Frauen Pilgern Durch Die Stadt
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20./21. Juli 2019 / Nr. 29 www.katholische-sonntagszeitung.de Einzelverkaufspreis 2,60 Euro, 6070 „Magna Charta“ der Vor 75 Jahren: Mit der Exklusiver Einblick: Arbeiterbewegung Bombe gegen Hitler So lebt Benedikt XVI. Bischof Wilhelm Emmanuel von Für den Anschlag auf Adolf Hitler Idyllisch ist es in den Vatikanischen Kettelers Bericht „Die Fürsorge gilt Claus Schenk Graf von Stauff en- Gärten, wohin sich Benedikt XVI. ins der Kirche für die Fabrikarbeiter“ berg mal als Vorbild, mal als Verrä- Kloster zurückgezogen hat. Einen von 1869 gilt als „Magna Char- ter. In einem Buch untersucht seine exklusiven Einblick in den Alltag ta der christlichen Arbeiterbewe- Enkelin die Beweggründe des Wi- des emeritierten Papstes (Foto: gung“ (Foto: KNA). Seite 5 derständlers. Seite 28/29 und 8 KNA) lesen Sie auf Seite 2/3 Vor allem … underte Frauen pilgerten in aller Liebe Leserin, Frauen HHerrgottsfrühe betend und singend lieber Leser vom Augsburger Dom zur Basilika St. Ulrich und Afra durch die noch leere ie müssen lange mit sich ge- pilgern durch Großstadt. Der Pilgermarsch im Rahmen Srungen haben: die Verschwö- der Ulrichswoche hat inzwischen eine rer des 20. Juli 1944 um Claus Seite 16 Schenk Graf von Stau enberg, die Stadt über 70-jährige Tradition. Generäle, Diplomaten, Politiker. Ist ein Mord, fragten sie sich, ein Verbrechen also, gerechtfertigt, um ein verbrecherisches Regime zu stürzen, um Recht und Frei- heit zurückzugewinnen? Ange- sichts zahlreicher Diktaturen weltweit ist die Frage nach wie vor aktuell. Obwohl für Stau enberg und viele seiner Mitverschwörer die katastrophale Lage an der Front ausschlaggebend gewesen sein dürfte – auch die Verbrechen des Nazi-Regimes waren ihnen nicht verborgen geblieben: die Massaker im Osten, die Gräuel in den Konzentrationslagern. Ein Regime, das die Menschen- rechte derart mit Füßen trat, hatte jegliches Recht verspielt. Am Ende der Erwägungen stand für die Männer und Frauen des Widerstands fest: Es muss ge- handelt werden! Vor genau 75 Jahren zündete „Hitler-Attentä- ter“ Stau enberg im Führer- hauptquartier „Wolfsschanze“ in Ostpreußen seinen Spreng- satz. Der Ausgang ist bekannt: Das Attentat schlug fehl, die Verschwörer wurden hingerich- tet (Seite 28/29). Ihr orsten Fels, Chef vom Dienst Foto: Foto: Peter Paulus 2 THEMA DER WOCHE 20./21. Juli 2019 / Nr. 29 Benedikts letzter Auftritt als amtierender Papst: Am 28. Februar 2013 verabschiedete er sich in Castel Gandolfo in den Ruhestand. Fotos: KNA FAST LAUTLOS, DOCH UNÜBERHÖRBAR Der Papst des Gebets Benedikt registriert am Herzen der Kirche klar und wachsam jeden Pulsschlag – Eine seltene Begegnung in einem stillen Winkel der Vatikanischen Gärten ROM – Eine außergewöhnliche Es ist ein warmer römischer nem hünenhaften Schweizergardis- Den emeritierten Papst zu tref- Begegnung am bestgeschützten Nachmittag. Benedikt, leicht erhöht ten in Zivil gesteuert wurde, durch fen, ist ein seltenes Privileg gewor- Ort der Vatikanischen Gärten: durch ein Kissen, sitzt auf einer enge Kehren schlängeln, hindurch den – auch im Vatikan. Sein letzter Der emeritierte Papst Benedikt Holzbank vor der Ädikula der Got- zwischen