Verkehrssicherheit von Überquerungsstellen für Fußgänger und Radfahrer über Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken

Fachveröffentlichung der Bundesanstalt für Straßenwesen Es wird darauf hingewiesen, dass die unter dem Namen der Verfasser veröffentlichten Berichte nicht in jedem Fall die Ansicht des Herausgebers wiedergeben.

Nachdruck und photomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Bundesanstalt für Straßenwesen,Stabsstelle Presse und Kommunikation.

Herausgeber Bundesanstalt für Straßenwesen Brüderstraße 53, D-51427 Bergisch Gladbach Telefon: (0 22 04) 43 - 0

Redaktion Stabsstelle Presse und Kommunikation Forschungsprogramm Stadtverkehr Forschung und Entwicklungsvorhaben

Verkehrssicherheit von Überquerungsstellen für Fußgänger und Radfahrer über Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken

FE 82.0613/2014

Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen

Schlussbericht

von Dirk Boenke Julia Nass STUVA e. V., Köln

Jürgen Gerlach Manuel Beyen Felix Franke Bergische Universität , LuFG SVPT

31.05.2018, Köln/Wuppertal 1

Kurzfassung – Abstract statt, bei denen die Straßenbahn in der Haltestelle stand oder gerade langsam anfuhr. Auch die Si- Verkehrssicherheit von Überquerungsstellen cherheitsanalyse der Gleisquerungen förderte keine für Fußgänger und Radfahrer über Straßen- systematischen Defizite zu Tage. bahn- und Stadtbahnstrecken Vielmehr als die Infrastruktur scheint das Verhalten Unfälle zwischen Straßenbahnen und Fußgängern der Personen an Gleisquerungen eine größere oder Radfahrern treten im absoluten Vergleich zu Rolle für Unfälle an diesen Stellen zu spielen. So den übrigen Straßenverkehrsunfällen in Deutsch- wurde beispielsweise die eigene Unaufmerksamkeit land glücklicherweise relativ selten auf. Sie finden als häufigster Grund für eine persönlich erlebte Ge- durch die in der Regel weitreichenden Folgen (teils fahrensituation an einer Gleisquerung angegeben. schwere Personenschäden, längere Betriebsstö- Dass ablenkende Tätigkeiten wie die Benutzung ei- rung) ein großes Medienecho. In der öffentlichen nes Mobiltelefons die Aufmerksamkeit verringern Wahrnehmung erlangt das Thema daher, auch be- und auch zu mehr Unfällen führen können, wurde fördert durch die mediale Berichterstattung, eine inzwischen in verschiedenen Studien nachgewie- steigende Bedeutung. sen. So könnte eine der Ursachen für die in Deutschland (und anderen Ländern) tendenziell an- Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, mögliche Ein- steigende Zahl der Unfälle an Gleisquerungen in flüsse der Infrastruktur auf das Verhalten von Per- derartigem Verhalten liegen. Eine in diesem Zusam- sonen beim Queren der Straßenbahngleise an den menhang zunehmende Anzahl an Berichten durch dafür vorgesehenen Übergängen zu identifizieren die Polizei oder in der Presse lassen dies vermuten. und zu analysieren. Zur Zielerreichung wurden ver- schiedene Methoden angewendet. Neben einer um- In der Verkehrsbeobachtung im Rahmen dieses fassenden Analyse bisheriger Erkenntnisse zur Si- Projektes konnte diese These aufgrund der gerin- cherheit an Gleisquerungen wurden folgende Ar- gen Anzahl von nennenswerten Interaktionen nicht beitsschritte durchgeführt: eine bundesweit ange- bestätigt werden. Dass diese Tätigkeiten vom Ver- legte Bestandsanalyse bezüglich der Bauform und kehrsgeschehen ablenken können, ließ sich aller- Ausstattung von Gleisquerungen sowie eine bun- dings beobachten, ohne dass es dabei zu kritischen desweit angelegte Analyse der Unfälle an diesen Konflikten gekommen ist. Eine lückenlose Erhe- Stellen über einen Zeitraum von sieben Jahren; wei- bung bezüglich solcher Ablenkungen war aufgrund terhin eine Verkehrsbeobachtung und eine Passan- datenschutzrechtlicher Vorgaben nicht möglich tenbefragung sowie Sicherheitsanalysen (Plan- und (nicht geeignete Bildausschnitte und Bildqualität). Bestandsaudits) an ausgewählten Gleisquerungen Auch die Unfallanalyse ließ keine weiteren Rück- in vier Städten. schlüsse über nicht angemessenes Verhalten zu, da Unfallursachen (z. B. Missachtung von Lichtsig- Die Analyse des Bestands an Gleisquerungen in nalen) nur sehr lückenhaft erfasst wurden. Deutschland zeigte, dass vor allem bundesweit be- trachtet ein sehr heterogenes Gestaltungsbild hin- Insgesamt ist festzustellen, dass es sich bei Gleis- sichtlich der Kombinationen von Bauform, Signali- querungen über Bahnkörper der Straßenbahn sierung und Ausstattung besteht. Die Unfallanalyse grundsätzlich um Verkehrsanlagen mit einem ho- bestätigte, dass Unfälle an Gleisquerungen über hen Sicherheitsniveau handelt. Um diesen Ent- besondere und unabhängige Bahnkörper der Stra- wurfs-Standard zu erhalten und entsprechende Vor- ßenbahnen sehr seltene Ereignisse und eher Ein- gaben umzusetzen, sollte weiterhin eine kontinuier- zelereignisse sind. Systematische Zusammen- liche Verkehrssicherheitsarbeit angestrebt bzw. hänge mit der Infrastruktur konnten nicht identifiziert konsequent fortgeführt werden. Fester Bestandteil werden. Diese Erkenntnis wurde durch die Ver- dieser Arbeit sollten die Verkehrsschau und das Si- kehrsbeobachtung gestützt. Von 17.431 beobachte- cherheitsaudit an Gleisquerungen sein. Beide Ver- ten Querungsvorgängen wurden auf Basis objekti- fahren dienen dazu, Orte mit ihren spezifischen Ei- ver Kriterien mithilfe der Post Encroachment Time genschaften zu analysieren und mögliche Defizite (PET) lediglich 477 ermittelt, bei denen eine detail- zu vermeiden bzw. schnellstmöglich zu erkennen lierte Analyse der jeweiligen Interaktion erfolgte. Es und so mögliche Unfälle zu verhindern. zeigte sich, dass es zwar zu klar erkennbaren Inter- Aufgrund der Erkenntnisse aus der Befragung wird aktionen kam, aber keiner dieser Querungsvor- Verbesserungspotenzial im Sinne einer weiterge- gänge als kritisch einzustufen war (im Sinne einer henden Angleichung von Verkehrszeichen und Ge- drohenden Kollision). Auch nicht bei den 48 Interak- staltungselementen (Standardisierung) gesehen. tionen mit einer PET von zwei Sekunden oder da- Elemente, welche die Aufmerksamkeit an Gleis- runter. Diese Interaktionen fanden in der Regel an querungen für Fußgänger und Radfahrer verbes- Gleisquerungen mit Zugang zu einem Bahnsteig sern oder unterstützen können (z. B. Warnhinweise

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oder die Verlängerung von Absperrelementen zur at track crossings, the following work steps were Vermeidung von Trampelpfaden), sollten für die carried out: a nationwide analysis of existing track Passanten wahrnehmbar sein, um verkehrssiche- crossings regarding the design and equipment as res Verhalten aktiv zu unterstützen. Das Ziel, die well as a nationwide analysis of accidents at these Aufmerksamkeit zu verbessern, bedeutet dabei sites over a period of seven years. Furthermore, a nicht automatisch mehr Technik einzusetzen (z. B. traffic monitoring and survey as well as security Signalisierung). Dies hat sich beispielsweise in analyses (safety audits of plans and sites) at se- mehreren analysierten Untersuchungen zum Ein- lected track crossings in four cities. satz sogenannter Bodenwarnleuchten gezeigt. The analysis of the stock of track crossings in Ger- Wenn Technik eingesetzt wird, sollte diese verläss- many showed that, above all, nationwide a very het- lich sein und Situationen eindeutig kennzeichnen. erogeneous design with regard to the combinations Bei Gleisen in Mittellage einer Straße sollten die of construction form, signaling and equipment ex- Gleisquerungen auch für den Kraftfahrzeugverkehr ists. The accident analysis confirmed that accidents wahrnehmbar gekennzeichnet und im besten Fall at track crossings over separated and independent für den Fuß- und Radverkehr gesichert sein. Blo- tracks of tramlines are very rare events and rather ckierte Zugänge können zu Trampelpfaden führen isolated incidents. No systematic relationship with bzw. das Sicherheitsgefühl der Passanten negativ the infrastructure could be identified. This finding beeinflussen. was supported by the traffic observation. Of 17,431 observed crossings only 477 were determined on Weiterer Verbesserungsbedarf wird in einigen the basis of objective criteria using the post en- Punkten bezüglich der barrierefreien Gestaltung croachment time (PET), where a detailed analysis von Gleisquerungen gesehen. Zunächst ist festzu- of the respective interaction took place. It appeared halten, dass nur signalisierte Gleisquerungen für that although there were clearly identifiable interac- blinde Verkehrsteilnehmer barrierefrei sein können. tions, none of these crossings were considered as Für Gleisquerungen fehlen in den Regelwerken bis- critical (in terms of an impending collision). Even not lang zudem klare Vorgaben, wie Bodenindikatoren in the 48 interactions with a PET of two seconds or anzulegen sind. Dies gilt vor allem im Hinblick auf below. These interactions usually took place on eine Unterscheidung bezüglich der beiden Siche- track crossings with access to a platform in case of rungsarten „Sicherung durch Übersicht“ und „Tech- a tram in the station or just starting slowly. The nische Sicherung“. safety analysis of the track crossings also did not Im Rahmen der Unfallanalyse hat sich gezeigt, dass reveal systematic deficits. bei der Datenerfassung und Systematik sowohl bei Rather than the infrastructure, the behaviour of peo- der Polizei als auch bei Verkehrsunternehmen in ei- ple at track crossings seems to play a greater role nigen Punkten Verbesserungspotenzial besteht, um for accidents at these locations. For example, own zukünftige Analysen zielgerichteter vornehmen zu inattention at track crossings was given as the most können. frequent reason for personally experienced danger situations. The fact that distracting activities such as the use of a mobile electronic device can reduce at- Traffic safety of crossing points for pedestrians tention and also lead to more accidents has been and cyclists via tram and light rail lines proven in various investigations. Such behaviour Accidents between trams and pedestrians or cy- could be one of the reasons for the increasing num- clists are fortunately relatively infrequent in Ger- ber of accidents on track crossings in (and many compared to road traffic accidents overall. other countries). This suggests an increasing num- Those accidents are often widely reported due to ber of announcements by police or press reports in the extensive consequences (to some extent seri- this context. ous or fatal personal injury, longer operational dis- Within the scope of the traffic observation of the pro- ruptions). Insofar public awareness of the subject is ject, this thesis could not be confirmed due to the becoming more significant, also furthered by reports small number of significant interactions. However, it in the media. was possible to determine that these activities could The present work has the objective of identifying distract from the traffic situation, without the fact that and analysing the possible effects of infrastructure there have been critical conflicts. A complete survey on the behaviour of people crossing tram tracks at of such distractions was not possible due to data the intended crossings. To achieve the goal, differ- protection regulations (not suitable image details ent methods have been used. In addition to a com- and image quality). The accident analysis also did prehensive analysis of previous findings on safety

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not reveal any further conclusions about inappropri- ate behaviour, because accident causes (e. g. dis- regard of light signals) were only very incomplete. Overall, it should be noted that track crossings at tramlines have a high safety level. In order to main- tain this design standard an apply it properly, con- tinuous traffic safety work should be applied or con- sequently continued. The Verkehrsschau (council traffic safety review) and road safety audits at track crossings should be a fixed part of this work. Both procedures serve to analyse locations with their specific properties and to avoid deficits, or at least to detect them as quickly as possible to avoid acci- dents. Based on the findings from the survey, further need for improvement is seen in a further standardisation of traffic signs and design elements. Elements that can improve or support the attention of pedestrians and cyclists at tracks crossings (e. g. warning sig- nals or the elongation of barriers to avoid unin- tended paths) should be perceivable for the users to actively support traffic-safe behaviour. The aim of achieving higher attention must not automatically lead to an extended use of technology (e. g. traffic signalling). This was demonstrated, for example, in several investigations analysing the use of so-called ground-level traffic lights. When technology is used, it should be reliable and clearly correlate to a situa- tion. In the case of tracks in the middle of a road, the track crossings should also be perceivable for motorists. In in the best case they should be secured for pe- destrians and cyclists. Blocked crossings or ac- cesses can lead to unintended paths or a lack of feeling safe in this areas. Further need for improvement is also seen in a few points concerning the accessible design of track crossings. It can firstly be noted that only signalled track crossings are fully accessible for blind pedes- trians. Regarding to Tramways there is a lack of clear regulations for the installation of tactile ground surface indicators. This especially applies to the dif- ferentiation between track crossings with or without traffic lights. Within the scope of traffic accidents at track cross- ings it became apparent, that there is potential for improvement relating to data recording and data analysis (classification) – both at the police and transport companies. Improvement could help to enhance the quality of future analyses.

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Inhalt 3.1.4 Untersuchung an Gleisquerungen in Stuttgart ...... 28 Abkürzungen ...... 6 3.1.5 Gestaltung von Umlaufsperren ...... 29 1 Zielsetzung und Vorgehensweise...... 7 3.1.6 Wahrnehmung von Warnmarkierungen .....30 2 Definitionen, technische und rechtliche 3.2 Bodenwarnleuchten ...... 31 Grundlagen ...... 7 3.2.1 Karlsruhe ...... 31 2.1 Begriffsdefinitionen und rechtliche Vorgaben 3.2.2 Frankfurt am Main ...... 31 ...... 7 3.2.3 Köln ...... 32 2.1.1 Straßenbahnen ...... 7 3.2.4 Augsburg ...... 32 2.1.2 Bahnkörper ...... 8 3.3 Ablenkung durch mobile Geräte ...... 33 2.1.3 Bahnübergang ...... 9 3.4 Blick nach Europa ...... 33 2.1.4 Begriff „Gleisquerung“ und Abgrenzung des 3.4.1 Gestaltungsvorgaben ...... 33 Untersuchungsauftrags ...... 9 3.4.2 Unfallforschung – Beispiel Frankreich ...... 35 2.2 Sicherung von Gleisquerungen ...... 10 3.5 Zusammenfassung ...... 35 2.2.1 Sicherung durch Übersicht auf die 4 Gleisquerungen im Bestand ...... 36 Bahnstrecke ...... 10 4.1 Straßenbahnverkehr in Deutschland ...... 36 2.2.2 Technische Sicherung ...... 11 4.2 Formen der Umsetzung und Ausstattung ..37 2.2.3 Ausführungsformen der Signalisierung nach 4.2.1 Bauformen und Regelbauweisen ...... 37 RiLSA ...... 13 4.2.2 Verwendung von Lichtsignalen ...... 37 2.2.4 Weitere Empfehlungen bei der Signalisierung von Gleisübergängen ...... 16 4.2.3 Verkehrszeichen, Schilder und Markierungen ...... 42 2.2.5 Trampelpfade ...... 16 4.2.4 Barrierefreiheit ...... 47 2.2.6 Verkehrsschau...... 16 4.2.5 Sicherheitsanalyse ...... 48 2.3 Bauformen ...... 17 4.2.6 Fahrzeuge ...... 49 2.3.1 Geradlinige Gleisquerung ...... 17 4.2.7 Zusammenfassung und Bewertung ...... 49 2.3.2 Führung mit erzwungenem Richtungswechsel ...... 17 5 Unfallanalyse ...... 51 2.3.3 Gestaltungsgrundsätze für Aufstellflächen 19 5.1 Vorgehensweise ...... 51 2.4 Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen 5.2 Anfrage und Bereitstellung der Unfalldaten ...... 19 ...... 51 2.4.1 Allgemeine Hinweise zur Verwendung und 5.2.1 Qualität der Unfalldaten ...... 52 Anordnung ...... 19 5.3 Methodik der Unfalldatenauswertung ...... 53 2.4.2 Andreaskreuz ...... 19 5.4 Anzahl der relevanten Unfallereignisse .....54 2.4.3 Gefahrstelle ...... 20 5.5 Aufbau einer Unfalldatenbank mit Unfällen 2.4.4 Vorfahrt gewähren ...... 20 an Gleisquerungen von Straßenbahnen ....54 2.4.5 Bahnübergang ...... 21 5.6 Ergebnisse der Unfallauswertung ...... 54 2.4.6 Markierte Verkehrszeichen ...... 21 5.6.1 Auswertung der polizeilich erfassten Unfalldaten ...... 55 2.4.7 Schrankenanlagen und Umlaufsperren ..... 21 5.6.2 Unfallauffällige Bereiche ...... 60 2.5 Barrierefreiheit an Gleisquerungen ...... 21 5.7 Zusammenfassung der Unfallanalyse ...... 60 2.5.1 Anforderungen von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ...... 21 6 Untersuchung von Fallbeispielen ...... 61 2.5.2 Gestaltungsempfehlungen ...... 22 6.1 Ziele ...... 61 2.6 Zusammenfassung ...... 25 6.2 Vorbereitung der Erhebungen ...... 61 3 Derzeitiger Erkenntnisstand ...... 25 6.2.1 Auswahl der Fallbeispiele ...... 61 3.1 Verkehrssicherheit an Gleisquerungen ..... 25 6.2.2 Erstellung eines Datenschutzkonzeptes ....62 3.1.1 Fußgängerfurten über Verkehrsstraßen mit 6.3 Verkehrsbeobachtung ...... 62 Straßenbahnen in Mittellage ...... 26 6.3.1 Technische Ausstattung ...... 62 3.1.2 Fußgängerquerungen über Gleistrassen in 6.3.2 Methodik ...... 63 Köln ...... 26 6.3.3 Ergebnisse der Verkehrsbeobachtungen – 3.1.3 Maßnahmen zur Reduzierung von Sicherheitsanalyse ...... 65 Straßenbahnunfällen ...... 27 6.3.4 Verhaltensbeobachtung ...... 69

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6.3.5 Zusammenfassung ...... 73 6.4 Befragung ...... 75 6.4.1 Methodik und Durchführung ...... 75 6.4.2 Ergebnisse der Befragung ...... 75 6.4.3 Zusammenfassung ...... 85 6.5 Sicherheitsanalysen ...... 86 6.5.1 Auditierung ...... 86 6.5.2 Mikroskopische Unfallanalyse ...... 90 7 Zusammenfassung und Empfehlungen 90 7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ...... 90 7.2 Empfehlungen ...... 93 Literatur und Quellen ...... 97

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Abkürzungen

BMVI Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur BOStrab Verordnung über den Bau- und Betrieb der Straßenbahnen a. F. alte Fassung Bet Beteiligte Bü Bahnübergang Bü 0 Überwachungssignal „Halt“ gemäß BOStrab Bü 1 Überwachungssignal „Fahrt freige- geben“ gemäß BOStrab EAÖ Empfehlungen für Anlagen des öf- fentlichen Personennahverkehrs EBO Eisenbahn-Bau- und Betriebsord- nung EFA Empfehlungen für Fußgängerver- kehrsanlagen EUSka Elektronische Unfallsteckkarte FGSV Forschungsgesellschaft für Stra- ßen- und Verkehrswesen FGÜ Fußgängerüberweg H BVA Hinweise für barrierefreie Ver- kehrsanlagen LSA Lichtsignalanlage LZA Lichtzeichenanlage LV Leichtverletzte ÖPNV Öffentliche Personennahverkehr PBefG Personenbeförderungsgesetz PET Post Encroachment Time RASt Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen RiLSA Richtlinien für Lichtsignalanlagen Rn Randnummer SV Schwerverletzte StVO Straßenverkehrs-Ordnung TAB Technische Aufsichtsbehörde VO Verordnung VUD Verkehrsunfalldatenbank VwV-StVO Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung VZ Verkehrszeichen ZZ Zusatzzeichen

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1 Zielsetzung und Vorgehens- Verkehrsbeobachtungen und Passantenbefragun- gen an 19 ausgewählten Gleisquerungen in vier weise Städten geben Aufschluss über das Verhalten der Fußgänger und Radfahrer beim Queren der Gleise. Die Untersuchung befasst sich mit Bauformen, Si- Analysiert wird das potenzielle und tatsächliche cherung und Ausstattung von Gleisquerungen für Konfliktpotenzial bei Interaktionen mit Straßenbah- 2 1 Fußgänger und Radfahrer an besonderen oder nen. Die Interaktionen werden anschließend bewer- unabhängigen Bahnkörpern der Stadt- und Stra- tet. Ergänzend zu dieser Verhaltensbeobachtung 2 ßenbahnen . Das Ziel dieses Forschungsvorha- werden Planungs- und Bestandsaudits sowie mik- bens ist es, den Einfluss dieser unterschiedlichen roskopische Unfallanalysen durchgeführt. Dabei Gestaltungsformen auf die Verkehrssicherheit von werden mögliche Sicherheitsdefizite identifiziert. Fußgängern und Radfahrern zu ermitteln. Die Er- Die Analysen im Realverkehr dienen dazu, mögli- kenntnisse sollen einen wesentlichen Beitrag zur che Zusammenhänge zwischen Infrastruktur und Vermeidung von Unfällen an diesen Stellen leisten. Konfliktsituationen festzustellen. Dabei sollen möglichst konkrete Planungs- und Ent- wurfshinweise für die Gestaltung und Ausstattung Abschließend werden auf Basis der Ergebnisse der von Gleisquerungen erarbeitet werden. Besonderes Analysen und Bewertungen Hinweise für die Ge- Augenmerk wird auf das Verhalten der Verkehrsteil- staltung und Ausstattung von Gleisquerungen so- nehmer im Realverkehr und die in diesem Zusam- wie weitere Handlungsempfehlungen zur Verbesse- menhang möglichen Konfliktsituationen gelegt. rung der Verkehrssicherheit an Gleisquerungen über unabhängige und besondere Bahnkörper der Zunächst werden die rechtlichen und normativen Straßenbahnen gegeben. Grundlagen im Zusammenhang mit Gleisquerun- gen für Fußgänger und Radfahrer über Bahnkörper der Straßenbahnen aufgearbeitet. Anschließend wird der Erkenntnisstand bezüglich des Einflusses 2 Definitionen, technische und bestimmter Bauformen, Sicherungsarten und Aus- rechtliche Grundlagen stattungsvarianten an Gleisquerungen auf die Ver- kehrssicherheit ermittelt. Eine umfassende Befra- 2.1 Begriffsdefinitionen und rechtliche gung von Städten und Verkehrsunternehmen mit Vorgaben Straßenbahnbetrieb soll einen detaillierten Einblick in die Praxis hinsichtlich der in Deutschland verbrei- 2.1.1 Straßenbahnen teten Bauformen in Kombination mit den unter- Straßenbahnen können als straßenabhängig ge- schiedlichen Sicherungsarten sowie weiteren Aus- führte Bahnen oder als unabhängig geführte Bah- stattungselementen ermöglichen. Auch der Um- nen fahren.3, 4 gang mit konfliktträchtigen oder unfallauffälligen Gleisquerungen sowie mögliche Präventionsmaß- Im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) wird wei- nahmen zur Vermeidung von Konflikten ist Bestand- ter präzisiert5, dass es sich bei straßenabhängigen teil der Erhebung. Bahnen um Schienenbahnen handelt, „die Auf Basis von bundesweit erfassten polizeilichen 1. den Verkehrsraum öffentlicher Straßen be- Unfalldaten wurden im Rahmen einer Unfallanalyse nutzen und sich mit ihren baulichen und über einen Zeitraum von sieben Jahren die Unfall- betrieblichen Einrichtungen sowie in ihrer ursachen bei Zusammenstößen zwischen Fußgän- Betriebsweise der Eigenart des Straßen- gern oder Radfahrern und Straßenbahnen an Gleis- verkehrs anpassen oder querungen untersucht. Des Weiteren werden die 2. einen besonderen Bahnkörper haben und Zusammenhänge zwischen Bauform, Sicherung in der Betriebsweise den unter Nummer 1 und Ausstattung bei Gleisquerungen mit dem Ziel analysiert, prototypische Entwurfssituationen mit Si- bezeichneten Bahnen gleichen oder äh- cherheitsdefiziten für eine anschließende Beobach- neln.“ tung im Realverkehr zu identifizieren.

1 Der besseren Lesbarkeit halber werden Personenbezeichnun- 4 Diesem Vorhaben werden die Vorgaben der novellierten Fas- gen in diesem Bericht ausschließlich in der grammatikalisch sung der BOStrab vom 16. Dezember 2016 zugrunde gelegt. Bei maskulinen Form verwendet. Sofern nicht anders gekennzeich- unmittelbaren Bezügen zur alten Fassung wird dies durch den net, bezeichnen sie Personen beiderlei Geschlechts. Zusatz „a. F.“ eindeutig gekennzeichnet, um Verwechslungen zu 2 Die Abgrenzung der beiden Begriffe „Straßenbahn“ und „Stadt- vermeiden. bahn“ ist in Kapitel 2.1.1 zu finden. 5 Vgl. § 4 Absatz 1 PBefG. 3 Vgl. § 1 Absatz 2 BOStrab.

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Unabhängig geführte Bahnen, wie „Hoch- und Un- lich der Bahnübergänge im Sinne des § 16 Ab- tergrundbahnen, Schwebebahnen oder ähnliche satz 4 Satz 4 und 6 nehmen die Züge nicht am Bahnen besonderer Bauart, die ausschließlich oder Straßenverkehr teil.“12 überwiegend der Beförderung von Personen im • Unabhängige Bahnkörper (Bild 3): Orts- oder Nachbarschaftsbereich dienen“, gelten „Unabhängige Bahnkörper befinden sich ebenfalls als Straßenbahnen6. Vollständig unab- auf Grund ihrer Lage oder Bauart außer- hängig geführte Bahnen sind jedoch nicht Gegen- stand dieses Forschungsvorhabens, da diese plan- halb des Verkehrsraums öffentlicher Stra- frei geführt werden und keine Kreuzungen mit We- ßen. Zum unabhängigen Bahnkörper ge- gen für Fußgänger und Radfahrer bestehen. Berg- hören auch die Bahnübergänge nach § 20 bahnen oder Seilbahnen sind nicht als Straßenbahn Absatz 1 Satz 2.“13 definiert (vgl. § 4 Abs. 2 PBefG) und sind somit „Auf […] unabhängigen Bahnkörpern ein- ebenfalls nicht Gegenstand dieses Forschungsvor- schließlich der Bahnübergänge […] neh- habens. men die Züge nicht am Straßenverkehr Stadtbahnen gelten als straßenabhängige Bahnen teil.“14 i. S. d. PBefG; auch dann, wenn sie abschnitts- weise unabhängig geführt werden. Sie sind damit Straßenbahnen im Sinne der Definition der BOStrab. Daher wird im Bericht einheitlich der Be- griff „Straßenbahnen“ verwendet.

2.1.2 Bahnkörper Bahnkörper der Straßenbahn umfassen den Ober- bau und den ihn tragenden Unterbau.7 Bahnkörper werden in drei Arten unterschieden:8 • Straßenbündige Bahnkörper (Bild 1): „Straßenbündige Bahnkörper sind mit ihren Gleisen in Fahrbahnen oder Gehwege einge- 9 bettet.“ „Auf straßenbündigen Bahnkörpern nehmen Bild 1: Beispiel für eine Straßenbahn auf straßenbündigem Züge am Straßenverkehr teil. Dabei müssen Bahnkörper die Fahrzeugführer die sie betreffenden Vor- schriften der Straßenverkehrs-Ordnung beach- ten.“10 • Besondere Bahnkörper (Bild 2): „Besondere Bahnkörper liegen im Verkehrs- raum öffentlicher Straßen, sind jedoch vom üb- rigen Verkehrsraum mindestens durch Bord- steine oder Hecken oder Baumreihen oder an- dere ortsfeste körperliche Hindernisse ge- trennt. Zum besonderen Bahnkörper gehören auch Bahnübergänge nach § 20 Absatz 1 Satz 3 mit Vorrang für die Straßenbahn, wenn sie entsprechend § 20 Absatz 3 oder 4 gesichert

sind.“11 Bild 2: Beispiel für eine Straßenbahn auf besonderem Bahn- „Auf besonderen […] Bahnkörpern einschließ- körper

6 § 4 Absatz 2 PBefG. 11 § 16 Absatz 4 Sätze 3 und 4 BOStrab, vgl. Kap. 2.1.3. 7 Vgl. § 16 Absatz 1 BOStrab. 12 § 55 Absatz 3 BOStrab. 8 Vgl. § 16 Absatz 4 BOStrab. 13 § 16 Absatz 4 Sätze 5 und 6, vgl. Kap. 2.1.3. 9 § 16 Absatz 4 Satz 2 BOStrab. 14 § 55 Absatz 3 BOStrab. 10 Vgl. § 55 Absatz 1 BOStrab.

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„Personen, die nicht Betriebsbedienstete sind, dür- fen Betriebsanlagen und Fahrzeuge, soweit sie nicht dem allgemeinen Verkehrsgebrauch dienen, nicht betreten oder sonst benutzen. Vor allem dür- fen sie besondere und unabhängige Bahnkörper nur an den dafür bestimmten Stellen überqueren.“ (§ 58 Abs. 1 Satz 1f. BOStrab).

2.1.3.3 Vorgaben nach StVO Die StVO legt Verhaltensregeln für sämtliche Ver- kehrsteilnehmer im Straßenverkehr, auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen fest. Sie bestimmt auch die Bedeutung der Verkehrszeichen und Ver- kehrseinrichtungen und regelt deren Einsatz. Bild 3: Beispiel für eine Straßenbahn auf unabhängigem Die StVO legt im Zusammenhang mit dem Betrieb Bahnkörper von Schienenfahrzeugen beispielsweise fest, dass diese auf Bahnübergängen mit Andreaskreuz im- 2.1.3 Bahnübergang mer Vorrang haben16. An Bahnübergängen über Der Begriff „Bahnübergang“ ist in einschlägigen Fuß-, Feld-, Wald- oder Radwege gilt die Vorrangre- Rechtsvorschriften definiert und wird im Folgenden gelung allerdings auch ohne Anordnung eines An- erläutert. dreaskreuzes.17 Allerdings kann die Anordnung des Andreaskreuzes auch an diesen Gleisquerungen 2.1.3.1 Definition im Wiener Übereinkommen unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich über den Straßenverkehr sein (vgl. Kap. 2.4.2). Das Wiener Übereinkommen über den Straßenver- kehr ist ein von zahlreichen Ländern weltweit rati- Als Verhaltensregel legt die StVO für Fußgänger fizierter Vertrag zur Standardisierung von Verkehrs- darüber hinaus fest, dass diese in sicherer Entfer- regeln. Gemäß Kapitel I, Art 1 i) des Wiener Über- nung vor einem Bahnübergang zu warten haben, einkommens über den Straßenverkehr handelt es „wenn sich bei einem Bahnübergang um eine „höhenglei- • sich ein Schienenfahrzeug nähert, che Kreuzung zwischen einer Strasse [sic] und Ei- • rotes Blinklicht oder gelbe Lichtzeichen gege- senbahn- oder Strassenbahnschienen [sic] auf ei- ben werden, genem Schienenkörper“ (Wiener Übereinkommen). • die Schranken sich senken oder geschlossen 2.1.3.2 Definition und Vorgaben nach sind, BOStrab • ein Bahnbediensteter Halt gebietet oder Bei der BOStrab handelt es sich um eine Rechts- • ein hörbares Signal […] des herannahenden verordnung des Bundes, die Vorgaben bezüglich Zuges ertönt.“18 des Baus und des Betriebs der Straßenbahnen auf- führt. Gemäß BOStrab handelt es sich bei Bahn- Diese Verhaltensregeln gelten bei Fuß-, Feld-, übergängen um höhengleiche Kreuzungen von be- Wald- oder Radwegen unabhängig davon, ob ein sonderen und unabhängigen Bahnkörpern mit Stra- Andreaskreuz aufgestellt wurde oder nicht.19 ßen, Wegen und Plätzen. Weiterhin besagt § 25 Abs. 5 StVO, dass „Gleisan- Die BOStrab gibt für Bahnübergänge über unab- lagen, die nicht zugleich dem sonstigen öffentlichen hängige Bahnkörper Ausstattungsregeln vor. Ver- Straßenverkehr dienen, […] nur an den dafür vorge- haltensregeln werden mit Bezug zur Straßenver- sehenen Stellen betreten werden [dürfen]“. kehrs-Ordnung aufgeführt. Gemäß BOStrab hat die „Straßenbahn […] an höhengleichen Kreuzungen 2.1.4 Begriff „Gleisquerung“ und Abgren- von besonderen und unabhängigen Bahnkörpern zung des Untersuchungsauftrags mit Straßen, Wegen und Plätzen (Bahnübergän- Zwischen der BOStrab i. d. F. 2007 und der StVO gen) Vorrang, soweit die Straßenverkehrs-Ordnung bestanden uneinheitliche Festlegungen bezüglich dies bestimmt.“15 der Definition eines Bahnübergangs und der damit

15 § 20 Absatz 1 BOStrab. 18 § 19 Absatz 2 StVO. 16 Vgl. § 19 Absatz 1 Nr. 1 StVO. 19 Vgl. § 19 Absatz 4 StVO. 17 Vgl. § 19 Absatz 1 Nr. 2 StVO.

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verbundenen Vorrangregelung, insbesondere beim 2.2 Sicherung von Gleisquerungen besonderen Bahnkörper. Dies hat der Gesetzgeber erkannt und mit der Novellierung der BOStrab sowie Die Sicherung von Gleisquerungen für den Fuß- Anpassungen der StVO entsprechend korrespon- und Radverkehr kann grundsätzlich auf zwei ver- dierende Regelungen geschaffen.20 Allerdings han- schiedene Arten erfolgen: delt es sich nicht in jedem Fall um einen Bahnüber- gang nach BOStrab, wenn auch die StVO Verhal- • Die Sicherung durch Übersicht auf die Bahn- tensregeln für Fußgänger und Radfahrer an solchen strecke oder Bahnübergängen vorschreibt. • eine technische Sicherung. Die rechtliche Einordnung spielt aus Sicht der Nut- Die Ausführung dieser beiden Sicherungsformen zer und für ihr Verhalten beim Überqueren der wird im Folgenden näher beschrieben. Gleise zunächst eine untergeordnete Rolle. Daher wird in diesem Bericht im Folgenden unabhängig 2.2.1 Sicherung durch Übersicht auf die Bahn- von der rechtlichen Einordnung für alle betrachteten strecke Übergänge von Fußgängern oder Radfahrern über besondere und unabhängige Bahnkörper der Stra- Bei Gleisquerungen für den Fuß- und Radverkehr ßenbahn einheitlich der Begriff „Gleisquerung“ 21 über besondere und unabhängige Bahnkörper gilt verwendet. Abweichend kann es im Einzelfall im Zu- im Allgemeinen das Grundprinzip der Sicherung sammenhang mit der Beschreibung von Rechtsver- durch Übersicht auf die Bahnstrecke (für Abwei- ordnungen geboten sein, den rechtlich eingeführten chungen s. Kap. 2.2.2). Zu den Randbedingungen Begriff (z. B. Bahnübergang) zu verwenden. für diese Sicherungsform finden sich Vorgaben in der BOStrab und in der StVO. Bei Kreuzungen von Wegen für Straßenverkehrs- teilnehmer mit Straßenbahnstrecken im Bereich 2.2.1.1 BOStrab straßenbündiger Bahnkörper handelt es sich grund- Gemäß § 20 Abs. 2 BOStrab sind Bahnübergänge sätzlich nicht um Bahnübergänge im Sinne der o. g. über unabhängige Bahnkörper mit Vorrang für die Rechtsverordnungen. Im Gegensatz zu besonderen Straßenbahn durch Übersicht auf die Bahnstrecke und unabhängigen Bahnkörpern, die nur an den da- zu sichern. Dies ist gegeben, „wenn die übrigen Ver- für vorgesehenen Stellen überquert werden dür- kehrsteilnehmer die Bahnstrecke so weit und aus fen22, können straßenbündige Bahnkörper auch li- einem solchen Abstand einsehen können, dass sie nienhaft (z. B. im Zuge von Straßenabschnitten) bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorg- überquert werden. Diese Untersuchung fokussiert falt den Bahnübergang ungefährdet überqueren o- auf Gleisquerungen an besonderen und unabhängi- der vor ihm anhalten können“. gen Bahnkörpern. Gleisquerungen über straßen- bündige Bahnkörper sind nicht Bestandteil dieser „Die Übersicht kann nur durch eine technische Si- Untersuchung. cherung im Sinne des Absatzes 5 ersetzt werden.“23 Zudem werden lediglich Gleisquerungen im Gel- Die Sicherung durch Übersicht hat grundsätzlich tungsbereich des Straßenbahnrechts (BOStrab) be- durch den Straßenverkehrsteilnehmer (hier: Fuß- trachtet. In einigen Linienverkehrsnetzen der Stra- gänger oder Radfahrer) selbst durch Sehen oder ßenbahnen in Deutschland fahren Straßenbahnen Hören zu erfolgen (FREYSTEIN et al. 2008, S. 302). abschnittsweise auf Gleisen, die dem Eisenbahn- Bei der Sicherung durch Übersicht steht das Sehen recht (Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung – im Vordergrund, Hören kann die Sicherheit zusätz- EBO) unterliegen. Bahnübergänge bzw. Gleisque- lich ergänzen. Die Sicherungsart „Übersicht auf die rungen im Streckennetz mit Betrieb nach EBO blei- Bahnstrecke“ ist daher z. B. für blinde und stark ben in diesem Forschungsvorhaben unberücksich- sehbehinderte Menschen i. d. R. nicht anwendbar. tigt. Dies hat eine Relevanz beim barrierefreien Ausbau von Gleisquerungen (vgl. Kap. 2.5).

20 Eine Gegenüberstellung der für dieses FE-Vorhaben relevan- (EAÖ), Querungsanlage (RiLSA), Gleisquerungsbereich (EFA), ten Änderungen der BOStrab findet sich in einem Anhang zu die- Gleisquerungsstelle usw.). sem Forschungsbericht, der als eigenständige Pdf-Datei veröf- 22 Vgl. § 58 Abs. 1 Satz 2 BOStrab. fentlicht wurde. 23 § 20 Absatz 2 Satz 3 BOStrab. 21 Unter „Gleisquerung“ werden die in den unterschiedlichen technischen Regelwerken verwendeten Begriffe für eine „Über- querungsstelle über eine Straßenbahnstrecke“ zusammenge- fasst (z. B. Bahnübergang (BOStrab, StVO), Querungsstelle

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Für die Sicherung durch Übersicht sind entspre- 2.2.2.1 BOStrab chende Sichtdreiecke in Abhängigkeit der zulässi- Grundsätzlich wird im Straßenbahnbetrieb auf Sicht gen Streckengeschwindigkeit der Straßenbahn und gefahren. „Fahren auf Sicht“ ist eine betriebliche der Annäherungsgeschwindigkeit des überqueren- Regelung zur Abstandhaltung von Straßenbahnen den Verkehrsteilnehmers freizuhalten, damit sich untereinander. der Gleisquerung annähernde Personen die Mög- lichkeit haben, die erforderliche Übersicht auf die Gemäß § 49 Absatz 2 BOStrab gilt: Bahnstrecke zu erlangen. Für den Radverkehr sind „Auf Sicht dürfen nicht fahren aufgrund der höheren Annäherungsgeschwindig- keit größere Sichtdreiecke als für den Fußverkehr 1. Züge unabhängiger Bahnen, anzusetzen. 2. Züge straßenabhängiger Bahnen a) bei Streckenhöchstgeschwindig- Je nach Örtlichkeit kann es jedoch sein, dass die keit über 70 km/h, Übersicht erst auf der Aufstellfläche hergestellt wer- b) in Tunneln“. den kann und eine Person vor dem Überqueren der Gleise ggf. anhalten muss, um sich abzusichern. In An Bahnübergängen über unabhängige Bahnkör- diesem Fall sind ausreichend breite Aufstellberei- per mit Vorrang für die Straßenbahn wird eine tech- che vorzusehen (vgl. Kap. 2.3.3) oder bei besonde- nische Sicherung obligatorisch, ren Bahnkörpern ist eine technische Sicherung er- • „wenn auf dem Bahnübergang Straßenbah- forderlich, welche die Sicherung durch Übersicht nen auf Zugsicherung fahren, entbehrlich macht und das Queren von anliegenden • auf der kreuzenden Strecke schneller als Fahrbahnen und Gleisen in einem Zuge ermöglicht. 50 km/h gefahren werden darf oder 2.2.1.2 StVO • der Bahnübergang innerhalb eines Tages in der Regel von mehr als 100 Kraftfahrzeu- Auch die StVO bzw. VwV-StVO verlangen grund- gen überquert wird.“26 sätzlich ausreichende Sichtbeziehungen, wenn ausschließlich eine Sicherung durch Übersicht auf Die technische Sicherung erfordert grundsätzlich die Bahnstrecke in Betracht gezogen wird. Sollte folgende Einrichtungen an einem Bahnübergang aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Bebauung, i. S. d. Absatzes 1 Satz der BOStrab27: Bepflanzung) keine ausreichende Übersicht am 1. „Lichtzeichen in der Farbfolge Gelb – Rot Bahnübergang vorhanden sein, kann den Verkehrs- nach Anlage 1 Bild 2 [der VO], die mit teilnehmern durch das Aufstellen von Andreaskreu- zen verdeutlicht werden, dass diese sich dem Bahn- Halbschranken nach Anlage 1 verbunden übergang vorsichtig annähern sollen, um eine aus- sein können“ reichende Übersicht wahrzunehmen. 2. „Überwachungssignale Bü0 und Bü1 nach Anlage 4 [der VO] vor dem Bahnübergang Die Anordnung des Andreaskreuzes zur Kennzeich- nung des Vorrangs der Straßenbahn ist jedoch nicht oder eine in die Zugsicherungsanlagen obligatorisch. Es kann folglich auch eine Anordnung eingebundene Überwachung der Einrich- von Andreaskreuzen an Bahnübergängen erfolgen, tungen nach Nummer 1“. an denen der Vorrang durch die Schienenbahnen nicht zwingend erst durch Anbringung des Andreas- Die Überwachungssignale sind in Tab. 1 darge- kreuzes angezeigt werden muss.24 Dies ist bei- stellt. spielsweise an Bahnübergängen von Fuß-, Feld-, Wald- oder Radwegen der Fall.25 2.2.2 Technische Sicherung

Grundsätzliche Bestimmungen über die Ausrüstung zur technischen Sicherung von Bahnübergängen an Straßenbahnstrecken liefern die BOStrab und die StVO bzw. die zugehörige Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO).

24 Vgl. VwV-StVO Rn. 11 zu Zeichen 201 Andreaskreuz und 26 § 20 Absatz 3 BOStrab. Kap. 2.4.2. 27 § 20 Absatz 5 BOStrab. 25 Vgl. § 19 Absatz 1 Nr. 2 StVO.

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Kurzbezeich- kein Erfordernis besteht und die Technische Auf- Bü0 Bü1 nung sichtsbehörde zustimmt.“29 Signalbild Bezüglich des Einsatzes von Überwachungssigna- len vor dem Bahnübergang im Zuge der techni- schen Sicherung besteht unter bestimmten Voraus- setzungen neben der in § 20 Absatz 5 Nr. 2 aufge- führten Ausnahme die Möglichkeit, von der Verwen- dung der Bü-Signale abzusehen: „Auf Streckenabschnitten mit Fahren auf Sicht dür- fen anstelle der […] Überwachungssignale auch Beschrei- Ein schwarz- Ein weißes Fahrsignale nach Anlage 4 unmittelbar vor dem bung weiß schräg Blinklicht über Bahnübergang verwendet werden.“30 gestreiftes, einem rückstrahlen- schwarz-weiß In der Regel werden in diesem Zusammenhang nur des Mast- schräg gestreif- die Signale F 0 „Halt“ und F 1 „Fahrt freigegeben schild. ten, rück-strah- nur geradeaus“ verwendet (Tab. 2, Bild 4 und Bild lenden Mast- 5). Die Signale werden üblicherweise unmittelbar schild. vor dem Bahnübergang aufgestellt. Bedeutung Halt vor dem Der Bahnüber- Be- Signalbild Bedeutung Bahnüber- gang darf be- zeich- gang; Weiter- fahren werden, fahrt nur, wenn nung es die Ver- kehrslage er- Halt laubt. F 0 Erläuterung Bü0 zeigt an, Bü1 zeigt an, dass die tech- dass die tech- nische Siche- nische Siche- rung des rung des Bahn- Fahrt freigege- Bahnüber- übergangs ord- ben nur gerade- gangs ausge- nungsgemäß F 1 aus fallen ist. arbeitet.

Tab. 1: Überwachungssignale nach Anlage 4 der BOStrab vor dem Bahnübergang Halt zu erwarten Diese Ausführungen zur technischen Sicherung be- F 4 ziehen sich allerdings auf Bahnübergänge über un- abhängige Bahnkörper, die vornehmlich durch den

Kraftfahrzeugverkehr genutzt werden und bei de- nen Fußgänger oder Radfahrer im Zuge straßenbe- Tab. 2: Sinnbilder der ÖPNV-Signalgeber nach Anlage 4 gleitender Wege oder im Mischverkehr über unab- BOStrab (Auszug) hängige Bahnkörper der Straßenbahn mitgeführt werden. Für Gleisquerungen im Zuge von reinen oder kom- binierten Fuß- oder Radwegen kann von diesen Re- gelungen abgewichen werden. So genügt „bei Bahnübergängen von Fuß- und Radwegen auf Stre- ckenabschnitten mit Fahren auf Sicht […] eine Lichtzeichenanlage.“28 „Auf […] eine Lichtzeichenanlage [kann] verzichtet werden, wenn nach örtlichen Verhältnissen dafür

28 § 20 Absatz 2 BOStrab, vgl. Kap. 2.1.3. 30 § 20 Absatz 5 Satz 2 BOStrab. 29 § 20 Absatz 4 Satz 2 BOStrab.

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Die technische Sicherung erfolgt in diesem Fall im- mer mit Lichtzeichenanlagen nach § 37 StVO, der Straßenbahnverkehr wird mit Fahrsignalen (Tab. 2) gesteuert und in die Signalisierung des Gesamtver- kehrs am Knotenpunkt eingebunden. Für Gleisquerungen im Zuge von reinen oder kom- binierten Fuß- oder Radwegen macht die StVO bzw. die zugehörige VwV keine Vorschriften bezüg- lich der technischen Sicherung, sondern nur hin- sichtlich der Verhaltensregeln der Fußgänger und Bild 4: Fahrsignal F 0 bei „Grün“ für Fußgänger an einem mit Radfahrer. Lichtzeichenanlage technisch gesicherten Bahnüber- gang Hinweise zur technischen Ausführung für die Licht- zeichenanlagen, die an Gleisquerungen verwendet werden können, sind in den Richtlinien für Lichtsig- nalanlagen (RiLSA) zusammengefasst (vgl. Kap. 2.2.3). 2.2.3 Ausführungsformen der Signalisierung nach RiLSA

Die Ausführung und Bemessung der bei der techni- schen Sicherung eingesetzten Lichtzeichenanlagen nach StVO im Straßenverkehr erfolgt i. d. R. gemäß den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) Bild 5: Fahrsignal F 1 bei „Rot“ für Fußgänger an einem mit (FGSV 2015). Lichtzeichenanlage technisch gesicherten Bahnüber- gang Bei der Signalisierung von Gleisquerungen unter- scheidet die RiLSA nach straßenbündigen Bahnkör- 2.2.2.2 StVO pern sowie besonderen oder unabhängigen Bahn- Die Straßenverkehrs-Ordnung bzw. die zugehörige körpern gemäß § 16 Abs. 4 BOStrab (vgl. Verwaltungsvorschrift schreiben eine wie in der Kap. 2.1.2). BOStrab beschriebene technische Sicherung nicht Für Gleisquerungen über besondere und unabhän- explizit vor.31 Jedoch heißt es in der VwV-StVO, gige Bahnkörper für den Fuß- und Radverkehr, wel- dass die technische Sicherung „wegen der zuneh- che Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit sind, menden Verkehrsdichte auf den Straßen […] anzu- beschreibt die RiLSA unterschiedliche Möglichkei- streben“ sei.32 Liegt der Bahnkörper der Straßen- ten der Signalisierung (FGSV 2015, S. 18): bahn nicht innerhalb des Verkehrsraums einer öf- fentlichen Straße, ist „schon bei mäßigem Verkehr • Signalisierung mit gelbem Blinklicht35 als auf der querenden Straße oder wenn auf dieser Springlicht mit zwei übereinander oder neben- Straße schneller als 50 km/h gefahren wird, die An- einander angeordneten Leuchtfeldern, bringung einer straßenbahnabhängigen, in der Re- • Signalisierung mit den Signalen ROT und gel zweifarbigen Lichtzeichenanlage [nach § 37 Ab- DUNKEL mit DUNKEL als Grundstellung und satz 2 Nummer 3] oder von Schranken zu erwä- • gen.“33 Signalisierung mit den Signalen ROT und DUNKEL mit ROT als Grundstellung. Zudem ergeben sich aus den Festlegungen der VwV-StVO unter bestimmten Voraussetzungen Von einer Signalisierung mit GRÜN statt DUNKEL Ausstattungsgrundsätze für die technische Siche- raten die RiLSA ab (FGSV 2015, S. 18; vgl. rung: „Wird an einer Kreuzung oder Einmündung Kap. 2.2.3.2). der Verkehr durch Lichtzeichen geregelt, muss auch der Straßenbahnverkehr auf diese Weise ge- regelt werden.“34

31 Wenn die Anforderungen der BOStrab anwendbar sind, ist die 34 VwV-StVO Rn. 12 Satz 3 zu Zeichen 201 StVO. technische Sicherung entsprechend umzusetzen. 35 Gemäß StVO ist Gelbblinken nur ein Warnlicht als Ergänzung 32 VwV-StVO Rn. 4 zu Zeichen 201 Andreaskreuz. bei Sicherung durch Übersicht und keine technische Sicherung 33 VwV-StVO Rn. 11 zu Zeichen 201 Andreaskreuz. i. S. d. BOStrab (s. Kap. 2.2.3.3).

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An besonderen und unabhängigen Bahnkörpern sofern sich keine Straßenbahn dem Konflikt- halten die RiLSA grundsätzlich eine Anforderungs- punkt nähert. steuerung durch die Straßenbahn für sinnvoll. Dies insbesondere dann, wenn die Bahnen auf Stre- 2.2.3.2 Signalisierung ROT-GRÜN ckenabschnitten hohe Geschwindigkeiten errei- Als weitere Möglichkeit der Signalisierung der Gleis- chen (FGSV 2015, S. 18). querung besteht die Sicherung durch ROT-GRÜN anstelle ROT-DUNKEL. Von dieser Form der Sig- 2.2.3.1 Signalisierung ROT-DUNKEL nalisierung raten die RiLSA allerdings ab: „Wegen Wird die Signalfolge DUNKEL-ROT-DUNKEL für der zum motorisierten Individualverkehr vergleichs- den Fuß- und Radverkehr verwendet, ist für die weise geringen Fahrtenhäufigkeit der öffentlichen Straßenbahn eine eindeutige Signalisierung mit den Verkehrsmittel würde GRÜN zeitlich sehr lange auf- leuchten und könnte zudem an den außen liegen- Signalbildern F 0 und F 1 möglich (vgl. Tab. 2). Un- ter Sicherheitsaspekten wird diese Form der Signa- den Furten über die Richtungsfahrbahnen zu Fehl- lisierung daher in den Empfehlungen für Anlagen interpretationen führen.“ (FGSV 2015, S. 18) Die des öffentlichen Personennahverkehrs (EAÖ) als zu Signalisierungsform im Bereich der Gleisquerung bevorzugende Variante gegenüber der Verwen- sollte sich daher von der Signalisierungsform im Be- dung des Warnlichts (Gelbblinken) beschrieben. Bei reich der Fahrbahnen unterscheiden. der Verwendung des Warnlichts kann gem. EAÖ al- Auch die EAÖ sehen Nachteile bei der Sicherung lerdings „keine Freigabe für die Straßenbahn durch mit Signalisierung ROT-GRÜN. Es wird auch hier das Fahrsignal F 1 erfolgen, da es sich bei dem gel- vermutet, dass es bei gleichzeitiger Signalisierung ben Blinklicht lediglich um eine Achtungssignal han- der Fahrbahnen des Individualverkehrs und der delt“.(FGSV 2013a, S. 87) Zudem wird aufgrund der Gleisquerung in Mittellage zu Fehlinterpretationen Eindeutigkeit des Rotlichts als Sperrsignal insbe- der Lichtsignale kommen kann. Beispielsweise „bei sondere für Menschen mit kognitiven Einschränkun- unterschiedlicher Signalstellung (z. B. Fahr- gen und für Kinder ein Vorteil in dieser Regelung bahnquerung für den Fußgänger frei, Gleisquerung gesehen. hingegen gesperrt) […], falls fälschlicherweise der Grundsätzlich bestehen bei der Signalisierung mit in gleicher Blickachse angeordnete Signalgeber für ROT-DUNKEL-Schaltung zwei alternative Möglich- die Straßenquerung bei der Gleisquerung betrach- keiten (FGSV 2015, S. 18): tet wird“ (FGSV 2013a, S. 86). Wird ROT-GRÜN dennoch verwendet, sind Min- • Grundstellung GESPERRT für Straßenbahn destfreigabezeiten (festgelegt in der RILSA) für

und DUNKEL Fußgänger: querende Fußgänger und Radfahrer zu berücksich- Nach Anforderung durch die sich nähernde tigen. Hier sehen die EAÖ einen Nachteil bei der Si- Straßenbahn werden die Fußgängersignale cherung mit ROT-GRÜN, da eine flexible Abstim- auf ROT geschaltet und die Fahrt wird nach mung der Signalisierung der Straßenbahn und der Ablauf der Fußgängerräumzeit (ca. 5 s) mit Fußgänger bzw. Radfahrer erschwert wird (FGSV dem Signal F 1 (Tab. 2) für die Straßenbahn 2013a, S. 87). freigegeben. Das ÖV-Signal geht nach Ende 2.2.3.3 Signalisierung mit Warnlicht (GELB- der Freigabezeit in die Grundstellung GE- BLINKEN) SPERRT und das Fußgängersignal wechselt Eine weitere an Gleisquerungen über unabhängige nach Ablauf der Zwischenzeit in die Grundstel- und besondere Bahnkörper (nach § 16 Absatz 4 lung DUNKEL. Diese Form der Signalisierung BOStrab) eingesetzte Signalisierungsform ist die erfordert das Signal F 0 (Tab. 2) für die Stra- Signalisierung mit einem Warnlicht36 (FGSV 2015, ßenbahn. Diese Ausführung der Signalisie- S. 18; FGSV 2013a, S. 87). Bei dieser Signalisie- rungsform ROT-DUNKEL ist bei dieser Form rungsform handelt es sich um eine Ergänzung der der Signalisierung der Regelfall. Sicherung durch Übersicht und keine technische Si- • Grundstellung ROT für den Fußverkehr und cherung. Die Verwendung des Warnlichts alleine FREI für die Straßenbahn: löst für den querenden Fuß- oder Radverkehr keine In diesem Fall müssen sich überquerungswil- lige Fußgänger das Freigabesignal über eine Anforderung holen. Die Freigabe wird erteilt,

36 „Gelbes Blinklicht warnt vor Gefahren.“ (vgl. § 38 Absatz 3 Satz 1 StVO).

