Was uns bewegt. Wen wir bewegen. Ausgabe Juli 2017 Schutzgebühr: 3,20 Euro

Starthilfe in den Beruf Verkehrsbranche schafft 729 Stellen für Geflüchtete Seite 6

VDV-Jahrestagung: Initiative Trassenfinder: Interaktive Tools : Schwebebahn stellt Digitalplattform vor erleichtern Zugang zur Schiene modernisiert ihre Fahrzeugflotte Seite 10 Seite 24 Seite 26 EDITORIAL

Verkehrswende 18 Sozial: Das Hygienecenter in muss in den bietet mehr als Duschen. 10 VDV-Jahrestagung: Die Branche Koalitionsvertrag sieht sich gut aufgestellt.

Es herrscht Aufbruchsstimmung in der Verkehrsbran- Obwohl die Fahrgastzahlen beständig wachsen, stag- che. Das zeigte sich jüngst auch auf der VDV-Jahresta- niert der Anteil des Öffentlichen Verkehrs am Modal gung in Hannover. Angesichts der Digitalisierung und Split bei lediglich elf Prozent. Im Schienengüterverkehr

Was uns bewegt. Wen wir bewegen. Ausgabe Juli 2017 Schutzgebühr: 3,20 Euro der längst überfälligen Verkehrswende steht unsere sieht es in Sachen Verlagerung noch schwieriger aus. Branche vor tief greifenden Veränderungen und gro- Wie wir das Mischungsverhältnis der Verkehrsträger

Starthilfe ßen Chancen. Zweifellos gab es in der Verkehrspolitik verändern können, schlagen wir mit unserem Programm in den Beruf Verkehrsbranche schafft 729 Stellen für Geflüchtete zuletzt Fortschritte – insbesondere bei den Investiti- „Deutschland mobil 2030“ vor – für weniger Stau, bes- Seite 6 onen in die Infrastruktur. Aber nun holt uns die Ver- seren Klimaschutz und effizientere Transportketten. gangenheit ein. Staus auf Straßen und Schienen sind VDV-Jahrestagung: Initiative Trassenfi nder: Interaktive Tools Wuppertal: Schwebebahn stellt Digitalplattform vor erleichtern Zugang zur Schiene modernisiert ihre Fahrzeugfl otte Seite 10 Seite 24 Seite 26 die Quittung für eine jahrelange Unterfinanzierung des Wenn die Verkehrswende gelingen soll, muss der kom- Systems. Man hört zwar häufig von der Verkehrswende munale ÖPNV bedarfsgerecht gefördert werden. Das ist Unser Titelbild zeigt, zugunsten des öffentlichen Personen- und des Schie- eines der Top-Themen für die neue Legislaturperiode. wie ein junger Mann aus Gambia in der Karlsruher nengüterverkehrs. Diese ist aber bislang auf halbem Zudem brauchen wir ein klares Bekenntnis der Politik AVG-Werkstatt Weg stecken geblieben. zum ÖPNV im ländlichen Raum. Das kann, wie in Nie- an der Drehmaschine dersachen, die Rückkehr zur Busförderung sein – eines einge­wiesen wird. Ein „Weiter so“ wird allein schon deshalb nicht möglich der wirksamsten Mittel, um den ÖPNV in der Fläche Himmelblaue Fahrzeuge: Wuppertal 26 sein, weil die europäischen Grenzwerte bei Stickoxi- zu stabilisieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass die modernisiert Schwebebahn-Flotte. den und Feinstaub permanent überschritten werden. Im Verkehrswende mit einem Programm wie „Deutschland Zentrum einer strategischen, zukunftsgerichteten Ver- mobil 2030“ zu schaffen ist. kehrspolitik muss die Verkehrswende stehen. Für die Umsetzung muss sich die kommende Bundesregierung Herzlichst Ihr bereits im Koalitionsvertrag eindeutig positionieren. Jürgen Fenske

22 Ohren auf: Die Wiener Linien setzen auf akustische Markenführung.

3 Editorial 10 Aus dem Verband 18 Hintergrund 24 Hintergrund Die Verkehrswende muss in VDV-Jahrestagung: Die Zeichen Im Berliner Hygienecenter ist Güterverkehr: mit dem VDV Das Magazin den Koalitionsvertrag. stehen auf Aufbruch. Duschen alles andere als alltäglich. Trassenfinder schnell ins Netz als E-Paper unter: www.vdv-dasmagazin.de 4 VDV im Bild 14 Aktuell 21 Aus dem Verband 26 Unterwegs im Netz Autonom und digital unterwegs Wechsel im DVWG-Präsidium: Meldungen aus dem VDV Schwebebahn ermöglicht Knut Ringat im Interview -Blick aus luftiger Höhe. 6 Titelstory 22 Hintergrund VDV-Unternehmen haben 729 16 Unterwegs im Netz Hör mal! Die Wiener Linien haben 30 Zu guter Letzt Stellen für Flüchtlinge geschaffen. Wenn der Zug das Ziel ist: fünf ihre akustische Marke entwickelt. Es „babbelt“ im Frankfurter ÖPNV. Reisetipps für Verkehrsfreunde

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Autonom und digital unterwegs Platz nehmen im Nahverkehr der Zukunft konnten die Besucher der VDV-Jahrestagung. Vor dem Ver- anstaltungsort absolvierte der autonom fahrende Minibus „Wepod“ des französischen Herstellers Easymile seinen programmierten Parcours. Dabei hielten Sensoren, Kameras, Radar, Laser und Regel- geräte das Fahrzeug zentimetergenau in der Spur. Prominentester Fahrgast war Alexander Dobrindt (3.v.l.), Bundesminister für Verkehr und digitale In- frastruktur. Er drehte zusammen mit VDV-Präsident Jürgen Fenske (3.v.r.) und den beiden Vorständen des Gastgebers Üstra, André Neiß (2.v.r.) und Wilhelm Lindenberg (2.v.l.), sowie mit den Projektbeteiligten eine Runde. Zwei dieser Busse fahren seit vergange- nem Jahr in einem Pilotprojekt auf den Straßen der niederländischen Provinz Gelderland. Lesen Sie mehr über die VDV-Jahrestagung ab S. 10.

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729 Chancen Fahrdienstchef Manfred Reinke City-Bus Mainz will 13 Busfahrer einstellen war zur Stelle, als es auf ihn ankam Im August 2015 musste es in Berlin, wie in vielen anderen Städten, schnell Bei der City-Bus Mainz GmbH, einem Tochterunternehmen gehen. Für die Menschen, die auf ihrer Flucht in Deutschland Schutz geschaffen der Mainzer Verkehrsgesellschaft, betreut Sylvia Pyzik neben gefunden hatten, mussten Unterkünfte und Transportmöglichkeiten ihrer Arbeit in der Personalabteilung das Projekt „Charta der dorthin gefunden werden. Manfred Reinke, Fahrdienstchef auf einem Ein Jahr nach dem Aufruf, Stellen für Geflüchtete ein- Vielfalt“. Ziel ist es, Werte, Maßnahmen und Richtlinien zur BVG-Betriebshof, fackelte nicht lange. Er nahm sich einen freien Bus, Förderung von Vielfalt im Unternehmen umzusetzen. Aktu- zurichten, zog VDV-Präsident Jürgen Fenske Bilanz. fuhr zur Erstaufnahmestelle und brachte die Menschen bis spät in den ell widmet sie sich verstärkt der Aufgabe, Neubürger in den Abend an ihre Ziele – teilweise über für ihn bis dahin unbekannte und Beruf zu bringen. Bis Ende dieses Jahres sollen 13 Geflüchtete enge Strecken und trotz Schwierigkeiten bei der Verständigung mit bei der City-Bus Mainz eine Festan- ie Verkehrsunternehmen bewegen nicht nur Menschen und seinen Fahrgästen. In den Tagen danach koordinierte er den gesamten stellung als Busfahrer bekommen. DGüter, sondern übernehmen auch soziale Verantwortung. Deshalb Einsatz der Busse, die die in Berlin aufgenommenen Flüchtlinge fuhren. Dabei akquiriert Sylvia Pyzik hatte VDV-Präsident Jürgen Fenske die Mitgliedsunternehmen dazu Er war tagsüber und abends in Bereitschaft – und zur Stelle, wenn es die Teilnehmer, plant und aufgerufen, bei der beruflichen und gesellschaftlichen Integration von auf ihn ankam. Auch in seiner Freizeit. Manfred Reinke: „Es war mir eine organisiert Sprachkurse, Geflüchteten zu helfen. Auf der VDV-Jahrestagung in Hannover zog er Herzensangelegenheit – für die BVG, Berlin und die Flüchtlinge.“ hilft über bürokratische Bilanz. Bis Ende Mai 2017 waren 729 Stellen geschaffen worden: feste Hürden hinweg und Arbeitsplätze, berufsvorbereitende Kurse, Praktika und Hospitationen. betreut die Menschen In jedem Einzelfall konnten die Verkehrsunternehmen damit eine große in der betrieblichen Unterstützung bieten und Starthilfe geben. Zwar wurde das ursprüng- Fahrschule. In die- Deutsche Bahn baut ihre liche Ziel von 1.000 Stellen nicht erreicht. Der VDV-Präsident zeigte sem Jahr startet dank Qualifizierungsplätze aus ihres Engagements sich jedoch zufrieden: „Wir haben es nicht ganz geschafft, dennoch ist In der Hauptstadt ermöglichen die S-Bahn Berlin und DB Services ein neues Vorhaben. es ein gutes Ergebnis – auch, wenn man andere Branchen betrachtet.“ bereits im zweiten Jahr eine Berufsvorbereitung für Flüchtlinge. Un- Sylvia Pyzik: „Wir wol- Drei Auszubildende sind bei der Jürgen Fenske dankte allen Unternehmen und Mitarbeitern „für diesen terstützt werden sie dabei von DB Training und dem Verein „Zukunft len damit eine berufliche großartigen Einsatz“. Gleichzeitig forderte er sie auf, in ihrem Engagement Bremer Straßenbahn AG gestartet Plus“. Federführend betreuen Silke Klein-Jente von DB Training, Perspektive für weitere 16 nicht nachzulassen. „Unsere Gesellschaft und damit wir alle brauchen Mit einem jugendlichen Syrer begann im August 2015 für ­Learn­ing & Consulting und Michael Hallmann von der S-Bahn Berlin Geflüchtete schaffen.“ dieses Engagement.“ die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) das Engagement für Ge- das Projekt. Insgesamt bietet die Deutsche Bahn seit dem vergange- flüchtete. Der inzwischen 17-Jährige hat eine Ausbildung zum nen Jahr 120 Plätze zur Qualifizierung von Bundesweit wurden im Laufe des vergangenen Jahres zahlreiche Pro- Kraftfahrzeugmechatroniker gestartet. Zudem haben zwei Geflüchteten an. Für 2017/2018 jekte ins Leben gerufen, um junge Geflüchtete an die Arbeitswelt in weitere Geflüchtete eine Ausbildung zur Fachkraft im sind derzeit 150 weitere Plätze in Vorbereitung. Ziel ist es, Deutschland heranzuführen und sie bei ihrem Start in einen neuen Fahrdienst bei der BSAG begonnen. Dort durchlie- fen insgesamt 37 Geflüchtete ein mehrwöchiges Flüchtlinge dahingehend Lebensabschnitt zu unterstützen. Stellvertretend für die ungezähl- Praktikum. Wer darin überzeugte, startete zu befähigen, dass sie ten engagierten Mitarbeiter in den Verkehrsunternehmen ehrte eine elfmonatige Einstiegsqualifikation, die die etablierten und VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff auf der VDV-Jahrestagung im Kern den Inhalten des ersten Lehrjahres zertifizierten Quali- eine Reihe von Mitarbeitern verschiedener Unternehmen als ­„Talente entspricht. Danach entscheidet sich, wer fizierungswege der im ÖPNV“ und sprach ihnen seine besondere Anerkennung aus. einen Ausbildungsplatz erhält. Ausbil- Deutschen Bahn er- „VDV Das Magazin“ stellt diese Menschen und ihre Projekte auf den dungsleiter Rolf Helms bekommt aus den folgreich beschreiten. folgenden Seiten kurz vor. Fachbereichen des Unternehmens ein positives Feedback: „Der Schritt hat sich gelohnt – für uns als Menschen und für das Unternehmen.“

