10 Hamburger Abendblatt THEMA Freitag, 6. März2020 REPORTAGE ·INTERVIEW ·ESSAY ·PORTRAIT·DOKUMENTATION Der Diamantenkönig: Alfred Beit

Sie leistetenBedeutendes in Wissenschaft,Kultur oderWirtschaft, sind mehr oderweniger berühmt geworden und haben eine Gemeinsamkeit:Ihr Leben warmit verbunden,auchwenn das oft kaum bekannt ist. In unserer Serie erzählenwir ihreGeschichten

SVENKUMMEREINCKE

er Mann, der da vor dem afrika (Namibia) und Ostafrika (Tansa- Untersuchungsausschuss nia, Burundi) sicherten, die Belgier den Mäzenund Stifter: desParlaments in West- Kongo zur Kolonie machten und die Por- minster sitzt, ist klein, tugiesen in Angola und Mosambik wa- DasVermächtnis rundlich und sehr einge- ren, erweiterten die Briten ihr Gebiet D schüchtert. Es ist wohl nach Norden, wo sie Stammesgebiete von„Little Alfred“ derTiefpunkt seines Lebens, wie er im derZulu und anderer annektierten. Seit Sommer 1897 da hockt, sich geradezu 1890 Ministerpräsident der Kapkolonie zaghaft äußert und auf manche Frage gar undüberzeugt von der Überlegenheit :: Alfred Beit hatte großen Wert auf ein nichts zu sagen weiß. Und das soll der der„angelsächsischen Rasse“, träumte eindeutiges und detailliertes Testament Mann sein, der „aus eigennützigen kom- Rhodes von einem vereinten Südafrika gelegt, die Zahl der Bedachten ist gewal- merziellen Absichten“ einen Staats- unter britischer Hoheit. Mit Billigung tig. Neben großen Summen für Hoch- streich unterstützt hat? Der aus dem aus London schuf er sich ein Privatreich: schulen und Krankenhäuser in Großbri- Nichts im rauen Gold- und Diamanten- Die„Britische Südafrikagesellschaft“ be- tannien ging sehr viel Geld nach Südafri- geschäft zum reichsten Mann Südafrikas siedelte Land und hoffte auf Rohstoffe. ka –indas Land, dem er seinen Reich- geworden war? Beit wardabei einwichtiger Finanzier tum zu verdanken hatte. Allein 200.000 Derkleine Mann mit dem freundli- undsomit auch ein Gründervater Rhode- Pfund bekam Johannesburg zur Grün- chen Gesicht ist Alfred Beit. Und nichts, siens. Seine Motive bleiben im Unklaren. dung einer Universität, das waren da- aber auch gar nichts deutete in seiner Geschäftlich sah er in dem Projekt kei- mals rund vier Millionen Reichsmark. Es Kindheit und Jugend in Hamburg darauf nen Sinn: „Ich sehe nichts, in was ich ist immer schwierig, wenn nicht unmög- hin, dass er einmal Bedeutung erlangen auch nur 100 Pfund investieren würde“, lich, solche Summen seriös in Euro um- würde. Seine weitverzweigte Familie sagte er nach einem Besuch der Region. zurechnen, aber die Größenordnung von darf zwar durchaus als reich bezeichnet Tatsächlich investierte er riesige Sum- 100 Millionen kommt dem wohl nahe werden, er aber wurde in den ärmsten men. Ob aus Ergebenheit zu Rhodes, ko- (zum Vergleich: der durchschnittliche Teil davon hineingeboren. In der Schule lonialer Überzeugung oder einem Gefühl Monatslohn in Deutschland lag 1906 bei war er bestenfalls durchschnittlich, und derVerpflichtung dem Geschäftspartner 70 bis 80 Mark). auch sonst zeigte das schüchterne, klei- gegenüber –das lässt sich heute nicht Sogar die sechsfache Summe erhielt ne Kind keine besonderen Begabungen. mehr klären. Jedenfalls bezahlte er 1895 der„Beit-Trust“, eine weiter bestehende Dass Alfred Beit einer der reichsten auch für einen Staatsstreich, den Rhodes Stiftung, die damals vor allem Eisenbah- Männer der Welt werden sollte, war ihm in Transvaal plante, wo Beits Goldminen