György TILCSIK, Ein Virtueller Archivbesuch Nach 160 Jahren
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Ein virtueller Archivbesuch nach 160 Jahren. sich daraus entfaltenden Verteidigungskrieg eine bedeutende Rolle gespielt hatten. Aus offen- sichtlichen Ursachen hat das österreichische Militär zuerst die dem Ludwig Batthyány gehö- Übersicht über die Bestände der Graf Ludwig Batthyányschen rende Herrschaft Ikervár besetzt, nämlich in der Nacht vom 1. auf den 2. Januar des Jahres vernichteten Herrschaftsarchive im Komitat Eisenburg/Vas 1849. Nachdem sie alles gründlich durchsucht hatten, ernannte Vizegespan Alexander Zarka im Jahre 1850 (18081894) am 4. Januar Nikolaus Berzsenyi (18031880), den Rechnungsführer des Komi- tats, zum Sequester der beschlagnahmten Güter und Mobilien.1 Bald darauf traf auch die Herrschaft Tótmarác (heute: Moravci, Slowenien), die Herrschaft Schlaining/Szalónak (heute: György TILCSIK Stadtschlaining, Österreich) und die Herrschaft Neuhaus/Vasdobra (heute: Neuhaus am Klausenbach, Österreich) das gleiche Schicksal, auch sie kamen unter die Aufsicht des sequestri curators Nikolaus Berzsenyi.2 Durch die Ernennung des Zwangsverwalters blieb das Leben in den Herrschaften natürlich nicht stehen: Es wurde weiter geerntet, gesät, gedroschen, Wein- lese gehalten, Waren abgesetzt, beziehungsweise angekauft, auch die Pachtgelder kassiert, der Arbeitslohn für die benötigten Verbesserungsarbeiten den Handwerkern ausbezahlt, auch die Es mag als Trivialität erscheinen, aber für die Archivbenutzer und die Archivare ist die Fest- Herrschaftsbeamten, Angestellten, und Bediensteten erhielten ihre Gehälter, und auch Ludwig stellung, dass die Anlegung von Bestandsverzeichnissen zu einem der wichtigsten Gebiete der Batthyánys Frau und ihre drei Kinder hat man aus dem Einkommen das zur Bestreitung ihrer archivalischen Aufarbeitungsarbeit gehört, grundlegend. Es ist nämlich offensichtlich, dass die minimalen Bedürfnisse benötigte Geld zukommen lassen.3 schnelle und zuverlässige Orientierung in den Archivbeständen, oder in einem der größeren Die Übernahme der Herrschaften des am 30. August 1849 auf Grund von erfundenen oder kleineren Bestände ohne zeitgenössische oder nachträglich angelegte archivalische Be- Beschuldigungen zum Tode und Vermögenskonfiszierung verurteilten ersten ungarischen standsverzeichnisse undenkbar wäre. Ministerpräsidenten hat die kaiserlich-königliche Kammerdirektion nicht überstürzt, dazu kam Die Exaktheit und Zuverlässigkeit der sowohl zeitgenössisch mit den Akten angelegten als es erst im März und im April des Jahres 1850. Zum Übernahme-Übergabe-Verfahren wurde auch nachträglich aus unterschiedlichen Absichten zusammengestellten Bestandsverzeichnisse nach Herrschaften geordnet ein sehr detailliertes deutschsprachiges Inventar angefertigt. Bei von unterschiedlicher Ausführlichkeit ist eine grundlegende Frage für den Archivbenutzer, allen vier Herrschaften war der Zwangsverwalter Nikolaus Berzsenyi der Übergeber, als Ü- denn ein sorgfältig angefertigtes Bestandsverzeichnis trägt viel zum Forschungserfolg bei, bernehmer signierte der Kommissar der k. k. Kammer Karl Graffay die Schriften, Franz Tor- während ein mit ungenügender Aufmerksamkeit und Präzision angelegtes Bestandsverzeich- kos unterschrieb die Inventare ebenfalls als Vertreter der Staatsanwaltschaft, einmal als Über- nis die Arbeit nicht wenig verdrussbereitend erheblich verlangsamen kann, manchmal sogar geber, einmal als Übernehmer, außer ihnen erscheint auf den Inventaren noch die Signatur den Benützer auf die falsche Fährte leitet. des zuständigen Bezirkskommissars. Als erstes wurde am 1. März 1850 die Übergabe der Zu erwähnen sind unter den nachträglich angelegten Bestandsverzeichnissen jene, die Herrschaft Schlaining vorgenommen, danach folgte die der Herrschaft Neuhaus, am 19. be- Archivare als Ersatz der aus unterschiedlichen Gründen vernichteten oder unverwendbaren ziehungsweise am 20. März wurde die Übergabe der Herrschaft Tótmarác abgewickelt, auf zeitgenössischen Bestandverzeichnisse zusammengestellt haben, praktisch diese inhaltlich dem Inventar der Herrschaft Ikervár ist das Datum von 3. April 1850 zu lesen. rekonstruierend. Wiederum kommt es nicht selten vor, dass Aktenreihen oder ein Teil von An dieser Stelle soll keine detaillierte Darstellung des Aufbaus und des Inhaltes der Inven- ihnen vernichtet wurden, während die zeitgenössischen Besitzverzeichnisse erhalten blieben. tare gegeben werden, zu erwähnten wäre aber, dass die Inventare aus zwei Hauptteilen beste- Zwar können diese natürlich die fehlenden Akten nicht ersetzen, besitzen doch einen bedeu- hen. Im ersten Teil stehen nach Ortschaften aufgelistet darunter an erster Stelle das Zen- tenden Quellenwert, denn sie können der Forschung in gewissen Fällen mit wichtigen Infor- trum der Herrschaft die verzeichneten