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Wartepflicht aus.37 Eine Wartepflicht bedingt die Verwendung eines roten Lichtsignals.38 Das Warnlicht ist ein einfeldiger oder zweifeldiger Hilfssignalgeber. Die Leuchtfelder werden als Voll- scheibe ausgeführt oder können ein schwarzes Sinnbild „Straßenbahn“ auf dem gelbem Leuchtfeld zeigen (Bild 6). Bei zweifeldigen Signalgebern sollte auf beiden Leuchtfeldern dasselbe Sinnbild (bzw. kein Sinnbild) angezeigt werden (FGSV 2015, S. 66).

Bild 8: Zweifeldiges Springlicht mit Sinnbild „Straßenbahn“ – Anordnung nebeneinander (Leipzig) Wird ein Hilfssignalgeber als Signal für Fußgänger an einer Gleisquerung verwendet, ist dieser hinter dem Konfliktbereich anzuordnen. Hilfssignale soll- ten nur zum Einsatz kommen, wenn die Warnung auf eine andere Weise nicht deutlich genug vermit-

telt werden kann. Um den Warneffekt des gelben Bild 6: Sinnbild „Straßenbahn“ für Hilfssignalgeber gem. RiLSA Blinklichts nicht durch zu häufige Anwendung abzu- Durch die Anordnung als zweifeldiger Signalgeber nutzen, sollten Hilfssignale nach Möglichkeit zudem mit zwei übereinander oder nebeneinander ange- sparsam verwendet werden (FGSV 2015, S. 66) so- ordneten Leuchtfeldern, welche im Betrieb abwech- wie (§ 38 Absatz 3 Nr. 2 VwV-StVO)). selnd blinken („Springlicht“), erwarten die RiLSA ei- Das durch eine Anforderungssteuerung ausgelöste nen höheren Warneffekt, als mit einem einfachen gelbe Blinklicht soll eine Vorblinkzeit, die das Ein- Blinklicht (FGSV 2015, S. 66). treffen der Straßenbahn vorzeitig ankündigt, erhal- ten. Die Vorblinkzeit soll mindestens der erforderli- chen Räumzeit der Fußgänger entsprechen (Be- messung nach RiLSA). Aus dem erforderlichen Zeitbedarf ermittelt sich die Lage des Anforderungs- punkts (FGSV 2015, S. 18). Da es sich bei dem Blinklicht lediglich um ein Ach- tungssignal handelt und nicht um eine technische Sicherung i. S. d. BOStrab, ist für die Straßenbahn die Anzeige „Fahrt freigegeben“ mit dem Signal F 1 (vgl. Tab. 2) in der Regel nicht möglich. Damit das Fahrpersonal erkennt, dass die Anlage in Betrieb ist, kann allerdings das Signal F 0 „Halt“ aufgestellt werden. Dieses leuchtet auf, wenn das Blinklicht dunkel ist und erlischt, wenn das Blinksignal einge- schaltet ist (FGSV 2013a, S. 87). Weiterhin kann der Fahrer auch mit einem Quittierungssignal auf die eingeschaltete Anlage hingewiesen werden. 2.2.3.4 Signalisierung an straßenbündigen Bild 7: Zweifeldiges Springlicht mit Sinnbild „Straßenbahn“ – Bahnkörpern Anordnung übereinander (Kassel) Gleisquerungen an straßenbündigen Bahnkörpern werden für die Fußgänger mit der Signalfolge GRÜN – ROT – GRÜN und für Radfahrer mit der Signalfolge GRÜN-GELB-ROT-ROT/GELB-GRÜN

37 Für Fußgänger und Radfahrer besteht dennoch eine Warte- 38 Vgl. § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO. pflicht gegenüber den Straßenbahnen (vgl. § 19 Absatz 1 StVO).

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(dreifeldige Signalgeber) im Zuge der Fahrbahn- oder die Gleise außerhalb der für das Queren vor- überquerung signalisiert (FGSV 2015, S. 11). gesehenen Bereiche überschritten werden. Trotz des Verbots in § 58 Abs. 1 BOStrab (Bild 9) kann Gleisquerungen über straßenbündige Bahnkörper dies in der Praxis zu deutlich erkennbaren Trampel- sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Die pfaden führen. In Fällen mit erkennbaren Trampel- Signalisierung dieser Gleisquerungen wird hier der pfaden ist ein Handlungsbedarf zu prüfen. Hierzu Vollständigkeit halber beschrieben. haben im Einzelfall Gerichte eine Verkehrssiche- rungspflicht auch in bestimmten Fällen vorherseh- baren Fehlverhaltens Dritter festgestellt. 2.2.4 Weitere Empfehlungen bei der Signalisie- rung von Gleisübergängen

Die EAÖ empfehlen für die technische Sicherung von Gleisquerungen über unabhängige und beson- dere Bahnkörper eine einheitliche Form der Signa- lisierung in einem Stadtgebiet (FGSV 2013a, S. 87). Sofern an einem Bahnübergang keine Schranken für die technische Sicherung in Betracht kommen, sollte ansonsten nur eine der vorgenannten Signa- lisierungsformen an Gleisquerungen eingesetzt werden.

Das Signal an der Gleisquerung sollte unmittelbar Bild 9: Hinweisschild zum Betretungsverbot des Bahnkörpers nach der Vorbeifahrt der Straßenbahn erlöschen (ebd.). Dies kann die Akzeptanz der Signalisierung „Hat sich neben einem Schlängelgitter, durch das durch Fußgänger und Radfahrer verbessern. der Bahnunternehmer einen Bahnübergang für Fußgänger und Radfahrer gesichert hat, ein Tram- Insbesondere bei der verstärkten Benutzung einer pelpfad gebildet, so daß [sic] für den Bahnunterneh- Gleisquerung durch Kinder sollten zusätzliche Sig- mer erkennbar wird, daß [sic] Fußgänger und Rad- nalgeber in geringer Höhe in Betracht gezogen wer- fahrer vielfach unter Umgehung des Schlängelgit- den (ebd.). ters den Bahnkörper betreten bzw. befahren, ver- Insbesondere bei Gleisquerungen in Mittellage von stößt der Bahnunternehmer gegen seine Verkehrs- Straßen des Individualverkehrs wird empfohlen, die sicherungspflicht, wenn er es unterläßt [sic], durch Signalgeber mit großen Leuchtfeldern (300 mm Beseitigung des Trampelpfades bzw. Verbreiterung statt 200 mm) auszurüsten. Dies dient dem Zweck, der Absperrung alle Passanten zur Benutzung des insgesamt und insbesondere gegenüber der Signa- Schlängelgitters und damit insbesondere Radfahrer lisierung über die Fahrbahnen des Individualver- zum Absteigen zu zwingen.“ (OLG Naumburg, Urteil kehrs eine höhere Auffälligkeit zu erreichen (ebd.). vom 09.12.1997) Dienen Fußgängerfurten gleichzeitig als Zugänge Hat sich auf der freien Strecke ein für den Bahnbe- zu einer Haltestelle, z. B. bei Bahnkörpern in Mittel- treiber erkennbarer Trampelpfad gebildet, so hat er lage, wird empfohlen, die Freigabezeiten über die nach Ansicht des Oberlandesgerichts Karlsruhe Fahrbahnen so zu schalten, dass einfahrende auch dort seiner Verkehrssicherungspflicht nachzu- ÖPNV-Fahrzeuge von den am Fahrbahnrand war- kommen und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. tenden Fahrgästen noch erreicht werden können (OLG Koblenz, Urteil vom 13.01.2003). (FGSV 2015, S. 18). Eine progressive Signalisie- Dies könnte in der Praxis beispielsweise die Anord- rung von hintereinanderliegenden Gleis- und Fahr- nung von Absperrgittern oder die Einrichtung einer bahnfurten sollte in diesen Fällen vermieden wer- zusätzlichen Gleisquerung an dieser Stelle sein. den, da Fahrgäste am Zugang zur Haltestelle gehin- dert und sich die Rotläuferanteile erhöhen würden. 2.2.6 Verkehrsschau

2.2.5 Trampelpfade Die „Verkehrsschau“ ist ein verwaltungsrechtlicher Vorgang, bei dem der Zustand der Straßen sowie Trotz der Anlage von Gleisquerungen im Zuge von die Sichtbarkeit der Verkehrszeichen und Verkehrs- Hauptrouten des Fuß- und Radverkehrs sowie ver- einrichtungen einer regelmäßigen Prüfung unterzo- schiedener Sicherungsmaßnahmen lässt sich be- gen werden (DVR 2017a). Für einen sicheren Ver- obachten, dass Umlaufsperren umgangen werden

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kehrsablauf ist es erforderlich, dass sich Verkehrs- zeichen und Verkehrseinrichtungen in einem tech- nisch einwandfreien Zustand befinden. „Alle zwei Jahre haben die Straßenverkehrsbehör- den zu diesem Zweck eine umfassende Verkehrs- schau vorzunehmen, auf Straßen von erheblicher Verkehrsbedeutung und überall dort, wo nicht sel- ten Unfälle vorkommen, alljährlich, erforderlichen- falls auch bei Nacht. An den Verkehrsschauen ha- ben sich die Polizei und die Straßenbaubehörden zu beteiligen; auch die Träger der Straßenbaulast, die öffentlichen Verkehrsunternehmen und orts- Bild 10: Geradlinige Gleisquerung (FGSV 2013a) fremde Sachkundige aus Kreisen der Verkehrsteil- nehmer sind dazu einzuladen. Bei der Prüfung der Die geradlinige Gleisquerung wird im Vergleich zur Sicherung von Bahnübergängen sind die Bahnun- Z-Querung bzw. Gleisquerung mit Versatz im Allge- ternehmen, für andere Schienenbahnen gegebe- meinen als weniger sicher eingeschätzt, da der nenfalls die für die technische Bahnaufsicht zustän- Blick der Fußgänger und Radfahrer bei dieser Füh- digen Behörden hinzuzuziehen. Über die Durchfüh- rungsform nicht jeweils auf die entgegenkommende rung der Verkehrsschau ist eine Niederschrift zu fer- Bahn gerichtet wird (FGSV 2013a, S. 85). 39 tigen.“ Für Bahnübergänge kommt eine besondere Bahn- 2.3.2 Führung mit erzwungenem Richtungs- übergangsschau infrage, die allerdings auf die wechsel Bahnübergänge der Eisenbahnen abzielt. (FGSV 2013b, S. 27; BLFA StVO) Durch die Anordnung der Umlaufsperren in Z-Form Im Straßenbahnbereich können Verkehrsschauen (Bild 11) oder als Versatz (Bild 12) steigt die Wahr- ggf. analog zu den Bahnübergangsschauen stattfin- scheinlichkeit, dass querende Personen ihren Blick den. Gab es an einer Gleisquerung einen Unfall, in Richtung einer sich nähernden Straßenbahn rich- kann dies ein Anlass für eine Sonderverkehrsschau ten (vgl. FGSV 2013a, S. 85). „Umlaufsperren sind sein. so zu gestalten, dass die Wegebenutzer der Fahrt- richtung der Straßenbahn entgegen gehen [sic] müssen.“40 2.3 Bauformen Dadurch soll die Erkennbarkeit einer sich der Gleis- querung nähernden Straßenbahn erleichtert wer- Für die Ausgestaltung von Gleisquerungen für Fuß- den. Bei der Sicherung durch Übersicht befinden gänger und Radfahrer können grundsätzlich zwei sich querende Personen allerdings in der Pflicht, Bauformen zur Ausführung kommen (vgl. FGSV sich eigenständig zu versichern, dass sie die Gleise 2013a, S. 85): gefahrlos überqueren können (vgl. Kap. 2.2.1). • Eine geradlinige Führung über den Bahnkörper oder • eine Führung mit erzwungenem Richtungs- wechsel mit einem Versatz oder in Z-Form.

2.3.1 Geradlinige Gleisquerung

Bei der geradlinigen Gleisquerung liegen Aufstellflä- che und Querung in einer Flucht (Bild 10). Für über- querende Personen ergibt sich somit eine direkte Führung ohne Richtungswechsel.

39 VwV-StVO zu § 45 Rn. 57. 40 § 20 Absatz 4 Satz 3 BOStrab.

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• andererseits der lenkende Charakter der Umlaufsperren erhalten bleibt. Zwischen den parallel verlaufenden Umlaufsperren sollte daher mindestens eine Breite von 1,50 m ein- gehalten werden (FGSV 2010, S. 81). Zudem wird eine Überlappung parallel angeordneter Umlauf- sperren von mindestens 1,00 m empfohlen, damit Fußgänger der Bahn tatsächlich entgegengehen und nicht schräg abkürzen können (FGSV 2013a, S. 86). Wird die Gleisquerung im Zuge einer Radwegefüh- rung genutzt, sollte auf eine Überlappung verzichtet werden (FGSV 2010, S. 81). Zudem sollte die Ein-

fahrbreite in Abhängigkeit von der Wegbreite42 ge- Bild 11: Gleisquerung in Z-Form (im Beispiel mit Fußgänger- wählt werden (vgl. Tab. 3). überwegen über die angrenzenden Fahrbahnen) (FGSV 2013a) Wegbreite [m] Einfahrbreite [m] ≤ 2,50 1,15

> 2,50 – 3,50 1,30 > 3,50 1,50 Tab. 3: Mindestmaße für die Einfahrbreite in Abhängigkeit der Wegbreite (FGSV 2010) Aus Gründen der Barrierefreiheit sollten Umlauf- sperren zudem visuell kontrastierend gestaltet sein, damit sie auch für blinde und sehbehinderte Men- schen deutlich wahrnehmbar sind (FGSV 2011, S. 56). Die Aufstellflächen sollten zur Berücksichtigung von Rollstuhlnutzern, (überbreiten) Kinderwagen und Radfahrern mindestens 2,50 m Tiefe aufweisen, da- Bild 12: Gleisquerung mit Versatz (FGSV 2013a) mit im Bereich der Umlaufsperren beispielsweise Bahnübergänge im Zuge von Fuß- oder Radwegen auch Begegnungsmöglichkeiten bestehen (FGSV über unabhängige Bahnkörper i. S. d. § 20 Absatz 2009, S. 92; FGSV 2013a, S. 86). Dies dient auch 1 Satz 2 BOStrab müssen trotz gegebener Über- dem Zweck, ein zügiges Räumen des Gleisbereichs sicht grundsätzlich „mit Umlaufsperren, ähnlich wir- zu ermöglichen. Aus Sicht des Radverkehrs sollte kenden Einrichtungen oder mit einer Lichtzeichen- die Aufstellfläche sogar eine Breite von 3,00 m auf- anlage ausgerüstet sein“. Auf diese Einrichtungen weisen, um zu vermeiden, dass Radfahrer erst auf kann allerdings verzichtet werden, „wenn nach den dem Bahnkörper zum Stehen kommen (FGSV örtlichen Verhältnissen dafür kein Erfordernis be- 2010, S. 81). steht und die Technische Aufsichtsbehörde zu- Wenn die Aufstellflächen zwischen Fahrbahn und 41 stimmt“. Bahnkörper nicht ausreichend tief und breit ausge- Auch an Gleisquerungen über andere Bahnkörper bildet werden können, sollte für den Radverkehr kann die Führung mit erzwungenem Richtungs- eine geradlinige Führung mit durchgehender Signa- wechsel umgesetzt werden. Voraussetzung ist im- lisierung bevorzugt werden, damit die Querung von mer, dass eine ausreichend breite Fläche zwischen Fahrbahn und Bahnkörper in einem Zug erfolgen Bahnkörper und anliegender Fahrbahn vorhanden kann (FGSV 2013a, S. 87). ist. An Gleisquerungen in Z-Form werden die Gleise Die Einfahrtbreite und der Abstand der Umlaufsper- nicht im rechten Winkel gekreuzt. Ist die Gleisque- ren sollten zueinander so bemessen sein, dass rung auch für die Benutzung durch den Radverkehr vorgesehen, sollten spitze Winkel für die Querung • einerseits ein Durchfahren mit Rollstühlen, vermieden werden. Damit wird Sturzgefahr für den Kinderwagen, Fahrrädern etc. möglich ist, Radverkehr im Bereich der Schienen vermieden

41 § 20 Abs. 4 Satz 1f. BOStrab. 42 Hier: Breite der Gleisquerung parallel zur Gleisachse.

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(FGSV 2013a, S. 86; FGSV 2010, S. 80). Aus Si- stände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Ge- cherheitsgründen sollte der Winkel zwischen fahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für Gleisachse und Achse der Gleisquerung daher grö- die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil ßer als 50 gon gewählt werden. auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Ge- fahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und

auch nicht mit ihr rechnen muss.“44 Die häufige und 2.3.3 Gestaltungsgrundsätze für Aufstellflä- redundante Anordnung von Verkehrszeichen soll chen mit Sicherheitsaspekten abgewogen werden, um die Wahrnehmbarkeit der Verkehrszeichen durch Für die Sicherung durch Übersicht wird eine Auf- eine Häufung nicht zu beeinträchtigen. stellfläche vorausgesetzt, damit sich Fußgänger o- Im Allgemeinen gilt, dass lediglich die in der StVO der Radfahrer vor dem Queren der Gleise absi- abgebildeten Verkehrszeichen verwendet werden chern können. Bei unabhängigem Bahnkörper ist dürfen oder solche, die vom Bundeministerium für diese Fläche i. d. R. immer gegeben. Bei besonde- Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Ver- rem Bahnkörper gilt kehrsblatt zugelassen wurden. In § 45 Absatz 2 StVO heißt es dazu: „Alle Gebote und Verbote sind „An den für das Überqueren durch Fußgänger vor- durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach die- gesehenen Stellen über einen besonderen Bahn- ser Verordnung anzuordnen.“ körper müssen zwischen diesem und unmittelbar „Auch Markierungen […] sind Verkehrszeichen. Sie angrenzenden Fahrbahnen Aufstellflächen für Fuß- sind grundsätzlich weiß.“45 gänger vorhanden sein, wenn das durchgängige Überqueren von Bahnkörper und Straße nicht durch Im Bereich von Gleisquerungen ist die Anordnung Lichtzeichen geregelt ist.“43 verschiedener Verkehrszeichen möglich, um auf die Konfliktsituation zwischen Schienenbahn und ande- Diese Forderung wirkt sich vor allem auf die Gestal- ren Verkehrsteilnehmern aufmerksam zu machen. tung der geradlinigen Gleisquerung aus, da Führun- Im Folgenden werden die Verkehrszeichen be- gen mit erzwungenem Richtungswechsel immer schrieben, die beim Queren von Fußgängern oder Aufstellflächen für die Platzierung der Umlaufsper- Radfahrern von unabhängigen oder besonderen ren bedingen und ohne Aufstellflächen nicht um- Bahnkörpern der Straßenbahn eine Relevanz besit- setzbar sind. zen. Indirekt führt die Forderung dazu, dass bei fehlen- Gefahrzeichen sind immer vor der Gefahrstelle an- der Aufstellfläche eine eigenständige Signalisierung zuordnen46. „Vorschriftzeichen stehen […] dort, wo (technische Sicherung) der Gleisquerung bei einer oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist.“47 geradlinigen Führung nicht möglich ist bzw. die Ver- Ggf. finden sich zu jeweiligen Verkehrszeichen wei- wendung von Warnlichtern (Gelbblinken) zur Unter- terführende Hinweise zu den vorzusehenden stützung der Sicherung durch Übersicht Aufstellflä- Standorten. chen erforderlich macht.

2.4.2 Andreaskreuz 2.4 Verkehrszeichen und Verkehrsein- richtungen Durch die Aufstellung von Andreaskreuzen (Bild 13) vor Gleisquerungen von Bahnkörpern, die nicht 2.4.1 Allgemeine Hinweise zur Verwendung und innerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Anordnung Straße liegen, wird Straßenbahnen Vorrang vor an- deren Verkehrsteilnehmern gewährt.48 An Bahn- Gemäß § 39 Absatz 2 StVO gehen die Regelungen übergängen über Fuß-, Feld-, Wald- oder Radwege durch Verkehrszeichen den allgemeinen Verkehrs- gilt der Vorrang auch ohne die Anordnung des An- regeln (vgl. auch Kap. 2.1.3.3) vor. „Verkehrszei- dreaskreuzes.49 chen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzu- ordnen, wo dies auf Grund der besonderen Um-

43 § 16 Absatz 5 BOStrab. 47 § 41 Absatz 2 Satz 1 StVO. 44 § 45 Absatz 9 Sätze 1 und 2 StVO. 48 Vgl. § 19 Absatz 1 Nr. 1 StVO. 45 Vgl. § 39 Absatz 5 StVO. 49 Vgl. § 19 Absatz 1 Nr. 2 StVO. 46 Vgl. § 40 Abs. 2 und 3 StVO.

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Bild 13: Verkehrszeichen 201 StVO Andreaskreuz VZ 101 in Verbindung VZ 101 in Verbindung Die Verwaltungsvorschrift zur StVO führt weiter aus: mit ZZ 1048-19 mit ZZ „Sinnbild Schie- nenbahn“ aus VZ 151 „Der Vorrang darf nur gewährt werden, wenn eine solche Schienenbahn auf besonderem oder unab- Bild 14: Gefahrzeichen und Zusatzzeichen vor Gleisquerungen hängigem Bahnkörper verlegt ist, dies auch dann, Gefahrzeichen sind nach Maßgabe des § 45 Absatz wenn der besondere Bahnkörper innerhalb des Ver- 9 Satz 4 StVO anzuordnen53. „Gefahrzeichen dür- kehrsraums einer öffentlichen Straße liegt. Eine fen nur dort angebracht werden, wo es für die Si- Schienenbahn ist schon dann an einem Übergang cherheit des Verkehrs unbedingt erforderlich ist, auf besonderem Bahnkörper verlegt, wenn dieser weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die an dem Übergang endet. Ein besonderer Bahnkör- Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann per setzt mindestens voraus, dass die Gleise durch und auch nicht mit ihr rechnen muss.“54. ortsfeste, körperliche Hindernisse vom übrigen Ver- kehrsraum abgegrenzt und diese Hindernisse auf- Dies kann z. B. auf schlechte Sichtverhältnisse fällig kenntlich gemacht sind; abtrennende Bord- durch Regen oder Dunkelheit zurückzuführen sein. steine müssen weiß sein.“50 Die Beachtung von Gefahrenzeichen kann jedoch nur dann erwartet werden, wenn sie häufig genug „Straßenbahnen auf besonderem oder unabhängi- tatsächlich eine Gefahr anzeigen. gem Bahnkörper, der nicht innerhalb des Verkehrs- raums einer öffentlichen Straße liegt, ist in der Re- Das Gefahrzeichen mit dem Hinweis auf Kreuzung gel durch Aufstellung von Andreaskreuzen der Vor- mit einer Schienenbahn wird in der Regel unmittel- rang zu geben. […] Auch an solchen Bahnübergän- bar vor der Gleisquerung angeordnet. gen über Feld- und Waldwege sind Andreaskreuze dann erforderlich, wenn der Bahnübergang nicht ausreichend erkennbar ist; unzureichende Über- 2.4.4 Vorfahrt gewähren sicht über die Bahnstrecke kann ebenfalls dazu An- lass geben.“51 Zeichen 205 StVO „Vorfahrt gewähren“ in Verbin- dung mit Zusatzzeichen 1048-19 „Sinnbild Straßen- 2.4.3 Gefahrstelle bahn“ (Bild 15) zeigt dem Straßenverkehr an, dass dieser dem Schienenverkehr Vorfahrt zu gewähren Kommt die Anordnung eines Andreaskreuzes nicht hat.55 Dieses Zeichen ist unmittelbar vor der Kreu- infrage, kann durch die Anordnung anderer Ver- zung anzuordnen.56 kehrszeichen auf die Konfliktstelle an der Gleisque- rung hingewiesen werden. „Vor Schienenbahnen ohne Vorrang darf nur durch dieses Zeichen samt einem Zusatzzeichen z. B. mit dem Sinnbild „Straßenbahn" (1048-19) oder dem Sinnbild aus Zeichen 151 gewarnt werden […]“52 (Bild 14).

Bild 15: Verkehrszeichen 205 in Verbindung mit ZZ 1048-19

50 VwV-StVO zu Zeichen 201 Andreaskreuz Rn. 10, 2. 54 § 45 Absatz 9 Satz 4 StVO. 51 VwV-StVO zu Zeichen 201 Andreaskreuz Rn. 11, VI., 1. 55 Vgl. Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 lfd. Nr. 2 StVO. 52 VwV-StVO zu Zeichen 101 Gefahrstelle, Rn. 2, II. 56 Vgl. VwV-StVO zu den Zeichen 205 und 206 Vorfahrt gewäh- 53 VwV-StVO zu § 40 Gefahrzeichen Rn. 1, I. ren und Halt! Vorfahrt gewähren Rn. 1.

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2.4.5 Bahnübergang Für Absperrgeländer (Umlaufsperren) ergeben sich aus der StVO keine besonderen Anforderungen hin- Im Zuge straßenbegleitender Geh- und Radwege sichtlich der Farbgebung. Sie sollten jedoch aus können Bahnübergänge durch Anordnung beson- Sicht einer verbesserten Wahrnehmung (Barriere- derer Gefahrzeichen vor Übergängen von Schie- freiheit) visuell kontrastierend gestaltet werden nenbahnen mit Vorrang durch Anordnung des Ver- (FGSV 2011, S. 60; Norm DIN 32975, S. 8). kehrszeichens 151 gekennzeichnet werden (Bild Absperrelemente sollten ausreichende Abstände 16).57 Die Pflichten (Verhaltensregeln) an einem zueinander und in den Durchlässen aufweisen, da- Bahnübergang ergeben sich aus § 19 StVO und mit beispielsweise auch Rollstuhlnutzer diese Berei- Verkehrszeichen 201 Andreaskreuz (vgl. che ungehindert passieren können (s. dazu auch Kap. 2.1.3.3 und 2.4.2). Kap. 2.3.2).

2.5 Barrierefreiheit an Gleisquerungen

Bereits seit einigen Jahren ist gesetzlich verankert, Bild 16: Verkehrszeichen 151 StVO Bahnübergang dass die Belange der Barrierefreiheit bei der Pla- Für selbstständige Fuß- und Radwege über unab- nung und beim Bau der Verkehrsinfrastruktur zu be- hängige oder besondere Bahnkörper der Straßen- rücksichtigen sind. Daher haben barrierefreie Lö- bahnen spielt dieses Verkehrszeichen keine Rolle. sungen, wie die Anforderungen von Menschen mit 2.4.6 Markierte Verkehrszeichen Mobilitätseinschränkungen an Gleisquerungen be- rücksichtigt werden können, inzwischen auch Ein- Auf der Fahrbahnoberfläche markierte Schriftzei- gang in die technischen Regelwerke gefunden. chen oder Verkehrszeichen enthalten keine selbst- Die im Folgenden aufgeführten Hinweise gelten ständigen Gebote oder Verbote. Sie dienen allein grundsätzlich für den Neubau und umfassenden als Hinweis auf vertikal angeordnete Verkehrszei- Umbau von Verkehrsanlagen. chen und sollen somit beispielsweise Gefahrenstel- len verdeutlichen58. 2.5.1 Anforderungen von Menschen mit Mobili- tätseinschränkungen 2.4.7 Schrankenanlagen und Umlaufsperren Gleisquerungen können für bestimmte Gruppen Schranken und Absperrgeländer (Umlaufsperren) mobilitätseingeschränkter Menschen eine beson- sind i. S. d. StVO Verkehrseinrichtungen59. Daher dere Herausforderung darstellen. werden an diese u. U. verbindlich einzuhaltende • Anforderungen hinsichtlich ihrer Gestaltung gestellt. Für Menschen mit Gehbehinderungen bzw. Rollstuhl- und Rollatornutzer sowie Die Schrankenanlage sollte visuell kontrastierend Kinderwagen sind ebene, gut begehbare gestaltet sein (FGSV 2011, S. 55). Die Erfüllung und berollbare Oberflächen wichtig. Bord- dieser Anforderung ergibt sich bereits durch die aus kanten zur Abtrennung des Bahnkörpers § 43 StVO Absatz 1 Satz 1 vorgeschriebene rot- von den Aufstellbereichen oder eine un- weiß gestreifte Kennzeichnung dieser Verkehrsein- ebene Oberfläche insbesondere im Be- richtung. reich der Schienen kann diesen Gruppen Zur Verbesserung der Barrierefreiheit wird empfoh- Probleme bereiten. Es besteht die Gefahr, len, für die technische Sicherung von beschrankten an Kanten hängen zu bleiben, wodurch die Bahnübergängen statt Halbschranken Vollschran- Konfliktfläche nicht mehr zügig verlassen ken zu verwenden, da Halbschranken von Blinden- werden kann. • führhunden als Hindernis interpretiert und von die- Für blinde und stark sehbehinderte Men- sen umlaufen werden könnten (FGSV 2011, S. 56). schen sind Gleisquerungen mit Sicherung durch Übersicht i. d. R. ohne fremde Hilfe

57 „Die Ankündigung des Bahnübergangs erfolgt außerhalb von erkennen ist. Innerhalb geschlossener Ortschaften genügt das geschlossenen Ortschaften in der Regel mit Verkehrszeichen Verkehrszeichen 151, wenn nicht schneller als 50 km/h gefahren 156 Bahnübergang mit dreistreifiger Bake und mit abnehmender werden darf und der Bahnübergang gut zu erkennen ist:“ Entfernung zum Bahnübergang durch Verkehrszeichen 159 (VwV_StVO zu § 40 Gefahrzeichen zu den Zeichen 151 bis 162 Zweistreifige Bake und Verkehrszeichen 162 Einstreifige Bake. Bahnübergang Rn. 1-3). Die Anordnung des Verkehrszeichens 151 genügt selbst auf 58 Vgl. § 39 Absatz 5 Satz 7 StVO. Straßen mit geringer Verkehrsbedeutung allein nicht, wenn dort 59 Vgl. § 43 Absatz 1 StVO. schnell gefahren wird oder wenn der Bahnübergang zu spät zu

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nicht nutzbar. Diese Personengruppen jeweiligen Einsatzgebieten finden sich in den Hin- sind auf eine Signalisierung mit akusti- weisen für barrierefreie Verkehrsanlagen (FGSV schen und taktilen Zusatzeinrichtungen 2011), den DIN 18040-3 sowie den DIN 32984. angewiesen. Zudem kann die Z-Form für Bodenindikatoren an Gleisquerungen sollten blin- diese Personengruppen aufgrund der den und sehbehinderten Menschen vor allem fol- schrägen Führung und dadurch erschwer- gende Hilfestellungen bei der Orientierung geben: ten Orientierung über den Bahnkörper schwierig zu bewältigen sein. Hier sind • Warnung vor dem Gefahrenbereich und akustische und taktile Leitlinien hilfreich. • Unterstützung bei der Richtungsfindung im • Menschen mit Hörschädigungen können Zuge der Querung. akustische Warnsignale an den Gleisque- In Abhängigkeit der konkreten Ausgestaltung der rungen oder durch die Straßenbahnen nur Gleisquerung geben die technischen Regelwerke schwer oder gar nicht erfassen. Sie sind hier unterschiedliche Lösungen vor. stärker auf die visuelle Wahrnehmung an- gewiesen, z. B. visuell auffällige Warnsig- Gleisquerungen ohne Schrankenanlage nale (auch Lichtsignale) oder eine gute Er- Die Gestaltungshinweise für Bodenindikatoren an kennbarkeit der Straßenbahnfahrzeuge. Gleisquerungen ohne Schranken unterscheiden in • Menschen mit kognitiven Beeinträchtigun- Gleisquerungen mit und ohne Umlaufsperren. gen, zu denen auch Kinder und ältere Men- schen zählen, können eventuell Geschwin- An geradlinigen Gleisquerungen ohne Umlaufsper- digkeiten der sich nähernden Straßenbah- ren sollte ein Richtungsfeld mit einer Tiefe von min- nen schlechter einschätzen, als andere destens 60 cm über die gesamte Breite der Que- Personengruppen. Lichtsignale, die heran- rung angelegt werden. Die Richtung der Rippen- nahende Bahnen ankündigen, können ein- struktur zeigt die Gehrichtung an. Jeweils in Geh- deutige Informationen vermitteln, wann die richtung vor dem Richtungsfeld sollte ein Aufmerk- Konfliktfläche nicht betreten bzw. zügig samkeitsfeld (Noppenplatten) mit 90 cm Tiefe lie- verlassen werden sollte. gen, um auf die Annäherung an den Gefahrenbe- reich aufmerksam zu machen (Norm DIN 32984, 2.5.2 Gestaltungsempfehlungen S. 37). Der Abstand des Richtungsfeldes vom Ge- fahrenbereich (Regellichtraum) richtet sich nach Durch entsprechende Gestaltung oder technische dem erforderlich einzuhaltenden Sicherheitsab- Hilfsmittel kann den Anforderungen mobilitätseinge- stand zum Bahnkörper nach Regelwerk des Betrei- schränkter Menschen beim Queren der Straßen- bers des Schienenwegs.61 bahngleise Rechnung getragen werden. Dazu zäh- len beispielsweise Orientierungshilfen für blinde Es bleibt unklar, ob sich diese Hinweise für den Ein- und sehbehinderte Menschen in Form von Boden- satz von Bodenindikatoren lediglich auf unbe- indikatoren oder akustischen und taktilen Signalge- schrankte Bahnübergänge über Bahnkörper der Ei- bern an Lichtsignalanlagen, eine visuell kontrastie- senbahn im Zuge straßenbegleitender Gehwege rende Gestaltung von Ausstattungselementen oder beziehen oder ob diese Lösung analog an geradli- möglichst ebene Oberflächen im Gleisbereich. Im nigen Gleisquerungen über unabhängige und vor Folgenden werden mögliche Lösungen vorgestellt. allem besondere Bahnkörper der Straßenbahn An- wendung finden sollte. 2.5.2.1 Bodenindikatoren Bei Gleisquerungen mit Umlaufsperren sollte ledig- Bodenindikatoren übermitteln über Oberflächen- lich ein Richtungsfeld mit einer Tiefe von i. d. R. strukturen, die sich von der umgebenden Oberflä- 60 cm eingebaut werden. Die Rippenstruktur zeigt chenstruktur unterscheidet, Informationen für Lang- die Überquerungsrichtung an (vgl. Bild 17). stocknutzer. Neben den taktilen Informationen soll- ten Bodenindikatoren dem Zwei-Sinne-Prinzip fol- gend60 visuell kontrastierend zum anliegenden Bo- denbelag sein. Daneben können die Bodenindikato- ren – je nach Material – auch akustische Informati- onen vermitteln. Details zu den Strukturen und den

60 Zwei-Sinne-Prinzip: es werden immer zwei der drei Sinne Se- 61 Die BOStrab legt beispielsweise keinen konkreten Lichtraum hen- Hören – Tasten angesprochen. fest (vgl. § 18 BOStrab).

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(Signalfolge: FREI-HALT ZU ERWARTEN-GE- SPERRT) erforderlich (FGSV 2015, S. 18). Der Ein- satz dieser Signale ist daher bei Signalisierung mit Warnlicht (Gelbblinken) nicht möglich. Allerdings können dort besondere akustische Warnsignale eingesetzt werden (Kap. 2.5.2.3) Akustische Signalgeber Bei den akustischen Signalgebern wird zwischen dem Orientierungs- und Freigabesignal unterschie- den. Diese beiden sollten sich deutlich voneinander unterscheiden (Norm DIN 32981). Das Orientierungssignal unterstützt blinde und seh-

behinderte Menschen dabei, den Lichtsignalmast Bild 17: Anordnung eines Richtungsfeldes vor einer Gleisque- aufzufinden. Daher soll es vorzugsweise rundum rung in Z-Form (Prinzipskizze) (FGSV 2011) abgestrahlt werden, sodass es in einem Umkreis Gleisquerungen mit Schrankenanlage mit einem Radius von 4,5 m ±0,5 m um den Licht- signalmast wahrnehmbar ist (Norm DIN 32981). Bei Bahnübergängen, die technisch mit einer Schrankenanlage gesichert sind, sollte in einem Ab- Das akustische Freigabesignal kann über einen stand von i. d. R. 1,00 m zur Schrankenanlage ein Taster, der i. d. R. an der Unterseite des Anforde- Richtungsfeld (Rippenplatten, Tiefe 60 cm) mit da- rungsgerätes angebracht ist, angefordert werden. vorliegendem Noppenfeld (mindestens 30 cm Tiefe) Diese bedarfsorientierte Zuschaltung reduziert die über die gesamte Breite des Gehwegs angeordnet Schallemissionen für Anwohner. Das akustische werden (FGSV 2011, S. 56). Freigabesignal zeigt an, wann der Bahnkörper für Fußgänger sicher zu betreten ist. Für Straßenbah- Generelle Hinweise nen ist die Überfahrt in dieser Phase entsprechend Unabhängig von der baulichen Ausführung oder gesperrt, i. d. R. durch Fahrsignal F 0 (Kap. 2.2.3). technischen Ausstattung sollten keine Bodenindika- Bei einer Signalisierung mit ROT-DUNKEL für den toren (Rippen- oder Noppenplatten) über die Gleis- Fußverkehr wird das taktile Freigabesignal somit querung verlegt werden (z. B. als Leitstreifen). „Bo- während der Dunkelphase geschaltet, bei ROT- denindikatoren […] dürfen nur dort eingesetzt wer- GRÜN wird die Grünphase (Freigabezeit) ange- den, wo ein gefahrloser Aufenthalt möglich ist. Ein zeigt. Beim Einsatz eines Warnlichts (Gelbblinken) Einsatz im Bereich von Fahrbahnen […] ist auszu- kann das taktile Freigabesignal nicht eingesetzt schließen.“62 werden 2.5.2.2 Zusatzeinrichtungen an Lichtsignalan- Die akustischen Zusatzsignale sollten über eine dy- lagen namische Lautstärkeregelung verfügen, damit sich der Schalldruck der Signale an die Umgebungsge- Für blinde und stark sehbehinderte Menschen ist räusche automatisch anpasst (Norm DIN 32981). das Prinzip der Sicherung durch Übersicht beim Neben den positiven Effekten bezüglich des An- selbstständigen Queren von Gleisen nicht anwend- wohnerschutzes (reduzierte Schallemissionen) soll bar. Um für diese Gruppe die Querung sicher zu ge- damit sichergestellt sein, dass die akustischen Zu- stalten, sind Zusatzeinrichtungen an der Lichtsig- satzsignale auch bei größeren Verkehrsstärken und nalanlage erforderlich. Die Freigabezeit für Fußgän- Schallemissionen wahrnehmbar bleiben, da der ger kann akustisch und/oder gegebenenfalls zu- Schallpegel (in gewissen Grenzen) immer über dem sätzlich taktil angezeigt werden (s. dazu auch Umgebungsschallpegel liegt. Kap. 2.2.3). Taktile Signalgeber Die akustischen und taktilen Signalgeber können sowohl in Kombination als auch unabhängig vonei- Die taktilen Signalgeber zeigen durch Vibration die nander eingesetzt werden und sind entsprechend Grünzeit an. Sie sollen vorzugsweise an der Unter- der DIN 32981 zu gestalten (FGSV 2015, S. 65). seite des Anforderungstasters angebracht werden (Norm DIN 32981, S. 8). Mittels eines tastbaren Bei der Verwendung der Zusatzeinrichtungen ist für Pfeils auf der Anforderungsplatte kann zusätzlich die Straßenbahnen eine vollständige Signalisierung zur akustischen Führung und der Richtungsangabe

62 FGSV 2011, S. 32.

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über Bodenindikatoren (Richtungsfelder) die Geh- Auch Warnsignale nach DIN 32974 können mit ei- richtung angezeigt werden. Durch tastbare Zusatz- ner dynamischen Pegelanpassung ausgeführt wer- symbole auf den in den taktilen Signalgebern einge- den, um Emissionen für Anwohner zu reduzieren, legten Richtungspfeilen (Bild 18) können Beson- ohne die Funktionalität einzuschränken (s. auch Ab- derheiten im Querungsbereich angezeigt werden schnitt „Akustische Signalgeber“). (z. B. Hinweise auf Schutzinseln oder Sonderfahr- 2.5.2.4 Gestaltung des Gleisbereichs streifen). Im Bereich der Kreuzung des Schienenwegs mit Fußwegen sollte sich der Gleisbereich einschließ- lich des Sicherheitszuschlags visuell kontrastierend vom übrigen Fußverkehrsbereich abheben (Norm DIN 32975, S. 16). Je nach Bauweise können sich im Bereich der Gleisquerung punktuelle Absenkungen (z. B. bei Asphalt) oder Ausbrüche (z. B. bei Pflaster) erge- ben (Bild 19). Diese führen – teils auch aufgrund provisorisch ausgeführter Reparaturen – insbeson- dere im Bereich der Schienen zu einer unebenen und für bestimmte Gruppen schwer überrollbaren Oberfläche bzw. Kanten.

Bild 18: Beispiele für taktile Signalgeber (FGSV 2015) Die DIN 32981 weist darauf hin, dass taktile Signal- Bild 19: Beispiel für Schäden an der Oberfläche im Bereich der geber durch Wechselwirkung mit ihrer Umgebung Gleisquerung (z. B. ausgelöst durch Schienenfahrzeuge) zu einer Um die Gefahr derartiger Unebenheiten und Kanten Schwingung angeregt werden könnten. Hier wird im Bereich der Schienen zu verringern, kann die eine Verwechslungsgefahr mit der Vibration bei der Eindeckung der Gleisquerung mit speziellen Fertig- Signalisierung der Freigabezeit gesehen. Daher teilelementen (z. B. aus Gummi) erfolgen. gibt die Norm vor, dass diese unerwünschte Hersteller von derartigen Bahnübergangselemen- Schwingungsanregung vermieden werden muss ten haben zudem innovative Ausführungen entwi- (Normentwurf DIN 32981/A1). ckelt, die durch Verschluss der Rille zwischen rillen- 2.5.2.3 Akustische Warnsignale loser Schiene (Vignolschiene) und Oberfläche des Übergangs mit einer elastischen Klappe ermögli- Statt die Grünzeit bei der Signalisierung durch ein chen sollen. Laut Hersteller soll der Verschluss akustisches Freigabesignal zu kennzeichnen, be- durch den Spurkranz der Räder der Bahn aufgefah- steht auch die Möglichkeit ein akustisches Warnsig- ren werden und sich nach der Überfahrt der Stra- nal während der Zeit ertönen zu lassen, in der der ßenbahn wieder verschließen. So soll für geeignete Bahnkörper nicht betreten werden soll. Als akusti- Anwendungsfälle ein verbesserter Komfort für Roll- sches Signal eignet sich z. B. ein Gong nach DIN stühle, Rollatoren oder Kinderwagen im Querver- 32974, Tabelle 8. Dieses wird im Gegensatz zum kehr geboten werden, da eine weitgehend ebene akustischen Freigabesignal, welches die Dauer der Überfahrmöglichkeit besteht. Die beschriebenen Freigabe (Grünzeit) anzeigt, bei einer technischen Elemente werden bislang bei einzelnen Bahnüber- Sicherung für die Dauer der Anzeige der Sperrzeit gängen der Eisenbahn eingesetzt, ohne eine grö- (Rotsignal) zugeschaltet. Es kann auch bei Anzeige ßere Verbreitung gefunden zu haben. eines Warnlichts (Gelbblinken) verwendet werden (vgl. Kap. 4.2.4.1).

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2.6 Zusammenfassung Regel Aufstellflächen vor dem Gleisbereich. Durch- gangsbreiten und Überlappung paralleler Absperr- An Gleisquerungen über Fuß- oder Radwege an be- gitter sind auf die verkehrlichen Anforderungen sonderen und unabhängigen Bahnkörpern stellt die (z. B. Benutzung der Gleisquerung durch den Rad- Sicherung durch Übersicht das Grundprinzip dar. verkehr) abzustimmen. Schienenfahrzeuge haben dort gegenüber dem Die Belange der Barrierefreiheit sind zu berücksich- Fuß- und Radverkehr Vorrang. Die Sicherung durch tigen. Unterschiedliche Gruppen mobilitätseinge- Übersicht kann an unabhängigen Bahnkörpern nur schränkter Menschen haben unterschiedliche An- durch eine technische Sicherung im Sinne des § 20 forderungen an die Gestaltung und technische Aus- 63 Absatz 5 BOStrab ersetzt werden. Bei Gleisque- führung der Gleisquerung. So sind für blinde und rungen (Bahnübergänge i. S. d. BOStrab) von Fuß- stark sehbehinderte Menschen nur Übergänge mit und Radwegen über unabhängige Bahnkörper ge- einer technischen Sicherung oder Signalisierung nügt dabei eine Lichtzeichenanlage, wenn auf dem und ggf. entsprechenden akustischen und taktilen Streckenabschnitt auf Sicht gefahren wird. Signalen selbstständig nutzbar. Akustische und tak- Weiterhin sind Gleisquerungen (Bahnübergänge tile Zusatzsignale sowie ggf. Bodenindikatoren un- i. S. d. BOStrab) von Fuß- oder Radwegen über un- terstützen diese Gruppen bei der Orientierung und abhängige Bahnkörper trotz gegebener Übersicht Querung. Für Menschen mit Rollator oder Rollstuhl mit Umlaufsperren oder ähnlich wirkenden Einrich- spielt die Oberflächenbeschaffenheit im Bereich der tungen zu sichern. In Abstimmung mit der Techni- Gleisquerung eine größere Rolle. Zudem können schen Aufsicht kann auf diese Einrichtungen und auch Bordkanten das Verlassen des Konfliktbe- die Lichtzeichenanlage verzichtet werden. reichs behindern. Die technische Sicherung für den Fuß- und Radver- Sind dem Bahnbetreiber Trampelpfade über die kehr mit Lichtzeichen kann durch unterschiedliche Gleise bekannt, muss er prüfen, ob Maßnahmen zur Signalisierungsformen (ROT-DUNKEL oder ROT- Sicherung zu ergreifen sind, um seiner Verkehrssi- GRÜN) umgesetzt werden. Bei letztgenannter Sig- cherungspflicht nachzukommen. nalisierungsform sehen die technischen Regel- werke Nachteile bei der Signalisierung von Gleis- querungen. Wird auf eine technische Sicherung der 3 Derzeitiger Erkenntnisstand Gleisquerung verzichtet, kann die Sicherung durch Übersicht durch die Verwendung von Warnlichtern 3.1 Verkehrssicherheit an Gleisque- (GELBBLINKEN) für den Fuß- und Radverkehr un- rungen terstützt werden. Bei Rot-Dunkel und Gelbblinken sehen die technischen Regelwerke den Vorteil, In der nationalen Literatur finden sich bislang nur dass diese Signalisierungsformen flexibler in der sehr wenige Untersuchungen, die sich mit dem Anwendung sind, da beispielsweise auf Mindest- Thema Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern grünzeiten für den Fußverkehr verzichtet werden an Gleisquerungen beschäftigt haben. Im Fokus der kann. Betrachtungen steht dabei nicht immer die alleinige Je nach Ausführung der technischen Sicherung Gleisquerung als solche, sondern beispielsweise bzw. Signalisierungsform ergeben sich entspre- die gesamte Fußgängerfurt inklusive der Überque- chende Vorgaben für die Verwendung von Überwa- rungsbereiche der anliegenden Fahrbahnen bei chungssignalen oder Fahrsignalen für die Straßen- Gleisen in Mittellage. In jüngerer Zeit gab es – teils bahn bzw. sind bestimmte Signale nicht zu verwen- motiviert durch die Annahme, dass die zunehmende den. Nutzung von mobilen, elektronischen Geräten zu ei- ner größeren Ablenkung führen könnte – speziell Als Grundform bei der baulichen Ausführung kom- zum Thema Bodenwarnleuchten an Gleisquerun- men geradlinige Gleisquerungen oder Gleisquerun- gen Untersuchungen bei Erprobungsversuchen in gen mit erzwungenem Richtungswechsel infrage. einzelnen Städten. Im Folgenden werden die einzel- Die Auswahl ist u. a. von den örtlichen Randbedin- nen Vorhaben und die gewonnenen Erkenntnisse gungen abhängig, da beispielsweise in deren Ab- aufgeführt. hängigkeit Anforderungen an die Mindestgröße der Aufstellflächen bzw. die Abstände der Umlaufsper- ren gestellt werden. Gleisquerungen über unabhän- gige oder besondere Bahnkörper erfordern in der

63 Lichtzeichen mit Farbfolge Gelb-Rot, ggf. in Verbindung mit Halbschranken.

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3.1.1 Fußgängerfurten über Verkehrsstraßen Im Gegensatz zum Gleisbereich kam es während mit Straßenbahnen in Mittellage der Beobachtungen vielmehr zu kritischen Situatio- nen zwischen Fußgängern und Kraftfahrzeugen Die Untersuchung „Fußgängerfurten über Verkehrs- beim Überqueren der Fahrbahnbereiche. Daher bi- straßen mit Straßenbahnen in Mittellage“ (ANGEN- lanziert die Untersuchung als wesentliche Erkennt- ENDT et al. 1997a) analysierte die Verkehrssicher- nis, dass „Hauptdefizite bei der Querung des Fahr- heit für Fußgänger an Überquerungsstellen an Stra- bahnbereiches und nicht bei der Querung des ßen mit Straßenbahngleisen in Mittellage. Dabei Gleisbereiches liegen“ (ANGENENDT et al. 1997b, wurde der gesamte Überquerungsbereich – Gleis- S. 6). querung und Überquerung der anliegenden Fahr- Empfehlungen für die Gestaltung und Sicherung bahnen – betrachtet. Ausgangslage für die Untersu- des Gleisbereiches sind: chung war eine Zunahme von Fußgängerunfällen an diesen Stellen. • Erfolgt eine Sicherung des Gleisbereiches mit Lichtsignalen, sollte die Signalisierung Der Schwerpunkt der Untersuchung lag dabei auf durch eigene Signalgeber erfolgen, sofern Überquerungsstellen im Bereich von Haltestellen ausreichend tiefe Warteflächen vorhanden der Straßenbahnen. Aufbauend auf den Untersu- sind. chungsergebnissen wurden Empfehlungen zur Si- • Die Sperrung der Gleisquerung für den cherung des Fußverkehrs durch Gestaltung und Be- Fußverkehr sollte sich auf den Zeitbereich trieb von Straßenbahnhaltestellen in Mittellage so- beschränken, der für die Annäherung und wie den anliegenden Knoten und Fußgängerfurten Vorbeifahrt der Straßenbahn erforderlich formuliert. ist. Die Beobachtungen zeigten, dass eine In der Untersuchung wurden 15 unterschiedliche Sperrung über eine Kopplung mit Anforde- Fallbeispiele analysiert und dabei auch Verhaltens- rung die Akzeptanz der Beachtung der Sig- beobachtungen durchgeführt. Dabei wurde hinsicht- nale erhöhte. lich der Sicherung der Gleisquerung unterschieden Bezüglich der Wahrnehmung der Lichtsignale konn- in Fallbeispiele mit technischer Sicherung (Rot- ten zwischen Rot und Gelb keine Unterschiede fest- Dunkel und Rot-Grün) und Sicherung durch Über- gestellt werden. Bei den Beobachtungen zeigten sicht. Letztgenannte Gleisquerungen waren über- sich allerdings Sicherheitsdefizite nur an den Gleis- wiegend mit gelbem Blinklicht ausgestattet. querungen mit Vollsignalisierung (Rot). Letztendlich Insbesondere für den Bereich der Gleisquerungen werden der Verwendung des gelben Blinklichts Vor- wurden folgende Beobachtungen gemacht: teile eingeräumt, weil dies aufgrund der entfallen- den Schutzzeiten eine höhere Flexibilität bei der • Bei Überquerungsstellen an Haltestellen im Einpassung der Signalisierung der Gleisquerung in Bereich von Knoten kam es nur in einem re- die gesamte Signalisierung (z. B: an einem Knoten) lativ geringen Maße zu auffälligen Interakti- ermöglicht. onen (108 von 21.521 beobachteten Über- querungsvorgängen). 3.1.2 Fußgängerquerungen über Gleistrassen • Auch im Bereich von Gleisquerungen auf in Köln freier Strecke waren nur wenige auffällige Situationen zu beobachten. In der Untersuchung „Fußgängerquerungen über • Nur wenige der an der Gleisquerung beo- Gleistrassen“ (Planerbüro Südstadt 2002) wurden bachteten Situationen wurden als kritisch signalisierte Gleisquerungen (Rot-Dunkel) und nicht eingestuft. An einigen Untersuchungsorten signalisierte Gleisquerungen bezüglich der Sicher- ergaben sich gar keine kritischen Situatio- heit für Fußgänger und Radfahrer analysiert und nen. Eine Einstufung als kritische Situation vergleichend bewertet. Insgesamt wurden zehn erfolgte, wenn es Zeitlücken mit t < 5 Se- Gleisquerungen einer Unfallanalyse unterzogen kunden zwischen querenden Fußgängern und das Verhalten von Fußgängern und Radfahrern und einer herannahenden Straßenbahn beobachtet. gab oder querende Fußgänger durch eine Von insgesamt 11.747 beobachteten Querungsvor- aus der Haltestelle anfahrende Straßen- gängen (Interaktionsbeobachtung) wurden lediglich bahn „bedrängt“ wurden. • Zwischen signalisierten und nicht signali- sierten Gleisquerungen konnten keine Un- terschiede im Konfliktgeschehen oder im verkehrsauffälligen Verhalten beobachtet werden.