VDV-Haupt- geschäftsführer Oliver Wolff (r.) und VDV-Präsident Jürgen Fenske (4.v.l.) ehrten Nils Wol- ter-von Deylen (Verdener Verkehrs- gesellschaft), Werner Kircher (KVB), Stefan Glatzer (Hamburger Hochbahn), Klaus Schmitz (Stadtbad- und Ver- kehrsgesellschaft Dormagen), Alina Herrmann (Hamburger Hochbahn), Michael Hallmann (S-Bahn Berlin), Silke Klein-Jente (DB Training), Rolf Helms (BSAG), Sylvia Pyzik (City-Bus Mainz) und Manfred Reinke (BVG) (v.l.n.r.).

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LANDKREIS KARLSRUHE, AVG UND VBK Mit der KVB- Winterkleidung eingesammelt UNTERSTÜTZEN BEIM BERUFSSTART

Mehrere Monate im Dauereinsatz war Werner Kircher von den Kölner Verkehrs-Betrie- ben (KVB). Ab September 2015 arbeitete er als Leiter der örtlichen Hilfsorganisationen Verdener Verkehrsgesellschaft bildet aus am Flughafen Köln/Bonn, wo mehr als 30.000 Flüchtlinge ihre Erstversorgung erhielten. Von dort ging es für die Schutzsuchenden weiter in die nordrhein-westfälischen Erst- Bei der Verdener Verkehrsgesellschaft beginnen im August zwei aufnahmeeinrichtungen. Die KVB managte den gesamten Bustransfer und stimmte ihn Migranten aus dem Irak und von der Elfenbeinküste ihre Aus- ab. Im November 2015 engagierte sich Werner Kircher für den „Kölner Spenden Express“ bildungen zum Kfz-Mechatroniker und zum Berufskraftfahrer. – einen Sonderzug der KVB, mit dem an zentralen Punkten der Domstadt Winterkleidung Zuvor hatten die beiden ein Praktikum absolviert. „Für die Auszu- für Flüchtlinge gesammelt wurde. Unter der Koordination von Werner Kircher und dem bildenden und die Ausbilder bedeutet das einen enormen täglichen Studenten Sven Neu, der die Idee zu der Aktion hatte und tatkräftig mitorganisierte, wurden Einsatz“, erläutert Nils Wolter-von Deylen, Leiter Kraftverkehr: die Spenden vom Arbeiter-Samariter-Bund in Lkw umgeladen und anschließend zu ihren „Vor allem, wenn es um Fachbegriffe und gesetzliche Bestim- Empfängern am Flughafen gebracht. mungen geht, ist es mit der Sprache nicht so einfach.“ Im Team kümmern sich mehrere Mitarbeiter intensiv um die beiden neuen Kollegen. Nils Wolter-von Deylen freut sich über die Verstärkung: Integration durch Ausbildung ermöglichen die Verkehrsbetriebe „Es ist für uns schwierig, Karlsruhe (VBK) und die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG). Zwölf Berufskraftfahrer zu junge Flüchtlinge aus acht Nationen absolvieren dort ein Praktikum. finden.“ Das Pilotprojekt hatten die Verkehrsunternehmen mit dem Land- Zehn Stellen in Dormagen geschaffen kreis Karlsruhe und einer berufsbildenden Schule ins Leben geru- fen. Im Betriebshof West am Karlsruher Rheinhafen durchlaufen die Als vergleichsweise kleines Unternehmen leistet die Stadtbad- und jungen Männer verschiedene Abteilungen in der Werkstatt (Foto). Verkehrsgesellschaft Dormagen bei der Integration Großes: Zehn Stel- Parallel dazu besuchen sie die Berufsschule in Ettlingen. Ein Prak- len für Geflüchtete wurden geschaffen. Im ÖPNV helfen vier von ihnen tikant hat inzwischen einen Ausbildungsvertrag bei den VBK. mobilitätseingeschränkten Fahrgästen beim Ein- und Aussteigen. Zudem bieten sie ausländischen Kunden Unterstützung an – etwa durch Übersetzungen. Außerdem empfangen Geflüchtete andere Geflüchtete in BERUFSWUNSCH GEHT IN ERFÜLLUNG den städtischen Bädern, erledigen Hausmeisteraufgaben, gestalten Gehege und pflegen Grünanlagen, Wege und das öffentliche Erscheinungsbild der Im November vergangenen Jahres hat „VDV Das Stadt. Klaus Schmitz, Geschäftsführer der Stadtbad- und Verkehrsgesell- Magazin“ über Fayez Yossef (Foto) berichtet. Der schaft Dormagen, nahm die Ehrung stellvertretend für das Engagement seiner junge Syrer absolvierte damals bei Mobiel ein Mitarbeiter entgegen. Praktikum und durchlief verschiedene Stationen innerhalb des Bielefelder Verkehrsunterneh- mens. Sein Traum: nach dem Praktikum eine Ausbildung zu beginnen und eine der modernen Hamburger Hochbahn initiierte Patenschaftsmodell Stadtbahnen vom Typ „Vamos“ zu fahren. Dieser Wunsch geht bald in Er- Bei der Hamburger Hochbahn AG betreuen Alina Herrmann und Stefan Glatzer Projekte, die Geflüch- füllung. Am 1. September beginnt Fayez Yossef eine Ausbildung zur Fach- teten dabei helfen, sich beruflich zu orientieren und Perspektiven zu erarbeiten. kraft im Fahrbetrieb. Mobiel beschäftigt derzeit zwei Flüchtlinge. In einem Kooperationsprojekt mit dem Hamburger Ausbildungszentrum, weiteren Hamburger Unternehmen und der Berufsschule wird eine Klasse mit 15 jungen Geflüchteten begleitet. Nach einer schulischen Phase wurde die erste betriebliche Praxisphase erfolgreich absol- viert. Ziel ist es, die Geflüchteten dabei zu unterstützen, die Ausbildungsreife zu erlangen ANZEIGE und bei entsprechender Eignung eine duale Ausbildung zu beginnen. In einem weiteren Projekt werden 16 Flüchtlinge in einer zwölfmonatigen Ausbil- dung zum Busfahrer qualifiziert. Parallel lernen sie in Intensivkursen Deutsch. Zur Unterstützung der Ausbildung und der Integration initiierte die Hochbahn ein Paten- schaftsmodell. Allen Teilnehmern steht ein erfahrener Busfahrer zur Seite, der Fragen beantwortet sowie praktische Tipps und Orientierung gibt. Alle Paten meldeten sich nach einem internen Aufruf freiwillig.

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Die Zeichen stehen auf Aufbruch Angesichts ehrgeiziger Klimaziele, der notwendigen Einhaltung von Luftreinhalteplänen und der digitalen Vernetzung steht die Verkehrsbranche vor tief greifenden Veränderungen. Zu schaffen sind diese nur mit einer Verkehrswende, die mehr Menschen in den Öffentlichen Personenverkehr und mehr Güter auf die Schiene bringen soll. Wie sich die Verschiebung im Modal Split erreichen lässt, war Thema auf der diesjährigen VDV-Jahrestagung im Juni. Das Motto: „Deutschland mobil 2030“.