nen und Telegrafen bauen ließ, also die wahrlichnicht vorherbestimmt. lagen. Der als „“ in die Ge- Entwicklung der Infrastruktur förderte. Seine Eltern Laura Caroline und schichte eingegangene Angriff von Rho- Noch heute schüttet sie jährlich gut zwei Siegfried Beit wohnen im Mittelweg 51, desPrivatarmee auf die Buren-Republik Millionen Pfund aus, die für Bildungs- als am 15. Februar 1853 ihr erster Sohn scheiterte kläglich und löste einen Skan- undUmweltschutzprojekte ausgegeben geboren wird (Schwester Bertha ist zwei dalaus, mit dem sich auch das britische werden. Jahre älter). Über seine Kindheit und Ju- Unterhaus befasste –und Alfred Beit Auch viele deutsche und vor allem gend ist nicht allzu viel bekannt –er vorlud, der seinen Hauptwohnsitz längst HamburgerInstitutionen wurden reich selbst hatte keinerlei Neigung, darüber in London hatte. Er machte eine sehr bedacht, so schenkte er der Stadt den Schriftliches zu hinterlassen. Das Weni- schlechte Figur und wehrte sich verzwei- „Borsteler Jäger“, ein knapp 19 Hektar ge, was überliefert ist, zeichnet das Bild felt gegen den Vorwurf, aus Profitgier ge- großes Areal, das noch immer ein öffent- eines eher zarten Kindes ohne ersicht- handelt zu haben. licher Park ist, so wie Beit es gewollt hat. liche besondere Talente. Sein Sinn für In der ehemaligen Gaststätte ist eine Sparsamkeit und seine Abscheu gegen Mit BeitsGeld wurde Kita untergebracht. Dazu kamen weitere Verschwendung (für eigene Zwecke) die Uni Hamburg gegründet Geldspenden an zahlreiche Institutionen dürfte aber in Kindertagen geprägt wor- –auch seine 1918 verstorbene Mutter densein, denn der kränkliche und ge- Verloren hat er seinen Posten bei der undsein Bruder Otto (der Haupterbe) schäftlich nicht sehr erfolgreiche Vater Britisch-Südafrikanischen Gesellschaft – warengroßzügige Mäzene und Spender. konnte seiner Familie nur einen eher be- undseinen guten Ruf. Wohl deswegen Dassetzte auch Ottos Sohn Alfred fort, scheidenen Wohlstand bieten. zog sich Beit mehr ins Privatleben zu- der1994 kinderlos in Irland starb –und rück. Er war regelmäßig in Hamburg, wo mit ihm dieser Familienzweig der Beits. Eigentlich warder jungeBeit er seiner Mutter, zu der er immer ein in- Seine Frau folgte ihm 2005. Das gesamte in allem mittelmäßig niges Verhältnis hatte, im Mittelweg 113 Vermögen und auch die extrem wertvol- eine (heute noch stehende) Villa baute, le Kunstsammlung wurden gespendet. Dasstand in krassem Gegensatz zu an- in der sie bis zu ihrem Tod 1918 lebte. Aber in ihrem Testament gibt es noch derenTeilen der jüdischen Familie (Beit Alfred Beit aber nahm die britische einen Passus, der Anlass für reichlich selbst wurde getauft), die seit dem 17. Staatsbürgerschaft an und ließ am Hyde Spekulationen gab und gibt: Denn es ist Jahrhundert in Hamburg ansässig ist. über Nachtgewachsene 30.000-Einwoh- behielt Alfred Beit die Nerven und wurde antwortet: Den gesamten Diamanten- Park ein großes Anwesen bauen. Nach festgelegt, dass Alfreds Tagebücher erst Zunächst Händler, gründeten die Beits nerstadt, die nur aus Wellblechhütten zum Profiteur, weil er zahlreiche Firmen handel kontrollieren. „Das will ich auch, derJahrhundertwende befasste sich Beit 21 Jahre nach dem Tod von Queen Eliza- eine Silber- und Goldscheide, aus der undZelten bestand. Im Gegensatz zu vor der Pleite retten konnte. wirsollten zusammenarbeiten“, habe viel mit Kunst und legte eine umfangrei- beth II. veröffentlicht