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Insecta Zeitschrift für Entomologie und Naturschutz

Heft 9/2004

Insecta Bundesfachausschuss Entomologie Zeitschrift für Entomologie und Naturschutz

Heft 9/2004 Impressum

© 2005 NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. Herausgeber: NABU-Bundesfachausschuss Entomologie Schriftleiter: Dr. JÜRGEN DECKERT Museum für Naturkunde der Humbolt-Universität zu Berlin Institut für Systematische Zoologie Invalidenstraße 43 10115 Berlin E-Mail: [email protected] Redaktion: Dr. JÜRGEN DECKERT, Berlin Dr. REINHARD GAEDIKE, Eberswalde JOACHIM SCHULZE, Berlin Verlag: NABU Postanschrift: NABU, 53223 Bonn Telefon: 0228.40 36-0 Telefax: 0228.40 36-200 E-Mail: [email protected] Internet: www.NABU.de Titelbild: Die Kastanienminiermotte Cameraria ohridella (Foto: J. DECKERT) siehe Beitrag ab Seite 9. Gesamtherstellung: Satz- und Druckprojekte TEXTART Verlag, ERIK PIECK, Postfach 42 03 11, 42403 Solingen; Wolfsfeld 12, 42659 Solingen, Telefon 0212.43343 E-Mail: [email protected] Insecta erscheint in etwa jährlichen Abständen

ISSN 1431-9721 Insecta, Heft 9, 2004

Inhalt

Vorwort ...... 5

SCHULZE, W. „Nachbar Natur – Insekten im Siedlungsbereich des Menschen“ Workshop des BFA Entomologie in (11.-13. April 2003) . . .7

HOFFMANN, H.-J. Insekten als Neozoen in der Stadt ...... 9

FLÜGEL, H.-J. Bienen in der Großstadt ...... 21

SPRICK, P. Zum vermeintlichen Nutzen von Insektenkillerlampen ...... 27

MARTSCHEI, T. Wanzen () als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide in unterschiedlichen Altersphasen am Beispiel der „Retzower Heide“ (Brandenburg) ...... 35

MARTSCHEI, T., Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten H. D. ENGELMANN Mecklenburg-Vorpommerns ...... 49

DECKERT, J. Zum Vorkommen von Oxycareninae (Heteroptera, ) in Berlin und Brandenburg ...... 67

LEHMANN, U. Die Bedeutung alter Funddaten für die aktuelle Naturschutzpraxis, insbesondere für das FFH-Monitoring ...... 77

LEHMANN, U., Beobachtungen zum Flugverhalten von Ohrwürmern am Licht in D. MATZKE Siedlungsgebieten (Insecta, Dermaptera) ...... 81

MÜLLER-KROEHLING, S. Tagungsbericht zum 1. Internationalen Expertentreffen zum Hochmoorlaufkäfer (Carabus menetriesi pacholei) vom 15./16.11.2002 in Freising ...... 87

Laudatio, anlässlich der Verleihung der Ehrennadel des Naturschutz- bundes in Silber an JOACHIM SCHULZE, Berlin ...... 93

Nachruf Dr. SIEGFRIED LÖSER 1938-2004 ...... 95

Buchbesprechungen ...... 34, 98

Auslieferung: Februar 2005 Redaktionelle Hinweise

Manuskripte für Tagungsberichte, wissenschaftliche Beiträge, Tätigkeitsberichte, Kurzmeldungen usw. sind bitte an die Redaktion zu richten. Für die Abgabe der Manuskripte gelten folgende Hinweise: Zeilenabstand 1 1/2-zeilig, Rand von mindestens 3 cm, Nummerierung der Seiten, Art und Gattungsnamen in kursiv, Autorennamen in KAPITÄLCHEN, Her- vorzuhebenes kann fett gedruckt werden. Beispiele für die Abfassung der Literaturzitate sind dem vorliegenden Heft zu ent- nehmen. Der Beitrag sollte sowohl als Papierausdruck, als auch als Textdatei (neue Rechtschreibung, Fließtext, ohne Silbentrennung, keine Formatierungen, ausgenommen fett, kursiv und KAPITÄLCHEN) auf Computerdiskette abgegeben werden. Abbildun- gen wie Strichzeichnungen, Karten etc. sind auf reinweißem Karton auf Transparentpapier auf gesondertem Bogen beizufügen und eindeutig zu beschriften. Die Autoren verantworten den Inhalt ihrer Beiträge selbst. Honorare werden nicht gezahlt. Von jeder Arbeit werden den Autoren 30 Seperatdrucke kostenlos zugestellt. Darüber hinausgehende Heftbestellungen sind gebührenpflichtig. Ein Nachdruck – auch auszugsweise – bedarf der Zustimmung des Herausgebers. Insecta, Heft 9, 2004, Seite 5-6

Vorwort

Vom 11. bis 13. April 2003 fand in Greifs- gerade zu unseren Lieblingen zählen, wie etwa wald im Zoologischen Institut & Museum der Haus-, Material- und Vorratsschädlinge, dar- Ernst-Moritz-Arndt-Universität ein Workshop unter auch zahlreiche synanthrope Arten, die des BFA Entomologie statt, zum Thema „Nach- bei uns in Mitteleuropa nur in Gesellschaft des bar Natur – Insekten im Siedlungsbereich des Menschen dauerhaft lebensfähig sind, oder Ne- Menschen.“ Die Tagung wurde von Professor ozoen, die erst durch die Fernreisetätigkeit des MÜLLER-MOTZFELD organisiert und geleitet, der Menschen seit dem Jahre 1500 zu uns kamen. den Workshop mit folgenden Worten ankün- Auf der anderen Seite stehen jene gefährdeten digte: und vom Aussterben bedrohten Arten unserer „An den Insekten scheiden sich die Geister, Heimat, die es zu schützen und für kommende nicht jeder Nachbar ist uns lieb und angenehm Generationen zu bewahren gilt, darunter auch oder tolerierbar. So boten die Siedlungen der zahlreiche Insekten. Selbst in den Großstädten, Menschen schon seit ihrer Entstehung vor ca. als den wohl am stärksten vom Menschen ge- 10 000 Jahren zahlreichen Insekten hervor- prägten Ökosystemen, existiert noch solch ragende Entwicklungsbedingungen, meist sind schützenswerte Rest-Natur. Dem Vorkommen es gerade jene Arten, die wir Menschen nicht von ganz gewöhnlichen Arten, wie Tagpfauen-

Die Teilnehmer des Greifswalder Workshops des BFA Entomologie zum Thema „Nachbar Natur“ 6 Insecta, Heft 9, 2004 auge, Siebenpunkt-Marienkäfer und Steinhum- barer Erlebnisbereich für den Menschen auch mel kommt in der Stadt als Symbolträger für künftig zur Verfügung steht.“ Natur eine größere Bedeutung zu als im Um- Eine Übersicht über die Vorträge und eine land. Immer mehr Menschen (ca. 50 %) leben kurze Zusammenfassung der Themenkomplexe bereits in Städten, die urbanen Systeme dehnen ist im folgenden Beitrag von WERNER SCHULZE sich rasant aus, für viele Menschen wird hier (Bielefeld) zu finden. Drei der auf dem Work- auch der erste Kontakt zur Natur hergestellt, shop gehaltenen Vorträge werden in diesem eben durch jene Rest-Natur und die dort leben- Heft veröffentlicht, und zwar von HANS-JÜRGEN den oft ganz „gewöhnlichen“ Arten. Bildungs- HOFFMANN (Köln) über Neozoen in der Stadt, Defizite, Unsicherheit im Umgang mit wilden von HANS-JOACHIM FLÜGEL (Knüllwald) über Pflanzen und Tieren, wie sie in den Begriffen Bienen in der Großstadt und von PETER SPRICK „Unkraut“ oder gar „Ungeziefer“ zum Aus- (Hannover) über Insektenkillerlampen. Die an- druck kommen, gilt es abzubauen und Einfluss deren Beiträge des Heftes beinhalten verschie- auf die Stadtplanung zu nehmen, sodass ein dene entomologische Themen zu Faunistik und Mindestmaß an Natur in der Stadt als unmittel- Naturschutz. JÜRGEN DECKERT Insecta, Heft 9, 2004, Seite 7-8

WERNER SCHULZE, Bielefeld

„Nachbar Natur – Insekten im Siedlungsbereich des Menschen“ Workshop des BFA Entomologie in Greifswald (11.-13. April 2003)

56 Entomologinnen und Entomologen und – Wenn die Nacht zum Tag wird – Wirkung andere am Thema Interessierte kamen im Zoo- von künstlichem Licht auf Natur und Insek- logischen Institut und Museum der Ernst-Mo- ten (GERHARD EISENBEIS, Mainz); ritz-Arndt-Universität in Greifswald zusam- – Insekten als Thema in der Umweltbildung men. Prof. GERD MÜLLER-MOTZFELD und seine (MELANIE VON ORLOW, Berlin); Mitarbeiter hatten eine Tagung organisiert, die – Bienen in der Großstadt – Konzept für ein neben der Auseinandersetzung mit dem Thema „Insekt des Jahres“ (HANS-JOACHIM FLÜGEL, die persönlichen Kontakte von Insektenkund- Knüllwald); lern und Naturschützern mit ganz unterschied- – Projekt „Mantis“: Zum Vorkommen von lichen fachlichen Schwerpunkten und Arbeits- Mantis religiosa in Berlin (DÖRTHE THIEL, ansätzen in den Vordergrund stellte. Aus Sicht Potsdam); der Entomologie sollte auch ein Beitrag geleistet – Die Wollige Napfschildlaus Pulvinaria regalis werden zur Kampagne des NABU „Nachbar (Homoptera: ) – Bemerkungen zu Natur. Ökologische Konzepte für Städte und Biologie und Ausbreitung in Deutschland Dörfer“. (WERNER SCHULZE, Bielefeld); Das Rahmenprogramm befasste sich mit – Insekten als Vorratsschädlinge (MATTHIAS dem Tagungsort und seiner besonderen Lage SCHÖLLER, Berlin); am Bodden und am Flüsschen Ryk. Frau K. – Wem nützen eigentlich Killerlampen? (PETER BROZIO vom ILN Greifswald führte in einem SPRICK, Hannover); Lichtbildervortrag in „Innerstädtische Lebens- – „Projekt Stadtlandschaftsentwicklung Greifs- räume – eine Wanderung durch Greifswald“ wald“ (VOLKER WACHLIN, Leist; J.-C. KORN- ein, und eine Exkursion am Abschlusstag bei MILCH, Greifswald; T. MARTSCHEI, Greifs- herrlichem Wetter zur Salzstelle vor der Stadt wald). und über die Wallanlagen der ehemals befestig- ten Stadt rundeten eine überaus gelungene Ar- Zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt beitstagung ab. scheinen weder die Entomologie noch die allge- meine Stadtökologie in der Lage, eine geschlos- Die folgenden Fach-Referate wurden vorgetra- sene Theorie der Organismen oder auch nur gen: der Insekten im vom Menschen gestalteten – Insekten in Dorf und Stadt – eine kritische Be- Siedlungsbereich vorzulegen, eindeutig ableit- trachtung (KLAUS CÖLLN, Köln); bare Handlungsempfehlungen sind daher noch – Naturschutz in der Stadt – warum? (GERD nicht möglich. Die Vielschichtigkeit sowie das MÜLLER-MOTZFELD, Greifswald); breite Spektrum der Referate des Greifswalder – Insekten als Neozoen in der Stadt (HANS-JÜR- Workshops und die z.T. recht kontroversen GEN HOFFMANN, Köln); Diskussionen machten das deutlich. 8 Insecta, Heft 9, 2004

Die im Folgenden zusammengestellten Aus- – allerdings zeigen selbst kleine und kleinste sagen stellen die Ergebnisse der Tagung dar. Lebensräume in den Randbereichen und Phänomene und Tendenzen sowie fachliche manchmal sogar mitten in Städten eine spe- und Naturschutz-Probleme sollen dadurch auf- zifische und manchmal artenreiche Insek- gezeigt werden. tenfauna, und viele „Lebensräume aus zwei- ter Hand“ kompensieren in oft erstaun- Insekten in der Stadt – licher Weise Verluste an anderen Orten und wie schützt man sie? – Insekten sind in den stark belasteten städti- Natur im vom Menschen dicht besiedelten schen Ökosystemen als Schaltstellen zwi- Raum, seinen Dörfern und Städten hat einen schen Produzenten und Konsumenten hö- besonderen Wert. Die Erhaltung einer lebens- herer Ordnung von besonderer Bedeutung werten Umwelt für gegenwärtige und kommen- – Neozoen stellen einen deutlich größeren de Generationen, das direkte Erleben von Lebe- Anteil an der Biodiversität der Insekten als wesen und die Erfahrung der Wohlfahrtswir- in den naturnäheren Flächen des Umlandes kungen im sozialen, psychischen und körper- – die in den letzten Jahren auch unter medizi- lichen Bereich werden vor allem in der Stadt als nischem Aspekt verstärkt beachtete „Licht- positiv empfunden. Auch im besiedelten Be- verschmutzung“ vor allem in den großen reich spielen Insekten als die artenreichste Städten beeinträchtigt in besonderer Weise Gruppe aller Organismen eine herausragende die Insekten Rolle: – die zunehmend in Mode gekommenen „In- sektenkillerlampen“ machen die mangelnde – für viele Menschen ist inzwischen die Be- Sensibilität und Fachkompetenz der An- gegnung mit Blütenpflanzen und Insekten wender deutlich; Mücken und Wespen wer- in der Stadt das einzige unmittelbare Erle- den durch sie eher angelockt, während ben mit der belebten Natur harmlose und oft auch geschützte Insekten – wie kaum eine andere Organismengruppe wahllos getötet werden vermitteln Insekten gerade auch im besie- – gerade im besiedelten Bereich können man- delten Raum eine Vorstellung von der Viel- che Insekten als Krankheitserreger, Vorrats- falt der Arten schädlinge oder Lästlinge für den Menschen – verglichen mit naturnahen Lebensräumen eine besondere Bedeutung erhalten. ist das Artenspektrum relativ schmal, die Artenzahl oft gering, und besonders schüt- Ein spezieller Schutz von Insekten in der zenswerte Arten (Arten der Roten Listen) Stadt muss alle diese genannten Punkte berück- fehlen meist sichtigen.

Anschrift des Verfassers WERNER SCHULZE, Samlandweg 15a, D-33719 Bielefeld E-Mail: [email protected] unter Mitarbeit von KLAUS CÖLLN (Köln), GERHARD EISENBEIS (Mainz), HANS-JOACHIM FLÜGEL (Knüllwald), KARL-HEINZ JELINEK (Leverkusen), UWE LEHMANN (Großenhain), SIEGFRIED LÖSER (Neuss) (✝), GERD MÜLLER-MOTZFELD (Greifswald), MELANIE V. ORLOW (Berlin) und PETER SPRICK (Hannover). Insecta, Heft 9, 2004, Seite 9-20

HANS-JÜRGEN HOFFMANN, Köln

Insekten als Neozoen in der Stadt

1. Vorbemerkungen ter auf einem Kolloquium präzisiert. Er erfolgte in Analogie zu den botanischen Neophyten. Da Im Frühjahr 2003 fand in Greifswald eine der Begriff definitionsgemäß auch solche Tiere Tagung des NABU-BFA Entomologie zum umfasst, die nur in Einzelexemplaren einge- Thema „Insekten in der Stadt“ (12./13.04.03) schleppt wurden und sich nicht nachweislich statt. Dabei wurden die Beziehungen des Stadt- im Gebiet hielten, scheint dem Autor der allge- bewohners zu Insekten als positiv wie auch als mein gehaltene Begriff nicht sehr brauchbar. negativ beurteilte Mitbewohner beleuchtet: Statt dessen sollen im folgenden nur die von Schmetterlinge und Hummeln einerseits und KINZELBACH definierten „Etablierten Neozoen“ Vorratsschädlinge andererseits wurden – neben betrachtet werden. Der hierfür neuerdings auch vielen anderen Aspekten – angesprochen. (in Anlehnung an die botanischen Agriophy- Nachdem heutzutage die zoologischen Kennt- ten) geprägte Begriff der Agriozoen (abgeleitet nisse gerade des Städters oft als beschämend ge- vom griechischen Wort „agrios“ wild, fremd) ring zu bezeichnen sind, ist es nicht verwunder- soll, da kaum geläufig, hier nicht weiter verwen- lich, wenn z. B. in Massen neu auftretende In- det werden. sekten eine Flut von Leseranfragen, redaktio- nellen Beiträgen usw. bewirken. Bei dieser Definition: Etablierte Neozoen Gruppe von Insekten handelt es sich oft um so- Etablierte Neozoen sind Tierarten, die nach genannte „Neozoen“, „Aliens“, Neueinwande- dem Jahr 1492 (der Wiederentdeckung Ameri- rer oder ähnlich bezeichnete Tiere. Im Folgen- kas durch CHR. COLUMBUS) unter direkter oder den soll diese (ebenfalls in Greifswald in einem indirekter Mitwirkung des Menschen in ein be- Referat behandelte) Gruppe zusammenfassend stimmtes Gebiet gelangt sind, in das sie mit Hil- vorgestellt werden. fe ihres eigenen Ausbreitungspotentials in re- Aus dem Titel dieses Beitrags ergeben sich zenter Zeit nicht hätten gelangen können und die drei zunächst zu besprechenden Bereiche: wo sie seit einem langen Zeitraum, d. h. mehr Neozoen – Insekten – Städte. Anschließend sol- als 25 Jahre oder über wenigstens drei Genera- len Fallbeispiele vorgestellt, der Forschungsbe- tionen, wild leben. darf aufgezeigt sowie eine Zusammenfassung und Prognose gebracht werden. Die einzelnen Kriterien sind im Einzelfall oft nicht exakt zu überprüfen: So wurde z. B. 2. Neozoen vor oder zwischen der Zeit des KOLUMBUS und dem 19. Jahrhundert ja nicht sauber über neu Der Begriff „Neozoen“ wurde von KINZEL- ankommende Tierarten Buch geführt, und BACH 1978 eingeführt und definiert, sowie spä- auch eine direkte oder indirekte Mithilfe des 10 Insecta, Heft 9, 2004