Rosen, Brunnen, Altären, ö entlicher Auftritt liegt drei Jahre XVI. traf sich mit Massimo Fran- tesmutter, unweit des Klausurklos- jahrhundertealten Bäumen und rie- zurück: am 28. Juni 2016 in der Sala co, einem Redakteur der italie- ters inmitten der Vatikanischen sigen Kakteen. An jeder Kurve der Clementina im Apostolischen Pa- nischen Tageszeitung „Corriere Gärten. Hier wohnt er seit Mai sauberen und fast ausgestorbenen last. Franziskus wandte sich damals della Sera“. Wie der Journalist die 2013, nachdem er sein Ponti kat Wege stand ein vatikanischer Wach- zum 65. Priesterjubiläum mit einer Begegnung erlebt hat, beschrieb er niedergelegt und für großes Aufse- mann, ausgestattet mit Funkgerät herzlichen Rede an seinen Vorgän- jetzt in einem viel beachteten Ar- hen gesorgt hat. Er trägt eine weiße und Ohrstecker. ger und Jubilar. Das kleine Kloster, tikel. Mit freundlicher Genehmi- Soutane, unter der weiße Socken in in das sich Benedikt zurückgezogen gung des „Corriere“ verö entlicht braunen Ledersandalen hervorlu- hat, sei „alles andere als eine dieser unsere Zeitung daraus Auszüge, gen. Am Handgelenk trägt er zwei vergessenen Ecken, in die die Weg- die Redakteurin Romana Kröling Uhren, eine davon in modernem werfkultur Menschen gerne ab- für uns übersetzt hat. Stil, weiß und schwarz, aus Kunst- schiebt, wenn im Alter ihre Kräfte sto . schwinden“. „Italien war schon immer ein Ihm gegenüber, auf einer ande- wunderschönes Land, aber ein we- ren Bank, sitzen wir mit Erzbischof Er bringt es auf den Punkt nig chaotisch. Doch am Ende scha t Georg Gänswein. Der Präfekt des Italien es immer, seinen Weg zu ge- Päpstlichen Hauses, zugleich Bene- Es ist schon paradox: Je mehr sich hen.“ Die Stimme von Papst em. dikts Privatsekretär, steht wie kein der emeritierte Papst zurückzieht, ja Benedikt XVI. ist kaum mehr als anderer geradezu symbolisch für die fast schon unsichtbar macht, weil ein Hauchen. Die Worte kommen Beziehung zwischen Papst Franzis- sein Körper gebrechlicher wird, des- nur langsam heraus. Doch das, was kus und seinem Vorgänger. to mehr stößt jedes seiner Worte auf er sagt, und der aufmerksame Blick Die Bewachung ist diskret, aber ein mächtiges, meist unerwartetes zeugen von einer großen Klarheit gut sichtbar. Um in den tiefsten und Echo. Vielleicht, weil seine Worte der Gedanken und einer raschen bestgeschützten Winkel des Klein- von überraschender Klarheit sind Au assungsgabe: beneidenswert staats im Herzen der italienischen und er das auf den Punkt bringt, bei einem über 90-Jährigen, der als Hauptstadt zu gelangen, musste sich Der „Corriere della Sera“ widmete worüber es in der Kirche die meis- erster emeritierter Papst in die Ge- das kleine blaue Auto mit dem Vati- dem emeritierten Papst eine neunseiti- ten Meinungsverschiedenheiten und schichte eingehen wird. kan-Kennzeichen SCV, das von ei- ge Sonderbeilage. Foto: Corriere strittigsten Fragen gibt. 20./21. Juli 2019 / Nr. 29 THEMA DER WOCHE 3 Zum 65. Priesterjubiläum 2016 verließ Benedikt zum letzten Mal öffentlich seinen Ein Ort der Ruhe und des Gebets: Nicht selten ist Benedikt an der Lourdes-Grotte Altersruhesitz. Franziskus ließ es sich nicht nehmen, seinem Vorgänger zu gratulieren. in den Vatikanischen