Redner im Forum Verkehrspolitik: Enak Ferlemann (l.), Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI, und Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies

er die Verkehrswende will, der desrat verlängert, allerdings nicht erhöht „Wmuss erkennen, dass der Elf-Pro- worden. Damit liegt das Volumen des zent-Anteil des ÖPNV am Modal Split nicht GVFG weiter bei 333 Millionen Euro pro reichen kann, um Mobilität zu gewähr- Jahr – wie schon seit 1997. Doch schon leisten“, betonte VDV-Präsident Jürgen heute sei dieser Fördertopf zwanzigfach Fenske auf der dreitägigen Veranstaltung überzeichnet. „Das kann nicht aufgehen. in Hannover. Auch der Anteil des Schie- Das kann nicht das letzte Wort sein“, nengüterverkehrs (SGV) stagniere mit kritisierte der VDV-Präsident. Er for- Dieses Programm soll 18 Prozent gegenüber dem Güterverkehr derte zudem eine Dynamisierung der die Verkehrswende auf der Straße. Dies müsse sich ändern. Mittel. Gleichzeitig gelte es, die Erhal- möglich machen. „Aber entsprechende Ziele zu formulieren, tungs- und Wachstumsinvestitionen ist einfach. Wichtiger ist die Frage, wie wir fürs Schienennetz zu erhöhen. Wettbe- Jürgen Fenske, VDV-Präsident, solche Ziele umsetzen können.“ werbsnachteile für den SGV – etwa über zu „Deutschland mobil 2030“ Ein Sechs-Punkte-Programm soll dar- eine Reduzierung der Trassenpreise – auf erste Antworten liefern. „Deutsch- müssten beseitigt werden. land mobil 2030“ heißt es – und war Weitere Punkte des Aktionsprogramms Masterplan für den Schienengüterver- damit Mottogeber für die Jahrestagung, umfassten die Themen Smart Mobility kehr verwiesen: „An diesem wird eine die in diesem Jahr vom VDV und der und Digitalisierung, die Förderung von deutliche Reduzierung der Schienen- Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe E-Mobilität bei Bussen und Ladeinfra- maut einen wesentlichen Anteil haben“, AG im Hannover Congress Center aus- struktur sowie die Entwicklung einer betonte Ferlemann. Zudem versprach gerichtet wurde. „Dieses Programm soll bundesweiten Mobilitätsplattform, wie er, dass der Bund Städte und Kommu- die Verkehrswende möglich machen“, sie der VDV und 20 Verkehrsunterneh- nen stärken und auch den ländlichen betonte Fenske, der die sechs Punkte auf men derzeit mit „Mobility inside“ vor- Raum vermehrt unterstützen wolle. Für der Tagung erstmals öffentlich präsen- antreiben. die notwendigen Infrastrukturinves- tierte. titionen müsse spätestens in der kom- Im Kern geht es dabei um die Stärkung Schienengüterverkehr entlastet menden Legislaturperiode eine Lösung des kommunalen ÖPNV, etwa durch ein Was die von Fenske geforderten fi- gefunden werden. Mit Blick auf die Programm zur Auflösung des auf 4,6 nanziellen Entlastungen für den Schie- Dynamisierung des GVFG äußerte sich Milliarden Euro angewachsenen Sanie- nengüterverkehr angeht, hielt die Ferlemann hingegen zurückhaltend. rungsstaus sowie durch eine Verdoppe- Bundesregierung mittlerweile Wort. Dafür sei schließlich eine Verfassungs- lung der Mittel aus dem Bundes-GVFG Auf der Jahrestagung hatte Enak Ferle- änderung notwendig – und diese nicht VDV-Präsident Jürgen Fenske stellte im Rahmen (Gemeindeverkehrsfinanzierungsge- mann, Parlamentarischer Staatssekretär leicht umzusetzen, gab er zu bedenken. seiner verkehrspolitischen Rede die Eckpunkte des setz). Diese waren zwar kurz vor der im Bundesverkehrsministerium, be- Zuversichtlicher klang hier sein „Chef“: Programms „Deutschland mobil 2030“ vor. Jahrestagung von Bundestag und Bun- reits auf den kurz danach vorgestellten Bundesverkehrsminister Alexander

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Branche sind, hatte zuvor schon rung wird es einen fundamentalen Wech- André Neiß verdeutlicht, Vor- sel geben – politisch, gesellschaftlich und standsvorsitzender der Üstra und wirtschaftlich.“ diesjähriger Gastgeber der Jahres- „Wir sind in einer Phase, die große Ver- tagung. „Die Digitalisierung wird änderungen für uns bereit hält – aber ich uns in neue Wettbewerbsmodelle glaube, wir sind gut aufgestellt“, fasste Alexander Dobrindt führen“, sagte er. Etwa mit den Au- Oliver Wolff zusammen. informierte sich am Es geht darum, möglichst viele toherstellern, die realisieren, dass Diesen Eindruck scheinen die deutschen Stand von „Mobi- Verkehrsunternehmen über eine die reine Fahrzeugproduktion als Verkehrsunternehmen auch nach außen lity inside“ über die IT-Hintergrundarchitektur zu Geschäftsmodell nicht mehr aus- zu vermitteln – fand zumindest Alain intermodale Platt- verbinden. reicht – und die sich deswegen Flausch, UITP-Generalsekretär. „In den form (l.) und legte anschließend eine im Nahverkehr engagieren. „Die vergangenen Jahren wirkten Sie beim Oliver Wolff, VDV-Hauptgeschäftsführer, Runde im autonomen erste und letzte Meile wird hier Blick in die Zukunft sehr besorgt“, sagte zu „Mobility inside“ Minibus (r.) zurück . eine entscheidende Rolle spielen“, er. Dieser Eindruck habe sich geändert. so Neiß: „Die Nahverkehrsunter- Das Bild, das die Branche nach außen nehmen müssen immer wieder vermittle, wirke „zufriedener“. Von neuen Oliver Wolff präsentierte in einem der neue Räume für sich finden. Wir haben Mitbewerbern wie Uber müsse sich nie- Dobrindt war direkt vom EU-Minister- Verband als auch Politik die Jahrestagung Alexander Dobrindt. Und sein Staatsse- Foren die Hintergründe von „Mobility hier eine spannende Zukunft vor uns.“ mand Bange machen lassen. Aber gerade rat in Luxemburg zur VDV-Jahrestagung nutzten, um Bilanz zu ziehen. Regionali- kretär Ferlemann scherzte: „So viel Lob inside“ – eine Vernetzungsinitiative, die Niedersachsens Verkehrsminister Olaf mit Blick auf die Verkehrsströme der Zu- gereist. „Es ist gut, dass das GVFG wei- sierungsmittel, GVFG, die Leistungs- und hören wir selten.“ eine bundesweite Plattform für Tickets, Lies betonte: „Das Thema autonomes Fah- kunft müsse die Branche eine führende terläuft“, sagte er: „Aber ich weiß, dass es Finanzierungsvereinbarung II, der Bun- Tarife und Kundeninfos zum Ziel hat. ren eröffnet eine Perspektive, die für ein Rolle spielen und sie gegebenenfalls auch auf diesem Niveau nicht bleiben kann.“ desverkehrswegeplan oder der aktuelle Mobilität 4.0 war weiteres Thema „Das ist eine harte Managementaufgabe“, Flächenland wie Niedersachsen von enor- einfordern. Flausch: „Sie müssen das Deswegen gehe es nun darum, „gemein- Investitionshochlauf des Verkehrsmi- Weitere beherrschende Themen der sagte Oliver Wolff. „Es geht nicht darum, mer Bedeutung ist.“ Rückgrat der städtischen Mobilität blei- sam die Politik davon zu überzeugen“. „Ich nisteriums: „Da wurden beachtliche Fort- Jahrestagung waren die Kommunika- eine schöne neue App zu bauen, sondern Der Gedanke, dass die Branche ebenso ben. Es sind die Öffentlichen Verkehrsun- bitte Sie, genau diese Forderung mit mir schritte gemacht“, lobte Jürgen Fenske. tion von ÖV-Projekten sowie beson- möglichst viele Verkehrsunternehmen wie die Gesellschaft vor einem gro- ternehmen, die die Verkehre der Zukunft in Zukunft an die Politik zu stellen. Und Dennoch gebe es ein „Aber“, etwa bei den ders Digitalisierung und Mobilität 4.0. über eine IT-Hintergrundarchitektur zu ßen Umbruch steht – er zog sich wie ein steuern sollten.“ falls diese Forderung dann an mich geht, angesprochenen Wettbewerbsnachteilen Während auf dem HCC-Außengelände verbinden.“ Erfreulich für die Initiato- roter Faden durch die Veranstaltung. Der ist das auch gut“, sagte Dobrindt mit Blick für den SGV und den offenen Finanzie- Testrunden mit dem autonomen Minibus ren: Bundesminister Dobrindt nutzte die CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang auf die anstehenden Bundestagswahlen rungsfragen im kommunalen Nahverkehr. „Wepod“ gedreht werden konnten, disku- Jahrestagung, um vor Ort drei Förderbe- Bosbach betonte in einer gesellschaftspo- im September. Er selbst habe die Zusammenarbeit mit tierten die 800 Teilnehmer in den Sälen scheide über insgesamt 880.000 Euro an litischen Keynote, dass sich die Entwick- Weitere Informationen zur Denn wer ab Herbst das Verkehrsres- dem VDV als „kritische Partnerschaft über das automatisierte Fahren oder das Projektpartner zu überreichen. lungsgeschwindigkeit im Vergleich zu Jahrestagung:­ sort leitet, steht naturgemäß noch in den empfunden, die es darauf angelegt hat, Lö- verkehrs- und verbundübergreifende Wie wichtig Angebote wie „Mobility in- früheren Epochen deutlich beschleunigt www.vdv.de/jahrestagung.aspx Sternen. Kein Wunder also, dass sowohl sungen zu finden“, bilanzierte wiederum E-Ticketing. VDV-Hauptgeschäftsführer side“ und ein digitalisierter ÖPNV für die habe, und sagte: „Durch die Digitalisie-

Mitreißende Einlage: Das GOP-Varieté-Theater präsentierte erstmalig Auszüge aus „Metroplitan“ - der Show zum 125. Üstra-Geburtstag. UITP-Generalsekretär Alain Flausch (l.) und der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach sprachen über Verkehrs- und Gesellschaftspolitik.

