße Verwirklichung der Idee Pallottis ver- vestierte viel Energie in die Unio-Fragen ter den Stichworten Geschwisterlichkeit, stand und das anfänglich ganz eins war und hat damit gottlob auch vielen gehol- Gottvertrauen, Freude am Kirche-sein mit Leben, Wirken und Infrastruktur der fen, die heute in den neuen Bewegungen und Mut zu gemeinsamem Apostolat! Pallottiner. Die Trennung von Schönsatt- bewegung und Pallottinern 1964 brachte viel persönlichen Schmerz mit sich. So hatten z. B. Pallottiner jungen Frauen die Marienschwestern in Schönstatt emp- fohlen, nicht die Pallottinerinnen, die Theresienschwestern oder die Hildegar- disschwestern, die eigentlich zur pallotti- nischen Familie gehören. Gut, dass diese das der Gemeinschaft nie nachgetragen Tradition bewahren. Zukunft gestalten. Das Präsidium des Deutschen Koordinationsrates der Unio. v.l.n.r.: P. Ulrich Scherer (Vallendar), Sr. Gertrud Meiser (Limburg), Dr. Alois Wittmann (Apostolatskreis haben. Zu dem Trennungsschmerz, der Hofstetten), Frau Ursula Knoch (Rheinbach), Frau Christa Haskamp (Bad Zwischenahn). heute gottlob überwunden ist, kam zeit-

PALLOTTIS WERK // 2017-03 23 PALLOTTINER JUBILÄUM

Wir haben eine Mission Pallottiner wissen sich immer als Teil der Weltkirche.

Dass die Kirche ihrem Wesen nach missionarisch ist, ist eine Binsenweisheit seit dem Osterereignis in Jerusalem und dem Auftrag des Pfingstfestes an die Jüngerinnen und Jünger Jesu, der ganzen Welt seine Auferstehung zu künden. Dass die Kir- che ihrem Wesen nach missionarisch ist, betonte neu das Zweite Vatikanische Konzil. Christinnen und Christen können nicht schweigen (vgl. Apg 4,20), wenn es um ihre Glaubensfreude und ihre Erlösungshoffnung geht und nicht zuletzt um ihr Men- schenbild. Dass Mission heute anders aussieht als vor 125 Jahren, liegt auf der Hand. Dennoch muss man betonen, dass Bischof Heinrich Vieter und seine Missionarsgruppe die Landesgeborenen Kameruns in ihren Traditionen ernst nahmen, Laien als Katecheten von Anfang an in ihre Missionsarbeit einbezogen und ihnen Verantwortung in ihren Dörfern übertrugen, und dass sie auch gegen Maßnahmen der Kolonialverwaltung Protest erhoben und sogar in Berlin Gehör fanden.

Mission ging und geht immer einher mit der Mädchenbildung zur Seite standen terielle Unterstützung aus der Heimat. Bildung in Schule und Handwerk. Hier und stehen. Mission ging und geht im- Darum kümmert sich in allen Pallottiner- haben sich viele Patres- und Brüderge- mer einher mit der Sorge um die Kran- provinzen weltweit das jeweilige Missi- nerationen verdient gemacht. Genannt ken und um vernachlässigte Kinder und onssekretariat. werden müssen auch die Pallottiner- Jugendliche. Früher bedeutete es viel Arbeit, mit dem innen und andere Schwesterngemein- Damit die Missionsstationen arbeiten Schiff ausreisende Missionare auszu- schaften, die den Missionaren etwa in können, braucht es moralische und ma- statten und ihre alle zehn Jahre mög-

Verantwortung weltweit: P. Markus Hau und Patrizia Bauer im Missionssekretariat in Friedberg.