werden dürfen. später die Norddeutsche Affinerie (heu- denmeisten Schürfern und Händlern vor Warum aber hatte er Erfolg, wo so Rhodes geantwortet. Da sie gemeinsam che Sammlung an, zu der Werke von Da darf man in der Tat neugierig sein... te Aurubis) hervorging, es gab Bankiers Ortkannte sich Beit bestens aus: Er viele andere scheiterten? Sein Rezept später tatsächlich das Monopol erreich- Rembrandt, Vermeer und van Dycks ge- undGroßkaufleute in der Familie, und wusste den Wert der Funde auf dem warjedenfalls ein anderes als das der ten, ist das allerdings fast zu schön, um hörten.Dabei ließ er sich unter anderem ein Onkel war Mitbegründer der Badi- europäischen Markt einzuschätzen. Und Rockefellers und Krupps, die auf Skru- wahr zu sein. von Alfred Lichtwark beraten, dem ers- schen Anilin- und Sodafabriken, besser so bot er viel höhere Preise als die Kon- pel- und Rücksichtslosigkeit setzten. Sie waren ein ungleiches Paar, äu- ten Direktor der Hamburger Kunsthalle. bekannt als BASF. Unter diesen Umstän- kurrenz, die aber trotzdem noch be- Beit warungemein fleißig, sehr gut ver- ßerlich (Rhodes war viel größer und im- Beit wurde auch verstärkt als Spen- denwar es zumindest kein Problem, dem trächtliche Gewinne abwarfen. Das netzt und hatte eine extrem schnelle posanter) und charakterlich: hier der derund Stifter aktiv: in Südafrika, Groß- 17-jährigen Alfred eine Ausbildung zum sprach sich schnell herum, sodass viele Auffassungsgabe für wirtschaftliche Zu- Lautsprecher und imperialistische Visio- britannien und Deutschland. Hamburg Kaufmann zu ermöglichen: bei „Lippert Schürfer zuerst zu ihm kamen und er sammenhänge. Außerdem machte er sich när, dort der zurückhaltende Realist und verdankt ihm vor allem die weit größte Co.“, einem Woll-Importeur. Auch hier sich die Ware aussuchen konnte. Noch immer selbst ein Bild und verließ sich nie nüchterne Geschäftsmann. Mit der mas- Spende zur „Wissenschaftlichen Stif- tat sich Alfred weder im Guten, noch im war er im Auftrag von „Lippert Co.“ aus auf Angaben aus zweiter Hand. Und, so siven Unterstützung des Bankhauses tung“, mit der Werner von Melle (Beits Schlechten sonderlich hervor. Und als er Hamburgtätig (für bescheidene 300 erstaunlich das klingen mag, er war be- Rothschild schafften sie es nach hartem Schulfreund) die Gründung der Univer- nach seinem einjährigen Militärdienst Mark pro Monat), doch er machte auch liebt. Beit galt als grundehrlich, verläss- Kampf, dass Rhodes’ Firma „de Beer“ als sität vorantreiben wollte. Beit gab 1905 1874 nach Amsterdam ging, um bei seine eigenen Geschäfte: mit Immobi- lich –und hilfsbereit. So (vergleichswei- klarer Sieger aus dem Konzentrations- zwei Millionen Mark (von insgesamt 3,8 einem Diamantenhändler zu arbeiten, lien. Mit Geld, das ihm ein Onkel gege- se) bescheiden er lebte, so großzügig prozess hervorging. „In finance we have Millionen) –der Grundstock für die führte das auch nicht zu Ausbrüchen von ben hatte (unter der Bedingung, nie wie- zeigte er sich, wenn andere Hilfe brauch- Beit“, sagte Rhodes und immer, wenn Gründung der Hochschule, die dann we- Ehrgeiz. „Ich habe gearbeitet und an- dervon ihm zu hören), kaufte er ein ten. Ob das Herzensangelegenheit oder er etwas nicht wusste nur: „Ask little gen des Krieges erst 1919 erfolgte. sonsten meine Zeit verschwendet wie Grundstück und bebaute es mit Well- auch Kalkül war, sei dahingestellt. Ge- Alfred.