Gärten anzutreffen. Dort betet er auf Knien den Rosenkranz. Um Benedikt außerhalb seines Paul II. zur Klausur erklärt wurde, was in der Kirche vor sich geht. Er hängt an der Wand sowohl das Foto klösterlichen Domizils zu erwi- wohnt er mit vier Mitgliedern der hat die Gelegenheit, mit Franziskus von Franziskus als auch das von Be- schen, muss man in die abgeschie- Laienvereinigung „Memores Domi- zu sprechen oder sich gar mit ihm nedikt. Und das ist nicht nur eine densten Winkel der vatikanischen ni“ und Erzbischof Gänswein. Tags- zu beratschlagen. Hin und wieder Frage der Nostalgie, sondern der Gärten vordringen. An dem einen über kommt Benedikts Sekretärin sucht Franziskus ihn auf. Nicht im- Ausdruck der gegenwärtigen Rea- oder anderen Nachmittag haben die Birgit, um dem emeritierten Papst mer dringen die Tre en an die Öf- lität mit all ihren Aspekten – auch Geistlichen, die im Vatikan wohnen, bei Schreibarbeiten zu helfen. fentlichkeit. teils o enen Fragen. die Gelegenheit, einen Blick auf ihn Der Tag beginnt früh, mit einer Benedikt hat Bestrebungen von zu erhaschen, wenn er auf der Bank Heiligen Messe um 7 Uhr. Nach „Weiser Großvater“ Franziskus-Gegnern, ihn als eine Art sitzt, bei der wir ihn getro en ha- dem Frühstück erledigt Benedikt alternativen, spirituellen und mora- ben, oder auf einer anderen, hinter seine Korrespondenz, beantwortet Zu Beginn dieses ungewöhnli- lischen Führer darzustellen, stets der Lourdes-Grotte, einer in Stein Briefe oder lässt sie beantworten. chen Zusammenlebens zweier Päpste zurückgewiesen. Er bekräftigt die gehauenen Kapelle, wo er hin und Und er empfängt, zuletzt immer sel- sagte Franziskus über Benedikt, er sei aufrichtige und herzliche Beziehung wieder hingeht, um sich langsam tener, diejenigen, die ihn sprechen wie ein „weiser Großvater“ für ihn – zu Franziskus – trotz der deutlichen hinzuknien und den Rosenkranz zu wollen. Der emeritierte Papst liest auch wenn zwischen den beiden nur Unterschiede in Persönlichkeit so- beten. Bücher und einige italienische und neun Jahre Altersunterschied liegen. wie Herangehensweise an die Lehre deutsche Zeitungen. Er hört klassi- Es ist eine Beziehung, die auf gegen- und die Liturgie. Personen, die sich Voll Neugier und Frische sche und geistliche Musik. Manch- seitigem Respekt und Aufrichtigkeit von Benedikt eine kritische Aussage mal setzt er sich nach dem Abendes- basiert. Und auf der stillschweigen- zu Franziskus erho ten, bekommen Aus der Ferne ist er dann nur als sen ans Klavier und spielt, nachdem den Übereinkunft, nach der Franzis- zur Antwort: „Es gibt nur einen weißer Fleck umrahmt vom Dun- er die Nachrichten im Fernsehen kus der „Papst der Tat“ und Benedikt Papst – und der heißt Franziskus.“ kelgrün der Bäume wahrzunehmen. angeschaut hat. der „Papst des Gebets“ sei, wie Bene- Die Zeit ist ver ogen. Benedikt Ein kleines Golfcart wartet stets in Am Samstagnachmittag lässt er dikt öfter erwähnt. steht auf und verabschiedet sich, respektvollem Abstand darauf, dass sich manchmal laut aus einem Buch In einigen Nuntiaturen, wie die mit einem leichten Winken seiner er seinen kurzen Spaziergang und vorlesen, auf das er besonders neu- Botschaften des Heiligen Stuhls im Hand. Das Auto, in das