24 PALLOTTIS WERK // 2017-03 PALLOTTINER JUBILÄUM

lichen Heimaturlaube zu organisieren. In all diesen Angelegenheiten ist das hört ebenfalls zu den Aufgaben des Mis- Heute wirken nur noch wenige Pallotti- Missionssekretariat aktiv. Dort hilft man sionssekretärs P. Markus Hau. Er und ner in Übersee: die Patres Erich Fecher, den Mitbrüden aus Afrika oder den Mis- Patrizia Bauer arbeiten noch nicht allzu Severin Fleig und Bernhard God­barsen sionsstationen im Himalaya Anträge zu lange im Missionssekretariat. Beide wis- in Uruguay, die Patres Jakob und Josef stellen bei missio Aachen, der Sternsin- sen, dass sie in den großen Fußstapfen Wasensteiner in Brasilien, P. Peter Hil- geraktion oder dem Deutschen Katho- der Patres Clemens Fischer, August len in Nigeria, P. Johannes Wilhelmi in lischen Missionsrat, dem Verbund der Grezinger, Wolfgang Dutzi und Br. Bert Südafrika und Br. Bert Meyer in Malawi. missionierenden Orden, der mit dem Meyer stehen, und nicht zu vergessen Ihre Arbeit wird vom Missionssekreta- Entwicklungshilfeministerium zusam- Elisabeth Baierlein. Sie freuen sich über riat aus begleitet, vor allem aber das menarbeitet. Vor allem aber kümmert das große Vertrauen, das man ihnen Wirken der Pallottiner in jenen Gebieten man sich im Missionssekretariat um und damit letztlich der Mission der Pal- der Weltkirche, in der die Gemeinschaft die vielen, den Pallottinern treu verbun- lottiner entgegenbringt. »Vertrauen ist Pionierarbeit geleistet hat. Eben in Ka- denen Spenderinnen und Spendern und das Wichtigste in unserer Arbeit«, sagt merun, in das nach der Vertreibung im versucht auch immer wieder, mit ent- P. Hau, »das Vertrauen unserer Wohltä- Ersten Weltkrieg 1964 wieder Pallotti- sprechenden Aktionen neue Kreise für ter hier in Deutschland und jenes unse- ner aus Deutschland gingen, in Südafri- die Pallottinermission zu interessieren. rer Mitbrüder und Partner in Übersee.« ka, in Nigeria, seit 2016 auch in Malawi, Den missionarischen Geist in der Ge- Und er fügt hinzu: »Vertrauen in Gott ist in Uruguay, Argentinien und Brasilien. meinschaft und ihrer Umgebung wach ja letztlich unsere eigentliche Mission, Aus einem bescheidenen Anfang ent- zu halten bzw. neu zu beleben, das ge- hier wie dort.« wickelte sich in Indien eine Erfolgs- geschichte. Als am 28. Juli 1951 die ­Patres Josef Strittmatter, Lorenz Scheu und Werner Hunold in Raipur eintrafen, konnten sie nicht ahnen, dass es 2017 P. Dieudonné On- P. Clement Martis, in dem Subkontinent drei blühende digui Mebenga, 1977 im indischen Pallottiner-Provinzen geben würde, die 1979 in Kamerun Bundesstaat Kar- selbst wieder missionarisch bzw. welt- geboren, wurde nataka geboren, kirchlich in anderen Kontinenten, etwa Pallottiner und wurde Pallottiner Afrika oder Kanada und den USA, tätig 2010 zum Priester geweiht. Er ar- und 2007 zum Priester geweiht. sind. beitete zunächst in einer Pfarrei Er wirkte zunächst in einer Pfarrei Mission ist heute überwiegend welt- in Baffoussam, ehe er 2012 nach und dann in der Verwaltung einer kirchliche Solidarität, auf Augenhöhe Deutschland kam, um in Rhein- Pallottiner-Schule. 2012 wagte gepflegte Partnerschaft in der einen bach Deutsch zu lernen. Ein Jahr er den Schritt nach Deutschland, vernetzen Kirche und zugleich Unter- und drei Monate war er in der Pfar- lernte in Friedberg Deutsch und stützung in gemeindlichen und sozi- rei St. Jakob in Friedberg tätig. wurde Kaplan in Hamburg. Die alen Projekten. Was täten etwa die Seit 2015 ist er Schulseelsorger Pfarreimitglieder, die aus vielen pallottinischen Kinderheime in Indien am St. Paulusheim in Bruchsal Nationen stammen, nahmen ihn ohne die jährliche Großspende aus und zugleich »halber Kaplan« in herzlich auf. Seit Januar 2016 ist dem Erlös des Karitativen Christkind- der örtlichen Seelsorgeeinheit. Ne- er Kaplan in der Vinzenz-Pallot- lmarktes in Friedberg? Wie sähe die ben der sonn- und werktäglichen ti-Pfarrei Bad Zwischenahn – Ede- Ausbildung junger Pallottiner in Afrika Seelsorgearbeit hier wie dort leis- wecht – Rastede. Er kann es gut aus ohne Hilfe aus Deutschland und tet er sich zwei besondere Vergnü- mit den Menschen im Ammerland. Österreich? Wie könnten soziale Pro- gen: Er ist begeistertes Mitglied Gerne trinkt er mit ihnen Tee oder jekte in Südafrika, Indien, Kamerun, Ni- des Polizeichores Bruchsal und er ein Bier. Und er freut sich über die geria, Nordbrasilien, auch der Ukraine liebt es, mit den Schülern des St. Nähe zur Nordsee, denn seit Kin- oder den Philippinen leben und überle- Paulusheimes Fußball zu spielen. dertagen liebt er die Fische und ben ohne die großzügigen Spenden aus das Meer. ­Deutschland?