Menschen oder das fehlende/vorhandene eige- weiterer zu bezeichnenden Arten, die z. B. auf- ne Ausbreitungspotential der Tierarten sind im grund von Klimaänderungen ihr Verbreitungs- Einzelfall oft fraglich. gebiet kontinuierlich erweitern. Gerade letztere werden oft fälschlich mit zu den Neozoen ge- Ein bekanntes Paradebeispiel für ein Neo- zählt! Außerdem gibt es noch die Archäozoen, zoon ist der Kartoffelkäfer Leptinotarsa decem- die bereits vor 1492 bei uns eingewandert sind lineata (SAY, 1824) (Abb. 1). Er wurde von Me- und zu denen KINZELBACH (in UMWELTBUNDES- xiko nach Colorado/USA verschleppt, lebte AMT 2002) in seiner Veröffentlichung folgende dort an wirtschaftlich unbedeutenden Nacht- Beispiele auflistet: schattengewächsen und wurde von SAY nach Beispiele für Archäozoen in Deutschland Tieren aus den Rocky Mountains beschrieben. (ausgenommen Haustiere) (wobei die beiden Unabhängig davon wurde aus den südamerika- letzten Zeilen wohl nicht ganz ernst gemeint nischen Anden die Kartoffel nach 1560 nach sind). Europa gebracht und dort zu einer der wichtig- sten Pflanzen für die menschliche Ernährung. Synanthrope und Vorratsschädlinge unter den Sie wurde 1715 von irischen Aussiedlern nach Insekten den USA mitgenommen und kontinuierlich (BLUNCK 1957, KEILBACH 1966, WEIDNER 1971, auf ihrem Weg nach Westen angepflanzt. Ca. FRITZSCHE 1994) 1859 erreichte sie den Bundesstaat Colorado Heimchen Achaeta domestica und stieß auf den späteren „Kartoffel“käfer, der Ofenfischchen Thermobia domestica sie zur Ernährung und Eiablage nutzte. Seine Kammfischchen Ctenolepisma lineatum Nachkommen wanderten nach Osten und er- Silberfischchen Lepisma saccharinum reichten schon nach 14 Jahren die Atlantikküs- Deutsche Schabe Blatella germanica te, wo sich Millionen Tiere im wörtlichsten Orientalische Schabe Blatta orientalis Sinne des Wortes aufstauten. Auf dem europä- Bettwanze Cimex lectularius ischen Festland versuchte man mit Importver- Haussperling (sic!) Passer domesticus boten und Pflanzenbeschau das Überspringen Hausmaus (sic!) Mus musculus zu verhindern. Trotzdem gelang es dem Käfer, 1877 an einer Eisenbahnlinie in Mülheim am Der Stand der derzeitigen Neozoenfor- Rhein, einem heutigen Vorort von Köln, ein schung wird in einer Veröffentlichung des UM- Feld zu befallen. GERSTÄCKER (1877) schildert WELTBUNDESAMTES BERLIN vom Herbst 2002 aus Biologie und Bekämpfungsaktionen – mit Pe- der Feder der Forschungsgruppe um Prof. KIN- troleum, Kupferarsenat, Benzol u. ä. – ähnlich ZELBACH, Rostock sehr gut dargestellt. Hier fin- wie an einem zweiten Herd bei Schildau in det sich außer der Diskussion allgemeiner Pro- Sachsen und 1914 bei Stade usw. Bei der Köl- bleme auch eine Liste der in Rostock geführten ner Schokoladenfirma STOLLWERCK stellten Datenbank, die allerdings relativ aufgebläht er- 1877 115 Arbeiter mehr als 135.000 Stück scheint, da z. B. auch noch nicht eingewanderte, „Kartoffelkäfer-Biologien“ aus einem natür- aber in benachbarten Ländern vorkommende lichen Harzgemisch zur Anschauung für die Neozoen, wieder verschwundene und vor allem Bevölkerung her. Auch später wurde immer die nur in Einzeltieren eingeschleppten, nicht wieder viel Aufklärungsaktivität entwickelt, um etablierten Arten („verschleppten Arten“) mit die Plage einzudämmen. Ein im ersten Welt- aufgelistet sind. Die vielen Fragezeichen doku- krieg entstandener Befallsherd bei Bordeaux mentieren zudem einen sehr hohen For- schließlich war so groß, dass der Käfer nicht schungsbedarf. mehr unter Kontrolle zu bringen war und in Der Versuch, aus dieser Liste die stadtrele- der Folge ganz Europa bis nach Asien kontinu- vanten Neozoen aus der Gruppe der Insekten ierlich eroberte. zu ermitteln, scheiterte leider kläglich. Bereits Außer den Neozoen gibt es natürlich die die Tabelle mit den Summen aus dieser Veröf- autochthonen, immer schon in einem Gebiet fentlichung wies unerklärlich hohe Differenzen vorkommenden Arten und auch die als Arealer- bei den einzelnen Gruppen auf. HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Insekten als Neozoen in der Stadt 11

Insecta Insekten

Kennbuchstaben in der Neozoendatei: H korrekt In Neozoendatei erfasste Arten: 577 696 davon A + etablierte Neozoen 115 224 B + (noch) nicht etabliert / Einzeltiere 183 164 C + Status fraglich 238 248

Neozoen gesamt (incl. potenzieller Neozoen) 536 636

D + wieder verschwundene Neozoen 1 1 E + Neozoen in Nachbarländern 16 20 O + sonstige Arten (z. B. regionale Neozoen) 24 38 ??? 1

Die als Beispiel herausgegriffene, da dem kommen. Zusammenfassende Werke liegen z. Autor geläufige Gruppe der Wanzen (Heterop- B. von GILBERT 1994, KLAUSNITZER (1988, 1993), tera) ergab weiterhin, dass auch die Details in SUKOPP (1990), SUKOPP& WITTIG (1993) u. a. der Liste mit Vorsicht zu betrachten sind: Von vor. den 13 in der Liste aufgeführten Wanzen-Arten Städte sind – speziell auch aus der Sicht von entsprachen nur vier den Erwartungen, zwei neozoischen Insekten – u. a. charakterisiert Arten scheinen als Neozoen sehr fraglich, 9 Ar- durch: ten blieben allen deutschen Heteropterologen – gute verkehrstechnische Anbindung wie: verborgen, die dafür 13 andere Arten kennen; Bahnhöfe, Güterumschlagplätze, Häfen, fünf eindeutig in Deutschland etablierte Arten zahlreich vorhandene Parkplätze, Flughä- fehlen. Leider fehlt auch das in wissenschaft- fen, lichen Veröffentlichungen übliche Literaturver- – generelle Temperaturerhöhung um einige zeichnis zur Datenbank, so dass Fragen anhand Grade gegenüber dem Umland, geringere der Literaturzitate leider nicht ohne weiteres zu Feuchte und Winde, klären sind (Details s. HOFFMANN 2003b). Da – ständig höhere Temperaturen im Wohn- solche Ungereimtheiten auch bei den übrigen und Arbeitsbereich des Menschen, Insektengruppen nicht ausgeschlossen werden – gute Unterkunftsmöglichkeiten (Wohnun- können, lässt sich im Hinblick auf die Zahl gen und andere Höhlen) für Insekten, stadtrelevanter Neozoen unter den Insekten – gute Nahrungsressourcen für Insekten wie: trotz der Vorarbeit der Rostocker Arbeitsgrup- gespeicherte Vorräte des Menschen, Abfälle, pe keine Aussage machen. Allgemeines zu Neo- Anpflanzung von Pflanzen/Bäumen in Aus- zoen ist z. B. bei GEBHARDT et al. (1996), Details wahl, dann aber meist in Mengen (s. Allee- über Insekten in Städten sind vor allem in der bäume, Hecken) oder Pflanzen in großer Vielzahl der Bücher über Pflanzen- und Vor- Artenfülle (Botanische Gärten, Garten- ratsschädlinge, aber z. B. auch speziell bei RO- märkte), BINSON (1996) oder KLAUSNITZER (1988, 1990) – sichere Ausbreitungsplätze durch Unauf- zu finden. merksamkeit und schlechte Beobachtungs- gabe bei Menschen sowie schwerfällige Be- 3. Städte und Ballungsräume hörden, – schlechte Bekämpfungsmöglichkeiten durch Stadtökologie ist in den letzten Jahrzehnten Größe des Areals, Verbot aggressiver Gift- als eigener Forschungszweig sehr gut vorange- einsätze o. a., 12 Insecta, Heft 9, 2004

– geringe Detailkenntnisse über Stadtfaunen der Regel gegen Pflanzen-Schädlinge eingesetz- allgemein. ten Spezies sind in unserem Zusammenhang ebenfalls hier nicht relevant. Ein – allerdings ne- Für Großstädte – mit Naturkundemuseen, gativ verlaufenes Beispiel – ist z. B. die Bekämp- Entomologischen Vereinen und Universitäten fung des Kartoffelkäfers, speziell seiner Larven, – wie Hamburg, Berlin, München) existieren mittels der räuberischen Wanze Perillus biocula- zahlreiche faunistische Einzelbearbeitungen aus tus aus den USA, die erfolglos abgebrochen wur- langen Zeitperioden; eine umfangreiche, neuere de, da die ausgebrachten Wanzen sich in und zusammengefasste Stadtfauna existiert an- Deutschland zu keinem Zeitpunkt fortpflanzten scheinend nur für die Großstädte Warschau (FRANZ 1967). Ein weiteres Beispiel aus diesem und Köln (HOFFMANN et al. 1992, 1996). Ent- Bereich (Harmonia axyridis) siehe unten. sprechende stadtökologische Untersuchungen Unter stadtökologischen Gesichtspunkten aus Mainz aus den 90er Jahren sind nach der sind die Neozoen aus der Gruppe der Vorrats- Publikation (HEIDT et al. 2002) im Umfang der schädlingen i. w. S. hochinteressant. Ihr Vor- zoologischen Erhebungen als enttäuschend ge- kommen ist meist kosmopolitisch. Wegen eines ring zu bezeichnen. Frankfurt/M., Stuttgart, gesonderten Referates auf der Tagung soll auf Greifswald u. a. Städte planen Erfassungen. diese Gruppe auch hier nicht weiter eingegan- Auch umfassende Untersuchungen speziell zur gen werden; als Beispiele sind zu nennen: Hygiene- und Vorratsschädlingsfauna von kon- kreten Städten fehlen generell noch. Speisebohnenkäfer Acanthoscelides obtectus Moderkäfer Adistemia watsoni 4. Beispiele für etablierte Neozoen aus der Trop./Dunkler Pelzkäfer Gruppe der Insekten in Städten Attagenus fasciatus, A. unicolor Erbsenkäfer Bruchus pisorum Betrachtet man Neozoen aus der Gruppe Speckkäfer Dermestes atere, D. peruvianus der Insekten, so lassen sich im Hinblick auf ihre Kugelkäfer Gibbium psylloides stadtökologische Bedeutung verschiedene Messingkäfer Niptus holosericeus Gruppen bilden, die allerdings hier nur sehr Kornkäfer/Reiskäfer summarisch skizziert und nur mit knappen Bei- Sitophilus granarius, S. oryzae spielen belegt werden können. Brotkäfer Stegobium paniceum Unter stadtökologischen Gesichtspunkten Mehlkäfer Tenebrio molitor sind Neozoen aus dem Bereich der Land- und Reismehlkäfer Tribolium castaneum, Forstwirtschaft natürlich uninteressant, da sie T. confusum, T. destructor zwar auch in Schrebergärten usw. in der Stadt Mehlmotte Ephestia kuehniella vorkommen können, aber eben typischerweise Dörrobstmotte Plodia interpunctella außerhalb der Städte auftreten. Beispiele sind Brauner Splintholzkäfer Lyctus brunneus unter vielen anderen: Rüsselkäfer Otiorhynchus smreczynskii Braune Hausmotte, Samenmotte Kartoffelkäfer Leptinotarsa decemlineata Hofmannophila pseudospretella San José-Schildlaus Quadraspidiotus perniciosus Reblaus Dactylosphaera vitifoliae Als Beispiele für stadtökologisch interessan- Mittelmeerfruchtfliege Ceratitis capitata te Neozoen mit regelmäßigen Massenvorkom- Sittkalaus Elatobium abietinum men aus dem Bereich der Hygiene- und Materi- Gewächshausschrecke Tachycines asynamorus alschädlinge sollen hier auch nur wenige Arten kurz erwähnt werden, die die „Kammerjäger“ Absichtlich im Rahmen von Biologischer in Städten regelmäßig beschäftigen: Schädlingsbekämpfung eingeführte und be- wusst z. B. in Gewächshäusern freigelassene In- Periplaneta americana (LINNÉ, 1758), Ame- sektenarten können, sofern sie aus fernen Län- rikanische Schabe: dern stammen, zu Neozoen werden. Diese in Der 3,5 cm große Hygiene- und Vorrats- HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Insekten als Neozoen in der Stadt 13

Abb. 1: Die verwickelte Entstehungs- und Ausbreitungsgeschichte des Kartoffelkäfers Leptinotarsa decemlineata als Neo- zoon. Statt eines Fotos vom Kartoffelkäfer: Kartoffelkäfer-Biologie, hergestellt 1877 in über 135.000 Stück von der Kölner Schokoladenfabrik STOLLWERCK zwecks Information der Bevölkerung mit der Absicht, dass erneutes Auftreten gemeldet wird und bekämpft werden kann (Foto H.-J. HOFFMANN).

Abb. 2: Die farbenprächtige Rhododendronzikade Graphocephala fennahi ist seit 1978 von Westen nach Deutschland ein- gewandert und mittlerweile bis Berlin vorgedrungen. Sie kann (relativ selten!) die Knospenfäule der Rhododendron- Pflanzen übertragen (Foto J. DECKERT). 14 Insecta, Heft 9, 2004 schädling mit Herkunft aus Südamerika ist bezug: Sie verursachen keine Schäden und le- heutzutage als Kulturfolger kosmopolitisch ver- ben so unscheinbar, dass sie Städtern kaum je- breitet, kommt bei uns aber nur in beheizten mals auffallen. Als Beispiel sei vorgestellt: Räumen vor. (Die Deutsche Schabe Blattella germanica ist ein Archäozoon!) Orsillus depressus (DALLAS, 1852), (Lygaei- dae, Langwanze ohne deutschen Namen): Monomorium pharaonis (LINNÉ, 1758), Pha- Die 8 mm große, braune Art ist mediterran raoameise: verbreitet und lebt dort ursprünglich auf Wa- Diese mit 2-2,5 mm sehr kleine bernstein- cholder-(Juniperus)-Arten, an deren Zapfen sie farbene Ameisenart ist vor allem ein Hygiene- saugt. In Deutschland ist sie von Süden rhein- Schädling und Lästling in Krankenhäusern usw. abwärts eingewandert, heute bis Schleswig-Hol- aufgrund ihrer Nahrungsvorliebe für Eiweiß stein verbreitet und interessanterweise auf und zuckerhaltige Substanzen und Verschlep- Scheinzypressen und Lebensbäume übergegan- pung von Keimen. Die Art ist auf höhere Tem- gen und darauf regelmäßig zu finden (WERNER peraturen angewiesen, die Ausbreitung erfolgt 1999). Letztere werden üblicherweise bei uns z.B. durch Fernwärmeleitungen usw. Sie ist bisher fast nur im Siedlungsbereich, z. B. auf schwer zu bekämpfen wegen schlecht zugäng- Friedhöfen und in Parks oder Vorgärten ange- licher Nester, die oft weit vom Fraßort entfernt pflanzt. Wegen fehlender Schäden an den liegen. Pflanzen und der unscheinbaren Lebensweise ist die Art (z. Z. zumindest) unproblematisch. Reticulitermes flavipes (KOLLAR, 1837), Gelb- fuß-Termite: Beispiele für stadtökologisch besonders Diese aus Nordamerika stammende Bo- interessante Neozoen, die z. T. erst in jüngster dentermite, 3 mm groß, wurde 1937 mit Kie- Zeit aufgetreten sind und z. T. mit Massenvor- fernstämmen aus USA in Hamburg einge- kommen die Stadtbevölkerung verunsichern, schleppt und konnte sich unbemerkte auf 50 ha sollen jetzt als Kerngruppe besprochen werden. ausbreiten. Ab 1950 wurde sie systematisch be- Es sind zwei Arten von Napf-Schildläusen, kämpft und ist außerhalb des Hamburger Rhododendronzikade, zwei Arten von Rhodo- Stadtgebietes wohl ohne Bedeutung. dendrongitterwanzen, Kastanienminiermotte, Platanen- und Andromedagitterwanze und – Es gibt in Städten einige „unauffällige“ Neo- mit Vorbehalt – der Asiatische Marienkäfer. zoen mit gebietsweise flächendeckender Ver- breitung, die aber ohne speziellen Stadtbezug Pulvinaria regalis CANARD, 1965 und Eupul- und somit unter stadtökologischen Gesichts- vinaria hydrangeae (STEINWEDEN, 1946) sind punkten relativ uninteressant sind. Als Beispiel zwei Napf-Schildläuse mit bis 5 mm Größe und für das Rheinland sei genannt: auffälligen watteartigen Eisäcken. Sie stammen wohl aus Ostasien. Erstere Art wurde 1965 aus Conostethus venustus (FIEBER, 1858) (Miri- Versailles gemeldet, letztere 1946 aus Kalifor- dae, Weichwanze, ohne deutschen Namen): nien, 1950 aus S-/SW-Frankreich, 1974 aus Ita- Die Spezies ist mediterran verbreitet, kam lien, 1983 aus Brüssel, 1986 Amsterdam, 1987 entlang der Atlantikküste und über die Nieder- Köln, 1996 Hagen. Zur Zeit sind beide Art lande rheinaufwärts wandernd, 1986 nach schon wieder weiter nach N und O vorgedrun- Deutschland. Die 4,5 mm kleine Art lebt auf gen. Sie leben an Rosskastanie, Ahorn, Linde; Kamille-Arten, auch in Städten, bevorzugt auf erstere zur Zeit der Eisackbildung vor allem an Ruderalflächen und dürfte nur Spezialisten be- den unteren Astgabeln, letztere mit Eisackbil- kannt sein. dung auf Blättern. Die Larven saugen an Blät- tern; die Ausbreitung vor allem in östliche Es gibt aber auch unter stadtökologischen Richtung erfolgt wohl durch Verdriftung der Gesichtspunkten interessante und dennoch ersten, sehr beweglichen Larven auf den Blät- „unauffällige“ Neozoen mit eindeutigem Stadt- tern (weitere Details bei WIPKING et al. 1999). HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Insekten als Neozoen in der Stadt 15