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40 als leichte64 Konflikte und zwei als schwere65 einem Verzicht auf eine Signalisierung führen könn- Konflikte eingestuft. Etwas mehr als die Hälfte der ten (z. B. Lage der Gleisquerung außerhalb eines Querungsvorgänge (6.165) sowie 24 leichte und die Knotenpunktes, Einsehbarkeit der Straßenbahn- beiden schweren Konflikte wurden dabei an einer strecke usw.). Die endgültige Entscheidung für oder einzigen der zehn Gleisquerungen beobachtet. Die gegen eine Signalisierung sollte jedoch immer auf übrigen Konflikte verteilten sich auf die restlichen einer situationsbezogenen Analyse getroffen wer- neun Gleisquerungen. den. Die Untersuchung stellt fest, dass der Anteil der In- 3.1.3 Maßnahmen zur Reduzierung von Stra- teraktionen mit der Anzahl der Querungsvorgänge ßenbahnunfällen zunimmt. Ebenso nimmt die Anzahl der konfliktbe- hafteten Interaktionen mit einer steigenden Zahl an Im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer Interaktionen zu (Planerbüro Südstadt 2002, S. 11). wurde ein Forschungsvorhaben zur Ermittlung von Die Art und Weise der Sicherung zeigte jedoch kei- „Maßnahmen zur Reduzierung von Straßenbahnun- nen Einfluss auf Anzahl und Schwere der Interakti- fällen“ durchgeführt (GRIEßBACH et al. 2016). Da- onen. bei wurde auf Basis von etwa 4.100 polizeilich er- fassten Unfällen mit Personenschaden und Beteili- Bei signalisierten Gleisquerungen (Rot-Dunkel) war gung einer Straßenbahn aus einem Dreijahreszeit- zu beobachten, dass sich der Anteil der Rotläufer raum eine Unfallanalyse durchgeführt, um letztend- mit steigendem Überquerungsaufkommen erhöht. lich Maßnahmen zur Vermeidung derartiger Ereig- Meistens wurde dabei vor der Bahn gequert, wenn nisse herauszuarbeiten. Die Unfallanalyse berück- die Fußgänger oder Radfahrer die Situation als si- sichtigte neben Unfällen mit Fußgängern und Rad- cher einschätzten (z. B., wenn die Straßenbahn fahrern auch Zusammenstöße mit dem Kraftfahr- noch in der Haltestelle stand). Die häufige Missach- zeugverkehr. In den Unfalldaten wurde zudem die tung des Rotsignals führte nicht zu einem signifikan- Anzahl der verletzten Personen in Straßenbahnen ten Anstieg von Interaktionen. miterfasst. Für den Fuß- und Radverkehr wurden Insgesamt kommt die Untersuchung zu dem nicht nur die Gleisquerungen betrachtet, sondern Schluss, dass die untersuchten Gleisquerungen un- die gesamten Querungsbereiche, z. B. inkl. anlie- abhängig von der Sicherungsart als sicher einge- gender Fahrbahnen. stuft werden können. Zwischen technisch gesicher- Für fünf Großstädte wurde ergänzend eine geson- ten Gleisquerungen und Gleisquerungen mit Siche- derte Netzanalyse differenziert nach Querschnitts- rung durch Übersicht ließen sich keine signifikanten typen und typischen Entwurfssituationen (nach Unterschiede bezüglich der Unfallstatistik oder des RASt66) durchgeführt. Weiterhin wurde eine De- Konflikt- und Gefährdungspotenzials feststellen. tailanalyse einschließlich einer Ortsbesichtigung an Für die bestehende Signalisierung, die als nicht ein- 21 Knotenpunkten und elf Streckenabschnitten heitlich bewertet wird, werden Empfehlungen zur durchgeführt, um straßenräumliche Merkmale und Modifizierung gegeben. Defizite aufzunehmen. • So sollte das Signal unmittelbar erlöschen, Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass wenn eine Straßenbahn die Konfliktfläche Unfälle mit Straßenbahnen bezogen auf das ge- erreicht hat. Ein weiter angezeigtes Signal samte Unfallgeschehen vergleichsweise seltene Er- würde auf eine Straßenbahn aus der Ge- eignisse darstellen. Dafür ist, mit Bezug auf die genrichtung hinweisen. volkswirtschaftlichen Kosten eines Unfalls, die Un- • Bei der Ausfahrt einer Straßenbahn aus ei- fallschwere deutlich höher, als bei Unfällen mit Pkw ner Haltestelle sollte auf die Anzeige des oder Bus. (GDV 2016, S. 9) Bei über 84% der Un- Signals verzichtet werden. Ein rotes Licht- fälle mit einer Beteiligung einer Straßenbahn wird signal sollte nur auf eine mit höherer Ge- die Straßenbahn nicht als Hauptverursacher einge- schwindigkeit einfahrende Straßenbahn stuft. hinweisen. Fußgänger haben nach Auskunft der Verfasser der In Abhängigkeit spezifischer Randbedingungen Studie bei Unfällen mit Straßenbahnen den weitaus führt die Untersuchung zudem Kriterien auf, die zu größten Anteil bei Getöteten und Schwerverletzten. Ebenso wird für Radfahrer festgestellt, dass diese

64 Leichtes Abbremsen, kurzes Bimmeln, Person beschleunigt 66 Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (FGSV 2009, leicht, kehrt um oder bleibt abrupt stehen. S. 17). 65 deutliches Abbremsen/Anhalten, „Dauerbimmeln“, knappes Vorbeifahren an Person, Person beschleunigt stark oder bleibt „in letzter Sekunde“ stehen.

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bei Unfällen mit Schwerverletzten überproportional aktivitäten gemacht, z. B. bezüglich fahr- oft beteiligt sind. zeugseitiger Technologien bei den Stra- ßenbahnen, um Konfliktsituationen frühzei- Die Betrachtung der Lage der Unfallstelle im Stra- tiger erkennen zu können oder eine Gestal- ßenbahnnetz hat gezeigt, dass Fußgänger zwar ab- tung der Frontpartie von Straßenbahnen solut betrachtet an Knotenpunkten mit Straßenbah- zur Reduktion der Unfallschwere bei Zu- nen verunglücken. Überproportional häufig ereig- sammenstößen vor allem mit Fußgängern nen sich die Zusammenstöße allerdings beim Que- oder Radfahrern. ren der Gleise auf der Strecke und noch viel mehr • Auch Kampagnen mit zielgruppenspezifi- an einer Haltestelle. schen Ansprachen zur Sensibilisierung der Die Untersuchung kommt weiter zu dem Schluss, Verkehrsteilnehmer (z. B. bezüglich der dass „insbesondere lichtsignalgeregelte Knoten- Aufmerksamkeit beim Queren von Gleisen) punkte und 3- bzw. 4-streifige Straßen mit besonde- werden empfohlen. rem Bahnkörper in Mittellage […] eine hohe Unfall- 3.1.4 Untersuchung an Gleisquerungen in schwere aufweisen“. Hier sind im Wesentlichen Stuttgart Fußgänger Hauptverursacher der Unfälle. (GDV 2016, S. 10) Bauer beschäftigt sich in seiner wissenschaftlichen Demgegenüber wird der unabhängige Bahnkörper Arbeit, die einen verkehrspsychologischen Hinter- als insgesamt sicherster Querschnittstyp eingestuft. grund hat, mit Verkehrsunfällen an Gleisquerungen Geschehen dort Unfälle, haben diese allerdings be- in Stuttgart. Neben einer Unfallanalyse und Ortsbe- sonders schwere Unfallfolgen. gehungen hat er Verkehrsbeobachtungen durchge- führt sowie Passanten und Fahrpersonal befragt. Im Die Ortsbegehungen zeigten an allen besuchten Ergebnis seiner Analyse gibt er neben Maßnahmen Örtlichkeiten Abweichungen von den Vorgaben ak- für die Passanten, Fahrgäste, Straßenbahnfahrer tueller technischer Regelwerke. Dabei wurden vor und die Fahrzeuggestaltung auch Empfehlungen für allem die Erkennbarkeit, die Begreifbarkeit, eine die Gestaltung der Gleisquerungen (BAUER 1995). fehlende Einheitlichkeit bemängelt. Jedoch wurde Die Empfehlungen sind im Folgenden stichpunktar- auch festgestellt, dass „eine Vielzahl der Unfälle auf tig dargestellt. mangelnde Akzeptanz der Verkehrsregelungen zu- rückzuführen“ sei (GDV 2016, S. 13). 3.1.4.1 Sichtbehinderungen Die Untersuchung kommt zu folgenden abschlie- • Sichtbehinderungen beseitigen. ßenden Empfehlungen67: • Überwege möglichst nicht direkt vor bzw. nach Kurven anlegen. • Bei Neu- und Umbau von Bahnkörpern der • Niedrige, aber dichte Bepflanzungen am Straßenbahn sollte die Seitenlage oder ein Grünstreifen vor Gleisquerungen. unabhängiger Bahnkörper bevorzugt um- • Leitungsmasten möglichst in der Mitte zwi- gesetzt werden. schen den Gleisen aufstellen. • Für Fußgänger sollten ausreichende und • Prüfen, ob hohe Warnbaken durch niedri- gesicherte Querungsstellen angelegt wer- gere Hinweisschilder ersetzt werden und/o- den. der weiter weg vom Bahnkörper aufgestellt • Gesicherte Querungen für Fußgänger soll- werden können. ten dort nachgerüstet werden, wo ein punk- • Gute Beleuchtung der Überwege im Zu- tueller Querungsbedarf festgestellt wird o- gangsbereich und der Fußgängerinseln. der wo sich häufiger kritische Situationen o- • Die Lichtfarbe der Leuchten gezielt aus- der Unfälle ereignen. wählen. Eine spezielle Zusammensetzung • Die Durchführung von Sicherheitsaudits bei der Lichtspektren könnte eine bessere Her- der Neu-, Um- oder Ausbauplanung wird vorhebung von Kontrasten ermöglichen. empfohlen. Audits sollten auch bei Be- standsanlagen durchgeführt werden, um 3.1.4.2 Signalisierung bestehende Sicherheitsdefizite zu erken- • Springlichter sollten nebeneinander, anstatt nen und beseitigen zu können. übereinander, angeordnet werden. • Neben Maßnahmen an der Infrastruktur • Entwicklung eines akustischen Warnsig- werden Vorschläge für weitere Forschungs- nals zusätzlich zu den Springlichtern.

67 Auszug aus den Empfehlungen mit Relevanz für den Fuß- und Radverkehr.

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• Durch Änderung der Signalisierungen und der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO). Fahrplanverschiebungen könnte erreicht Die Regelbauweisen der Umlaufsperren unterschei- werden, dass sich Bahnen möglichst selten den sich von den Bauweisen für Umlaufsperren an an Überwegen begegnen.68 Straßenbahnstrecken, da bei den Eisenbahnen ein zweifacher erzwungener Richtungswechsel vorge- 3.1.4.3 Verkehrszeichen geben wird. Grundsätzliche Erkenntnisse bezüglich • Verkehrszeichen sollten möglichst ohne der erforderlichen Abstände zwischen den Absperr- sprachliche Informationen gestaltet sein. gittern lassen sich jedoch auf Gleisquerungen im • Das dynamisierte Schild sollte an seiner Regelungsbereich der BOStrab übertragen, wes- vertikalen Achse gespiegelt verwendet wer- halb sie hier aufgeführt werden. Es wurden Umlauf- den (Bild 20), um verstärkt vor Bahnen zu sperren unterschiedlicher Bauform mit einem Ab- warnen, die von links kommen. stand der parallelen Absperrgitter von 1,30 m bis 0,90 m untersucht. In der Untersuchung wurde festgestellt: • Mit einzelnen geschobenen Fahrrädern können alle Umlaufsperren unterschiedli- cher Bauformen durchquert werden. Bei den älteren (schmaleren) Bauformen ist dies jedoch nur unter erschwerten Bedin- Bild 20: Sinnbild „Schienenverkehr“ nach StVO (links) und Er- gungen (Rangieren und Versetzen) mög- gänzungsvorschlag (rechts) (BAUER 1995) lich. 3.1.4.4 Markierung • Bei keiner der Bauformen sind die Radfah- rer gezwungen von ihrem Rad abzusteigen. • Deutliche und einheitliche Markierung aller Die Umlaufsperren können, zwar z. T. mit Gleisquerungen. Schwierigkeiten, dennoch sitzend auf dem • Markierungen mit einem hohen Anteil an Rad passiert werden. Reflexionskristallen, damit sich Fußgänger, • Ein Passieren der Umlaufsperren mit Fahr- die davor gehen, gut abheben. rädern mit Anhängern ist nicht möglich. • Auswahl eines Belages mit möglichst ho- Diese müssen vom Rad getrennt und sepa- hem Reflexionsgrad und einer Farbe, die rat über den Bahnübergang geschoben sich gut von der Umgebung abhebt. werden. 69 3.1.4.5 Weitere Gestaltungsmaßnahmen • Größere Elektromobile konnten sämtliche Bauformen nur mit erheblichem Ran- • Abstand zwischen Aufstellinsel und gieraufwand durchfahren. Schiene vergrößern, um eine „Pufferzone" zu erhalten. Verkehrsbeobachtungen an existierenden Bahn- • Streckengestaltung vor dem Überweg, um übergängen zeigten zudem, dass Radfahrer vor al- die Geschwindigkeitseinschätzungen durch lem bei geringen Durchgangsbreiten Schwierigkei- Passanten und Fahrer zu erhöhen. ten beim Passieren der Umlaufssperren hatten. Das Verhalten der Radfahrer wurde insgesamt als weni- 3.1.5 Gestaltung von Umlaufsperren ger sicher eingeschätzt, da aufgrund der Ablenkung durch die Fahraufgabe seltener und zu spät nach Hoefert (HOEFERT 2012; HOEFERT und SCHÖNE Schienenfahrzeugen Ausschau gehalten wird. Das 2012) hat Untersuchungen zum Verhalten von gegenüber Fußgängern schlechtere Blickverhalten Wegbenutzern an Bahnübergängen mit Umlauf- der Radfahrer70 ist anscheinend nicht ausschließ- sperren durchgeführt. Dabei hat er Versuchsauf- lich auf die Nutzungsschwierigkeiten zurückzufüh- bauten basierend auf Regelbauweisen erstellt und ren. Selbst konfliktfreies Manövrieren durch die Um- Fahrversuche mit Fahrrädern und Mobilitätshilfen laufsperren mit den Fahrrädern scheint die Auf- sowie Verhaltensbeobachtungen an drei bestehen- merksamkeit der Radfahrer stark zu beanspruchen. den Bahnübergängen mit Umlaufsperren durchge- führt. Die Untersuchungen basieren auf Bahnüber- Bei hohem Fußgänger- und Radverkehrsaufkom- gängen mit Umlaufsperren im Regelungsbereich men (z. B. durch Schülergruppen) kam es zudem zu gegenseitigen Behinderungen der Benutzer,

68 Dies lässt sich in Innenstädten aufgrund der dichten Fahrzeug- 70 Nur ca. 35 % bis 40 % der querenden Radfahrer wurde dabei folgen jedoch kaum realisieren. beobachtet, dass sie sich vor dem Queren der Gleise mit einem 69 Gemeint sind Krankenfahrstühle: Hilfsmittel mit elektrischem rechtzeitigen Blick auf den Gefahrenbereich absichern. Antrieb für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.

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wodurch das zügige Räumen des Gefahrenbe- Bodenmarkierungen, die zur Warnung der queren- reichs und damit auch die Sicherheit der Verkehrs- den Fußgänger auf der Konfliktfläche mit der Stra- teilnehmer beeinträchtigt wurden. Dies erhöhte die ßenbahn aufgebracht wurden, untersucht Räumzeit gegenüber den Festlegungen im techni- (NÜBOLD et al. 2014). schen Regelwerk. Mit einer Verdopplung der Um- Die Studie wurde zwar im Zusammenhang von laufsperre (zwei Ein- und Ausgänge) und der Ver- Gleisquerungen, die mit einem Fußgängerüberweg dopplung der Durchgangsbreite im Gefahrenbe- markiert waren, durchgeführt. Die Ergebnisse be- reich konnten die Behinderungen deutlich reduziert züglich der Wahrnehmung der Warnmarkierungen werden. Im Vergleich zu den Radfahrern hatten als solche lassen sich jedoch hinsichtlich einer An- Fußgänger unabhängig von der Bauform der Um- wendung im Allgemeinen übertragen. Sie sind da- laufsperre keine Schwierigkeiten. Sie verhielten mit auch im Rahmen der hiesigen Untersuchung sich größtenteils sicher. Der Anteil der Fußgänger, von Interesse. die sich vor der Querung der Gleise mit einem recht- zeitigen Blick auf den Gefahrenbereich absicherten, Auf der Konfliktfläche wurden die Gefahrschilder war deutlich höher als bei den Radfahrern (60 % bis „Strassenbahn“ [sic] gemäß der Schweizer Signali- 80 % aller beobachteten, querenden Fußgänger). sationsverordnung (Signal 1.18 gem. SSV) bzw. Abwandlungen von dieser aufgebracht (vgl. Bild HOEFERT resultiert, dass Umlaufsperren von den 21). Die Versuche ergaben, dass die Bodenmarkie- Verkehrsteilnehmern in Zukunft zunehmend als auf- rungen von den insgesamt 2.100 befragten Fuß- merksamkeitssteigerndes und weniger als behin- gängern mehrheitlich gut wahrgenommen und als derndes Element wahrgenommen werden müssten. Warnung vor den Straßenbahnen verstanden wur- Dafür empfiehlt er u. a. folgende Veränderungen: den. Über 50 % der Befragten gaben an, die Boden- • Vergrößerung der Durchgangsbreiten und markierungen bemerkt zu haben. Die Wahrneh- Bewegungsflächen zwischen den Umlauf- mung hing dabei auch von der Komplexität des Ver- sperren, kehrsumfeldes ab. Je verkehrsärmer die Straßen • die Durchgangsbreite sollte für die unbehin- mit Gleisquerungen waren, desto bessere Wahr- derte Benutzung an allen Stellen mindes- nehmungsquoten wurden erzielt. tens 1,50 m betragen, • die Durchgangsbreiten innerhalb der Um- laufsperre und die Wegbreite im Gefahren- bereich sollten identisch sein, um einen gleichmäßigen Verkehrsfluss sicherzustel- len, • Entfall der Überlappung zwischen quer an- geordneten Sperrelementen, • rechtwinklige Anordnung der Bewegungs- fläche vor dem Gefahrenbereich zum Gleis, • auffällige Markierung des Beginns des Ge- fahrenbereichs, • Festlegung von Einsatzgrenzen bezüglich der Spitzenbelastung, um Verkehrsbehin- derung mit Gefährdungen zu vermeiden, • Anordnung von Bodenindikatoren (Auf- Bild 21: Fußgängerüberweg mit zusätzlicher Warnmarkierun- gen „Straßenbahn“ auf den Gleisen in der Schweiz merksamkeits- und Richtungsfelder) vor 71 Beginn des Gefahrenbereichs. (Quelle: NÜBOLD et al. 2014) Die Vorranggewährung für die Straßenbahn wurde

von den Verkehrsteilnehmern anhand der Gefah- 3.1.6 Wahrnehmung von Warnmarkierungen rensignale richtig interpretiert. Lediglich ein kleiner Teil der Befragten folgten der falschen Annahme, Im Rahmen einer schweizerischen Studie bezüglich dass sie an Fußgängerüberwegen als Fußgänger der Sicherheit von Fußgängerüberwegen über Vorrang vor den Bahnen hatten. Mit zunehmender Gleisquerungen wurde u. a. die Wirksamkeit von Nutzung der markierten Gleisquerung wurde die

71 In Deutschland gilt: „Im Zuge von Straßen mit Straßenbahnen den Gleisraum mit versetzten Absperrungen abgeschrankt wer- ohne eigenem Bahnkörper sollen Fußgängerüberwege nicht an- den.“ (VwV-StVO zu § 26, Rn. 12) gelegt werden. Fußgängerüberwege über Straßen mit Schienen- bahnen auf eigenem Bahnkörper sollen an den Übergängen über

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Warnung vor den kreuzenden Bahnen von den Pas- wurde eine Nachuntersuchung durchgeführt. Die santen besser verstanden. Ergebnisse sind differenziert zu betrachten. Weiterhin ergab die Studie, dass aufgrund der Bo- Bei den Fußgängern über alle Altersgruppen be- denmarkierungen das Konfliktpotential zwischen trachtet haben sich praktisch keine Verbesserungen Fußgängern und Schienenfahrzeugen leicht ab- ergeben, wenn keine Bahn in der Haltestelle stand. nahm und dadurch die Sicherheit für die Fußgänger Für Situationen, in denen eine Bahn in der Halte- an den Gleisquerungen insgesamt erhöht wurde. stelle stand, konnte die Akzeptanz des Rotlichts Bei jugendlichen und älteren Fußgängern sowie bei merklich verbessert werden (von 14 % auf 54 % durch portable elektronische Geräte abgelenkten bzw. 58 %). Bei den Radfahrern unterschieden sich Personen konnte keine konfliktreduzierende Wir- die Situationen nicht signifikant. In der Gesamtbe- kung festgestellt werden. Zwischen den drei unter- trachtung ergab sich allerdings eine Verbesserung schiedlichen Maßnahmenvarianten waren keine von 30 % auf 55 % bzw. 57 % des Anteils der Rad- signifikanten Unterschiede nachweisbar. fahrer, welche das Rotlicht beachteten. Insgesamt wurde beobachtet, dass bewusst agierende Rotläu- Von den Autoren der Studie wurde angemerkt, dass fer sich umfangreicher absicherten, anschließend eine Bodenmarkierung nicht dasselbe präventive jedoch trotzdem die Gleise bei Rot querten. Niveau erreichen kann, wie bauliche Maßnahmen oder eine technische Sicherung. Der Vorteil von Bo- Ein weiteres System wurde im Probebetrieb an der denmarkierungen läge vor allem in der Kosteneffizi- Haltestelle „Mühlburger Tor“ installiert. Dort wurde enz sowie einer einfachen, landesweit einheitlichen allerdings ein Leuchtstreifen statt Einzelleuchten Umsetzung einer solchen Maßnahme. eingebaut (ka-news GmbH 06.06.2014). Der Leuchtstreifen blinkt während der Anzeige des Rot-

lichts des Signalgebers gelb (Bild 22). Der Probe- 3.2 Bodenwarnleuchten betrieb wurde bislang nicht abgeschlossen. Eine Evaluation der Maßnahme steht noch aus. Ein flä- In einigen wenigen Städten mit Straßenbahnbetrieb chendeckender Einsatz derartiger Systeme wird in Deutschland wurden in Pilotversuchen Boden- derzeit nicht gesehen (ka-news GmbH 2018). warnleuchten (Bodenampeln) an ausgesuchten Gleisquerungen getestet. Für drei dieser Pilotversu- che liegen Ergebnisse der Begleituntersuchungen vor. Bei Bodenwarnleuchten handelt es sich nicht um eine technische Sicherung im Sinne der BOStrab o- der StVO (vgl. Kap. 2.2.2). Bodenwarnleuchten ent- sprechen zudem nicht den straßenverkehrsrechtli- chen Vorschriften bezüglich der Ausführung von Lichtsignalen. 3.2.1 Karlsruhe

Ein Bodenwarnsystem an einer Gleisquerung in Deutschland wurde 2007 in Karlsruhe an der Halte- stelle ZKM installiert. Der Übergang war mit einer Lichtsignalanlage mit Signalbild Dunkel-Rot-Dunkel (einfeldiger Signalgeber) gesichert. Am Boden wur- den gelb-blinkende Warnlichter montiert, die paral- lel zum roten Lichtsignal geschaltet wurden. Die Wirkung der Bodenwarnleuchten wurde in einer Vorher-Nachher-Untersuchung analysiert. (HUP- Bild 22: Bodenwarnleuchten mit gelbem Signal und Lichtsignal FER et al. 2008) mit Signalisierung Rot (Karlsruhe) Die Gleisquerung, die direkt an der Haltestelle liegt, 3.2.2 Frankfurt am Main war vor Einbau der Bodenwarnleuchten gekenn- zeichnet durch einen hohen Anteil an Rotläufern (je Im Jahr 2010 wurden die Gleisquerungen an der nach Altersgruppe bis zu 86 %). Jeweils vier Wo- Haltestelle Lindenbaum in Frankfurt am Main umge- chen und 13 Monate nach Einbau der Leuchten baut. Die nördliche Gleisquerung wurde mit einem Leuchtpanel, die südliche Gleisquerung mit einem

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Leuchtstreifen ausgestattet. Diese waren parallel zur Signalisierung Rot-Dunkel geschaltet. Die Wir- kung der Umbaumaßnahmen inklusive Boden- leuchten wurde in einer Vorher-Nachher-Untersu- chung analysiert. (Köhler und Taubmann GmbH 2012) Die Erhebungen fanden 3 Monate und 15 Mo- nate nach dem Umbau statt. Kurz vor Durchführung der ersten Nacherhebung bzw. zwischen den beiden Nacherhebungen wur- den bauliche und signaltechnische Anpassungen an einer der Gleisquerungen vorgenommen. Daher ist das Ergebnis der vergleichenden Beurteilung für diese Gleisquerung nur bedingt aussagekräftig und wird hier nicht weiter dargestellt. (Köhler und Taub- mann GmbH 2012, S. 21) Für die zweite Gleisquerung, die mit dem LED- Leuchtstreifen ausgestattet wurde, zeigte sich im Vergleich zwischen Vor- und Nachuntersuchung zwar ein Rückgang der Rotläuferanteile von Bild 23: Bodenwarnleuchten an einer Gleisquerung in Köln ca. 20 % auf etwa 10 %, wobei der Anteil bei der zweiten Nachuntersuchung wieder geringfügig an- Bereits die Voruntersuchung zeigte, dass der Anteil stieg.72 Bezüglich des Rückgangs ist jedoch zu be- der Rotläufer teilweise sehr hoch lag (bis über rücksichtigen, dass im Zuge des Umbaus techni- 80 %). Die meisten Rotlichtverstöße wurden von sche Anpassungen an der Lichtsignalsteuerung Fußgängern begangen, die nach Durchfahrt einer vorgenommen wurden. So wurden die An- und Ab- Straßenbahn die Gleise querten, während aufgrund meldepunkte für die ein- und ausfahrenden Stra- der programmierten Räumzeiten noch Rotlicht an- ßenbahnen verlegt und die erforderlichen Zwi- gezeigt wurde. Auch nach Einbau der Bodenwarn- schenzeiten neu berechnet. Dadurch verkürzten leuchten zeigte sich keine Verbesserung bezüglich sich die Sperrzeiten und zwar insbesondere die An- der Akzeptanz des Rotlichts. Parallel zur Verkehrs- zeige des Rotlichts nach der Durchfahrt einer Stra- beobachtung durchgeführte Befragungen zeigten ßenbahn. Infolgedessen wurden entsprechend we- Hinweise darauf, dass sich die Aufmerksamkeit der niger Personen als Rotläufer erfasst, wenn sie nach Fußgänger am Übergang zwar teilweise erhöht der Durchfahrt einer Straßenbahn die Gleise quer- hatte; dies äußerte sich vor allem in der Form, dass ten. Die Anzahl der kurz vor einer Straßenbahn bei sich querende Fußgänger nach subjektiven Krite- Rot querenden Personen ist dagegen nicht signifi- rien bezüglich des Risikos einer Querung bei Rot- kant gesunken. licht verstärkt absicherten, sich dann aber dennoch regelwidrig verhielten. Unter objektiven Gesichts- Insofern ist festzustellen, dass sich die Effekte nicht punkten konnte das Risiko von Konfliktsituationen den Bodenwarnleuchten zuordnen lassen, da im somit nicht verringert werden. Zuge des Umbaus der Gleisquerungen weitere bau- liche und signaltechnische Maßnahmen umgesetzt 3.2.4 Augsburg worden sind. Im Frühsommer 2016 wurden an zwei Haltestellen 3.2.3 Köln im Augsburger Straßenbahnnetz Bodenwarnleuch- ten im Rahmen eines Pilotversuchs eingebaut. In Köln wurden im Jahr 2014 an drei Gleisquerun- (Stadtwerke Augsburg 19.04.2016) Die Bodenwarn- gen Bodenwarnleuchten eingebaut. Diese leuchte- leuchten ergänzen die vorhandenen Lichtsignale ten rot und das Signalbild war parallel zur Signali- mit Signalisierung Rot-Dunkel. Während der An- sierung Rot-Dunkel geschaltet (Bild 23). An zwei zeige des roten Lichtsignals blinken die Bodenwarn- der Gleisquerungen konnten Vorher-Nachher-Un- leuchten rot. Zum Zeitpunkt der Berichtslegung lag tersuchungen durchgeführt werden. (BOENKE et al. keine Evaluation des Systems vor. 2016).

72 Die Prozentangaben bilden das arithmetische Mittel der Er- gebnisse der beiden Erhebungstage.

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3.3 Ablenkung durch mobile Geräte landen auf den Gebrauch von Mobiltelefonen zu- rückzuführen sind. (GOLDENBELD et. al. 2010; In jüngerer Zeit spielt vor allem die Ablenkung durch WAARD et. al. 2010). Genaue Zahlen zur Benut- mobile elektronische Geräte (vor allem Smartpho- zung von Mobiltelefonen beim Radfahren lagen al- nes) im Straßenverkehr eine zunehmende Rolle in lerdings nicht vor. Aufgrund des Anteils der doku- der medialen Berichterstattung über Verkehrsun- mentierten Unfälle im Zusammenhang mit der Be- fälle. (KINAST und BOCH 2015; KIESEWETTER nutzung eines Telefons oder dem Musikhören so- 2015; KIESEWETTER und ECKARDT 2015; MÖHL wie Rückmeldungen über die Häufigkeit dieser bei- 2018). Auch im Zusammenhang mit Unfällen an den Tätigkeiten während des Radfahrens, wurde Gleisquerungen berichten Polizei und Verkehrsun- die Benutzung mobiler Geräte zum Telefonieren ternehmen nach Zusammenstößen zwischen Fuß- und Verfassen von Nachrichten insgesamt als die gängern und Radfahrern mit steigender Tendenz gefährlichere Ablenkung eingestuft. über ablenkende oder aufmerksamkeitsmindernde Tätigkeiten, z. B. die Benutzung von Smartphones oder Musikhören, die Verkehrsunternehmen bereits 3.4 Blick nach Europa Anlass zu eindringlichen Warnungen gaben (Rhein- bahn AG 07.08.2014). 3.4.1 Gestaltungsvorgaben In einzelnen Untersuchungen wurde bereits festge- 3.4.1.1 Normungsaktivitäten stellt, dass sich vor allem jugendliche Verkehrsteil- nehmer zunehmend mit elektronischen Geräten be- Einige europäische Länder haben keine separaten schäftigen. (DEKRA e. V. 08.04.2016; DVR 2017b, gesetzlichen Regelungen für den Betrieb von Stra- S. 11) Es gab bereits auch Experimente, in denen ßenbahnen mit Festlegungen für die Gestaltung die Auswirkungen durch die Benutzung von Kopfhö- und Ausstattung von Bahnübergängen bzw. Gleis- rern und Musikhören auf die Wahrnehmung von querungen für Fußgänger und Radfahrer. Harmoni- Verkehrsgeräuschen und die Reaktionsfähigkeit un- sierte europäische Regelungen sind nicht in Sicht. tersucht wurde. (PARIDON und SPRINGER 2012) Die durch das EU Mandat M/486 ausgelöste Nor- mungsaktivität für „Urban rail " bezieht sich lediglich In jüngerer Zeit haben sich bereits unterschiedliche auf die Normung von Fahrzeug- und Betriebsanla- Forschungsvorhaben mit dem Einfluss der Benut- genkomponenten. Basis für die Normungsarbeit ist zung von Mobiltelefonen auf das Verhalten der Ver- der Guide 26 von CEN und CENELEC. kehrsteilnehmer beschäftigt und auch einen Ein- fluss feststellen können. Allerdings stehen die Stu- 3.4.1.2 Beispiel Großbritannien dien dazu aufgrund relativ geringer Datenlage noch Regelwerke für die Gestaltung von Bahnübergän- am Anfang. gen in anderen Ländern beziehen sich oftmals vor- Laut einer amerikanischen Studie stieg der Anteil rangig auf Bahnübergänge von Straßen mit Kraft- der Fußgänger, die während der Benutzung eines fahrzeugverkehr über Eisenbahnstrecken. Diese Mobiltelefons im Straßenverkehr in den USA tödlich Regelwerke sind für diese Untersuchung kaum verunglückten, von 1 % im Jahr 2004 auf 3,6 % im übertragbar. Jahr 2010 (FISCHER 2015). Es konnte jedoch nicht In einigen Ländern gibt es allerdings nationale Re- direkt festgestellt werden, dass die Benutzung des gelungen, die auch den Fuß- und Radverkehr be- Telefons während des zu Fuß Gehens grundsätz- rücksichtigen und entsprechende Gestaltungshin- lich zu einem höheren Unfallrisiko führt (NEIDER et. weise mit dem Ziel einer nationalen Standardisie- al. 2010).73 Es wurde allerdings nachgewiesen, rung geben. Beispielhaft werden im Folgenden die dass sich Fußgänger während der Benutzung des Vorgaben für Großbritannien zusammengefasst. Mobiltelefons weniger sicher verhalten (z. B. gerin- Dort gelten für die Gestaltung und Sicherung von gere Aufmerksamkeit, reduzierte Schrittgeschwin- Bahnübergängen u. a. folgende Regelwerke und digkeit, längere Überquerungszeit auf Straßenkreu- Richtlinien: zungen, Zusammenstoß mit Hindernissen usw.). (FISCHER 2015) • Road Traffic Regulation Act (von 1984 & 1988), Zwei niederländische Studien fanden heraus, dass • Construction (Design and Management) ca. 3 % bis 4 % der Radfahrunfälle in den Nieder- Regulations 1994,

73 Möglicherweise wurden aufgrund der in den letzten Jahren hö- der medialen Berichterstattung zu diesem Thema in den zurück- heren Sensibilität im Zusammenhang mit diesem Thema genau- liegenden Jahren offensichtlich deutlich zugenommen hat (s. o.). ere Daten bei der Unfallaufnahme erhoben. Ähnliche Effekte können für Deutschland vermutet werden, da auch der Umfang

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• Traffic Signs Regulations and General Di- • Bei unzureichender Sicht auf heranfah- rections 2002. rende Bahnen an Fußgängerübergängen über unabhängigen Bahnkörpern, sollten Das Office of Rail Regulation (ORR) hat 2006 zu- die Straßenbahnfahrer durch ein akusti- dem einen Leitfaden für Straßenbahnstrecken her- sches Signal warnen (vgl. section 65). Gute ausgebracht (ORR 2006), der die Standardisierung Sichtverhältnisse auf dem Bahnübergang von Elementen im Zusammenhang mit Straßen- müssen sowohl für die Fußgänger als auch bahnverkehr zum Ziel hat. Ein ergänzender Leitfa- für das Fahrpersonal der Straßenbahnen den beschäftigt sich ausschließlich mit der Sicher- sichergestellt werden. heit von Fußgängern an Gleisquerungen und nennt • Die Signalisierung an Bahnübergängen weitere Aspekte zur Erhöhung der Sicherheit an sollte visuell, akustisch und taktil erfolgen derartigen Gleisquerungen. Die Anwendung der (vgl. sections 66, 70-72). beiden Leitfäden ist allerdings nicht obligatorisch. Wenn notwendig, sollte der Bahnübergang mit ei- Im „Guidance on tramways“ heißt es unter ande- ner Umzäunung oder einem Schutzgeländer für rem: Fußgänger gesichert werden, um den Blick der Fußgänger vor Überqueren der Bahngleise auf die • Bahnübergänge, die von vielen Fußgän- einfahrende Bahn zu lenken oder sie auf die Licht- gern überquert werden, müssen über abge- signalanlage aufmerksam zu machen. Es müssen senkte Borde sowie eine taktile Kennzeich- jedoch nicht alle Bahnübergänge, die von Fußgän- nung verfügen. Die Gleisquerungen müs- gern überquert werden, signalisiert werden. sen so gestaltet sein, dass sie für Fußgän- ger ganz offensichtlich die sicherste Über- An Bahnübergängen in Großbritannien kommt querungsmöglichkeit darstellen und diese häufig das in Bild 24 dargestellte Hinweisschild mit dazu ermutigen, die Bahngleise an der de- 74 finierten Stelle zu überqueren (vgl. sec- der Aufschrift „Tramway - look both ways“ zum tion 59). Einsatz. Das Schild wird auch in Irland in einer • An Bahnübergängen sollten klar erkenn- ähnlichen Variante eingesetzt (Bild 25). Dieses bare Gestaltungsmerkmale vorhanden Schild soll Fußgänger und Radfahrer darauf auf- sein, wie z. B. Beschilderung, eine Signal- merksam machen, dass sie vor dem Überqueren einrichtung für Fußgänger, abgesenkte der Bahngleise sowohl nach rechts als auch links Borde sowie Bepflanzung, um die Benut- schauen, um sich abzusichern. Dieses Schild sollte zung der sicheren Gleisquerungen durch an Unfallschwerpunkten, wie z. B. an ausgewähl- die Fußgänger zu fördern (section 60). ten Stellen von Schulwegen o. Ä. eingesetzt wer- • Die Gleisquerungen der Straßenbahnen den. und die der angrenzenden Fahrbahnen sollten auf einander abgestimmt werden. Bei unabhängigen Bahnkörpern werden die Gleisquerungen der Straßenbahn und der Fahrbahn vollständig voneinander getrennt. Bei straßenbündigen Bahnkörpern müssen die Vorschriften für Fußgängerüberwege berücksichtigt werden (section 61). • Alle Bahnübergänge sind so zu gestalten, dass sie auch für Menschen mit Mobilitäts- einschränkung und Sehbehinderung sicher zu überqueren sind (section 62). • Unzureichend gesicherte Bahnübergänge sind mit speziellen Fußgängersignalen (nach Bedarf in Kombination mit anderen Signalen) auszustatten. Die Signalisierung hängt im Allgemeinen von der Übersicht am Bild 24: Beschilderung am Bahnübergang in England mit der Bahnübergang sowie der Frequentierung Aufschrift „Tramway – look both ways“ (Quelle: ORR durch Fußgänger- und Straßenverkehr ab 2016) (vgl. section 63).

74 „Straßenbahn – in beide Richtungen blicken“.

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durch den Fahrgast bzw. andere Fahrgäste über ei- nen Personenschaden informiert wird und anschlie- ßend eine Unfallaufnahme durch die Polizei stattfin- det. Vermutlich gibt es hier allerdings eine Dunkel- ziffer, insbesondere bei leichteren Verletzungen. . Werden die Unfälle mit Dritten betrachtet, so sind Unfälle mit Kraftfahrzeugen mit Abstand am häu- figsten vertreten (ca. 70%). Unfälle mit Fußgängern treten deutlich seltener auf (ca. 18%). Wird aller- dings die Anzahl der Unfallopfer verglichen, so sind diese Anteile bei Fußgängern ähnlich wie bei den Unfällen mit Kraftfahrzeugen (jeweils ca. 40%). Bild 25: „Look both ways“–Variante aus Irland Eine weitere Auswertung der Unfalluntersuchung Das Schild kann auch in Kombination mit einer aus Frankreich bezieht sich auf die Untersuchung- Signalisierung zum Einsatz kommen, wenn die sorte. Dort fällt auf, dass die häufigsten Unfälle an Gleisquerung von einer hohen Anzahl Fußgängern einfachen Knotenpunkten auftreten (ca. 33%). Un- passiert wird. Bei dem Signal handelt es sich um fälle an Gleisquerungen für Fußgänger und Radfah- ein gelbes Blinklicht mit zwei übereinander ange- rer treten hingegen in nur weniger als 10% der Fälle auf. Allerdings ist innerhalb der Untersuchungsjahre ordneten Signalgebern (entsprechend dem in eine steigende Tendenz der Unfälle an Gleisque- Deutschland verwendeten Springlicht). rungen erkennbar (von ca. 5% in 2004 zu ca. 8% in 2013). 3.4.2 Unfallforschung – Beispiel Frankreich Unfälle an Gleisquerungen für Fußgänger und Rad- Das Ministerium für Ökologie, Nachhaltigkeit, Ent- fahrer sind ein eher seltenes Ereignis, wenn die ab- wicklung und Energie in Frankreich hat in einer solute Anzahl der Gleisquerungen der Anzahl der 2015 veröffentlichten Studie die Unfallursachen mit Unfälle gegenübergestellt wird. So sind im Untersu- Straßenbahnen in Frankreich zwischen den Jahren chungsraum der Studie 5.445 Gleisquerungen un- 2004 – 2013 untersucht. tersucht worden, allerdings sind nur, bezogen auf die absolute Anzahl der Unfälle an Gleisquerungen, Grundlage der Untersuchung sind 63 Straßenbahn- in 0,12 Fällen Unfälle an Gleisquerungen für Fuß- linien in 26 Gebieten Frankreichs. Dabei haben sich gänger und Radfahrer aufgetreten. (LABONNEFON innerhalb der Untersuchungsjahre die Anzahl der und PASSELAGUE 2015) Linien fast verdreifacht.

Bei der Betrachtung der Unfallkategorien fällt auf, dass Unfälle aufgrund von Kollisionen der Straßen- 3.5 Zusammenfassung bahn mit Dritten (zwischen 72% und 65% mit abstei- gender Tendenz) und Unfälle mit Fahrgästen (zwi- Die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen zur Si- schen 22% und 32% mit aufsteigender Tendenz) cherheit für Fußgänger und Radfahrer an Gleisque- am häufigsten auftreten. Die absteigende Tendenz rungen über unabhängige oder besondere Bahn- der Unfallzahlen aufgrund von Kollisionen der Stra- körper der Straßenbahn lassen den Schluss zu, ßenbahnen mit Dritten hängt vor allem damit zu- dass diese Stellen in der Regel sicher sind. Insge- sammen, dass das Verkehrsmittel „Straßenbahn“ samt konnten nur wenige Interaktionen zwischen damals neu und somit für die Verkehrsteilnehmer querenden Personen und Straßenbahnen beobach- ungewohnt war. Wird hingegen die Anzahl der Op- tet werden, die auf Basis der jeweils gewählten Kri- fer betrachtet, so wird deutlich, dass deutlich mehr terien als kritisch eingestuft wurden. Naturgemäß Passagiere in der Straßenbahn verletzt werden, als nimmt die Anzahl der Interaktionen mit steigender die Beteiligten bei Unfällen zwischen einer Straßen- Verkehrsstärke bei Straßenbahnen und Fußgän- bahn und Dritten. Häufigste Ursache für Verletzun- gern oder Radfahrern zu. Nur sehr wenige der er- gen in der Straßenbahn sind Gefahrenbremsungen. fassten Interaktionen wurden allerdings überhaupt Es muss im Rahmen dieser Arbeit allerdings offen- als kritisch eingestuft. bleiben, wie viele Personen in Deutschland in Folge Fußgänger und Radfahrer tragen bei Unfällen mit von Gefahrenbremsungen in der Bahn verletzt wer- Straßenbahnen naturgemäß überproportional häu- den. Zwar werden die Unfälle in der Regel polizei- fig schwere Verletzungen davon. Sie sind in der Re- lich erfasst. Dies aber nur, wenn das Fahrpersonal gel auch Hauptverursacher bei diesen Unfällen, die häufig Folge von Regelmissachtungen sind.

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Bezüglich der Sicherheit konnten allerdings insge- nicht zu einer objektiv höheren Sicherheit führte, da samt keine signifikanten Unterschiede zwischen die Personen trotzdem die Gleise bei Rot querten. signalisierten und nicht signalisierten Gleisquerun- Auf europäischer Ebene gibt es derzeit keine Aktivi- gen festgestellt werden. Ebenso wurden keine Un- täten bezüglich einer Standardisierung der Ausstat- terschiede zwischen einer Signalisierung mit Rot- tung und Sicherung von Gleisquerungen über licht oder einer Signalisierung mit Warnlicht (Gelb- Bahnkörper der Straßenbahn. Einige Länder, z. B. blinken) festgestellt. Um die Akzeptanz von Licht- Großbritannien, haben Leitfäden mit Hinweisen für signalen an Gleisquerungen zu verbessern und ein- eine Standardisierung in ihrem Regelungsbereich deutig interpretierbare Reglungen zu erzielen, soll- veröffentlicht. Die Anwendung dieser Standards ist ten die Lichtsignale möglichst spätestens unmittel- allerdings freiwillig. bar nach Räumen der Konfliktfläche durch die Stra- ßenbahn erlöschen, sofern sich keine Bahn aus der Gegenrichtung nähert. Bei Gleisquerungen an Hal- testellen sollte die Anzeige eines Lichtsignals auf 4 Gleisquerungen im Bestand Situationen beschränkt werden, wenn eine Bahn über die Gleisquerung in die Haltestelle einfährt. 4.1 Straßenbahnverkehr in Deutsch- Kritische Situationen treten häufiger im Zusammen- land hang mit Querungen von anliegenden Fahrbahnen bei Gleisen in Mittellage auf. Daher werden Gleis- In Deutschland wird auf die Betriebssitze der Ver- querungen über unabhängige Bahnkörper oder in kehrsunternehmen bezogen in 58 Städten eine Seitenlage als sicherer eingestuft, da dort diese Schienenbahn zur Personenbeförderung im Sinne Konflikte nicht oder seltener auftreten. Insgesamt der Verordnung über den Bau und Betrieb der Stra- sollten Fahrbahnquerungen im Zulauf zu einer ßenbahnen betrieben (vgl. Kap. 2.1). Die jeweiligen Gleisquerung gesichert werden. Bei einer Signali- Streckennetze können dabei über die Stadtgrenzen sierung ist darauf zu achten, dass keine Verwechs- hinausreichen, sodass der Straßenbahnbetrieb in lungsgefahr hintereinander folgender Lichtsignale mehr Städten stattfindet. In Hamburg (nur U-Bahn) besteht. und in Wuppertal (Schwebebahn) werden nur voll- ständig unabhängige Bahnen betrieben. Somit ver- Umlaufsperren sollten mit ausreichendem Abstand bleiben 56 Städte und Gemeinden mit Straßen- zueinander aufgestellt werden; vor allem, wenn die bahnbetrieb, die im Rahmen der Aufgabenstellung Gleisquerung durch den Radverkehr, Menschen mit des Forschungsvorhabens kontaktiert wurden (Bild Mobilitätseinschränkung und Hilfsmitteln oder star- 26). ken Personenströmen genutzt wird. Augsburg*, Bad Schandau, *, Bielefeld*, Warnmarkierungen können eine Maßnahme sein, Bochum/ (Gelsenkirchen)*, Bonn, Brandenburg die Aufmerksamkeit von Fußgängern und Radfah- an der Havel, Braunschweig*, Freie Hansestadt rern beim Queren der Gleise zu erhöhen. Sie erset- Bremen*, Braunschweig*, Chemnitz*, Cottbus, zen jedoch keine baulichen Maßnahmen oder eine Darmstadt, Dessau-Roßlau*, Dortmund*, Dres- technische Sicherung. den*, Düsseldorf*, Duisburg, Erfurt*, Essen, Für die Verwendung von Bodenwarnleuchten lässt Frankfurt (Oder), Frankfurt am Main*, Freiburg*, sich feststellen, dass die bisher an Gleisquerungen Gera, Görlitz, Gotha, Halberstadt, Halle an der umgesetzten und evaluierten Systeme die Erwar- Saale, Hannover*, Jena*, Karlsruhe*/ (Heil- tungen bezüglich einer wirksamen Verringerung bronn)**, Kassel*, Köln*, Krefeld*, Leipzig*, Mag- des Anteils der Rotläufer in der Regel nicht erfüllen deburg*, Mainz*, Mannheim/ (Ludwigshafen/Hei- konnten. Teilweise konnten die beobachteten Wir- delberg), Mülheim an der , München*, kungen aufgrund von Maßnahmenbündeln nicht Naumburg (Saale), Nordhausen*, Nürnberg*, den Bodenwarnleuchten zugeordnet werden. Zu- Oberhausen, Plauen, Potsdam, Rostock*, Saar- dem bestehen teils technische Probleme bezüglich brücken*, Schöneiche/ Rüdersdorf, Schwerin, der Einbindung in die Signalsteuerung. Wenn in sel- Strausberg, Stuttgart*, Ulm, Woltersdorf, Würz- tenen Fällen Verbesserungen beobachtet wurden, burg*, Zwickau* war dies nur in bestimmten Situationen der Fall. * Rückläufer aus der Befragung (vgl. Kap. 4.2) Konstatiert wurde teils eine Rückmeldung über eine ** Straßenbahnbetrieb durch Verkehrsbetriebe Karlsruhe höhere Aufmerksamkeit für das Rotlicht, was jedoch Bild 26: Städte mit Straßenbahnbetrieb75 im Verkehrsraum öf- fentlicher Straßen in Deutschland

75 Bezogen auf den Unternehmenssitz des Betreibers.

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Die jeweiligen Straßenbahnsysteme unterscheiden Auswertung stützt sich insofern zu überwiegend auf sich bezüglich der Größe des Streckennetzes, der die Angabe von Schätzwerten (absolut oder antei- auf dem Netz abgewickelten Verkehrsleistung so- lig). wie des Ausbaustandards teils deutlich. 4.2.1 Bauformen und Regelbauweisen

Bei der Erhebung ließ sich nur zwischen der gerad- 4.2 Formen der Umsetzung und Aus- linigen Ausführung sowie Bauformen mit erzwunge- stattung nem Richtungswechsel (Z-Form oder Versatz) un- terscheiden. Eine weitere Unterteilung zwischen Die Bauformen und die Ausstattung (z. B. techni- den unterschiedlichen Formen eines erzwungenen sche Sicherung) von Gleisquerungen über Bahn- Richtungswechsels war nicht mehr möglich. körper der Straßenbahnen wurden im Rahmen ei- ner Befragung der Verkehrsunternehmen und Kom- Die Auswertung lässt den Schluss zu, dass im über- munen erhoben (vgl. Anhang). Die Erhebung wurde wiegenden Teil der Kommunen im Bestand geradli- durch eigene Ortsbesichtigungen ergänzt. Diese nige Gleisquerungen vorhanden sind. In einigen Besichtigungen folgten keinem systematischen Städten (Berlin, Karlsruhe, Köln, Stuttgart) werden Prinzip, sondern wurden zusätzlich außerhalb des allerdings bereits seit vielen Jahren Gleisquerungen geplanten Arbeitsprogramms durchgeführt, wenn mit erzwungenem Richtungswechsel als Standard- sich infolge eines Stadtbesuchs die Gelegenheit zu lösung umgesetzt, sodass zum Zeitpunkt der Befra- einer Besichtigung ergab. gung (2016) bereits der überwiegende Anteil der Gleisquerungen in diesen Städten entsprechend Aufgrund der teils unterschiedlich geregelten Zu- ausgeführt war. ständigkeiten wurden mit der Befragung jeweils beide Parteien direkt angesprochen und davon in Neun Städte meldeten zurück, dass sie bereits Kenntnis gesetzt, dass die jeweils andere Partei heute Regelbauweisen für Gleisquerungen erarbei- denselben Fragebogen erhalten hätte. Ziel dieses tet hätten, welche bei Neu- und Umbauten ange- Vorgehens war es, den Bearbeitungsaufwand für wendet würden. Dabei sind situationsbedingte An- alle Beteiligten durch die Möglichkeit zur Koopera- passungen allerdings nicht ausgeschlossen. Zwei tion gering zu halten. Städte wenden derartige Regelbauweisen bereits seit ca. 20 Jahren an. Die übrigen Regelbauweisen Insgesamt wurden von den 56 Städten, in denen ein wurden innerhalb der letzten 10 Jahre erarbeitet. Betriebssitz eines Straßenbahnunternehmens liegt, Eine weitere Kommune erarbeitet derzeit (2016) aus 31 Städten (55 %) Daten rückgemeldet (vgl. Regelbauweisen. Bild 26). In zwei dieser Fälle wurde der Beantwor- tung der Fragen vorzeitig abgebrochen, sodass nur Die Regelzeichnungen werden in den Kommunen Teilgebiete ausgewertet werden konnten. mindestens in Zusammenarbeit zwischen Straßen- baulastträger und Verkehrsunternehmen erstellt. In Der Fragebogen76 war in mehrere Schwerpunktbe- einzelnen Fällen werden die Polizei, die TAB oder reiche gegliedert: Vertreter der behinderten Menschen beteiligt. • Allgemeine Informationen (Kontaktdaten), Nach den Angaben der Befragten haben die Regel- • Bauformen und Regelbauweisen (Kap. bauweisen bis auf einen Fall Gültigkeit für das ge- 4.2.1), samte Streckennetz und somit ggf. auch über das • Verwendung von Lichtsignalen und deren Stadtgebiet des Betriebssitzes (Verkehrsunterneh- Steuerung (Kap. 4.2.2), men) hinaus. • Verkehrszeichen und Markierungen (Kap. 4.2.3), • Barrierefreiheit (Kap. 4.2.4), 4.2.2 Verwendung von Lichtsignalen • Unfallsituation und Sicherheit (Kap. 4.2.5) sowie Auf Basis der Rückmeldungen (Schätzdaten) wurde • Fahrzeuge (Kap. 4.2.6). eine qualitative Einstufung hinsichtlich des Anteils Die Auswertung zeigte, dass bei Verkehrsunterneh- und der Ausführung der signalisierten Gleisquerun- men oder Baulastträgern in der Regel keine konkre- gen vorgenommen. Eine weitere Unterteilung be- ten Zahlen über die Anzahl, die Form, Sicherung züglich möglicher Unterschiede der Ausstattung an und Ausstattung der Gleisquerungen vorliegen. Die

76 Der Fragebogen ist im Anhang zu diesem Forschungsbericht enthalten. Dieser Anhang wurde in einer gesonderten Datei aus- schließlich elektronisch (Pdf-Format) veröffentlicht.

