Hiltrud Zock
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09/2014 Veranstaltungen Stadt & Menschen 16 VOR Kostenlos Das Trierer Stadtmagazin TV-Chefredakteurin Isabell Funk im Interview: „Dieter Lintz ist nicht ersetzbar“ AUSSERDEM IM HEFT: GERNOT HASSKNECHT // ANALYSE DER OB-KANDIDATEN // FRANK MEYER BEIM BOULE // „ANGST MACHT KEINEN LÄRM“-OPEN AIR 16 VOR - Das Trierer Stadtmagazin // 09/14 3 Lieber Sommer, das ist nicht dein Ernst gewesen, oder? Dein Christian Jöricke Was läuft denn hier? Clips vom Studiwerk klicken! www.einfach-studieren.tv Aktuelles und Unterhaltsames Serviceangebote für Studis Studiwerk ganz persönlich Helmut Leiendecker´s Sprachlexikon einfach clips www.studiwerk.de Träger des Umweltpreises 2012 des Landes Rheinland-Pfalz 16 VOR - Das Trierer Stadtmagazin // 09/14 3 „Der Journalismus wird weiblicher“ Fotos: Marco Piecuch Seit 2009 ist Isabell Funk Chefredakteurin talitäten eingehen. Beispielsweise war die wachsende Zahl von Menschen, die aufs Digi- beim Trierischen Volksfreund. Damit gehört Erwartungshaltung in der Lausitz eine ganz talabo umsteigen oder es zusätzlich buchen. sie in Deutschland zu den wenigen Frauen andere. Da waren die Themen geprägt von an der Spitze einer Zeitung. Warum die Zu- einer anderen Wirklichkeit: Wendewirren, Es ist immer so: In Städten sinkt die Aufl a- kunft des Journalismus dennoch weiblich hohe Arbeitslosigkeit etc. Außerdem sind die ge schneller, weil in Städten die Fluktuation ist, was sie an den Menschen in der Region Brandenburger von Natur aus etwas sprö- höher ist und die Bindung zur Region nicht schätzt und wie es im TV ohne den kürzlich der und kerniger. Ich habe den Eindruck, so stark wie auf dem Land. Auf dem Land verstorbenen Redakteur Dieter Lintz wei- hier sind die Menschen freundlicher, aufge- sind die Aufl agen meist stabiler. Wir haben tergehen soll, erzählt die gebürtige Saar- schlossener, geschmeidiger. aber kürzlich - ich sage jetzt nicht in welcher länderin im Gespräch mit 16 VOR. Region - im Bereich einer Lokalausgabe eine 16 VOR: Oft sagt man den Trierern das Ge- Nichtleser-Befragung gemacht. Dabei stell- 16 VOR: Sie sind seit fünf Jahren Chefre- genteil nach. ten wir fest: Das sind gar keine Nichtleser. dakteurin beim Trierischen Volksfreund. 90 Prozent lesen jeden Tag Zeitung. Es ent- Hätten Sie solch einen Posten lieber im ver- Funk: Das sagen die Trierer selber über stehen also Lesegemeinschaften. Das ist für gangenen Jahrhundert gehabt, als es den sich. Sie sind mit sich zu kritisch. In Baden uns ärgerlich und kann im größeren Rahmen Tageszeitungen noch rosig ging? Württemberg bin ich auch sehr freundlich auch bedrohlich für uns werden. Das ist den aufgenommen worden, aber dort sind die meisten aber gar nicht bewusst. Isabell Funk: In diesen Zeiten war es si- Leute wieder anders, viel direkter. Hier ist cherlich leichter, Chefredakteur zu sein - der Umgang miteinander eher höfl ich. 16 VOR: Kürzlich kam auf Arte die Sendung Chefredakteurinnen gab es da gerade mal „Journalismus von morgen“. Darin wurde ein oder zwei. Und bis heute hat sich da nicht 16 VOR: Ach! ein australischer Wissenschaftler zitiert, der wirklich viel bewegt. Die Anforderungen wa- behauptet, dass es 2030 in