Dauerschäden an den Wirtsbäumen sind nicht rhododendri HORVATH, 1905 und eindeutig bewiesen, eine wirkungsvolle Be- Stephanitis oberti (KOLENATI, 1857) sind zwei kämpfung scheint nicht möglich. Rhododendronwanzen-Arten mit 4 mm Größe (Aussehen und Schadbild ähnlich St. takeyai). Graphocephala fennahi YOUNG, 1977, die Erstere stammt aus N-Amerika (Heimat Rhododendronzikade (Synonym G. coccinea) Asien?) und wurde nach Europa eingeschleppt, (Abb. 2) mit 8,5-9,5 mm Größe wurde 1930 aus sie kommt seit 1905 in den Niederlanden, 1910 N-Amerika nach England eingeschleppt, 1971 England und 1915 Deutschland vor, letztere erreichte sie die Schweiz, 1973 Frankreich, 1978 stammt wohl aus Russland, Skandinavien und Mönchengladbach, 1980 Köln, 1984 Bremen kommt seit 1906 in Deutschland vor. Die Arten und Hamburg, 1988 Westberlin. Sie lebt phyto- leben phytophag an der Unterseite der Rhodo- phag an Rhododendren, verursacht aber als dendrenblätter. Durch Aussaugen von Blattzel- Phloemsauger (Pflanzensaftsauger) keine sicht- len kommt es zu – von der Oberseite sichtbaren baren Blattschäden. Schäden entstehen – relativ – gelben Blattschäden. Die Ausbreitung erfolgt selten – durch Verschleppung eines Pilzes (Pyg- wohl durch den Pflanzenhandel oder durch ak- nostysanus azaleae), der die Knospenfäule der tiv fliegende Imagines. Es gibt nur eine Genera- Rhododendren hervorruft. Ausbreitung der Art tion pro Jahr, Überwinterung erfolgt im Eista- erfolgen durch Pflanzen mit Eiern oder aktiven dium (weitere Details bei WIPKING et al. 1999). Flug der Imagines. Es gibt nur eine Generation Zur Bekämpfung können Klebfallen oder In- pro Jahr, die Art überwintert im Eistadium sektizide eingesetzt werden. (weitere Details bei WIPKING et al. 1999). Zur Bekämpfung können Klebfallen oder die üb- Cameraria ohridella (DESCHKA & DIMIC, lichen Insektizide eingesetzt werden. 1986), die Kastanienminiermotte oder „Bier-

Abb. 3: Die Kastanienminiermotte Cameraria ohridella verursacht seit ihrer Ausbreitung in S- und Westdeutschland seit 1989 beängstigend aussehende Schäden an weißblühenden Kastanien, indem bereits Ende Juli Blattfall auftreten kann. Die in den Blättern minierenden Larven und die Imagines dieses Kleinschmetterlings sind relativ unscheinbar (Foto: J. DECKERT). 16 Insecta, Heft 9, 2004

Abb. 4: oben: Platanengitterwanze ciliata und von ihr verursachte Schäden (Vergilbung durch leergesaugte Zellen) an einem Platanenblatt; unten: Verbreitung von Corythucha ciliata nach dem Stand von 2002 (Ausbreitungszen- trum in Europa: Padua); kleine Karte: Verbreitung der Art in den Bundesstaaten der USA und Kanadas als Ursprungsge- biet (nach HENRY & FROESCHNER 1988) (Zeichnungen J. JACOBI, Köln). HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Insekten als Neozoen in der Stadt 17 gartenmotte“ mit 5 mm Größe (Abb. 3) macht dürfte aber schon früher eingeschleppt worden seit mehreren Jahren Schlagzeilen in den Groß- sein. Phytophag lebt die 4,5 mm große Art an städten S- und W-Deutschlands. 1983/4 vom Lavendelheide Pieris japonica und verwandten Ohrid-See/Mazedonien beschrieben, tritt sie Pieris-Arten. Sie erzeugt durch Aussaugen der 1989 in Österreich (Linz), 1993 in S-Deutsch- Blattzellen die typischen Saugschäden an den land (Passau), 1998 in Köln und im Rheinland Blättern, ähnlich denen der drei vorgenannten auf. Zur Zeit reicht die Verbreitung von NRW, Gitterwanzen-Spezies. Die Art ist bei uns win- über Schleswig-Holstein bis Brandenburg und terhart und durchläuft ihre Gesamtentwicklung Mecklenburg-Vorpommern. Die Art lebt phy- auf den Wirtspflanzen mit Ei-Überwinterung in tophag an weißblühenden Rosskastanien: Die den Blättern. Vorkommen sind gemeldet von Larven minieren in den Blättern. Es gibt mehre- den Niederlanden (1994), Italien, S-England, re (bis 4) Generationen pro Jahr, so dass es zu Polen, USA und Kanada, in Deutschland von vorzeitigem Blattfall bereits Ende Juli kommen Bonn über Köln bis Essen (in Japanischen Gär- kann – eine Kalamität für Biergärten mit Kasta- ten, auf Friedhöfen, in Vorgärten u. ä., s. HOFF- nien-Bäumen als Schattenspendern (weitere MANN 2003a), Bergisch Gladbach, Braun- Details bei WIPKING et al. 1999). Diverse größe- schweig und Bremen. Auch im Süden vom re Forschungsprojekte, Internetseiten, Bürger- Oberrhein oder im Osten aus Berlin liegen initiativen (Laubbeseitigung im Herbst!) deu- mittlerweile Fundmeldungen vor. Anscheinend ten auf die derzeitige Aktualität. Eine Bekämp- findet die Hauptverbreitung der Art über Pflan- fung scheint z. Z. nur durch Vernichtung des zenmaterial aus Gartenmärkten und Baum- Falllaubes im Herbst möglich. (Ähnlich leben schulen statt, wie HOFFMANN (2004) in einem die Platanen-, Feuerdorn- und Robinienmi- Fall konkret nachweisen konnte. Eine Bekämp- niermotte als weitere, aber unbekanntere Neo- fung ist u. U. mit den üblichen Insektiziden zoen in Deutschland.) möglich, eine Ausrottung wohl nicht mehr möglich. Die Notwendigkeit einer generellen, Corythucha ciliata (SAY, 1872), die Platanen- von den Pflanzenschutzämtern empfohlenen gitterwanze wurde 1964 aus USA nach Bekämpfung von Neozoen ohne wirtschaftliche Padua/Italien eingeschleppt. Phytophag lebt die Bedeutung wie bei dieser Art erscheint dem Au- 4 mm große Art an Platanen (Platanus hybri- tor aber sehr diskussionswürdig. dus) und erzeugt durch Aussaugen der Blattzel- len die typischen Saugschäden an den Blättern. Harmonia axyridis (PALLAS, 1773), der Asia- Zusätzliche Gefahr besteht durch nachfolgende tische Marienkäfer (Herkunft östliche Paläark- Pilzinfektionen. Die Art ist bei uns winterhart tis) mit 4 mm Größe wird als Blattlausvertilger und durchläuft ihre Gesamtentwicklung auf kommerziell (mit künstlicher Diät) gezüchtet den Wirtsbäumen. Nach einer Ausbreitung im und verkauft. Eine Ausbreitung außerhalb von gesamten westlichen Mittelmeergebiet und im Gewächshäusern in jüngster Zeit ist u. a. aus Osten bis Griechenland breitete sich die Art Frankfurt, Darmstadt, Hamburg (2002) gemel- nach N aus und erreicht 1983 Basel/Weil am det (KLAUSNITZER 2003). Es könnte zur Konkur- Rhein, 1996 Frankfurt, 2002 Köln (HOFFMANN renz zu einheimischen Marienkäfern kommen. 2002/3). Sie kommt im W bis zur bretonischen In USA wurde die Art offensichtlich ausgesetzt Atlantikküste und Paris, im O bis Russland vor. und ist dort mittlerweile im ganzen Land z. T. Eine Bekämpfung ist bisher nicht möglich. Der die häufigste Marienkäferart geworden. Sie rasante Erfolgszug durch Europa soll am Ende kommt auch schon in Südfrankreich und in Ita- dieses Beitrags noch einmal kurz analysiert wer- lien vor. Die Art ist winterhart. Sie wird für Ge- den. wächshäuser, aber auch für Wintergärten zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen, speziell Stephanitis takeyai DRAKE & MAA, 1955, die Blattläusen usw. empfohlen, wobei ihr Einsatz Andromedagitterwanze ist als allerneuester Zu- in Deutschland allerdings genehmigungspflich- gang für Deutschland zu nennen (Abb. 5). Sie tig ist. Da Tiere z. B. in Hamburg nicht im Ha- wurde erst 2003 gemeldet (HOFFMANN 2003a), fengebiet als „Importe“ gefunden wurden, liegt 18 Insecta, Heft 9, 2004

Abb. 5: Die Andromedagitterwanze Stephanitis takeyai ist der letzte Zugang bei den Neozoen Deutschlands: In West- deutschland häufen sich die Funde seit 2003 von Bonn bis ins Ruhrgebiet, weitere Vorkommen wurden von Braunschweig und Bremen gemeldet. Das Schadbild an der Lavendelheide Pieris japonica erinnert an das der anderen besprochenen neo- zoischen Gitterwanzen-Arten (Fotos H.-J. HOFFMANN). HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Insekten als Neozoen in der Stadt 19 der Verdacht nahe, dass sie zumindest in dieser ten eine Anzahl „unauffälliger“ und/oder Stadt freigesetzt wurden oder entkommen sind. zur Zeit unproblematischer Neozoen. – Für Städte typische Neozoen treten zuneh- 5. Handlungsbedarf mend im Bereich der Vorratsschädlinge und Pflanzenschädlinge (an Ziergehölzen, Bäu- Wenn man die vorstehend gebrachten Aus- men) auf. führungen überdenkt und sich um weitere De- – Es sind kaum positiv behaftete Arten vor- tails und Informationen bemüht, stellt man handen oder zu erwarten. (Als bisher „posi- fest, dass gerade im Hinblick auf Neozoen noch tives“ Beispiel aus der Botanik denke man manches unbekannt ist. Es besteht somit relativ an das Afrikanische Greiskraut Senecio inae- großer Forschungsbedarf (s. auch die o. g. An- quidens, das als Winterblüher entlang trister merkungen zur Liste aus der Rostocker Daten- Autobahnränder und Eisenbahnlinien oder bank) auf verschiedenen Ebenen: auf Ruderalflächen freundlich gelbe Blüten Bessere Beobachtung neuer Einwanderer ist bis zu den starken Winterfrösten bietet und nötig. (Hierfür könnte die o. g. Datenbank hilf- offenbar bisher im Hinblick auf einheimi- reich sein, sofern zuverlässig recherchiert wurde sche Pflanzenarten keine Probleme verur- und wird.) sacht.) – Besseres Verfolgen der Wanderwege bereits – Verdrängung einheimischer Arten spielen gemeldeter Neozoen sollte durch Registrie- zur Zeit im städtischen Bereich (noch) keine rung und Publikation auch der Zwischen- Rolle. stationen ermöglicht werden. – Zur Zeit dürften von den 224 (nicht 115) in – Beobachtung natürlicher Feinde inkl. deren der Rostocker Liste erfassten neozoischen Zucht und Freisetzung könnte Eindäm- Insektenarten schätzungsweise unter 50 mung von Massenvermehrungen ermög- stadttypisch sein. lichen. – Die Zahl der Neozoen wird in Zukunft auch – Bessere Bearbeitung der Hygiene- und Vor- oder speziell im städtischen Bereich voraus- ratsschädlingsfauna individueller Städte so- sichtlich stark anwachsen. wie deren Stadtfauna insgesamt ist auch aus – Nach einiger Zeit ist bei vielen zunächst sehr entomofaunistischer Sicht dringendst nötig. massiv auftretenden Neozoen allerdings ein – Trotz allem sollten nicht alle Neozoen a Rückgang der Populationsstärke zu beob- priori als Lästlinge, Schädlinge o. ä. be- achten. Außerdem kommt ein Gewöh- kämpft werden. Abgesehen davon, dass eine nungseffekt mit nachfolgendem Desinteres- Ausrottung von Insekten, besonders in se gerade bei der oft naturentwöhnten Städten praktisch unmöglich ist, könnte es Stadtbevölkerung hinzu. sich in Einzelfällen auch um eine Bereiche- rung der ohnehin ausgedünnten Stadtfauna Auch bei den vorgenannten Beispielen von handeln. Neozoen bleibt wohl in vielen Fällen im Dunkel n, weshalb gerade diese Arten so erfolgreich in 6. Zusammenfassung und Prognose betr. Ne- der Umgebung des Menschen – seien es Bal- ozoen aus der Gruppe der Insekten (und lungsräume, Städte oder land- und forstwirt- anderer Wirbellose) schaftliche Bereiche – waren und sind. Es wird doch nachweislich eine sehr viel größere Anzahl Aus den bisherigen Ausführungen lassen von Spezies eingeschleppt, die eine Chance hät- sich folgende Kernsätze zusammenstellen: te, sich zu „Etablierten Neozoen“ zu entwi- – Außerhalb der Städte, speziell auf Kulturflä- ckeln. Hier spielen wahrscheinlich Kombinatio- chen findet sich ein andersartiges Spektrum nen mehrerer Einzel-Vorteile eine entscheiden- von Neozoen, meist Schädlingen, ggf. aber de Rolle: auch von zur biologischen Schädlingsbe- Wie vielschichtig im einzelnen Fall die kämpfung importierten Arten. Kombination sein kann, zeigt z. B. das oben ge- – Es gibt (außerhalb und) innerhalb von Städ- brachte Beispiel der Platanengitterwanze Cory- 20 Insecta, Heft 9, 2004 thucha ciliata: wenn die Art nicht gerade so vie- (2002): Stadtbiotopkartierung Mainz. - Mainzer le Platanen an unseren Plätzen und Straßen naturwiss. Archiv/Beiheft 22, 343 S. vorgefunden hätte und hierauf (d. h. ohne Bo- HOFFMANN, H. J. (2002/3): Die Platanengitterwanze Cory- thucha ciliata (SAY, 1872) erreicht den Niederrhein denberührung) ihr ganzes Leben verbringen (Heteroptera). – Entomologische Nachrichten und könnte, wenn sie nicht zumindest in unserem Berichte 47, 67-70, 2003 + 2 Farb-Abb. auf Deckel Klima bis Nordwestdeutschland winterhart wä- bzw. Heteropteron Heft 15, 25-30, 2002. re und nicht über ein so starkes Vermehrungs- HOFFMANN, H. J. (2003a): Die Gitterwanze Stephanitis ta- keyai DRAKE & MAA, 1955 neu für Deutschland potential verfügen würde, außerdem nicht so (-Heteroptera, ). – Heterop- leicht z. B. mit Verkehrsmitteln verschleppt teron Heft 16, 20-23. würde und ... und ..., – sie hätte wohl nicht ih- HOFFMANN, H. J., (2003b): Neozoen bei Wanzen. – ren bisherigen Siegeszug über Westeuropa an- Heteropteron Heft 16, 25-28. HOFFMANN, H. J., & WIPKING, W. (Hrsg.) (1992): Beiträge treten können. zur Insekten- und Spinnenfauna der Großstadt Köln. – Decheniana-Beihefte (Bonn) 31, 619 S. mit Zusammenfassung 15 (Farb-)Tafeln, 150 Abb. u. 76 Karten HOFFMANN, H. J., WIPKING, W., & CÖLLN, K. (Hrsg.) (1996): Beiträge zur Insekten-, Spinnen- und Mollusken- Es wird eine kurze allgemeine Übersicht zu fauna der Großstadt Köln (II). – Decheniana-Bei- Neozoen, zur Stadtökologie und zu Insekten in hefte (Bonn) 35, 696 S. mit 220 Abb., 136 Tab. u. 16 Städten gegeben. Einige markante stadtrelevan- Farbtafeln. HOFFMANN, H. J. (2004): Ergänzungen zum Vorkommen te „Etablierte Neozoen“ in Deutschland werden von Stephanitis takeyai. – Heteropteron 19, im vorgestellt. Druck. KLAUSNITZER, B. (1988): Verstädterung von Tieren. – NBB Summary 579, 2.A, 315 S., Wittenberg Lutherstadt. KLAUSNITZER, B. (1993): Ökologie der Großstadtfauna,. – 1.A. 1987; 2.A., 454 S., Jena / Stuttgart. The definition of „Neozoa“, remarks on ur- KLAUSNITZER, B. (2002): Harmonia axyridis (PALLAS, 1773) ban ecology and urban species are sum- in Deutschland (Col. Coccinellidae). – Entomol. marized. A survey of species new in the Nachrichten und Berichte 46, 177-183. ROBINSON, W. H. (1996): Urban Entomology – and urban environment in is given. Mite Pests in the Human Environment. – 430 S., London / Weinheim. SUKOPP, H. (Hrsg.) (1990): Stadtökologie, das Beispiel Ber- 7. Literatur lin. – Berlin. SUKOPP, H., & WITTIG, R. (Hrsg.) (1993): Stadtökologie. – FRANZ, J. M. (1967): Beobachtungen über das Verhalten der 402 S., Stuttgart / Jena / New York. Raubwanze Perillus bioculatus FABR. (Pent.) gegen- UMWELTBUNDESAMT BERLIN (Hrsg.) (2002): Bestandsauf- über ihrer Beute Leptinotarsa dec. SAY (Chrysom.). nahme und Bewertung von Neozoen in Deutsch- – Z. Pflanzenkrankheiten 74, 1-13. land. (Autoren: GEITER, O., HOMMA, S. & KINZEL- GEBHARDT, H., KINZELBACH, R., & SCHMIDT-FISCHER, S. BACH, R.). – Texte 25/02, 174+36+31+52 S. ohne (Hrsg.) (1996): Gebietsfremde Tierarten. – Lands- durchgehende Seiten-Zählung, Berlin. berg. WERNER, D. J. (1999): Die mediterrane Art Orsillus depressus GERSTAECKER, A. (1877): Der Colorado-Käfer (Doryphora (Heteroptera: Lygaeidae) jetzt auch in Schleswig- decemlineata) und sein Auftreten in Deutschland. – Holstein. – Heteropteron Heft 6, 27-29. Cassel. WIPKING, W., HOFFMANN, H. J., & KURECK, A. (1999): Ver- GILBERT, O. L. (1994): Städtische Ökosysteme. – 247 S., Ra- schleppt, verfrachtet, zugereist und ohne Paß einge- debeul. bürgert: Gebietsfremde Tierarten als Einwanderer HEIDT, V., LICHT, W., EISENBERG, G., & DECHENT, H.-J. und Neozoen in Köln. – Forschung in Köln 1, 52-62.