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unabhängigen oder besonderen Bahnkörpern war auf Basis der Daten in der Regel nicht möglich. Eine Sicherung von Gleisquerungen mit Lichtsigna- len kommt – unabhängig von der Bauform – insbe- sondere in den Groß- und Mittelstädten verstärkt zum Einsatz. 4.2.2.1 Art der Signalisierung der Gleisque- rung Zwanzig Städte gaben an, die Gleisquerungen für Fußgänger, die nicht an einem beschrankten Bahn- übergang liegen, mit GELBEM Blinklicht zu signali- sieren. Neun Städte gaben an, dieses Signalbild mit Ausnahme sehr weniger Altanlagen (Einzelfälle) mit Bild 28: Beispiel für ein Springlicht mit nebeneinanderliegen- abweichendem Signalbild, praktisch ausschließlich den Signalgebern, 200 mm Leuchtfelddurchmesser zu verwenden77. Es handelt sich in der Regel immer (Leipzig) um ein zweifeldiges Signal (Springlicht). In den Das Signalbild ROT-DUNKEL verwenden 21 Städte meisten Fällen (14) werden die beiden Signalgeber (68 %); neun Städte gaben an, diese Form der Sig- übereinander angeordnet (Bild 27), seltener neben- nalisierung mit Ausnahme sehr weniger Altanlagen einander (Bild 28). Innerhalb einer Stadt können praktisch ausschließlich77 einzusetzen. Beim Sig- auch beide Formen zum Einsatz kommen. Auf den nalbild ROT-DUNKEL werden überwiegend zweifel- Leuchtfeldern ist in der Regel ein Straßenbahnpik- dige (14 Fälle, Bild 29), aber auch einfeldige (7 togramm aufgebracht, wie in der RiLSA beschrie- Fälle, Bild 30) Signalgeber eingesetzt.78 In Magde- ben (Kap. 2.2.3.3) . burg erfolgt die ROT-DUNKEL-Signalisierung zwar mit zwei Signalgebern, teilweise aber mit Anzeige von GELB vor ROT (Signalfolge DUNKEL-GELB- ROT-DUNKEL, Bild 31).

Bild 27: Beispiel für ein Springlicht mit übereinanderliegenden Signalgebern, 200 mm Leuchtfelddurchmesser (Kas- sel) Bild 29: Beispiel für ROT-DUNKEL-Signalisierung mit zweifel- digem Signalgeber, 200 mm Leuchtfelddurchmesser (Schwerin)

77 Die Anlagen werden bei Erneuerung durch Anlagen mit der 78 In einigen Fällen blieb unklar, ob das Signal ROT-DUNKEL aktuellen Signalisierungsform ersetzt. nicht ausschließlich bei beschrankten Bahnübergängen Verwen- dung findet.

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Bild 32: Beispiel für ROT-GRÜN-Signalisierung (Berlin)

Bild 30: Beispiel für ROT-DUNKEL-Signalisierung mit einfeldi- gem Signalgeber, 300 mm Leuchtfelddurchmesser (Karlsruhe)

Bild 33: Beispiel für ROT-GRÜN-Signalisierung (Frankfurt am Main) Verwenden Städte regelmäßig unterschiedliche Signalisierungsformen, dann gibt es dafür in der Re- gel zwei Gründe: • Es erfolgt eine Umstellung von einer auf die jeweils andere Signalisierungsform, die noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Dies war der Fall in Braunschweig (Umstel- lung von GELBBLINKEN auf ROT-DUN- Bild 31: Beispiel für Signalfolge DUNKEL-GELB-ROT-DUN- KEL), Dortmund (Umstellung von ROT- KEL, 200 mm Leuchtfelddurchmesser (Magdeburg) DUNKEL auf GELBBLINKEN) und Frank- furt am Main (Umstellung von ROT-GRÜN In Berlin werden signalisierte Gleisübergänge über auf ROT-DUNKEL). unabhängige oder besondere Bahnkörper aus- • Die Aufstellung erfolgt in Abhängigkeit der schließlich mit dem Signalbild ROT-GRÜN ausge- Einbindung der Signalisierung in das Um- stattet (Bild 32). Frankfurt am Main verwendet an feld (z. B. am Knotenpunkt) bzw. in Abhän- einigen Übergängen ebenfalls Rot-Grün (Bild 33). gigkeit der Signalisierung für die Straßen- Neuere Anlagen werden aber mit Rot-Dunkel signa- bahn. lisiert. So werden die Springlichter beispielsweise nur auf der freien Strecke eingesetzt, wenn die Sicherung durch Übersicht erfolgt und die Signalisierung unter- stützend wirken soll, während am Knotenpunkt bei gleichzeitiger Signalisierung mit Fahrsignalen für

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den Straßenbahnverkehr (vgl. Kap. 2.2.2) eine Sig- Leuchtfelddurchmesser von 200 mm verwendet. nalisierung Rot-Dunkel (z. B. Dresden) oder Rot- Dies entspricht dem Regelfall nach RiLSA. Grün (z. B. München, Bild 34) für den querenden In drei Kommunen mit Rotlichtsignalen (Bremen, Fußverkehr eingerichtet wurde. Ein anderer Anwen- Karlsruhe, Köln) werden generell die größeren dungsfall besteht darin, dass Gelbblinken zwar den Leuchtfelddurchmesser (300 mm) eingebaut (vgl. Standardfall darstellt, im Zuge von unabhängig ge- Bild 29, Bild 30). In Bielefeld installiert man diese führten Strecken mit Zugsicherungsbetrieb und Bü- auch beim Springlicht, wobei vormals einfeldige Signalen (vgl. Kap. 2.2.2) aber eine technische Si- Signalgeber mit 200 mm Leuchtfelddurchmesser cherung nach BOStrab erfolgt (z. B. Leipzig, Jena). verwendet wurden. In Rostock rüstet man ebenfalls Daraus ergibt sich für diese Bahnübergänge die von einfeldigen Signalgebern mit Gelbblinken auf Verwendung von Rot-Dunkel, da Gelbblinken hier zweifeldiges Springlicht um, weil man sich eine grö- nicht zulässig wäre. ßere Aufmerksamkeit an den Gleisquerungen durch das Springlicht verspricht. Die größeren Leuchtfelddurchmesser werden von den EAÖ generell zur Erhöhung der Aufmerksam- keit empfohlen. Die RiLSA empfiehlt diese situati- onsbedingt dann, wenn die Auffälligkeit der Signale gezielt erhöht werden soll (vgl. Kap. 2.2.3). Ledig- lich drei Städte (Bochum, Bielefeld, Rostock) gaben allerdings an, dass sie beide Leuchtfelddurchmes- ser einsetzen und dies situationsspezifisch tun. Vier Städte meldeten zurück, dass sie zusätzlich ein zweites Lichtsignal in geringer Höhe einsetzen (Bild 35). Diese Signale verfügen über einen Leuchtfeld- durchmesser von in der Regel 100 mm. In zwei Städten (Düsseldorf und Freiburg) erfolgt die An- bringung im Allgemeinen an allen Gleisquerungen (ggf. bei der Erneuerung bzw. beim Neubau). In Bremen und Karlsruhe werden die niedrigen Licht- Bild 34: Signalisierung der Gleisquerung mit ROT-GRÜN im Zuge einer signalisierten Querung an einem Knoten- signale in der Regel dann eingesetzt, wenn Radver- punkt (München) kehr über eine signalisierte Gleisquerung geführt wird. Dies soll die Erkennbarkeit der Gleisquerung Bei der Signalisierungsform GELBBLINKEN wer- bzw. des Signalbildes insbesondere für diese den in der Regel invertierte Leuchtfelder verwendet Gruppe verbessern (höhere Geschwindigkeit, ver- und dies in Kombination mit dem Piktogramm „Stra- änderter Blickwinkel). ßenbahn“ auf gelbem Grund“ (vgl. Bild 7, Bild 8). Bei Signalen mit ROT-DUNKEL scheint dies selte- ner der Fall zu sein. Beispiele für regelmäßige An- wendungen invertierter Leuchtfelder finden sich in Karlsruhe und Köln. Vorteil dieser Gestaltungsform werden durch den höheren Anteil der leuchtenden Fläche und eine damit verbesserte Wahrnehmbar- keit oder erhöhte Aufmerksamkeit querender Perso- nen gesehen (Bild 29, Bild 30). In Köln werden die invertierten Schablonen nach einem Pilotversuch erst seit dem Jahr 2015 eingesetzt. Eine Vorher- Nachher-Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass sich Effekte auf das Verhalten querender Fußgän- ger (Rotlichtakzeptanz) ergeben können (BOENKE et al. 2016). Allerdings konnten keine Langzeitwir- kungen überprüft werden. In den meisten Fällen (79 % der Antworten) wird für die Signalgeber an den Gleisquerungen unabhän- gig von der Signalisierungsform ausschließlich ein Bild 35: Gleisquerung mit Zusatzsignalgebern in geringer Höhe (Düsseldorf)

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Die meisten Städte (59 %) gaben an, dass sie die dass sie grundsätzlich einen größeren Zeitvor- Lichtsignalmasten situationsabhängig ausrichten, sprung geben.79 sodass die Lichtsignale immer in Überquerungsrich- Bezüglich der Freigabe der Furt nach Überfahrt der tung zeigen. In den übrigen Fällen erfolgt immer Konfliktfläche durch die Straßenbahn wurde in der eine Ausrichtung senkrecht zur Gleisachse, unab- Regel angegeben, dass das Signal für den Querver- hängig von der Form der Gleisquerung (z. B. Z- kehr nach Ablauf der rechnerischen Zwischenzeit Form) und der damit verbundenen Blick- und Lauf- nach RiLSA erlischt. Dabei wird oftmals zusätzlich richtung. ein Abmeldepunkt zur Kontrolle verwendet, um si- 4.2.2.2 Signalisierung für die Straßenbahn cher zu gehen, dass die Bahn die Konfliktfläche be- reits erreicht hat bzw. diese bereits belegt. Dieser Die Sicherung für die Straßenbahn an unabhängi- Schaltung liegt der Gedanke zugrunde, dass die gen Bahnkörpern bzw. technisch gesicherten Bahn- durch die Straßenbahn belegte Konfliktfläche nicht übergängen ergibt sich aus den Vorgaben der durch einen querenden Fußgänger oder Radfahrer BOStrab mit Bü-Signalen oder Fahrsignalen (vgl. betreten wird. Damit wird sichergestellt, dass die Kap. 2.2.2). Zugspitze in der Regel bereits das Ende der Kon- Bei der Verwendung des Warnlichts (Gelbblinken) fliktfläche erreicht hat, bevor eine Freigabe für den sollen in der Regel das Fahrsignal F 0 oder ein Quit- Fußverkehr erfolgt. Diese Regelungen entsprechen tierungssignal verwendet werden (Kap. 2.2.3.3). der in der RiLSA genannten Sorgfaltspflicht unter Zwei Städte (mit Signalisierungsform Gelbblinken) der Annahme, dass „lange und große Fahrzeuge gaben entsprechend an, dem Fahrpersonal wäh- beim Räumen [...] in ihrer ganzen Länge erkannt rend der Zeiten ohne Warnsignal für den querenden werden und ihr Vorrang beachtet wird, solange sie Fußverkehr das Fahrsignal „F 0“ („Halt“) anzuzei- die Konfliktfläche belegen“ (FGSV 2015, S. 15). gen. Ist das Warnlicht in Betrieb, erlischt das Signal Sieben Städte gaben an, dass sie für den Konfliktfall F 0 (ohne Anzeige von F 1). „Straßenbahn räumt/Fußgänger läuft ein“ im Allge- In der Praxis existieren auch teils von den Empfeh- meinen die tatsächliche Länge der eingesetzten lungen der technischen Regelwerke abweichende Fahrzeuge ansetzen. Der überwiegende Teil (22 Sicherungsformen. Fünf Städte (mit Signalisie- Nennungen) gab an, dass die fiktive Fahrzeuglänge rungsform Gelbblinken) gaben an, dass für die Stra- gemäß RiLSA (15 m) angesetzt wird. In München ßenbahn zeitgleich zum Blinklicht für den queren- wird dabei bei der Berechnung ein Zuschlag von den Fußverkehr in Entsprechung zum Signal Bü1 5 m gegeben, wenn die Gleisquerung mit Zusatz- an einem Bahnübergang ein Blinklicht mit Straßen- einrichtungen für blinde Menschen ausgestattet ist. bahn-Piktogramm angezeigt wird. Damit wird die Die maximale Sperrzeit für Fußgänger an den Funktion des Warnlichts an der Gleisquerung für Gleisquerungen wurde in der Regel mit einem Wert das Fahrpersonal der Straßenbahn quittiert. In Ein- zwischen 90 Sekunden und 120 Sekunden angege- zelfällen wird ein Quittierungssignal „A“ oder ein ben. Einzelfälle waren 80 Sekunden bzw. 180 Se- Sondersignal „Punkt“ gegeben. Mehrere Städte ga- kunden (Karlsruhe). ben an, dass sie auch an diesen Stellen für die Stra- ßenbahn die Fahrsignale F 0, F 1 und F 4 geben Drei Städte gaben an, dass abweichende Signal- (vgl. Tab. 2). Die BOStrab sieht diese nur für Bahn- schaltungen bestehen können, falls die Gleisque- übergänge mit technischer Sicherung vor (vgl. rung unmittelbar an einer Haltestelle liegt. So kön- Kap. 2.2.2). Gemäß RiLSA ist die Verwendung die- nen in München Teilfurten freigegeben werden, dies ser Kombination aber nicht ausgeschlossen. aber nur, wenn kein Radverkehr über die Gleisque- rung geführt wird und wenn es keine akustischen 4.2.2.3 Signalsteuerung Zusatzsignale an dieser Stelle gibt. In Bremen (Sig- Bezüglich des Zeitpunkts für das Einschalten des nalisierung in der Regel ROT-DUNKEL) kann que- Blinksignals oder des Sperrsignals gab der überwie- rendem Radverkehr im Ausnahmefall ein GELB- gende Teil der Städte (24 = 77 %) an, dass für den BLINKEN angezeigt werden, wenn die Gleisque- räumenden Fußverkehr der Mindestwert für die rung unmittelbar am Kopf der Haltestelle liegt. In Räumzeit zugrunde gelegt wird. Je nach Randbe- Düsseldorf wird das Warnlicht nicht aktiviert, wenn dingungen (z. B. Einbindung der Straßenbahn in eine Bahn aus der Haltestelle anfährt. Damit soll er- eine dem Konfliktpunkt vorgelagerte Signalisierung reicht werden, dass eine Verwechslung mit einer an Knotenpunkten) wird der Zeitvorsprung entspre- gleichzeitig aus der Gegenrichtung in die Haltestelle chend größer angesetzt. Drei Städte gaben an, einfahrenden Bahn ausgeschlossen werden kann (Stadt Düsseldorf 2018). Der Fahrer gibt jedoch ein

79 Die übrigen Städte gaben hierzu keine Rückmeldung.

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akustisches Warnsignal, sobald die Straßenbahn Gleisquerungen über besondere oder unabhängige aus der Haltestelle losfährt. Bahnkörper. Um einen Bezug zu den Unfalldaten herstellen zu 15 Städte gaben an, dass sie an Gleisquerungen können, wurde nach Änderungen der Signalisierung (Bahnübergänge i. S. D. BOStrab, vgl. Kap. 2.1.3) seit dem Jahr 2009 gefragt. Sieben Städte machten über unabhängige Bahnkörper Andreaskreuze auf- hierzu Angaben. So wurden in Kassel beispiels- stellen (Bild 36). Diese Praxis ist in der Regel Folge weise aufgrund der zunehmenden Anzahl von Zü- der Regelungen in der BOStrab a. F. sowie der gen in Doppeltraktion die Räumzeiten an den Gleis- StVO bzw. VwV-StVO (vgl. Kap. 2.2). querungen angepasst. Im Bedienungsgebiet der Bogestra (Bochum/Gelsenkirchen) wird die Signali- sierung der Gleisquerung nur noch nach Anforde- rung durch die Straßenbahn ausgelöst. Weitere Nennungen bezogen sich auf den Einsatz von Zu- satzsignalen in geringer Höhe (Freiburg) oder den Wechsel der Signalisierungsform bzw. Verwendung eines zweiten Leuchtsignals oder größerer Leucht- felddurchmesser (vgl. Kap. 4.2.2.1). In Düsseldorf wird bei technischer Erneuerung der Lichtsignalan- lage ein akustisches Zusatzsignal eingebaut. 4.2.2.4 Bodenwarnleuchten Drei Städte (Frankfurt a. M., Karlsruhe, Köln) gaben an, dass sie an ausgewählten Gleisquerungen zu- sätzlich zur technischen Sicherung Bodenwarn- Bild 36: Andreaskreuz an einer Gleisquerung (Bahnübergang leuchten80 einsetzen. Die Pilotversuche wurden mit i. S. d. BOStrab) über einen unabhängigen Bahnkör- jeweils einer Untersuchung begleitet, um die Wirk- per samkeit der Systeme zu ermitteln. Die Ergebnisse Ebenfalls 15 Städte gaben an, dass sie auch an be- der Evaluation sind im Kap. 3.2 zusammenfassend sonderen Bahnkörpern Andreaskreuze aufstellen. dargestellt. Dies erfolgte i. d. R. situationsbedingt, teilweise auch auf Anordnung der Straßenverkehrsbehörde oder technischen Aufsicht im Zusammenhang mit 4.2.2.5 Verkehrszeichen, Schilder und der eindeutigen Kennzeichnung als Bahnübergang Markierungen nach § 20 Absatz 1 BOStrab a. F. bzw. zur Verdeut- Es wurde bei den Kommunen und Verkehrsunter- lichung der Vorrangregelung der Straßenbahn nach nehmen nach dem Einsatz von Beschilderungen, StVO. Neun Städte gaben an, dass in ihrem Bedie- Sinnbildern, Markierungen o. Ä. gefragt. Diese wer- nungsgebiet (bis zur Stadtgrenze) keine Andreas- den dazu eingesetzt, die verkehrsrechtliche Bedeu- kreuze angeordnet würden. Dies kann u. a. dadurch tung einer Gleisquerung festzulegen81 oder um bedingt sein, dass der Straßenbahnbetrieb in die- deutlicher auf die Konfliktstelle hinzuweisen. Die in sen Städten überwiegend auf straßenbündigen den Städten eingesetzten Beschilderungen, Sinnbil- Bahnkörpern (keine Bahnübergänge im Sinne der der und Markierungen für die Bedeutung eines Verordnungen) bzw. der Betrieb überwiegend auf „Bahnübergangs“, die im Rahmen der Befragung Sicht durchgeführt wird und nach § 19 Absatz 1 ermittelt wurden, werden im Folgenden dargestellt. Nr. 2 StVO kein Erfordernis besteht, den Vorrang der Schienenfahrzeuge anzuzeigen. Eine Anord- 4.2.2.6 Verkehrszeichen und Hinweisschilder nung des Andreaskreuzes liegt zudem im Ermes- Aus der Befragung wurde deutlich, dass eine Be- sen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Ver- schilderung an den Gleisquerungen unterschiedlich kehrszeichen sollen jedoch nur im notwendigen 82 vorgenommen wird. Unterschiede bestehen insbe- Umfang angeordnet werden. sondere bei Aufstellung von Verkehrszeichen an Insgesamt 26 Städte gaben an, dass sie an Gleis- querungen regelmäßig Verkehrszeichen einsetzen,

80 Bei den in den Boden eingelassenen Leuchten handelt es sich 81 Z. B. „Bahnübergang“ nach § 20 Absatz 1 BOStrab bzw. § 20 nicht um Lichtzeichen i. S. d. StVO und auch nicht um eine tech- Absatz 7 BOStrab a. F., vgl. Kap. 2.4. nische Sicherung für Bahnübergänge i. S. d. BOStrab. Aufgrund 82 Vgl. § 45 Absatz 9 StVO. der technischen Kopplung mit den Lichtzeichenanlagen werden die Bodenwarnleuchten in diesem Bericht im Zusammenhang mit der technischen Sicherung aufgeführt.

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um einen weiteren Achtungseffekt zu erzielen. Die Verkehrszeichen verwenden dabei in der Regel Verkehrszeichen der StVO oder Sinnbilder der StVO-Verkehrszeichen, aber auch eigene Bilder. So gaben beispielsweise 15 Städte an, dass sie VZ 101 StVO „Gefahrstelle“ in Kombination mit ZZ 1048-18 StVO („Straßenbahn“) bzw. ZZ 1048- 19 StVO („Schienenbahn“) verwenden, ggf. in Kom- bination mit zusätzlichen, schriftlichen Warnhinwei- sen (Bild 37). Vier Städte setzen diese Kennzeich- nung im Allgemeinen ein. In den übrigen Orten er- folgt die Anordnung situationsbedingt.

Bild 39: Sinnbild „Straßenbahn“ nach StVO mit zusätzlichem schriftlichem Hinweis – Montage oberhalb der Signal- geber (Kassel) Bild 37: VZ 101 StVO in Kombination mit Sinnbild „Schienen- bahn“ nach StVO und schriftlichem Hinweis auf die Vorrangregelung (Freiburg) (Quelle: VAG Freiburg) In weiteren Fällen (elf Rückmeldungen) findet das Sinnbild „Straßenbahn“ bzw. „Schienenbahn“ auf Schildern oder als Zusatzzeichen Verwendung, bei denen die StVO-Verkehrszeichen mit weiteren Hin- weisen (auch in Kombination) ergänzt werden (Bild 38 bis Bild 40), beispielsweise • Richtungspfeilen, • einem schriftlichen Warnhinweis, z. B. „Achtung!“ oder • einem schriftlichen Hinweis auf die Vor- rangregelung.

Bild 40: Stele mit Warnhinweis und Sinnbild „Schienenbahn“ vor einer Gleisquerung – Aufstellung am Rand der Gleisquerung (Kassel) Hinweisschilder auf die Gefahrenstelle gibt es aller- dings auch mit Sinnbildern, die nicht den Vorgaben

der StVO entsprechen (Bild 41). Bild 38: Sinnbild „Straßenbahn“ nach StVO in Verbindung mit Richtungspfeilen und Warnhinweis (Hannover) (Quelle: üstra)

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Radverkehr über die Gleise geführt wird. Das Ver- kehrszeichen soll gem. StVO unmittelbar vor der Kreuzung oder Einmündung stehen (vgl. Kap. 2.4.1), wird in der Praxis aber auch in redun- danter Anordnung vor und hinter der Konfliktfläche angeordnet oder auch nur ausschließlich hinter der Konfliktfläche (Bild 43).83

Bild 41: Hinweisschild mit von der StVO-Vorgabe abweichen- dem Sinnbild „Straßenbahn“ an separatem Schilder- pfosten Bild 43: VZ 205 StVO in Verbindung mit ZZ 1048-19 StVO vor Die Ausstattung der Gleisquerungen mit Zusatz- und hinter der Konfliktfläche schildern oder ggf. Piktogrammen erfolgt häufiger an Gleisquerungen über besondere Bahnkörper, als In seltenen Fällen finden weitere Hinweisschilder über solche an unabhängigen Bahnkörpern. Die Be- Verwendung, z. B. mit Verhaltenshinweisen (Bild schilderung wird zudem häufig in Kombination mit 44). Diese Hinweise sind spezifisch auf besondere einem Springlicht verwendet, seltener an Gleisque- Situationen abgestimmt und stellen keine typischen rungen mit Signalisierung Rot-Dunkel (Bild 41) oder Hinweise dar. nicht signalisierten Gleisquerungen (z. B. Kassel, Bild 40).

Bild 42: Hinweisschild mit Sinnbild „Straßenbahn“ nach StVO nach StVO und Zusatzhinweisen – Montage an einem seitlich liegenden Absperrgitter (Hannover)

In einer Stadt findet regelmäßig die Anordnung von VZ 205 in Verbindung mit ZZ 1048-19 Anwendung. Bild 44: Hinweisschild zur Verdeutlichung der Wartepflicht vor In der Regel ist dies der Fall, wenn an dieser Stelle dem roten Lichtsignal (Bonn)

83 Die Anordnung ausschließlich hinter der Konfliktfläche ent- spricht nicht den Vorgaben der StVO (vgl. Kap. 2.4.4).

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Die Anbringung von Warnhinweisen auf die Gefahr- tere Angaben zu Kriterien für den Einsatz dieser zu- stelle erfolgt uneinheitlich. Die Anbringung des An- sätzlichen Markierungen wurden allerdings nicht dreaskreuzes ist in der StVO bzw. VwV-StVO gere- gemacht. In einigen Fällen werden zusätzlich zum gelt. „Das Zeichen (auch liegend) befindet sich vor Piktogramm weitere Hinweise markiert, welche die dem Bahnübergang, in der Regel unmittelbar da- Aufmerksamkeit erhöhen sollen (vgl. Bild 48). vor.“84 Übrige Hinweise auf die Konfliktfläche werden so- wohl vor als auch hinter der Gleisquerung ange- bracht und auch in unterschiedlicher Höhe: weiter unten an Absperrgittern, an einem Lichtsignalmast unterhalb oder oberhalb der Signalgeber oder an ei- genen Schilderpfosten (wenn kein Lichtsignalmast vorhanden ist, Bild 39 bis Bild 42). Teils erfolgt eine redundante Anbringung von Verkehrszeichen. Die häufige und redundante Anordnung erfolgt in einer Abwägung zwischen unterschiedlichen Sicherheits- aspekten und liegt im Ermessen der anordnenden Behörde (vgl. Kap. 2.4). Auch bei Absperreinrichtungen zeigen sich Unter- schiede in der Gestaltung. In der Regel werden die Bild 46: Markierungen VZ 101 StVO und ZZ 1048-19 StVO so- Umlaufsperren – nicht zuletzt unter stadtgestalteri- wie „Haifischzähne“ (hier als Betonsteineinlage, Düs- schen Aspekten – mit einer eher unauffälligen Farb- seldorf) gebung versehen. In seltenen Fällen wird eine visu- ell kontrastierende Farbgebung verwendet (Bild 45), die damit den Einsatz als Verkehrseinrichtung verdeutlicht (Farbgebung rot-weißgestreift, Bild 45: Rot-weiß gestreifte Umlaufsperren an einer Gleis- querung (Düsseldorf)85.

Bild 47: Sinnbild „Straßenbahn“ und visuell kontrastierende Bodenindikatoren (Köln) Acht Städte gaben an, dass bei ihnen die Konflikt- Bild 45: Rot-weiß gestreifte Umlaufsperren an einer Gleisque- fläche grundsätzlich farblich kontrastierend von um- rung (Düsseldorf) gebenden Oberflächen angelegt wird, um die Wahr- nehmbarkeit des Gefahrenbereichs zu verbessern. 4.2.2.7 Markierungen und farbliche Gestal- Teilweise werden dabei auch auffällige, flächige tung Einfärbungen vorgenommen (Bild 48 und Bild 49). Bei den Markierungen ist zu unterscheiden zwi- In einem Fall wurde angegeben, dass die flächige schen dem Aufbringen von Verkehrszeichen oder Einfärbung situationsbedingt als Sofortmaßnahme Gefahrhinweisen sowie flächiger Einfärbung der erfolgt, wenn sich an der betreffenden Stelle ein Un- Konfliktfläche. In der Praxis finden sich auch Kom- fall ereignet hatte. In Jena wird die Gleisquerung binationen der beiden Ausführungen. ggf. dadurch gekennzeichnet, das im Bereich der 16 Städte gaben an, Piktogramme „Sinnbild Stra- Konfliktfläche eine vom umgebenden Belag in der Oberflächenstruktur abweichende Pflasterart ver- ßenbahn“ o. Ä. zu markieren (vgl. Bild 46 und Bild wendet wird oder die Platten eine gegenüber dem 47). Teilweise erfolgt dies situationsbedingt. Wei-

84 § 41 Abschnitt 1 Zeichen 201 StVO. 85 Vgl. § 43 Absatz 1 Satz 1 StVO.

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Umgebungsbelag (Aufstellbereiche) abweichende die Fläche für alle Verkehrsteilnehmer besser er- Farbgebung erhalten. kennbar zu machen (Bild 46 bis Bild 49). In Längs- richtung (Querungsrichtung) können die Markierun- gen zugleich als Orientierungshilfe dienen. 4.2.2.8 Hinweise für die Straßenbahn Neben den Hinweisen für querende Fußgänger und Radfahrer im unmittelbaren Bereich der Gleisque- rung besteht die Möglichkeit, Hinweise an der Stra- ßenbahnstrecke aufzustellen. Diese Signale ziehen bestimmte Verhaltensweisen bei der Annäherung an die Gleisquerung bzw. an der Gleisquerung nach sich. 18 der befragten Städte gaben an, das Schutzsignal Sh4 „Läuten“ einzusetzen (Bild 50). Dadurch wird das Fahrpersonal verpflichtet, an dieser Stelle bei der Annäherung an die Gleisquerung ein akusti- Bild 48: Flächige, rote Einfärbung der Gleisquerung, markierter schriftlicher Warnhinweis und markiertes Sinnbild sches Warnsignal zu geben. Als Grund für einen „Straßenbahn“ (Bonn) Einsatz kommen in der Regel eingeschränkte Sicht- beziehungen bei der Sicherung durch Übersicht in- frage (vgl. Kap. 2.2.1).

Bild 49: Flächige Einfärbung86 der Konfliktfläche und markier- Bild 50: Schutzsignal Sh4 „Läuten“ vor einem Bahnübergang ter Warnhinweis mit Sinnbild „Straßenbahn“ (Hanno- für Fußgänger bei Sicherung durch „Übersicht auf die ver) (Foto: üstra) Bahnstrecke“ Als weitere Elemente zur Erhöhung der visuellen Die Aufstellung wird nach eigener Angabe in eini- Unterscheidbarkeit zwischen Aufstellbereichen und gen Städten nachträglich vorgenommen, wenn sich Konfliktfläche und damit zur Erhöhung der Wahr- an der Gleisquerung ein Unfall mit querenden Fuß- nehmung des Gefahrenbereichs werden z. B. zum gängern oder Radfahrern ereignet hat. In einem Fall umgebenden Oberflächenbelag visuell kontrastie- wurde mitgeteilt, dass das Signal in Absprache mit rende Markierungen oder Betonsteine eingesetzt. örtlichen Behindertenvertretern an Gleisquerungen Oftmals handelt es sich um Bodenindikatoren, die aufgestellt wird, die regelmäßig von blinden und zugleich einen taktilen Kontrast herstellen ( Bild 47 sehbehinderten Menschen überquert werden und und , vgl. Kap. 4.2.4) oder spezielle Markie- Bild 48 an denen keine technische Sicherung vorhanden rungen (auch als Betonsteineinlage, Beispiel „Hai- ist. Damit wird diesen Gruppen ein akustisches fischzähne“, ). Bild 46 Warnsignal gegeben, wenn sich eine Bahn dem Auch die seitlichen Begrenzungen der Gleisque- Übergang nähert. rung werden in der Regel durch visuell kontrastie- rende Markierungen deutlich hervorgehoben, um

86 Gemäß § 39 Abs. 5 Satz 3 StVO dienen gelbe Markierungen in der Regel lediglich der vorübergehenden Verkehrsführung, z. B. während Baustellen.

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In Dortmund besteht an zwei Gleisquerungen über Räumzeit zur Verfügung steht. In Stuttgart erfolgt besondere oder unabhängige Bahnkörper keine bei Gleisquerungen im Haltestellenumfeld die Be- technische Sicherung. An diesen Stellen besteht für sonderheit, dass blinde und sehbehinderte Men- die Straßenbahnen ein Zwangshalt (über Signal). schen über einen Anforderungstaster ein Sperrsig- Auch in Bremen erfolgt ein Zwangshalt für die Stra- nal (F 0) für die Straßenbahn anfordern können. An- ßenbahnen vor einer Gleisquerung über einen un- schließend wird über die Vibration die Freigabe der abhängigen Bahnkörper, wenn die Gleisquerung Gleisquerung signalisiert. zwischen den beiden Richtungshaltestellen liegt.87 20 Städte (65 %) setzen neben dem taktilen auch ein akustisches Freigabesignal ein. Der Einsatz ist unabhängig von der Art der Signalisierung der 4.2.3 Barrierefreiheit Gleisquerungen. Das akustische Freigabesignal wird in der Regel über einen Taster auf der Unter- Gleisquerungen über Bahnkörper der Straßenbahn seite des Anforderungsgerätes angefordert. Dies werden den letzten Jahren zunehmend mit Elemen- dient dazu, die Schallimmissionen für Anwohner ge- ten für eine barrierefreie Gestaltung ausgestattet. ring zu halten. Zur weiteren Reduzierung von Schal- Entsprechende Gestaltungshinweise finden sich in lemissionen erfolgt in einem Fall eine Abschaltung einschlägigen technischen Regelwerken. Bei der des akustischen Freigabesignals in den Nachtstun- Umsetzung in den Städten gibt es Abweichungen den. davon und Umfang und Art der Ausstattung unter- scheiden sich. Zwei der befragten Städte gaben an, akustische Warnsignale zur Anzeige der Sperrzeit einzusetzen. 4.2.3.1 Akustische und taktile Zusatzsignale In der ersten Stadt erfolgt der Einsatz lediglich an Relativ weit verbreitet ist der Einsatz von akusti- beschrankten Bahnübergängen. In der zweiten schen Orientierungssignalen, die blinden und seh- Stadt werden die Warnsignale auch an unbe- behinderten Menschen das Auffinden des Lichtsig- schrankten Gleisquerungen eingesetzt. Sie sind nalmastes erleichtern sollen. 22 Städte (71 %) ga- dort parallel zum Warnlicht geschaltet. ben an, diese Form der Zusatzsignale einzusetzen, 4.2.3.2 Bodenindikatoren und Leiteinrichtun- oftmals allerdings erst seit kurzer Zeit im Rahmen gen der Aufstellung von Neuanlagen. Sechs Städte ga- ben an, diese Signale nicht flächendeckend, son- 22 Städte gaben an, vor den Gleisquerungen durch dern nur in besonderen Situationen einzusetzen. den Einsatz von Bodenindikatoren hinzuweisen. Beispielsweise, wenn an der Gleisquerungen taktile Dabei wird nicht nach Gleisquerungen mit Siche- Informationen zur Orientierung fehlen oder bei be- rung durch Übersicht und Gleisquerungen mit tech- sonderem Bedarf88 bzw. in Abstimmung mit den lo- nischer Sicherung oder Signalisierung unterschie- kalen Verbänden. den. Neben dem Orientierungssignal, welches zum Auf- Seit Erscheinen der überarbeiteten DIN 32984 im finden des Lichtsignalmastes dient, kann ein taktiles Jahr 2011 werden Rippenplatten als Richtungsfeld und/oder akustisches Signal zur Anzeige der Frei- zur Abgrenzung des Bahnkörpers von den Aufstell- gabezeit („Grünzeit“) gegeben werden. 21 (68 %) bereichen empfohlen. Diese Bauweise wird von der befragten Städte gaben an, dass sie ein taktiles acht Städten umgesetzt. Zwei Städte verwenden Freigabesignal einsetzen würden. In der Regel er- immer noch ausschließlich Noppenplatten, die bis folgt der Einbau im Zuge von technischen Erneue- 2011 von den technischen Regelwerken empfohlen rungsmaßnahmen oder Neubauten, sodass noch waren (FGSV 2003, S. 57). In den übrigen Städten keine flächendeckende Ausstattung besteht. In eini- werden beide Strukturen im Rahmen der Umstel- gen Fällen erfolgt der Einsatz nur nach Abstimmung lung von Noppe auf Rippe derzeit parallel angewen- mit den Verbänden oder der TAB. In der überwie- det. genden Zahl der Fälle (17 Städte) wird die Freigabe Zwei Städte gaben an, dass sie Leitstreifen mit Rip- durch ein dauerhaftes Vibrieren der taktilen Platte penstrukturen über die Gleisquerung verlegt haben, angezeigt. In vier Städten erfolgt die taktile Anzeige obwohl dies nach den technischen Regelwerken der Freigabe auf Anforderung durch Betätigung der nicht vorgesehen ist (vgl. Kap. 2.5.2.1). Platte. Teils wird dabei nur der Freigabebeginn (ca. 5 s) angezeigt, damit blinde und sehbehinderte In Einzelfällen werden der Konfliktbereich und die Menschen die Querung der Gleise immer zu Anfang Aufstellbereiche mit einem Bord mit einem Auftritt einer Freigabe starten und ihnen somit die volle

87 In der Regel erfolgt ein Halt an der Haltestelle für den Fahr- 88 Z. B. einer Einrichtung für ältere Menschen oder Menschen gastwechsel und somit ein Halt vor der Gleisquerung. mit Behinderung.

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von 3 cm abgetrennt (Bild 51). Diese Lösung ent- riert. Dies widerspricht allerdings dem durch ver- spricht der Standardlösungen mit einheitlicher Bord- schiedene Urteile festgestellten Handlungsbedarf höhe an Querungen über Fahrbahnen des Kfz-Ver- (vgl. Kap. 2.2.5) kehrs.89 Nach den Erfahrungen des Verkehrsunter- Als eine typische Maßnahme zur Verringerung von nehmens hat sich der Bord für Langstocknutzer als erkannten Konflikten wurde die Erweiterung der vor- besser tastbar herausgestellt als übliche Bodenindi- handenen Absperr- und Leitelemente durch zusätz- katoren aus Betonstein. Der Bord wird als Rundbord liche Absperrelemente oder durch das Pflanzen von und visuell kontrastierend ausgeführt, damit er bes- Büschen und Sträuchern genannt. Als weitere Mög- ser überrollbar ist (z. B. für Rollstuhlnutzer) und der lichkeit zur Vermeidung ungewollter Überquerungs- Konfliktbereich für Sehende, aber vor allem für seh- vorgänge wurde die Verwendung groben Schotters behinderte Menschen verdeutlicht wird. außerhalb der befestigten Gleisquerung genannt. Sechs Städte machten konkrete Angaben hinsicht- lich der Frage nach Unfallhäufungsstellen bzw. Un- fallhäufungslinien. In der detaillierten Unfallanalyse wurden die genannten Orte allerdings nicht als be- sonders auffällig identifiziert bzw. handelte es sich teilweise um Gleisquerungen an straßenbündigen Bahnkörpern, die nicht Gegenstand dieser Untersu- chung waren (und daher im Rahmen der Aufgabe hinsichtlich der objektiven Gefahrenlage nicht im Detail überprüft wurden). Elf (35 %) der befragten Verkehrsunternehmen ga- ben an, dass sie im Sinne einer präventiven Arbeit systematisch nach potenziellen Konfliktpunkten („hotspots“) im Netz suchen und zu diesem Zweck Rückmeldungen des Fahrpersonals über kritische Verkehrssituationen auswerten. Fünf dieser Ver- kehrsunternehmen werten zusätzlich Meldungen über Gefahrbremsungen aus. Bild 51: Bord mit 3 cm Auftritt zur Abgrenzung des Aufstellbe- In 17 Städten (55 %) hatte sich die örtliche Unfall- reiches vom Bahnkörper (Stuttgart) kommission bereits dem Thema Sicherheit an 4.2.4 Sicherheitsanalyse Gleisquerungen gewidmet. In der Folge wurden oft- mals bauliche oder verkehrstechnische Maßnah- Neben baulichen und technischen Maßnahmen men mit dem Ziel umgesetzt, die Aufmerksamkeit spielt auch die Präventionsarbeit eine Rolle, die un- an Gleisquerungen zu erhöhen. Maßnahmen waren ter anderem auf Erfahrungen aufbaut. In diesen Be- beispielsweise reich fallen die Unfallanalyse, Kampagnen oder • die Überprüfung und Verbesserung der auch Vorgaben bezüglich der Gestaltung oder tech- Sichtverhältnisse an den Gleisquerungen, nischen Sicherung der Gleisquerungen. • eine Vergrößerung des Leuchtfelddurch- 4.2.4.1 Analyse und Bearbeitung von konflikt- messers der Signalgeber, trächtigen Stellen im Netz • eine Einfärbung oder Kennzeichnung des Konfliktbereichs durch Markierung, Auf die Frage, ob Gleisquerungen bekannt seien, • das Aufstellen zusätzlicher Umlaufsperren an denen überquerende Personen beispielsweise oder wild überqueren bzw. die vorgegebene Führung • das Aufstellen von Verkehrszeichen oder (beispielsweise Z-Form) nicht akzeptieren, antwor- Hinweisschildern. teten immerhin 20 Städte (65 %) positiv. Die Maß- nahmenanordnung erfolgt dabei i. d. R. situations- In acht Städten (26 %) wird das Thema „Sicherheit bedingt. Sind solche Stellen bekannt, unterliegen an Gleisquerungen“ in einer speziellen Arbeits- sie ggf. hinsichtlich des Konfliktrisikos einer ver- gruppe behandelt. Auf Basis der Zusammenarbeit stärkten Beobachtung. Solange sich keine Unfal- werden Verbesserungsmaßnahmen zur Optimie- lauffälligkeit ergibt, wird die Situation ggf. auch tole- rung der Verkehrssicherheit beschlossen, die dann

89 Vgl. z. B. DIN 18040-3, S. 20.

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beispielsweise in Regelzeichnungen festgeschrie- Auch bei der Konstruktion der Straßenbahnfahr- ben werden. zeuge wird versucht, die passive Sicherheit bei der möglichen Kollision mit Fußgängern oder Radfah- 4.2.4.2 Öffentlichkeitsarbeit rern zu verbessern. So haben beispielsweise die Neben den technischen oder baulichen Maßnah- aktuellen Fahrzeuge TW3000 in Hannover weich men wurden in einigen Fällen auch Maßnahmen aufgehängte Elemente im Frontbereich, um die Un- aus dem Bereich der Verkehrssicherheitsarbeit be- fallschwere mit Fußgängern und Radfahrern bei ei- nannt, z. B. die Durchführung lokaler Sicherheits- nem Anprall zu verringern. Bei den neueren Berliner kampagnen bezüglich des richtigen Verhaltens Straßenbahnfahrzeugen wurde der Scheibenwi- beim Queren der Gleise (Bild 52). (Stuttgarter Stra- scher hinter einer Abdeckung montiert. ßenbahnen AG und Deutsche Verkehrswacht; Köl- 4.2.6 Zusammenfassung und Bewertung ner Verkehrsbetriebe AG und Stadt Köln; THISSEN 2016; Karlsruher Verkehrsverbund GmbH (KVV)) Die Auswertung der Befragung der Städte in Deutschland mit Straßenbahnbetrieb hat ergeben, dass die bauliche Ausführung und Signalisierung von Gleisquerungen innerhalb einer jeweiligen Stadt überwiegend einheitlich erfolgt. Bundesweit betrachtet findet sich jedoch eine Vielzahl unter- schiedlicher Elemente in unterschiedlicher Zusam- menstellung. Dies betrifft vor allem die Signalisie- rung, die Ausstattung mit Verkehrszeichen bzw. Markierung sowie die Umsetzung der Barrierefrei- heit.

Überwiegend finden sich die Signalisierungsformen Bild 52: Ausschnitt aus einer Info-Broschüre zum Thema Si- cherheit an Gleisquerungen [Quelle: SSB AG, DVW] GELBBLINKEN oder ROT-DUNKEL, in Einzelfällen auch ROT-GRÜN. Die Signalisierungsformen wer- Diese Maßnahmen können aus unterschiedlichen den in der Regel einheitlich innerhalb einer Stadt Bausteinen bestehen, z. B. Plakaten, Flyern, Video- verwendet. Abweichungen treten in der Regel in filmen direkter Ansprache vor Ort. zwei Fällen auf: eine noch nicht vollständig erfolgte 4.2.4.3 Vorgaben der Technischen Aufsicht Umrüstung, die in der Regel bei der Erneuerung von Altanlagen erfolgt, oder bei unterschiedlichen Ver- Elf Städte gaben die Rückmeldung, dass die Tech- kehrssituationen, z. B. Gleisquerung an einem Kno- nische Aufsicht (TAB) Vorgaben bezüglich der Ge- ten im Zuge einer Signalisierung über anliegende staltung der Gleisübergänge machen würde. Diese Fahrbahnen des Individualverkehrs und Signalisie- umfassen beispielsweise Festlegungen bezüglich rung einer Gleisquerung außerhalb von Knoten- des grundsätzlichen Umfangs der Sicherung, z. B. punkten. der technischen Sicherung. In einigen Fällen wer- den auch konkrete Vorgaben gemacht, dass bei Die Anordnung und Ausführung von Lichtzeichen Neu- und wesentlichen Umbauten nur noch Gleis- für eine technische Sicherung (Rot-Grün oder Rot- querungen mit erzwungenem Richtungswechsel Dunkel) ist durch verbindliche Vorgaben für Licht- gebaut werden dürfen. zeichen in der StVO bundesweit einheitlich umge- setzt. Unterschiede bestehen ggf. in der Anzahl der Die Prüfung und Zustimmung findet beispielsweise Signalgeber oder durch abweichende Leuchtfeld- im Rahmen der Prüfung der Bauunterlagen gemäß durchmesser. Bei der Signalisierung mit Warnlicht § 60 BOStrab durch die TAB statt. kommen zusätzliche Ausführungsformen zum Ein- satz. Neben einer abweichenden Anzahl der Signal- geber (einzeln oder als Springlicht) oder des Durch- 4.2.5 Fahrzeuge messers der Leuchtfelder variiert die Anordnung der Signalgeber (nebeneinander oder übereinander) Für den Bereich Fahrzeuge wurde mit einer freien bei Springlicht. Zur Anordnung existieren keine Vor- Frage nach konkreten Maßnahmen an den Fahr- gaben der Straßenverkehrs-Ordnung. Teilweise fin- zeugen gefragt, um die Sicherheit von Fußgängern den sich beide Formen innerhalb einer Kommune. und Radfahrern zu erhöhen. Sechs der befragten Unternehmen antworteten hier, dass an den Stra- Bodenwarnleuchten wurden bislang nur in Einzelfäl- ßenbahnen auch tagsüber das Spitzenlicht bzw. len bei Pilotversuchen eingesetzt. Ein flächende- Tagfahrlicht oder Abblendlicht eingeschaltet würde, ckender Einsatz scheiterte bislang an einem objek- um die Sichtbarkeit der Stadtbahnen zu erhöhen.