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Universität Dresden, die mit ihrer fachlichen Expertise einen InnoTrans 2018 wertvollen Beitrag zum Kongressprogramm leisten. Darüber • hinaus gilt ein großes Dankeschön allen unseren Unterstützern 18. – 21. SEPTEMBER BERLIN „Gute Angebote mit und Sponsoren, die diese großartige Veranstaltung erst möglich Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik machen. Innovative Komponenten • Fahrzeuge • Systeme innotrans.de Mut und Kreativität schaffen“ Was erwartet uns beim Kongress 2017? Das diesjährige Motto lautet: „Vernetzte Mobilität – mehr als mobile Netze“. Intermodalität und Digitalisierung werden die Sie gilt in der Branche als Plattform für den Austausch von Theorie und Praxis und hat gemeinsam mit ihren Part- Stichworte der nächsten Jahrzehnte sein, doch es gibt viele nern mit dem Deutschen Mobilitätskongress ein zentrales Forum für interdisziplinäre Diskussionen geschaffen: offene Fragen, die wir beantworten müssen. Der Kongress be- die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft (DVWG). Acht Jahre lang, von 2009 bis 2017, war Prof. Knut handelt beispielsweise Fragen rund um die politische und gesell- schaftliche Akzeptanz von Verkehrsdrehkreuzen, beleuchtet die Ringat (Foto) ihr Präsident. Für ihn stelle der Kongress ein Highlight seiner Arbeit dar: Das hat der VDV-Vizepräsi- Entwicklung intermodaler Angebote aus verschiedenen Blick- dent und Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbundes im Interview mit „VDV Das Magazin“ betont. winkeln und diskutiert Projekte aus dem Bereich intelligenter Infrastrukturen. Ein Schwerpunkt wird darüber hinaus die mit dem VDV initiierte Vernetzungsinitiative „Mobility inside“ sein, Herr Prof. Ringat, Sie sind Initiator des Deutschen Mobilitäts- langjährigen Kollegen Prof. Dr. Jan Ninnemann übergeben habe, mit der die ÖPNV-Branche eine gemeinsame Antwort auf die kongresses. Wie kam es dazu? werde ich natürlich weiterhin unseren Kongress intensiv be- Herausforderungen einer digitalisierten Zukunft gibt: eine ge- Prof. Knut Ringat: Es gibt viele spezifische Veranstaltungen, gleiten und unterstützen. meinsame Plattform für den öffentlichen Verkehr - ein Ticket, die sich nur mit einem Ausschnitt der Mobilität beschäftigen. eine Anmeldung, alle Angebote – und das deutschlandweit. Um aber neue Antworten auf die schon bekannten Fragen zu Der Kongress hat sich zu einer festen Größe im Mobilitätsbe- finden, müssen wir Mobilität als Ganzes betrachten. Eines ist reich entwickelt. Im Oktober findet er zum vierten Mal statt. Sie Das ist ein recht ambitioniertes Programm. klar: Die Herausforderungen der Zukunft werden wir nur ge- rechnen mit rund 400 Teilnehmern – Tendenz steigend. Sind Sie Wie entwickeln Sie die Ideen? meinsam meistern. Eine Veranstaltung, die dieses erfüllt, fehlte zufrieden? Wir haben festgestellt, dass wir mit Kreativität und vor allem bislang – also entstand die Idee des Mobilitätskongresses. Ich Ich freue mich sehr über diese positive Entwicklung unseres auch Mut gute Angebote machen können. Wir probieren eben war schon ein wenig stolz, als ich 2013 – damals als Präsi- Veranstaltungsformates. Wer hätte das beim ersten Deutschen auch neue Programmteile aus und setzen nicht nur auf Altbe- dent der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft Mobilitätskongress gedacht? Wir haben eine Traditionsveran- währtes. So sind wir beispielsweise sehr gespannt, wie unser (DVWG) – nach intensiver Vorarbeit den ersten Deutschen Mo- staltung – nach dem dritten Mal darf man das sagen – etabliert. Sicherheitsspecial oder die neue Gestaltung der Zukunftswerk- bilitätskongress in Frankfurt am Main eröffnen konnte. Wenn Das zeigt mir auch, dass der Bedarf da ist und wir auf dem richti- statt von den Teilnehmern angenommen werden. An dieser Stelle ich auf meine langjährige DVWG-Präsidentschaft zurückbli- gen Weg sind. Wir haben uns von Jahr zu Jahr gesteigert, und die möchte ich natürlich auch alle Kolleginnen und Kollegen des VDV cke, ist der Kongress sicherlich eines der Highlights meiner Teilnehmerzahlen und -meinungen geben uns Recht. Doch zu- zum Deutschen Mobilitätskongress einladen. Arbeit. Auch wenn ich in diesem Jahr mein Amt an meinen frieden darf und will ich nicht sein, denn das hieße, wir würden uns nicht weiterbewegen. Wichtig ist doch, immer eng an den Bedürfnissen und Erfordernissen der Branche zu bleiben und dementsprechend das For- mat und die Inhalte weiterzuentwickeln. Wir wollen immer besser werden und die Plattform für den in- INTERDISZIPLINÄRE PLATTFORM terdisziplinären und verkehrsträgerübergreifenden FÜR DEN ERFAHRUNGSAUSTAUSCH Austausch sein. Die DVWG sieht sich laut Satzung als Vereinigung von Ver- Sie arbeiten wie in den vergangenen Jahren wieder kehrsfachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung, mit verschiedenen Partnern der Mobilitäts- und die sich für die Sicherung der Mobilität der Menschen im Rah- Verkehrsbranche zusammen. Wie sind Ihre Erfah- men einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung engagiert. Sie rungen? gilt als Plattform für den Erfahrungs- und Meinungsaustausch zwischen den Disziplinen sowie zwischen Politik, Wissen- Sehr positiv. Kooperationen und Partnerschaften schaft und Wirtschaft. Geführt wird sie seit Mai dieses Jahres auf Augenhöhe sind ein Gewinn für den Deutschen von ihrem neuen Präsidenten Prof. Dr. Jan Ninnemann. Der THE FUTURE OF Mobilitätskongress. Ganz besonders hervorheben Hamburger ist als geschäftsführender Gesellschafter einer Be- möchte ich die Zusammenarbeit zwischen der Deut- raterfirma für die Verkehrs-, Transport und Logistikbranche schen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft, dem tätig. Zudem leitet er den Studiengang Logistics Management MOBILITY Rhein-Main-Verkehrsverbund und dem „House of an der HSBA Hamburg School of Business Administration. Logistics and Mobility“ (Holm), die als Veranstalter Knut Ringat bleibt der DVWG indes erhalten: als Vorsit- diesen Weg nun bereits seit fünf Jahren erfolgreich zender der Bezirksvereinigung Frankfurt-Rhein-Main. beschreiten. Der diesjährige Deutsche Mobilitätskongress der DVWG Mein herzlicher Dank gilt aber auch unseren wis- findet vom 4. bis 6. Oktober im Frankfurter „House of senschaftlichen Partnern, dem Deutschen Zentrum Logistics and Mobility“ (Holm) statt. Das Motto: „Ver- netzte Mobilität – mehr als mobile Netze“. für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Technischen Mehr Infos: www.deutscher-mobilitaetskongress.de Kontakt Messe Berlin GmbH Messedamm 22 · 14055 Berlin T +49 30 3038 2376 F +49 30 3038 2190 14 03 | 2017 03 | 2017 15 [email protected]

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Wenn der Zug SCHWÄBISCHE ALB-BAHN, MÜNSINGEN Die Schwäbische Alb ist bekannt für ihre wunderschönen Natur- und Kulturlandschaften, bietet aber auch Liebhabern des histori- - schen Bahnverkehrs etwas Besonderes: Themen- und Eventfahrten in historischen Zügen nämlich. Angeboten werden diese von der Schwäbische Alb-Bahn (SAB). Jetzt in der Ferienzeit stehen die das Ziel ist „Sommer Dampf“-Fahrten auf dem Programm, unter anderem zum Schloss Lichtenstein. Dieses gilt als das „Märchenschloss Württem Mit Bus und Bahn in den Urlaub fahren: so weit, so normal. Dabei kann der Nahverkehr bergs“. Im Winter bietet die SAB auch Gourmetfahrten an.KIRNITZSCHTALBAHN, BAD SCHANDAU durchaus mehr sein als nur das (Reise-)Mittel zum Zweck – nämlich das eigentliche Inmitten des eindrucksvollen Elbsandsteingebirges bringt die Kir nitzschtalbahn seit 1898 ihre Fahrgäste ans Ziel. Das Besondere: Ziel. „VDV Das Magazin“ hat sich auf die Suche gemacht und präsentiert seinen Lesern - Es handelt sich um die einzige Straßenbahn Deutschlands, die in fünf Reise- und Ausflugstipps, bei denen der ÖPNV der heimliche Star ist. einen Nationalpark einfährt: den Nationalpark Sächsische Schweiz. Betreiber ist die Oberelbische Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz (OVPS). Auf der nur etwa acht Kilometer langen Strecke fährt die meterspurige Bahn entlang des Flüsschens Kirnitzsch durch die Felsenwelt des Elbsandsteingebirges. Ein Muss für alle Wanderer.

VULKAN-EXPRESS, BROHL-LÜTZING Ganze 400 Höhenmeter überwindet der historische Vulkan-­ Express der Brohltal-Eisenbahn auf seiner Strecke von Brohl am Rhein in die Eifel. Die Schmalspurbahn muss also ordentlich „ackern“, bringt ihren Fahrgästen aber gleichzeitig die wunder- schöne Vulkanlandschaft der Osteifel näher. Besonders reizvoll ist die Fahrt in den offenen Sommerwagen, die bei Tempo 20 einen Rundum-Panoramablick ermöglichen. Das Programm wird regel- mäßig um Sonderveranstaltungen ergänzt.

GENUSSLINIEN, ZÜRICH Sightseeing einmal anders: Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) bie- ten ihren Kunden nicht nur Touren in der Oldtimer-Tram durch die City der Schweizer Großstadt an; sie verwöhnen sie auch kulina- risch. Auf der „Genusslinie“ haben Touristen wie Einheimische die Wahl zwischen verschiedenen Themenfahrten. Mal wird Sushi auf- getischt, mal Fondue – oder Leckeres aus dem Tessin, um nur einige Beispiele zu nennen. Für Vegetarier wird auf sämlichen Fahrten ein fleischloses Alternativ-Menü serviert.

BRIENZ ROTHORN-BAHN, SCHWEIZ

Den Blick auf die Alpen direkt von der Berghütte aus genießen Brienz– das ­ geht normalerweise nur nach schweißtreibendem Aufstieg. In ­ hingegen verrichtet seit 1892 mit der Rothorn-Bahn die einzige Schweizer Zahnradbahn ihren Dienst. Vom Tal aus bringt sie ihre Fahrgäste mehrmals täglich auf den gleichnamigen Berg. Die Hütte mit Möglichkeit zur Einkehr liegt direkt neben der Bergstation. Ob- acht: In der Hochsaison kann es zu Wartezeiten kommen. Deswegen mindestens 30 Minuten vor der Wunsch-Abfahrtszeit da sein.