Anschrift des Verfassers: Dr. HANS-JÜRGEN HOFFMANN, Zoologisches Institut der Universität zu Köln, Weyertal 119, D-50931 Köln E-mail: [email protected] Insecta, Heft 9, 2004, Seite 21-26

HANS-JOACHIM FLÜGEL, Knüllwald

Bienen in der Großstadt 1 Situationsbericht und Konzept für eine Biene als Insekt des Jahres

1. Einleitung hundert Jahren nicht mehr. Da sie andererseits aufgrund ihrer Lebensweise nicht vollständig Sicher ist, dass dieses Thema beim Durch- domestiziert werden können, wäre jedes Bie- schnittsbürger erst einmal zweibeinige Assozia- nenvolk auch heute noch in der Lage, ohne Hil- tionen hervorruft. Wir aber wollen über sechs- fe des Menschen weiterzuleben, fände es ausrei- beinige Vertreter reden, die – übrigens aus- chend Nahrung und Wohnraum. Während im schließlich im weiblichen Geschlecht – äußerst mediterranen Klima Bienenvölker in Felshöh- wehrhaft sind und deshalb auch als Stechim- len überwintern können, benötigen sie im men bezeichnet werden. In Deutschland sind mitteleuropäischen Klimaraum besser isolierte derzeit etwa 560 Arten von Bienen bekannt Wohnhöhlen. Dies waren früher große hohle und verschiedenste Untersuchungen belegen, Baumstämme, die aber in unseren Kulturfor- dass sie keine Scheu vor Städten haben (HAESE- sten nahezu vollständig verschwunden sind. Bis LER 1972, 1982, RISCH 1996, SAURE 1997, ein Baum jenen Umfang erreicht hat, der eine SCHWENNINGER 1999). Sicher sind in diese ausreichend große Hohlraumbildung ermög- Untersuchungen auch stadtnahe Naturschutz- licht, vergehen je nach Baumart 100 bis 200 Jah- gebiete eingegangen, doch selbst im tief versie- re. Einer raschen natürlichen Ansiedelung von gelten Herzen der Großstädte findet manch sel- Bienenvölkern in unserer Landschaft steht des- tene Wildbiene sicheren Lebensraum (FLÜGEL halb bereits das Fehlen natürlich gealterter Wäl- 1998). Als weiterer Beleg mag gelten, dass bei- der entgegen. spielsweise in Berlin vierzehn Imkervereine Nun gibt es trotzdem landauf landab Bie- nicht nur existieren, sondern teilweise eine po- nenvölker. Diese können hier jedoch nur des- sitive Mitgliederentwicklung aufweisen, wäh- halb leben, weil der Mensch ihnen künstliche rend andernorts über starken Mitglieder- Nisthöhlen bereitstellt, die sogenannten Bie- schwund geklagt wird. Noch deutlicher ist der nenbeuten. Das Bereitstellen von Ersatz-Teille- Rückgang der tatsächlich gehaltenen Bienen- bensräumen ist auch im Tierschutz lang geübte völker: wurden 1925 1.550.882 Bienenvölker in Praxis und hat sicher manche Tierart in Mittel- Deutschland erfasst, gab es 1992 immerhin europa vor dem endgültigen Aussterben be- noch 1.035.459 Bienenvölker. In 2002 wahrt. Nun halten Imker, wie jene Menschen schrumpfte die Gesamtzahl der gemeldeten bezeichnet werden, die Honigbienen pflegen, Bienenvölker in Deutschland auf 820.452 (di- ihre Bienenvölker meist nicht aus Gründen des verse Quellen der amtlichen Viehzählung). Artenschutzes, sondern sie wollen Honig ern- ten. Früher hatte nahezu jeder Bauer einige we- 2. Honigbienen in der Großstadt nige Bienenvölker hinter dem Hof stehen und die Dorfschullehrer und Pfarrer, von wirt- Wilde Honigbienenvölker gibt es in schaftlicher Not gezwungen, waren die Triebfe- Deutschland vermutlich bereits seit mehreren dern innovativer Neuerungen in der Imkerei. Der wirtschaftliche Zwang zur Bienenhaltung ist heute nicht mehr gegeben. Heute sind es überwiegend Hobbyimker, die nach Feierabend 1 Stand der Bearbeitung: 30.03.2003 ihren kleinen Bienenstand betreuen. 22 Insecta, Heft 9, 2004

Leider gab und gibt es in der Imkerei The- nenrasse „Carnica“, in Niederösterreich behei- men, die von starken Zwängen wie Prestige und matet, zu bevorzugen. Im Gegensatz zur ur- Versagensängsten belegt oder ganz tabu sind. sprünglich in Deutschland heimischen Rasse Hierzu gehört die Frage nach der durchschnitt- „Nigra“, die sich spät entwickelt und vor allem lichen Honigernte pro Volk und Jahr. Übliche bei einem späten Trachtangebot gute Erträge Imkerpraxis jedenfalls ist es heutzutage in bringt, entwickelt sich die „Carnica“ sehr früh Mitteleuropa, den Bienen im Sommer ihren und kann auch aus dem Blütenangebot im künftigen Wintervorrat an Honig zu entneh- Frühjahr Honigerträge einsammeln. Die stete men und durch zugefüttertes Zuckerwasser zu Verfrühung des Blütenangebotes ist aber selbst ersetzen. Der Ertrag aus dieser Tauschaktion für die „Carnica“ heute ein Problem. Meist sind deckt selbst im Kleinstbetrieb zumindest die die Völker bei ungestörter Entwicklung gerade Kosten dieses Hobbys. Früher, als Zucker noch zum Ende der Rapsblüte so stark, dass sie be- erheblich teurer war, wurde entweder ein Teil ginnen könnten, Überschüsse einzusammeln. der Völker im Herbst abgetötet oder erst im Dann aber ist das Ende des Nektarangebotes er- Frühjahr der vom Winter übrig gebliebene Ho- reicht. Ohne rechtzeitige Zufütterung würden nig abgeerntet. Bei letzterer Betriebsweise blie- in weiten Teilen Deutschlands heute die Honig- ben alle Völker am Leben, mussten jedoch nicht bienenvölker bereits im frühen Herbst verhun- zusätzlich gefüttert werden. gern. Insbesondere im ländlichen Raum wäre Diese „natürliche“ Praxis der Honigentnah- Deutschland ohne Hilfe des Menschen auch aus me ist heute in weiten Teilen Deutschlands un- Gründen des Nahrungsmangels weitestgehend möglich geworden. Ursache hierfür ist der rapi- frei von Honigbienen. Dies ist anders in den de Wandel der Landschaft und ihrer Bewirt- Städten. Hier besteht insbesondere durch die schaftung. Im zeitigen Frühjahr gleicht Park- (SUKOPP ET AL. 1993) und Straßenbäume Deutschland zwar immer noch einem Blüten- ein stetes Nahrungsangebot. Dies beginnt im meer: neben Schlehen und den noch vorhande- zeitigen Frühjahr mit den Weiden entlang den nen Streuobstbeständen blüht auf jauchege- Kanälen und Flüssen, setzt sich fort mit Spitz- düngten Wiesen weiterhin der Löwenzahn, und und Bergahorn, Obstbäumen, Rosskastanie nahezu zeitgleich erblüht der Raps, die neue und Robinie. Dann kommt das Wohnbau-Ab- Wirtschaftswunderfrucht. Bei letzterem ist aber standsgrün der 70er Jahre des vergangenen schon durch Züchtung die Blühperiode früher Jahrhunderts zum Tragen: weite Flächen mit verlegt und um nahezu die Hälfte verkürzt wor- Cotoneaster bieten Nektar und Pollen im Über- den. Im Sommer dann fanden früher nicht nur fluss. Haupttracht ist in vielen Städten die Lin- Honigbienen in der Ackerbegleitflora, vor allem de, die in verschiedenen Arten über einen Mo- bei Kornblumen, aber auch aus Waldschlagflu- nat lang blüht. Einige Exoten wie Schnurbaum ren, dem Weißklee von Viehweiden und der oder Euodie geben den Bienen Kleinarbeit, und Nachblüte von einschürigen Wiesen ein reichli- auf den Brachflächen bringt Goldrute im ches Nahrungsangebot. Unsere heutige Kultur- Herbst noch einmal einen satten Ertrag. landschaft dagegen ist aufgrund veränderter Be- Tatsächlich profitieren von diesem Angebot wirtschaftungsweisen zu dieser Jahreszeit nahe- nicht nur Honigbienen. Wildbienen mit einem zu blütenleer (HAGEN & WOLF 2002). weiten Nahrungspflanzenspektrum nutzen die- Ist der Raps verblüht, sind unsere Land- se Nahrungsquellen mit, und insbesondere schaften nur noch wunderschön grün. Nun Hummeln vermögen in der Stadt ebenfalls eher kann ein Laie eine Wirtschaftswiese nicht mehr zu überleben als in der freien „Natur“ mit ihren von einem Getreidefeld unterscheiden. Magere großen Trachtlücken. Hinzu kommt, dass es Böden, früher artenreiche Pflanzenstandorte, vor allem in älteren, nicht hoch gestylten Städ- sind entweder aufgedüngt oder aus der Nut- ten genügend Hohlräume gibt, in denen sich zung genommen und verbuscht. Dieser Trend Bienen unbemerkt ansiedeln können. Aus Ber- war bereits nach dem zweiten Weltkrieg abzu- lin sind dem Autor aus seiner früheren Tätig- sehen, weshalb damals in Imkerkreisen die Ent- keit im Hymenopteren-Einsatzdienst etliche scheidung fiel, deutschlandweit die Honigbie- Standorte bekannt, an denen verwilderte Ho- HANS-JOACHIM FLÜGEL: Bienen in der Großstadt 23 nigbienenvölker teilweise über Jahrzehnte un- wie bei den meisten Mauerbienen etliche Tage gestört überleben und sich entwickeln konnten. später folgen (WESTRICH 1989). Wie bereits wei- Welche Rolle den ursprünglich aus Nord- ter oben ausgeführt, ist die Individuendichte amerika stammenden Goldruten (Solidago ca- von Hummeln im Bereich von Städten deutlich nadensis und S. gigantea) als Ersatz für unsere höher als auf dem Land. Fördernd wirken sich verloren gegangene Spättracht zukommt, ver- hierbei neben dem guten Nahrungsangebot die mag man daraus zu ermessen, dass es dem Au- vielen verschiedenen Brachflächen und Hohl- tor im Laufe seiner 14-jährigen blütenökologi- räume aus. Hiervon profitieren auch die Roten schen Aufnahmen gelungen ist, insgesamt 91 Mauerbienen (Die deutschen Namen der Bie- Wildbienen- und 101 aculeate Wespenarten nen sind BELLMANN 1995 entnommen.). Legten beim Blütenbesuch an Goldrute nachzuweisen. sie ursprünglich ihre aus Lehm gemauerten Zel- An Rainfarn (Tanacetum vulgare), der etwas len in den Bohrgängen holzbewohnender Kä- früher an vergleichbaren Standorten blüht, wa- ferlarven an, nutzen sie heute nahezu jeden ren es 71 Bienen- und 52 aculeate Wespenarten Hohlraum, der im Bereich ihres Zelldurchmes- (FLÜGEL unveröffentlicht). Würden andere Blü- sers von 5-8 mm liegt. Selbst in Schlüssellö- tenbesucher wie Schwebfliegen in den Vergleich chern oder den Falten einer Tischdecke können mit einbezogen, läge die Gesamtbesucherzahl überraschte Hausbewohner nach ihrer Rück- bei Goldruten noch erheblich höher. kehr vom österlichen Kurzurlaub Lehm und Pollenreste finden. Eines kann deshalb mit Sicherheit gesagt werden: in unserer heutigen Kulturlandschaft Nur kurz nach den Hummeln und der Ge- gäbe es wilde Honigbienenvölker nur noch in hörnten Mauerbiene beginnen die Männchen, der Großstadt. In der freien Landschaft und etwa 2-3 Wochen später auch die Weibchen der auch in unseren überpflegten Kleinsiedlungs- Gemeinen Pelzbiene (Anthophora plumipes, räumen reicht das Nahrungsangebot nicht aus, syn. A. acervorum) zu fliegen. Diese Art legt ihre um die Bienenvölker einen ausreichenden Win- Nester in Abbruchkanten an und hat in unver- tervorrat eintragen zu lassen. Daneben gibt es putzten Lehmgefachen einen Ersatzlebensraum keine natürlichen Hohlräume mehr, die eine im menschlichen Siedlungsbereich gefunden. ausreichende Größe böten, um Honigbienen Durch Abriss oder moderne Sanierung geht in- Unterkunft zu gewähren. Nimmt man dagegen zwischen auch dieser Ersatzlebensraum mehr die mittelalterlichen Abgabenlisten, auf denen und mehr verloren. Mit ihrem langen Rüssel auch Honig und Wachs verzeichnet sind, so bevorzugen sie Blüten mit tief geborgenem kommt man durch entsprechende Hochrech- Nektar wie Lerchensporn oder Lungenkraut. nung auf einen mehrfach dichteren Besatz mit Wie Kolibris stehen sie vor den Blüten in der wilden und gehaltenen Bienenvölkern in der Luft und saugen daran. Wo größere Nistkolo- Landschaft, als dies der heutigen durchschnitt- nien der Gemeinen Pelzbiene bestehen, findet lichen Honigbienendichte in Deutschland ent- sich meist auch ihr Kuckuck, die Trauerbiene spricht. Und dies, obwohl sicher auch früher Melecta albifrons, syn. M. punctata. Nun folgen schon kleinere Ungenauigkeiten gegenüber der rasch eine Reihe von Sandbienenarten, darun- Finanzbehörde üblich waren... ter die mit ihrem oberseits leuchtend orangerot, unterseits schwarzen Pelz auffällige Andrena 3. Wildbienen im Siedlungsraum fulva, die besonders gern die Blütenstände von Stachel- und Johannisbeeren besucht. Die ersten Wildbienen, die im Siedlungs- Leicht den Eindruck eines Bienenschwarms raum im zeitigen Frühjahr zu sehen sind, sind vermitteln die dicht über die Erdoberfläche pa- überwinterte Hummelköniginnen sowie die troullierenden Männchen der Sandbiene An- Männchen der Gehörnten Mauerbiene (Osmia drena flavipes. Diese Art ist eine typische Pio- cornuta). Erst einige Wochen später fliegen die nierart und besiedelt frisch aufgeworfene Erd- Männchen der Roten Mauerbiene (Osmia bi- und Lehmhügel, gefolgt von ihrer wespenartig cornis, syn. O. rufa), bei denen die Weibchen gezeichneten Kuckucksbiene Nomada fucata. 24 Insecta, Heft 9, 2004