“ Spätestens da, als Teilhaber von Es war Beits letzte große Spende zu andere junge Männer auch“, sagte er spä- blechhütten, die er teuer vermietete. schadet hat es ihm gewiss nicht. „Geld , war Beit schwerreich. Zumal er Lebzeiten. Er litt unter Herzproblemen, ter über diese Zeit. Später verkaufte er das Ganze mit gigan- zu verdienen war das, was er konnte, es auch noch geschafft hatte, große Teile reiste nach Wiesbaden, doch die Ärzte Als nächste Station sollte er 1875 tischem Gewinn. aber Geld war wohl nicht das, was er be- derSchürfrechte in „Witwatersrand“ zu konnten ihm nicht helfen. Und so begab nach Südafrika gehen, dorthin, wo ein 1880 stieg Beit in der Firma des fran- gehrte“, schrieb sein Biograf, der Ham- erwerben, wo neue riesige Goldvorkom- er sich auf seinen Landsitz Twein Water, paar Jahre zuvor Diamanten entdeckt zösischen Diamantenhändlers Jules Por- burger Historiker Henning Albrecht. men entdeckt worden waren. wo er am 16. Juli 1906 im Alter von nur 53 worden waren. Eine Reise, die alles ver- ges ein und wurde dessen Repräsentant Dass Beit zu den Gewinnern des Dia- Doch Alfred Beit ließ sich auch in Jahren starb –unverheiratet und kinder- ändern sollte. Es war die Zeit des unge- in Südafrika und Anteilseigner. Es war manten-Monopoly der 80er-Jahre ge- ’ politische Abenteuer ver- los. Seine Beerdigung war gleichzeitig Die Serienteile bremsten Kapitalismus, in der viele Self- diePhase der Konzentration, in der hörte, hängt eng mit seiner Freundschaft wickeln. Um die zu verstehen, muss die ein Spektakel und ungemein bescheiden. made-Männer sagenhaft reich wurden. europäische Kapitalgeber benötigt wur- zu einer der schillerndsten Persönlich- komplexe Lage im südlichen Afrika er- Beit lagineinem betont einfachen Sarg, Teil 1Manfred vonArdenne Und dort, wo Gold, Öl oder eben Dia- den, um die mit hohem technischen Auf- keiten der Epoche zusammen: Cecil läutert werden. Die Briten hatten schon nur zwei Pferde zogen den Leichenwa- Teil 2Alfred Beit manten gefunden werden, tummelten wand immer tiefer ins Erdreich vordrin- Rhodes, nach dem der Apartheidsstaat 1814 die Kapkolonie gegründet und wa- gen, nur ein Geistlicher war anwesend, Teil 3Amalie Dietrich Teil 4Conrad Ekhof sich Abenteurer, Glücksjäger und halb- genden Minen zu finanzieren. Zahlreiche Rhodesien (heute ) benannt ren dabei in Konflikt mit den seit Jahr- dereine kurze Ansprache hielt. So war es Teil 5Peter Behrens seidene Geschäftsleute. Alfred Beit ent- Aktiengesellschaften wurden gegründet, wurde. Der Pfarrer-Sohn aus der engli- hunderten siedelnden Holländern –den BeitsWunschgewesen. Die Zahl der Teil 6Douglas Sirk deckte dabei eine „Marktlücke“: Seriosi- dieKurse stiegenrasch und bald folgte schen Provinz und der gleichaltrige Beit Buren–geraten. Viele Buren waren nach Gäste aber war riesig. Um die vielen Gäs- Teil 7Albrecht Roscher tät. Als er tief im Landesinneren in dem auf die Spekulationsblase der unver- hatten sich in Kimberley kennengelernt. Norden gezogen und hatten eigene Staa- te aus London nach Twein Water zu Teil 8Carl Legien OrtKimberley ankam, wo die Vaal und meidliche Crash. Doch während in Kim- Eine Anekdote besagt, Beit habe auf ten gegründet, unter anderem Transvaal. bringen, wurde ein Sonderzug mit 15 Teil 9Alfred Bredel dieOranjezusammenfließen, sah er eine berley die Zahl der Selbstmorde stieg, Rhodes’ Frage, was seine Ziele seien, ge- Während die Deutschen sich Südwest- Waggons eingesetzt. Teil 10 Agathe Lasch