PALLOTTIS WERK // 2017-03 25 PALLOTTINER JUBILÄUM

Erinnerung bewahren Jede Gemeinschaft braucht ein gutes Archiv

Menschen fragen: »Was bleibt?« Sie interessieren sich für Geschichte. Sie wissen, man versteht sein Heute nur, wenn man das Gestern kennt. Was für den Einzelnen, die Familie, den Staat, die Kirche, jeden Verein oder eine Firma gilt, gilt auch für eine religiöse Gemeinschaft. Sie braucht einen Ort, der das Gestern bewahrt. Denn manchmal fragt man sich: Wie was das eigentlich damals? Warum ist dieses und jenes entstanden? Forscher der Kirchengeschichte interessieren sich für Entwick- lungen an diesem oder jenem Ort hierzulande oder in Übersee. Angehörige suchen Daten ihres Onkels, um die Familien- geschichte aufzuschreiben. Der Gründe gibt es viele, warum auch die Pallottiner darauf achten, dass sie ein gutes Archiv haben. Noch besteht es an zwei Orten.

Tätigkeit als Seel- sorger bei den Theresienschwes- tern in Mering. Der langjährige Wallfahrtsdirektor P. Wilfried Kunz von Herrgottsruh ist ein wandelndes Lexikon der Pallottiner-Geschichte. Aus seiner Feder stammt die dreibändige Geschichte der ehemaligen Südprovinz. 2001 verfasste er die Geschichte der Pal- Blick auf die Pallotti-Kirche am Provinzialat in Friedberg lottiner zu Salzburg. Mitbrüdern wie ihm oder früher auch P. Wilhelm Schützei- chel mit seinen historischen Beiträgen Natürlich haben allein um Papier und Fotos, sondern in »Pallottis Werk« haben es Pallottiner die Niederlassun- auch um Menschen, die aus familiärem zu verdanken, dass sie rasch fündig wer- gen ihr je eigenes oder wissenschaftlichem Interesse im den, wenn sie sich fragen: Wie und war- Archiv. Das Pro- Archivmaterial forschen. um war das damals? Denn Geschichte, vinzarchiv sam- Das Archiv im Provinzialat in Friedberg die Leistung der Vorfahren, gibt Identität Br. Georg melt die Akten betreut P. Wilfried Kunz neben seiner und damit Mut zum Handeln heute. der ehemaligen Häuser und Ins- titutionen, die Personalakten, die Vor- gänge in der Verwaltung, Briefe, Fotos, Nachlässe, Bücher von oder über Pallot- tiner. Im Missionshaus in Limburg, dem ehemaligen Provinzialat der Nordpro- vinz, ist heute das zentrale Archiv der Herz-Jesu-Provinz untergebracht, das inzwischen aus allen Nähten platzt. Hier archiviert Br. Georg Adams die anfallen- den Dokumente. Der Theologe und pas- sionierte Hobby-Feuerwehrmann wird in seiner Arbeit unterstützt von Dr. Wolf- Abendlicher Blick auf das Missionshaus in Limburg gang Stein. Beide kümmern sich nicht

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Auf dem Weg zur Seligsprechung Die Patres Richard Henkes und Franz Reinisch widersetzen sich der Naziideologie

Dass Christen in der Nazizeit auf unterschiedliche Weise Widerstand leisteten, ist wenig bewusst. Etliche Pallottiner muss- ten wegen ihrer kritischen Haltung Haft und Gefängnis erdulden; sieben bezahlten sie mit ihrem Leben: P. Albert Eise, P. Max Größer, P. Richard Henkes, Br. Johannes Kremer, Br. Franz Xaver Maier, Br. Eduard Ossowski, P. Franz Reinisch. Ihre Namen sind im deutschen Martyrologium des 20. Jahrhunderts verzeichnet. Für zwei Pallottiner-Patres läuft derzeit ein Seligspre- chungsverfahren.