Ebenfalls Beunruhigung auslösen können soge- allem Brachflächen und Bahngelände, welche in nannte Lehmbergwerke der Mauerbienen. Zum den Städten die Basis für den Reichtum an Mörteln benötigen die Weibchen von Osmia bi- Wildbienen bilden. Ständige Nutzungsände- cornis feuchten Lehm. Diesen gewinnen sie aus rungen schaffen stetig neue Pionierstandorte, einem gemeinsam gegrabenen Erdschacht, mit auf denen nicht nur die pflanzliche Sukzession der Folge, dass am Boden plötzlich aus einer ablaufen kann, sondern auch die faunistischen Öffnung starker Bienenflugverkehr entsteht. Lebensgemeinschaften abwechselnd Lebens- Im Sommer gibt es nur noch wenige Arten, raum finden. Dass dabei immer wieder blühen- die im Siedlungsbereich regional in großen de Lebensgemeinschaften zerstört werden Massen auftreten. Zwar sind nun mehr Arten durch den Fortgang der Bebauung, hatte seine aktiv, doch arbeiten diese meist wesentlich we- Entsprechung in der ursprünglichen, vom niger auffällig. An den Nisthilfen fliegen häufi- Menschen nicht gezügelten Landschaft. Ande- ger Maskenbienen (Hylaeus), die aufgrund ih- rerseits besteht in der Stadt eher eine gewisse rer geringen Größe und der nahezu einheit- Sensibilität im Umgang mit negativen Eingrif- lichen Schwarzfärbung des Körpers sowie der fen: so wurden in Berlin bei zwei Großbaumaß- fehlenden Behaarung leicht mit den zu dieser nahmen amtlicherseits Umsiedelungsaktionen Zeit ebenfalls zahlreicher fliegenden solitären von Wildbienen bewilligt (FLÜGEL 1996, 1997). Wespenarten verwechselt werden können. Eine Allgemein kann gesagt werden, dass die soge- Besonderheit stellen die Nahrungsspezialisten nannte Verdichtung des Innenraums in vielen unter den Wildbienen dar, die ausschließlich Fällen wertvolleren Lebensraum vernichtet als Glockenblumen besuchen. Glockenblumen die weitere Zersiedelung des Umlandes. (Campanula spec.) sind aus unserer Landschaft weitestgehend verschwunden. Zum Glück für 4. Aktionskonzept für Osmia bicornis als die Bienen haben etliche Arten als Zierpflanzen Insekt des Jahres Eingang in die Gärten gefunden. So kommt es, dass vor allem die kleineren Arten unter ihnen, Begründung: die nur einen geringen Flugradius haben, inzwi- Osmia bicornis, syn. O. rufa, ist eine Mauer- schen nahezu ausschließlich im menschlichen biene, die besonders im Siedlungsbereich im Siedlungsbereich vorkommen. Frühjahr nahezu überall anzutreffen ist. Sie ist An Nisthilfen können den auf Hahnenfuß- polylektisch, d. h., sie kann von nahezu jeder (Ranunculus) und Glockenblumen spezialisier- Blüte Nektar und Pollen gewinnen. Daneben ten Wildbienen im Hochsommer oft in größe- hat sie ein sehr plastisches Nistverhalten: sie rer Zahl die Löcherbienen (Osmia truncorum, kann nahezu jeden oberirdischen Hohlraum syn. Heriades t.) folgen. Diese Wildbiene sam- zur Anlage ihrer aus Erde oder Lehm gemauer- melt ihren Pollen auf gelben Korbblütlern, die ten Brutzellen nutzen, der den Ausmaßen ihrer sich auf extensiv gemähten Stadtrasen oft in Brutzellen entspricht. Dadurch siedelt sie sich großer Zahl befinden. Die gleichen Pollenquel- sehr rasch und leicht in Nisthilfen an (WE- len nutzen die Hosenbienen, Dasypoda hirtipes. STRICH 1989). Da diese Wildbiene ausschließlich in Sandbo- Diese Mauerbiene erreicht nur knapp Ho- den nistet, ist sie in Süd- und Westdeutschland nigbienengröße, doch sind insbesondere die nur punktuell zu finden. In Berlin, das auf Sand Männchen dicht hummelartig behaart. Dieses gebaut ist, finden sich die Nesteingänge der Aussehen erhöht ihren „Kuschel“-Wert erheb- mehr als honigbienengroßen Hosenbiene oft lich. Die Weibchen sind Bauchsammler, wo- mitten in der Stadt zwischen Pflasterritzen. Der durch auch andere Sammeltechniken als das Sandauswurf hat eine charakteristische Form weithin bekannte Körbchensammeln der Ho- und kann höchstens noch mit den Nestauswür- nigbiene ins Bewusstsein der Öffentlichkeit ge- fen des Bienenwolfes, Philanthus triangulum, langt. verwechselt werden. Aufgrund ihrer Häufigkeit und ihrer leich- Neben Pflasterritzen und sonnenexponier- ten Ansiedelbarkeit ist es selbst für Großstadt- ten, wildblütenreichen Grünanlagen sind es vor bewohner möglich, sie an seiner auf dem Bal- HANS-JOACHIM FLÜGEL: Bienen in der Großstadt 25 kon oder am Hochhausfenster angebrachten 3. Herstellung eines Plakates, das über Os- Nisthilfe direkt zu beobachten. Über diese eige- mia bicornis als Insekt des Jahres informiert, zu- ne Beobachtung kann Osmia bicornis stellver- sammen mit einer ein- oder zwei-stellwändigen tretend für die übrigen oberirdisch nistenden Sonderausstellung, die leicht reproduziert wer- Stechimmen dazu beitragen, den Gedanken des den kann. Artenschutzes in der breiten Bevölkerung zu verankern. Über das aktive Aufhängen von 4. Rechtzeitige Produktion von Nisthilfen. Nisthilfen und das eigenständige Beobachten Hier sind zwei Typen vorgesehen: zum einen kommt auch die aktive Rolle zum Bewusstsein, der klassische Holzblock mit verschieden gro- die jeder einnehmen kann beim Artenschutz. ßen Bohrlöchern, zum anderen Nisthilfen zum Darüber hinaus kann diese Mauerbiene gut Aufklappen, so dass in das Brutgeschehen ein- vermitteln, dass Artenvielfalt auch Erlebnisviel- gesehen werden kann. falt bedeutet und so eine ideelle Bereicherung jedes Menschen darstellt, für die es sich einzu- 5. Entwurf einer Stoff-Mauerbiene, die „Bi- setzen lohnt. Erst, wenn dieser Gedanke in der co“ heißen könnte, und rechtzeitige Serienpro- Bevölkerung Allgemeingut ist, können seltene, duktion für die Verkaufsaktion im Frühjahr. nur von Experten nachweisbare Arten wir- Eventuell können die Entwurfs- und Entwick- kungsvoll und mit Unterstützung einer breiten lungskosten für diese Stofffigur von einer Gar- Bevölkerungsschicht geschützt werden. Über tencenter-Kette mit gesponsert werden. Wenn die Rolle als Bestäuber, aber auch anhand der sie attraktiv genug ausfällt, wäre aber auch ein sich einstellenden Brutparasiten und Kommen- kommerzieller Stofftier-Produzent bereit, diese salen kann die Vernetzung der Natur und die zu tragen, wenn er die Figur danach weiter ver- allgemeine Notwendigkeit des Erhalts von Ar- wenden dürfte. ten aufgezeigt werden. 6. Gemeinsam mit einer Gartencenter-La- 5. Strategien zur Erhöhung der Popularität denkette, die mit dem NABU zusammenarbei- des Insekts des Jahres mit Hilfe von Osmia tet, wird eine Werbe- und Verkaufsaktion wäh- bicornis: rend der Hauptflugzeit von Osmia bicornis durchgeführt, bei der die Stelltafeln zum Ein- Neben der bisher üblichen Veröffentlichung satz kommen und die Nisthilfen mit Stoffbiene des Insekts des Jahres mit Faltblatt und Ausstel- und Buch zum Verkauf angeboten werden. lung im Löbbecke-Museum sollte zur Haupt- flugzeit von Osmia bicornis (Mitte April bis En- 7. Begleitend finden regionale Aktionen von de Mai) eine bundesweite Aktion geplant wer- NAJU und anderen Naturschutzverbänden so- den. Vorgeschlagen werden hierzu folgende Ak- wie an Schulen zum Bau und der Ausbringung tionen: von Nisthilfen statt. Hierzu stehen das Faltblatt des Insekts des Jahres sowie das Plakat und 1. Ein populärwissenschaftlicher Film über eventuell die Stellwände zur Verfügung. das Leben von Osmia bicornis und die Möglich- keiten ihrer Ansiedlung, der zu Beginn der 8. Bei allen Aktionen, also sowohl beim Hauptflugzeit im Fernsehen ausgestrahlt wer- Film, als auch auf den Stellwänden, dem Falt- den sollte. blatt und den begleitenden Aktionen muss dar- auf hingewiesen werden, dass es neben der pfle- 2. Erstellung eines Buches, das über die Bio- geleichten Osmia bicornis auch noch eine Viel- logie von Osmia bicornis und den Bau von Nist- zahl weiterer Wildbienen und Solitärwespen hilfen mit vielen Bildern informiert. Darüber gibt, die spezifischere Ansprüche an ihre Nist- hinaus werden weitere Informationen über Be- höhlen haben und deshalb Totholz und geeig- wohner der Nisthilfen gegeben, zusammen mit nete Nahrungspflanzen in der freien Landschaft einem Schlüssel zum Bestimmen der dort nis- benötigen. tenden Arten anhand der Nestverschlüsse. 26 Insecta, Heft 9, 2004

Bei dieser Aktion ist ein zeitlich genügend 7 Literatur großer Vorlauf einzuplanen, um geeignete Pro- duzenten für den Film und die Nisthilfen zu BELLMANN, H. (1995): Bienen, Wespen, Ameisen. - Kosmos- finden. Der Film kann nur im Frühjahr gedreht Naturführer, 336 S., Stuttgart. FLÜGEL, H.-J. (1996): Bienen und Wespen im Marienfelder werden, braucht also ein Jahr Vorlauf. Gleiches Freizeitpark - Überlegungen zur Problematik von gilt für die Erstellung eines Buches. Die Nisthil- Umsetzungen und Schaffung von Ersatzbiotopen. - fen sollten in einer guten Qualität, aber so Berl. Naturschutzblätter 40 (2), 519-531. FLÜGEL, H.-J. (1997): Umsiedlung einer von Baumaßnah- preiswert wie möglich produziert werden, um men bedrohten Teilpopulation der Sandbiene An- einen großen Absatz zu gewährleisten. Wir bit- drena hattorfiana - Ergebnisse und Folgerungen so- ten deshalb um Hinweise, sollten Filmer und wie Darstellung ihrer aktuellen Verbreitung in Ber- Tischlerfirmen bekannt sein, die für den Einsatz lin und Brandenburg. - Novius 22 (II), 500-510. FLÜGEL, H.-J. (1998): Zur Biologie und Verbreitung von in diesem Projekt geeignet erscheinen. Systropha curvicornis in Berlin und Brandenburg. - Bembix 10, 21-28. 6. Zusammenfassung HAESELER, V. (1972): Anthropogene Biotope (Kahlschlag, Kiesgrube, Stadtgärten) als Refugien für Insekten, untersucht am Beispiel der Hymenoptera Aculeata. Die Situation von Wild- und Honigbienen - Zoologisches Jahrbuch für Systematik 99, 133- in Stadt und Land wird dargestellt. Vor allem 212. für Honigbienen und Hummeln sind die Le- HAESELER, V. (1982): Ameisen, Wespen und Bienen als Be- bensbedingungen heutzutage in der Großstadt wohner gepflasterter Bürgersteige, Parkplätze und Straßen (Hymenoptera: Aculeata). - Drosera 82, erheblich besser als in der freien Natur. Aber 17-32. auch für Wildbienen bietet der menschliche HAGEN, H.-H. V., & WOLF, H. (2002): Droht uns eine Be- Siedlungsraum geeignete Ersatzlebensräume stäubungskrise? - Informationsdienst Naturschutz und oft ein besseres Nahrungsangebot. Durch Niedersachsen 22/3, Sonderdruck, 6 S., Hildesheim. RISCH, S. (1996): Die Bienenfauna von Köln - dargestellt am die sogenannte Verdichtung des Innenraumes Beispiel ausgewählter Stadtbiotope. - In: HOFF- werden die guten Lebensbedingungen in der MANN, H.-J., W. WIPKING & K. COELLN (Hrsg.): Bei- Stadt geschmälert, während sich die Lebens- träge zur Insekten-, Spinnen- und Molluskenfauna der Großstadt Köln (II). Dechennia Beihefte 35, grundlagen für blütenbesuchende Insekten all- 696 S. + 16 Farbtafeln. gemein auf dem Lande weiterhin dramatisch SAURE, C. (1997): Bienen, Wespen und Ameisen (Insecta: verschlechtern. Hymenoptera) im Großraum Berlin. Verbreitung, Um den Menschen diese bedrohte Lebens- Gefährdung und Lebensräume. Beitrag zur Ökolo- gie einer Großstadt. - Berliner Naturschutzblätter gemeinschaft näher zu bringen, wird vorge- 41 (Sonderheft), 5-90. schlagen, als Insekt des Jahres die Mauerbiene SCHWENNINGER, H. R. (1999): Die Wildbienen Stuttgarts. Osmia bicornis zu wählen. Diese Mauerbiene Verbreitung, Gefährdung und Schutz. - Schriften- läßt sich leicht in künstlichen Nisthilfen ansie- reihe des Amtes für Umweltschutz 5, 151 S. + An- hang, Stuttgart. deln und findet zuverlässig zu den angebotenen SUKOPP, H., JESDINSKY, D., & SCHICK, B. (1993): Blühphäno- Nisthilfen selbst in der verdichtetsten Innen- logische und blütenökologische Untersuchungen stadt. Über eine gut geplante Werbekampagne an Parkgehölzen. - Fragm. Flor. Geobot. Suppl. 2 kann so einer breiten Bevölkerungsschicht ein (2), 669-680. WESTRICH, P. (1989): Die Wildbienen Baden-Württem- völlig neuer Erlebnisraum eröffnet werden. bergs. 2 Bde., 972 S., Stuttgart.

Anschrift des Verfassers: HANS-JOACHIM FLÜGEL, D-34593 Knüllwald, Beiseförther Straße 12 E-Mail: [email protected] Insecta, Heft 9, 2004, Seite 27-33

PETER SPRICK, Hannover

Zum vermeintlichen Nutzen von Insektenkillerlampen

1. Einleitung Fühlern können noch stundenlang am Boden des Apparates rotieren, oft bleiben nur Flügel Im Zuge der Diskussion um die Auswirkun- und Beine übrig. gen von Licht auf Insekten soll an dieser Stelle Im Verkaufsjargon liest sich das beispiels- auf die so genannten Insektenlampen, Insek- weise wie folgt: „Die lästigen Fluginsekten wer- tenkillerlampen oder kurz Killerlampen und ihr den durch ultraviolettes Licht angezogen. Auf Gefährdungspotenzial für die heimische Insek- dem Weg zur Lichtquelle fliegen die Insekten tenwelt eingegangen werden. Bisher gibt es nur gegen die unter Strom stehende Elektrode und wenige Publikationen, die sich mit diesen Gerä- werden schnell, schmerzlos und hygienisch ge- ten näher befasst haben (PRETSCHER 2000, tötet. Sie fallen in den an der Unterseite des Ap- SPRICK 2002). Einige handelsübliche Modelle parates befindlichen Auffangbehälter“ (Fa. Iso- zeigt die Abbildung 1. tronic, Hauptkatalog, 12/2002). Es handelt sich dabei um Geräte, die vor al- Folgerichtig werden die Fallen auch damit lem fliegende Insekten anlocken und abtöten. beworben, dass sie „umweltfreundlich“ („ohne Sie werden auch als elektrische oder elektroni- Chemie“) und stromsparend seien und keine sche Fluginsektenvernichter bezeichnet und an- Giftdünste oder Gerüche verursachten. geboten, wobei der Begriff elektronisch sicher Die hier gegebenen Informationen über In- unzutreffend ist. Die Insekten werden durch sektenlampen sollen auch mit Angaben aus UV-Licht an ein Strom führendes Gitter ge- handelsüblichen Katalogen, Werbeprospekten lockt, wo sie durch einen Stromschlag getötet (z. B. AllesBillig, 02/04, Kaufland, Juni 2004, werden. Sie verbrennen, verschmoren oder ver- Plus, Juni 2004, Aldi, Praktiker), sowie mit In- trocknen dort. Die Reste fallen auf eine heraus- formationen, wie sie im Internet verfügbar sind, nehmbare Platte. Nachtfalter mit verbrannten verglichen werden.

Abb. 1: Modelle handelsüblicher Insektenlampen 28 Insecta, Heft 9, 2004

2. Wirkungsgrad und Wirkungsbereich UV-emittierenden Lampen angelockt und kön- nen prinzipiell mit Lichtfallen bzw. Insekten- Der Wirkungsgrad von Geräten, deren Wir- lampen gefangen werden. Die von nachtaktiven kung auf der Anlockung durch Licht beruht, Insekten bevorzugten Wellenlängen liegen etwa hängt von zahlreichen Faktoren ab. Ausgesand- zwischen 370 nm und 440 nm (Maximum etwa te Lichtmenge, Leuchtdichte, Wirkungsbereich, bei 410 nm), weshalb vor allem blaue, violette Nähe zu insektenreichen Wirtspflanzen oder und selbst grüne, UV-Strahlung emittierende fluginsektenreichen Biotopen (z. B. See-, Flus- Leuchtstoffröhren und auch so genannte sufer), Aktivitätsphasen der Insekten, die An- Schwarzlichtlampen in den Geräten verwendet bringung (vor allem Höhe der Aufhängung und werden. Es werden selbst manche flugunfähi- Ausrichtung der Strahlung) sowie das Vorhan- gen Insekten durch UV-Licht angelockt, und densein eines reflektierenden Hintergrunds auch diverse tagaktive Insekten reagieren auf bzw. konkurrierender Lichtquellen und die diese Lichtwellen. Witterung beeinflussen das Anlockungs- (= Fang-)Ergebnis beträchtlich. Tabelle 1 zeigt, dass dabei alle Ansprüche von Klein- (Hausgebrauch) bis zur industriel- Der größte Teil der dämmerungs- und len Anwendung befriedigt werden können. Ge- nachtaktiven Insekten orientiert sich auch oder wicht, Preis und Einzugsbereich sind sicher die vorwiegend anhand natürlicher Lichtquellen interessantesten Kenngrößen. Diese Zu- wie dem Mond oder dem Sternenhimmel. Alle sammenstellung war 2002 im Internet zu fin- Insekten mit Lichtorientierung werden von den, ist heute dort jedoch offenbar herausge-

Tabelle 1: Merkmale handelsüblicher Insektenlampen (nach Angaben der Fa. Katlan)

Leistung Einzugs- Gitter- Leistung Ge- UV- Größe Preis Modell bereich spannung Gitter wicht Lampe [kVolt/ [m2] [Watt] [cm] [Watt] [kg] ¤ mAmp] 28,5 x Junior/Super 50/60 6/15 1,0/5,0 12/15 1,5 12,50 14 39 x K-30+ 180 1x30 15 x 4,0/10 30 12 55.- 15 42,5 x Nova 200 1x30 4,0/10 30 2,1 95.- 20 46 x K-80 500 2x40 4,0/10 80 2,9 140.- 20 38 x K-60 Kiosk 360 2x30 38 x 4,0/10 50 4,3 - 18 38,5 x Prof 50 450 2x25 39 x 4,0/10 65 8 235.- 19 44,5 x Prof 80 750 2x40 39 x 4,0/10 85 10 295.- 19 42 x Senior HL 450 2x25 49 x 4,0/9 50 9- 14,5 56 x Senator 800 2x40 83 x 5,6/12 100 16 - 24 PETER SPRICK: Zum vermeintlichen Nutzen von Insektenkillerlampen 29 nommen worden (die Internet-Adresse hatte samt recht gut bekannt ist (z. B. HEINZE 2001, ich nicht notiert). Geräte der Firma Katlan wer- KOLLIGS & MIETH 2001, SCHMIEDEL 2001). Ein den jedoch nach wie vor auf zahlreichen Seiten Vergleich mit Herstellerangaben bzw. Ver- angeboten; die Preise liegen nun zwischen 20,10 triebsinformationen ergab, dass dort nur ein Euro für die kleineren Modelle und 529 Euro Teil der angelockten Insekten aufgeführt wird für die Monsterfallen (05/2004). In Baumärk- (Tabelle 2). ten, Gartencentern oder Discountern gibt es Die Vertriebsinformationen zur Wirksam- auch schon Modelle für 8 Euro, bei Rabattak- keit von Insektenlampen beschränkten sich in tionen sogar für 6 Euro. diesem Beispiel somit im Wesentlichen auf die Darstellung der Wirksamkeit gegen Fliegen und 3. Spektrum der angelockten Insekten Mücken (Fa. Isotronic – Hauptkatalog, 12/2002). Diese Einschränkung ist nicht da- Insektenlampen stellen einen Spezialfall der durch zu erklären, dass es sich einmal um Licht- Lichtfallen dar; sie locken daher vom Prinzip fallen allgemein und im anderen Fall um Insek- her dieselben Wirbellosengruppen an wie diese. tenlampen handelt, sondern die möglichen Es handelt sich dabei um ein sehr breites Spek- Nebenwirkungen werden nicht genannt. Offen- trum von Insektenordnungen, welches insge- bar aus Unkenntnis sind auch die Köcherfliegen

Tabelle 2: Vergleich des Anlockungsspektrums von Lichtfallen mit Vertriebsinformationen zum Wirkungsspektrum von Insektenlampen