16 020103 | 2017 03 | 2017 17 HINTERGRUND Wo Duschen nicht alltäglich ist

Am Berliner Bahnhof Zoo treffen zwei Welten aufeinander. Luxus­ hotels und hippe Läden einerseits, die Obdachlosenszene andererseits. Dieses Mit- oder besser Nebeneinander läuft nicht immer reibungs- los, doch seit 2015 zumindest etwas besser. Damals eröffneten die Bahnhofsmission sowie DB Station & Service ein Hygienecenter für obdachlose Menschen – mit Duschen und Toiletten.

ie Sonne knallt auf den Asphalt; Duschgel, frische Unterhosen, Socken Dzwischen den Häusern an der Je- und T-Shirts. Wer nur auf die Toilette bensstraße steht die Luft. Einige Reisende will, kann so durchgehen. „Siehst gut aus verschwinden in die schattigen Unter- heute, Arthur“, begrüßt er einen Mann. querungen vom Bahnhof Zoo, in Richtung Kai Schellenbeck kennt fast alle, die hier- Gleise. Ein Stück weiter – auf den ersten her kommen – und ihre Geschichten. Blick versteckt hinter Bauzäunen – sitzen An diesem Tag ist der Andrang be- und stehen mehrere Dutzend Männer sonders groß. Schließlich ist es heiß. und Frauen auf den Bürgersteigen. Die Normalerweise kommen bis zu 85 Ob- meisten von ihnen sind obdachlos. Einige dachlose zum Duschen, heute sind es 69.809 stehen am Eingang der Bahnhofsmission nochmal mehr. „Bei 90, 95 ist dann aber Schlange: Eine Mitarbeiterin schenkt an Ende“, sagt Kai Schellenbeck. „Mehr GÄSTE diesem heißen Tag Wasser aus. Andere schaffen wir nicht.“ Geöffnet hat das haben allein im vergangenen Jahr das wiederum warten 50 Meter weiter darauf, Hygienecenter von 10 bis 18 Uhr. Es Hygienecenter am Berliner Bahnhof dass Kai Schellenbeck sie zu sich ins Hy- gibt zwei Gemeinschaftsduschen – eine Zoo besucht. gienecenter ruft. Seit gut einem Jahr ver- für bis zu vier Männer, eine für zwei richtet der 45-Jährige hier seinen Dienst Frauen. Kai Schellenbeck ruft die War- als einer der hauptamtlichen Mitarbeiter. tenden in Gruppen auf, damit möglichst Kai Schellenbeck (M.), hauptamtlicher Er organisiert den reibungslosen Ablauf, viele an die Reihe kommen. Eine halbe Mitarbeiter im Hygienecenter, kennt verteilt Handtücher, Einwegrasierer, Stunde haben sie Zeit. Danach werden leistung, findet Anna-Sofie Gerth, die Gemeinsame Hauruck-Aktion dungsstücke zur Bahnhofsmission an fast alle seine Gäste. Die meisten die Räume desinfiziert und Leiterin des Centers. „Es ist ein zutiefst Seit Dezember 2015 bietet die Bahn- der Jebensstraße gebracht – und ist hän- haben ihm auch ihre Geschichten gereinigt, bevor die nächsten menschliches Angebot. Es geht nicht hofsmission unter Trägerschaft der gen geblieben. Sie habe dort aber auch anvertraut.­ dran sind. Für Menschen mit nur darum, die Straße urinfrei zu ma- Berliner Stadtmission diese Dienste gesehen, dass es keine ausreichenden Behinderung gibt es einen chen. Wir wollen den Menschen einen im Hygienecenter an. Realisiert wurde Sanitäranlagen für die wohnungslosen separaten barrierefreien Impuls geben: Du bist es wert, dich zu dieses zuvor innerhalb von drei Mona- Menschen gibt. Und erst recht keine Dusch- und Toilettenraum. pflegen und dein Leben zu bestimmen.“ ten in einer regelrechten Hauruck-Ak- behindertengerechten WCs. Bis 2011 Zudem kommen jede Woche Für die meisten mag die Frage nach tion zusammen mit der Deutschen Bahn stand zwar ein Toilettencontainer­ in der drei Friseurinnen ehrenamt- einem neuen Haarschnitt banal klingen. beziehungsweise ihrer Tochter DB Sta- Nachbarschaft. Den hatte das Bezirks­ lich vorbei und schneiden Doch für viele Obdachlose sei es etwas tion & Service. Treibende Kraft war dort amt jedoch aus Kostengründen entfernt. Obdachlosen kostenlos die Besonderes, überhaupt eine Dienstleis- Ute Möbus, Vorstand für Finanzen und Den meisten Obdachlosen blieb nur der Haare. Zwei Podologinnen tung in Anspruch nehmen zu können – Controlling. Für sie sei das Projekt eine Gang auf die Straße. bieten einmal monatlich me- oder sich bewusst für beziehungsweise „Herzensangelegenheit“ gewesen, in Die Idee fürs Hygienecenter hatte der dizinische Fußpflege an. gegen etwas entscheiden zu können, so das sie durch Zufall hineingerutscht Leiter der Bahnhofsmission am Bahn- Das Hygienecenter sei aber Gerth. Die Qual der Wahl – hier stellt sie sei, beschreibt sie. 2013 hatte sie nach hof Zoo, Dieter Puhl, deswegen schon Die Eröffnung des Centers feierten 2015 Gäste aus Politik mehr als eine rein medizini- einen kleinen Schub fürs Selbstwertge- einer Sammelaktion für Obdachlose am länger. Es fehlte jedoch das Geld. 2015 und Verkehr – unter anderem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (2.v.l), der damalige Bahnchef Rüdiger Grube sche oder hygienische Dienst- fühl dar. Hauptbahnhof Lebensmittel und Klei- sprang dann auf Betreiben von (5.v.l.) sowie Ute Möbus und Dieter Puhl (M.).

18 03 | 2017 03 | 2017 19 HINTERGRUND AUS DEM VERBAND Branche sucht den besten Nachwuchs Ohne qualifizierte Ausbildung gibt es keinen qualifizierten Nachwuchs. Das weiß auch die Verkehrsbranche – und sucht nach den besten Fachkräften von morgen. Bereits zum vierten Mal rufen der VDV und die VDV-Akademie deshalb zur Teil- nahme am Wettbewerb „Unser bester Nachwuchs“ auf. Die Gewinner werden am 21. September im Rahmen des 8. VDV-Personalkongresses in Düsseldorf geehrt. Der Wettbewerb soll dabei auch den enormen Stellenwert untermauern, den die Berufsausbildung für die Branche einnimmt. Jedes Jahr stellen die Unternehmen des ÖPNV und des Schienengüterverkehrs rund 2.000 Auszubildende ein. „Teil- nehmen darf jeder, der 2016 oder 2017 seine Ausbildung oder ein duales Studium Das Hygienecenter bietet nicht nur Gemeinschaftsduschen: herausragend abgeschlossen hat“, erklärt Angela Struß. Sie ist bei der VDV-Aka- Gäste mit Behinderung können den barrierefreien Wasch- demie für die Organisation des Wettbewerbs verantwortlich. Die Nominierung raum nutzen (o.). Ehrenamtliche Friseurinnen wie Franziska muss dabei durch das Unternehmen erfolgen, in dem der Teilnehmer seine Aus- (r.) bieten zudem kostenlose Haarschnitte an. bildung beziehungsweise sein duales Studium absolviert hat. Dieses muss zudem Mitglied im VDV sein. Ute Möbus DB Station & Service ein. Die Preise gibt es in drei Kategorien zu gewinnen, je nach Berufsbild: kaufmännisch, Bahn-Tochter stellte ihre Personalräume gewerblich-technisch und verkehrsspezifisch. Ebenfalls geehrt wird der beste neben der Bahnhofsmission zur Verfügung Absolvent eines dualen Studiums. Sonderpreise gehen an die jeweils beste Frau, und übernahm die Umbaukosten in Höhe von die eine gewerblich-technische oder verkehrsspezifische Ausbildung abgeschlos- 300.000 Euro. Zudem zahlt sie die monatli- sen hat, sowie an den besten Absolventen einer sogenannten Lehre-Plus (Ausbil- chen Strom- und Wasserkosten. Bislang ist dung plus Zusatzqualifikation). Teilnahmeschluss ist der 28. Juli 2017. das Berliner Hygienecenter das einzige seiner Art in Deutschland. Allerdings haben auch an- Mehr Infos, etwa zu den erforderlichen Unterlagen, gibt es unter: dere Städte bereits Interesse signalisiert – ge- „Es geht aber auch darum, eine Art ‚Kontakt- www.vdv-akademie.de/chronik/eintraege/unserbesternachwuchs20162017 rade erst war eine Delegation aus Hamburg da, raum‘ zu schaffen“, ergänzt Anna-Sofie Gerth. um sich einen Eindruck vom Angebot zu ver- „Obdachlosigkeit ist ein schwieriges Thema, schaffen. „Wir waren vom Hygienecenter sehr da haben wir alle Vorurteile. Deswegen wollen beeindruckt“, sagt Michael Dominidiato, Lei- wir einen Ort schaffen, in dem man diese Vor- ter des Bahnhofsmanagements Hamburg bei urteile ansprechen und bestenfalls auch ver- DB Station & Service. Es soll nun gemeinsam ändern kann.“ Das Ziel: einerseits das Thema EU diskutiert Buchreihe über mit der Hansestadt Hamburg geprüft werden, Obdachlosigkeit als „gesellschaftliche Aufgabe inwieweit der Ansatz im Rahmen einer Mach- zu verankern“ und andererseits wohnungs- Barrierefreiheit Aufsichtsräte barkeitsstudie für die Umfeldentwicklung des lose Menschen wieder zurück ins staatliche Hauptbahnhofs integriert werden soll. Hilfssystem und in die Gesellschaft zu holen. Die Barrierefreiheit im Öffentlichen Verkehr ist auch auf Wirtschaftliche Rahmenbedingungen ändern sich, neue Gesetze und Urteile Einen Ort der Begegnung hat die Bahnhofs- europäischer Ebene ein Thema: Die EU arbeitet derzeit an der kommen hinzu: Die Arbeit kommunaler Aufsichtsräte wird immer komple- Erweiterung geplant mission zum Teil auch Erstellung des sogenannten European Accessibility Acts (EAA). xer. Hilfestellung kommt vom VKU-Verlag. Eine dreiteilige Buchreihe, die Das Angebot in Berlin indes soll, wenn es nach schon in ihrer jetzi- Jetzt wurde im zuständigen Ausschuss des Europaparlaments mit Praktikern aufgelegt wurde, will die einschlägige Gesetzesmaterie und Ute Möbus und der Bahnhofsmission geht, gen Form geschaffen. Wir müssen die Erweiterung ein aus VDV-Sicht wichtiger Kompromiss erzielt – zwischen die Rechtsprechung einordnen – ein Leitfaden, der auch Nicht-Juristen den bald sogar noch ausgebaut werden. Sie planen Immer wieder sind im nächsten halben Jahr zum einer Stärkung der Belange von Menschen mit Behinderungen Handlungsrahmen als Aufsichtsrat klar und verständlich darstellen will. Die derzeit eine Erweiterung der Mission um ein hier Schulklassen und ‚Fliegen‘ bringen. sowie der Berücksichtigung der realen Bedingungen im ÖPNV. Bücher beschäftigen sich mit den Themen des kommunalen Aufsichtsrates: Begegnungszentrum. 500 Quadratmeter an Konfirmandengruppen Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag zum EAA (auf von Rechten und Pflichten über Haftung bis zum Lesen von Bilanzen. Räumlichkeiten würde DB Station & Service zu Gast. Auch Firmen Ute Möbus, deutsch: „Richtlinienvorschlag zur Angleichung der Rechts- dafür abtreten. Das Zentrum soll dann unter schicken regelmäßig Vorstand DB Station & Service und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die anderem Räume für Workshops und Vorträge Mitarbeiter vorbei, die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleis- zum Thema Obdachlosigkeit umfassen, aber sich erst über die Arbeit tungen“) hätte ÖV-Unternehmen zum Teil erheblich belastet, auch weitergehende Beratungen für Woh- der Mission informieren und dann mit anpa- ohne die Mobilität von Menschen mit Behinderungen signifi- nungslose anbieten. „Wenn Sie einem obdach- cken. Das neue Begegnungszentrum würde kant zu verbessern, heißt es dazu beim VDV. Der federführende losen Menschen mit psychischen Problemen daran anknüpfen. „Es ist schon voll durch- Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) im Hygienecenter empfehlen, den psychia­ geplant“, sagt Ute Möbus. Noch sind zwar Fi- habe nun auf die Bedenken reagiert und unter anderem einen trischen Dienst der Charité aufzusuchen, wird nanzierungsfragen offen, doch sie zeigt sich Bestandsschutz für Produkte und Dienstleistungen in den er da von selbst nicht ankommen“, beschreibt kämpferisch: „Wenn es uns nicht gelingt, das Richtlinientext aufgenommen. Bauliche Barrierefreiheit soll Ute Möbus. Deswegen sei es so wichtig, dass Thema im nächsten halben Jahr zum Fliegen zudem nur bei Neubauten und umfangreichen Renovierungen die sozialen Hilfen zu den Menschen kommen zu bringen, dann fliegt es auch nicht mehr.“ umgesetzt werden – nicht jedoch bei intakter Infrastruktur. – und nicht umgekehrt. Und die Chance wäre vertan. Nach der Sommerpause soll das Plenum des Europaparlaments den IMCO-Vorschlag bestätigen.