Mobilien und Immobilien, danach folgt die Auflis- mationen weiterhelfen. tung jener Rechte und Besitztümer usw., die der gesamten Herrschaft zustanden. Danach Nachfolgend veröffentlichen wir vier solche Bestandsverzeichnisse, die 1850 vom Archiv- folgt die tabellarische Zusammenfassung der Angaben des ersten Teiles, beziehungsweise die bestand der vier Herrschaften als Verzeichnis oder Register angelegt wurden, deren Ver- Bestandsaufnahme der Einrichtungen und Ausstattungen der verpachteten Gebäude, und öffentlichung einerseits die Person des Besitzers der besagten Herrschaften, andererseits die jener Gerätschaften und Materialen, deren Auflistung sich wegen ihrer geringen Anzahl nicht Tatsache, dass die Akten der vier Herrschaften bedauerlicherweise seitdem praktisch völlig nach Ortschaften lohnte.4 zerstört wurden, rechtfertigt. Heute haben wir außer diesen Verzeichnissen gar keine Infor- mationen mehr über diese Herrschaftsarchive. Einige Bemerkungen zu den Herrschaftsarchiven Die Entstehung der vier Bestandsverzeichnisse Nachdem die Archive der vier Eisenburger Herrschaften von Ludwig Batthyány der Herr- schaft Ikervár, die eine zentrale Stellung einnahm, weiters der Herrschaften Schlaining, Neu- Nachdem Ende Dezember des Jahres 1848 die österreichischen Truppen das Komitat Eisen- haus am Klausenbach und Tótmarác zu unbekanntem Zeitpunkt und unter nicht näher burg so gut wie ohne Widerstand eingenommen hatten, handelten die Besatzungstruppen bekannten Umständen auf bedauerliche Weise vernichtet wurden5 beziehungsweise nur ein schnell nahmen und unter anderem das im Komitat Eisenburg befindliche Mobiliar- und Im- geringer Bruchteil der vor 1831 entstandenen Akten im Burgenländischen Landesarchiv erhal- mobiliargut jener Grundbesitzer unter Sperre, die in der bürgerlichen Revolution und in dem ten blieb,6 stellen diese Inventare sehr wertvolle und wichtige historische Quellen dar, die 492 493 zum Glück auch die 1850 ohne Zweifel existierenden archivalischen Register der vier Herr- schaft Schlaining und Ikervár auflistenden Inventaren die Bezeichnung der Herrschaft Schlai- schaften beinhalten. ning von der heutigen Namensbezeichnung abweicht, die wir aber unverändert ließen. Einheitlich wurde in allen vier Inventaren fast am Ende des ersten Teiles auch die Be- schreibung der Herrschaftsarchive aufgenommen, das heißt, die unten vorgelegten vier Ver- zeichnisse verzeichnet. Bei genauerer Betrachtung kann festgestellt werden, dass die vier Herrschaftsarchive schon zu jener Zeit geordnet waren, nämlich nach Aktensorten, sie also in 80.§ einem gut durchschaubaren und deshalb leicht zu registrierenden Zustand waren. Der über- An Schriften wurden übergeben und übernommen wiegende Teil des Bestandes enthielt Grundbücher, Inventare, Schätzungen, verschiedene Nro. Fasc[ikel] Stück Urbarial- beziehungsweise Prozessakten, Verträge, Nachweise, doch sollen hier auch die im 1. Gedrucktes Urbarium der Kaiserin Königin Maria Theresia 1 Herrschaftsarchiv Schlaining und Ikervár in großer Anzahl aufgefundenen Landkarten er- 2. Urbarial Conscription der ganzen Herrschaft Neuhaus von Jahre 1787 bis 1847 64 wähnt werden. Bemerkenswert ist die Tatsache dies ist auf die zentrale Position der Herr- 3. Separate Conscription derselben Herrschaft vom Jahr 1812 1 schaft Ikervár zurückzuführen , dass zwischen den Schriften der Herrschaft Ikervár als 4. Robott Verzeichniße vom Jahr 1779 bis 1847 57 fremde Bestände 1850 Verrechnungsverzeichnisse der anderen drei Herrschaften und meh- 5. Robot Comput Register 7 rere Grundbücher einiger zur Herrschaft Schlaining gehörender Ortschaften auch hier aufbe- 6. Partialien des der Herrschaft Neuhaus allein gebührenden Bergrechts von 1796 bis wahrt wurden. 1847 59 Die einzelnen Inventare verzeichnen die Akten nicht nach einer vorher formell festgeleg- 7. Partialien des mit anderen Herrschaften gemeinsamen Bergrechts 59 ten einheitlichen Ordnung, sondern in jener Reihenfolge, in der wahrscheinlich die Akten auf 8. Verzeichniße des gemeinschaftlichen Frucht-Zehendes bis 1847 59 9. Verzeichniße des separaten Frucht-Zehendes 35 ihrem Aufbewahrungsort aufgefunden wurden. So kommt es vor, dass ein gewisser Aktentyp 10. Anbau und Fechsungs Verzeichniße von 1803 bis 1847 1 3 in der Liste des einen Inventars zu Beginn, im anderen im mittleren Teil zu finden ist. Die 11. Verzeichniße der Futter Fechsung 1 Verzeichnisse gemäß der Grundfunktion eines Inventars geben das Volumen der einzel- 12. Neuere Pacht Verträge über Aecker, Häuser, Mühlen, Wirthshäuser und andere nen Aktentypen in Aktenbündel und/oder Stückzahl genau an. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Regalien samt Inventuren 1 56 mit Ausnahme einiger Abweichungen auch die Jahreszahlen der Akten beinhalten. Betrachten 13. Ältere Pacht Verträge bis zum Jahre 1845 2 127 wir nur die datierten Akten, beinhaltet