Anlockungsspektrum von Lichtfallen nach Wirkungsspektrum von Insektenlampen nach Literaturangaben* Vertriebsinformationen** Ordnung Schmetterlinge: Nachtfalter (der weitaus überwiegende Teil der Nachtfalter, z. B. Eulen, Spanner, Spinner, Schwärmer, Zünsler, Kleinschmetterlinge) Ordnung Zweiflügler: Fliegen und Mücken Mücken: Steckmücken, Kriebelmücken, (zahlreiche Familien, auch Gallmücken, Schnaken, Zuckmücken, Fenstermücken, Schmetterlingsmücken u. v. a.) Trauermücken, Pilzmücken, Gnitzen Fliegen: Schmeißfliegen, Halmfliegen, Dungfliegen, Muscide (echte Fliege), kleine Stubenfliege, große Stubenfliege, Buckel- und Rennfliegen, Lonchopteridae [Lanzenfliegen], Helomyza Ordnung Netzflügler: u. a. Florfliegen und Hemerobiidae (die Larven beider Familien sind die „Blattlauslöwen“) Ordnung Käfer: u. a. viele Bockkäfer, Laufkäfer, Blatthornkäfer, Kurzflügelkäfer, Wasser- und Schwimmkäfer Ordnung Hautflügler: vor allem Faltenwespen, Blattwespen und Schlupfwespen Ordnung Eintagsfliegen Ordnung Köcherfliegen Köcherfliege, Frühlingsfliege Ordnung Wanzen: viele Weichwanzen, Bodenwanzen, Baumwanzen, Bachläufer, Ruderwanzen, Rückenschwimmer Ordnung Pflanzensauger: Zikaden und Blattläuse Ordnung Staubläuse Flöhe

Quellen - *: Datenbankrecherche [Biological Abstracts, Agricola; Stichwort: ’light trap’]; **: aus dem Hauptkatalog der Fa. Isotronic (12/2002) 30 Insecta, Heft 9, 2004 in die Zusammenstellung hinein geraten, denn wächshaus; Molkerei, Nahrungsmittel-, Kon- im Original waren sie (im Singular) gleich nach serven- und Getränkeindustrie, Bierbrauerei.“ der Stubenfliege zu finden. Gleiches gilt für die Bereits diese Aufstellung lässt den Aus- „Frühlingsfliege“, bei der es sich nur einen an- schluss der mehr als fragwürdigen Anwendung deren deutschen Namen für die Köcherfliegen im Freien nicht eindeutig erkennen. In vielen handelt. Bemerkenswert ist auch die Erwäh- Fällen handelt es sich um Übergangsbereiche. nung der Flöhe, die nicht fliegen können. Nicht Auch der Vergleich einiger Gebrauchsanleitun- auszuschließen ist jedoch, dass eine Reaktion gen zeigte, dass die Qualität der Hinweise sehr auf UV-Licht gegeben ist, da - wie bereits ausge- unterschiedlich sein kann: führt - auch manche flugunfähigen Insekten Bei einigen Vertreibern findet man durch- von UV-Licht angelockt werden. aus den Hinweis, dass die Geräte dem Arten- In den üblichen Werbeprospekten werden schutzgesetz unterlägen und daher nicht im die Wirkungen auf die Insektenwelt noch in Freien verwendet werden dürften. Oder es wird weit stärker reduziertem Maße beschrieben. empfohlen, den Einsatz auf innen liegende Räu- Dort finden sich allenfalls Angaben wie „Tötet me zu beschränken, da das UV-Licht auch für Mücken und andere Insekten“, „zur schnellen nützliche Insekten und Nachtfalter anziehend Insektenbekämpfung ohne Chemie“, oder es wirkt (z. B. in Werbeprospekten von Aldi bzw. wird lediglich durch ein straßenverkehrsschild- Praktiker). artiges Symbol (schwarze Mücke auf weißem In der Regel finden sich in den Werbepros- Hintergrund, mit roter kreisförmiger Umran- pekten jedoch keine Hinweise oder Empfehlun- dung und rotem Schrägbalken) und der Be- gen, dass man die Fallen nicht im Freien, auf zeichnung „Fluginsektenvernichter“ auf den Terrassen, Balkonen, unter Vordächern oder Einsatzbereich hingewiesen (Werbeprospekt ähnlichen Orten einsetzen darf. der Handelskette Plus). In einem aktuellen Pro- Und eine Firma warb zumindest bis 2002 spekt der Handelskette AllesBillig findet sich sogar damit, dass einige Modelle regengeprüft zudem die irreführende Angabe, dass keine seien, so dass sie für den Innen- und Außenbe- Fliegen getötet würden. trieb geeignet sind. Die Frage, ob die Anwendung der Insekten- 4. Anwendungsbereiche von Insektenlampen lampen innerhalb geschlossener Räume tat- sächlich zu einer nachhaltigen Dezimierung der Die Geräte sollen vor allem gegen lästige In- Zielorganismen führt, ist damit jedoch auch sekten wie Stechmücken und solche, die Hygie- noch nicht beantwortet. Was passiert aber nun, nebestimmungen verletzen können, eingesetzt wenn man diese Fallen im Außenbereich ein- werden. Daher werden in den Katalogen fol- setzt, wie leider nicht selten zu beobachten ist? gende Empfehlungen gegeben bzw. Einsatzbe- Im Sommer 2002 hatte ich das fragwürdige reiche genannt: Glück, im Außenbereich eines Restaurants am Steinhuder Meer (in Ufernähe) die Fangeffekti- „Haus, Büro, Ausstellungsraum, Geschäft, vität von zwei Insektenlampen vorgeführt zu Gaststätte, Landwirtschaft, Industrie und Ge- bekommen: Beim Eintreffen war es noch hell, sundheitswesen.“ Dies wird dann noch wie folgt und die Fallen fielen nicht weiter auf; mit Ein- näher spezifiziert: bruch der Dämmerung wunderte ich mich aber „Wohn- und Schlafzimmer, Kinderzimmer, über ein ständig zunehmendes, lautes Knir- Diele; Zelt, Boot, Wohnwagen; Krankenhaus, schen und Knistern, welches auf den anhalten- Seniorenheim, Kinderheim, Praxisraum, War- den Zuflug größerer Nachtfalter zurückzufüh- tezimmer, Labor, pharmazeutische Industrie; ren war. Spritzlackiererei, Färberei, Druckerei; Rinder-, Welchen enormen Schaden zum Beispiel In- Geflügel-, Schweine-, Pferdezucht, Kaninchen- sektenlampen mit einem Einzugsbereich von und Pelztierzucht, Hundezwinger; Schlachthof, 450 m2 bis 750 m2, insbesondere wenn sie am Häute- und Felllager, Metzgerei, Bäckerei, Rand von naturnahen Biotopen aufstellt wer- Fischgeschäft; Champignonzüchterei, Ge- den, anrichten können, kann man sich wohl PETER SPRICK: Zum vermeintlichen Nutzen von Insektenkillerlampen 31 leicht vorstellen. HAUSMANN (1992) weist darauf Aus Abbildung 2 geht hervor, dass vor allem hin, dass insbesondere K-Strategen die entste- Nachtfalter (498) und Netzflügler (641), über- henden Lücken durch einen Wegfang aus natur- wiegend Florfliegen, in die Fallen geraten sind. nahen Biotopen kaum ausgleichen können. Aufgrund der mangelnden Selektivität wird ei- Durch die Mobilität flugaktiver Insekten kom- ne Unmenge an Insekten gefangen, die nicht zu men ständig von verschiedenen Seiten Tiere in den Gruppen gehören, die eigentlich dezimiert den Anlockungsbereich. Deshalb können auch werden sollen. Von den 3800 noch zählbaren Lampen mit geringerem Einzugsbereich sehr dargestellten Individuen waren lediglich 53 schädlich sein. Vor allem an windstillen, war- Stechmücken (1-2 %). Die übrigen Zweiflügler men Abenden führt dies dazu, dass Unmengen waren so zahlreich (> 2300), dass hier auf eine an Insekten in die Nähe dieser Fallen geraten Berücksichtigung in der Abbildung verzichtet und geschwächt werden – oder hier verenden. wurde, da die meisten übrigen Gruppen anson- Ein Beispiel für die Anwendung außerhalb sten kaum noch darstellbar gewesen wären. geschlossener Räume gibt PRETSCHER (2000). Er Auch die leichte Verfügbarkeit und weite hat eine Falle im Siedlungsbereich am Stadt- Verbreitung der Lampen spielt im Zusammen- rand von Bonn auf einem Balkon betrieben. hang mit der missbräuchlichen Anwendung ei- Das Umfeld bestand dabei aus Grünanlagen mit ne Rolle. Es handelt sich um typische Saisonar- kurzgemähten Rasenflächen, einigen Ziergehöl- tikel, die im Frühjahr verstärkt angeboten wer- zen und kleinen Vorgärten. Eingestreut waren den und in Baumärkten, Supermärkten, Gar- noch einige Pappel-Überhälter, Reste eines klei- tencentern und sogar Kaffeeröstereien zu be- nen Eichen-Niederwaldes und ein kleiner See- kommen sind. Angesichts des geringen Preises rosenteich, im Ganzen also keine besonders der kleineren Modelle werden hohe Verkaufs- herausragende Biotopausstattung. zahlen erreicht.

Wirkung von Insektenlampen (10tägiger Nachtfang)

800 Eintagsfliegen 641 Wanzen/Zikaden 600 498 Käfer Netzflügler 400 Hautflügler Stechmücken Köcherfliegen

Anzahl Individuen 200 132 Schmetterlinge 58 53 1 28 31 0 Insektengruppen

Abb. 2: Fangspektrum einer Insektenlampe, die am Stadtrand von Bonn betrieben wurde (Zweiflügler mit Ausnahme der Stechmücken nicht dargestellt; aus: PRETSCHER 2000). Die Darstellung der Tiergruppen in der Abbildung von links nach rechts entspricht den Bezeichnungen in der Legende von oben nach unten. 32 Insecta, Heft 9, 2004

5. Verstoß gegen artenschutzrechtliche Be- 6. Nutzen von Insektenkillerlampen? stimmungen Ein Nutzen ist für Produzenten und Händ- Aufgrund des geringen Anteils von Zielor- ler wohl durchweg, für die Kunden jedoch nur ganismen und der geringen Selektivität der Fal- selten gegeben. Zwar kann eine Dezimierung len handelt es sich bei der Anwendung im von Wespen in geschlossenen Räumen nicht Außenbereich um ein Töten von Tieren ohne bestritten werden, aber schon bei Mücken ist vernünftigen Grund (§ 41 Bundesnaturschutz- der Erfolg oft sehr fragwürdig, und bei Anwen- gesetz). dung im Außenbereich oder bei geöffneten Nach § 42 Bundesnaturschutzgesetz bzw. § Fenstern kommt es zu einer zusätzlichen Anlo- 12 Bundesartenschutzverordnung ist es verbo- ckung, die nicht durch eine erhöhte Fangrate ten, wild lebenden Tiere der besonders ge- kompensiert wird, d. h. hier verkehrt sich der schützten Arten ... in folgender Weise nachzu- gewünschte Effekt schnell ins Gegenteil. stellen, sie anzulocken, zu fangen oder zu töten: Dagegen ist der ökologische Schaden an Gemäß Ziffern 4. und 5. ... mit künstlichen Nachtfaltern, Florfliegen und vielen anderen Lichtquellen, Spiegeln oder anderen beleuch- nützlichen oder gegenüber dem Menschen in- tenden oder blendenden Vorrichtungen sowie differenten Insekten gravierend und lässt eine mit akustischen, elektrischen oder elektroni- Verwendung der Fallen in vielen Bereichen als schen Geräten. sehr bedenklich erscheinen. Da die Insektenlampen sehr unselektiv sind In letzter Zeit werden auch weitere ähnlich und bei unsachgemäßer Anwendung außerhalb fragwürdige Fallen angeboten, bei denen z. B. geschlossener Räume auch Tiere der besonders die LED-Technologie und eine Klebefolie kom- geschützten Arten fangen, stellt dies einen Ver- biniert sind, die mit einem dekorativen Outfit stoß gegen die Bundesartenschutzverordnung versehen wurden oder die mit Lichteffekten dar. Wohl kaum im Einklang mit dem Geset- spielen. zestext ist vor diesem Hintergrund auch der Hinweis, dass Fallen regengeprüft und damit 7. Schlußfolgerungen auch „für Außen“ geeignet seien. Neben dem Artenschutzaspekt gibt es aber noch einen an- Der NABU-Bundesfachausschuss Entomo- deren, ebenfalls bedeutsamen Aspekt: logie fordert ein generelles Verbot dieser unspe- Wenn die Fallen außerhalb geschlossener zifisch wirkenden Fallen, da der Tatbestand des Räume verwendet werden, vergrößern sie das Tötens ohne vernünftigen Grund aufgrund ei- Problem, gegen das sie eingesetzt werden: Viele ner häufigen unsachgemäßen Anwendung Insekten, insbesondere die Stechmücken, flie- außerhalb geschlossener Räume gegeben ist. gen nicht so zielgerichtet in die Falle und führen Falls ein generelles Verbot nicht durchsetz- somit eher zu einer zusätzlichen Belästigung der bar sein sollte, muss zumindest die Verfügbar- Betreiber! keit der Insektenlampen erheblich einge- Diese Problematik hat bereits dazu geführt, schränkt werden. Ein Verkauf darf nur dem dass die Thematik im Laufe des Jahres 2003 von Fachhandel erlaubt sein. Beispielsweise käme der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, eine Beschränkung auf den medizinisch-hygie- Landschaftspflege und Erholung (LANA), Ar- nischen Sektor in Betracht. Ein Verkauf über beitskreis Artenschutzregelungen, aufgegriffen das Internet sollte ausgeschlossen werden. wurde. Daraufhin erging ein Schreiben des In der Gebrauchsanleitung muss darauf hin- Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz gewiesen werden, dass die Anwendung im und Reaktorsicherheit an diverse relevante Freien bzw. außerhalb geschlossener Räume Großvertreiber, die darin aufgefordert wurden, missbräuchlich ist und einen Verstoß gegen tier- die Verpackungen bezüglich artenschutzrecht- und artenschutzrechtliche Bestimmungen dar- licher Einschränkungen zu kennzeichnen und stellt. Das Fehlen eines entsprechenden Hinwei- mit dem Hinweis zu versehen, dass eine An- ses stellt bereits jetzt einen Verstoß gegen § 1 des wendung nur in Innenräumen zulässig sei. Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb dar. PETER SPRICK: Zum vermeintlichen Nutzen von Insektenkillerlampen 33

Der Vertrieb über Discounter, Gartencen- 8. Literaturverzeichnis ter, Baumärkte oder sogar Kaffeeröstereien soll- te ausgeschlossen werden. Hersteller und Ver- HAUSMANN, A. (1992): Untersuchungen zum Massenster- trieb müssen zu sachlich korrekter Information ben von Nachtfaltern an Industriebeleuchtungen. - Atalanta 23(3/4), 411-416. (Verwendung ausschließlich im Innenbereich) HEINZE, B. (2001): Todesfalle Lampe. - Entomol. Mitt. verpflichtet werden. Sachsen-Anhalt 8(1), 23-27. Es muss auch auf die Sinnlosigkeit (bzw. KOLLIGS, A., & MIETH, A. (2001): Die Auswirkungen klein- flächiger und großflächiger Lichtquellen auf Insek- Kontraproduktivität) einer unsachgemäßen ten. In: Böttcher, M. (Hrsg.): Auswirkungen von Anwendung hingewiesen werden. Die ökologi- Fremdlicht auf die Fauna im Rahmen von Eingrif- schen Auswirkungen sollten aufgeführt werden fen in Natur und Landschaft. - Schriftenr. Land- (z. B. mit Hinweis auf die Funktion der Insek- schaftspflege Naturschutz 67, 53-66. PRETSCHER, P. (2000): Einsatz eines elektrischen „Fly-Kil- ten im Ökosystem). lers“ im Außenbereich. - Natur und Landschaft 75(4), 165-166. Danksagung SCHMIEDEL, J. (2001): Auswirkungen künstlicher Beleuch- tung auf die Tierwelt – ein Überblick. In: BÖTTCHER, M. (Hrsg.): Auswirkungen von Fremdlicht auf die Dr. HELMUT BEINE (Velbert) und UWE LEH- Fauna im Rahmen von Eingriffen in Natur und MANN (Großenhain) danke ich für die Hinweise Landschaft. - Schriftenr. Landschaftspflege Natur- zu verschiedenen Typen von Insektenlampen, schutz 67, 19-51. SPRICK, P. (2002): Informationen über Insektenlampen mit Dr. PETER PRETSCHER (Bonn) für die Übermitt- Bemerkungen zum Thema Lichtverschmutzung. lung einer Abbildung. Dr. WOLFGANG WENDT - 21. Mitteilungsblatt BFA Entomologie (NABU), vom Ministerium für Landwirtschaft und Um- 133-137. welt des Landes Sachsen-Anhalt war so freund- lich, den Text einmal durchzusehen.