Deutschland kei- ren damals andere. Chefredakteure waren Funk: Immer im Vergleich zu anderen ne Tageszeitungen mehr gebe. Wie sehen Sie gewöhnlich die besten Schreiber, die sich selbstverständlich. Man kommt sofort ins die Zukunft der Tageszeitung? schon mal einen Tag Zeit genommen haben, Gespräch und die Menschen sind unglaub- um einen Leitartikel zu verfassen. Ansons- lich hilfsbereit Fremden gegenüber. Kürzlich Funk: Ich kenne diese Auguren, aber ich ten haben sie sehr stark inhaltlich gearbeitet. war ich in der Eifel wandern und habe mich lese nicht Glaskugel. Ich bin Journalistin Der Aufgabenzuwachs ist inzwischen enorm gerade nicht orientieren können. Zufälliger- und es ist wichtig, dass die Inhalte verbreitet geworden. Wir brauchen immer wieder und weise stand da ein Mann und fragte: „Kann werden. Ob das auf Papier oder einer ande- immer schneller neue Ideen und frische Kon- ich ihnen weiterhelfen?“ Er hatte einen Wan- ren Plattform geschieht, kann uns im Grunde zepte für Print und Online. Crossmediale derführer dabei und sagte: „Den können Sie egal sein. Hauptsache, die Leute lesen noch Strategien, neue Erzählformen, überhaupt mitnehmen. Schicken Sie ihn mir einfach zu- Zeitung. Wenn ich „Zeitung“ sage, ist das je- neue Publikumsansprachen sind gefragt. Frü- rück.“ Da war ich platt. der mögliche Kanal. her war Zeitung mehr ein Selbstläufer. Heute verstehen wir uns als Medienhaus mit einem 16 VOR: Die verkaufte Aufl age des TV ist Als Investition in die Zukunft haben wir uns viel umfassenderen Aufgabenspektrum. Und in den vergangenen zwei Jahren um 5000 eine neue Druckmaschine angeschaff t. Denn das nicht nur im Bereich der Redaktion. gesunken. Wie sieht die Entwicklung der natürlich verdienen wir unser Geld überwie- Stadt-Ausgabe im Vergleich zu den elf übri- gend mit Print. Da spielt uns der demografi - 16 VOR: Unterscheidet sich die Leserschaft in gen Regionalausgaben aus? sche Wandel übrigens durchaus in die Hän- Trier von der in der Lausitz oder in Ludwigs- de. Die Menschen werden älter, beziehen burg, wo Sie auch schon gearbeitet haben? Funk: Das ändert sich von Monat zu Monat. also auch länger Zeitung. Aber es gibt eben Sie haben von der Printaufl age gesprochen. seit Jahren Kreise, die Print totreden wollen. Funk: Unbedingt. Die Mentalitäten sind Zur Aufl age gehören aber zum Beispiel auch Nur, wenn wir keinen professionellen Jour- ja jeweils andere. Oder umgekehrt: Als Me- der Einzelverkauf und die Digitalabos. Es gibt nalismus mehr haben - jetzt werde ich mal dienhaus muss man sehr stark auf Men- mittlerweile nicht übermäßig viele, aber eine ganz pathetisch - dann stirbt die Demokratie. 4 16 VOR - Das Trierer Stadtmagazin // 09/14 16 VOR - Das Trierer Stadtmagazin // 09/14 5 Digital und Print sind nebeneinander gleich- tet werden. Mir geht es in erster Linie nicht ins Büro gefahren und zu meinem Stellver- berechtigt. Print hat genauso seine Daseinsbe- ums Gefallen. Wichtig sind Auffindbarkeit treter gegangen, der mich informiert hatte, rechtigung. Wir machen uns viele Gedanken, und Übersichtlichkeit. und habe gesagt: „Das stimmt doch nicht.