sein, dass man es auch draufhat. Mit hun- dert Stundenkilometern auf eine eisige SKI ALPIN Piste zu knallen ist wie aus einem fahren- den Auto zu springen. Daher ist es ratsam, sich langsam an neue Dimensionen heran- „So Junge, was kommt jetzt?“ zutasten. SPIEGEL: Als Ihre bevorzugten Disziplinen Der WM-Dritte Florian Eckert über seine neue Rolle galten bislang Riesenslalom und Super-G. Haben sich durch Ihre Erfolge in der Ab- als deutscher Held, die Wünsche der Medien fahrt die Prioritäten geändert? und sein Rezept, Superstar zu besiegen Eckert: Man gewinnt heute keine Abfahrt mehr nur durch mutiges Geradeausfahren. Eckert, 22, gewann bei den SPIEGEL: Wie haben Ihre Kon- Die Kurven entscheiden über Sieg oder Ski-Weltmeisterschaften in kurrenten im Weltcup auf Niederlage. Deshalb möchte ich auch wei- St. Anton überraschend die Ihren Aufstieg in den ver- terhin mein Hauptaugenmerk auf Rie- Bronzemedaille in der Ab- gangenen Wochen reagiert? senslalom und Super-G richten. Da wird fahrt. Der Zeitsoldat, Sohn Eckert: Andere Nationen fil- Kurvenfahren geschult. eines Psychotherapeuten men meine Trainingsläufe, SPIEGEL: Dennoch rangieren Sie in der Rie- aus Bad Tölz, fährt in sei- weil sie wissen wollen, wie senslalom-Weltrangliste nach diesem Win- ner Freizeit Motorrad und dieser Eckert aus ter nicht unter den besten 50. studiert an der Fern-Uni das so alles macht. Anderer- Eckert: Die Mühe mag sich zwar in den Hagen Elektrotechnik. seits habe ich auch den all- Platzierungen noch nicht niedergeschla- gemeinen Erwartungsdruck gen haben, aber ich habe in dieser Saison SPIEGEL: Sie sind der Shoo- mächtig zu spüren bekom- gerade im Riesenslalom große technische

tingstar des am vorigen Sonn- L. PERENYI men. Im Anschluss an jede Fortschritte gemacht. Es sind nur Kleinig- tag zu Ende gegangenen Gratulation für die Bronze- keiten, die darüber entscheiden, ob am Skiwinters. Der ehemalige Abfahrts-Welt- medaille bei der WM hieß es sofort: So Ende eine gute Zeit rauskommt oder meister Harti Weirather, mittlerweile Sport- Junge, und was kommt jetzt? nicht. Ich bin zuversichtlich, dass im manager, hat Ihnen Einkünfte in Millio- SPIEGEL: Die Antwort haben Sie bei den nächsten Winter auch die Ergebnisse bes- nenhöhe in Aussicht gestellt. Hat er sich folgenden Weltcup-Abfahrten im norwegi- ser werden. schon bei Ihnen gemeldet? schen gegeben: mit zwei zweiten SPIEGEL: Das deutsche Herrenteam galt bis Eckert: Ich habe nicht mitgezählt, wie vie- Plätzen. zur Weltmeisterschaft als zweitklassiger le Vermarkter schon bei mir angerufen ha- Eckert: Das war ungeheuer wichtig. Ich Haufen. Welche Bedeutung hatten Ihre Er- ben. Die erzählten dann, wie toll sie sind war richtig erleichtert, weil keiner mehr folge für das Standing der Mannschaft? und wie toll die Sportler sind, die sie schon sagen kann: War ja al- unter Vertrag haben. Irgendwann habe ich les nur Zufall. Vor al- einfach den Anrufbeantworter angeschal- lem aber spüre ich, wie tet, weil ich das alles nicht mehr wissen mein Selbstbewusstsein wollte. wächst. Früher stand ich SPIEGEL: Sie wirken, als sei es Ihnen unan- im Starthaus und dachte: genehm, ein deutscher Held zu sein. Hoffentlich geht es heu- Eckert: Es ist ja auch erschreckend, was al- te gut. Nun sage ich mir: les an einen herangetragen wird. Neulich Okay, es wird schon lau- rief zum Beispiel ein Boulevardmagazin fen. Es gibt ein Wort für an, und am Ende des Gesprächs fragte der diesen Gemütszustand: Reporter, ob ich ihm nicht noch mit pri- Lockerheit. vaten Anekdoten oder Skandalen weiter- SPIEGEL: Was unter- helfen könnte. scheidet Sie dann noch SPIEGEL: Konnten Sie? von Topfahrern wie Las- Eckert: Ich hab nur gestaunt und gedacht: se Kjus oder Hermann Super, soll ich jetzt was von einem Sa- Maier? menraub erzählen? Verzeihung, aber mit Eckert: In erster Linie ha- so was kann ich nicht dienen. ben die natürlich mehr SPIEGEL: Der letzte deutsche Alpinheros Erfahrung. Andererseits war Markus Wasmeier, ein bajuwarisches ist der Unterschied aber

Urgestein, das Zither spielt und Tracht oft nicht so groß, wie es REUTERS trägt. Das Image vom krachledernen Pis- manchmal scheint. Was Rennläufer Eckert: „Wie aus einem fahrenden Auto springen“ tenkünstler scheint nun an Sie weiterge- mir fehlt, ist die Fähig- reicht worden zu sein – der „Bulle von keit, noch engere Linien zu fahren. Im Prin- Eckert: Das hat uns alle nach vorne ge- Tölz“, so lautet Ihr Spitzname. zip fährt der Hermann Maier einen Lauf bracht. Die Trainer, weil sie endlich aus Eckert: Ich versuche gar nicht, dagegen an- fast genauso runter wie wir anderen auch. der Kritik sind, uns Fahrer, weil wir wis- zusteuern, das ist ein Kampf gegen Wind- Aber dann kommt da eine Kurve, die sen, dass die Weltspitze nicht so weit weg mühlen. Aber man darf von mir keine nimmt er enger, weil er die physische Be- ist. Und ich denke, wenn es um die Frage Antworten aus der Retorte erwarten, in lastung beherrschen kann. Schon ist er vier geht, wo wir im Sommer trainieren, in Zer- der Art: Ich werde immer das Beste für Zehntelsekunden schneller und gewinnt. matt oder im teureren Chile, das die bes- mein Vaterland geben, bla, bla. Ich werde SPIEGEL: Fehlt Ihnen noch der Mut zu hö- seren Trainingsmöglichkeiten bietet, dann mir erlauben, auch in Zukunft auf dum- herem Risiko? wird der WM-Erfolg auch diese Entschei- me Fragen mit Zynismus und Ironie zu Eckert: Bevor man etwas ausprobiert in un- dung positiv beeinflussen. reagieren. serem Sport, sollte man sich schon sicher Interview: Gerhard Pfeil

der spiegel 11/2001 193