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tiv klar messbaren Nachweis der Wirksamkeit die- zunehmende Bedeutung bei den Städten und Ver- ser Maßnahme oder teils auch technischen Proble- kehrsunternehmen erlangt. Elemente der Barriere- men freiheit werden in jüngerer Zeit verstärkt eingesetzt. Daher ergeben sich bislang in den wenigstens Städ- Bei der Steuerung der Lichtsignalanlagen zeigt sich ten flächendeckende Umsetzungen, da die neuen ein weitgehend einheitliches Bild. In der Regel kom- Gestaltungsrichtlinien überwiegend bei Neubau o- men die Vorgaben der RiLSA zur Anwendung. Für der technischer Erneuerung Anwendung finden. den Fußverkehr wird üblicherweise die Minde- Seit längerer Zeit wurden Gleisquerungen bereits sträumzeit zugrunde gelegt. Die Konfliktfläche wird durch den Einsatz von Bodenindikatoren taktil ab- nach Durchfahrt der Straßenbahn möglichst frühzei- gesichert. Eine Unterscheidung, z. B. zwischen tig wieder freigegeben, um die Akzeptanz gegen- nicht signalisierten oder signalisierten Gleisquerun- über den Sperr- und Warnsignalen zu erhöhen und gen, wird dabei in der Regel nicht gemacht. In jün- „Rotläufer“ zu vermeiden. Allerdings ist die Dauer gerer Zeit werden vermehrt auch taktile und akusti- der Sperrzeit nach der Durchfahrt der Straßenbahn sche Zusatzsignale an signalisierten Gleisquerun- von der Lage eines Abmeldekontaktes und ggf. ört- gen eingesetzt. Zahlreiche Städte sind dabei, mit lichen Randbedingungen (z. B. Einbindung in die den Behindertenvertretern abgestimmte Regelbau- Signalisierung eines Knotenpunktes) abhängig. In weisen zu erstellen bzw. verwenden diese bereits. den meisten Fällen wird die Freigabe mit einem Ab- Sowohl die Ausführung taktiler Bodeninformationen meldekontakt gekoppelt, der in der Nähe der Gleis- als auch die Ausstattung mit Zusatzsignalen an sig- querung angeordnet wurde. Die maximalen Sperr- nalisierten Gleisquerungen werden in den Städten zeiten können teilweise Werte annehmen, welche unterschiedlich geregelt. Dies ist u. a. vor einigen die grundsätzlich empfohlenen Wartezeiten über- Jahren erfolgten Änderungen der Vorgaben aus schreiten. Die Sperrzeiten sind aber u. U. durch lo- technischen Regelwerken geschuldet. kale Randbedingungen bestimmt (z. B. Räumzeiten und Einbindung in Signalisierung eines Knoten- Das Thema „Sicherheit an Gleisquerungen“ wird bei punktes) und daher nicht generell zu verkürzen. den Städten in fachbezogenen und institutionsüber- greifenden Arbeitsgruppen thematisiert, wenn Si- Bei der Verwendung von Verkehrszeichen, Hin- cherheitsdefizite oder Konflikte bekannt werden. weisschildern und Markierungen ergibt sich jeweils Auf Basis der Beratungen werden i. d. R. verkehrs- innerhalb einer Stadt ein weitgehend einheitliches technische oder bauliche Maßnahmen umgesetzt. Bild bei der Ausführung und Anbringung. Unter- In einigen Städten werden durch die Technische schiede können sich bezüglich der Ausstattung ein- Aufsicht Vorgaben hinsichtlich der Bauform oder zelner Gleisquerungen mit Verkehrszeichen oder technischen Sicherung gemacht. Erkenntnisse aus Hinweisschildern ergeben, da in einigen Fällen die der Unfallanalyse fließen in Regelzeichnungen ein. Entscheidung für eine der Maßnahmen situations- Die präventive Arbeit, z. B. durch systematische bedingt als Einzelfallentscheidung erfolgen kann. Analyse von Konflikten zur Identifizierung von „hot Die grundsätzliche Ausstattung ist teils abhängig spots“ oder in Form von regelmäßigen Verkehrs- von der Art des Bahnkörpers (besonderer oder un- schauen, scheint allerdings eine geringere Rolle zu abhängiger Bahnkörper). spielen und erscheint ausbaufähig. Bundesweit betrachtet kommen Schilder und Mar- Ein wichtiger Baustein in der Präventionsarbeit wird kierungen in deutlich unterschiedlichen Ausführun- in der Durchführung von Kampagnen oder beglei- gen zum Einsatz. Die Schilder enthalten zwar über- tenden Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit zum wiegend – aber nicht ausschließlich – Verkehrszei- Thema „Sicherheit an Gleisquerungen“ gesehen. chen gemäß Straßenverkehrs-Ordnung, werden Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich wird in den aber mit vielfältigen Elementen und Hinweisen kom- Städten in vielfältiger Weise durchgeführt (Videos biniert bzw. in der Anordnung auf dem Schild vari- über soziale Medien, Info-Kampagnen, Flyer usw.). iert. Die Anordnung der Verkehrszeichen steht da- bei nicht immer im Einklang mit den Vorgaben der Neben den Maßnahmen an den Gleisquerungen StVO. Hinweise auf die Gefahrenstelle erfolgen da- selbst werden auch bei den Straßenbahnfahrzeu- bei auch innerhalb einer Stadt nicht immer einheit- gen Maßnahmen zur Unfallprävention oder Vermin- lich, sondern vor oder hinter der Konfliktfläche oder derung der Unfallschwere ergriffen. Durch die Fahrt auch seitlich neben der Furt, teils auch in unter- mit Spitzenlicht auch bei Tag lässt sich die Erkenn- schiedlicher Anbringungshöhe und Anzahl (Redun- barkeit der Straßenbahnfahrzeuge auch für Fuß- danz). gänger und Radfahrer verbessern. Durch entspre- chende Fahrzeuggestaltung im Frontbereich sollen Es zeigte sich weiter, dass das Thema „Barrierefrei- die Unfallfolgen für Fußgänger oder Radfahrer bei heit“ bei der Ausstattung von Gleisquerungen eine

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einem Zusammenstoß mit einer Straßenbahn ver- Quelle von Unfalldaten Zeitraum ringert werden. Polizeilich registrierte Unfall- daten aus 15 von 16 Bun- 2009 - 2015 desländern bzw. 54 von 59 5 Unfallanalyse Gemeinden* Ein wesentlicher Bestandteil zur Darstellung mögli- Polizeilich registrierte und cher Sicherheitsprobleme im Bereich von Gleisque- nicht polizeilich registrierte rungen von Straßenbahnen ist die Analyse des Un- Unfalldaten von 27 Ver- fallgeschehens. kehrsunternehmen (Grund- 2009 - 2015 gesamtheit: 56 Verkehrsun- 5.1 Vorgehensweise ternehmen mit Straßenbahn- betrieb) Um einen umfassenden Überblick über das Unfall- *keine Unfalldaten aus Thüringen vorhanden geschehen in Deutschland über einen längeren Tab. 4: Unfalldatenbasis für den Zeitraum von 2009 - 2015 Zeitraum zu erhalten, sind für sämtliche Städte mit Straßenbahnbetrieb die Unfallereignisse über die Der ungewöhnlich lange Untersuchungszeitraum jeweiligen Ministerien in den Bundesländern für die von sieben Jahren ist vor allem damit begründet, ei- Jahre 2012 bis 2015 angefragt worden. Zusätzlich nen möglichst großen Stichprobenumfang für die sind die Unfalldaten der Jahre 2009 bis 2011 vom vergleichsweise seltenen Unfallereignisse zwi- Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirt- schen Straßenbahnen und Fußgängern bzw. Rad- schaft e.V. (GDV) zur Verfügung gestellt worden, fahrern an Gleisquerungen erhalten zu können. welche im Rahmen des Forschungsprojektes „Maß- nahmen zur Reduzierung von Straßenbahnunfäl- len“ (GRIEßBACH 2016) erfasst wurden. Des Wei- 5.2 Anfrage und Bereitstellung der Un- teren sind auch die Unfallereignisse, die durch die falldaten 56 Verkehrsunternehmen mit einem Straßenbahn- betrieb aufgenommen worden sind, abgefragt wor- Grundsätzlich sind nur Unfallereignisse angefragt den. Dabei konnten nur von 27 der 56 Verkehrsun- worden, die an Gleisquerungen mit einem unabhän- ternehmen Unfalldaten zur Verfügung gestellt wer- gigen oder besonderen Bahnkörper aufgetreten den (vgl. Kapitel 5.2). Es wurde davon ausgegan- sind, da die Überquerung der Gleise im Bereich von gen, dass die Verkehrsunternehmen auch Unfaller- straßenbündigen Bahnkörpern (linienhafte Querun- eignisse erfassen, die nicht in der polizeilichen Un- gen) in der Regel auch außerhalb eingerichteter fallstatistik aufgelistet werden. Das können bei- Gleisquerungen (z. B. signalisierter Furten) auf gan- spielsweise Unfälle infolge einer Gefahrenbrem- zer Länge erlaubt ist. sung aufgrund eines Überschreitens der Gleise sein, bei der ein Fahrgast in der Bahn zwar verletzt Die Unfalldaten (ausschließlich polizeilich erfasste wurde, der aber nicht der Polizei und möglicher- Unfalldaten) für die Jahre 2009 - 2011 wurden vom weise nur im Nachhinein dem Verkehrsunterneh- GDV e.V. aus dem Forschungsprojekt "Maßnah- men aufgrund etwaiger Regressansprüche über die men zur Reduzierung von Straßenbahnunfällen" Krankenversicherung des Geschädigten gemeldet ausgewertet zur Verfügung gestellt. Für die weite- wurde. ren Analysen sind die "Rohdaten" der polizeilich er- fassten Unfalldaten für die Jahre 2012 - 2015 ange- Zusätzlich wurden von den Verkehrsunternehmen fordert worden. Alle Bundesländer, mit Ausnahme Bagatellschäden aufgenommen, die ebenfalls nicht von Thüringen, haben die Unfalldaten flächende- in der polizeilichen Unfallstatistik erfasst wurden. ckend zur Verfügung gestellt. Eine Ausnahme für Daher wurden alle Verkehrsunternehmen mit einem den Erhebungszeitraum bei den polizeilich erfass- Straßenbahnbetrieb in Deutschland kontaktiert und ten Unfalldaten bildet das Bundesland Nordrhein- die Unfalldaten für die Jahre 2009 - 2015 angefor- Westfalen. Hierfür wurden die Unfalldaten der Ver- dert, um eine gesamtheitliche Unfalldatenbasis für kehrsunfalldatei NRW (VUD NRW) für die Jahre den Untersuchungszeitraum von sieben Jahren 2012 - 2015 zur Verfügung gestellt. Um auszu- (2009 - 2015, vgl. Tab. 4) zu erhalten. schließen, dass relevante Unfalldaten aus dem GDV-Projekt möglicherweise nicht erfasst wurden, sind die Daten der VUD NRW für die Jahre 2010 - 2011 auch ausgewertet worden. Dabei wurde fest- gestellt, dass die Unfalldaten aus dem GDV-Projekt vollständig waren.

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Die Unfalldaten der Verkehrsunternehmen wurden gang“ versehen wurden, für das Forschungsvorha- zunächst über die Technischen Aufsichtsbehörden ben durchaus relevant waren. Das ging zum einen (TAB) bundeslandspezifisch angefragt, um einen aus den Verortungs-Daten (Geokoordinaten) her- Gesamtüberblick der Unfallereignisse je Bundes- vor, zum anderen lieferte die Beschreibung der Un- land zu erhalten. Allerdings sind die Unfalldaten sei- fallhergänge oft einen Aufschluss über den tatsäch- tens der TAB nur in Ausnahmefällen zur Verfügung lichen Unfallort an einem schienengleichen Weg- gestellt worden. Zudem erwies sich die Datenbasis übergang. Zudem konnte eine Verortung des Un- aufgrund der zu geringen Aussagekraft der erfass- falls über Straßennamen und Hausnummern erfol- ten Unfallmerkmale als nicht zielführend. Daher gen. wurden die Unfalldaten der Verkehrsunternehmen Um das Problem der gefilterten Unfalldaten zu min- mit einem Straßenbahnbetrieb für die Jahre 2009 - dern, wurden in einem nächsten Abfrageschritt un- 2015 direkt beim Verkehrsunternehmen angefor- gefilterte Unfalldaten angefordert, welche von den dert. Die Bereitstellungsquote der Unfalldaten von Polizeidienststellen nachgeliefert wurden. den Verkehrsunternehmen lag bei gut 50%. Häufig war der Aufwand, die Daten in einer ausreichenden Allerdings sind auch Unfalldaten zur Verfügung ge- Qualität für die Unfallauswertung aufzubereiten für stellt worden, die eine unzureichende Verortung ha- die Unternehmen zu groß, sodass die über die poli- ben (keine Straßenbahngleise in der Nähe) oder zeilich registrierten hinausgehenden Unfalldaten ohne Beschreibung des Unfallhergangs zur Verfü- der Verkehrsunternehmen für diese Untersuchung gung gestellt wurden. So sind die Unfalldaten aus nicht flächendeckend verfügbar sind. der Verkehrsunfalldatei NRW grundsätzlich ohne Unfallhergänge versehen. Diese können aus Grün- 5.2.1 Qualität der Unfalldaten den des Datenvolumens nicht zur Verfügung ge- stellt werden. Auch die Angabe über die Unfallört- Die Bereitstellung der polizeilichen Unfalldaten er- lichkeit erfolgte über Straßenschlüssel oder Netz- folgte bundeslandspezifisch unterschiedlich. Teil- knoten, was eine genaue Verortung erschwerte. weise wurden die Datensätze für das gesamte Bun- Darüber hinaus können die Unfalldaten der Ver- desland zur Verfügung gestellt, teilweise wurden die kehrsunfalldatei nur nach den Filtern „Schiene“, Unfalldaten städtespezifisch übermittelt. Auch die „FGÜ“, „Fußgängerfurt“, „Querungshilfe“, „mit LZA Formate der Unfalldaten sind sehr unterschiedlich. (an/aus)“ hin untersucht werden, um Unfälle an So wurden Datensätze in Form einer elektronischen Gleisquerungen zu filtern. Das in der VUD NRW Unfallsteckkarte (EUSka), als Excel-Datensatz, als keine Unfallhergänge erfasst werden, erschwerte pdf-Dokumente oder in Papierform bereitgestellt. die Unfallanalyse zusätzlich. Die Unfalldaten der VUD NRW wurden – nach Jah- ren und Regierungsbezirken in NRW getrennt – als Des Weiteren fiel auf, dass Unfälle an Gleisquerun- Excel-Datensätze zur Verfügung gestellt. gen mit dem Merkmal „Fußgängerfurt“, „Haltestelle“ oder „Kreuzung“ (bei Unfällen zwischen Straßen- Der Umfang der in einem ersten Abfrageschritt /Stadtbahnen und Radfahrern) versehen wurden, übermittelten Unfalldaten variierte zudem sehr und es eindeutig festzustellen war, dass sich diese stark. Während teilweise ungefilterte Daten zur Ver- Unfallereignisse an einem „Schienengleichen Weg- fügung gestellt wurden, sind auch Daten bereitge- übergang“ (Gleisquerung) ereignet haben, obwohl stellt worden, die mit dem Filter „Schienengleicher dies nicht vermerkt war. Wegübergang“ (in der Unfallanzeige unter „Beson- derheit der Unfallstelle“ ankreuzbar) versehen wur- Insgesamt ist festzustellen, dass es keine einheitli- den. che Erfassungssystematik von polizeilich erfassten Unfällen an Gleisquerungen gibt, was einen erhöh- Grundsätzlich wurde bei der Betrachtung der Unfall- ten Aufwand erforderte, um die relevanten Unfaller- daten deutlich, dass eine exakte Filterung der Un- eignisse zu filtern. Positiv hervorzuheben sind dabei fälle im Bereich von Gleisquerungen weder bei den die EUSka-Daten, bei denen die Verortung in der polizeilich erfassten Unfällen und noch weniger bei Regel sehr genau war und zudem Unfallskizzen den Daten der Verkehrsunternehmen möglich war. eine Verortung des Unfallereignisses sehr gut mög- Bei den ersten Auswertungen der Unfalldaten fiel lich machten. Da die polizeilichen Unfalldaten über- auf, dass es Unfallereignisse gab, die trotz des Fil- wiegend (knapp 60 %) auf EUSka-Daten basieren, ters „Schienengleicher Wegübergang“ nicht an ei- war es sehr gut möglich, die relevanten Unfalldaten ner Gleisquerung stattgefunden haben. Umgekehrt herauszufiltern. Auch wenn der Aufwand sehr groß ist bei der Auswertung der ungefilterten Unfalldaten war, um die Schwierigkeiten zu überwinden, so aufgefallen, dass eine Vielzahl von Unfällen, die kann im Ergebnis gesagt werden, dass schlussend- nicht mit dem Merkmal „Schienengleicher Wegüber- lich mit hoher Wahrscheinlichkeit alle polizeilich re-

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gistrierten Unfälle der Jahre 2009 bis 2015 zwi- kehrsbeteiligung 81) und/oder Radfahrer (Verkehrs- schen Radfahrern oder Fußgängern und Straßen- beteiligung 71) gefiltert. Daraus wurden über die bahnen an Gleisquerungen in 15 von 16 Bundeslän- EDV-Nummern die entsprechenden Unfälle im Vor- dern bzw. in 54 von 59 Gemeinden erfasst wurden Datensatz gefiltert. und für die Untersuchung vorlagen. Um eine Aussage darüber treffen zu können, ob Die Datengrundlage der Verkehrsunternehmen sich der Unfall an einer Gleisquerung von Straßen- wies ebenfalls ein uneinheitliches Bild auf. So wur- bahngleisen ereignet hat, wurde nach den Unfall- den nicht von allen Verkehrsunternehmen Angaben merkmalen Schienengleicher Wegübergang, Fuß- über das Alter und Geschlecht der Unfallbeteiligten gängerüberweg, Fußgängerfurt, Querungshilfe und erfasst. Auch eine Unterscheidung im Sinne der Unfallörtlichkeit mit Lichtzeichenanlage (LZA) gefil- amtlichen Statistik von Leicht- oder Schwerverlet- tert. Bei der Überprüfung der exakten Örtlichkeit zen wurde oftmals nicht gemacht. Die Ortsangaben wurden die Angaben der Straßenschlüssel (teil- des Unfallortes waren oft sehr ungenau oder auch weise mit Hausnummern vorhanden) oder die Netz- mit Entfernungen in Metern zur nächstgelegenen knoten überprüft. In wenigen Fällen (unter 5 %) wa- Haltestelle versehen, was zur Folge hatte, dass die ren allerdings weder Straßenschlüssel noch Anga- Bestimmung der Unfallörtlichkeit oftmals mit hohem ben zu den Netzknoten enthalten, sodass eine Aufwand verbunden war, wie auch das Fehlen oder exakte Verortung des Unfallereignisses nicht mög- die geringe Aussagekraft der Unfallhergangstexte. lich war. Da die VUD NRW keine Unfallhergangs- Die über die polizeilich registrierten Unfälle hinaus- texte beinhaltet, war die Bestimmung der genauen gehenden Daten der Verkehrsunternehmen konn- Unfallörtlichkeit sehr aufwändig. ten daher und auch aufgrund der begrenzten Stich- Unfalldaten aus dem GDV-Projekt "Maßnahmen probe nicht für zusätzliche Aussagen herangezogen zur Reduzierung von Straßenbahnunfällen" werden. Die Unfalldaten aus dem GDV-Forschungsprojekt

"Maßnahmen zur Reduzierung von Straßen- 5.3 Methodik der Unfalldatenauswer- bahnunfällen" beinhalten einen Excel-Datensatz, tung der die polizeilich erfassten Unfälle für die Jahre 2009 -2011 in ausgewerteter Form umfasst. Die Un- Im Rahmen der Unfallauswertung wurden Unfälle falldaten konnten dahingehend gefiltert werden, berücksichtigt, die eindeutig an einer Gleisquerung dass der Datensatz eine Angabe beinhaltet, die den stattgefunden haben. Konnte dies anhand der zur Abstand der Unfallörtlichkeit zur Gleisquerung an- Verfügung stehenden Unfalldaten bzw. den Anga- gibt. Allerdings war das kleinste Maß mit ≤5m zur ben des jeweiligen Unfallereignisses nicht präzise Gleisquerung angegeben, sodass eine detaillierte bestimmt werden, so wurde der Unfall bei der Aus- Auswertung der exakten Unfallörtlichkeit notwendig wertung nicht berücksichtigt. war. So sind über die Angaben der Unfall-örtlichkeit (Geokoordinaten, Straßennamen) und auch über Im Folgenden wird die Methodik der Unfalldaten- die Unfallhergangstexte, die allerdings selten vor- auswertung für die unterschiedlichen Unfalldaten- handen waren, Unfälle, die im Bereich einer Gleis- banken beschrieben. querung für Fußgänger und Radfahrer aufgetreten Polizeiliche Unfalldaten NRW sind, lokalisiert worden. Die polizeilichen Unfalldaten aus NRW lieferten für Polizeiliche Unfalldaten deutschlandweit jeden Regierungsbezirk eigene Excel-Datensätze Da die polizeilichen Unfalldaten der Bundesländer mit Angaben über die Beteiligten (Bet), Mitfahrer (außer NRW) mehrheitlich als EUSka-Datensatz (Mit) und Vorgänge (Vor) der Unfallereignisse. Der zur Verfügung gestellt wurden, wurde zunächst im Bet-Datensatz lieferte dabei Angaben über die Ver- Unfallmerkmal Besonderheit der Unfallstelle nach kehrsbeteiligten, wie bspw. Alter oder Geschlecht. Unfällen an einem "Schienengleichen Wegüber- Der Vor-Datensatz beinhaltet bspw. Angaben über gang" gefiltert. Allerdings stellte sich schnell heraus, die Unfallörtlichkeit. Der Mit-Datensatz war für die dass diese Angabe nicht immer korrekt aufgeführt Auswertung nicht von Relevanz. war, sodass sämtliche zur Verfügung gestellten Un- Die Überschneidung der Datensätze erfolgte über fälle überprüft wurden. Hilfreich dabei war die An- die EDV-Nummer des jeweiligen Unfalls. Um eine gabe der Geokoordinaten, Straßennamen und auch erste Auswertung vorzunehmen, wurden im Bet-Da- Unfallhergangstexte bzw. teilweise auch Unfallskiz- tensatz alle Unfälle mit einer Straßenbahn (Ver- zen. Diese Methodik wurde auch für die Unfalldaten kehrsbeteiligung 61) und einem Fußgänger (Ver- angewendet, die nicht mit EUSka zur Verfügung standen.

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Unfalldaten der Verkehrsunternehmen 5.5 Aufbau einer Unfalldatenbank mit Die Unfalldaten der Verkehrsunternehmen zeigten Unfällen an Gleisquerungen von deutlich, dass es keine Einheitlichkeit bei der Erfas- Straßenbahnen sung von Unfallereignissen gibt. Da die Daten der Verkehrsunternehmen teilweise sehr wenige Infor- Um aus den vorhandenen Datengrundlagen der Po- mationen beinhalteten, war eine exakte Verortung lizei eine zielführende Unfalldatenauswertung vor- oftmals schwierig. Sofern bei vorhandenen Unfall- nehmen zu können, wurde eine Datenbank aufge- hergangstexten nicht schon vorab ausgeschlossen baut, die neben den üblichen Merkmalen (Unfallzeit, werden konnte, dass das Unfallereignis für das For- Lichtverhältnisse, Alter/Geschlecht und Art der Ver- schungsvorhaben nicht relevant ist, musste jeder kehrsbeteiligung der Unfallbeteiligten) auch Anga- Unfall mit den Angaben zur Unfallörtlichkeit über- ben zur eigentlichen Gleisquerung liefert. Diese An- prüft werden. gaben wurden durch eigene Recherchen ermittelt. Dabei wurde unterschieden, ob die Gleisquerung Für alle Unfalldatenbanken gilt, dass die Überprü- signalisiert ist, in Z-Form ausgebildet ist, an einer fung der Unfallörtlichkeit mit Luftbildern von Haltestelle und/oder an einem Knotenpunkt liegt, GoogleMaps erfolgte. Insgesamt bleibt festzuhal- die Gleisquerung beschrankt und mit einem Andre- ten, dass ein erhöhter Aufwand nötig war, um die askreuz ausgestattet ist. Um eine Aussage über die relevanten Unfalldaten zusammenzustellen. bauliche Ausgestaltung der Gleisquerung zu geben, wurden aktuelle Luftbilder analysiert und die ent- sprechenden Informationen in die Datenbank auf- 5.4 Anzahl der relevanten Unfallereig- genommen. Allerdings sind für einige Gemeinden nisse die Luftbilder schlecht zu erkennen oder es gab bauliche Veränderungen im Untersuchungszeit- Da die Unfalldaten der Verkehrsunternehmen nicht raum. Das wurde festgestellt, wenn vorhandene flächendeckend zur Verfügung standen, wurden Google StreetView-Aufnahmen nicht mit den Luftbil- diese bei der Unfalldatenauswertung nicht weiter dern übereinstimmten. Allerdings sind StreetView- berücksichtigt. Ansonsten würde sich ein verzerrtes Aufnahmen nur in wenigen (in der Regel größeren) Bild der Unfalldaten ergeben. Im Ergebnis konnten Städten verfügbar. In einem zweiten Schritt ist mit so im Zeitraum von 2009 - 2015 1.190 relevante po- Hilfe von GoogleEarth analysiert worden, ob die lizeilich registrierte Unfallereignisse erfasst werden bauliche Veränderung vor oder nach dem Unfaller- (Tab. 5). Zeitliche Überschneidungen der Daten eignis stattgefunden hat. Konnte dies nicht eindeu- wurden hierbei berücksichtigt. tig bestimmt werden, konnte in den Fällen nicht für jede der oben genannten Merkmale der Gleisque- 380 Unfälle / Unfälle aus GDV-Pro- rung eine Angabe gemacht werden. Dies galt vor al- 3 Jahre (2009 jekt lem für die Merkmale „Signalisie-rung“ und „Andre- - 2011) askreuz“. Das Merkmal „Signalisierung“ konnte in

15% der Fälle nicht eindeutig bestimmt werden. Das en 172 Unfälle / polizeilich erfasste 6 Jahre (2010 Merkmal „Andreaskreuz“ konnte in 20% der Fälle dat l Unfälle NRW: nicht abschließend zugeordnet werden. al -2015) nf

U 638 Unfälle / polizeilich erfasste he 4 Jahre (2012 c

i Unfälle außer NRW: 5.6 Ergebnisse der Unfallauswertung l -2015) ei z i

ol Summe der polizeilich Für die detaillierte Unfalldatenauswertung wurden P registrierten Unfälle 1.190 Unfälle die Datengrundlagen der polizeilich erfassten Unfal- aus 15 von 16 Bun- / 7 Jahre lereignisse zu einer Gesamtdatenbank für die Jahre desländern bzw. 54 (2009-2015) 2009 - 2015 zusammengefasst. von 59 Gemeinden* Die Auswertung der Datenbank aller 1.190 polizei- *keine Unfalldaten aus Thüringen vorhanden lich erfassten Unfälle erfolgte nach folgenden Merk- malen: Tab. 5: Relevante Unfälle je Datenbank • Anzahl der Unfälle je Gemeinde,

• Lichtverhältnisse, • Unfallkategorie, • Anteil Fußgänger/Radfahrer bzw. Straßen- bahn an der Verkehrsbeteiligung 01 und 02,

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• Alter Verkehrsbeteiligte 01 und 02, • Geschlecht Verkehrsbeteiligte 01 und 02 • Bauform und Lage der Gleisquerung und. • Unfallauffällige Bereiche (≥3 Unfälle an ei- ner Gleisquerung zwischen 2009 - 2015). Zur Bestimmung unfallauffälliger Bereiche (≥3 Un- fälle an einer Gleisquerung in den Jahren 2009 - 2015) wurde nur die Grundgesamtheit (n = 1.190), der polizeilich erfassten Unfallereignisse berück- sichtigt. Die Grenze bei ≥3 Unfälle in sieben Jahren für un- fallauffällige Bereiche ist keine allgemeingültige Bild 54: Polizeilich registrierte Unfälle je Jahr in 15 von 16 Bun- Größe, sondern eine Setzung, die im Rahmen die- desländern im Untersuchungszeitraum (*polizeilich re- ser Untersuchung vorgenommen wurde. Sie wurde gistrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundesländern, keine anhand der Verteilung der Unfallereignisse auf die Unfalldaten aus Thüringen vorhanden) einzelnen Gleisquerungen vorgenommen (Bild 53). Gut 2 % der Unfälle finden an Gleisquerungen statt, an denen mindestens drei Unfälle in sieben Jahren zu verzeichnen waren. Dabei ergaben sich 27 von 1.067 Gleisquerungen, bei denen mit hoher Wahr- scheinlichkeit noch zu untersuchende Vorausset- zungen vorliegen, die zu einem erhöhten Unfallri- siko beitrugen.

Bild 55: Anzahl aller Unfälle zwischen Straßenbahnen und Fußgängern bzw. Radfahrern (DESTATIS 2017) Im Vergleich zu Unfällen mit Personenschaden an Fußgängerüberwegen und -furten in Deutschland in den sieben Untersuchungsjahren (Bild 56), liegt der Anteil der Unfälle an Gleisquerungen nur bei ca. 1%. Bild 53: Verteilung der Unfälle an der gleichen Gleisquerung im Zeitraum 2009 - 2015 Die unfallauffälligen Bereiche wurden dabei anhand der Geokoordinaten jedes Unfallereignisses je Ge- meinde ermittelt. 5.6.1 Auswertung der polizeilich erfassten Un- falldaten

Werden die Unfallereignisse der polizeilich erfass- ten Unfalldaten für den gesamten Untersuchungs- zeitraum von 2009 - 2015 aus 15 von 16 Bundes- ländern betrachtet, so wird deutlich, dass es bis zum Jahr 2014 eine aufsteigende Tendenz gab. Im Jahr Bild 56: Unfälle mit Personenschaden an Fußgängerüberwe- gen und -furten in Deutschland im Zeitraum von 2009 2015 hingegen waren die Unfallzahlen an Gleisque- - 2015 (DESTATIS 2017) rungen wieder rückläufig (Bild 54). Dies entspricht dem Trend der Daten vom Statistischen Bundesamt Überschreiten-Unfälle von Straßenbahngleisen an zur Analyse aller Unfälle zwischen Straßenbahnen Gleisquerungen sind insofern recht seltene Ereig- und Fußgängern/Radfahrern, unabhängig von der nisse. Polizeilich registrierte Unfälle dieser Art tra- Unfallörtlichkeit (DESTATIS 2017) (Bild 55). ten im Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2015 in 15

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von 16 Bundesländern mit Straßenbahnverkehr 171 Mal pro Jahr auf. Während allerdings die Überschreiten-Unfälle in den Jahren 2009 - 2015, die überwiegend zwischen Fußgängern/Radfahrern und Kraftfahrzeugen zu verzeichnen waren, insgesamt sanken, stiegen die Unfallzahlen zwischen Fußgängern bzw. Radfah- rern und Straßenbahnen im Untersuchungszeitrum, wobei im Jahr 2015 auch diese Unfallzahlen wieder sanken (Bild 54). Ob der Anstieg der polizeilich registrierten Unfälle an Gleisquerungen von Straßenbahngleisen mit Bild 57: Unfallfolgen von Fußgängern und Radfahrern an Fußgängern und Radfahrern, der in den Jahren Gleisquerungen (*polizeilich registrierte Unfälle aus 15 2009 bis 2014 in 15 Bundesländern kontinuierlich von 16 Bundesländern, keine Unfalldaten aus Thürin- war und knapp 70 % von 126 Unfällen im Jahr 2009 gen vorhanden) auf 212 Unfällen im Jahr 2014 ausmachte, einen Anteil am Gesamtunfallgeschehen Trend darstellt, kann momentan nicht abschließend mit Personenschaden für den Zeit- beurteilt werden. Da diese Unfälle seltene Ereig- raum von 2009 - 2015 nisse und damit möglicherweise recht zufällig sind, kann es sich bei dem Anstieg auch um eine Aus- Unfälle mit Per- Unfälle von wahl von Jahren handeln, in denen diese Entwick- sonenschaden Unfallkategorie Fußgängern lung willkürlich zu verzeichnen ist. Möglicherweise an Fußgänger- und Radfahrern haben sich aber auch einige Voraussetzungen ver- überwegen und mit Straßen- ändert, die zu diesem Anstieg beigetragen haben. -furten (ohne Au- bahnen (n = Zu diesen Voraussetzungen könnten eine zuneh- tobahn), (n = 1.150) mende Ablenkung und damit eine zunehmende Un- 80.509) aufmerksamkeit der Überschreitenden, aber mög- Unfälle mit Ge- licherweise ebenso ein zunehmender Straßenbahn- 0,79% 8,35% verkehr oder zunehmende Fußgänger- und Rad- töteten fahrzahlen sein. Inwieweit sich hier mögliche Zu- Unfälle mit SV 20,98% 43,22% sammenhänge erkennen lassen, wird im weiteren Verfahren – soweit möglich – untersucht. Unfälle mit LV 78,23% 48,44%

Während der Unfallauswertung wurde auch der As- Tab. 6: Unfälle mit Personenschaden an Fußgänger-überwe- pekt „Alkoholeinfluss“ (der Überquerenden) berück- gen und -furten (ohne Autobahn) und Unfälle von Fuß- sichtigt, falls dieser Aspekt erwähnt wurde. Diese gängern und Radfahrern mit Straßenbahnen am jewei- ligen Gesamtunfallgeschehen für den Zeitraum von Datengrundlagen sind allerdings nicht valide genug, 2009 - 2015 (DESTATIS 2017) um die Daten nach diesem Aspekt zu filtern und zu unterscheiden. Werden die Unfallfolgen je Jahr betrachtet, so ist insgesamt festzustellen, dass das Niveau der Getö- Unfallfolgen der Unfallereignisse teten in den 7 Jahren des Betrachtungszeitraums Im Untersuchungszeitraum in den Jahren von 2009 bis auf einen Ausreißer nach oben (n = 20) im Jahr bis 2015 gab es nach Auswertung der polizeilich re- 2013 und einen Ausreißer nach unten (n = 8) im gistrierten Unfälle in 15 von 16 Bundesländern 96 Jahr 2015, mit durchschnittlich 14 Getöteten pro getötete Fußgänger und Radfahrer an Gleisquerun- Jahr in 15 von 16 Bundesländern relativ konstant gen von Straßenbahngleisen. Die Anzahl der war. Betrachtet man die Unfallkategorien 2 (SV) und Schwerverletzten lag bei 497 Verunfallten und 557 3 (LV) so fiel auf, dass der Anteil der LV leicht höher Fußgänger und Radfahrer wurden leicht verletzt war. Im Jahr 2014 fiel dieser Unterschied allerdings (Bild 57). Vergleicht man diese Werte mit den Un- deutlich größer aus (Bild 58). fallfolgen Unfälle mit Personenschaden an Fußgän- Durchschnittlich wurden in den Jahren 2009 bis gerüberwegen und -furten (außer auf Autobahnen) 2015 in 15 von 16 Bundesländern somit 170 Unfälle im Zeitraum von 2009 – 2015 so wird deutlich, dass pro Jahr, davon 14 Unfälle mit Getöteten pro Jahr, die Unfallfolge bei Unfällen von Fußgängern und 71 Unfälle mit Schwerverletzten pro Jahr und 80 Un- Radfahrern mit Straßenbahnen deutlich schwerwie- fälle mit Leichtverletzten pro Jahr infolge des Über- gender sind, da hier der Anteil der Getöteten und Schwerverletzten merklich höher liegt (Tab. 6).

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querens von Straßenbahngleisen an Gleisquerun- kein klarer Trend zu erkennen, was wohl mit der ge- gen polizeilich registriert. In der Regel wurde bei ringeren Stichprobe zusammenhing. den Unfällen nur eine Person verletzt oder getötet. Verkehrsbeteiligung bei den Unfallereignissen Aus den Unfallanalysen ging hervor, dass fast aus- schließlich (knapp 94%) der Unfallverursacher (Bet 01) Fußgänger und Radfahrer waren. Dabei verteil- ten sich diese 94% ca. zu einem Drittel auf Radfah- rer und zu zwei Dritteln auf Fußgänger (Bild 60).

Bild 58: Unfallfolgen von Fußgängern und Radfahrern je Jahr im Untersuchungszeitraum (* polizeilich registrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundesländern, keine Unfallda- ten aus Thüringen vorhanden) Bei Betrachtung der Unfallereignisse mit Fußgän- gern und Radfahrern als Verursacher zeigte sich bei der absoluten Anzahl der Unfälle eine steigende Bild 60: Unfallverursacher der Unfallereignisse an Gleisque- Tendenz bis ins Jahr 2014 und ein Rückgang im rungen im Zeitraum von 2009 - 2015 (* polizeilich re- Jahr 2015 (Bild 60). Obwohl die Anzahl der Unfälle gistrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundesländern, keine Unfalldaten aus Thüringen vorhanden) mit Fußgängern zwar höher lag, als Unfälle mit Rad- fahrern, so fiel doch auf, dass die Anzahl der getö- Im Vergleich von Verursachern der Unfälle an Gleis- teten Fußgänger überproportional über der Anzahl querungen mit allen Unfällen zwischen Fußgängern der getöteten Radfahrer lag (Bild 59). bzw. Radfahrern und Straßenbahnen (unabhängig von der Örtlichkeit) zeigte sich, dass der Anteil der Hinsichtlich des Anteils getöteter bzw. schwer ver- Fußgänger als Unfallverursacher in beiden Fällen letzter Fußgänger könnte eine Überprüfung der Ge- annähernd gleich war, der Anteil der Radfahrer bei staltung des Frontbereichs der Fahrzeuge ein wei- den Unfalldaten unabhängig von der Örtlichkeit terer Ansatz sein, bei einem Zusammenprall mit niedriger, aber dafür der Anteil der Straßenbahnfah- Fußgängern die Unfallfolgen zu vermindern. Dieser rer höher lag (Bild 61). und andere fahrzeugbezogene Ansätze (z. B. Ein- führung von Notbremsassistenten) waren jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchung.

Bild 61: Unfallverursacher aller Unfallereignisse unabhängig von der Örtlichkeit im Zeitraum von 2009 - 2015 (DESTATIS 2017) Bild 59: Getötete Fußgänger und Radfahrer je Jahr im Unter- suchungszeitraum von 2009 - 2015 an Gleisquerun- Alter der Unfallbeteiligten gen (* polizeilich registrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundesländern, keine Unfalldaten aus Thüringen vor- Bei der Betrachtung der Altersverteilung (Tab. 7) handen) wurde eine Unterscheidung zwischen den Unfall- verursachern (Bet 01) und den Unfallbeteiligten 02 Bei der Betrachtung der Unfallfolgen von Fußgän- durchgeführt. Dabei wurden bei den Unfallverursa- gern und Radfahrern als Verkehrsbeteiligte 02, war chern neben den Fußgängern und Radfahrern,

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auch die Straßenbahnfahrer berücksichtigt. Bei ge- Wahrscheinlichkeit an Unfällen beteiligt waren. Die nauer Analyse der Unfalldaten fiel auf, dass bei den Beteiligung der Altersgruppen an Unfällen wird in Unfallverursachern (Fußgänger) die Altersgruppe diesem Fall stark von der derzeit vorherrschenden der 15 bis 24-jährigen (n = 134) und die älteren Altersstruktur in den Verkehrsunternehmen be- Menschen mit einem Alter ≥65 Jahre (n = 150) deut- stimmt. lich häufiger vertreten waren. Aber auch Kinder un- Beteiligte 02* ter 15 Jahren waren häufiger Verursacher eines Un- Alters- fallereignisses als die übrigen Altersgruppen. Bei Straßen- gruppe Fußgänger Radfahrer den Radfahrern fiel auf, dass auch hier die älteren bahnfahrer Menschen ≥65 Jahre als Unfallverursacher häufig auftraten (n = 66). Den größten Anteil hatten aller- <15 Jahre 14 2 0 dings die Radfahrer in der Altersgruppe der 25 bis 15-24 Jahre 9 1 32 34-jährigen mit 78 Verursachern (Tab. 7). 25-34 Jahre 6 1 153 35-44 Jahre 4 1 249 Bei der Altersverteilung der Straßenbahnfahrer zeigte sich, dass die Altersgruppe der 45 bis 54-jäh- 45-54 Jahre 9 2 422 rigen an mehr als doppelt so vielen Unfällen als Ver- 54-65 Jahre 4 4 166 ursacher beteiligt waren (n = 23), als eine der ande- >65 Jahre 21 2 5 ren Altersgruppen. Tab. 8: Altersverteilung der Bet 02 (n = 1.107) (* polizeilich re- gistrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundesländern, keine Unfallverursacher Bet 01* Unfalldaten aus Thüringen vorhanden) Alters- Fahrperso- Geschlecht der Unfallbeteiligten nal der gruppe Fußgänger Radfahrer Straßen- Die Geschlechterverteilung der Unfallverursacher bahnen90 und der Beteiligten 02 war bei den Fußgängern an- nähernd ausgeglichen, wobei der Anteil der männli- <15 Jahre 74 40 0 chen Fußgänger bei den Unfallverursachern höher 15-24 Jahre 134 62 5 war (Bild 62), wohingegen bei den Beteiligten 02 25-34 Jahre 64 78 6 die weiblichen Fußgänger einen etwas höheren An- 35-44 Jahre 50 18 11 teil aufwiesen (Bild 63). 45-54 Jahre 51 33 23 54-65 Jahre 58 28 10 >65 Jahre 150 66 0

Tab. 7: Altersverteilung der Unfallverursacher (n = 961) (*polizeilich registrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundes- ländern, keine Unfalldaten aus Thüringen vorhanden) Wurden die Altersgruppen der Beteiligten 02 be- trachtet, fiel auf, dass bei den Fußgängern die Al- tersgruppe der ≥65-jährigen die meisten Unfallbe- teiligungen aufweist (n = 21). Auch die Altersgrup- pen der unter 15-jährigen (n = 14) wiesen deutlich mehr Unfallbeteiligungen auf, als die übrigen Alters- gruppen. Bild 62: Geschlecht der Unfallverursacher (*polizeilich re- Die Betrachtung der Radfahrer (Bet 02) war auf- gistrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundesländern, keine Unfalldaten aus Thüringen vorhanden) grund der geringen Stichprobe (n = 13) nicht sehr aussagekräftig (Tab. 8). Hier wiesen die Alters- Bei den Radfahrern ragten sowohl bei den Unfall- gruppe der 55 bis 64-jährigen die meisten Unfallbe- verursachern als auch bei den Beteiligten 02 jeweils teiligungen auf (n = 4). die männlichen Radfahrer heraus, wobei bei den Beteiligten 02 die Stichprobe mit n = 13 eher gering Hinsichtlich der Altersverteilung des Fahrpersonals war (Bild 63). musste zudem berücksichtigt werden, dass Stra- ßenbahnfahrer in den Altersgruppen 35-44 Jahre sowie 45-54 Jahre auch einen Großteil des Fahr- personals stellen und somit mit einer höheren

90 Die Altersstruktur der Unfallverursacher bei den Straßenbah- nen spiegelt die Altersstruktur in den Verkehrsunternehmen wi- der.

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auch die Wahrscheinlichkeit eines Unfallereignisses in diesem Zeitraum signifikant höher war.

Bild 63: Geschlecht der Beteiligten 02 (*polizeilich registrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundesländern, keine Unfallda- ten aus Thüringen vorhanden) Bild 64: Lichtverhältnisse der Unfallereignisse an Gleisquerun- Unfallereignisse in den Gemeinden gen von Straßenbahnen im Zeitraum von 2009 - 2015 (* polizeilich registrierte Unfälle aus 15 von 16 Bundes- Eine Übersicht aller vorliegenden polizeilich erfass- ländern, keine Unfalldaten aus Thüringen vorhanden) ten Unfallereignisse in den Gemeinden mit Straßen- bahnbetrieb ist dem Anhang zu entnehmen. Da mit Lage, Form bzw. Ausstattung der Gleisquerung Ausnahme von Thüringen die Unfalldaten der Poli- Die Analyse der Lage, Form und Ausstattung der zei flächendeckend zur Verfügung standen, konn- Gleisquerung mit mindestens einem Unfallereignis ten die Unfälle für 53 der 56 Straßenbahnbetriebe war nur ansatzweise interpretationsfähig, da keine analysiert werden. Da für die Bestimmung unfallauf- Verhältniswerte wie beispielsweise Zahl der vorhan- fälliger Bereiche (vgl. Kapitel 5.6.2) die geografi- denen Gleisquerungen mit und ohne Signalgeber / sche Lage und nicht das Verkehrsunternehmen von Schranke oder Straßenbahn- oder Fußgänger- Bedeutung ist, wurden die Unfallzahlen je Ge- /Radfrequenzen ermittelt werden konnten. Sie meinde dargestellt. Die großen Unterschiede zwi- zeigte zunächst, dass die überwiegende Anzahl der schen den Gemeinden waren auch aufgrund der Gleisquerungen mit einem Signalgeber (unabhän- unterschiedlichen Streckenlängen zu erklären. Um gig von der Art des Signalgebers) ausgestattet war. eine Vergleichbarkeit herzustellen, wurde im weite- Dem gegenüber waren wiederum die wenigstens ren Verlauf eine Sicherheitsanalyse durchgeführt, Gleisquerungen mit einer Schranke oder einem An- bei der die Länge des Streckennetzes mit den Häu- dreaskreuz versehen. figkeiten an Unfallereignissen ins Verhältnis gesetzt wurde (Unfalldichte). Bei der Betrachtung der Unfal- Was die Führung an der Gleisquerung betraf, so lereignisse in den jeweiligen Gemeinden mit Stra- waren die wenigsten Unfälle an einer Gleisquerung ßenbahnbetrieb wurde zudem deutlich, dass sich mit einer Z-Form (275 Unfälle). Betrachtet man die über die Hälfte der Unfälle (ca. 60% oder 705 von Lage, sind mehr Unfälle an einer Gleisquerung im 1.190 Unfällen) auf die zehn Gemeinden verteilten, Haltestellenbereich aufgetreten (678 Unfälle gegen- die absolut gesehen im Untersuchungszeitraum von über 435 auf freier Strecke). Zudem fiel auch auf, 2009 – 2015 die häufigsten Unfälle aufwiesen. Da dass sich eine große Anzahl der Unfälle im Bereich im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes Ana- eines Knotenpunktes ereignet haben. lysen vor Ort durchgeführt werden, um Zusammen- Bei der Analyse der Lage, Form bzw. Ausstattung hänge zwischen den Unfallereignissen und der der Gleisquerung bezogen auf den Haltstellenbe- Lage, Form bzw. Ausstattung und weiteren Rah- reich und die freie Strecke, waren mehr Unfälle im menbedingungen, wie Dichte des Taktes der Stra- Haltestellenbereich an einer Gleisquerung in Z- ßenbahnstrecke oder auch Fußgänger-/Radfahrer- Form aufgetreten (149 Unfälle gegenüber 126). frequenz an der Gleisquerung herauszustellen, Ebenso war das Bild bezogen auf die Ausstattung könnten diese Gemeinden potenzielle Untersu- mit einem Signalgeber. Es traten mehr Unfälle im chungsräume sein. Haltestellenbereich an den Gleisquerungen mit ei- Lichtverhältnisse bei den Unfallereignissen nem Signalgeber (482 Unfälle) auf, als auf der freien Strecke (276 Unfälle). Da Daten über die Häufigkei- Die überwiegende Mehrzahl der Unfallereignisse an ten der jeweiligen Kombinationen in der Praxis je- Gleisquerungen von Straßenbahnen fand bei Ta- doch nicht zu ermitteln waren, konnten die Unfall- geslicht statt (Bild 64). In dieser Tageszeit war auch zahlen nicht gewichtet werden. das Verkehrsaufkommen bei Stadtbahnen sowie Fußgängern und Radfahrern deutlich höher, sodass

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5.6.2 Unfallauffällige Bereiche zum einen polizeilich erfasst wurden und zum ande- ren von den Verkehrsunternehmen zur Verfügung Die Analyse der Unfalldaten ergab, dass insgesamt gestellt wurden. Allerdings war die Datengrundlage 27 unfallauffällige Bereiche (von 1.067 Gleisquerun- der Verkehrsunternehmen nicht flächendeckend gen mit mindestens einem Unfallereignis zwischen und – wenn vorhanden – auch sehr uneinheitlich. 2009 – 2015) mit drei oder mehr Unfällen an dersel- Daher wurde für die Unfallauswertung die Daten- ben Gleisquerung vorhanden waren (vgl. Tab. 9). grundlage der polizeilich registrierten Unfälle be- Dabei waren in den Städten Berlin (6 Bereiche), rücksichtigt. Diese lagen – bis auf die Daten des Köln (5 Bereiche) und Karlsruhe (4 Bereiche) loka- Bundeslands Thüringen – vollständig vor. Insge- lisiert worden. Die weiteren unfallauffälligen Berei- samt wurden in den sieben Untersuchungsjahren che sind in Tab. 9 aufgelistet. 1.190 relevante Unfallereignisse ausgewertet. Anzahl unfallauffälliger Dabei zeigte sich eindeutig, dass die Unfälle vorran- Bereiche mit drei oder gig an verschiedenen Gleisquerungen auftraten und Gemeinde mehr Unfällen in sieben seltene Einzelereignisse sind. Lediglich an 90 Gleis- Jahren an einer Gleis- querungen geschahen zwei oder mehr Unfälle. Auf- querung fällige Bereiche mit drei oder mehr Unfällen an einer Berlin 6 Gleisquerung sind lediglich in 27 Fällen ausgewer- Köln 5 tet worden. Somit sind Unfälle an Gleisquerungen Karlsruhe 4 seltene Einzelereignisse. Düsseldorf 2 Festzustellen ist, dass im Verlaufe der Untersu- Frankfurt am Main 2 chungsjahre (2009 – 2015) ein kontinuierlicher An- Bremen 1 stieg (mit Ausnahme des Jahres 2015) der Unfaller- Chemnitz 1 eignisse an Gleisquerungen zu verzeichnen war. Dresden 1 Freiburg 1 Der überwiegende Anteil der Unfälle wurde durch Halle/Saale 1 Fußgänger (ca. 61 %) und Radfahrer (ca. 33 %) Leipzig 1 verursacht. Das Fahrpersonal der Straßenbahnen München 1 stellte bei den Beteiligten 01 eine klare Minderheit Nürnberg 1 dar (ca. 6 %). Tab. 9: Unfallauffällige Bereiche mit drei oder mehr Unfällen Werden die Unfallfolgen analysiert, so sind fast die im Zeitraum von 2009 - 2015 Hälfte aller Unfälle mit Fußgängern oder Radfahrern mit Leichtverletzten. In ca. 43 Prozent der Unfaller- Erste Untersuchungen, ob es Zusammenhänge bei eignisse waren die Fußgänger oder Radfahrer der Lage, Form bzw. Ausstattung der Gleisquerung schwerverletzt und in ca. 8 Prozent der Fälle wur- gab, hatte ergeben, dass signalisierte im Haltestel- den sie getötet. Bei den getöteten Verkehrsbeteilig- lenbereich liegende Gleisquerungen häufiger bei ten waren Fußgänger deutlich häufiger betroffen als den unfallauffälligen Bereichen vertreten waren. Radfahrer. Gleisquerungen, die in Z-Form angelegt waren, wa- ren hingegen weniger bei den unfallauffälligen Be- Werden die Unfallereignisse dahingehend analy- reichen vertreten. Diese ersten Auswertungen er- siert, in welchen Altersgruppen Fußgänger und lauben aber noch keine Ableitung von Erkenntnis- Radfahrer, entweder als Unfallverursacher oder als sen und erfordern einen Abgleich der Verteilungen Beteiligte 02 beteiligt waren, so sind Tendenzen er- der Lage, Form und Ausstattungen der Grundge- kennbar. Bei den Beteiligten 01 – bezogen auf die samtheit aller vorhandenen Gleisquerungen und Fußgänger – zeigten sich in den Altersgruppen 15 der jeweiligen Voraussetzungen innerhalb der Ge- bis 24 Jahre und über 65 Jahre deutlich mehr Un- meinden. fallereignisse als in den übrigen Altersgruppen. Bei den Radfahrern stach zusätzlich zu den oben ge-

nannten Altersgruppen auch die Gruppe der 25 bis 5.7 Zusammenfassung der Unfallana- 34-jährigen hervor. Für die Beteiligten 02 ist eine lyse Aussage nur für die Fußgänger zu treffen, da die Stichprobe bei den Radfahrern zu gering war. Hier Die Unfallauswertung war ein wesentlicher Teil der waren die Altersgruppen unter 15 Jahre und über 65 Analyse der Unfälle von Fußgängern und Radfah- Jahre am häufigsten vertreten. rern an Gleisquerungen. Als Datengrundlage dien- Bezogen auf das Geschlecht der Unfallbeteiligten ten Unfalldaten aus den Jahren 2009 – 2015, die zeigte sich ein uneinheitliches Bild. Im Gegensatz zu den Radfahrern bei denen die Unfallbeteiligten

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sowohl als Beteiligte 01 als auch Beteiligte 02 zu • einer Kurzbefragung von Benutzern der knapp zwei Dritteln männlichen Geschlechts waren, Gleisquerung bezüglich des Verhaltens an gab es bei den Fußgängern Unterschiede: Bei den Gleisquerungen und des (subjektiven) Si- Beteiligten 01 waren Frauen und Männer ungefähr cherheitsempfindens (Kap. 6.4), zu gleichen Anteilen vertreten, bei den Beteiligten • einem Sicherheitsaudit auf Basis von Plan- 02 gab es allerdings einen höheren Anteil Frauen. unterlagen (Kap. 6.5) sowie • einem Bestandsaudit (Analyse auf Basis ei- Die überwiegende Mehrheit (ca. 75%) aller Unfälle ner Ortsbesichtigung, Kap. 6.5). trat bei Tageslicht auf. Die Kombination der unterschiedlichen Methoden Wurden die Lage, Form und Ausstattung der Gleis- diente folgenden Zielen: querung analysiert, so war deutlich, dass sich der überwiegende Anteil der Unfälle an signalisierten • Analyse der Verhaltensweisen von Fußgängern Gleisquerungen ereignete. Auffällig war dabei, dass und Radfahrern an Gleisquerungen unter- deutlich mehr Unfälle an Gleisquerungen mit Sig- schiedlicher Bauform und Sicherung; nalgebern auftraten. Deutlich weniger Unfälle traten • Analyse von Verhaltensweisen von Personen- an Überquerungsstellen mit einem erzwungenen gruppen in Abhängigkeit des Alters (Kinder, Er- Richtungswechsel auf. Diese Erkenntnis konnte al- wachsene, ältere Menschen); lerdings nicht gewichtet werden, da der jeweilige • Analyse der Regelkonformität des Verhaltens Anteil von unterschiedlichen Merkmalen bei Gleis- (z. B. Rotlichtbeachtung, StVO-konformes Ver- querungen (Bauform, Signalisierung) an allen Gleis- halten) von Fußgängern und Radfahrern an querungen nicht zu ermitteln war (vgl. Kap. 4). Gleisquerungen; • Beobachtung und Bewertung von Konfliktsitua- Bezüglich des angemessenen Verhaltens der que- tionen zwischen Fußgängern bzw. Radfahrern renden Unfallopfer konnten keine gesicherten und Straßenbahnen; Rückschlüsse getroffen werden. Von 516 Unfällen • Beobachtung von Verhaltensweisen, die sich an signalisierten Gleisquerungen war lediglich bei negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken 115 Fällen als Unfallursache „Missachtung des können, z. B. Durchführung ablenkender Tätig- Lichtsignals“91 oder Unfallursache 64 „Falsches keiten; Verhalten beim Überschreiten der Fahrbahn ohne • auf den Fahrzeugverkehr zu achten“ eingetragen. Identifizierung und Analyse von Sicherheitsde- Da davon ausgegangen werden kann, dass die fiziten an der Gleisquerung bzw. des Umfeldes, Lichtsignalanlage in der überwiegenden Anzahl der welche Konflikte zwischen Überquerenden und Fälle technisch einwandfrei funktioniert hat, müsste Straßenbahnen begünstigen. die Unfallursache deutlich häufiger benannt sein. Über die Unfallanalyse der 1.190 untersuchten Un- 6.2 Vorbereitung der Erhebungen fälle an Gleisquerungen waren weder bezüglich der Bauform, der Art der Sicherung oder weiterer Aus- 6.2.1 Auswahl der Fallbeispiele stattungsmerkmale besondere Auffälligkeiten be- züglich prototypischer Merkmale festzustellen. Planmäßig war vorgesehen, insgesamt 20 Gleis- querungen zu beobachten und zu analysieren. Da aus der Unfallanalyse keine prototypischen Merk- 6 Untersuchung von Fallbeispie- male ermittelt werden konnten (vgl. Kap. 5.7), lie- len ßen sich auf dieser Basis keine Cluster für die Ver- kehrsbeobachtung bilden. Die Grundgesamtheit der Unfälle bei Kombination verschiedener Merkmale 6.1 Ziele (Bauform, Sicherung, Lage) einer Gleisquerung war jeweils zu gering, um hier entscheidende Einflüsse Bestandteil der Untersuchung war die Analyse rea- auf Konflikte identifizieren zu können. Daher wur- ler Fallbeispiele unterschiedlicher Gleisquerungen. den in Abstimmung mit dem Betreuerkreis die Krite- Diese bestand aus jeweils mehreren Bausteinen: rien für die Bauform und Signalisierung festgelegt, • einer videogestützten Verkehrsbeobach- um eine Auswahl für die Beobachtungen im Real- tung der überquerenden Personen verkehr treffen zu können. Die Kombination dieser (Kap. 6.3), beiden Kriterien erfolgte wie folgt (vgl. Tab. 10):

91 Unfallursache 60 „Falsches Verhalten beim Überschreiten der Fahrbahn an Stellen, an denen der Fußgängerverkehr durch Po- lizeibeamte oder Lichtzeichen geregelt war“.