P. Richard Henkes ges schon absehbar wurde, brach im KZ Eine Zeitlang ist er in Friedberg und lernt wurde am 26. Mai Dachau eine Typhusepidemie aus. Die hier über die Zeitschrift »Sal terrae« die 1900 in Ruppach Freiheit vor Augen meldete er sich freiwil- Schönstattbewegung kennen. Von dieser im Westerwald lig für die Pflege der Kranken und ließ sich Spiritualität angesprochen ist er ab 1938 geboren. Er wur- in der Quarantäne einsperren. Er wusste von Vallendar aus in der Männerseel- P. Richard Henkes de Pallottiner und um die tödliche Gefahr, nahm sie auf sich, sorge der Bewegung tätig. Er hat keine 1925 in Limburg infizierte sich und starb am 22. Febru- Scheu, in der Stimmung der Nazizeit das zum Priester ge- ar 1944. Seine Asche konnte geborgen christliche Menschenbild zu verkünden. weiht. Dann wirkte er als Lehrer in den werden und wurde nach dem Krieg auf Dabei ist ihm die Freiheit des Gewissens Nachwuchsschulen der Gemeinschaft dem Pallottiner-Friedhof in Limburg bei- besonders wichtig. Am 12. September in Schönstatt und Alpen. 1931 wurde gesetzt. Sein Einsatz und sein Schicksal 1940 erhält er Predigt- und Redeverbot. er nach Katscher versetzt, 1937 nach wurde zu einer Brücke der Versöhnung; Nach einem ersten Einberufungsbefehl Frankenstein. Neben seinem Lehrerberuf er wird in Deutschland und Tschechien in die Wehrmacht im September 1940 wurde die religiöse Auseinandersetzung verehrt als »Märtyrer der Nächstenliebe.« kann eine Zurückstellung erwirkt werden. mit dem Nationalsozialismus seine zwei- Nach der endgültigen Einberufung 1942 te große Berufung. P. Henkes vertrat die P. Franz Reinisch kommt P. Reinisch bewusst zu spät in Werte des Christentums in Schule, Pre- wird am 1. Februar der Kaserne in Bad Kissingen an. Und er digt und Exerzitien. Bereits 1937 wurde er 1903 in Feldkirch weigert sich, den Fahneneid abzulegen. nach einer Predigt in seiner Heimat Rup- geboren. Nach »Ich kann als Christ und Österreicher ei- pach angezeigt. Die Oberen nahmen den dem Abitur beginnt nem Mann wie Hitler niemals den Eid der gefährdeten Mitbruder aus dem Schul- er ein Jurastudi- Treue leisten. Es muss Menschen geben, P. Rheinisch dienst. Er arbeitete dann als Jugendseel- um in . die gegen den Missbrauch der Autorität sorger, Exerzitienmeister und Prediger im Das Motto seiner protestieren; und ich fühle mich berufen deutschen Osten, zuletzt als Pfarrer in Studentenverbindung wird sein eigenes: zu diesem Protest.« Strandorf im Hultschiner Ländchen (heu- »Unverrückbar wie die Berge der Heimat Er wird verhaftet und in das Gefängnis te Tschechien). steht unser Glaube an Jesus Christus nach Berlin-Tegel gebracht. Am 7. Juli Am 8. April 1943 wurde Richard Henkes und Maria.« Das Leben an seinem zwei- 1942 kommt er vor das Reichskriegs- verhaftet und in das KZ Dachau gebracht. ten Studienort Kiel stößt ihn ab. Er geht gericht und wird zum Tod verurteilt. Am Dort musste er unter menschenunwürdi- nach Innsbruck zurück und beginnt, Phi- 21. August 1942 stirbt er als »Märtyrer gen Bedingungen Zwangsarbeit leisten. losophie zu studieren. Zwei Jahre später des Gewissens« durch das Fallbeil im Dabei blieb er im Glauben stark, teilte tritt er in das Priesterseminar in Zuchthaus in Brandenburg-Görden. seine Lebensmittelpakete mit anderen ein. Am 29. Juni 1928 wird er zum Pries- Nach dem Krieg werden seine Gebeine und ermutigte seine Mitgefangenen. Im ter geweiht. In Brixen hatte er die Pallot- an der Schönstatt-Kapelle in Vallendar KZ lernte er den späteren Prager Kar- tiner kennengelernt. Im November 1928 beigesetzt. Die Pallottiner, die Schön- dinal Beran kennen. Bei ihm erlernte er beginnt er das Noviziat in Untermerz- stattbewegung und viele Menschen in die tschechische Sprache, weil er nach bach, das er am 8. Dezember 1930 mit Gewissenskonflikten tragen dazu bei, dem Krieg wieder als Seelsorger im Os- der ersten Profess abschließt. Er wird dass die Erinnerung an und das Vorbild ten wirken wollte. Als das Ende des Krie- Spiritual in Salzburg und in Bruchsal. von P. Rheinisch lebendig ist.