Anschrift des Verfassers: Dr. PETER SPRICK, Weckenstraße 15, D-30451 Hannover E-Mail: [email protected] 34 Insecta, Heft 9, 2004

THOMAS BROCKHAUS, Jahnsdorf

Buchankündigung: Libellenfauna Sachsen

Die Libellenfaunistik in Sachsen hat eine faunistischen Veränderungen der vergangenen lange Tradition. Der erste belegbare Nachweis 200 Jahre in Verbindung mit den aktuellen betrifft den Plattbauch Libellula depressa. Die Schutzanforderungen (z. B. im Rahmen der Art wurde am „2. Junius 1782“ in der Laußnit- EU-FFH-Richtlinie) sind die Grundlage für die zer Heide, südwestlich von Königsbrück gefun- Kapitel zum Schutz der Libellen und ihrer Le- den (LESKE 1785). Es dauerte dann 170 Jahre, bensräume. So ist positiv festzustellen, dass die bis HANS SCHIEMENZ erstmals alle bis dahin be- Grüne Keiljungfer Ophiogomphus cecilia in al- kannten sächsischen Funde zusammentrug len sächsischen Flusssystemen eine noch fort- (SCHIEMENZ 1952). In den 1980er Jahren lebte währende Ausbreitungstendenz hat. Andere die Libellenfaunistik mit der Gründung des Ar- Arten haben erhebliche Bestandseinbußen hin- beitskreises Odonata wieder auf. In den drei zunehmen. Für Coenagrion lunulatum ist ledig- sächsischen Bezirken erfolgte die Sammlung lich ein reproduzierendes Vorkommen in der der vorhandenen Libellendaten im Rahmen der Östlichen Oberlausitz bekannt. ehrenamtlichen Kulturbundarbeit. Im Jahr Im zweiten Teil der Landsfauna werden alle 1994 begann das Projekt „Entomofauna Saxo- sächsischen Naturräume bezüglich ihrer Libel- nica“ (REINHARDT 1994), das 1997 bis 1998 eine lenfauna charakterisiert. Da ein erheblicher Teil Fortsetzung im Rahmen eines FuE-Projektes der Landesfläche durch Braunkohlenbergbau „Entomofauna Saxonica II“ fand (ANONYMUS umgestaltet wurde (Mitteldeutsches und Lau- 1997). Da es nicht möglich war, diese bis dahin sitzer Revier) wird dieser Problematik ein sepa- staatlich geförderten Projekte zu einer abschlie- rates Kapitel gewidmet. Im Naturraumkapitel ßenden Publikation zu bringen, initiierte ich im ist es möglich, Verbreitungsschwerpunkte von Jahr 2001 anlässlich der sächsischen Libellenta- Arten in der planaren, collinen bzw. montanen gung in Dörfel, Landkreis Annaberg, das Pro- Stufe zu analysieren. Die Auswertung von ca. jekt „Libellenfauna Sachsen 2004“. Die Zielstel- 500 Literaturquellen bildet eine wesentliche lung war, reichlich 50 Jahre nach der ersten zu- Grundlage des Werkes. sammenfassenden sächsischen Libellenfauna Die Landesfauna der Libellen Sachsens wird den aktuellen Kenntnisstand in eine Landesfau- durch den Verlag Natur & Text produziert und na münden zu lassen. Ohne jegliche staatliche soll ab März 2005 für alle Interessierten erhält- Unterstützung gelang es, den Datenstand von lich sein. ca. 12.000 Datensätzen im Jahr 2001 auf über Literatur 25.000 Datensätze aktuell für den Zeitraum

1990 bis 20003 zu erweitern. Nach Auswertung ANONYMUS (1997): Konzeption zum geplanten FuE-Pro- aller verfügbarer Literatur wurde die historische jekt. - Mitteilungen Sächsischer Entomologen 37: und aktuelle Verbreitung der 68 bisher in Sach- 16-20. sen nachgewiesenen Libellen dargestellt. Von LESKE, N. G. (1785): Reise durch Sachsen in Rüksicht (sic!) der Naturgeschichte und Ökonomie. Müllersche den vier in Sachsen als verschollen geltenden Buchhandlung Leipzig. Arten konnten drei im Rahmen des Projektes REINHARDT, R. (1994): Das Projekt „Entomofauna Saxoni- wieder entdeckt werden (Coenagrion ornatum, ca“. - Mitteilungen Sächsischer Entomologen 25: 8- Onychogomphus forcipatus, Leucorrhinia cauda- 10. SCHIEMENZ, H. (1952): Die Libellenfauna von Sachsen in lis). Lediglich die Zwerglibelle Nehalennia spe- zoogeographischer Betrachtung. - Wissenschaftli- ciosa bleibt weiterhin verschollen. Analysen der che Zeitschrift der TH Dresden 1: 313-320.

Anschrift des Verfassers: DR. THOMAS BROCKHAUS, An der Morgensonne 5, D-09387 Jahnsdorf/Erzgebirge E-Mail: [email protected] Insecta, Heft 9, 2004, Seite 35-48

THOMAS MARTSCHEI, Jarmshagen

Wanzen (Heteroptera) als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide in unterschiedlichen Altersphasen am Beispiel der „Retzower Heide“ (Brandenburg)

1. Einleitung ren autökologischen Ansprüchen in dem Bio- toptyp Heiden. Wenngleich die meisten faunis- Vor dem Hintergrund der FFH-Problema- tischen Untersuchungen von Wanzen in Heide- tik wurde vom BfN im Rahmen eines For- flächen sich bisher auf die atlantisch geprägten schungs- und Entwicklungsvorhabens eine Stu- Heiden bezogen (MELBER 1989, 1993; MELBER et die zur Parameterauswahl und Erprobung von al. 1996; MELBER & PRÜTER 1997 und HANDKE Methoden zur Erfassung und Bewertung des 1997), so gibt es doch umfangreiche Daten- Erhaltungszustandes von Arten und Lebensräu- sammlungen vor allem im Bereich der Calluna- men der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG Heiden Mecklenburg-Vorpommerns (wie z. B. des Rates über die Erhaltung der natürlichen , vgl. MARTSCHEI 1996, Bretziner Hei- Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und de, Schießplatz Jägerbrück). In Brandenburg Pflanzen vom 22. Juli 1992) in Auftrag gegeben sind diese Flächen dem Genisto-Callunetum ty- (LÖP1 STELZIG 1999). Eines der Ziele war es, Er- picum zuzuordnen. kenntnisse über die Eignung ausgewählter Ar- thropodentaxa als Indikatorengruppen des Le- 2. Untersuchungsgebiet bensraumtyps „Trockene Heiden des europäi- schen Flachlandes“ (Natura 2000-Code „LRT Das Untersuchungsgebiet umfasste die 4030a“) zu erhalten. Einen weiteren Untersu- „Retzower Heide“. Diese befindet sich im nörd- chungsschwerpunkt stellte die Möglichkeit ei- lichen Teil des Bundeslandes Brandenburg, im ner Differenzierung sowie Abgrenzung einzel- Kreis Uckermark in direkter Nähe zur Landes- ner Alterungsphasen von Heiden dar (MART- grenze zu Mecklenburg-Vorpommern. Die SCHEI 1999). Heidefläche, benannt nach der unmittelbar im Die Auswahl der Wanzen als Biodeskripto- Südosten angrenzenden Ortschaft, stellt das ren begründet sich zum einen auf die generelle Kernstück der ehemals von den sowjetischen Eignung der Heteroptera als ökologische Streitkräften genutzten Liegenschaft „Schieß- Untersuchungsobjekte und Bioindikatoren platz Retzow“ dar. Vor 1945 wurde die Fläche (DECKERT & HOFFMANN 1993, MARTSCHEI 1997), als Acker genutzt und besitzt derzeit eine Größe zum anderen auf Erfahrungen hinsichtlich de- von ca. 60 ha. In den angrenzenden Habitaten sind Kiefernforste anzutreffen. Innerhalb des Gebietes wurden Vegeta- 1 LÖP = Landschaftsökologisches Planungsbüro tionskartierungen nach BRAUN-BLANQUET Stelzig Soest (1964) durchgeführt und anhand der Ergeb- 36 Insecta, Heft 9, 2004 nisse mit der Einteilung nach ELLENBERG (1992) drei Bodenfallen nach BARBER (1931) eingesetzt. vier Untersuchungsflächen ausgewählt. In der Die Leerung aller Fallen erfolgte an acht Lee- zumeist künstlich (durch Plaggen oder Bren- rungsterminen in einem dreiwöchigen Rhyth- nen) erzeugten „Pionierphase“ zeigt sich der mus im Zeitraum von Ende April bis Mitte Standort bis auf stellenweisen Bewuchs mit der Oktober 1999. Die Streifsack- und Handfänge Besenheide (Calluna vulgaris) gegenwärtig wurden in sechswöchigem Abstand getätigt. noch weitgehend frei von höheren Pflanzen. Le- Für die Beschreibung von Tiergemeinschaf- diglich zahlreiche Kryptogamen (Flechten und ten auf Grundlage einer statistisch abgesicher- Moose) haben sich angesiedelt. In der soge- ten Abgrenzung ist es unumgänglich, ihre kom- nannten „Aufbauphase“ ist ein Auftreiben von plexe Struktur in zahlenmäßig fassbaren Grö- zahlreichen Calluna-Sprösslingen zu beobach- ßen auszudrücken (HARTUNG & ELPELT 1995 ten. Des weiteren bedecken auch andere Kräu- bzw. HARTUNG, ELPELT & KLÖSNER 1993). Unter ter und horstige Gräser den Boden, so dass die der gegebenen Fragestellung erschien eine Vegetationsdecke nahezu geschlossen erscheint. Untersuchung der Mengenverhältnisse (abso- Im vorliegenden Falle waren neben Calluna vul- lute: z.B. Abundanz, relative: z.B. Dominanz garis auch Corynephorus canescens, Luzula cam- u.a.) ausreichend. pestris, Hieracium pilosella, Armeria elongata, acetosella, Achillea millefolium, Hyper- 4. Ergebnisse icum perforatum, Hypochoeris radicata, Euphor- bia cyperissias, Helichrysum arenarium und Or- Die einjährige Erfassung erbrachte insge- nithopus perpusillus festzustellen. Selbst Moose samt 567 Heteropteren-Imagines. Es konnten und Flechten waren vorhanden. Zeigt sich der Individuen aus 39 Arten in der „Retzower Hei- Calluna-Bewuchs vollwüchsig und bedeckt na- de“ nachgewiesen werden. Larven-Funde wur- hezu 100 % der Fläche, dann befindet sie sich in den nicht berücksichtigt, da aufgrund fehlender der Phase des optimalen Wachstums („Reife- Bestimmungsliteratur eine sichere Determina- phase“). Nur gelegentlich kommen wenige an- tion nicht immer möglich ist. In Tabelle 1 sind dere Arten zu meist minderem Wachstum, wie die Ergebnisse tabellarisch und systematisch in der Untersuchungsfläche Ornithopus perpu- nach GÜNTHER & SCHUSTER (1990, 2000) bzw. sillus, Hypochoeris radicata, Rumex acetosella AUKEMA & RIEGER (1995, 1996, 1999 und 2001) und wenige Flechten. Das Mikroklima erscheint dargestellt. weitgehend ausgeglichen. Die „Degenerations- Bekanntlich ist der Anteil an gefährdeten phase“ hingegen ist vor allem durch das all- Arten (DECKERT & GÖLLNER-SCHEIDING 1992) in mähliche Absterben der Calluna-Pflanzen ge- Extrembiotopen zumeist hoch. Es konnte für kennzeichnet. Der Anteil assimilierender Pflan- die sieben folgend landesweit gefährdeten Arten zenbestandteile geht stark zurück, konkurrenz- (ca. 18 % des Gesamtartenspektrums) derzeit starke Grasarten, wie Luzula campestris, Festuca ein aktuelles Vorkommen mit z. T. hohen Indi- cf. rubra oder Dactylis glomerata und später Ge- viduendichten in der Retzower Heide nachge- hölze, wie Betula pendula, wandern ein und wiesen werden: drängen die Besenheide zurück. verschollen: Acetropis gimmerthalii 3. Erfassungs- und Auswertungsmethodik vom Aussterben bedroht: Pithanus maerkeli In den vier Probeflächen erfolgte die Erfas- sung der Wanzen durch Handfang und Streif- gefährdet und stark gefährdet: sack, wobei das vorhandene Gesamtartenspek- Pterotmethus staphyliniformis trum erfasst wurde, egal, ob direkt an heidety- pischen Strukturen oder Störungsanzeigern. Da potentiell gefährdet: major insbesondere die epigäischen Arten mit diesen Eremocoris abietis Methoden kaum bzw. unvollständig erfasst ericetorum werden können, wurden zusätzlich je Fläche Plinthisus pusillus. THOMAS MARTSCHEI: Wanzen (Heteroptera) als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide 37

Tabelle 1: Gesamtartenliste mit autökologischen Ansprüchen nach GÜNTHER & SCHUSTER (1990, 2000) bzw. AUKEMA & RIEGER (1995, 1996, 1999 und 2001)

Art 1 2 34 Gesamt autökologische Ansprüche TINGIDAE Acalypta nigrina 9 20 3 32 stärker hygrophiler Moosbewohner Acalypta parvula 57 13 27 97 schwach hygrophiler, euryöker Moosbewohner Kalama tricornis 2 2 xerothermophiler Krautschichtbewohner von Grasstandorten ater 3 3 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Acetropis carinata 7 7 xerothermophiler Bodenbewohner von Grasstandorten Acetropis gimmerthalii 5 5 xerothermophiler Bodenbewohner von Grasstandorten Leptopterna ferrugata 9 5 14 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Pithanus maerkeli 6 6 schwach hygrophiler Krautschichtbewohner von Grasstandorten Stenodema calcarata 8 12 20 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Stenodema virens 2 2 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Trigonotylus caelestialium 1 1 schwach xerophiler Krautschichtbewohner von Grasstandorten ericetorum 4 4 Bewohner der Zwergstrauchschicht weitgehend intakter Heideflächen Systellonotus triguttatus 1 1 xerothermophiler Boden und Krautschichtbewohner von Grasstandorten Plagiognathus arbustorum 5 5 schwach hygrophiler, eurytoper Krautschichtbewohner () Himacerus major 1 1 xerothermophiler Krautschichtbewohner Nabis ericetorum 4 7 6 17 Bewohner der Zwergstrauchschicht weitgehend intakter Heideflächen Coranus subapterus 2 1 3 xerothermophiler Bodenbewohner von Sandstandorten LYGAEIDAE Ortholomus punctipennis 4 4 xerothermophiler Bodenbewohner von Sandstandorten Kleidocerys resedae 6 6 Bewohner der Strauchschicht gestörter Heideflächen Geocoris grylloides 14 5 22 41 xerothermophiler Bodenbewohner von Sandstandorten Drymus sylvaticus 2 3 5 eurytoper Bodenbewohner von Sandstandorten Eremocoris abietis 2 2 schwach xerothermophiler Bodenbewohner von Kiefernforsten Eremocoris plebejus 1 1 schwach xerothermophiler Bodenbewohner von Kiefernforsten Scolopostethus affinis 2 2 schwach hygrophiler Krautschichtbewohner von Grasstandorten Macrodema micropterum 7 11 5 23 schwächer xerothermophiler Bodenbewohner von Heidestandorten Pterotmethus staphyliniformis 60 9 35 7 111 eurytoper Bodenbewohner von Heideflächen Trapezonotus arenarius 26 1 27 xerothermophiler Bodenbewohner von Sandstandorten Plinthisus pusillus 3 3 Eurytoper Bodenbewohner von Sandstandorten Rhyparochromus pini 9 5 6 9 29 schwach xerothermophiler Bodenbewohner von Sandstandorten Stygnocoris sabulosus 5 6 11 schwach hygrophiler, euryöker Bodenbewohner Piesma maculatum 1 1 schwach hygrophiler Krautschichtbewohner von Grasstandorten Coreus marginatus 1 2 3 Bewohner der Strauchschicht gestörter Heideflächen Spathocera dahlmani 1 1 schwach hygrophiler Krautschichtbewohner von Grasstandorten Chorosoma schillingi 6 6 thermophiler, eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Myrmus miriformis 7 7 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Stictopleurus abutilon 3 3 thermophiler, eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Rhopalus parumpunctatus 5 5 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten SCUTERELLIDAE Eurygaster maura 2 2 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten Aelia acuminata 5 5 10 eurytoper Krautschichtbewohner von Grasstandorten 38 Insecta, Heft 9, 2004

Auffallend ist, dass unter den in der Roten lypta verteilt. Alle übrigen Familien nehmen, Liste Brandenburgs aufgeführten Wanzenarten obwohl sie charakteristische Arten enthalten zwei typische Heidearten in der „Retzower Hei- (z. B. Reduviidae (Raubwanzen) – C. subapte- de“ in erheblichen Individuenzahlen erfasst rus), einen verschwindend geringen Anteil so- werden konnten. Dies ist zum einen ein Indiz wohl am Gesamtarten- als auch am Gesamtin- für die Schutzwürdigkeit dieses Gebiets und dividuenspektrum ein. Es ist nicht ausgeschlos- zum anderen auch ein gewisser Gradmesser für sen, dass unter diesen mit Individuen zweier die Intaktheit der Heidefläche zum gegenwärti- bzw. einer nachgewiesenen Art Gelegenheits- gen Zeitpunkt. fänge von Permigranten (Durchzüglern) oder In diesem Zusammenhang ist auch der Zu- Alieni (Irrgästen) enthalten sind. Diese in be- fallsfund von Beosus quadripunctatus in der le- nachbarten Habitaten vorkommenden Arten diglich 10 km Luftlinie entfernten „Tangersdor- wurden nur zufällig erfasst. fer Heide“ 1996 als Erstfund für Mitteleuropa erwähnenswert. Trotz intensiver Nachsuche in Da auf allen Flächen gleiche Erfassungsme- den letzten Jahren gelang keine Bestätigung. thoden in gleicher Intensität in Anwendung ka- men, ist die Vergleichbarkeit gewährleistet. Je- Innerhalb der neun nachgewiesenen Fami- doch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass ins- lien stellen sich die Lygaeidae (Bodenwanzen) besondere in der „Pionierphase“ die Streifsack- hinsichtlich der Arten- und der Individuenzah- fänge zu keinem Erfolg führen konnten, da len als die die Zönose bestimmende Familie kaum eine Krautschicht vorhanden war. Es heraus (s. Abb. 1). Die hohe Artendichte der wurden alle getätigten Fänge in die Auswertung Miridae (Blind- bzw. Weichwanzen) resultiert einbezogen. ausschließlich aus der hohen Anzahl heideunty- Im Folgenden werden die unterschiedlichen pischer Arten der „Degenerationsphase.“ Er- Alterungsstufen der „Retzower Heide“ hin- wähnenswert erscheint die hohe Individuenzahl sichtlich ihrer Heteropterenfauna verglichen. der Tingidae (Netzwanzen), die sich im We- Im Wesentlichen kommen allgemeingültige sentlichen auf die zwei Arten der Gattung Aca- vergleichende Kriterien (Arten- und Indivi-

Familienbezogener Vergleich der Arten- und Individuenzahlen

14 300 Artenzahl 12 Individuenzahl 250

l 10 200 h

a 8 z

n 150

e 6 t r 100 A 4

2 50 Individuenzahl 0 0 Miridae Tingidae Coreidae Lygaeidae Reduviidae Rhopalidae Piesmatidae Scuterellidae