20 03 | 2017 03 | 2017 21 HINTERGRUND

CORPORATE SOUND IM DEUTSCHEN ÖPNV

Für deutsche ÖPNV-Unternehmen spielte Sound Branding bisher kaum eine Rolle. Immer mehr haben das Thema jedoch auf der Agenda – etwa die Berliner Verkehrsbetriebe. Die BVG sammle derzeit in einer „akustischen Inventur“ alle relevanten Klänge, so David Rollik, Leiter der Stabsabteilung Kommunikation. SanftHör und freundlich tönt die Frauenstimme ausmal! den Lautsprechern in der U-Bahn. „Liebe Fahr- Wie genau es danach weitergeht, sei aber „Zukunftsmusik“. gäste, wir haben das Ziel erreicht“, sagt sie mit leichtem Wiener Einschlag. Auf den ersten Blick Das wachsende Bewusstsein für Klang im ÖPNV hat auch Anton Grabow von – Pardon: beim ersten Hören – klingt das wie eine ganz normale Fahrgastinformation. Und doch Gassenhauer TM festgestellt. Die Berliner Agentur für akustische Markenfüh- rung begleitet Unternehmen bei der Entwicklung „ihres“ Sounds – als ein ele- steckt bei den Wiener Linien viel mehr dahinter. „Sound Branding“ lautet das Stichwort: akusti- mentarer Bestandteil, der am Ende eine Marke in ihrer Gesamtheit ausmacht. sche Markenführung. Dafür erhielt das Unternehmen den renommierten Red-Dot-Design Award. Grabow ist überzeugt: Wer multisensorische Markenkommunikation konse- quent umsetzt, profitiere. Ein ganzheitlich gestalteter Markenauftritt wirke sich schließlich nachweislich auf den Umsatz aus. „Zudem transportiert er die eigenen Unternehmenswerte nachhaltig und emotional.“ ie neue Melodie der Telefonwarteschleife, – abhängig von der jeweiligen Lautsprecher-Qualität Dandere Signal- und Gongtöne, die neuen oder der Akustik der Haltestelle. „Diese Töne haben Durchsagen, für die die österreichische wir dann katalogisiert: Wo können wir eingreifen, Schauspielerin Angela Schneider wo nicht?“ Auch eine Kundenumfrage wurde vorge- verpflichtet worden ist: Vor fünf nommen. Demnach sind zum Beispiel 66 Prozent der Jahren, im Herbst 2012, schlu- Teilnehmer zufrieden mit den bisherigen Durchsagen. gen die Wiener Linien nach „Aber das hieß eben auch: 34 Prozent waren es nicht“, nicht einmal zwei Jahren so Wach. Kritisiert wurden etwa die zu langen Ansa- Entwicklungszeit erstmals getexte sowie die männliche Sprecherstimme. Diese sei ihre neuen Töne an. „Wir bei Umgebungsgeräuschen schwer zu verstehen. sind eine starke visuelle Aus all dem strickten die Wiener Linien ihren Maß- Marke“, sagt dazu Nina nahmenkatalog. Zwei der ersten Dinge, die geändert Wach, Werbeleiterin bei wurden, waren die Signaltöne und Durchsagen. Das dem österreichischen umfasste auch den Austausch veralteter Lautsprecher. Verkehrsunternehmen, Wichtig war den Marketingverantwortlichen auch der selbstbewusst. „Aber eine regionale Bezug – der sich nicht nur in Angela Schnei- Marke besteht zu einem ge- ders Wiener Dialekt zeigt. Alle komponierten Melodien, nauso großen Teil aus akusti- Jingles oder Gongs basieren auf einem Sechs-Achtel- schen Elementen. Idealerweise Takt – in Anlehnung an den Dreivierteltakt des Wiener bringen Kunden den Corporate Walzers. Sound unbewusst mit der Marke Andere Maßnahmen wiederum dauern Jahre – bis zum in Verbindung.“ In Deutschland ist kompletten turnusgemäßen Durchtauschen des Fuhr- Eduard Winter, Geschäftsführer das beispielsweise der Deutschen parks. Denn seit 2014 ist etwa das Sound-Design der der Wiener Linien, und Angela Bahn gelungen – mit ihrer kurzen, Fahrzeugtüren Bestandteil der Ausschreibungen. Ein Schneider. Kunden haben die prägnanten Tonfolge am Ende der angenehmer Klang beim Öffnen und Schließen – die Schauspielerin zur neuen Stim- me des Unternehmens gewählt. Radio- und TV-Werbespots. Autoindustrie legt darauf schon lange Wert. „Aber wir im Öffentlichen Verkehr haben das bisher nie als Dif- Die Jagd nach Tönen ferenzierungsmerkmal wahrgenommen“, erklärt Do- Auf einen solchen Effekt setzten auch die Wiener Li- minik Gries, Sprecher der Wiener Linien. nien bei der Entwicklung ihres „Sounds“. Und hinter Mit Blick auf die Gesamtkosten des Projekts spricht Schließt sich eine Tür, dem steckte weit mehr als etwas Kompositionsarbeit das Verkehrsunternehmen von einem „signifikanten öffnet sich eine andere ... am Computer. Am Anfang stand die Suche – nach allen Investment“. Ob es sich trotzdem lohnt? „Unbedingt“, Klängen im Wiener Netz. „Über mehrere Monate haben sagt Nina Wach, ohne zu zögern. Die Kundenzufrie- „Conchita sagt“: Unter diesem Motto wir wirklich alle Töne im Netz aufgenommen und do- denheit sei gestiegen – vom „ideellen Wert“ ganz zu nahm die Siegerin des Eurovision Song Contests von 2014 Ansagen für die kumentiert, seien es willentliche oder unwillentliche“, schweigen. Und auch international erfuhren die Wie- Wiener Linien auf. erklärt Nina Wach. Das Quietschen der Räder, das Ge- ner Linien viel Anerkennung: 2016 erhielten sie den räusch beim Schließen der Türen, die 4.780 verschie- renommierten Red-Dot-Award für Sound Branding. denen Durchsagen, die in jeder Station anders klingen Nina Wach: „Darauf sind wir wirklich sehr stolz.“

22 03 | 2017 03 | 2017 23 HINTERGRUND

Interaktive Tools wie der Trassenfinder (r.) erleichtern den Zu- gang zur Schiene.