PALLOTTIS WERK // 2017-03 27 PALLOTTINER JUBILÄUM

Gastlich und geistlich Ganzheitliche Erholung in den Gästehäusern der Pallottiner

Um Nachwuchs für die Missionen auszubilden, gründeten die Pallottiner Schulen. Um Glauben zu begleiten, zu vertiefen, zu bestärken und Glaubenswissen zu vermitteln, wirken Pallottiner und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Exerzitienhäu- sern. Die Apostolate dieser Niederlassungen haben sich im Laufe der Zeit verändert, sodass die Gemeinschaft heute Häuser hat, in denen sie Menschen gastlich und geistlich Ferien und Erholung, aber auch Weiterbildung und geistliche Begleitung anbieten kann. Dieser Mix tut gut.

Berühmt ist das Johannes-Schlössl in Die Casa Pallotti in Meran ist seit 1960 bert. Neben dem normalen Ferienbetrieb Salzburg, das 1926 erworben wurde Gästehaus für Freunde der Pallottiner. Sie vermitteln sie im Geist der Hl. Hildegard als Wohnort für die Pallottiner-Studen- wurde Mitte der 1970er Jahre durch das und in der Tradition des indischen Ayur- ten der damaligen Bruchsaler Provinz. Franz-Reinisch-Haus erweitert. Von hier veda Aufenthalte, die der Gesundheit und 1954 durch ein Exerzitienhaus erweitert aus kann man nicht nur in 20 Minuten die dem leibseelischen Wohlbefinden in be- ist das Gästehaus auf dem Mönchsberg Meraner Innenstadt erreichen, sondern sonderer Weise förderlich sind. heute eine »Oase der Ruhe über den Dä- hat auch rasch die Möglichkeit, die Berg- chern der Stadt Salzburg« und lockt im- welt und die Kultur Südtirols zu genießen. Die ehemalige Nachwuchsschule, das mer neu Einzelgäste und Gruppen an zu Eine besondere Note erhält das Haus Schloß Hersberg bei Immenstaad am Tagungen, Freizeiten und Ferien. durch P. Jochen Ruiner und Br. Maiko Sei- Bodensee, ist ein wunderbar gelegener