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• Erzwungener Richtungswechsel (Z-Form) Städten kontaktiert und gebeten, für die Untersu- mit Sicherung durch Übersicht und chung geeignete Gleisquerungen innerhalb der • geradlinige Gleisquerung mit Signalisie- Kommune vorzuschlagen. Von den Städten wurden rung. nach Abstimmung mit den zu beteiligenden Ämtern und dem lokalen Verkehrsunternehmen Gleisque- Innerhalb einer Stadt sollten entsprechend ver- rungen zurückgemeldet. Diese wurden anschlie- gleichbare Gleisquerungen (dieselbe Bauform und ßend mit online verfügbarem Karten- und Bildmate- Signalisierung) untersucht werden. Dadurch sollte rial auf ihre grundsätzliche Eignung überprüft. Ggf. gewährleistet sein, dass je jeweils festgelegtem Typ wurden weitere Gleisquerungen nachgefordert, um eine hohe Anzahl von Querungsvorgängen beo- die geplante Mindestanzahl von jeweils fünf Gleis- bachtet werden konnte. querungen je Stadt zu erreichen. Als weiteres Merkmal sollten die Gleisquerungen je- Einen Überblick über die Lage und Ausstattung der weils eine hohe Frequenz an Straßenbahnüberfahr- Gleisquerungen findet sich im Anhang 1 und 293. ten sowie eine möglichst hohe Nutzerfrequenz ent- weder durch den Fußverkehr oder durch den Rad- verkehr aufweisen. Die Maßgabe einer hohen Fre- 6.2.2 Erstellung eines Datenschutzkonzeptes quentierung ließ eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Beobachtung von Konflikten erwarten (vgl. Um den Anforderungen des Datenschutzes gemäß Kap. 3). Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu genügen, Stadt Bauform Sicherung wurde ein detailliertes Datenschutzkonzept aufge- stellt. Dieses wurde mit den jeweiligen Städten bzw. erzwungener Übersicht ohne Datenschutzbeauftragten abgestimmt. Richtungswechsel A Signalisierung Die Daten wurden bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung pseudonymisiert und anonymisiert, sodass eine Zusammenführung der Daten aus Be- erzwungener Übersicht ohne obachtung und Befragung nicht möglich ist. Persön- Richtungswechsel B liche Daten wurden mit Ausnahme des Geburtsjah- Signalisierung res bei der Befragung (freiwillige Angabe für statis- tische Zwecke) nicht erhoben. Den Anforderungen geradlinig Übersicht mit des Datenschutzes bezüglich des Schutzes von C Warnlicht (Gelb- Persönlichkeitsrechten wurde durch Positionierung blinken)* der Kameras mit Abstand zur Gleisquerung, durch eine unscharfe Einstellung der Objektive und/oder D geradlinig Rot-Dunkel die Wahl des Kameraausschnitts (keine Aufnahme * an den Untersuchungsorten in der Regel nur bei in die Hal- von Gesichtern) nachgekommen. Die Hinweispflicht testelle einfahrenden Straßenbahnen angezeigt gemäß § 6b Absatz 2 BDSG wurde erfüllt.

Tab. 10: Übersicht über die grundsätzlichen Merkmale der Gleisquerungen in den Untersuchungsstädten 6.3 Verkehrsbeobachtung Auf Basis der Erkenntnisse der Analyse der Baufor- men und Arten der Sicherung bei Städten mit Stra- Die ausgewählten Gleisquerungen wurden mithilfe ßenbahnverkehr in Deutschland (Kap. 4.1), wurden der Videotechnik beobachtet. Dabei wurde der Fo- unter Berücksichtigung der Vorgaben für die Aus- kus ausschließlich auf die Beobachtung der Pas- wahl geeignete Städte für die Verkehrsbeobachtun- santen beim Überqueren der Gleise gelegt. Das gen identifiziert. Aufgrund der in Absprache mit dem Verhalten beim Überqueren anliegender Fahrbah- Betreuerkreis getroffenen Vorgaben, bestimmte Kri- nen des Individualverkehrs wurde nicht betrachtet. terien in Kombination zu erfüllen (z. B. Z-Form nicht 6.3.1 Technische Ausstattung signalisiert), war die freie Auswahl bezüglich der je- 92 weiligen Cluster beschränkt. Das eingesetzte Videokamera-System war funkba- Da für die jeweiligen Städte keine umfassende Orts- siert und umfasste insgesamt vier Einzelkameras kenntnis vorlag, wurden Ansprechpartner in den sowie jeweils vier Sender (bei den Kameras) und

92 Beispielsweise gibt es Städte, in denen der überwiegende Teil 93 Der Anhang wurde nur in einer elektronischen Fassung (Pdf) an Gleisquerungen über einen erzwungenen Richtungswechsel veröffentlicht und ist über das BASt-Archiv elektron-sicher Me- verfügt, der allerdings signalisiert ist. Entsprechend wäre die dien zu beziehen. Auswahl für ein Cluster sehr stark beschränkt gewesen.

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Empfänger (in der Nähe des Rekorders). Das Sys- 73). Betrachtet wurde die PET vom Zeitpunkt, zu tem ermöglichte eine zeitsynchrone Aufnahme und welchem der erste Verkehrsteilnehmer (hier: Fuß- Speicherung auf einem Vier-Kanal-Festplattenre- gänger oder Radfahrer) die Konfliktfläche verlässt, korder. Die Aufnahmekapazität des Rekorders war bis zu dem Zeitpunkt, an dem der zweite Verkehrs- begrenzt auf 100 Bilder pro Sekunde. Somit waren teilnehmer (hier: Straßenbahn) die Konfliktfläche er- für jede Kamera maximal 25 Bilder pro Sekunde für reicht („lastPET“). Die PET beschreibt demnach die die Aufnahme möglich. Mit einem speziellen Pro- Zeitspanne, um die sich zwei Verkehrsteilnehmer gramm des Festplattenrekorder-Herstellers ließen verfehlt haben (vgl. Bild 65). Die PET bewertet den sich die zeitsynchron erfolgten Aufnahmen für die Ausgang einer Interaktion somit rückblickend auf Auswertung wieder zeitsynchron abspielen. Basis der realen Zeitdifferenz: wie knapp haben sich die beiden Verkehrsteilnehmer räumlich oder Die Kameras waren auf Stativen angebracht, die zeitlich „verpasst“. auf eine Höhe von maximal 4,00 m ausgefahren werden konnten. Dies ermöglichte einen guten Überblick über die Gleisquerung auch bezüglich der Annäherung der Fußgänger und Radfahrer. An den Stativen war jeweils auch der Sender für die Daten- übertragung angebracht. Die vier Empfänger waren ebenfalls auf einem Stativ montiert und über Kabel mit dem Festplattenrekorder verbunden. Kameras und Festplattenrekorder wurden mithilfe von Akkus mit Strom versorgt. Dies ermöglichte grundsätzlich eine relativ flexible und an den jeweiligen Standort angepasste Aufstellung der Videokameras. Mithilfe eines Kontrollmonitors konnten die Kameras am je- weiligen Standort in der Ausrichtung und dem ange- zeigten Bildausschnitt kalibriert werden.

6.3.2 Methodik

6.3.2.1 Modifizierte Verkehrskonflikttechnik (PET) Für die Bewertung der während der Verkehrsbe- obachtung gewonnenen Daten wurde die Methode einer modifizierten Verkehrskonflikttechnik gewählt. Um ein objektives Verfahren für die Bewertung von Interaktionen zwischen Straßenbahnen und que- renden Personen zu haben, wurde für die Bewer- Bild 65: Prinzip der Berechnung der PET nach HÄCKELMANN tung der Konflikte die „Sicherheitszeitlücke“ nach für die Konfliktfläche 2 (eigene Darstellung) HÄCKELMANN (HÄCKELMANN 1976) bzw. das Die Größe der an der Konfliktfläche (Gleisquerung) identische Verfahren der PET (Post Encroachment ermittelten PET diente als Maß für die Beurteilung Time) nach ALLEN herangezogen. Die Sicherheits- der Situation: je kleiner die PET war, desto kritischer zeitlücke diente HÄCKELMANN zunächst nur zur wurde die Situation zunächst eingeschätzt, unab- Bewertung von Fußgängerquerungen an lichtsig- hängig von einer abschließenden Bewertung. nalgeregelten Knotenpunkten. Die PET wird jedoch für die Bewertung der Sicherheit von unterschiedli- In Anlehnung an empirische Untersuchungen von chen Verkehrssituationen und Verkehrsarten heran- VAN DER HORST (VAN DER HORST 1990) wur- gezogen. Wenn die Verfahren auch identisch sind, den drei Kategorien gebildet: hat sich der Begriff der PET durchgesetzt und wird • Eine tPET ≤ 1 Sekunde wurde als schwerer entsprechend in dieser Arbeit verwendet. Konflikt definiert, Das Verfahren der Bewertung mittels PET erlaubt • eine tPET von mehr als 1 Sekunde und ≤(?) eine hohe Messgenauigkeit, da Ort und Zeit der bei- 2 Sekunden wurde als leichter Konflikt defi- den Verkehrsteilnehmer (Straßenbahn bzw. Fuß- niert, gänger oder Radfahrer) an der Konfliktfläche sehr • eine tPET > 2 Sekunden wurde als unkritisch exakt ermittelt werden können (vgl. Korda 1999, S. eingestuft.

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Die PET wurde bis zu einem Grenzwert von 10 Se- besten bewährt. Diese Aufteilung entspricht der De- kunden analysiert, um das Verhalten von Fußgän- finition nach HÄCKELMANN für die Bewertung von gern und Radfahrern bei der Zeitlückenwahl ge- Fußgängerquerungen. Als Konfliktfläche wird die nauer analysieren zu können. KORDA schätzt tPET vom Fußgänger benutzte Fläche definiert; vom Be- bis zu 8 s als relevant für die Bewertung ein. treten der Konfliktfläche bis zum Verlassen des für (KORDA 1998, S. 123) Er empfiehlt eine Berück- die Begegnung relevanten Fahrstreifens (hier: Be- sichtigung einer PET von 10 s, um Fehleinschät- reich für ein Richtungsgleis). Als Zeitpunkt für die zungen des Beobachters kompensieren zu können. Ermittlung der PET wurde somit der Zeitpunkt no- Überquerungsvorgänge mit einer tPET > 10 s wurden tiert, zu dem der Fußgänger die Konfliktfläche des nicht weiter analysiert und bewertet, da sie unter As- jeweiligen Richtungsgleises verlässt und die Stra- pekten der Verkehrssicherheit keine Rolle spielen. ßenbahn die Gleisquerung erreicht. Bei der PET bleibt unberücksichtigt, ob eine Reak- tion eines der Verkehrsteilnehmer erforderlich ist, 6.3.2.2 Durchführung der Beobachtung um eine Kollision zu vermeiden und wenn ja, wie groß diese Reaktion ist. Daher stellt KORDA in ei- In Anlehnung an die Vorgaben der Empfehlungen nem Vergleich der unterschiedlichen Verfahren der für Verkehrsbeobachtungen (EVE) (FGSV 2012, S. Verkehrskonflikttechnik fest, dass die PET grund- 27), sollte die Verkehrsbeobachtung in drei Zeitblö- sätzlich immer als Bewertungsgröße einsetzbar sei, cken mit jeweils zwei Stunden Beobachtungszeit das Verfahren aufgrund „der fehlenden Interpreta- durchgeführt werden: 7 Uhr bis 9 Uhr, 12 Uhr bis 14 tion des Konfliktablaufs […] aber nicht ausschließ- Uhr und 16 Uhr bis 18 Uhr. Die Analyse der Unfall- lich angewendet werden sollte.“ (KORDA 1999, S. daten (Kap. 5) bezüglich der zeitlichen Verteilung 76) Diese Lücke wurde kompensiert, indem die tPET über den Tagesverlauf hatte neben einer Spitze in ≤ 2 s durch visuelle Auswertung der Situation und den morgendlichen Stunden des Berufsverkehrs (7 des Verhaltens der Verkehrsteilnehmer zusätzlich Uhr bis 8 Uhr) jedoch gezeigt, dass die Anzahl der qualitativ bewertet wurde. Unfälle an Gleisquerungen zum Nachmittag hin kontinuierlich ansteigt und in den frühen Abendstun- Diese Qualitätskontrolle war zudem deswegen er- den (16 Uhr bis 17 Uhr) den höchsten Wert aufweist forderlich, weil die PET sowohl an Gleisübergängen (Bild 67). Ab 18 Uhr sinken die Unfallzahlen wieder auf der freien Strecke als auch in Verbindung mit deutlich ab. Aufgrund dieser Erkenntnis wurde die Haltestellen erfasst wurde. Während die Straßen- zunächst geplante Erhebungszeit am Nachmittag bahnen auf der freien Strecke i. d. R. mit der zuge- angepasst und ein durchgehender Erhebungsblock lassenen Höchstgeschwindigkeit unterwegs waren in der Zeit zwischen 14 Uhr und 18 Uhr festgelegt. bzw. bei der Einfahrt in die Haltestelle eine höhere Dieser Entscheidung lag die These zugrunde, dass Geschwindigkeit hatten, waren Straßenbahnen, die die Beobachtung von kritischen Interaktionen wahr- aus der Haltestelle anfuhren, an der Gleisquerung scheinlicher würde. mit niedriger Geschwindigkeit unterwegs. Vor allem Konflikte mit kleiner PET wurden daher neben der objektiven Bewertung (Berechnung auf Basis der definierten Grenzwerte) zusätzlich qualitativ bewer- tet. Einen entscheidenden Einfluss auf die Bewertung eines Konfliktes mithilfe der PET hat zudem die Wahl der Größe der Konfliktfläche (vgl. Bild 66).

Bild 67: Verteilung der Unfälle an Gleisquerungen in Deutsch- land (2009-2015) im Tagesverlauf (n = 1.190) Bild 66: Mögliche Definitionen der Konfliktfläche (KORDA Da es sich primär um eine Verhaltensbeobachtung 1999, S. 66) und nicht um eine Verkehrszählung handelte, er- Nach KORDA (KORDA 1998, S. 117) hat sich die folgte die Auswahl eines Beobachtungstages ledig- Aufteilung nach der Definition „Fahrstreifen“ am lich mit dem Kriterium „Werktag“. Beobachtungs- tage in einer Stadt waren somit Montag bis Freitag

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in einer Woche. Je Werktag in einer Woche konnte und Radfahrern erfasst und bewertet. Die Vertei- so ein Untersuchungsort analysiert werden. lung auf die vier Untersuchungsstädte sowie auf Fußgänger und Radfahrer zeigt Bild 68. Zwei der vier Kameras wurden jeweils im Seiten- raum der Straße in etwa in der Achse der Gleisque- rung postiert und das Stativ möglichst weit ausge- fahren, um Übersichtsaufnahmen im Weitwinkel zu ermöglichen. Zwei Kameras dienten der zusätzli- chen Überwachung der Konfliktfläche (unverdeckte Sicht), um Erreichen und Verlassen der Verkehrs- teilnehmer dokumentieren zu können und später die PET bestimmen zu können. Aufgrund von Anforderungen aus dem Daten- schutzgesetz waren „der Umstand der Beobach- tung und die verantwortliche Stelle […] erkennbar zu machen“ (§ 6b Absatz 2 BDSG). Um den Vorga- ben nachzukommen, wurden entsprechende Hin- Bild 68: Anzahl der Querungsvorgänge je Stadt nach Ver- weise an den Stativen der Kameras angebracht. Bei kehrsmittel (Fuß, Rad) der Beobachtung und Auswertung wurde ein beson- An den einzelnen Untersuchungsstandorten in den derer Fokus darauf gelegt zu überprüfen, inwieweit jeweiligen Städten gab es teils deutliche Unter- durch die Hinweise möglicherweise eine Beeinflus- schiede sowohl bezüglich der Frequentierung durch sung des Verhaltens erfolgte. Bereits während der querende Personen als auch bezüglich des jeweili- Durchführung der Beobachtung ließen sich kaum gen Anteils der Radfahrer (Bild 68 bis Bild 72). Personen ausmachen, welche die Hinweise be- wusst wahrnahmen (z. B. durch gezieltes Hingu- cken und Durchlesen der Aushänge). Dies bestä- tigte sich noch einmal bei der Auswertung des Vide- omaterials. Insgesamt konnten lediglich fünf Perso- nen gezählt werden, die sich im Zuge des Que- rungsvorgangs einem Kamerastandort (Überwa- chung der Konfliktfläche) näherten und die dortigen Hinweise lasen. Dies geschah in allen fünf Fällen nach dem Queren der Gleise. Eine nicht näher zu bestimmende Anzahl von sehr wenigen Personen94 wurde dabei beobachtet, offensichtlich bewusst die Kamerastandorte der Überblickkameras (im Seiten- raum) aufgesucht zu haben. Dies erfolgte ebenfalls ausnahmslos nach dem Queren der Gleise (und der anliegenden Fahrbahnen des Kraftfahrzeugver- Bild 69: Anzahl der Querungsvorgänge nach Verkehrsmittel kehrs). Da die Beobachtung eines Standortes je- (Fuß, Rad) in Stadt A weils nur an einem Tag stattfand und ein (mehrfach) wiederholtes Queren der Gleise als wenig wahr- scheinlich angenommen werden kann95, kann eine Beeinflussung des Verhaltens einer querenden Per- son auch nach registrieren eines Hinweises auf die Beobachtung als äußerst gering eingestuft werden.

6.3.3 Ergebnisse der Verkehrsbeobachtungen – Sicherheitsanalyse

6.3.3.1 Verkehrsaufkommen Insgesamt wurden an den 19 Untersuchungsorten 17.431 Überquerungsvorgänge von Fußgängern

94 Schätzung auf Basis der Beobachtungen vor Ortniedrige zwei- 95 Dies setzt zudem voraus, dass der Hinweis nach dem ersten stellige Anzahl. Querungsvorgang registriert wurde.

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konnten die Zeitlücken aufgrund von Abweichungen im Fahrplan schwanken. Während des sechsstün- digen Beobachtungszeitraum ergaben sich zwi- schen 59 und 214 Straßenbahnüberfahrten pro Tag. 6.3.3.2 Wahl der PET Insgesamt konnten an den 19 Untersuchungsorten im Beobachtungszeitraum 477 Querungsvorgänge identifiziert werden, bei denen eine querende Per- son eine tPET von max. 10 Sekunden gewählt hat. Diese wurden hinsichtlich einer Interaktion bewer- tet. Der Anteil an allen beobachteten Querungsvor- Bild 70: Anzahl der Querungsvorgänge nach Verkehrsmittel gängen beträgt somit 2,7 %. Die 477 ermittelten tPET (Fuß, Rad) in Stadt B verteilten sich wie folgt (vgl. auch Bild 73): • 11 Fälle (2,3 % der bewerteten PET) mit ei- ner tPET von max. 1 Sekunde (schwerer Konflikt), • 37 Fälle (7,7 % der bewerteten PET) mit ei- ner tPET von 2 Sekunden (leichter Konflikt) und • 429 Fälle mit einer tPET von mehr als 2 Se- kunden bis maximal 10 Sekunden.

Bild 71: Anzahl der Querungsvorgänge nach Verkehrsmittel (Fuß, Rad) in Stadt C

Bild 73: Häufigkeit (summiert) der gewählten tPET ≤ 10 Sekunden Darüber hinaus wurden 152 Fälle dokumentiert, bei denen ein Fußgänger oder Radfahrer die Gleisque- rung97 betrat, obwohl die Bahn den in Gehrichtung folgenden Gleisbereich noch nicht vollständig ver- lassen hatte. Bei Gleisquerungen mit Signalisierung Bild 72: Anzahl der Querungsvorgänge nach Verkehrsmittel Rot-Dunkel betraten querende Personen die Gleis- (Fuß, Rad) in Stadt D querung entsprechend bei Rotlicht, da das rote Lichtsignal nach der Durchfahrt einer Straßenbahn Neben der Anzahl der überquerenden Personen immer nachleuchtete. An den Gleisquerungen mit spielt die Frequenz der Straßenbahnen an der je- Warnlicht musste das dort installierte Signal (Gelb- weiligen Gleisquerung eine Rolle für das Konfliktpo- blinken) nicht zwangsläufig angezeigt sein, da es in tenzial. Eine hohe Anzahl an Straßenbahnüberfahr- der Regel nur geschaltet wurde, wenn eine Stra- ten war eine der Anforderungen an die Untersu- ßenbahn in die Haltestelle einfuhr (vgl. chungsorte. Die fahrplanmäßige Frequenz variierte Kap. 6.3.4.5). Das Verhalten war in den beobachte- in Abständen zwischen anderthalb Minuten und ma- ten Fällen nicht kritisch, da sich keine Straßenbahn ximal fünf Minuten (vgl. Anhang 1096). In der Praxis

96 Der Anhang wurde nur in einer elektronischen Fassung (Pdf) 97 Dies muss nicht zwangsläufig die Konfliktfläche gemäß Defi- veröffentlicht und ist über das BASt-Archiv elektronischer Medien nition in Kap. 6.3.2.1 sein. zu beziehen.

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auf Kollisionskurs mit dem Fußgänger oder Radfah- den Städte mit signalisierten Gleisquerungen, lie- rer befand. ßen sich kaum Unterschiede feststellen. Streuung, Median und Ausreißer zeigten sich praktisch gleich. Zunächst wurde eine Gesamtbetrachtung aller in- nerhalb einer Stadt ermittelten PET (über alle dort beobachteten Untersuchungsorte) vorgenommen. Dieser Analyse lag die These zugrunde, dass die Gleisquerungen innerhalb einer Stadt aufgrund ih- rer Gleichartigkeiten als ein Kollektiv betrachtet wer- den konnten.98

Die ermittelten tPET werden im Folgenden in soge- nannten Kastengrafiken (Boxplots) dargestellt. Der Kasten (Box) entspricht dem Bereich, in dem die mittleren 50 % der Daten liegen. Die Länge des Kastens ist ein Maß für die Streuung der Daten. Die Box wird unterteilt durch Anzeige des Medians der durch den Kasten dargestellten Werte (horizontaler Bild 74: Gewählte PET an den Gleisquerungen im Städtever- Balken innerhalb des Kastens). Die an den Kasten gleich (Fußgänger) anschließenden „Antennen“ stellen die Ausreißer Traten kleine Werte für die PET an den signalisier- dar. ten Gleisquerungen auf, hing dies mit der Lage der Die Analyse wird hier nur für die Fußgänger darge- Gleisquerung zusammen, die in diesen Fällen un- stellt, da bei den Radfahrern nur sehr wenige Werte mittelbar an den Zugängen zur Haltestelle bzw. zu für die innerhalb der definierten Grenzen für die tPET den Bahnsteigen lag. vorlagen. Bei der Analyse der PET für die Fußgän- Bei der detaillierten Videoanalyse der Querungsvor- ger zeigte sich beim Vergleich von signalisierten gänge zeigte sich, dass die insgesamt 38 aufgetre- und nicht signalisierten Gleisquerungen, dass sich tenen Fälle mit einer tPET ≤ 2 Sekunden an den sig- die Wahl der PET mit Werten zwischen 6,0 und 8,0 nalisierten Gleisquerungen mit Haltestellenanbin- Sekunden im Mittel (Median) praktisch nicht unter- dung ausschließlich mit Straßenbahnen auftraten, scheidet ( ).99 Unterschiede gab es aber bei Bild 74 die aus der Haltestelle losfuhren. Bei lediglich elf den Ausreißern. So wurde bei den Gleisquerungen dieser Fälle betrug die tPET ≤ 1 Sekunde. In der Re- auf freier Strecke praktisch keine kritische tPET er- gel standen diese Situationen im Zusammenhang mittelt. In Stadt B wurden überhaupt keine tPET < mit der Benutzung des ÖPNV selbst: 5 Sekunden beobachtet. Allerdings muss hier ein- schränkend festgestellt werden, dass die Grundge- • Entweder handelte es sich um Fahrgäste, samtheit mit n = 8 sehr gering war, sodass eine Ver- die aus der Straßenbahn ausstiegen und gleichbarkeit nur sehr eingeschränkt möglich wird. anschließend vor einer in der Haltestelle In Stadt A wurde als kleinste tPET eine Zeit von 2 Se- stehenden Straßenbahn die Gleise querten kunden ermittelt. oder • es handelte sich um Fahrgäste, die die Im Gegensatz dazu zeigte sich bei den geradlini- Bahn auf dem entfernten Gleis in der Halte- gen, signalisierten Gleisquerungen, dass auch eine 100 stelle noch erreichen wollten und somit die tPET von weniger als 1 Sekunde in Anspruch ge- Gleise vor der in der Haltestelle stehenden nommen wurde.101 Die Streuung der PET-Werte Straßenbahn querten. zeigte bei den Städten A, C und D ein vergleichba- res Bild. Bei den signalisierten Gleisquerungen lag Die beobachteten kleinen PET standen zudem in lediglich der Median etwas niedriger, als bei der der Regel im Zusammenhang mit der räumlichen nicht signalisierten Gleisquerung und es gab stär- Gestaltung: die Halteposition der Straßenbahn in kere Ausreißer nach unten. Beim Vergleich der bei- der Haltestelle war räumlich unmittelbar an der Gleisquerung angelegt. Dadurch kam es zur Situa- tion, dass Personen begannen die Gleise zu que- ren, als die Straßenbahn noch in der Haltestelle

98 Dies war eine Voraussetzung für die Bildung der Cluster (vgl. Zeitlücke war jedoch geringfügig größer (aber < 1 s). Bei einer Kap. 6.2.1). realen t = 0 s hätte eine Kollision zwischen den Verkehrsteilneh- 99 mern stattgefunden. Eine mögliche Missachtung des Rotlichts bleibt hier zunächst 101 unberücksichtigt. Bei nur geringfügig niedrigerem Median gegenüber den Gleisquerungen mit Sicherung durch Übersicht. 100 Die über die Videoauswertung ermittelten PET betrugen in- folge der sekundenscharfen Ablesung 0 Sekunden. Die reale

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stand, die Bahn dann aber just in diesem Moment anfuhr. In einzelnen Fällen zeigte eine querende Person eine Reaktion und beschleunigte den Schritt. Dies war Folge des vom Fahrpersonal der Straßenbahn abgegebenen kurzen Läutens (Warn- ton), welcher die Abfahrt aus der Haltestelle quit- tierte. Keine der beobachteten Situationen mit einer rech- nerisch kleinen PET wurde jedoch als kritisch ein- gestuft, da sich bei der Beobachtung vor Ort und der Auswertung der Videos zeigte, dass

• die Straßenbahn gerade anfuhr bzw. nur Bild 76: Wahl der PET an geradlinigen Gleisquerungen mit Sig- eine sehr niedrige Geschwindigkeit hatte, nalisierung „Rot-Dunkel“ Stadt D, nur Fußgänger)102 • die querende Person sich im Sichtfeld des Bei den beiden Städten mit Sicherung durch Über- Fahrpersonals befand. sicht und ohne Signalisierung ergaben sich deutli- Eine kritische Situation könnte sich dann ergeben, chere Unterschiede im Städtevergleich, als bei den wenn querende Personen (verdeckt) vor oder hinter signalisierten Gleisquerungen (Bild 74). In Stadt B einer Bahn in der Haltestelle kreuzen und aus der gab es nur eine geringe Streuung für die gewählten Gegenrichtung eine Bahn in die Haltestelle einfährt. PET. Die kleinste gewählte tPET betrug fünf Sekun- 103 Derartige Situationen konnten jedoch während der den . In Stadt A wurden tPET bis zu zwei Sekunden gesamten Untersuchung nicht beobachtet werden. gewählt. Die Standortanalyse der drei Untersu- chungsstellen mit einer größeren Anzahl von Gleis- Bei der Analyse auf Standortebene zeigten sich al- querungen mit relevanten tPET in Stadt A zeigte lerdings Abweichungen zwischen den einzelnen kaum Unterschiede bei der mittleren tPET (Median), Untersuchungsorten (vgl. Bild 75 und Bild 76). Auf- die von den querenden Fußgängern gewählt wurde grund teils sehr geringer Fallzahlen (weniger als 10 ( ). Fälle) wird hier nicht jeder Standort in der Auswer- Bild 77 tung wiedergegeben. Teilweise sind hier darge- stellte Standorte mit geringen Fallzahlen nur be- dingt interpretationsfähig, d. h. die Ableitung von Er- kenntnissen nur beschränkt zu verallgemeinern.

Bild 77: Wahl der PET an Gleisquerungen mit Sicherung durch Übersicht (Stadt A, nur Fußgänger)104 An einem Standort (Standort A-V) traten tendenziell

mehr kleinere tPET auf, als an den beiden anderen Bild 75: Wahl der PET an geradlinigen Gleisquerungen mit Standorten. Die Sicherheitsanalyse zeigte, dass 102 Warnlicht (Stadt C, nur Fußgänger) sich an diesem Standort neben dem Bahnkörper beidseitig Baumreihen befanden. Die erforderlichen Sichtdreiecke wurden allerdings eingehalten und waren durch die Bepflanzung nicht beeinträchtigt (vgl. Kap. 6.5 und Anhang 2105). An den anderen

102 Betrachtet wurden nur Standorte mit bewerteten PET n ≥ 8 105 Der Anhang wurde nur in einer elektronischen Fassung (Pdf) Fälle. veröffentlicht und ist über das BASt-Archiv elektronischer Medien 103 Allerdings konnten nur n = 8 relevante Fälle bewertet werden. zu beziehen. 104 Betrachtet wurden nur Standorte mit n ≥ 8 Fälle für die PET.

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beiden Standorten, die hinsichtlich der PET ausge- schen Straßenbahn und querender Person) ent- wertet wurden, gab es keine Bäume flankierend standen ist, wenngleich in einigen Fällen das Ver- zum Bahnkörper (A-IV) bzw. waren diese nur ein- halten querender Personen zu deutlichen Interakti- seitig und von der Gleisquerung betrachtet nur in onen geführt hat. eine Richtung vorhanden (A-III). Dort war der Blick Überwiegend ließen sich an den Gleisquerungen von der Aufstellfläche auf die Straßenbahnstrecke die im Folgenden detaillierter beschriebenen, typi- in keiner Weise beeinträchtigt. Da es sich bei Stand- schen Situationen beobachten: ort A-III um einen Einzelfall handelte, konnte ein Zu- sammenhang zwischen den Bepflanzungen und der 6.3.4.1 Verkehrsaufkommen und Größe der Wahl der PET nicht bestätigt werden. Aufstellbereiche Bei größerem Verkehrsaufkommen der Fußgänger und Radfahrer kam es regelmäßig vor, dass sich 6.3.4 Verhaltensbeobachtung entgegenkommende Personen beim Queren der Gleise gegenseitig behinderten, d. h. ausweichen Neben der objektiven Auswertung der Beobach- mussten bzw. ihre Geh- oder Fahrgeschwindigkeit tungsdaten (Berechnung der PET, Rotlichtakzep- reduzieren mussten. Bei den Gleisquerungen mit tanz) wurden die Videoaufnahmen hinsichtlich des erzwungenem Richtungswechsel mussten Perso- Verhaltens der Personen an der Gleisquerung aus- nen in einigen Fällen auf der Konfliktfläche warten, gewertet. (qualitative Bewertung). So war es bei- bis entgegenkommende Personen den Weg durch spielsweise das Ziel, festzustellen, die Umlaufsperren geräumt hatten, da der Durch- • wie sich hohes Fuß- und Radverkehrsauf- gang für Begegnungsverkehr zu schmal war. Hier- kommen auf die Querungssituation aus- bei kann es sich allerdings teils auch um ein subjek- wirkte, tives Empfinden gehandelt haben. Da keine unmit- • ob sich aus der Benutzung beispielsweise telbare Gefahr durch eine herannahende Straßen- von Hilfsmitteln (Rollator usw.) oder Kinder- bahn bestand, hat man möglicherweise auf der wagen Schwierigkeiten im Verlauf der Que- Gleisquerung gewartet, da die Benutzung der Um- rung ergaben, laufsperre ohne Begegnung in diesem Bereich als • wie viele querende Personen mit ablenken- komfortabler empfunden wurde. den Tätigkeiten (z. B. Smartphone-Nut- Hohes Verkehrsaufkommen konnte auch dazu füh- zung) beschäftigt waren, ren, dass die Aufstellbereiche temporär nicht aus- • inwieweit das jeweilige Lichtsignal beachtet reichend waren, um alle wartenden Personen auf- wurde, zunehmen. Diese Situation ergab sich häufig, wenn • ob eine Absicherung (Blickzuwendung) vor Personen warten mussten, um die Fahrbahn des dem Queren erfolgte und Kraftfahrzeugverkehrs zu queren. Sie konnte auch • wie insbesondere der Radverkehr mit den auftreten, wenn Personen aufgrund einer vorbeifah- Umlaufsperren zurechtkam. renden Straßenbahn warten mussten, bevor sie die • Gleise queren konnten. Letzterer Fall trat aufgrund Aufgrund der Vorgaben aus dem Datenschutz so- der häufigeren und längeren Zeitlücken zwischen wie der Entfernung der Standorte der Überblick-Ka- den Straßenbahnen seltener auf.106 Ein höheres meras zur Gleisquerung konnten die Verhaltenswei- Personenaufkommen konnte bei den Gleisquerun- sen nicht vollständig erfasst bzw. mit abschließen- gen mit erzwungenem Richtungswechsel dazu füh- der Sicherheit bewertet werden. Dies galt insbeson- ren, dass dere für die Beobachtung von Nebentätigkeiten • einzelne Personen kurzzeitig auf der Gleis- (z. B. Musik hören) oder die Absicherung querender querung verweilen mussten, Personen durch Blicke. Der abschließenden Bewer- • in Einzelfällen Personen umkehrten und tung des Verhaltens von querenden Personen sind zum anderen Aufstellbereich zurückliefen, daher in einigen Fällen methodisch Grenzen ge- um den Gleisbereich zunächst freizugeben setzt. Insgesamt sei der Beschreibung der beo- (in einzelnen Fällen auch ohne konkreten bachteten Verkehrssituationen vorausgeschickt, Anlass = Annäherung einer Straßenbahn) dass in keinem Fall eine als kritisch zu bewertende oder Situation (im Sinne einer drohenden Kollision zwi-

106 Z. B. dann, wenn viele Fahrgäste an der nebenliegenden Hal- testelle aus einer Straßenbahn ausgestiegen waren und an- schließend die Gleise queren wollten.

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• bei Führung mit erzwungenem Richtungs- Queren der Gleise an den Schienen oder an Auf- wechsel einzelne Personen an den Umlauf- brüchen der Asphaltoberfläche im Schienenbereich sperren vorbei über Trampelpfade abkürz- hängen blieben. In zwei Fällen wurde beobachtet, ten und neben der vorgesehenen Que- wie ein Radfahrer beim Queren der Gleise mit dem rungsstelle die Fahrbahn querten. Vorderrad an der Schiene hängen blieb. Dies pas- sierte beim Ausweichen aufgrund von Gegenver- Auch bei einigen geradlinigen Gleisquerungen kehr, da sich zwischen Rad und Schiene in diesem reichte die Aufstellfläche nicht immer für alle war- Fall ein stumpfer Winkel ergab und sich das Vorder- tenden Personen aus. Da die Gleisquerungen aber rad so an der Schiene verfing. ausnahmslos an eine Haltestelle angebunden wa- ren, gab es mit den Zuwegungen zu den Bahnstei- 6.3.4.4 Ablenkende Tätigkeiten gen „Reserveflächen“, auf denen wartende Perso- In lediglich 20 Fällen (von 17.431) konnte aufgrund nen bis zur Freigabe der Gleisquerung verweilten. der Einschränkungen bezüglich der Überwachung 6.3.4.2 Umlaufsperren (vgl. Kap: 6.3.2) mit letzter Sicherheit festgestellt werden, dass eine Person während des Querens Bei hohem Fußverkehrsaufkommen bzw. Radver- der Gleise ein mobiles Gerät benutzte. Die Hälfte kehrsaufkommen kam es regelmäßig zu Behinde- der Personen109, die während des Querungsvor- rungen bzw. Rückstau von wartenden Personen o- gangs ein mobiles Gerät benutzten, sicherte sich der Fahrrädern auf die Gleisfläche (Bild 78). Die in durch Blicke auf die Straßenbahnstrecke ab.110 Die der Untersuchung analysierten geradlinigen Gleis- andere Hälfte sicherte sich vor dem Betreten der querungen lagen allesamt an Haltestellen. Hier kam Konfliktfläche nicht erkennbar durch Blicke ab und es in den Spitzenzeiten dazu, dass eine große An- wirkte deutlich abgelenkt. Beobachtet wurden ver- zahl an Personen aus einer Straßenbahn ausstieg langsamte Bewegungsabläufe, längeres Warten und anschließend die Gleise queren wollte. Reichte nach erfolgter Durchfahrt der Straßenbahn oder die Aufstellfläche nicht aus, blieben die Menschen verzögerte „Mitzieheffekte“ beim Queren der Gleise, auf den Verbindungswegen (Rampen bei Hoch- nachdem eine weitere Person mit der Querung be- bahnsteigen) zum Bahnsteig stehen (vgl. Bild 108). gonnen hatte. In den dokumentierten Fällen erga- ben sich allerdings keine kritischen Situationen mit dort verkehrenden Straßenbahnen. 6.3.4.5 Beachtung der Signalisierung In zwei Städten im Untersuchungskollektiv gab es signalisierte Gleisquerungen. In Stadt C erfolgte die Sicherung durch Übersicht ergänzt durch Zuschal- tung eines Warnlichts (Gelbblinken). Dieses sollte

im Regelfall nur eingeschaltet werden, wenn eine Bild 78: Hohes Radverkehrsaufkommen an einer Gleisquerung Straßenbahn in die Haltestelle einfuhr (Stadt Düs- mit erzwungenem Richtungswechsel seldorf 2018). In den Fällen, in denen die Gleisque- Einige der Gleisquerungen lagen im Zuge von wich- rung unmittelbar an der Haltestelle liegt, eine Stra- tigen Verbindungen für den Radverkehr (vgl. Bild ßenbahn aus der Haltestelle anfährt und sich zu- 69ff.). Während der Benutzung von Umlaufsperren gleich keine Straßenbahn aus der Gegenrichtung durch den Radverkehr kam es gelegentlich zu (einfahrende Bahn) näherte, soll das Warnlicht be- Schwierigkeiten bei der Durchfahrt107. In Einzelfäl- wusst nicht geschaltet werden. Bei der Abfahrt aus len blieben Radfahrer mit den Pedalen an einer Um- der Haltestelle ist die Straßenbahn nur mit geringer laufsperre hängen. Zudem gab es Schwierigkeiten Geschwindigkeit unterwegs. bei der Durchfahrt mit Fahrradanhängern beim In der Beobachtung vor Ort war dies jedoch nur an Richtungswechsel zwischen den Umlaufsperren. zwei von vier Untersuchungsorten in dieser Form 6.3.4.3 Oberflächen umgesetzt. In den zwei anderen Fällen (Standorte C-I und C-II) schaltete sich das Blinklicht immer ein, In einzelnen Fällen108 konnte beobachtet werden, bevor eine Straßenbahn den Übergang passierte; dass Rollatoren, Rollstühle oder Kinderwagen beim

107 Neun sicher bestimmte Fälle, da Bildqualität infolge der An- Kameraausschnitte insgesamt nur 20 Personen sicher bei der forderungen aus dem Datenschutz reduziert war. Benutzung eines Mobiltelefons identifiziert werden. 110 108 Zwei sicher bestimmte Fälle, da Bildqualität infolge der An- Dies muss nicht bedeuten, dass die Verkehrssituation be- forderungen aus dem Datenschutz reduziert war. wusst erfasst und korrekt eingeschätzt wurde (gilt grundsätzlich aber auch für alle anderen Querenden, die sich offensichtlich ab- 109 Es konnten aufgrund der Vorgaben aus dem Datenschutz sichern). und der damit zusammenhängenden Qualität der Bilddaten und

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unabhängig von der Fahrtrichtung. In Stadt D waren die Gleisquerungen mit Lichtsignalen mit der Sig- nalform Rot-Dunkel ausgestattet. Beim Signal „Gelbblinken“ handelt es sich um ein Warnlicht, welches für querende Personen keine rechtliche Bindung entfaltet, bei Anzeige des Warn- lichts vor der Gleisquerung stehenzubleiben (vgl. Kap. 2.2.3.3). Diese rechtlich verankerten Unter- schiede dürften den meisten Personen in der Praxis allerdings nicht bekannt sein. Daher wurde ein Ver- gleich der Anteile der Personen erstellt, die das Sig- nal nicht beachtet haben. An den Gleisquerungen mit Signalisierungsform Bild 80: Anteil der bei angezeigtem Lichtsignal wartenden und Rot-Dunkel missachteten über alle Standorte be- querenden Personen (Warnlicht) trachtet 30,9 % das Rotlicht, 69,1 % warteten, bis das Lichtsignal wieder erloschen war (Bild 79). Während das Warnlicht angezeigt wurde, warteten 77,5 % der zu dieser Zeit an der Gleisquerung ein- treffenden Personen. 22,5 % querten die Gleise.

Bild 81: Anteil der bei angezeigtem Lichtsignal wartenden und querenden Personen (Rot-Dunkel) Es wurden beispielsweise am Standort D-IV mit Sig- nalisierung Rot-Dunkel bei der Beobachtung der Rotläufer folgende Randbedingungen ermittelt.111: Bild 79: Anteil der vor dem angezeigten Lichtsignal wartenden Personen in Abhängigkeit der Signalisierungsform • Eine nicht vollständig koordinierte Signali- sierung für den Fußverkehr begünstigt eine Eine pauschale Aussage, dass die Lichtsignale mit Missachtung des Rotlichts, beispielsweise Rotlicht zu einer höheren Wartebereitschaft führen, an der Gleisquerung (vgl. Bild 82). Die als das Warnlicht, kann dennoch nicht getroffen Lichtsignale über eine der anliegenden werden. Dies bestätigt frühere Untersuchungen Fahrbahnen des Kraftfahrzeugverkehrs (vgl. Kap. 3.1.1). So zeigte sich zudem bei der zeigten grün, während die Querung der Standortanalyse, dass der Anteil der Personen, die Gleise (noch bzw. wieder) durch Rotsignal jeweils an den einzelnen Standorten vor dem ange- gesperrt war. Um sich ggf. längere Warte- zeigten Signal warteten, stark differierte (Bild 82, zeiten beim Queren der Fahrbahn zu erspa- Bild 84). ren, wurden die Gleise trotz Sperrsignal überschritten.112 • In der Regel handelte es sich um Fußgän- gergruppen aus einer nahegelegenen Schule bzw. einem Einkaufszentrum. Bei den Gruppen waren oftmals „Mitziehef- fekte“ bei den Rotläufern zu beobachten (Gruppendynamik).

111 Die Situation war bei der Stadt und beim Verkehrsunterneh- 112 Dies führte allerdings nicht zu kritischen Interaktionen zwi- men bekannt. An dieser Stelle finden nach Auskunft der Stadt schen Fußgängern und Straßenbahnen. regelmäßig Kontrollen durch die Polizei statt. Auch die Straßen- bahnen gaben relativ häufig Warnsignale (Läuten).

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• Zudem handelte es sich um einen Verknüp- Standorten war die Quote auch infolge der Anforde- fungspunkt mit dem Busverkehr (Haltestel- rungen aus dem Datenschutz und mit 36 % bis len in Seitenlage auf den Fahrbahnen des 75 % geringer. Die Quote einer erkennbar festge- MIV), sodass auch im Zusammenhang mit stellten Absicherung lag dabei zwischen 79 % und Umsteigebeziehungen (evtl. Eile) bei Rot 99 %. gegangen wurde (vgl. Kap. .6.3.4). Bei den geradlinigen Gleisquerungen konnten Kopf- bewegungen vor dem Betreten der Gleise in der Re- gel nur sehr selten registriert werden. Insofern sind gesicherte Aussagen über die Quote der Absiche- rung nicht möglich. Dies bedeutet nicht zwangsläu- fig, dass sich querende Personen an geradlinigen Gleisquerungen nicht absichern. Möglicherweise findet die Absicherung bereits im Zuge der Querung der anliegenden Fahrbahn des Kraftfahrzeugver- kehrs statt; vor allem, wenn aufgrund der Signalbil- der eine durchgehende Querung möglich ist

Die Genauigkeit bei der Erfassung war teilweise Bild 82: Gleisquerung mit hoher Zahl an Rotläufern (Stadt D) eingeschränkt durch:

• die durch den Datenschutz vorgegebenen Dieses Beispiel spricht dafür, dass der Anteil der Einschränkungen bei den Bildausschnitten Rotläufer nicht maßgeblich oder ausschließlich und der Bildqualität oder durch die Gestaltung der Gleisquerung, sondern • die Witterungsbedingungen (zeitweiser von weiteren Faktoren beeinflusst wird. Diese kön- auch stärkerer Regen) und dadurch be- nen beispielsweise die Randnutzung, die Einbin- dingte Verwendung von Schirmen oder Ka- dung in eine Querung über anliegende Fahrbahnen, puzen (vier Standorte). das Verkehrsaufkommen oder gruppenspezifische Verhaltensweisen (z. B. alters- und geschlechtsab- 6.3.4.7 Trampelpfade hängig, vgl. Kap. 3.2) sein. Von den zehn Gleisquerungen mit erzwungenem Richtungswechsel verfügten sieben lediglich über „kurze“ Umlaufsperren ausschließlich im Bereich 6.3.4.6 Absicherung der direkten Querung. An vier dieser Gleisquerun- An mehreren Gleisquerungen konnte das Verhalten gen gab es Trampelpfade, über welche regelmäßig bezüglich einer persönlichen Absicherung der que- (33 sicher beobachtete Fälle) Personen an den Um- renden Personen vor dem Betreten der Konfliktflä- laufsperren vorbei querten (vgl. Bild 103). An drei che beobachtet werden. Die Sicherheit bezüglich ei- Stellen mit kurzen Umlaufsperren waren keine ner Beobachtung einer aktiven Kopfbewegung hing Trampelpfade erkennbar. Die Ausbildung von stark von der Bauform der Gleisquerung ab. So ließ Trampelpfaden lässt sich mit hoher Wahrscheinlich- sich bei Gleisquerungen mit erzwungenem Rich- keit auf die Verkehrsströme vor Ort zurückführen. tungswechsel deutlicher erkennen, wenn der Kopf Lag die Gleisquerung in direkter Linie eines Weges bewegt wurde, um einen Überblick über die Schie- mit hoher Verbindungsfunktion, hatte die Querungs- nen zu erlangen.113 Es wurde beobachtet, dass anlage eine hohe Bündelungswirkung. Bei entspre- querende Personen versuchten, sich mittels aktiver chend größerem Querungsbedarf im Umfeld der Kopfbewegungen bereits während des Weges pa- Gleisquerung (z. B. durch Einzelhandel) wurde von rallel zu den Gleisen (beim Durchlaufen der parallel einzelnen Personen eine „Abkürzung“ genommen. angeordneten Umlaufsperren) zu versichern, dass Dies konnte beispielsweise auch dann der Fall sein, aus beiden Richtungen keine Straßenbahn kam.114 wenn es einen Rückstau auf den Fahrbahnen des An den Gleisquerungen mit erzwungenem Rich- Individualverkehrs gab und der direkte Zugang zur tungswechsel konnten das diesbezügliche Verhal- Gleisquerung durch die Umlaufsperren blockiert ten überquerender Personen an sieben Gleisque- war (Bild 83). rungen mit einer Erfassungsgenauigkeit zwischen 93 % und 100 % bewertet werden. Lediglich an drei

113 Die gesicherte Erfassungsquote lag bei allen Gleisquerungen 114 Es wurden zwar aktive Kopfbewegungen festgestellt. Dies bei deutlich über 90 %. bedeutet jedoch nicht, dass die Personen ihr Umfeld auch in der gebotenen Weise wahrnahmen.

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Gleisquerung (Untersuchungsort Standort D-IV) mit einem Anteil von über 40 % herausragte116. Die hohe Quote der Absteigenden war dort durch das im Allgemeinen hohe Fußverkehrsaufkommen be- dingt (Behinderungen). Bei hohem Verkehrsaufkommen reichte der Platz auf der Aufstellfläche bei den Gleisquerungen mit erzwungenem Richtungswechsel oftmals nicht aus, um alle Radfahrer aufzunehmen, wenn diese auf- grund des bevorrechtigten Längsverkehrs (Straßen-

bahn oder Kraftfahrzeugverkehr) warten mussten Bild 83: Durch Rückstau im Fahrbahnbereich blockierter Zu- (vgl. Bild 78). Durch die parallel angeordneten Um- gang zur Gleisquerung laufsperren konnten sich Radfahrer nur parallel zu Bei der Beobachtung vor Ort zeigte sich, dass auch diesen aufstellen, während bei geradlinigen Gleis- seitlich verlängerte Absperreinrichtungen nicht querungen eine Aufstellung in Querungsrichtung grundsätzlich davor schützen, dass neben diesen möglich war und sich daher mehr Radfahrer auf der gequert wird. An einer der drei Gleisquerungen mit Fläche aufstellen konnten. In Einzelfällen führte die seitlich verlängerten Umlaufsperren war ebenfalls Auslastung dazu, dass Radfahrer auf der Gleisque- ein Trampelpfad zu erkennen. rung umdrehten, um zur anderen Aufstellfläche zu- rückzukehren oder sie fuhren an den Umlaufsper- 6.3.4.8 Wildes Queren ren vorbei (Trampelpfade). Das wilde Überqueren von Gleisen außerhalb der dafür vorgesehenen Gleisquerungen wurde mehr- 6.3.5 Zusammenfassung fach beobachtet. Es wurde allerdings nicht syste- matisch beobachtet, da es außerhalb der zu be- Insgesamt wurden mit einer verdeckten, videoge- obachtenden Gleisquerungen passierte und somit stützten Verkehrsbeobachtung an 19 Standorten in kein Bestandteil der Aufgabenstellung war. vier Städten unterschiedliche Gleisquerungen beo- bachtet. Die Gleisquerungen in zwei Städten wie- Wildes Queren der Gleise war stark standortbezo- sen eine Bauform mit erzwungenem Richtungs- gen. Tendenziell waren mehr wilde Querungen bei wechsel auf und waren nicht signalisiert. Die Gleis- Eindeckung des Bahnkörpers mit Rasen zu be- querungen in den beiden anderen Städten waren obachten, weniger bei Schotteroberbau. Interaktio- geradlinig und signalisiert, einmal mit Signalfolge nen oder gar als kritische zu bewertende Situatio- Rot-Dunkel, einmal mit Warnlicht. nen ergaben sich in keinem der beobachteten Fälle, da sich während des jeweiligen Querungsvorgangs Während der Beobachtung konnten 17.431 Que- keine Straßenbahn in der unmittelbaren Annähe- rungsvorgänge von Fußgängern (14.274) und Rad- rung befand. fahrern (3.157) erfasst werden. Die Querungen wur- den mithilfe der modifizierten Verkehrskonflikttech- 6.3.4.9 Radverkehr nik mit der Post Encroachment Time (PET), einer Die Gleisquerungen lagen zum Teil im Zuge einer objektiven Methode zur Bewertung der Sicherheit Route des Radverkehrs. Einzelne Gleisquerungen beim Queren von Fahrbahnen, analysiert. Die Fest- waren durch den Radverkehr entsprechend stark legung der jeweiligen Grenzwerte der PET für die Bewertung erfolgte nach im Verfahren festgelegten frequentiert (zu den Verkehrsbelastungen s. Bild bzw. empfohlenen Vorgaben mit jeweils tPET ≤ 1 s, 68ff.). Insbesondere beim erzwungenen Richtungs- tPET ≤ 2 s und tPET > 2 s (bis max. 10 s). wechsel kam es dabei gelegentlich zu Schwierigkei- ten bei der Durchfahrt. In Einzelfällen blieben Rad- Der Anteil der bewerteten tPET ≤ 10 s an allen Que- fahrer mit den Pedalen an einer Umlaufsperre hän- rungsvorgängen war mit 2,7 % (477 Fälle) sehr ge- gen. Zudem ergaben sich Schwierigkeiten bei der ring. tPET ≤ 2 s, die gemäß Methodik als kritisch be- Durchfahrt mit Fahrradanhängern beim erforderli- wertet werden können, traten sogar nur in 0,27 % chen Richtungswechsel. Im Durchschnitt stiegen (48) der Fälle auf. Sämtliche erfassten PET-Fälle 25 % der querenden Radfahrer von ihrem Fahrrad wurden anhand der Videoaufnahmen qualitativ be- ab, bevor sie die Gleise querten (vgl. dazu wertet. Es waren zwar teils deutliche Interaktionen Kap. 6.4.2.5). Bei den geradlinigen Gleisquerungen waren es durchschnittlich nur 11,7 %115, wobei eine

115 Eine Gleisquerung wurde nicht betrachtet, da die Radver- 116 Ohne diese Gleisquerung lag der Durchschnitt bei 7,5 %. kehrsführung (Radfurt) außerhalb der Gleisquerung über den Knotenpunkt führte.