Initiative ist Programm: „Einfachbahn“. Für die Kun- „Greta“ und der Trassenfinder sind den soll der Aufwand möglichst gering bleiben. Diese nur zwei von mehreren gezielten, Sichtweise wird mit den Möglichkeiten der Digita- verhältnismäßig kleinen IT-Projek- lisierung kombiniert. Digitale Denke trifft dabei auf ten, mit denen die „Einfachbahner“ Einfach mal betriebliches Fachwissen: In das Projektteam brin- die Komplexität im Hintergrund des gen interne und externe IT- und Eisenbahnexperten Systems Schiene schrittweise abbauen wollen. Das ihr Know-how ein. Herausgekommen ist eine ganze ist auch an anderer Stelle bereits gelungen – etwa ins Netz gehen Reihe intelligenter Webtools, die in den vergange- mit der interaktiven, webbasierten Kartenapplika- nen Monaten online gegangen sind und kostenlos zur tion „Strecken.info“. Sie enthält aktuelle und künftige Verfügung stehen. Einschränkungen. Seinen Anforderungen entspre- Mit neuen digitalen Anwendungen will die DB Netz AG chend kann sich der Nutzer die Informationen an- ihren Kunden das Leben leichter machen – eine Chance, Online-Routenplaner für Güterzüge zeigen lassen. Für die schnelle Meldung von Mängeln mehr Güterverkehr auf die Schiene zu holen. Zu diesen Anwendungen gehört der Trassenfinder. an der Infrastruktur und Auf den ersten Blick erinnert er an einen Online-Rou- an Serviceeinrichtungen tenplaner: Der Nutzer gibt Start, Ziel, Datum, die Bau- gibt es das Informations- reihe seines Triebfahrzeugs sowie Infos zu Zug und und Kommunikationssys- as System Eisenbahn ist und bleibt komplex. 400 gewünschter Strecke ein. Das Tool ermittelt dann die tem für Anlagenstörungen DVerkehrsunternehmen bewegen täglich 40.000 jeweils optimale, technisch mögliche Streckenfüh- (Ikas). Anlagendisponen- Züge. Jeder Fahrt von A nach B gehen aufwendige rung. Zudem zeigt es die Trassenkosten sowie die ten steht das Onlinetool technische Prüfungen voraus. Kann ein Güterzug mit voraussichtliche Transportdauer an. DB Netz versteht „Andi“ zur Verfügung. Foto: Hamburger Hafen und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA) seinem Gewicht und Profil alle Brücken und Tunnel den Trassenfinder als eine Art „Google Maps“ für die Weitere Projekte hat das passieren? Eignen sich die Strecken, gibt es Baustel- Schiene. Der nach der jeweiligen Zugkonfiguration Team „Einfachbahn“ schon len und Störungen? Welche freien Zeitfenster bietet berechnete Laufweg wird in einer Karte angezeigt in Vorbereitung. Im Herbst der Jahresfahrplan? Erst wenn Fragen wie diese ge- und kann unter Zeit- und Kostenaspekten optimiert ist die Einführung eines Tools geplant, mit dem auf klärt sind, kann bei DB Netz eine Trasse bestellt und werden. digitalem Weg eine Machbarkeitsstudie für außer- die Route festgelegt werden. Bis vor gar nicht allzu Hinter der übersichtlichen Benutzeroberfläche ste- gewöhnliche Transporte – etwa mit Lademaßüber- langer Zeit mussten die Trassenplaner das manuell cken viel Arbeit und komplizierte Rechenprozesse. schreitung – einfach geordert und die Beförderung erledigen. Angesichts von Richtlinien und Verfahren „Wir haben riesige Datenmengen erfasst und neue dieser Güter beantragt werden kann. keine einfache Aufgabe: Denn allein der Zugang zum Algorithmen entwickelt“, berichtet Projektleiter Derweil wurde der Trassenfinder bereits weiter- Schienennetz ist auf 32.000 Papierseiten geregelt – Matthias Blex. Einen ähnlichen Weg hatte das Team entwickelt. Seit Juni steht das Tool auch dem Per- eine kostenintensive Fleißarbeit. „Einfachbahn“ zuvor schon bei der Entwicklung sonenverkehr zur Verfügung. Für das laufende Jahr Leichter und schneller funktioniert die Trassen- eines anderen intuitiv bedienbaren Tools beschritten ist geplant, im Güterverkehr alle Routing-Ergebnisse planung jetzt mit neuen interaktiven Internetan- – dem Grenzlast-Anzeiger „Greta“. Innerhalb kürzes- vergleichbar zu machen sowie das neue Trassen- wendungen von DB Netz. Seit Anfang des Jahres ter Zeit können Planer nun das zulässige Höchstge- preissystem einzupflegen. arbeitet das Infrastrukturunternehmen daran, die wicht ermitteln, das ein Zug auf einer gewünschten Schnittstellen zwischen seinen Kunden – also den Strecke nicht überschreiten darf. In diese Anwen- Weitere Informationen zum Trassenfinder: Eisenbahn­unternehmen – und dem System Schiene dung flossen 7.700 PDF-Seiten des entsprechenden www.trassenfinder.de möglichst unkompliziert zu gestalten. Der Name der Regelwerks ein. www1.deutschebahn.com/einfachbahn-de/projekte/

24 03 | 2017 03 | 2017 25 UNTERWEGS IM NETZ Wupper-Blick aus luftiger Höhe

Einschienenbahnen – sogenannte – werden aktuell in vielen Megastädten der Welt als ideale Lösung diskutiert, den ÖPNV in eine zweite Ebene über den Straßenverkehr zu bringen. Wuppertal hat seit mehr als hundert Jahren eine ganz spezielle Variante dieser Technik: die Schwebe- bahn. Diese ist gerade für weitere hundert Jahre fit gemacht worden.

ie Zukunft ist himmelblau. Alle 14 Tage bussen durch das Gewühl auf der Straße ein Dkommt derzeit per Tieflader eine neue Stockwerk tiefer quälen müssen, mit garan- Schwebebahn aus dem Werk im spanischen tiertem Stau-Stillstand. Rund 13 Kilometer Valencia in der bergischen Großstadt an. Der ist die Strecke der Schwebebahn lang, an Zug wird per Kran an die Schiene hoch oben an ihren 20 Stationen vielfach verknüpft mit das stählerne Gerüst gehoben und dann ein- dem Busliniennetz, stets nicht weit entfernt gehängt – ein Kraftakt. Als der erste hellblau vom S-Bahn- und Regionalverkehr auf der lackierte Zug im Frühjahr ankam, standen mit- Schiene. In einer knappen halben Stunde ten in der Nacht tausende Wuppertaler bereit, legen die Bahnen diesen Weg zurück – was um diese Ankunft zu erleben. Das sagt etwas im Alltagsverkehr auf der Straße kaum zu aus über die Bürger der Stadt, die links und schaffen ist. Vom östlichen Endpunkt am rechts des Flüsschens steil die Hänge hinauf Bahnhof Oberbarmen schwebt die Bahn klettert. Die Schwebebahn ist ein „bisschen kurvenreich am stählernen Gerüst über der die Seele Wuppertals“, sagt Ulrich Jaeger, Wupper. Die letzte Etappe führt oberhalb Geschäftsführer der WSW mobil GmbH, jener einer Straße bis zur westlichen Endstation Tochter der Wuppertaler Stadtwerke, die das in Vohwinkel. So ganz nebenbei überquert weltweit einzigartige Verkehrssystem be- sie dabei auch mit einer großen Brücke das treibt. Ein Wahrzeichen ist sie allemal; seit 20 vielspurige Sonnborner Autobahnkreuz. Jahren steht sie zudem unter Denkmalschutz. Das System auf der Talachse der Stadt ist Ihre Erneuerung für ein weiteres Jahrhundert das Rückgrat des ÖPNV in Wuppertal. Jeder war und ist ein finanzieller Kraftakt. Alles in dritte WSW-Kunde nutzt die Bahn. allem mussten die Stadtwerke für das Ge- samtprojekt 635 Millionen Euro aufwenden. Neue Züge bringen mehr Laufruhe Zwei Drittel dafür kamen aus staatlichen Die neuen himmelblauen Züge wirken auf Fördertöpfen wie dem Gemeindeverkehrs­ den ersten Blick seltsam vertraut – kein 85.000 finanzierungsgesetz (GVFG). Wunder. „Bevor wir die neue Fahrzeug­serie mit 31 Zügen ausgeschrieben haben, gab FAHRGÄSTE Die Bürger lieben, beobachtet Jaeger, ihre es erst einmal einen Design-Wettbewerb“, Schwebebahn so sehr, dass die Stadt förm- erklärt Jaeger: „Natürlich sollte die nächste So viele Menschen nutzen an Werktagen die Wuppertaler Schwebebahn. Für ihre 13 Kilometer lange Strecke mit lich in eine weithin spürbare Depression Generation den Stand der Technik reprä- 20 Stationen benötigt sie eine gute halbe Stunde - was am fällt, wenn die Züge mal nicht verkehren. sentieren und modern sein. Aber sie sollte Boden und im Alltagsverkehr kaum zu schaffen ist. Das liegt aber auch daran, dass sich dann gut schon rein äußerlich die vertraute Schwe- 85.000 Fahrgäste an Werktagen in Ersatz- bebahn bleiben.“ An den Rädern hängen