Salzburg Meran

Immenstaad Wien

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Hofstetten

Freising Vallendar

Ort für Seminare und Tagungen, Se- weiten Park von Schönbrunn oder den gute Möglichkeiten bietet für Exerzitien niorenfreizeiten, Chor- und Orchester- kleinen Park am Haus mit seiner einla- und Tagungen, Gruppenfreizeiten sowie proben, Tanzgruppen, für Familien und denden Marienkapelle. individuelle Seelsorge und Begleitung. Seit Einzelgäste. Wer hier aus dem Fenster 1920 diente die Niederlassung als Brüder- seines Zimmers in die Schweizer Alpen, »Christliches Haus für Bildung und The- noviziat; heute ist sie ein gut eingerichte- auf die Apfelplantagen und Weinhänge, rapie« nennt sich das Pallotti-Haus in tes Haus der Einkehr und der Erholung. oder vom Speisesaal oder dem Kaffee- Freising, das ab 1919 Ort für die Her- pavillon auf den Bodensee blickt, spürt, anbildung von Pallottiner-Nachwuchs Das Forum Vinzenz Pallotti an der Theo- dass die Schöpfung kein Zufall sein kann, war. Heute laden die Zimmer und Räu- logischen Hochschule in Vallendar ist sondern Idee eines liebenden Gottes. me, die Speisesäle, die Hauskapelle, der mit seinem Programm vielen Menschen Meditationsraum zu Weiterbildung und ein Ort der geistlichen und gesellschaft- Das Pallotti-Haus in Wien, ganz in der Besinnung ein; bundesweit bekannt ist lichen Orientierung. Natürlich verbindet Nähe von Schloss Schönbrunn, öffnet die therapeutische Tätigkeit von P. Jörg man mit dem Forum in erster Linie Bil- seine Pforte und die Türe zur Kirche Müller. dung; die Einrichtungen des Hauses und der Königin der Apostel nicht allein für die Nähe zum Rhein laden aber auch zur Exerzitien und Tagungen, sondern auch Menschen, die Natur und Stille suchen, Erholung ein. für Feriengäste, die die Schönheit der lieben das Apostolatshaus in Hofstetten Donaumetropole genießen wollen. Und (Falkenstein in der Oberpfalz). Die wun- wer nicht in die Kultur und die Angebote derbare Gartenanlage, die Spazier- und Infos erfragen unter: der City eintauchen möchte, genießt den Wanderwege locken aus dem Haus, das [email protected]

PALLOTTIS WERK // 2017-03 29 PALLOTTINER JUBILÄUM

»Wir kümmern uns drum« Die Haus- und Provinzkanzleien, die Fördererinnen und Förderer sind das Gesicht der ­Pallottiner

Die knapp 300 Pallottiner der Herz-Jesu-Provinz könnten ihre Mission nicht erfüllen, wäre da nicht eine Anzahl von Men- schen, die haupt- oder ehrenamtlich mit ihnen zusammenarbeiteten. Eigentlich war das immer so seit den Tagen der Grün- dung in Limburg 1892, als P. Max Kugelmann noch gerne vom »Mitarbeiterwerk« sprach. Die Häuser der Pallottiner hatten zunächst stark klösterlichen Charakter, und wer zu einem Pater oder Bruder wollte, oder wer an der Klosterpforte um ein Essen bat, traf traditionell auf den Bruder Pförtner. Er war für viele das Gesicht der Gemeinschaft. Mancher wird sich noch an Br. Josef Wenzel in Friedberg erinnern, an Br. Martin Döring oder Br. Albert Kerp in Limburg, an Br. Norbert Schleime in Vallendar. Ihre Stimme am Telefon prägte die Stimmung zwischen Anrufenden und Pallottinern.

Diese Zeiten sind vorbei. Freundliche Geleitet wird die Provinzkanzlei Nord stein und Sylvia Holzmüller in Friedberg, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ver- von P. Norbert Possmann, die Provinz- Cornelia Pöllner in Salzburg, Lisa Stahn- mitteln heute zwischen drinnen und kanzlei Süd von P. Alois Mäntele. Dazu ke in Hofstetten, Rosmarie Schwaiger in draußen, sofern das bei Durchwahl und kommt die Kanzlei in Bruchsal mit Freising? Sie, wie viele andere in den Bü- E-Mail-Verkehr noch notwendig ist. Aber P. Konrad Vetter, in Hofstetten mit P. Her- ros der Gemeinschaft, erfahren als erste auch in der Zeit moderner Kommuni- mann Weißinger, auf dem Hersberg mit von Anliegen und auch Sorgen der Men- kationsmittel ist der lebendige Mensch Br. Helmut Riedel. Bei aller Wertschät- schen, sind oft mitten im Tagesgeschäft die wichtigste Brücke zwischen der Ge- zung der Arbeit dieser Patres und Brüder Seelsorgerin und Seelsorger im Geiste meinschaft und ihrem Umfeld. Das gilt und der der Mitbrüder in der sogenann- Vinzenz Pallottis. in besonderer Weise für die Mitarbeite- ten Förderer- und Wohltäterpastoral, rinnen und Mitarbeiter in den Haus- und P. Klaus Walter, P. Alfons Baumeister, Kontakt und Verkündigung per Provinzkanzleien. Sie sind für unzähli- Br. Rainer Budeus, Br. Hubert Müller, P. Zeitschrift und Homepage ge Menschen Stimme und Gesicht der Otmar Steinebach, Br. Hans Gerd Stüer, Gemeinschaft. Ihr »Ich kümmere mich was wären die Pallottiner ohne Rai- Stichwort Tagesgeschäft. Da geht es um drum!« gibt Sicherheit und weckt Ver- ner Simon, Thorsten Pörtner und Timo den Messbund und die Missionsspende, trauen. Schaarschmidt in Limburg, Silvia Gold- um Messbestellungen und Fragen um

In der Provinzkanzlei in Limburg v.l.n.r.: Timo Schaarschmidt, Sonja Simon, Thorsten Pörtner, Rainer Simon.