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zu beobachten, z. B. Beschleunigen eines Fußgän- sprechenden Kopfbewegungen) während des Über- gers nachdem die Bahn bei langsamer Anfahrt aus querungsvorgangs festmachen. Der Blick richtete der Haltestelle ein Warnsignal abgegeben hatte. Im sich nach unten auf das Mobiltelefon. Ergebnis war jedoch keiner der Querungsvorgänge Die Missachtung von Lichtsignalen variierte stand- als sicherheitskritisch (im Sinne einer drohenden ortbezogen und steht mit großer Wahrscheinlichkeit Kollision) einzustufen. Dies lässt sich wie folgt be- im Zusammenhang mit ortsspezifischen Einflüssen. gründen: So war zu erkennen, dass nicht koordinierte Licht- Von den 48 Fällen mit einer tPET ≤ 2 s traten 40 Fälle signale in der gesamten Querung (inkl. Fahrbah- an Gleisquerungen, die räumlich unmittelbar mit ei- nen), Gruppendynamik, Mitzieheffekte oder Umstei- ner Haltestelle verknüpft waren, auf. In diesen Fäl- gebeziehungen (Erreichen von Anschlussverkehrs- len querten Personen ausnahmslos vor einer Stra- mitteln) zu mehr Missachtungen des angezeigten ßenbahn, die in der Haltestelle stand oder gerade Lichtsignals führen können. Unterschiede zwischen (langsam) anfuhr, die Gleise. Oftmals erfolgte dies, technischer Sicherung (Rot-Dunkel) und Warnlicht um noch eine wartende Bahn zu erreichen oder kurz (Gelbblinken) waren nicht auszumachen. nach dem Ausstieg aus der wartenden Straßen- Bei Querungen mit erzwungenem Richtungswech- bahn. In der detaillierten Videoanalyse zeigten sich sel sichern sich Personen vor dem Betreten der dabei keine als kritisch einzustufende Situation, da Gleise deutlich erkennbar mit Blickzuwendungen die Straßenbahn noch in der Haltestelle stand oder auf die Gleise ab. Bei geradlinigen Gleisquerungen gerade (langsam) anfuhr, das Fahrpersonal freien konnte diese nicht ausgeprägt beobachtet werden; Blick auf die Gleisquerung hatte und vorausgesetzt auch, weil die Absicherung möglicherweise bereits werden kann, dass Personen in diesen Fällen in während der Querung der anliegenden Fahrbahnen dem Bewusstsein queren, dass die Bahn jederzeit erfolgte. Wird die Gleisquerung bei angezeigtem anfahren kann. Zudem wurde beim Anfahren durch Lichtsignal bewusst betreten, erfolgt in der Regel das Fahrpersonal in der Regel ein kurzes Warnsig- eine Absicherung. nal (Läuten) abgegeben. Die übrigen acht Fälle mit einer tPET ≤ 2 s traten an Gleisquerungen auf freier An den meisten Standorten mit erzwungenem Rich- Strecke auf, die durch Übersicht und ohne zusätzli- tungswechsel und kurzen Umlaufsperren querten che Lichtsignale (Warnlicht) gesichert waren. Personen vermehrt an den Absperrgittern vorbei über Trampelpfade. Die Ausbildung der Trampel- Im Zuge der weiteren Auswertung der Querungs- pfade stand offensichtlich im Zusammenhang mit vorgänge konnten einige typische Situationen beo- der Bündelungswirkung der Querungsstelle. Diese bachtet werden, die jedoch ebenfalls nicht zu Situa- hing mit dem Umfeld zusammen. Querungsstellen tionen führten, die als kritisch bewertet wurden. Be- mit starker Bündelungsfunktion im Zuge eines We- obachtet wurde, dass in Zeiten hoher Belastung ges mit hoher Verbindungsfunktion wiesen kaum durch querende Personen die Aufstellfläche zwi- Trampelpfade auf. Gleisquerungen mit verlängerten schen Bahnkörper und anliegenden Fahrbahnen Absperrungen ebenfalls nicht. Bei einem linienhaf- nicht mehr ausreichte. Hier kam es teilweise zu ei- ten Querungsbedarf, z. B. infolge von Einzelhandel nem Rückstau wartender Personen bis in den Gleis- im Umfeld der Gleisquerung, waren Trampelpfade bereich hinein oder zu leichten gegenseitigen Be- zu erkennen. hinderungen entgegenkommender Personen beim Queren der Gleise (Ausweichen, kurzzeitiges War- Abseits der eigentlichen Beobachtungsaufgabe ließ ten). Diese Beobachtungen waren an Gleisquerun- sich an mehreren Stellen wildes Queren über den gen mit erzwungenem Richtungswechsel aufgrund Bahnkörper beobachten. Bei Raseneindeckung war der dort aufgestellten Umlaufsperren stärker ausge- dies ausgeprägter festzustellen, als bei Schotter- prägt. In Einzelfällen blieben Personen mit Hilfsmit- oberbau. Kritische Situationen ergaben sich aber teln oder Kinderwagen mit kleinen Rädern an Schie- auch in diesen Fällen nicht, da sich die querenden nen oder Oberflächenausbrüchen hängen. Ablen- Personen absicherten und sich keine Bahn in unmit- kendes Verhalten konnte nicht vollständig ausge- telbarer Nähe befand. wertet werden, da eine genaue Beobachtung u. a. An Gleisquerungen mit erzwungenem Richtungs- wegen Vorgaben aus dem Datenschutz und der wechsel stiegen Radfahrer häufiger vor dem Que- entfernten Kamerastandorte (Überblick) nicht mög- ren der Gleise von ihrem Fahrrad ab, als an gerad- lich war. Wurden beispielsweise Personen mit mo- linigen Gleisquerungen. Es zeigte sich tendenziell, bilen Geräten beim Queren der Gleise beobachtet, dass die Anordnung der Umlaufsperren (Breite der wirkten diese in der Regel abgelenkt. Dies ließ sich Durchfahrt) einen Einfluss auf die Häufigkeit des an der fehlenden aktiven Absicherung (keine ent- Absteigens hat. Ein Mindestabstand bei parallel an-

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geordneten Umlaufsperren, wie er in den Regelwer- und 0,8 % aus der Altersgruppe „Jugendlicher“ (14 ken empfohlen ist, ist daher sinnvoll. Zudem reich- bis 17 Jahre. Die letztgenannte Gruppe ist deutlich ten die Aufstellflächen insbesondere bei Umlauf- unterrepräsentiert, da jüngere Personen aufgrund sperren bei hohem Radverkehrsaufkommen nicht rechtlicher Einschränkungen bei der Befragung von immer aus, damit sich alle wartenden Radfahrer Kindern bis 14 Jahre nicht gezielt angesprochen dort aufstellen konnten. Teilweise fuhren diese des- wurden. halb an den Umlaufsperren vorbei oder wendeten 56,4 % der Befragten waren weiblichen, 43,6 % auf der Gleisfläche, um sich zunächst auf der ge- männlichen Geschlechts. Frauen waren damit be- genüberliegenden Seite aufstellen zu können. zogen auf die Bevölkerung in Deutschland leicht überrepräsentiert. 6.4 Befragung Die Befragung erfolgte wochentags von Montag bis Freitag (ein Untersuchungsort pro Tag) in der Zeit 6.4.1 Methodik und Durchführung von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Um das Verkehrsver- halten der querenden Passanten nicht zu beeinflus- Zusätzlich zur Videobeobachtung wurde eine Kurz- sen, erfolgte das Interview erst nach dem Que- befragung von Passanten im Umfeld der jeweiligen rungsvorgang. Die Fragen wurden überwiegend un- Gleisquerung durchgeführt. Die Befragung fand au- abhängig vom Verkehrsmittel ausgewertet. Ledig- ßerhalb der Beobachtungszeiten statt, um die ver- lich für zwei Fragestellungen erfolgte eine gezielte deckte Verhaltensbeobachtung nicht zu stören. Auswertung speziell für das Verhalten bei der Be- nutzung der Gleisquerung mit dem Fahrrad (Fragen Passanten wurden nach dem Queren der Gleise um 12 und 13). Die Antwortoptionen im Fragebogen die Beantwortung einiger Fragen gebeten. Für die waren für einzelne Fragestellungen frei. In einigen Befragung wurde ein standardisierter Fragebogen Fällen wurden die unterschiedlichen Antwortmög- 117 (Anhang 5) entworfen, um Erkenntnisse bezüg- lichkeiten den Passanten als Hilfestellung vorgege- lich typischer Verhaltensweisen und Regelkenntnis ben. Im Anschluss wurden die Antworten von den von querenden Personen zu erlangen. Es wurden Interviewern bestimmten Kategorien zugeordnet. u. a. kritische Situationen, das Sicherheitsgefühl an der jeweiligen Gleisquerung und beim Überqueren von Straßenbahngleisen allgemein abgefragt. Da- 6.4.2 Ergebnisse der Befragung bei ging es auch um Hinweise auf eine mögliche Verbesserung der Sicherheit durch Maßnahmen an 6.4.2.1 Persönliches Erleben kritischer Situa- der Infrastruktur oder technischen Sicherung aus tionen Sicht der Befragten. Zu statistischen Zwecken wurde als freiwillige Angabe das Geburtsjahr abge- Zunächst wurden die Passanten gefragt, ob sie fragt; vornehmlich, um die Stichprobe beschreiben selbst bereits einmal eine kritische Situation beim zu können. Queren von Straßenbahngleisen erlebt hätten.118 Wenn die Frage bejaht wurde, wurde um Auskunft An den 19 untersuchten Standorten wurden je Un- zum Verkehrsmittel (zu Fuß, Rad) gebeten und in tersuchungsort zwischen 29 und 32 Personen be- einer offenen Frage auch nach Gründen für das Ein- fragt. So konnten insgesamt 571 Interviews mit treten der Situation gefragt.119 Fußgängern und Radfahrern durchgeführt werden. 412 der Befragten (72 %) waren zu Fuß unterwegs, In drei Städten gaben mindestens zwei Drittel der 57 mit dem Fahrrad (10 %); die übrigen Fragebögen Befragten (66 % bis 72 %) an, noch nie in eine kriti- (102) wurden keinem Verkehrsmittel zugeordnet. sche Situation beim Queren der Straßenbahngleise geraten zu sein (Bild 84). In Stadt B waren es sogar Die Befragten wurden in drei Altersgruppen unter- vier Fünftel der Befragten (80 %). In dieser Stadt teilt. Von einer weiteren Unterteilung wurde abgese- wurden zudem während der Beobachtung die we- hen, da eine feinere Unterscheidung im Zusammen- nigsten Fälle mit bewerteten tPET ≤ 10 Sekunden er- hang mit einer Verknüpfung der Ergebnisse aus der mittelt (vgl. Kap. 6.3.3.2). Zu einem Zusammenstoß Verkehrsbeobachtung nicht zielführend gewesen mit der Straßenbahn war es in keinem der berichte- wäre. 61,5 % der Befragten kamen aus der Alters- ten Fälle gekommen. Der Anteil der Personen, die gruppe „Erwachsene“ (18 bis 64 Jahre), 37,7 % aus Angaben, bereits eine kritische Situation erlebt zu der Altersgruppe „Senioren“ (Alter über 65 Jahre)

117 Der Fragebogen findet sich im Anhang zu diesem Schluss- 118 Die Frage war nicht gekoppelt an den konkreten Befragungs- bericht. Der Anhang wurde ausschließlich als Pdf veröffentlicht ort. und ist im BASt-Archiv für elektronische Medien herunterzula- 119 Fragen 1 bis 3 im Fragebogen. den.

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haben, mag relativ hoch erscheinen. Bei der Bewer- tung dieser Frage ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Einschätzung bezüglich einer konkreten Gefahr auf rein subjektivem Empfinden beruht. Die Antworten zeigen jedoch auch, dass offensichtlich ein grundsätzliches Bewusstsein für die Gefahren- lage besteht. Von den Personen, die bereits mindestens eine ge- fährliche Situation selbst erlebt hatten, gaben etwa 70 % an, dabei zu Fuß unterwegs gewesen zu sein120. Die übrigen gerieten mit dem Fahrrad in die

Gefahrensituation. Bild 85: Antworthäufigkeiten für Ursachen kritischer Situatio- nen beim Queren der Straßenbahngleise (alle Städte) in den einzelnen Städten121 gab es deutliche Unter- schiede bei den benannten Ursachen. In Stadt A und B122 gaben mit 65,9 % bzw. 68 % mehr Perso- nen die eigene Unaufmerksamkeit als Grund für eine Gefahrensituation an, als in Stadt C und Stadt D123. Möglicherweise deutet dies darauf hin, dass Lichtsignale die Aufmerksamkeit an Gleisquerun- gen erhöhen können bzw. Gefahrensituationen (Straßenbahn kommt) aufgrund des Signals be- wusster wahrgenommen werden.

Bild 84: Antworthäufigkeiten bezüglich des Erlebens kritischer Ursache „Infrastruktur“ Situationen beim Queren von Straßenbahngleisen (nach Städten) Etwa 19 % der Antworten aus allen Städten ließen Rückschlusse auf Defizite bei der Infrastruktur zu Ursache „Eigenes Verhalten“ (Bild 85). Häufig aufgeführt wurden u. a. „schlechte Befragt nach den Ursachen für die gefährliche Situ- Sichtverhältnisse“ und „zu schmale Aufstellberei- 124 ation, gab über alle vier Städte betrachtet mehr als che“ . In einzelnen Fällen (vier Nennungen) wur- die Hälfte (ca. 54,2 %) „eigene Unachtsamkeit“ den bei der Überquerung mit Fahrrädern Schwierig- (z. B. Ablenkung durch andere Tätigkeiten, durch keiten benannt, wenn ein Reifen in der Rillen- weiteres Verkehrsgeschehen oder „geträumt“) als schiene hängen geblieben war. Entsprechende Si- Grund an (Bild 85). In einigen wenigen Fällen (5 tuationen konnten während der Videoaufzeichnung Fälle, 3,5 %) ergänzten die Befragten, dass sie unterschiedlich häufig beobachtet werden (vgl. durch das Läuten der Straßenbahn wieder aufmerk- Kap. 6.3.4), führten aber in keinem Fall zu gefährli- sam wurden. chen Situationen (bezogen auf eine wahrscheinli- che Kollision mit einer herannahenden Straßen- bahn). Ursache „Signalisierung“ 14,6 % der Antwortenden (alle Städte) gaben an, dass sie im Zusammenhang mit der Signalisierung bereits in eine gefährliche Situation mit einer Stra- ßenbahn geraten wären (Bild 85).125 Auf Nachfrage erläutert wurde dies beispielsweise mit einer Ver- wechslung der Lichtsignale für die Gleisquerung mit

120 Über alle vier Städte zusammengefasst. 123 Beides waren Städte mit Untersuchung signalisierten Gleis- 121 Die entsprechenden Diagramme sind hier nicht dargestellt, querungen. weil die Frage nicht im direkten Zusammenhang mit den beo- 124 Auch „Enge an den Umlaufsperren“; hier zusammengefasst. bachteten Gleisquerungen stand und daher nicht jede der be- 125 Die Frage wurde auch in den Städten gestellt, in denen nicht nannten Kategorien eine verallgemeinernde Aussage zuließ. Die signalisierte Gleisquerungen untersucht wurden, da es auch in Diagramme mit den Auswertungen auf Ebene der Untersuchung- diesen Städten (an anderer Stelle) signalisierte Gleisquerungen sorte finden sich im Anhang zu diesem Forschungsbericht. gibt. 122 Beides waren Städte mit Untersuchung nicht signalisierter Gleisquerungen.

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Lichtsignalen des Kraftfahrzeugverkehrs. In drei „Missverständnisse“ (4,2 %)126, „Witterung“ Städten bewegte sich der Anteil der Nennungen auf (3,5 %)127, „Kind reißt sich los“ (2,1 %) und „andere niedrigem Niveau (zwischen 4 % und 10 %). In Einflüsse“ (2,8 %). Diese Kategorien wurden den Stadt C lag der Anteil der Nennungen für diese Ka- befragten Passanten nicht vorgegeben, sondern tegorie mit 34 % allerdings deutlich höher. Als Be- wurden frei von Ihnen genannt. Unter der Kategorie gründung wurde beispielsweise angegeben, dass „andere Einflüsse“ wurden fast ausschließlich Signale erwartet, diese aber bei der Annäherung ei- „Schwierigkeiten beim Queren der Fahrbahnen des ner Straßenbahn nicht eingeschaltet gewesen wä- Kraftfahrzeugverkehrs“ benannt. Diese Kategorie ren (teilweise als „Fehlfunktion“ interpretiert). Die ergab sich überhaupt nur in Stadt A, dort immerhin Analyse der Signalschaltung vor Ort ergab, dass in mit einem Anteil von 9,8 % (n = 41). Die in dieser dieser Stadt bezüglich des Einschaltens der Licht- Stadt untersuchten Gleisquerungen waren nicht sig- signale (Gelbblinken) an Haltestellen unterschieden nalisiert und der Bahnkörper lag in Mittellage der wird zwischen Straße. Um zur Gleisquerung zu gelangen, musste • einfahrenden Bahnen (Lichtsignal ein) und jeweils eine mehrstreifige Fahrbahn an einer nicht • aus der Haltestelle abfahrenden Bahnen gesicherten Querung sowie an einigen Standorten (Lichtsignal aus, sofern keine Bahn aus der ein Radweg überquert werden. In Stadt B gab es Gegenrichtung kommt; zusätzlich akusti- räumlich vergleichbare Situationen. An den dortigen sches Warnsignal durch das Fahrpersonal Untersuchungsorten war allerdings die Verkehrsbe- bei Ausfahrt aus der Haltestelle). lastung durch den Individualverkehr deutlich gerin- ger, sodass diese Probleme dort offensichtlich nicht Auf Nachfrage wurde ermittelt, dass diese Unter- sehr ins Gewicht fielen. Aus den Befragungsergeb- scheidung vor einigen Jahren mit Blick auf die Un- nissen lässt sich ableiten, dass insbesondere bei fallzahlen an den dortigen signalisierten Gleisque- Gleisquerungen über besondere Bahnkörper die rungen bewusst getroffen worden war. Nach Um- gesamte Verkehrssituation eine Rolle für die Sicher- setzung der Maßnahme ging die Anzahl der Unfälle heit an Gleisquerungen spielt und nicht zwangsläu- nach Angaben der lokalen erkennbar zurück. Es fig die Gleisquerung alleine. Situationsabhängig zeigte sich jedoch bei der Beobachtung vor Ort, könnte eine gesicherte Fahrbahnquerung für den dass die Vorgaben dieser Art der Signalisierung an Fuß- und Radverkehr im Zuge der gesamten Que- den vier untersuchten Standorten nicht einheitlich rung die Sicherheit im Zuge von Gleisquerungen nach diesem Prinzip umgesetzt waren. So war über besondere Bahnkörper der Straßenbahn ver- diese Schaltung nur an zwei von vier untersuchten bessern. Standorten umgesetzt. In zwei Fällen schaltete das 6.4.2.2 Persönliches Sicherheitsempfinden Warnlicht sowohl bei einfahrenden als auch bei ab- fahrenden Bahnen. In unregelmäßigen, aber eher In einer offenen Frage wurden die Passanten gebe- seltenen Fällen schaltete das Signalbild nach ten, konkrete Gründe für ein mögliches Sicherheits- Durchfahrt der einfahrenden Straßenbahn zudem oder Unsicherheitsgefühl an Gleisquerungen zu be- nicht ab oder das Gelbblinken setzte ein, es fuhr nennen.128 Über alle Untersuchungsorte betrachtet dann aber unmittelbar anschließend keine Bahn in gaben ca. 80 % bis 84 % (je nach Häufigkeit der Be- die Haltestelle ein. Die Ergebnisse der Befragung nutzung der Gleisquerung) der Befragten an, dass spiegeln somit unabhängig von einer Bewertung der sie sich an der jeweiligen Gleisquerung sicher fühl- Sinnhaftigkeit (auf Basis objektiver Gründe getroffe- ten (Bild 86). nen) Regelung somit wider, • dass die Unterscheidung bezüglich der Schaltung in der Öffentlichkeit nicht ausrei- chend bekannt sein könnte oder • dass die Verlässlichkeit der Signalschal- tung noch Verbesserungspotenzial auf- weist. Weitere Gründe als Ursache Weitere, weniger häufige Nennungen, warum je- mand in eine gefährliche Situation mit einer Stra- ßenbahn geraten war, entfielen auf die Kategorien

126 Nennungen an Gleisquerungen mit Haltestellenzugang. 127 Personen gaben an, ausgerutscht zu sein (z. B. wegen Laub Überquerungswillige Personen hatten Blickkontakt mit dem im Querungsbereich oder Nässe auf den Schienen). Fahrpersonal gesucht und überquerten die Gleise, als die Bahn 128 Fragen 4 bis 6 im Fragebogen. aus der Haltestelle anfuhr.

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Bild 86: Antworthäufigkeit auf die Frage nach dem persönli- Bild 88: Antworthäufigkeiten bezüglich des persönlichen Si- chen Sicherheitsgefühl an Gleisquerungen (in Abhän- cherheitsgefühls bei der Nutzung der jeweiligen Gleis- gigkeit der Häufigkeit der Querung an dieser Stelle, querung (Stadt B, nach Standorten) alle Städte und Standorte) Bei Betrachtung der einzelnen Städte zeigte sich, dass in Stadt D (geradlinig, Signalisierung Rot-Dun- kel) 90 % der Befragten äußerten, dass sie sich si- cher fühlten; unabhängig davon, wie oft sie die Gleisquerung nutzten. Dies könnte auf ein hohes Si- cherheitsgefühl infolge der Signalisierung hinwei- sen (klar erkennbare Regeln). In Stadt C (Gelbblin- ken) wurde dieser hohe Wert nicht ganz erreicht (ca. 75 % bzw. 82 %). Ob die Differenz auf die Un- terschiede bei der Signalisierungsart oder auf die o. g. Abweichungen bei der Signalisierung (unter- schiedliche Signalbilder bei fahrender Straßen- Bild 89: Antworthäufigkeiten bezüglich des persönlichen Si- bahn) zurückzuführen ist, ließ sich nicht ermitteln. In cherheitsgefühls bei der Nutzung der jeweiligen Gleis- den beiden Städten ohne signalisierte Querungen querung (Stadt C, nach Standorten) gaben ca. 80 % bzw. 87 % an, dass sie sich bei häu- figer Querung sicher fühlten. Aufgeteilt nach Standorten gab es innerhalb der ein- zelnen Städte zwischen den Untersuchungsorten erkennbare Unterschiede (Bild 87 bis Bild 90).

Bild 90: Antworthäufigkeiten bezüglich des persönlichen Si- cherheitsgefühls bei der Nutzung der jeweiligen Gleis- querung (Stadt D, nach Standorten) Gründe für persönliches Sicherheitsempfinden 474 der Befragten (83 %) gaben Gründe an, warum Bild 87: Antworthäufigkeiten bezüglich des persönlichen Si- sie sich an den Gleisquerungen sicher fühlten. Die cherheitsgefühls bei der Nutzung der jeweiligen Gleis- Antworten auf die Frage, warum sich jemand be- querung (Stadt A, nach Standorten) sonders sicher an der Gleisquerung fühlt, ließen sich in sieben Kategorien unterteilen. Fünf der Ka- tegorien entfielen auf Sicherheitsmerkmale aus dem Bereich „Infrastruktur“ oder „Technik (Bauform, Signalisierung usw.) und zwei waren personenbe- zogen (eigene Aufmerksamkeit, Ortskenntnis).

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Bei den Rückmeldungen spielte es offensichtlich waren nicht einheitlich platziert, sondern re- eine Rolle, ob bestimmte Elemente, z.B. eine be- dundant vor und hinter der Konfliktstelle (3 stimmte Bauform, Lichtsignale oder Warnhinweise Fälle130), nur hinter der Konfliktfläche (1 vorhanden waren:129 Fall) oder nur vor der Konfliktfläche (1 Fall) angebracht. Hier gaben lediglich 1,8 % der • In den beiden Städten, in denen die Gleis- Antwortenden an, dass Warnhinweise zur querungen mit erzwungenem Richtungs- Sicherheit betrügen. wechsel untersucht wurden, wurde die Bau- • In Stadt A wurde vollständig auf derartige form (Umlaufsperren) mit 25 % (Stadt A) Maßnahmen (Verkehrszeichen, Markierun- bzw. 31,8 % (Stadt B) der Antworten als si- gen) verzichtet. Es erfolgten bei der Befra- cherheitsförderliches Element genannt. In gung keine Rückmeldungen im Hinblick auf Stadt C und Stadt D spielte dies praktisch Warnhinweise. keine Rolle (3,4 % bzw. 0,9 % der Antwor- ten). • In den beiden Städten, in denen signali- sierte Gleisquerungen untersucht wurden, wurde die Ausstattung der Gleisquerung mit Lichtsignalen als sicherheitsdienlich be- wertet. Die Signalisierungsform Rot-Dunkel wurde dabei anteilig häufiger genannt (Stadt D, 53,7 %) als das Gelbblinken (Stadt C, 29,9 %). In Stadt A und Stadt B spielte die Signalisierung kaum eine bzw. Bild 91: Gleisquerung mit Warnhinweisen – redundante Be- praktisch keine Rolle (9,2 % bzw. 0,9 % der schilderung in Stadt B Antworten). Als ein weiterer Punkt wurden seitens der Befragten Warnhinweise als sicherheitsfördernd aufgeführt. Darunter fielen sowohl Beschilderung als auch Mar- kierung oder akustische Signale an der Gleisque- rung. Neuere Untersuchungsergebnisse aus der Schweiz unterstützen diese These (Kap. 3.1.6). Antworten in dieser Kategorie gab es in drei Städ- ten. • In Stadt C waren die Gleisquerungen mit dort montierten Verkehrszeichen, markier- ten Sicherheitshinweisen (Bild 92) und teil- Bild 92: Gleisquerung mit Warnhinweisen (Markierung und vi- weise akustischen Warnsignalen bei An- suell kontrastierende Elemente) in Stadt C zeige des Warnlichts versehen. 5,4 % der Antworten entfielen auf diese Kategorie. • In Stadt B, in der die Umlaufsperren in der Regel mit redundanten Warntafeln verse- hen waren (Bild 91), entfielen 4,5 % der Antworten auf diese Kategorie. • In Stadt D gab es kleinere Hinweisschilder auf die Konfliktsituation. Diese war in der Regel im Seitenbereich der Gleisquerung an den Absperrgittern oder der Absturzsi- cherung der Rampe zum Bahnsteig ange- bracht (vier Fälle, Bild 93) oder am Licht- signalmast befestigt (1 Fall). Die Schilder

129 Es wurde konkret nach Sicherheitsmerkmalen an der jeweili- Schilder nur vor dem jeweils zu querenden Richtungsgleis ange- gen Gleisquerung gefragt. bracht. 130 In einem Fall mit einem Mittelbahnsteig gilt dies einschrän- kend nur für Personen, welche die vollständige Gleisquerung be- nutzen. Für Personen, die vom Bahnsteig kommen, waren die

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Gründe für persönliches Unsicherheitsempfin- den 122 der Befragten gaben Rückmeldungen, warum sie sich bei der Querung der Gleise unsicher fühl- ten. Die Verteilung auf die vier Städte zeigt Bild 94.

Bild 94: Anzahl der Rückmeldungen bezüglich eines Unsicher- Bild 93: Gleisquerung mit Warnhinweisen – seitlich ange- heitsgefühls im Städtevergleich (alle Städte) brachte Hinweisschilder in Stadt D Für die konkreten Gründe eines Unsicherheitsge- Die Rückmeldungen zu den drei Kategorien Bau- fühls ließen sich zusammenfassend sechs maßgeb- form, Lichtsignale und Warnhinweise zeigen, dass liche Kriterien ausmachen(Bild 95), die relativ aufmerksamkeitsfördernde Elemente offensichtlich gleichwertig genannt wurden. Zudem gab es zwei wahrgenommen werden (vgl. dazu auch weitere Kategorien mit einer nur geringen Anzahl an Kap. 3.1.6); allerdings umso deutlicher, je direkter Nennungen. sie im unmittelbaren Sichtfeld der Querenden instal- liert werden. Allerdings ließen sich hier keine objek- tiv messbaren Auswirkungen auf die Verkehrssi- cherheit ableiten, da es an den untersuchten Gleis- querungen kaum Unfälle gab (vgl. Kap. 6.5) und die Stichprobe der Untersuchungsorte zudem gering war.131 Als weiterer Grund für ein erhöhtes Sicherheitsge- fühl beim Queren der Gleise in der Kategorie Infra- struktur wurde „Sichtverhältnisse“ genannt (Anteile je Stadt zwischen 13,9 % und 41,3 %). Da es sich bei dieser Kategorie allerdings um einen stark standortbezogenen Faktor handelt und die Auswahl Bild 95: Antworthäufigkeiten für Unsicherheitsfaktoren an der Untersuchungsorte nicht frei erfolgte, wird auf Gleisquerungen (alle Städte, alle Standorte; Mehrfach- eine Bewertung im Städtevergleich verzichtet. nennungen möglich) Von großer Bedeutung (durchschnittlich 26,8 %) für Im Städtevergleich zeigten sich allerdings deutlich die eigene Sicherheit war nach Angaben der Be- erkennbare Unterschiede bezüglich der Benennung fragten die eigene Aufmerksamkeit. Dies könnte so- einzelner Kategorien. So waren in Stadt A und Stadt wohl auf die Wirksamkeit von Sicherheitseinrichtun- B häufiger Rückmeldungen bezüglich der Kategorie gen, aber auch auf die aus persönlichen Erfahrun- „störende Einflüsse anderer Verkehrsträger“ (Auto- gen gezogenen Lehren (vgl. Kap. 6.4.2.1) hinwei- verkehr, Radverkehr) bei der Querung zu verzeich- sen. nen (36,2 % bzw. 20,7 %, Bild 96). Hier wurde we- niger die Gleisquerung als vielmehr die Querung Weitere Nennungen mit nur geringen Anteilen wa- der Fahrbahn des Kraftfahrzeugverkehrs oder des ren „Verhalten des Fahrpersonals“ (z. B. Geben von Radwegs als gefährlich angesehen. Die Fahrbah- Warnhinweisen, durchschnittlich 3,9 %) und „per- nen des Individualverkehrs waren in diesen Fällen sönliche Ortskenntnis“ (durchschnittlich 1,0 %) nicht gesichert, in der Regel mehrstreifig und teils

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hoch belastet. In Einzelfällen wurde angemerkt, hältnisse“ benannt. Diese Anmerkung konnte so- dass der ruhende Verkehr die Querungsstelle zu- wohl die Breite der Durchgänge als auch die Größe stellen würde. In den anderen beiden Städten (C der Aufstellflächen umfassen. Die häufigsten Rück- und D) war neben der Gleisquerung auch die Que- meldungen dazu gab es in Stadt B (vgl. Bild 97). rung der anliegenden Fahrbahnen signalgeregelt. Dort waren die Abstände der Umlaufsperren zuei- Hier gab es deutlich weniger Rückmeldungen in die- nander geringer, als in Stadt A, der zweiten Stadt, ser Kategorie. in der Gleisquerungen mit erzwungenem Rich- tungswechsel beobachtet wurden. Entsprechende Auch auf Standortebene betrachtet war zu erken- Vorfälle wurden auch beobachtet. So ergaben sich nen, dass die genannten Gründe in der Regel sehr besondere Schwierigkeiten bei der Durchfahrt mit ortsspezifisch waren. So wurde in Stadt A der Indi- dem Fahrrad (vor allem mit Kinderanhänger) oder vidualverkehr als Grund für ein Unsicherheitsgefühl auch bei einem höheren Aufkommen von entgegen- maßgeblich an den beiden Gleisquerungen ge- gesetzt querenden Personen. In Stadt D (geradli- nannt, an denen die Verkehrsbelastung im Längs- nige Gleisquerungen) ergab sich zwar ebenfalls ein verkehr besonders hoch war. In Stadt B war an ei- hoher Anteil an Rückmeldungen zu diesem Punkt ner Gleisquerung, die besonders stark vom Radver- (14,3 %). Allerdings war die Grundgesamtheit der kehr frequentiert wurde, vor allem die Breite der Rückmeldungen sehr niedrig, sodass daraus eine Durchfahrten (mit dem Fahrrad) ein Thema. nur sehr eingeschränkte Interpretationsfähigkeit folgt.

Bild 96: Antworthäufigkeiten für Unsicherheitsfaktoren an Gleisquerungen im Städtevergleich (Mehrfachnennun- gen möglich) In zwei Städten (einmal Z-Form, einmal geradlinig signalisiert) gab es eine höhere Anzahl an Rückmel- dungen (20,7 % bzw. 21,9 %) bezüglich nicht aus- reichender Sichtverhältnisse. In der Sicherheitsana- lyse (vgl. Kap. 6.5) konnte dies jedoch für die jewei- lige Gleisquerung i. d. R. nicht an konkreten Defizi- 132 ten festgemacht werden. Möglicherweise gab es bei der Bewertung Einflüsse aufgrund einer Ein- Bild 97: Beispiel für eine Gleisquerung mit eng zusammenste- schätzung der gesamten Überquerungssituation in- henden Umlaufsperren klusive der anliegenden Fahrbahn. Bezüglich der Kategorie „Signalisierung“ der Gleis- Ein nicht unerheblicher Anteil der Rückmeldungen querungen gab es in drei Städten Rückmeldungen. (ca. 19 %, 23 Nennungen) über alle Städte betrach- Hier muss bei den Antworten jeweils nach dem Sta- tet) bezog sich direkt auf die Straßenbahn: sie tus quo der Signalisierung an den untersuchten wurde als zu schnell oder zu leise empfunden bzw. Gleisquerungen unterschieden werden.133 In Stadt wurde moniert, dass das Fahrpersonal bei Annähe- A (nicht signalisierte Gleisquerungen) wünschten rung an die Konfliktstelle nicht läuten würde. sich ca. 11 % der Antwortenden eine Signalisierung Als ein weiterer Punkt für ein Unsicherheitsgefühl für die Gleisquerungen, um sich sicherer fühlen zu wurden mit 15,6 % die Kategorie „geringe Platzver- können. In Stadt B (nicht signalisierte Gleisquerun- gen) gab es keine Rückmeldungen dazu. In Stadt C

132 I. d. R. handelte es sich um Gleisquerungen mit geradliniger 133 Es wurde nach konkreten Hinweisen an der jeweiligen Gleis- Zuführung der Straßenbahngleise. In Einzelfällen gab es Sicht- querung gefragt. hindernisse (z. B. durch Bäume längs des Bahnkörpers).

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und Stadt D (signalisierte Gleisquerungen) gab es jeweils sechs Nennungen hierzu (18,8 % bzw. 42,9 %, vgl. Bild 96), wobei die Signalisierung aus Sicht der Antwortenden zu einer Unsicherheit bei- trug. In Stadt D wurde z. B. geäußert, dass die vie- len Lichtsignale hintereinander „für Chaos sorgen würden“ bzw. die Grünphasen für Fußgänger zu kurz seien. In Stadt C wurde mehrmals vermutet, dass die Signalschaltung nicht korrekt funktionieren würde (vgl. dazu Kap. 6.4.2.1, Abschnitt „Signalisie- rung“). Insgesamt lassen einige der Antworten zur Signalisierung vermuten, dass Passanten (trotz ein- deutiger Hinweise der Interviewer) die gesamte Querungssituation bewertet haben (inklusive der Bild 98: Antworthäufigkeiten auf die Frage nach Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit an Gleisquerungen für anliegenden Fahrbahnen des Individualverkehrs). Fußgänger und Radfahrer (alle Städte, Mehrfachnen- Persönliche Gründe für ein Unsicherheitsgefühl nungen möglich) wurden über alle Standorte betrachtet in 13,1 % der 6.4.2.4 Akzeptanz des Lichtsignals Fälle (16 Nennungen) als Antworten angegeben. Als Ursachen wurde z. B. „Alter“ oder „generelle Un- Zunächst wurden die Passanten danach befragt, ob sicherheit bei der Mobilität“ genannt. Auch wurde – sie das an einer Gleisquerung angezeigte Lichtsig- teils auf Basis beobachteter Ereignisse – geäußert, nal (Rotlicht oder Gelbblinken) beachten würden und welche Gründe es gab, das Signal zu missach- dass die Gleisquerung für bestimmte Gruppen (z. B. 135 Kinder) gefährlich sei. ten. Die Fragen wurden auch in den Städten ge- stellt, in denen nicht signalisierte Gleisquerungen Bezüglich eines geäußerten Unsicherheitsgefühls untersucht wurden, da an anderer Stelle auch sig- ließen sich keine systematischen Zusammenhänge nalisierte Übergänge vorhanden waren. Die Antwor- (Unfallereignisse, Sichtbehinderungen, Größe der ten wurden daher nicht getrennt nach Städten aus- Aufstellbereiche) im Rahmen der Sicherheitsanaly- gewertet, da die Grundform der Signalisierung in sen ausmachen (vgl. Kap. 6.5). Allerdings zeigten den Städten unterschiedlich war und teils auch in sich erkennbare Zusammenhänge aus der Be- den jeweiligen Städten selbst unterschiedliche For- obachtung men der Signalisierung (z. B. Rot-Dunkel und Rot- Grün) eingesetzt wurden. 6.4.2.3 Verbesserungsvorschläge aus Sicht der Nutzer Insgesamt gab über die Hälfte (54 %) der Befragten Die Passanten wurden gefragt, was aus ihrer Sicht an, bei Anzeige eines Lichtsignals immer vor der die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer an Gleisquerung stehen zu bleiben (Bild 99). Weitere Gleisquerungen erhöhen würde.134 35,7 % der Be- 20 % gaben an, dies meistens zu tun, 23 % „manch- fragten (n = 571) auf diese halboffene Frage be- mal“. Lediglich 3 % der Befragten gab an, nie vor nannten keine Maßnahmenvorschläge. 367 Perso- dem Lichtsignal stehen zu bleiben. Diese Angaben nen gaben Nahezu die Hälfte (45,3 %) der Nennun- erscheinen im Vergleich mit dem beobachteten Ver- gen (n = 435) hatte „Signalisierung“ zur Antwort halten (vgl. Kap. 6.3.4.5) als zu niedrig. Es muss da- von ausgegangen werden, dass nicht alle Antwor- (Bild 98). Weiterhin wurden „akustische Signale“ (25,5 %) und „Markierungen am Boden“ (17,2 %) ten das tatsächliche Verhalten der Befragten wider- benannt. „Hinweisschilder“ nannten 12 % als sinn- spiegeln. volle Maßnahme, während „Absperrgitter“ am sel- tensten vorgeschlagen wurden (9,7 %).

134 Fragen 7 und 8 des Fragebogens. 135 Fragen 9 und 10 des Fragebogens.

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Vorbildfunktion. Wenn keine Kinder in Sichtweite wären, würde hier keine Notwendigkeit gesehen, vor dem Lichtsignal zu warten. Lediglich 4,2 % mo- nierten zu lange Wartezeiten vor dem Lichtsignal.137 Die restlichen, wenigen Gründe standen im Zusam- menhang mit der Tageszeit (bei Dunkelheit) bzw. mit persönlichen Umständen, z. B. Ortskenntnis o- der altersbedingten Einschränkungen (z. B. schlechte Sehkraft). 6.4.2.5 Verhalten der Radfahrer Da die Hälfte der Gleisquerungen unter der Maß- gabe stark durch den Radverkehr frequentiert zu Bild 99: Antworthäufigkeiten zur Frage nach der Akzeptanz des werden, ausgewählt worden waren, wurden zwei Lichtsignals an Gleisquerungen (alle Städte ohne Fragen zum Verhalten an Gleisquerungen bei der Stadt B) benutzung eines Fahrrads gefragt.138 Die Frage Die Passanten, die angaben, das Signal nicht oder wurde allen Personen gestellt, sofern sie nach nicht immer zu beachten, wurden nach den Grün- Rückfrage angaben, grundsätzlich Wege mit dem den für die Missachtung befragt. Rad zurückzulegen. Bei insgesamt 214 Antworten stachen bei den An- Mit Blick auf die höheren Geschwindigkeiten des gaben von Gründen zwei deutlich heraus (Bild Radverkehrs gegenüber dem Fußverkehr sowie 100). Am häufigsten (55,1 %) wurde angeführt, mögliche Probleme bei der Benutzung von Gleis- dass die Strecke frei gewesen sei. Das bedeutet, querungen mit erzwungenem Richtungswechsel dass Personen nach eigener Einschätzung keinen wurde gefragt, ob Radfahrer zum Queren der Gleise Grund sahen (z. B. eine herannahende Straßen- von ihrem Fahrrad absteigen (unabhängig von der bahn) stehen zu bleiben bzw. die Bahn bereits vor- Führung). Über alle vier Städte betrachtet antwor- beigefahren war. Nach dieser persönlichen Absi- tete der größte Teil der Befragten (39,7 %) „immer“ cherung erfolgt die Querung trotz angezeigtem (Bild 101). Etwas mehr als ein Viertel (27,2 %) gab Lichtsignal (Rotlicht oder Warnlicht).136 hingegen an, nie abzusteigen.

Bild 101: Antworthäufigkeiten auf die Frage, ob beim Queren Bild 100: Antworthäufigkeiten für Gründe bezüglich der Miss- der Gleise vom Rad abgestiegen wird (alle Städte) achtung des Lichtsignals an Gleisquerungen (alle Städte, Mehrfachnennungen möglich) Innerhalb der Städte ergaben sich nur geringe Un- terschiede. Diese Angaben deckten sich allerdings Etwa ein Viertel (25,7 %) der Antworten entfielen nicht klar mit den Beobachtungen (vgl. Kap. 6.3.4). auf die Kategorie „Eile“. Hier gaben die Personen Dort wurden insgesamt deutlich weniger Radfahrer allgemein „Zeitdruck“ an oder die Angabe stand im registriert (im Durschnitt über alle Standorte 25 %, Zusammenhang damit, dass die Straßenbahn vgl. Kap. 6.3.4.9), die vor der Querung der Gleise selbst (an einer Gleisquerung an einer Haltestelle) vom Fahrrad abstiegen. Allerdings mit einer deutlich oder ein anderes Verkehrsmittel erreicht werden sollte. 8,4 % der Antworten bezogen sich auf die

136 Die Missachtung des Lichtsignals würde dem Verhalten „Si- 137 Im Durchschnitt sind die Sperrzeiten kürzer, als bei Querun- cherung nach Übersicht“ entsprechen, bei dem querende Perso- gen über Fahrbahnen des Individualverkehrs. nen selbst in der Pflicht stehen, sich von einer gefahrfreien Mög- 138 Fragen 11 und 12 des Fragebogens. lichkeit der Querung zu überzeugen.

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höheren Quote bei den Gleisquerungen mit Umlauf- Die übrigen Nennungen mit niedrigen Anteilen an sperren. Diese Tendenz war bei der Analyse der allen genannten Gründen verteilten sich beispiels- Befragungsergebnisse auf Stadtebene ebenfalls weise auf „schlechte Sichtverhältnisse auf die Stre- abzulesen, schien aber im Zusammenhang mit dem cke“, „persönliche Gründe“ (z. B. eigene Unsicher- Abstand der parallel verlaufenden Umlaufsperren heit) oder „Vorbildfunktion für Kinder“. zu stehen: in Stadt B, mit enger angeordneten Um- Neben Gründen für das Absteigen wurden auch laufsperren, gaben 52,3 % der Antwortenden an, Gründe genannt, warum nicht vom Fahrrad abge- dass sie immer absteigen würden. In Stadt A waren stiegen wurde. Vor allem wurden in diesem Zusam- es nur 36,2 % und damit nur unwesentlich mehr, als menhang „Eile“ und „Ehrgeiz“ genannt, wobei sich in den Städten C und D mit geradlinigen Gleisque- letztere Rückmeldung darauf bezog, die Fahrt durch rungen (etwa jeweils ein Drittel der Nennungen). die Umlaufsperren bei erzwungenem Richtungs- Nach Altersgruppen unterschieden gaben verhält- wechsel ohne vom Fahrrad abzusteigen bewältigen nismäßig mehr ältere Menschen (ab 65 Jahre) an, zu können. zum Queren der Gleise vom Fahrrad abzusteigen (Bild 102).139 Dies weist auf eine größere Vorsicht älterer Menschen hin. 6.4.2.6 Straßenverkehrsrechtliche Kenntnisse Um ein Gefühl für das Bewusstsein der Passanten über straßenverkehrsrechtliche Kenntnisse in Zu- sammenhang mit dem Verhalten an Gleisquerun- gen stellen zu können, wurde nach dem Wissen über die Vorrangregelung gefragt.142 Die Antworten zu dieser Frage waren vorgegeben. In Stadt A und Stadt B (nicht signalisierte Gleisque- rungen) gaben die Befragten praktisch ohne Aus- nahme an, dass an der Gleisquerung immer die Straßenbahn Vorrang hätte.143 In den Städten C und D (signalisierte Gleisquerungen) gab jeweils ein Bild 102: Quote der absteigenden Radfahrer an Gleisquerungen Viertel (25 %) der Befragten an, dass die Signalisie- nach Altersgruppen (eigene Angaben, alle Städte) rung den Vorrang der Straßenbahn anzeigen würde. Ein genereller Vorrang der Straßenbahn Die Gründe für das Absteigen vom Fahrrad (239 wurde somit nicht gesehen. Diese hätte demnach Antworten) waren vielfältig. Als wichtigste Gründe nach Ansicht der Antwortenden nur dann Vorrang, wurden benannt:140 wenn für den querenden Fußgänger ein Lichtsignal • Allgemein „aus Sicherheitsgründen“ (Rotlicht oder Gelbblinken) angezeigt würde. Diese (ca. 42 %), Antwort ist aber im Sinne der Rechtslage nicht kor- • „wegen der Umlaufsperren“ (20,5 % über rekt (vgl. Kap. 2.2.1). alle Städte mit deutlichem Schwerpunkt von Diese Einschätzung könnte sich möglicherweise ca. 30 % bei Stadt A und Stadt B141) und durch eine größere Zahl an Konflikten und Missver- • „Platzmangel“ (ca. 14 %), wobei in Stadt B ständnissen äußern, wenn Passanten vor der Stra- nur 5 % der Antworten auf diese Kategorie ßenbahn kreuzen (wenn kein Lichtsignal angezeigt entfiel, obwohl dort die Umlaufsperren deut- wird), weil sie der Ansicht sind, sie wären im lich enger zusammenstanden, als in Stadt Recht.144 In der Befragung wurde über geäußerte A; in den anderen Städten lag die Antwort- Kommentare zu dieser Frage allerdings auch deut- quote bei relativ gleicher Verteilung bei lich, dass sich die Passanten der Gefahrenlage be- durchschnittlich 20 %. wusst sind sich in der Regel entsprechend vorsich- tig verhalten (vgl. Kap. 6.4.2.1).

139 Jüngere Personen unter 18 Jahren wurden aus rechtlichen 142 Frage 13 des Fragebogens. Gründen bei der Befragung nicht gezielt angesprochen und sind 143 In einer Stadt gab es eine Aussage, dass die Straßenbahn daher in der Auswertung nicht vertreten. nur bei Anordnung eines Andreaskreuzes (VZ 201 StVO) Vor- 140 Auf eine weitere Analyse nach Alter oder einzelnen Standor- rang hätte. ten wurde verzichtet, weil sich dann jeweils nur eine sehr kleine 144 Dies muss sich allerdings nicht in einer höheren Zahl an Un- Grundgesamtheit ergeben hätte. fällen und damit in einer objektiv messbaren Größe niederschla- 141 In Stadt A und Stadt B wurden Gleisquerungen mit erzwun- gen. Nicht jeder Konflikt führt zu einem Unfall. genem Richtungswechsel untersucht.