“ was wir da noch machen können. Gleichzeitig Das war ein Schock. Dieter Lintz war ein so betreiben wir aber auch das größte Webportal 16 VOR: Wenn man die Seite öffnet, wird liebenswerter Mensch und ein toller Kol- im Verbreitungsgebiet. Wir bieten ganz viele man jedoch von Werbung erschlagen. lege. Da habe ich nicht daran gedacht, was Möglichkeiten im Web an - auch Mischfor- jetzt mit dem Volksfreund wird. Es ist der men zwischen Print und Online. Wir tun das Funk: Aber die Zugriffe sind in den vergan- menschliche Verlust, der so schwer wiegt. eine, lassen aber das andere nicht. genen zwölf Monaten deutlich höher gewor- den. In Schönheit sterben, kann nicht das 16 VOR: Nichtsdestoweniger müssen Sie an 16 VOR: Sie klingen recht zuversichtlich. Rezept sein. Wenn wir keine Werbung ha- seine Funktion beim Trierischen Volksfreund Der neue Besitzer macht keinen Druck, was ben, verteuert sich das Produkt. denken. Wie kann seine Lücke gefüllt werden? die Printauflage angeht? 16 VOR: Vor zwei Jahren hat der TV eine Funk: Gar nicht. Dieter Lintz ist nicht er- Funk: Die „Rheinische Post“ ist ein großer Paywall eingeführt. Warum muss es immer setzbar. Aber das gilt für alle Menschen. Ich Gewinn für uns. Wir können viele Synergi- noch so viel Werbung sein? halte es für einen blöden Spruch, dass alle en schöpfen. Der Verlag ist gut ausgestat- Menschen ersetzbar seien. Weil Dieter Lintz tet mit besten Reportern, die aus aller Welt Funk: Sind wir mal ehrlich, die Paywall ist so engagiert war, hat er sich in viele Dinge berichten. Wir haben natürlich auch unsere es nicht, mit der wir Geld verdienen. Wir mehr reingehängt, als eigentlich gefordert Korrespondenten, aber dadurch können wir wollen damit vor allem zeigen: „Pass mal auf, war. Was seine Arbeit betrifft, bin ich gerade zusätzlich Content generieren - sowohl fürs wenn du in die Bäckerei gehst, kriegst du das dabei, Themen, die er betreut hat, neu zu ver- Web, als auch die Zeitung. Brötchen auch nicht umsonst. Und wenn du teilen. Wir werden die Stelle des Leitenden journalistische Leistung haben möchtest, be- Redakteurs nicht mehr besetzen. Unter den Die Printauflagen in Deutschland sinken. zahl bitte auch dafür.“ Das ist auch gerecht Chefreportern und anderen Kollegen werden Aber sie sinken nicht so signifikant. In Trier gegenüber den Printlesern, weil die auch ihr wir seine Aufgaben verteilen und an anderer schon gar nicht. Man sollte das Eine nicht Abo oder ihre einzelne Ausgabe bezahlen. Stelle einen neuen Arbeitsplatz schaffen. Üb- immer gegen das Andere ausspielen. Ich Die Kostenlos-Mentalität wurde leider auch rigens aus der Reihe unserer Volontäre. glaube an Komplementärmedien. Wir stei- durch die Verlage gefördert. Inzwischen gern auch in den Sozialen Netzwerken unse- richten immer mehr Medien Paywalls ein. ren Traffic. Wir sind auf allen Kanälen dabei. Was wird denn in den Sozialen Netzwerken 16 VOR: Wir merken, dass es immer schwie- diskutiert?! Entweder Privates oder das, was riger wird, Mitarbeiter und vor allem gute aus den Zeitungen oder Nachrichtensendern Mitarbeiter zu finden. Wie ist Ihr Eindruck? kommt. Und wer generiert diese Inhalte?! Journalisten - professionelle Journalisten. Funk: Mein Eindruck ist: Der Journalismus wird weiblicher. Wenn wir Volontärsstellen 16 VOR: Nun ist es eine Sache, die verschie- ausschreiben,