30 PALLOTTIS WERK // 2017-03 PALLOTTINER JUBILÄUM

Am Empfang im Provinzialat in Friedberg v.l.n.r.: Karin Michl, Josef Eberhard, P. Alois Mäntele, Sylvia Holzmüller. das Zeitschriftenabonnement. Gerade kalender«, heute »Pallottiner-Kalender«. liche Fördererinnen und Förderer, die in diesem Bereich haben die Kanzleien Ab 1899 kommt »Die Katholische Welt« Zeitschrift, Lese- und Abreißkalender viel zu tun. (eine Familienzeitschrift) und der »Ro- zu den Beziehern bringen. Sie sind für Natürlich geht es im »Presseapostolat« senkranz« hinzu. 1934 erweitert sich diese das Gesicht der Pallottiner. Sie be- der Pallottiner auch um Finanzen und das Angebot pallottinischer Pressear- gnügen sich selten mit dem Briefkasten; Spenden, aber es geht auch um ver- beit durch die Zeitschrift »Katholisches sie gehen in das Haus, in die Wohnung; trauensvolles Miteinander und Verkün- Apostolat« aus Friedberg. es ergibt sich manches Gespräch. Hier digung. Noch einmal muss von P. Max Die Nazis verbieten diese Art von Ver- geschieht Glaubensaustausch und Er- Kugelmann die Rede sein. Er hätte das kündigung und Seelsorge. Nach dem mutigung. Hier lebt fast unbemerkt die Missionshaus in Limburg nicht gründen Krieg gibt Limburg den »Rosenkranz« pallottinische Idee des katholischen können ohne den Deutschen Afrika-Ver- (ab 1966 »das zeichen«) und »Pallot- Apostolates. ein, der sich in seinem Organ »Gott will tis Werk« heraus, Friedberg wieder das In 125 Jahren hat sich vieles verändert, es« stark für das Missionswerk der Pal- »Katholische Apostolat«. Gemeinsam manches ist geblieben: dass Menschen lottiner einsetzte. P. Kugelmann selbst erstellen die Provinzen den jährlichen den Pallottinern und ihrem Apostolat ihr sandte seine »Halbjährigen Berichte« an Lesekalender. Darüber hinaus prägen Gesicht geben, dass Menschen sich der die Freunde der Gemeinschaft, um über sie mit dem Lahn-Verlag (Limburg) und großen pallottinischen Familie zugehö- die Entwicklung in Heimat und Mission dem Pallotti-Verlag (Friedberg) die ka- rig fühlen. zu informieren und um Unterstützung tholische Publizistik im deutschsprachi- Seit einigen Jahren ist auch da wieder zu bitten. Das war ihm mit der Zeit zu gen Raum, besonders in der Zeit nach Veränderung zu beobachten durch die wenig. Er wollte auch in der Heimat dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Da- neuen Kommunikationsmittel. Viel Kon- »missionieren«, will heißen, den Glauben mit sind Namen verbunden wie P. Engel- takt entsteht heute über das Internet. Die künden und vertiefen. Er wusste, da er- bert Tauscher und P. Karl Stelzer. Große Homepages der Häuser und Werke und reicht die Predigt zu wenige. So wird er Breitenwirkung erzielten die Patres Alois vor allem die Pallottiner-Homepage der zum Gründer des pallottinischen Pres- Frank, Anton Dosenberger, Hans Wall- Provinz, die in Friedberg von Josef Eber- seapostolates in Deutschland. Die Ge- hof, Heinz Perne, Josef Danko. hard betreut wird, sind das Gesicht, der meinschaft gibt ab 1894 den »Stern der Die Zeitschriften der Pallottiner (1998 Auftritt der Gemeinschaft. Doch auch in Heiden« heraus mit der Kinderbeilage fusionierten »das zeichen« und »Katho- diesem neuen Kapitel gilt das alte Wort: »Der kleine Missionar«, die bei manchen lisches Apostolat«) werden nur zu einem Es kommt auf den Menschen an! den Wunsch weckt, Pallottiner zu wer- bestimmten Teil per Post vertrieben. Die den. Es gibt den »Kameruner Missions­ Gemeinschaft hat unzählige ehrenamt- Siehe: www.pallottiner.org