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So spielte bei den signalisierten Gleisquerungen die Signalisierung eine wichtige Rolle (ca. 30 % bis 6.4.3 Zusammenfassung 53,7 %), bei den Gleisquerungen mit erzwungenem Richtungswechsel (ohne Signalisierung) war die An den 19 Untersuchungsorten in den vier Städten Bauform ein häufig genanntes Element (25 % bzw. wurden insgesamt 571 Interviews durchgeführt. Die 31,8 %). Auch Warnhinweise wurden von den Be- Passanten wurden immer nach dem Queren der fragten als weiteres Element zur Erhöhung der per- Gleise befragt. Der verwendete Fragebogen enthielt sönlichen Sicherheit aufgeführt; insbesondere Fragen zu persönlichen Erfahrungen mit kritischen dann, wenn diese an der jeweiligen Gleisquerung Situationen an Gleisquerungen, zum persönlichen redundant oder auffällig (im direkten Sichtfeld) an- Sicherheitsempfinden, zu Verhaltensweisen beim gebracht waren. Allerdings entfielen auf diese Maß- Queren, zur Regelakzeptanz, zu Maßnahmen zur nahme mit maximal 5,4 % duetlich weniger Rück- Erhöhung der Sicherheit sowie zum Wissen über meldungen als zu den o. g. Maßnahmen. straßenverkehrsrechtliche Regelungen an Gleis- querungen. Die Ergebnisse der Befragung lassen den Schluss zu, dass eine Bauform mit erzwungenem Rich- Etwas mehr als ein Viertel (28 %) aller Befragten tungswechsel, eine Signalisierung (auch bei einer gab an, bereits persönlich eine gefährliche Situation geradlinigen Gleisquerung) oder auch auffällige mit einer Straßenbahn erlebt zu haben. Der über- Warnhinweise von den querenden Personen wahr- wiegende Teil (70 %) war dabei zu Fuß unterwegs genommen werden und somit die Aufmerksamkeit gewesen. Als häufigster Grund (54 %) für gefährli- an diesen Stellen erhöhen können. Dies deckt sich che Situationen wurde die eigene Unachtsamkeit mit Ergebnissen aus anderen Untersuchungen. genannt. Die Befragten gaben an, durch Unkon- zentriertheit („Träumereien“), Ablenkung vom Ver- Einflüsse auf eine persönlich empfundene Unsi- kehrsgeschehen oder durch die Durchführung von cherheit waren an den jeweiligen Gleisquerungen Nebentätigkeiten (Gespräche, Nutzung des Mobil- ebenso ortsspezifisch auszumachen. So fühlte sich telefons usw.) nicht aufmerksam gewesen zu sein. in den beiden Städten, in denen bei der Benutzung Unachtsamkeit wurde an den nicht signalisierten der Gleisquerung nicht signalisierte, anliegende Gleisquerungen häufiger als Ursache genannt, als Fahrbahnen des Individualverkehrs gequert werden an den signalisierten Gleisquerungen. mussten, ein größerer Teil der Befragten (20,7 % bis 36,2 %) dadurch in der Sicherheit beeinträchtigt. Auch Probleme mit der Signalisierung wurden als Eine hohe Frequenz durch den Radverkehr in Kom- häufiger Grund (14,6 %) angegeben. In diese Kate- bination mit eng zusammenstehenden Umlaufsper- gorie entfielen „Verwechslung von Lichtsignalen“ o- ren führte ebenfalls verstärkt zu diesbezüglichen der „Annahme einer Fehlfunktion“. Diese Rückmel- Rückmeldungen. dungen zur Signalisierung traten in den Städten un- terschiedlich häufig auf und waren abhängig von Bei der Frage danach, welche Maßnahmen allge- der örtlichen, teils spezifischen Signalisierungsform mein zur Erhöhung der Sicherheit beitragen wür- und Signalsteuerung. So war die Verwechslung von den, wurde zudem insbesondere die Signalisierung Lichtsignalen mit dem Individualverkehr eher das (45,3 %) benannt. Auch weitere Hinweise (akusti- Thema bei der Rot-Dunkel-Schaltung. Eine Fehl- sche Signale, Markierungen, Hinweisschilder) wur- funktion wurde dagegen bei der Signalisierung mit den aufgeführt. Am seltensten wurden hier Absperr- Warnlicht vermutet. gitter genannt (9,7 %). Dies stand im Gegensatz zu den Aussagen bezüglich der Erhöhung der Sicher- Als weitere Gründe wurden Defizite bei der Infra- heit durch diese Elemente im konkreten Fall (an der struktur benannt, z. B. „schlechte Sichtverhältnisse“ jeweiligen Gleisquerung). Dies mag aber darin be- (10,4 %), „schmale Aufstellbereiche“ (5,6 %) oder gründet sein, dass Umlaufsperren aufgrund der er- „Hängenbleiben in oder an den Schienen“ (2,8 %). zwungenen Führung von den Passanten eher als Nach eigenen Angaben fühlten sich die meisten nachteilig betrachtet werden (kein ungehinderter Fußgänger und Radfahrer beim Queren der Gleise Durchgang bei hohem Verkehrsaufkommen bzw. an den untersuchten Orten sicher (im Durchschnitt Schwierigkeiten bei der Durchfahrt mit dem Fahr- ca. 82 %). Nach Gründen für die subjektiv empfun- rad). Wie auch bereits bei der Frage nach persönli- dene Sicherheit befragt, ergaben sich erkennbar chen Erfahrungen mit kritischen Situationen an ortsspezifische Rückmeldungen im Zusammen- Gleisquerungen spielte das eigene Verhalten auch hang mit der Ausstattung der Gleisquerung vor Ort: bei der Frage nach Maßnahmen, welche die Sicher- waren bestimmte Elemente an der jeweiligen Gleis- heit an Gleisquerungen allgemein erhöhen könnten, querung vorhanden, wurden diese in der Regel in eine größere Rolle. Durchschnittlich 26,8 % der Be- der Aufzählung als sicherheitsförderlich benannt. fragten gaben an, dass die eigene Aufmerksamkeit

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relevant sei, um sich beim Queren der Gleise sicher hungen in der Örtlichkeit in Anlehnung an die Emp- zu fühlen. fehlungen für das Sicherheitsaudit von Straßen (FGSV 2002) auditiert. Bereits bei der Beobachtung wurde festgestellt, dass das Lichtsignal an den Gleisquerungen nicht Das Sicherheitsaudit beinhaltete eine Überprüfung von allen Personen beachtet wurde. In der Befra- der Ausführungsentwürfe oder Vorentwürfe von den gung konnten für dieses Verhalten maßgeblich zwei ausgewählten Gleisquerungen auf Sicherheitsdefi- Gründe identifiziert werden. Hauptsächlich wurde zite und Regelwerkskonformität. Zusätzlich wurden angeführt, dass persönlich kein Grund gesehen Signalzeitenpläne an den Gleisquerungen mit Sig- wurde, vor dem Lichtsignal stehen zu bleiben nalisierung dahingehend überprüft, wie die Einbin- (55,1 %), wenn nach persönlicher Einschätzung dung der Signalisierung der Gleisquerung in das keine Gefahr durch eine herannahende Straßen- Umfeld geregelt ist, wie beispielsweise die Abhän- bahn bestand bzw. diese bereits durchgefahren gigkeit der Signalsteuerung von der Signalisierung war. Das bedeutet, dass der überwiegende Teil der an einem vorhergehenden Knotenpunkt oder eine Menschen bewusst das Signal missachtet. Ein Vier- „unabhängige“ Signalisierung über eigene Anforde- tel (25,7 %) der Antworten entfiel auf den Grund rungskontakte. Ein wichtiges Kriterium der Analyse „Eile“. Hier handelt es sich zwar mit größter Wahr- war die Dauer der Sperrzeit für Fußgänger und Rad- scheinlichkeit auch um ein bewusstes Missachten fahrer, um beispielsweise zu überprüfen, ob es zu des Signals. Aufgrund des bestehenden Zeitdrucks einem langen Nachleuchten (Rot) kommt. bei Handlungsentscheidungen kann dem Verhalten Das Bestandsaudit diente der auf die Verkehrssi- in diesen Situationen jedoch ein größeres Unfallri- cherheit bezogenen Überprüfung der tatsächlichen siko zugesprochen werden. Weitere Gründe für die Situation an den Gleisquerungen. Dabei wurde Missachtung eines angezeigten Lichtsignals im Zu- überprüft, ob die Entwurfsunterlagen mit dem Sta- sammenhang mit Vorbildfunktion oder Ortskenntnis tus quo übereinstimmen und die Vorgaben der ein- spielten eine untergeordnete Rolle, sind jedoch schlägigen Regelwerke eingehalten wurden. Die ebenfalls einer bewussten Handlungsweise zuzu- Auswertung der Audits ging hierbei über die polizei- ordnen. liche Unfallauswertung hinaus. Beispielsweise Nach Verhaltensweisen bei Querung der Gleise mit wurde die Anordnung von Andreaskreuzen berück- einem Fahrrad befragt, antwortete der überwie- sichtigt. Neben einer umfangreichen Fotodokumen- gende Teil (39,7 %) der Befragten, dass er zum tation wurden folgende Punkte im Rahmen des Be- Queren der Gleise immer vom Fahrrad absteigen standsaudits überprüft145: würde. Umlaufsperren wurden in den Städten, in • Bauliche Ausführung der Gleisquerung (Z- denen die Gleisquerungen mit diesen Elementen Form bzw. Versatz oder geradlinig) untersucht wurden, von etwa 30 % der Radfahrer • Lage der Gleisquerung (freie Strecke oder als Begründung für ein Absteigen angegeben. Zu- Haltestellenbereich) dem spielte nach Angaben der Befragten das Alter • Bauliche Veränderung/Änderung der Aus- und auf dem Fahrrad eine Rolle, da ein größerer An- stattung gegenüber Entwurfsunterlagen teil älterer Menschen angab in diesen Fällen abzu- • Überprüfung der Sichtdreiecke (Berück- steigen. Die Anordnung von Umlaufsperren kann sichtigung größerer freizuhaltender Sicht- auf der anderen Seite auch dazu führen, dass ein dreiecke für Radfahrer) besonderer Ehrgeiz der Radfahrer geweckt wird, • (künftige) Sicherheitsprobleme in Bezug die Engstelle zu durchfahren. auf auf Sichtbeziehungen • Umsetzung einer umfassenden Barriere- freiheit 6.5 Sicherheitsanalysen • Ansteuerung der Signalisierung durch die Bahnen (ab wann – zeitlich und/oder räum- 6.5.1 Auditierung lich) • Bei Signalregelung im Gleisbereich: Unab- Im Rahmen der Sicherheitsanalysen der ausge- hängigkeit von der Signalisierung der Fahr- wählten Untersuchungsräume wurden die Gleis- bahnfurten querungen anhand von Planunterlagen und Bege- • Wartezeiten der Fußgänger/Radfahrer bei Signalisierung von Fahrbahnfurten und Gleisquerungen

145 Durch die Unterscheidung von Gleisquerungen mit und ohne Signalisierung können einzelne Punkte des Bestandsaudits je nach Untersuchungsort entfallen.

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• Freigabezeit hintereinanderliegender Gleis- Dabei unterschieden sich die signalisierten Gleis- querungen (unterschiedlich/zeitgleich) querungen in ihrer Signalisierungsform, da in der • Rot-Nachlauf nach Durchfahrt der Straßen- Stadt C Gelbblinken und in der Stadt D Rot-Dunkel bahn (Ja/Nein; wenn ja: Dauer) signalisiert wird. Die signalisierten Gleisquerungen • Abstimmung der Freigabezeiten der Fuß- sind alle geradlinig und grenzen an eine Haltestelle gängerfurten als Haltestellenzugang auf an. Teilweise liegen die signalisierten Untersu- einfahrende ÖPNV-Fahrzeuge chungsorte aber auch zusätzlich im Knotenpunktbe- • Vorhandensein einer eindeutigen Signali- reich. Die nicht signalisierten Gleisquerungen auf sierung der Straßenbahn in Verbindung mit freier Strecke in Stadt A und Stadt B waren bis auf den Signalbildern F0 (Halt) und F1 (Fahrt eine Ausnahme (Versatz) in Z-Form ausgebildet. freigegeben) an signalisierten Gleisquerun- Innerhalb jeder Untersuchungsstadt waren die gen Gleisquerungen grundsätzlich gleich ausgebildet • Einbettung der Gleisquerung ins Umfeld und haben so eine hohe Wiedererkennbarkeit. (Lage der Gleisquerung außerhalb der Fuß- gänger-Überquerungslinien) Hinsichtlich der Überprüfung der Planunterlagen • Ausbildung von beidseitigen Aufstellflächen muss konstatiert werden, dass die Datengrundlage für Fußgänger uneinheitlich und unvollständig war. Ausführungs- • Ausbildung der beidseitigen Aufstellflächen pläne oder Vorentwürfe wurden aus Stadt B und angepasst an das Radverkehrsaufkommen Stadt C nicht zurückgemeldet. Aus Stadt A wurde • Getrennte Radverkehrsführung vorhanden ein Musterentwurf für Z-Querungen zur Verfügung (ja/nein) gestellt. Dieser ist allerdings allgemeingültig gehal- • Aufstellflächen zwischen Gleisbereich und ten und wird entsprechend der örtlichen Verhält- Fahrbahn bei nicht signalisierten Gleisque- nisse an die jeweilige Situation angepasst. Stadt D rungen oder getrennter Signalisierung von stellte lediglich verkehrstechnische Untersuchun- Fahrbahn und Gleisquerung gen mit Signallageplänen zur Verfügung, sodass • Vorhandensein zusätzlicher Sicherungs- auch dort keine Unterschiede zwischen Planunter- einrichtungen (Umlaufgitter, zusätzliche lagen und Status quo festgestellt werden konnten. Signalgeber in geringer Höhe, akustische Ferner wurde das Läuten der Straßenbahnen er- Signale, Piktogramme, Beschilderung) [bei fasst. Dieses wurde vor allem dann eingesetzt, unübersichtlichen Gleisquerungen, geradli- wenn eine Straßenbahn aus der Haltestelle anfuhr. niger Führung oder bei hohem Fußgänger- Aber auch da gibt es Ausnahmen, so gibt es in Stadt und Radverkehrsaufkommen] C die Maßgabe, dass eine Bahn, die aus der Halte- • Berücksichtigung des Radverkehrsaufkom- stelle langsam anfährt, das Signal Gelb-Blinken be- mens bei der Begegnung mit Fußgän- wusst nicht aktiviert, sondern läutet (es sei denn, es ger/Radfahrer (bezogen auf Geometrie der handelt sich um einen Hochbahnsteig und die Stra- Gleisquerung) ßenbahn muss erst den Weg von der Haltestelle bis • Vorhandensein/Notwendigkeit von Be- zum Ende der Rampe zurücklegen). Hintergrund ist, leuchtung und ggf. zweckmäßige Ausbil- dass eine Verwechslung mit einer gleichzeitig aus dung der Beleuchtung der Gegenrichtung in die Haltestelle einfahrende Ziel der Auditierung ist es, eine umfassende Aus- Bahn ausgeschlossen werden soll. sage über die Verkehrssicherheit und Regelwerks- Die Sichtbeziehungen sind in allen Fällen ausrei- konformität an den Gleisquerungen zu geben. Dazu chend und gegeben. In einigen Fällen sind die werden die Auditergebnisse mit den Ergebnissen Sichtbeziehungen dahingehend freizuhalten, indem der Verkehrsbeobachtung verknüpft, um Rück- der Grünbewuchs frühzeitig zurückgeschnitten wird. schlüsse für die Handlungsempfehlungen geben zu können. Die Beleuchtung war, bis auf die Gleisquerungen in Stadt D, die mit einer eigenen/direkten Beleuchtung 6.5.1.1 Zusammenfassende Ergebnisse der ausgestattet waren, in den anderen Städten nur Auditierung durch vorhandene Straßenbeleuchtung gegeben. Insgesamt sind im Rahmen der Auditierung 19 Un- Zusätzlich ist in Stadt B an den Gleisquerungen auf- tersuchungsorte in den vier Städten betrachtet wor- gefallen, dass die Beleuchtung ca. um 7.15 Uhr ab- den. Grundsätzlich lassen sich die Untersuchung- geschaltet wurde, aber im Untersuchungszeitraum sorte in zwei Gruppen aufteilen: in signalisierte noch Dämmerung herrschte, was die Sicht er- Gleisquerungen in Verbindung mit einer Haltestelle schwerte. und nicht signalisierte Gleisquerungen auf der Bezogen auf die Signalisierungsform in Stadt C und freien Strecke mit erzwungenem Richtungswechsel. Stadt D gibt es Unterschiede bzgl. des Nachlaufs,

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nachdem eine Bahn über die Gleisquerung fuhr. Während es in Stadt D bei der Signalisierung Rot- Dunkel an den Untersuchungsorten (offensichtlich infolge von Räum- und Zwischenzeiten) teilweise ei- nen Nachlauf gab (allerdings teilweise mit sehr gro- ßen Zeitunterschieden), teilweise aber auch nicht, ist in Stadt C beim Warnlicht grundsätzlich kein Nachlauf zu beobachten gewesen. Die Anforde- rungskontakte für die Signalisierung des Gleisbe- reichs waren in Stadt C und Stadt D in ausreichen- der Entfernung, sodass die Fußgänger und Radfah- rer frühzeitig vor der heranfahrenden Bahn gewarnt werden. Wurden die Abhängigkeiten der Signalisierung über die Fahrbahn und der Signalisierung der Gleisque- Bild 104: Trampelpfad einige Meter neben einer Gleisquerung rung betrachtet, so war bis auf eine Ausnahme zu Die barrierefreie Ausgestaltung der Gleisquerung ist erkennen, dass diese nicht in Abhängigkeit stehen, in den vier Untersuchungsstädten sehr unterschied- sondern in den häufigsten Fällen die Freigabe der lich. So wiesen die Gleisquerungen in Stadt B kei- Fahrbahn auf Anforderung der Fußgänger bzw. nerlei barrierefreie Merkmale auf. In Stadt A waren Radfahrer erfolgte und nicht wenn die Bahn sich der die Gleisquerungen teilweise mit Aufmerksamkeits- Gleisquerung näherte. feldern ausgestattet, allerdings ohne Führung in Auffällig bei der Auditierung der Gleisquerungen Form von Leitelementen. Waren die Gleisquerun- war die Tatsache, dass eine Vielzahl von Untersu- gen in Stadt A nicht mit Aufmerksamkeitsfeldern chungsorten Trampelpfade aufwies. Diese waren ausgestattet, so besaßen die Aufstellbereiche hauptsächlich bei den nicht signalisierten Gleisque- Pflastersteine zum Gleisbereich hin, die sich aller- rungen neben den Umlaufgittern zu erkennen (Bild dings visuell kaum vom Asphalt abhoben. 103). Teilweise führten die Trampelpfade aber auch In Stadt C wiesen die Untersuchungsorte Noppen- einige Meter parallel zu den Gleisen auf dem Grün- platten an der Grenze zwischen Aufstellbereich und streifen entlang. Ein „Extrembeispiel“ ist eine Gleis- Bahnkörper auf. Jedoch waren diese sowohl visuell querung in Stadt B bei der die Schüler eines Bil- als auch taktil wenig kontrastierend ausgeführt. Bis dungszentrums in den Pausen einen auf der ande- auf je eine Gleisquerung in Stadt C und in Stadt D ren Straßenseite befindlichen Supermarkt auf dem waren alle signalisierten und untersuchten Gleis- kürzesten Weg erreichen wollten und so die eigent- querungen mit akustischen Warnsignalen ausge- liche Gleisquerung oftmals ignorierten und einige stattet. Das akustische Warnsignal wurde teilweise- Meter neben der vorgesehenen Stelle die Gleise bei einer sich nähernder Straßenbahn lauter. „wild“ überquerten (Bild 104).

Bild 105: Anforderungstaster an einer Gleisquerung (Beispiel Stadt D)

Bild 103: Trampelpfad neben einer Umlaufsperre Die Gleisquerungen in der Stadt D wiesen neben akustischen Warnsignalen auch Anforderungstas-

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ter mit taktilen Signalen (Vibrationstaster an der Un- Ein weiteres Merkmal bei der Sicherheitsanalyse terseite) auf, die auf die herannahende Bahn auf- sind die Platzverhältnisse im Bereich der Aufstellflä- merksam machten. Diese waren auch am Kopfende chen der Gleisquerung und der Umlaufgitter zur der Rampen zu den Bahnsteigen angebracht (Bild Führung der Fußgänger und Radfahrer. Im Allge- 105). Taktile Elemente waren an den Gleisquerun- meinen sind die Platzverhältnisse für die vorherr- gen in Stadt C nicht vorhanden. schenden Fußgänger- und Radfahrerströme ausrei- chend. Vereinzelt ist es vorgekommen, dass die An einigen Gleisquerungen sind Asphaltaufbrüche Aufstellflächen für größere Fußgängergruppen (zu in den Nahtbereichen zu den Gleisen zu verzeich- Stoßzeiten im Bereich von Schulen oder im Umfeld nen, die dazu führen könnten, dass Fußgänger stol- von Einkaufsmöglichkeiten) nicht ausreichend wa- pern und Radfahrer Gefahr laufen zu stürzen (Bild ren und sich bis in den Rampenbereich aufgestellt 106 und vgl. Kap. 6.3.4.3). wurde (Bild 108).

Bild 106: Beispiel für Asphaltaufbrüche an der Gleiseindeckung neben den Schienen Bild 108: Rückstau wartender Fußgängerströme im Zugangsbe- reich zum Bahnsteig Im Gegensatz zu den übrigen Untersuchungsorten war an einer Gleisquerung in Stadt B auffällig, dass Im Rahmen der Auditierung fiel ferner auf, dass die dieser mit einem Bahnübergangssystem mit Gleisquerungen in den verschiedenen Städten hin- schwarzen Matten ausgelegt war, was einen besse- sichtlich der Sicherheitshinweise sehr unterschied- ren Komfort für Radfahrer bieten und behinderten- lich ausgestattet waren. In Stadt C sind beispiels- weise an den Gleisquerungen Dreieckssymbole gerecht sein soll (Bild 107). Die Orientierung der Blickrichtung und eine ausreichende Aufstellfläche (sog. „Haifischzähne“) vor der Konfliktfläche aufge- sollen im Bereich der Umlaufsperre erzielt werden. bracht. Zudem sind Straßenbahn-Piktogramme und Bei Querung des Gleisbereichs sollte eine sichere ein „Gefahrstelle“-Piktogramm (StVO-Zeichen 101) Überquerung auf direktem Weg nicht durch eine zu mit einem Ausrufezeichen im Gleisbereich aufge- schräge Z-Führung beeinträchtigt werden. bracht. Zusätzlich waren weitere Schilder im Be- reich der Gleisquerung angebracht. Zum einen ein Schild „Vorfahrt gewähren“ mit einem Zusatzschild „Straßenbahn“ und zum anderen ein Hinweisschild darauf, dass das Betreten der Gleisanlage verboten ist (Bild 109).

Bild 107: Bahnübergangssystem an einer Gleisquerung (Bei- spiel Stadt B)

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der Grenze zwischen Aufstellbereich und Sicher- heitsraum des Bahnkörpers. Des Weiteren fiel auf, dass die akustischen Signale in Stadt Y nicht an den Umgebungslärm angepasst und somit zu leise und akustisch schlecht wahr- nehmbar waren. Bei den Noppenplatten fehlte ein visueller Kontrast. Teilweise war das Feld von einer Schachtabdeckung unterbrochen. Die Signalregelung im Gleisbereich erfolgte in Stadt X mittels Rot-Dunkel, in Stadt Y mittels Gelb-Blin- ken, jeweils unabhängig von der Signalisierung der Fahrbahnfurten Hinsichtlich der dokumentierten Unfälle kann kon- Bild 109: Beschilderung und Markierung der Gleisquerung (Bei- statiert werden, dass sowohl Radfahrer, als auch spiel Stadt C) Fußgänger zur Gruppe der Betroffenen zählen. Da- Eine wichtige Erkenntnis im Rahmen der Be- bei, soweit es nachvollzogen werden konnte, sind standsaudits war, dass die Bahnen, welche aus Rotlichtverstöße der Betroffenen die jeweiligen Un- dem Haltestellenbereich herausgefahren sind, an fallursachen. einem Untersuchungsraum in Stadt D die Gleisque- In Stadt X wurde an einer Gleisquerung in den Jah- rung so langsam überfahren und blockiert haben, ren 2015/2016 eine der dort montierten Umlauf- bis die aus der Gegenrichtung in die Haltestelle ein- sperre verändert. Der Seite des Zugangs zur Gleis- fahrende Bahn die Gleisquerung erreicht hat. So ist querung erfolgte von der anderen Seite, sodass verhindert worden, dass Fußgänger bzw. Radfah- sich bei der Annäherung auch die Blickrichtung auf rer, die die Gleisquerung trotz Rot-Signal hinter der die Straßenbahnen änderte. Begründet wurde die aus der Haltestelle fahrenden Bahn überqueren, vor Änderung mit dort geschehenen Radfahrerunfällen, die Bahn in Gegenrichtung laufen. Dies basiert al- die vorher (einer Veloroute folgend) von Norden lerdings nicht auf einer betriebsinternen Anordnung, kommend direkt in die Gleisquerung einfahren sondern auf nicht bindenden Absprachen des Fahr- konnten. Festgehalten sind im Untersuchungszeit- personals. raum drei Unfälle mit Fußgängern und ein Unfall mit 6.5.1.2 Zusätzliche Auditierung an unfallauf- einem Radfahrer. fälligen Gleisquerungen 6.5.2 Mikroskopische Unfallanalyse Zusätzlich zu den 19 auditierten Gleisquerungen, an denen sich keine Unfallauffälligkeiten zeigten, Um die Schwachstellen der Gleisquerungen zu ana- wurden als Kontrollgruppen vier weitere signali- lysieren, wurden neben den Audits auch Unfallana- sierte, unfallauffällige Gleisquerungen in zwei Städ- lysen durchgeführt. Teilweise waren Beschreibun- ten (Stadt X und Stadt Y) untersucht, in denen sich gen der Unfallhergänge vorhanden, sodass nach- im Zeitraum von 2009 bis 2015 drei oder mehr Un- vollzogen werden konnte, weshalb es zu Zusam- fälle an den Gleisquerungen ereigneten. Als bauli- menstößen zwischen Fußgänger/Radfahrer und che Ausführung der Gleisquerungen sind ein Ver- Straßenbahn gekommen war. satz, doppelter Versatz, Z-Form (ohne Umlaufgitter) und eine geradlinige Querung ausgeprägt. In Stadt 7 Zusammenfassung und Emp- X wurde eine Gleisquerung im Haltestellenbereich untersucht, die weiteren drei befanden sich auf fehlungen freier Strecke. 7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse Während der Auditierung konnte festgestellt wer- den, dass die Sicht teilweise durch Stahlträger, teil- Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, mögliche Ein- weise durch Bepflanzung eingeschränkt, teilweise flüsse der Infrastruktur auf das Verhalten von Per- aber auch auf langer Strecke frei war. Die Barriere- sonen beim Queren der Straßenbahngleise an den freiheit war beschränkt integriert bzw. umgesetzt. dafür vorgesehenen Übergängen zu identifizieren So war an zwei von vier Gleisquerungen keine bar- und zu analysieren. Dafür wurden unterschiedliche rierefreie Führung in Form von taktilen Leitelemen- Methoden angewendet. Neben einer Analyse bishe- ten oder auch ein erkennbarer Kontrast für Sehbe- riger Erkenntnisse zur Sicherheit von Fußgängern hinderte vorhanden, an den beiden weiteren Gleis- und Radfahrern an Gleisquerungen waren dies querungen existierten lediglich Noppenplatten an

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• eine bundesweit angelegte Analyse des Darüber hinaus gehende Unfalldaten der Verkehrs- Bestands von Gleisquerungen hinsichtlich unternehmen, die möglicherweise aufgrund zusätz- Bauform, Signalisierung und Ausstattung, licher Erkenntnisse die Identifizierung weiterer Kon- • eine bundesweit angelegte Analyse der Un- fliktpunkte ermöglicht hätte, waren auch aufgrund fälle an Gleisquerungen über einen Zeit- einer fehlenden, einheitlichen Systematik nicht bun- raum von sieben Jahren, desweit zu ermitteln. Bei den meisten Unfällen han- • eine Verkehrsbeobachtung sowie eine Pas- delt es sich um Einzelfälle an einer Gleisquerung. santenbefragung an ausgewählten Gleis- Lediglich an 90 Gleisquerungen hatten sich zwei o- querungen in vier Städten sowie der mehr Unfälle in sieben Jahren ereignet. Haupt- • Sicherheitsanalysen (Plan- und Be- verursacher der Unfälle waren in der Regel die Fuß- standsaudits) an diesen Gleisquerungen. gänger und Radfahrer. Tendenziell verunglücken vor allem bei den Fußgängern mehr Jugendliche, Für die konkrete Umsetzungs- oder Anwendungs- junge Erwachsene und Senioren. Besondere Auffäl- häufigkeit einzelner Ausführungsformen von Gleis- ligkeiten, z. B. Ablenkung durch die Benutzung mo- querungen (Bauformen, Sicherung) oder dort um- biler elektronischer Geräte, Alkoholeinfluss oder gesetzter Maßnahmen und verwendeter Elemente Missachtung von Lichtsignalen ließen sich anhand (Details zur Signalisierung, Verkehrszeichen, Mar- der Unfalldaten nicht belegen. Dies lag teilweise kierung) ließen sich bei Städten und Verkehrsunter- auch an einer uneinheitlichen Systematik sowie ver- nehmen keine detaillierten Zahlen ermitteln. Die Be- besserungsfähiger Qualität der Daten (z. B. auch standsaufnahme zeigte jedoch, dass sich vor allem bei der Verortung). Bei der Filterung der Unfallereig- bundesweit betrachtet infolge der möglichen Kom- nisse im Zusammenhang mit Kombination von Bau- binationen (Bauform, Signalisierung, Ausstattung) form, Sicherung und Lage der Gleisquerung erga- ein sehr heterogenes Bild bezüglich der Gestaltung ben sich nur noch einzelne Unfallereignisse je Kom- ergibt. Ausführungen von Gleisquerungen werden bination, sodass die Ableitung von prototypischen primär bestimmt durch Merkmalen über die Unfallzahlen nicht möglich war. • die Bauform (geradlinig oder mit erzwunge- Da keine genaueren Zahlen für die Anwendungs- nem Richtungswechsel) und häufigkeit bestimmter Bauformen und Sicherungs- • die Art der Sicherung (durch Übersicht arten in der Praxis zu ermitteln waren, konnten die oder technisch gesichert). Ausführungsformen von Gleisquerungen auch in der Summe nicht in einen gewichteten Zusammen- Des Weiteren ist die Umsetzungspraxis gekenn- hang mit den Unfällen gestellt werden. zeichnet durch In vier Städten wurden verdeckte Verkehrsbe- • unterschiedliche Formen der Signalisierung obachtungen (videogestützt) und Befragungen von (Rot-Dunkel, Rot-Grün, Gelbblinken), Passanten an jeweils gleichartigen Gleisquerungen • Unterschiede bei Umfang und Ausführung in einer Stadt im Realverkehr durchgeführt, um wei- von Markierungen (Piktogramme, Ver- tere Hinweise zu konfliktträchtigen Verhaltenswei- kehrszeichen, Warnhinweise, flächige Ein- sen querender Personen zu erhalten. Die Auswahl färbung), der Gleisquerungen erfolgte mit dem Ziel, eine mög- • einer Variationsvielfalt beim Einsatz und lichst hohe Zahl an Querungsvorgängen für vier be- der Anbringung von vertikal angebrachten stimmte Typen (Kombination von Bauform und Si- Warnhinweisen (Hinweisschilder) oder cherungsart) von Gleisquerungen beobachten zu auch akustischen Warnungen sowie können. Die objektive Bewertung erfolgte mithilfe • unterschiedliche Ausführung bei der Um- der Post Encroachment Time (PET), einer Zeitlü- setzung einer barrierefreien Gestaltung. ckenanalyse zur Bewertung der Verkehrssicherheit. Bei der baulichen Ausführung und technischen Aus- Es wurden 17.431 Querungsvorgänge an 19 Stand- stattung haben zudem die örtlichen Besonderheiten orten erfasst. 477 Fälle wurden infolge der Bewer- einen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung. In tung mit den Kriterien der PET zunächst als kritisch der Summe ergibt sich somit trotz Vorgaben aus vermutet, da die PET maximal 2 Sekunden betrug. Verordnungen und Entwurfsregelwerken für Gleis- Bei der anschließenden detaillierten, qualitativen querungen durch die Kombination unterschiedlichs- Analyse zeigte sich jedoch, dass selbst diese Fälle ter Merkmale eine Vielfalt an Varianten in der Pra- nicht als kritisch einzustufen waren. Sie standen vor xis. allem im Zusammenhang mit dem Queren der Gleise direkt an einer Haltestelle, in der eine Stra- Die umfassende Analyse polizeilich erfasster Un- ßenbahn stand und zu Beginn des Querungsvor- fälle aus 15 Bundesländern ergab 1.190 Unfälle gangs langsam anfuhr. Dabei wurde zudem in der zwischen Straßenbahnen und Fußgängern sowie Regel ein akustisches Warnsignal gegeben. Radfahrern in einem Zeitraum von sieben Jahren.

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Teils konnten besondere Ereignisse oder Verhal- beziehungen. Die Quote bei der Beachtung des an- tensweisen der Personen beim Queren der Gleise gezeigten Signals zeigte daher über alle Standorte (z. B. Benutzung von Mobiltelefonen, Absicherung betrachtet eine große Spannbreite. Unterschiede in mit Blicken) nur in wenigen Fällen gesichert beo- der Wirksamkeit zwischen Rot-Dunkel und Warn- bachtet werden. Dies war einerseits durch die Auf- licht konnten nicht beobachtet werden. lagen des Datenschutzes bedingt, da nur mit einer Insgesamt wurden 571 Interviews zu kritischen Si- reduzierten Bildqualität bzw. bestimmten Bildaus- tuationen, persönlichem Verhalten, subjektivem Si- schnitten gearbeitet werden konnte, zeitweilig auch cherheitsempfinden und Regelakzeptanz durchge- durch witterungsbedingte Einflüsse (starker Re- führt. Die wenigsten Befragten (ca. 28 %) hatten be- gen), reits persönlich eine gefährliche Situation mit einer Es konnten dennoch typische Situationen beobach- Straßenbahn erlebt. Die meisten Personen (ca. tet werden; die teils in Abhängigkeit von der Bau- 82 %) gaben aber an, dass sie sich beim Queren form der Gleisquerung, der Sicherung oder auch der Gleise sicher fühlen würden. Als maßgebender des querenden Verkehrsmittels sowie des Perso- Grund für eine kritische Situation wurde in 54 % der nenaufkommens waren. So gab es teilweise kurz- Fälle die eigene Unachtsamkeit angegeben. Es zeitige Rückstaus bis in den Gleisbereich, gelegent- zeigte sich auch, Sicherungsmaßnahmen wie Licht- lich Behinderungen (Ausweichen und kurzzeitiges signale, Umlaufsperren oder Warnhinweise erhö- Warten) bei entgegenkommenden Personen im hen offensichtlich die Aufmerksamkeit an der Gleis- Querungsbereich, Schwierigkeiten bei der Durch- querung. Dies äußerte sich in häufigeren Nennun- fahrt von Umlaufsperren mit Fahrrädern oder es gen dieser Elemente als sicherheitsfördernd, wenn wurden Trampelpfade an den Absperreinrichtungen diese an der jeweiligen Gleisquerung, an der die Be- vorbei genutzt. Kritische Situationen (im Sinne einer fragung durchgeführt wurde, vorhanden waren. drohenden Kollision) ergaben sich während der Be- Auch die eigene Aufmerksamkeit spielte eine grö- obachtung daraus in keinem Fall. Teilweise standen ßere Rolle bei der Frage danach, was zu einer hö- die beobachteten Ereignisse im Zusammenhang heren Sicherheit beim Queren der Gleise beitragen mit vom Straßenbahnbetrieb unabhängigen Fakto- könnte. ren, z. B. Rückstaus im Bereich der Querung unge- Gründe für ein Unsicherheitsempfinden waren sicherter Fahrbahnen des Individualverkehrs. ebenso mit ortsspezifischen Merkmalen verknüpft, Ablenkende Tätigkeiten, z. B. die Benutzung mobi- wie die Angaben zum Sicherheitsempfinden. So ler elektronischer Geräte, konnten nur in wenigen wurden an den Gleisquerungen, an denen anlie- Fällen gesichert beobachtet werden. Nicht alle die- gende und ungesicherte Fahrbahnen gequert wer- ser Personen wirkten abgelenkt, was infolge des den mussten, andere Verkehrsträger (Kfz, Rad) be- beobachteten Bewegungsmusters oder Verhaltens sonders häufig als Element mit Einfluss auf die per- gut festgestellt werden konnte (z. B. verzögerte Re- sönlich empfundene Sicherheit genannt. Auch eine aktionen bei Ablenkung). Bezüglich der Absiche- hohe Frequentierung der Gleisquerung durch den rung vor dem Queren der Gleise zeigte sich, dass Radverkehr bei engen räumlichen Verhältnissen ein erzwungener Richtungswechsel offenbar zu ei- (Umlaufsperren) führte zu derartigen Rückmeldun- ner verstärkten Absicherung im Nahbereich der gen. Gleisquerung führt. Hier waren bei einer großen An- Wird ein an der Gleisquerung angezeigtes Lichtsig- zahl der Personen eindeutige Kopfbewegungen zu nal missachtet, scheint dies in der Regel bewusst erkennen. Dass die Absicherung gegenüber einer zu geschehen. Dies z. B. dann, wenn nach eigener geradlinigen Querung höher einzuschätzen ist, ließ Einschätzung keine Gefahr beim Queren der Gleise sich jedoch nicht mit Sicherheit bestimmen. Zwar besteht, da die Bahn bereits durchgefahren ist oder wurden an den geradlinigen Gleisquerungen weni- die Bahn nicht zu sehen ist oder wenn die Personen ger und weniger ausgeprägte Kopfbewegungen re- es eilig haben. Insgesamt scheinen sich die Perso- gistriert. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine nen in der Regel der Gefahren beim Queren der Absicherung möglicherweise bereits vor Erreichen Gleise sehr bewusst zu sein. Dies wurde durch der Gleise während des Querens der anliegenden Kommentare im Zusammenhang mit der Frage Fahrbahn erfolgt. nach der Vorrangregelung an Gleisquerungen deut- Der Anteil der Personen, welche die Signalisierung lich. an einer Gleisquerung missachten, wird durch örtli- Der überwiegende Teil (ca. 40 %) der Befragten che Parameter beeinflusst, z. B. Koordination sig- gab an, beim Queren der Gleise vom Fahrrad abzu- nalisierter Furten bei anliegenden Fahrbahnen, steigen. Dies deckte sich allerdings nicht mit den Gruppenverhalten („Mitzieheffekte“) und Umsteige- Beobachtungen. Dort war der Wert im Durchschnitt

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geringer, wurde aber von lokalen Merkmalen beein- herauszustellen, die bisherigen Ausführungen von flusst (z. B. Umlaufsperren und Durchfahrtbreiten). Gleisquerungen grundsätzlich als sicher zu be- Dies deckte sich wiederum mit den Befragungser- zeichnen sind. gebnissen. Bei der Befragung wurden persönliche Dennoch lassen sich auch bei der Infrastruktur bzw. Gründe für das Absteigen angegeben, z. B. eine ei- Gestaltung Verbesserungsmaßnahmen benennen. gene Unsicherheit. Auf der anderen Seite kann Das eigene Verhalten der querenden Personen auch Ehrgeiz dazu führen, gerade an diesen Stellen spielt aber eine nicht unerhebliche Rolle im Zusam- nicht vom Fahrrad abzusteigen. Eine Rolle scheint menhang mit Konflikten. Dies konnte zwar nicht um- in diesem Zusammenhang auch das Alter zu spie- fassend beobachtet werden, war jedoch ein klares len, da mehr ältere Menschen (älter als 65 Jahre) Ergebnis der Befragung. Die jeweils eigene Unacht- angaben, abzusteigen. samkeit führt, sicherlich im Zusammenspiel mit wei- Die Auditierung der untersuchten Gleisquerungen teren Faktoren, in bestimmten Situationen zu Kon- förderte nur in Einzelfällen Defizite zu Tage. So wich flikten und im schlechtesten Fall zu einem Unfall mit häufiger die Breite der Aufstellflächen vom Regel- u. U. schweren Folgen. Daher sind in einem Ge- maß ab. Bei Gleisquerungen mit erzwungenem samtpaket auch Maßnahmen als sinnvoll zu erach- Richtungswechsel zeigten sich insbesondere bei ten, welche die Aufmerksamkeit von Personen beim „kurzen“ Absperranlagen häufiger Trampelpfade an Queren von Gleisen der Straßenbahnen erhöhen den Absperreinrichtungen vorbei. In Einzelfällen und so ein sicheres Verhalten unterstützen können. gab es Einschränkungen der Sichtdreiecke, z. B. Neben verhaltensbildenden Maßnahmen spielt da- durch Bäume, oder Asphaltaufbrüche im Bereich bei trotz nicht ermittelter direkter, systematischer der Einbettung der Schienen. Die Ausgestaltung mit Zusammenhänge auch die Infrastruktur eine Rolle, Elementen der Barrierefreiheit war abweichend und da diese durch entsprechende Gestaltung das Ver- nicht einheitlich bzw. nicht immer sachlogisch. So halten der Personen beeinflussen oder unterstützen gab es beispielsweise Bodenindikatoren an Gleis- kann. Wesentlich ist es, dass die beabsichtigte querungen mit Sicherung durch Übersicht, obwohl rechtliche Regelung (z. B. die Eigenschaft eines be- blinde und stark sehbehinderte Menschen an die- sonderen Bahnkörpers und die Sicherung durch sen Stellen nicht selbstständig queren können. Ein Übersicht) auch vor Ort in der Gestaltung erkennbar Zusammenhang zwischen Defiziten und Konflikten ist, z. B. durch eine mindestens visuell deutlich oder Unfällen ließ sich nicht herstellen – nicht zu- wahrnehmbare Abgrenzung des besonderen Bahn- letzt, weil Unfälle und relevante Interaktionen an körpers, vom Gefahrenbereich unterscheidbare, den untersuchten Gleisquerungen äußerst seltene ausreichend dimensionierte Aufstellflächen sowie Ereignisse waren. Eine zusätzliche Auditierung von freien und ausreichende Sichtdreiecke auf die Stra- vier Gleisquerungen mit Unfallauffälligkeiten (min- ßenbahnstrecke. destens drei Unfälle im gewählten Betrachtungs- Trotz bestehender gesetzlicher Vorgaben und um- zeitraum) ließ ebenfalls keine Gesetzmäßigkeiten in fassender Entwurfsregelwerke besteht bundesweit den genannten Zusammenhängen erkennen. betrachtet ein sehr heterogenes Bild bei der Gestal- tung von Gleisquerungen über Bahnkörper der Stra- ßenbahnen, wenn auch in einzelnen Städten über- 7.2 Empfehlungen wiegend einheitliche Umsetzung erfolgt. Weitge- hend einheitliche Gestaltungsrichtlinien im Sinne ei- In der Summe aller Erkenntnisse muss festgestellt ner Musterlösung wären aber im Sinne einer selbst- werden, dass Unfälle zwischen Fußgängern/Rad- erklärenden Infrastruktur mindestens in zusammen- fahrern und Straßenbahnen zufällige und seltene hängenden Netzen wünschenswert, idealerweise Einzelereignisse sind. Sie treten überwiegend als auch darüber hinaus (bundesweit). Ansätze einer singuläres Ereignis an einer Gleisquerung auf. Sys- Musterlösung bestehen zwar durch Vorgaben in tematische Defizite bei der Gestaltung der Infra- den Regelwerken grundsätzlich bezüglich der Bau- struktur, die zu häufigen Unfallereignissen führen form und der Signalisierung; teils auch bezüglich könnten, waren im Rahmen dieser Arbeit nicht zu der Anordnung von Verkehrszeichen aufgrund von erkennen. Damit wurden bisherige Erkenntnisse, Verordnungen. Es besteht jedoch immer ein Ermes- die im Rahmen dieser Arbeit ermittelt wurden, aus senspielraum, der auch durch örtliche Randbedin- den wenigen bereits durchgeführten Untersuchun- gungen bestimmt wird. Die Bestandsanalyse im gen zu diesem Thema bestätigt. Ein direkter Zu- Rahmen dieses Projektes hat gezeigt, dass zusam- sammenhang zwischen kritischen Situationen und men mit einer vorhandenen Vielfalt an gestaltungs- der Infrastruktur konnte – nicht zuletzt wegen der prägenden Elementen (Hinweise, Markierungen) in geringen Anzahl an beachtenswerten Interaktionen – nicht belegt werden. Dies ist grundsätzlich positiv

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den möglichen Kombinationen eine schier uner- Signalisierung von Furten über Gleise und anlie- schöpfliche Vielfalt an Varianten möglich ist. Dies gende Fahrbahnen zu achten. um eine Verwechs- erschwert die Wiedererkennbarkeit dieser Situation. lungsgefahr hintereinanderliegender Lichtsignale zu vermeiden. Entsprechende Empfehlungen wur- Aus den im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Er- den bereits in früheren Projekten erarbeitet. Abwei- kenntnissen abzuleitende Empfehlungen für Maß- chende Signalbilder hintereinanderliegender Furten nahmen sind im Einzelnen: (z. B. Fahrbahn „Grün“, Gleisquerung „Rot“) konn- Mit Musterlösungen für typische Situationen, die ten auch in diesem Projekt beobachtet werden. Es einen umfassenderen Ansatz als bisher verfolgen, ergaben sich keine kritischen Situationen, aber eine könnte die Wiedererkennbarkeit der Verkehrsan- geringe Akzeptanz des Rotsignals an der Gleisque- lage „Gleisquerung“ erhöht werden. Dies wäre ein rung. Eine „technische Aufrüstung“ muss nicht zwin- Schritt zu einer selbsterklärenden Infrastruktur und gend zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit füh- könnte ein Baustein sein, unklare Situationen und ren. So hat sich bei bisherigen Untersuchungen ge- damit Konflikte zu vermeiden. Ansätze dafür finden zeigt, dass der Einbau von Bodenwarnleuchten die sich beispielsweise in Großbritannien mit dem Beachtung von Lichtsignalen nicht wesentlich be- „Guidance on tramways“, aber auch in deutschen einflusst. Die Ausstattung von Gleisquerungen mit Entwurfsregelwerken. In Deutschland war speziell diesen zusätzlichen Warnleuchten ist daher aus zum Thema ein „Handbuch Gleisquerungen“146 ge- heutiger Sicht nicht erforderlich. plant, welches bisher jedoch nicht veröffentlicht Das verkehrssichere Verhalten von Personen beim wurde. Eine größere Vereinheitlichung bei der Ge- Queren der Gleise kann durch eine entsprechende staltung von Gleisquerungen kann sich beispiels- Gestaltung aktiv unterstützt werden. Die Benutzung weise auf von Trampelpfaden an Absperreinrichtungen vorbei • die Anzahl und Anordnung von Signalge- sollte durch eine Erweiterung der Absperreinrich- bern, tungen erschwert bzw. vermieden werden. Die • die Anordnung von Verkehrszeichen bzw. Wirksamkeit dieser Maßnahme setzt auch voraus, Verwendung von Hinweisschildern in An- dass Aufstellflächen ausreichend dimensioniert und zahl und Anbringungsort sowie entsprechend der verkehrlichen Nutzung und der • die Verwendung von Markierungen als Ver- Frequentierung bemessen und ausgeführt werden. kehrszeichen, Hinweisen oder flächigen In Zusammenhang mit der Anordnung von Absper- Einfärbungen reinrichtungen ist auch zu berücksichtigen, dass die Zugänge zur Gleisquerung für querende Personen beziehen. Dabei sind geltende Vorschriften der ein- erreichbar bleiben. Zur Verdeutlichung der Wege- schlägigen und in diesem Zusammenhang gelten- beziehungen für alle Verkehrsteilnehmer und zur den Verordnungen (StVO, VwV-StVO, BOStrab) zu Erhöhung der Verkehrssicherheit für querende Per- berücksichtigen. Es besteht in der Regel bereits ein sonen sollten die Zuwegungen zu den Gleisquerun- kontinuierlicher Austausch verschiedener Akteure gen über anliegende Fahrbahnen des Individualver- auf kommunaler Ebene über die beständige Ver- kehrs möglichst gesichert werden. Zumindest soll- besserung der Sicherheit an Gleisquerungen. Im ten – auch aus Sicht der Barrierefreiheit – gesi- Zusammenhang mit anzustrebenden Musterlösun- cherte Übergänge in ausreichenden Abständen vor- gen könnte ein bundesweiter Erfahrungsaustausch handen sein. dieses Ziel unterstützen. Die teils fehlende Übereinstimmung zwischen sub- Die technische Verlässlichkeit bei der Verwendung jektiv und objektiv festgestellten Konfliktfaktoren be- von Lichtsignalen an Gleisquerungen sollte weiter stätigte, dass die objektive Unfallanalyse einen verbessert werden. In der Beobachtung hatte sich wichtigen Bestandteil der Verkehrssicherheitsarbeit in wenigen Fällen gezeigt, dass die Lichtsignale ak- und Maßnahmenbildung in diesem Bereich dar- tiviert wurden, aber anschließend keine Straßen- stellt. Allerdings ist die Datengrundlage verbesse- bahn vorbeifuhr. Sperrzeiten sollten auf ein mög- rungswürdig, um letztendlich auch die Analyse zu lichst geringes Maß reduziert werden; um beispiels- verbessern. Dies bezieht sich sowohl auf die poli- weise lange Nachleuchtzeiten, bei denen keine zeilichen Unfalldaten als auch auf die von den Ver- Straßenbahn aus der Gegenrichtung kommt, zu kehrsunternehmen erhobenen Unfalldaten. Hier vermeiden. So kann insbesondere eine für Nutzer sollten in weiterer Forschungsarbeit Anforderungen nachvollziehbare Signalisierung zu einer besseren und konkrete Handlungsnotwendigkeiten unter- Akzeptanz von Lichtsignalen führen. In diesem Zu- sammenhang ist auch auf eine widerspruchsfreie

146 Federführend bearbeitet durch den Verband Deutscher Ver- kehrsunternehmen e. V.

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sucht und benannt werden, um verbesserte Analy- Bestandteil der Verkehrssicherheitsarbeit sen zu ermöglichen und damit die Qualität der Ver- bleiben bzw. werden. Mit diesen Maßnah- kehrssicherheitsarbeit zu stärken. men kann eine kontinuierliche Analyse und Umsetzung von Verbesserungspotenzialen • So werden bei den Verkehrsunternehmen bewerkstelligt werden. in bestimmten Fällen teilweise Daten zu • Eine mögliche Komponente bei der Entste- Unfällen an Gleisquerungen gesammelt, hung von Konflikten an Gleisquerungen ist die gegenüber den polizeilichen Unfallda- das persönliche Verhalten von Personen, ten zusätzliche Erkenntnisse zu Unfallursa- z. B. beeinflusst durch eine zunehmende chen oder zu Konfliktpunkten ohne kon- Nutzung mobiler elektronischer Geräte im krete Unfallereignisse liefern könnten („hot Straßenverkehr. Jüngere Untersuchungen spots“). Aufgrund fehlender Standards be- lassen spürbare Auswirkungen auf die Ver- züglich Datenerfassung und Qualitätskon- kehrssicherheit vermuten. Auch die Re- trolle von Verkehrsunfällen bei den Ver- gelakzeptanz ist aus unterschiedlichen kehrsunternehmen lassen sich die Unfall- Gründen verbesserungswürdig. Neben daten derzeit allerdings nur sehr einge- Maßnahmen mit direktem Bezug zur Opti- schränkt verwerten und analysieren. mierung der Infrastruktur spielt hier auch • Auch bei den polizeilichen Unfalldaten be- die Verkehrserziehung und Öffentlich- steht Verbesserungspotenzial. So ist die Di- keitsarbeit eine Rolle. So sollten die Ge- gitalisierung, die grundsätzlich die Auswer- fahren durch falsches Verhalten oder ab- tung von Unfalldaten vereinfachen kann, in lenkende Tätigkeiten, z. B. Musikhören und den einzelnen Bundesländern unterschied- Smartphonebenutzung, regelmäßig in lich weit fortgeschritten. Dadurch ist bei- Kampagnen und mit weiteren öffentlich- spielsweise auch die Verortung der Unfälle keitswirksamen Maßnahmen thematisiert nicht mit der gewünschten Genauigkeit vor- werden. handen. Zudem ist die Erfassungssystema-

tik uneinheitlich. Daher ist bereits die Da- tenaufbereitung für eine zielgerichtete Ana- Der zunehmende Anteil mobilitätseingeschränkter lyse mit einem hohen personellen Aufwand Menschen erfordert die Berücksichtigung barriere- verbunden, um die Qualität der Daten zu freier Lösungen auch an Gleisquerungen. Hier ist überprüfen und abzusichern. Hier wird drin- folgender Handlungsbedarf zu nennen: gender Handlungsbedarf gesehen, um Un- • Gleisquerungen mit Sicherung durch Über- fallanalysen zukünftig zu vereinfachen und sicht sind für blinde und stark sehbehin- die Verkehrssicherheitsarbeit damit zu stär- derte Menschen nicht ohne fremde Hilfe zu ken. benutzen. Für diese Gruppen ist eine Sig-

nalisierung erforderlich. Die Installation von Es hat sich gezeigt, dass subjektive oder objektive akustischen und taktilen Zusatzsignalen an Probleme an Gleisquerungen im Zusammenhang signalisierten Gleisquerungen macht diese mit sehr ortsspezifischen Zusammenhängen stehen für die genannten Personengruppen sicher können, z. B. durch Einflüsse des Individualver- und selbstständig nutzbar (eine entspre- kehrs oder durch die der Signalisierung über anlie- chende Schulung vorausgesetzt). Bodenin- gende Fahrbahnen auf das Querungsverhalten. Die dikatoren können die barrierefreie Nutzung kontinuierliche Verkehrssicherheitsarbeit auch im weiter unterstützen. Entsprechend ausge- Zusammenhang mit der Gestaltung von Gleisque- stattete Gleisquerungen sollten in ausrei- rungen sollte daher konsequent weitergeführt wer- chender Nähe zueinander liegen, um Um- den, um eine zielgerichtete Analyse durchführen zu wege zu vermeiden. können. • Bei der Ausstattung von Gleisquerungen • Erfahrungen aus den Audits zeigen, dass mit Bodenindikatoren ist vor allem bei Que- es nicht ausgeschlossen ist, dass bei der rungen über Gleise des besonderen Bahn- Planung von Verkehrsanlagen, einer not- körpers von Straßenbahnen in den ein- wendigen Anpassung im Bestand oder sich schlägigen Regelwerken nicht eindeutig ge- verändernder Randbedingungen (z. B. Än- regelt. So benennt beispielsweise die DIN derungen im Verkehrsnetz) sicherheitsrele- 32984 neben der EBO zwar auch die vante Defizite entstehen. Daher sollten so- BOStrab als Einsatzgebiet für die empfoh- wohl das Sicherheitsaudit als auch die lenen Lösungen. Es werden jedoch für Verkehrsschau an diesen Stellen fester

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Gleisquerungen im Zuge von Fahr- bahnquerungen nur Lösungen für be- schrankte und unbeschrankte Bahnüber- gänge im Zuge straßenbegleitender Geh- wege bzw. Einsatzempfehlungen für Bahn- übergänge mit Umlaufsperren gezeigt. Ob und wenn ja wie Gleisquerungen mit Siche- rung durch Übersicht abzusichern sind, wird nicht erläutert. In der Praxis finden hier in der Regel einheitliche Standards Anwen- dung, obwohl die Benutzung bei Sicherung durch Übersicht für die genannten Gruppen selbstständig nicht sicher zu bewerkstelli- gen ist. Hier sollten die vorhandenen Lü- cken bei einer Fortschreibung geschlossen werden. • Insbesondere Gleisquerungen in Z-Form stellen mit der schrägen Führung über die Gleise auch bei taktilen und akustischen Hilfen eine Herausforderung für die Orien- tierung blinder und stark sehbehinderter Menschen dar. Diese orientieren sich einfa- cher in einem orthogonalen Wegesystem. Sofern kein Versatz als alternative Lösung infrage kommt, sollte die Randbereiche der Gleisquerung visuell und taktil erkennbar markiert werden. • Der Fokus bei der Bemessung von Umlauf- sperren liegt derzeit hauptsächlich auf der Benutzung durch den üblichen Fußverkehr inkl. Rollstuhlnutzung und ggf. Radverkehr. In jüngerer Zeit erlangen Elektromobile (E- Scooter) eine zunehmende Bedeutung als Krankenfahrstuhl für eingeschränkt gehfä- hige Menschen. Die Elektromobile haben in der Regel teils größere Abmessungen und konstruktionsbedingt (indirekte Lenkung) einen größeren Wendekreis als Rollstühle. Bei ersten Versuchen zeigten sich in Unter- suchungen Dritter mögliche Probleme bei der Benutzung von Umlaufsperren (aller- dings im Regelungsbereich der EBO). Die Regelmaße für Umlaufsperren im Zuge von Gleisquerungen über Bahnkörper der Stra- ßenbahnen sollten hinsichtlich der Benutz- barkeit durch diese zunehmend häufiger benutzten Krankenfahrstühle überprüft wer- den. • Insbesondere gehbehinderte Menschen, die auf Hilfsmittel (Rollstuhl, Rollator) ange- wiesen sind, aber auch Radfahrer, sind auf eine gut begehbare und berollbare Oberflä- chen angewiesen. Aufbrüche in der As- phalteindeckung im Bereich der Schienen sollten durch geeignete Maßnahmen ver- mieden werden, um ein Hängenbleiben an Kanten oder gar Stürze zu verhindern.

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Literatur- und Quellen

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