26 03 | 2017 03 | 2017 27 UNTERWEGS IM NETZ

NUMMER 10 ECKT AN in Wuppertal bei Privatleuten und Firmen begehrt. Sie stehen vor einer Zukunft als Gartenhäuschen, Kantine, Neun neue Bahnen sind seit Monaten problemlos im Einsatz, bei der zehnten geschah Kneipe, Kindergarten. das Undenkbare: Ein Bauteil des Laufwerks eckte am stählernen Fahrweg an. Die Fachleute stehen vor einem Rätsel, erklärt Ulrich Jaeger: „Aus bislang unbekannten Dass die Schwebebahn, die seit dem Gründen hat das Fahrzeug Nr. 10 der neuen Schwebebahn-Generation eine Berüh- Jahr 1901 unterwegs ist, für weitere rung mit dem Gerüst gehabt. Die Schäden sind gering, aber die WSW nehmen den hundert Jahre fit gemacht werden Vorfall ernst. Erste Untersuchungen haben ergeben, dass der Fehler nur beim Fahr- zeug liegen kann. Nun werden wir gemeinsam mit dem Hersteller, Gutachtern und sollte, stand in den 90er-Jahren des unter Einbeziehung der Technischen Aufsichtsbehörde das Fahrzeug demontieren, vorigen Jahrhunderts in Wuppertal um die Ursache ausfindig zu machen.“ außer Frage. Damals war vor allem die Infrastruktur in die Jahre ge- kommen: Das Stahlgerüst, an dem die Bahn nicht schwebt, sondern hängt, wurde vom chen für die Schwebebahn-Bediensteten, die Rost zernagt. 1995 wurde ein erstes Segment des Nacht für Nacht den Fahrweg kontrollieren und Schwebebahngerüsts erneuert. Danach begann instand setzen. Mit der Zeit wurden auch alle 20 die komplette Erneuerung des gesamten Fahr- Bahnhöfe von Grund auf modernisiert, alle sind wegs, immer wieder verbunden mit Sperrpausen barrierefrei. Drei von ihnen behielten ihren Ori- für das geliebte Verkehrsmittel. Das ist nach mehr ginal-Fachwerklook: „Ein, wie es so schön heißt, als 20 Jahren abgeschlossen – eine Jahrhundert­ formidentischer Wiederaufbau“, sagt Jaeger. „Ein Nagelneu und doch aufgabe. Die Infrastruktur wurde mit heutiger bisschen wie Disneyland, aber unsere Kunden irgendwie vertraut: Die Technik, nach aktuellen Standards und Normen lieben diese Stationen.“ himmelblauen Fahr- massiver ausgelegt als das im ausgehenden 19. zeuge sind auf dem Jahrhundert entwickelte erste Fahrwegsystem. Panorama-Ausblick über die Wupper modernsten technischen nun Hightech-Züge: klimatisiert, komfortabel, Level 2 ausgestattet – als vermutlich weltweit Und Rost sollte künftig kein Problem mehr sein. Besonders aber lieben die Wuppertaler und Stand, bleiben aber rein optisch unverkenn- mit großer Laufruhe. Während die alten Bahnen ältestes Schienenfahrzeug. Sicherer gestaltet wurden auch die Arbeitsflä- die Touristen in der Stadt eine Innovation der bar die bekannte alte ratternd und mit einem typischen Motorenge- neuen Bahn-Generation: Die Rück- Schwebebahn. räusch für einen Lärmpegel im Tal sorgten, wird Zwei-Minuten-Takt in Spitzenzeiten seite besteht aus einer fast das ganze es jetzt nach und nach akustisch zurückhalten- Die neue Leit- und Sicherungstechnik bildet die Fahrzeugprofil ausmachenden Pano- der. Einem Motorradfahrer gleich, legen sich die Voraussetzung für die Erhöhung der Zugfolge rama-Fensterscheibe. Ungehinderter neuen Züge wie ihre Vorgänger in die Kurve. Und zu den Verkehrsspitzenzeiten: Alle zwei Minu- Wupper-Blick aus zwölf Metern Höhe. Kurven bietet der Fluss reichlich. Zum Schwe- ten kann dann ein Himmelblauer auf die Fahrt Wenn man Plätze ergattern kann. Denn bebahn-Erlebnis gehört weiterhin: Beim Halt in gehen. Die Technik ist buchstäblich gewichtig: die sind meist schon von den ersten der nächsten Station schaukelt sie ein bisschen. „In jedem Zug sind 20 Kilometer Kabel verlegt“, Stationen an voll besetzt. erläutert Jaeger. Das macht die Fahrzeuge schwer, Spitzentechnologie findet sich auch in der Be- trotz ausgeklügelter Leichtbauweise der Wagen- triebsleittechnik wieder: Die neue Schwebebahn kästen. Sie haben deshalb einen stärkeren An- ist mit dem European Train Control System, Ken- trieb als die Vorgänger-Serie, die schon seit den nern eher unter der Abkürzung ETCS bekannt, 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts unter- ausgerüstet. Im „Level 2“. Das bedeutet: Es gibt wegs ist. Die neuen Bahnen erreichen zügiger ihr künftig keine ortsfesten Signale mehr an der Spitzentempo von 60 km/h – was die Zeit eines Strecke und in den Bahnhöfen. Die Trieb- kompletten Umlaufs um acht Minuten auf unter fahrzeugführer erhalten alle Informationen eine Stunde verkürzt. Das ist unwesentlich für über den Monitor im den Kunden, schafft aber Luft in den Betriebsab- Führerstand. ETCS läufen. Ab Frühjahr nächsten Jahres sollen alle 31 gibt es auch für das äl- bestellten Züge im Einsatz sein. Die Zeit der alten Die Schwebebahn ist ein bisschen die teste Schätzchen: Der Fahrzeuge ist dann endgültig vorbei. Auf dem Seele Wuppertals. „Kaiserwagen“, mit Gerüst gibt es in beiden Endbahnhöfen nur Stell- dem anno 1901 der plätze für 34 Fahrzeuge. Jaeger: „Mit jedem neuen Ulrich Jaeger, Geschäftsführer WSW mobil letzte deutsche Kai- Fahrzeug, das wir ins System bringen, muss ein ser Wilhelm II. nebst altes herausgenommen werden.“ Die alten blei- Gattin die neue Bahntechnik der damals noch ben aber gefragt. Die WSW schenkten die ersten selbstständigen Städte , und drei gemeinnützigen Institutionen. Für den Rest, Vohwinkel inspizierte, ist für den weiteren nos- der zum Schrottpreis verkauft werden soll, gibt Begehrte Plätze: Im Heck der neuen Fahrzeuge ermöglicht eine groß- Zum Schwebebahn-Erlebnis gehört neben der kurvenreichen Fahrt über den talgischen Kaffeefahrten-Einsatz ebenfalls mit es eine Warteliste. Die Waggons sind nicht nur zügige Panorama-Scheibe den ungetrübten Blick über die Wupper. Fluss auch das leichte Schaukeln, wenn der Zug in der Station haltmacht.

28 03 | 2017 03 | 2017 29 ZU GUTER LETZT

Badesalz babbeln in Frankfurts ÖPNV Termin Diese Ansagen sind echte Hinhörer: „Wie Se selber grad merke, geht‘s net so 7 richtich vorwärts, was jetzt allerdings nischt an uns liegt“, erklärt die Stimme 17. bis 18. Oktober 2017 aus dem Lautsprecher in breitestem Hessisch. Dem einen oder anderen mag 10. Internationaler sie sogar bekannt vorkommen: Hinter den neuen „Ansaachen“ in den Bahnen BME/VDV-Eisenbahn- der Frankfurter Verkehrsgesellschaft (VGF) steckt das hessische Komiker- kongress in Hannover Duo Badesalz alias Henni Nachtsheim (Foto, r.) und Gerd Knebel (M.). Diese Im Fokus des Kongresses steht die Frage, Vernetzte Mobilität – mehr als mobile Netze kommentieren launig das Geschehen in den U- und Straßenbahnen. wie es mit dem europäischen Wagenla- Insgesamt 40 Durchsagen haben die beiden für die VGF eingesprochen, davon dungsverkehr über Gleisanschlüsse und 20 für (ausgewählte) Haltestellen und Stationen. Die restlichen wurden zu multimodale Umschlagterminals weiter- unterschiedlichen Betriebssituationen aufgenommen: zum Beispiel für die geht. Kongress-Sprachen sind Deutsch 4. bis 6. Oktober 2017 Behinderung auf der Strecke oder sogar für den Fahrgast, der seine Füße auf und Englisch (Simultanübersetzung). dem Sitz abgelegt hat. „He, Chef, ham wir keine Fußmadde daheim oder was? www.vdv.de/termine.aspx House of Logistics & Mobility (HOLM) Füß runter, aber flott“, maulen Badesalz – und ringen dem so Angesprochenen vielleicht dennoch ein Lachen ab. Frankfurt am Main Hörbeispiele gibt es über den Youtube-Kanal der VGF: Termin tinyurl.com/ybe92r4s 23. bis 24. Januar 2018 11. BME/ VDV-Forum Schienengüterverkehr in Bonn Das Forum will den Dialog zwischen Verladern, Speditionen und Eisenbahnen Kongressschwerpunkte Veranstalter: fördern. Im Vordergrund der Vorträge stehen die Kundenanforderungen und • Netze, Drehkreuze, Knoten – Ausgestaltung, Chancen, die Möglichkeiten zur Verkehrsverlage- Herausforderungen rung auf die Schiene. www.vdv.de/termine.aspx • Intelligente Infrastrukturen und Technologien • Intermodale Mobilität Die nächste Ausgabe von „VDV Das Magazin“ • Fahrradmobilität erscheint Anfang September 2017. • Vernetzung des Öffentlichen Verkehrs • Visionen, Perspektiven, Chancen – Wie sind wir morgen mobil? Impressum Wissenschaftliche VDV Das Magazin Realisierung, Text und Redaktion: Bildnachweise: Specials AD HOC PR, Gütersloh: Stefan Temme (Lt.), Titelmotiv: Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) Partner: Elena Grawe, Ulla Rettig Herausgeber: AVG (2, 9); Brienz Rothorn Bahn (16); Deutsche Bahn/Oli- • Sicherheit im Verkehr Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV), Mitarbeit: ver Lang (20); ETR/Andreas Mann (14); Michael Fahrig (2, Kamekestraße 37-39, 50672 Köln, Eberhard Krummheuer 4/5, 6, 10-13); Fotolia/cpauschert (24/25); Fotolia/djdark- Tel. 02 21/5 79 79-0, flower (25); Fotolia/dream_stock (16/17); Fotolia/Jörg • Nachhaltigkeit und Ethik in der Mobilität E-Mail: [email protected], Gesamtleitung und Anzeigen: Hackemann (30); Fotolia/Tim Mueller-Zitzke (6-9); Fo- Internet: www.vdv.de Christian Horn (Lt.), (AD HOC PR), tolia/Alexander Raths (21); Fotolia/studited (30); Fotolia/­ Tel. 0 52 41/90 39-33 | [email protected] T-flex (22/23); Elena Grawe/AD HOC PR (17); Lars Haberl/ • Zukunftswerkstatt des Jungen Forums der DVWG Redaktion VDV: Meike Jochens (AD HOC PR), AD HOC PR (9); Jonas Harraß (16); Jon Adrie Hoekstra Lars Wagner (V.i.S.d.P.), Tel. 0 52 41/90 39-15 | [email protected] (2, 18/19); Carmen Lenk (18, 20); picture alliance/Ina Pressesprecher und Leiter Presse- und Fassbender (29); picture alliance/Herbert Neubauer (23); Öffentlichkeitsarbeit Grafik-Design: Schwäbische Alb-Bahn (17); VDV (3, 6-9); Verkehrsbe- Abendveranstaltung: Kulinarische Schifffahrt auf dem Main Lars Haberl (AD HOC PR, Gütersloh) triebe Zürich (16); Verkehrsgesellschaft Frankfurt (30); Anschrift der Redaktion: Wiener Linien (2, 22, 23); WSW Wuppertaler Stadt- Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Produktion und Druck: werke GmbH/Stefan Tesche-Hasenbach (2, 26-29) Redaktion „VDV Das Magazin“, Bitter & Loose GmbH, Greven Leipziger Platz 8, 10117 Berlin, „VDV Das Magazin“ erscheint alle zwei Monate (sechsmal [email protected] Anzeigenpreise: im Jahr). Alle im Magazin erscheinenden Beiträge und Laut Mediadaten 2017 Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Außerhalb der Grenzen des Urheberrechts ist die Verwertung ohne die Zustimmung des Herausgebers nicht zulässig. Das gilt vor allem für Vervielfältigungen, Übersetzungen sowie die Für Anregungen, Themenvorschläge, Lob und Kritik erreichen Sie uns unter: [email protected] elektronische Speicherung und Verarbeitung. Alle Informationen und Anmeldung unter www.deutscher-mobilitaetskongress.de 30 02 | 2017