PALLOTTIS WERK // 2017-03 31 Weitere Infos zu den Pallottinern: Rätsel www.pallottiner.org

Waagrecht 1 Festschriften 15 Regelwidrige 16 Verein 59 See bei Rom 61 baltisches 13 hebr. Sohn 14 fast wie die Mut- 66 … grau 67 Alt-Tier 68 Insel in Füssens Region 17 an der Oka (russ) Land (eig) 62 amerik. Soldat (kurz) ter von Konstantin 20 Gold in Paris Paris 70 schottisch: Sohn 72 gelb 18 Richard bald selig? 19 schon 125 63 in dem 64 quer durch München 21 Fliege bringt Schlaf 22 da geht gefüllt 73 wir sind ... linie Jahre in D 23 urteilt abk. 24 Tier in 66 schwäbisch kalkreich 67 da rau- es rund in Andalus. 28 »deutsches« der Zeitung? 25 Pflegt Zähne 26 chen die Köpfe 69 oberbayrische Au Rom (abk.) 29 ... bin ich gewiss 34 nicht in Rom 27 Pariser Eingang 71 Papst stoppt Hunnen 74 Kurz 19 unser Gründer 35 modern 36 Euro- 29 erhöhtes D 30 Hollands 1 31 w 75 verweigerte den Fahneneid pa im All 39 Perlengewicht alt 41 geschaltet 32 Titel in Frankreich 33 mit 36 s verbunden 44 Enkelin liebt Niederdeutsches Schilf 34 Gruben Senkrecht sie 45 seit Navi unwichtig (engl) 46 in London 37 Kanton kurz 38 … Me- 1 anno 1892 ist so eine 2 Zerstritte- Taunusstadt 47 gut, darin zu bleiben tall-Gruppe 40 Antwort in Eton 42 ne 3 gut on Lyon 4 honigsüßer Be- 49 merke! 50 kurzes Metall 51 Togo römisches Geld 43 wirkte dort 40 s trieb 5 schwed. Reg. Bezirke 6 Bin- Zentrum 52 Kleinräuber 55 kurz 46 zweimal in den Rhein 48 sieht rot nen und Aussen in HH 7 ehrwürdige Dom und Kaiserstadt 56 neuer Bi- 50 Gründers Erholungsort 53 Stefan Anrede 8 zu meiden In Berlin 9 Heil schof heißt Georg 59 silberglänzen- Die Lösung des Rätsels Entertainer 54 Anliegen des Heiligen der Römer 10 ohne Ausnahme 11 des Metall 60 due … tausend (ital.) finden Sie wie immer in der nächsten 57 Montabaur kurz 58 Ping Pong Evangelium 12 in der Scala zu hören 62 schrieb Günter so? 65 flächig Ausgabe von »Pallottis Werk«!

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ENTWICKLUNGSHELFER1 2 3 4 19 20 21 22 NEISSELUNAUTOPIADU 10 23 GOTTESANBETERINNEN 61 62 63 24 25 26 27 28 29 30 LLANOEGGEHEISSETAT 31 32 33

AINUKNEELENGTHAARE5 6 15 34 35 36 37

EBICI7 8 ANNINMETALLER 64 65 66 38 39 40 41 42 43 44 45

NECKSTFFEDOMAGONAL9 46 47 48 49 50 51 DROECIULBERINGPELE 52 53 54 55 56 57 67 68 69 70 EARLHCRUTHGAZELLEN14 13 10 11 58 59 60 61 RLANGOTELEEMSLANDK 62 63 12 13 GERNIADDIOS12 64 65 66 67 68 ERBERASENMT 71 72 73 74 69 70 71 LIOBALANOIA Auflösung 72 73 74 75 76 14 ADERLASSOTN15 Heft 2/2017 77 78 79 75 FADOLISTLEG TIERKREISZEICHEN 80 81 UNEBENEDERE16 16

Pallottis_Werk_02-2017_RZ.indd 16 20.06.17 11:13 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16