Familie Pentatomidae

Abb. 1: Verteilung der Gesamtarten- und Individuenzahlen auf die Wanzenfamilien THOMAS MARTSCHEI: Wanzen (Heteroptera) als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide 39 duenmengen, Abundanzen usw.) zur Anwen- Bereichs angesehen werden. Erwartungsgemäß dung. konnten auf dieser Untersuchungsfläche auch die höchsten Artenzahlen festgestellt werden. Im direkten Vergleich der Jahresabundanz- Mit 35 Arten fiel diese jedoch höher als erwartet summen ist ersichtlich, dass die „Degenera- aus (Abb. 2). tionsphase“ die höchste Jahresabundanzsum- Auch die Summe der Abundanzen in der me aufweist (Abb. 2). Der Grund liegt im Indi- „Aufbauphase“ ist im Vergleich zu der „Pio- viduen- und Artenreichtum, denn im Rahmen nierphase“ und der „Reifephase“ relativ hoch. der Untersuchung stellte sich die „Degenera- Dies ist der Anzahl nachgewiesener Individuen tionsphase“ als individuen- und artenreichste einer ganzen Reihe von Differentialarten, die Untersuchungsfläche heraus (mit 197 Indivi- sich infolge des Vorkommens von heideuntypi- duen ca. 35 % der Gesamtindividuenmenge, schen Pflanzenarten hier ansiedelten, begrün- mit 35 Arten nahezu 90 % aller nachgewiesener det. Das Erobern der von Heidekraut noch Arten). Aufgrund des Strukturreichtums und nicht besiedelten Bereiche durch Gräser und der Vegetation ist dies nicht verwunderlich. Die Kräuter schuf die Voraussetzungen. So waren infolge des Absterbens der Heidepflanzen auf- hier vor allem Wanzenarten mit Präferenz für kommenden Birkensträucher und die konkur- Gräser bzw. Kräuter, wie z. B. die eurytop ver- renzstarken Gräser ermöglichen zahlreichen breiteten Aelia acuminata, Plagiognathus arbus- „heideuntypischen“ Arten hier ein Vorkom- torum und Capsus ater vorzufinden. Infolge men. Insbesondere die an Birke gebundene dessen ist dieser Standort durch eine relativ ho- Kleidocerys resedae oder die typischen an Gräser he Artenzahl und die damit verbundene höhere gebundenen Wanzen, wie Aelia acuminata, Eu- Individuendichte charakterisiert. rygaster maura u. a. belegen mit z. T. bemer- Zum besseren Verständnis wurde neben der kenswerten Anzahlen gefangener Individuen Abundanz über die Standzeit von 21 Tagen aus diesen Fakt. Diese Zahl sowohl auf Arten- als Vergleichsgründen die Jahresaktivitätsabun- auch auf Individuenebene kann als ein Grad- danzsumme als Summe aller Abundanzen der messer für die Degradation des untersuchten acht Leerungstermine flächenspezifisch er-

Vergleich von Individuen- und Artenzahl sowie Abundanz 250 Individuenzahl Artenzahl 200 Abundanz

150

100 Anzahl

50

0 Pionier Aufbau Reife Degeneration Fläche

Abb. 2: Flächenbezogener Vergleich der Gesamtindividuen- und -artenzahlen bzw. der Gesamtabundanzen 40 Insecta, Heft 9, 2004 mittelt. Die relativ geringen Jahresaktivitätsab- Um einen deutlicheren Eindruck von der undanzsummen in der „Pionierphase“ resul- „heidetypischen Wanzenzönose“ zu gewinnen, tierten aus der Struktur- und Pflanzenarmut. sind in Abbildung 3 lediglich die Individuen- Infolge dessen fanden hier wenige Arten Mög- summen der für die Heidefläche charakteristi- lichkeiten der Einnischung, allerdings mit hö- schen Arten dargestellt. heren Individuendichten. Es wurden vorwie- Hierbei fällt auf, dass die „Pionierphase“ ei- gend Arten mit Bindung an offene, wärmebe- nen Sonderstatus insbesondere hinsichtlich der günstigte Sandstandorte nachgewiesen. So wa- Artenanzahl einnimmt. Hier dominieren die ei- ren vor allem Bodenwanzen, wie z. B. Trapezo- gentlich für Trockenrasen typischen Bodenbe- notus arenarius oder Pterotmethus staphylinifor- wohner unter den Bodenwanzen (Lygaeidae), mis, in z. T. erheblichen Individuenmengen an- die den Großteil der zumeist an Samen saugen- zutreffen. den Arten stellen. Aufgrund der einheitlichen Habitatstruktu- Die „Aufbauphase“ zeigt die höchste Indivi- rierung zeigte die „Reifephase“ die geringsten duendichte an Heidewanzen. Das resultiert ein- Abundanzsummen. Infolge der nahezu ge- deutig aus der hohen Individuenzahl der erfas- schlossenen Decke von ausschließlich Calluna sten Acalypta parvula, die im Gegensatz zur vulgaris ist hier die wohl typische Ausbildung syntopen A. nigrina infolge ihrer Präferenz für einer „Heide-Wanzenzönose“ vorzufinden. offenere, xerothermophilere Bestände diese Flä- Diese wird zumeist von Arten gebildet, die ent- che bevorzugt. Zudem ist Orthotylus ericetorum weder direkt infolge Nahrungspräferenz als ausschließlich in dieser Fläche nachgewiesen phytophage, z. T. monophage Spezies an das worden. Das beruht auf der Bevorzugung fri- Heidekraut gebunden sind (z. B. Orthotylus eri- scher, grüner Bestandteile des Heidekrautes als cetorum) oder aufgrund von substratspezifi- Nahrung. schen Lebensraumansprüchen eine starke Prä- In der „Reifephase“ mit einer geschlossenen ferenz für derartig ausgebildete Habitate zeigen Heidekraut-Vegetation fiel neben dem Vor- (z. B. einige Lygaeidae). Im Weiteren werden kommen von N. ericetorum als stenotope Art diese als für Heideflächen charakteristische Ar- das Fehlen der ebenfalls stenotopen O. ericeto- ten bezeichnet. rum auf. Die höhere Individuendichte von A.

Individuensummen der "heidetypischen Arten" 100

80

Trapezonotus arenarius

60 Stygnocoris sabulosus

Pterotmethus staphyliniformis

Orthothylus ericetorum Anzahl 40 Nabis ericetorum

Macrodema micropterum

20 Acalypta parvula

Acalypta nigrina

0 Pionier Aufbau Reife Degeneration Fläche

Abb. 3: Flächenbezogener Vergleich der Individuensummen der heidetypischen Arten THOMAS MARTSCHEI: Wanzen (Heteroptera) als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide 41 nigrina gegenüber A. parvula ist auf eine stärke- folgedessen siedeln hier einige Wanzenarten, re Hygrophilie und damit eine Bevorzugung die eine Bindung an eher heideuntypische stärker beschatteter Bereiche zurückzuführen. Pflanzenarten zeigen. In der „Degenerationsphase“ dominiert wiede- Das Artenbild der „Pionierphase“, am An- rum A. parvula. Insgesamt ist hier eine höhere fang der Entwicklung zu einem Heidestandort Ausgeglichenheit der Individuenmengen zu begriffen, zeigt eine relativ ausgeglichene Do- verzeichnen. minanzstruktur. Es finden sich lediglich zwei Generell wird davon ausgegangen, dass sta- dominante Arten neben den Vertretern niedri- bilere Standorte eine ausgeglichenere Domi- gerer Dominanzränge (Abb. 4; Einteilung nach nanzstruktur mit mehreren Arten aufweisen. In ENGELMANN 1978). Sukzessionsstandorten haben infolge der Ver- Die ausgeglichenste Dominanzstruktur war änderungen zahlreiche Arten die Chance zur in der „Reifephase“ vorzufinden. Hier fallen Entwicklung, können jedoch zumeist keine län- drei Arten (33 %) als eudominante bzw. domi- gerfristig ausgeglichenen Zönosestrukturen nante Arten, weitere fünf als subdominante Ar- aufbauen. ten auf. Nur eine Spezies, Coreus marginatus, Letzterer Fakt trifft sowohl auf die „Aufbau- zeigt ein rezedentes Dominanzbild. Sie wurde phase“, als auch in verstärktem Maße auf die lediglich mit einem Individuum nachgewiesen. „Degenerationsphase“ zu. Insbesondere in letz- Es kann wohl angenommen werden, dass dieses terer zeigt der sehr hohe Anteil von Arten mit als Permigrant bzw. Alien hier mittels Streifsack niedrigen Dominanzwerten die starken Verän- erfasst wurde und dem autochthonen Arten- derungen des Habitats in kürzeren Zeitabstän- spektrum nicht zugeordnet werden sollte. den. Die „Aufbauphase“ ist gegenwärtig im Sta- Die in Tabelle 1 aufgeführten autökologi- dium der Entwicklung einer geschlossenen Ve- schen Ansprüche der Arten bildeten die Grund- getation aus Heidepflanzen. Zahlreiche Ele- lage für die Auswertung der Fangergebnisse mente nachfolgender Sukzessionsstadien kom- nach Habitatpräferenztypen. Diese wurden in men hier in höheren Deckungsgraden vor. In- Gruppen zusammengefasst und in der Abbil-

Dominanzen der häufigsten Arten auf der Fläche Dominanzen der häufigsten Arten auf der Fläche der „Pionierphase“ der „Aufbauphase“ 60,00 60,00 ) 50,00 ) 50,00 % ( %

( 40,00 40,00 z z n

n 30,00 a

a 30,00 n i n 20,00 i

20,00 m m 10,00 o o

10,00 D D 0,00 0,00 Arten) Geocoris grylloides ferrugata pini Stenodema (7 Sonstige calcaratum Leptopterna Macrodema pusillus micropterum arbustorum Geocoris Plinthisus grylloides Pterotmethus pini Plagiognathus arenarius staphyliniformis Ortholomus Thyreocoris Macrodema Aelia acuminata punctipennis Acalypta nigrina micropterum scarabeoides Rhyparochromus Acalypta parvula Trapezonotus Pterotmethus staphyliniformis

Rhyparochromus Arten Art

Dominanzen der häufigsten Arten auf der Fläche Dominanzen der häufigsten Arten auf der Fläche der „Reifephase“ der „Degenerationsphase“ 60,00

) 60,00 50,00 % 50,00 ( 40,00 z 40,00 n 30,00 a 30,00 n i 20,00 20,00 m 10,00 o 10,00 Dominanz (%)

D 0,00 0,00 parvula Acalypta carinata Coreus Myrmus Geocoris Geocoris Acetropis Arten) Coranus grylloides grylloides pini miriformis schillingi ferrugata pini sabulosus subapterus Stenodema arenarius calcaratum marginatus Chorosoma Stygnocoris Leptopterna osie(23 Sonstige Trapezonotus Pterotmethus Pterotmethus Rhpyrochromus staphyliniformis staphyliniformis clpanigrina Acalypta Nabis ericetorum clpaparvula Acalypta Rhyparochromus Art Art

Abb. 4: Prozentualer Anteil der häufigsten Arten aller Untersuchungsflächen 42 Insecta, Heft 9, 2004 dung 5 grafisch dargestellt. Die Reihenfolge 5. Diskussion richtete sich nach dem Anteil heidetypischer bzw. oftmals in diesen Flächen vorkommenden Im Folgenden soll näher auf die Ergebnisse Arten. des vorigen Abschnitts eingegangen und diese Es ist ersichtlich, dass die Anzahl der Präfe- diskutiert werden. Nach einer Charakterisie- renztypen in der „Aufbauphase“ und der „De- rung der Heteropterenzönose der Trockenhei- generationsphase“ um die Grünlandarten er- den am Beispiel der „Retzower Heide“ soll eine weitert ist. In letzterer stellt sie sogar die höch- für diesen Landschaftstyp typisches Artenspek- sten Individuenzahlen und die mit Abstand trum herausgestellt werden. höchste Artenzahl. In der „Aufbauphase“ besit- Die Heideflächen atlantischer Prägung ha- zen zwar die Heidearten die höchsten Indivi- ben im Gegensatz zu den mehr kontinental ge- duenanteile, jedoch ist die Artenzahl der Grün- prägten Trockenheiden sowohl in der Entste- landarten höher. hung als auch folgernd in der Ausprägung pha- In der „Pionierphase“ bestimmen die Tro- senunabhängig andere Artenzusammensetzun- ckenrasenarten neben den Heidearten die Indi- gen. Von den in norddeutschen Gebieten vor- viduenmenge. Auf Ebene der Artenzusammen- kommenden typischen zwölf Heidearten konn- setzung erreichen sie gegenüber den heidetypi- ten im Rahmen der Untersuchung in der „Ret- schen Arten sogar eine höhere Anzahl. Andere zower Heide“ sieben nachgewiesen werden. Präferenztypen sind nahezu zu vernachlässigen. Hinzu kommen noch eine Reihe von heidetypi- schen Begleitarten, wie Trapezonotus arenarius, Die „Reifephase“ als Entwicklungsoptimum Geocoris grylloides und Acetropis carinata. Das ist sowohl auf Arten- als auch auf Individuen- Fehlen von einigen typischen Heidearten ist ebene eindeutig durch die Heidearten domi- durch Verbreitungsgrenzen (atlantischer Ver- niert. Alle anderen Habitatpräferenztypen spie- breitungsschwerpunkt) bzw. durch ökologische len eine völlig untergeordnete Rolle. Grenzen zu erklären. Die Nische, die Trapezono-

Habitatpräferenzen „Pionierfläche“ Habitatpräferenzen „Aufbaufläche “

100 100 Individuenzahl Individuenzahl 80 Artenzahl 80 Artenzahl

60 60

40

Anzahl 40 Anzahl

20 20

0 0 Heide Trockenrasen Gehölze Heide Trockenrasen Grünland Gehölze Habitat Habitat

Habitatpräferenzen „Reifephase“ Habitatpräferenzen „Degenerationsfläche“

100 100 Individuenzahl Individuenzahl 80 Artenzahl 80 Artenzahl

60 60

40 40 Anzahl Anzahl

20 20

0 0 Heide Trockenrasen Gehölze Heide Trockenrasen Grünland Gehölze Habitat Habitat

Abb. 5: Verteilung der Individuen- und Artenzahlen auf die Habitatpräferenztypen innerhalb der untersuchten Flächen THOMAS MARTSCHEI: Wanzen (Heteroptera) als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide 43 tus desertus als Kennart der Heiden in Nord- Auf allen untersuchten Ebenen konnten westdeutschland inne hat (MELBER, PRÜTER, AS- deutliche Unterschiede zwischen den vier SING & SPRICK 1996), wird anscheinend in konti- untersuchten Alterungsstadien festgestellt wer- nentaleren östlichen Bereichen durch T. arena- den. Insbesondere die „Aufbau-“ und die „De- rius eingenommen. Neben den bekannten Vor- generationsphase“ fallen durch Arten- und In- kommen im nordwestdeutschen Küstenberei- dividuenreichtum und damit hohe Abundan- chen konnte Trapezonotus desertus z. B. noch in zen auf. Diese gehen jedoch auf den hohen An- der „Heide zwischen Vitte und Neuendorf“ auf teil heideuntypischer, zumeist eurytoper Arten Hiddensee erfasst werden (MARTSCHEI 1996), mit geringen bzw. geringsten Dominanzen zu- während im Rahmen dieser Untersuchung kein rück. Infolge dessen ist die Ähnlichkeit dieser Nachweis gelang. Der Verbreitungsschwerpunkt Flächen hinsichtlich der Artenspektren auffal- erstgenannter Art ist in Deutschland wohl mehr lend hoch. Trotzdem ist eine Unterscheidung auf atlantisch geprägte Heiden beschränkt. möglich, da der Anteil von Trennarten bzw. Ebenso wird augenscheinlich Coranus woo- Störarten in der „Degenerationsphase“ erheb- drofei in den kontinentaleren Trockenheiden lich höher liegt als vergleichsweise auf der Flä- durch C. subapterus ersetzt. che der „Aufbauphase.“ Erwähnenswert ist auch das Fehlen von Sco- Auf den Flächen der „Pionier-“ und der lopostethus decoratus im Untersuchungsgebiet „Reifephase“ konnten zwar geringe Arten- und als eine direkt an Calluna vulgaris gebundene, Individuendichten festgestellt werden, jedoch typische Heideart. Infolgedessen können die beherbergen diese Standorte geringster Abun- Ergebnisse nicht allgemeingültige Aussagen lie- danzen den höchsten Anteil mehr oder weniger fern, sondern lediglich für die Trockenheiden stenöker Heidearten. Diese bestimmen eindeu- mit kontinentalem Charakter in Anwendung tig die Zönose. Es herrschen im Vergleich zur kommen. „Aufbau-“ und zur „Degenerationsphase“ sta- Die Wanzenfauna stellt einen bedeutenden bilere Verhältnisse, wie die Dominanzklassifi- Bestandteil der faunistischen Grundausstattung zierung eindeutig zeigt. Insbesondere wird dies der Trockenheiden bzw. des betreffenden Habi- in der Fläche der „Reifephase“ deutlich. tattyps dar und eignet sich demzufolge gut für Aufgrund dieser Erkenntnisse soll im fol- die Charakterisierung von Heideflächen. genden versucht werden, die signifikanten Zum Herausarbeiten der Eignung der Wan- Unterschiede zwischen den Altersphasen mit zenfauna hinsichtlich der Charakterisierung Hilfe der Definition von Leitarten für die ein- einzelner Alterungsphasen der Heidefläche sol- zelnen Entwicklungsphasen herauszuarbeiten. len die Ergebnisse aus vorigem Kapitel herange- Die beprobten Flächen werden nach dem zogen werden. Leitartenkonzept bewertet. In der Auswertung Da innerhalb der terrestrisch lebenden wird der Begriff „Leitart“ den Begriffen „Cha- Wanzen sowohl phytophage als auch zoophage rakterart“ bzw. „Kennart“ gleichgesetzt. Diese Vertreter angetroffen werden, eignet sich die zeigen gegenüber anderen Arten einen hohen Gruppe aufgrund einer sehr differenzierten Ha- Treuegrad, d. h. eine hohe Stetigkeit in einem bitatbindung und eines artenspezifischen Ver- bestimmten Strukturtyp mit konstanter Präfe- haltens in den verschiedenen Trophiestufen des renz. Infolgedessen sind die Stetigkeiten und Sukzessionsgeschehens hervorragend als Indi- Individuendichten in diesem wesentlich höher. katorgruppe. Neben den vier zoophagen Arten Während eine Leitart isoliert betrachtet auf- (Nabis ericetorum, Coranus subapterus, Geocoris grund ihrer oft stenöken Lebensraumansprüche grylloides und Himacerus major), die lediglich lediglich eine ökologische Nische besetzt, einen Anteil von ca. 10 % des Artenspektrums widerspiegelt die Leitartengruppe die Komple- und einen Anteil von ebenfalls 10 % der Ge- xität des betrachteten Landschaftsausschnitts. samtindividuenzahl ausmachen, sind vorwie- Dabei wird nach dem Grad der Feuchtigkeits- gend phytophage Wanzen nachgewiesen wor- bindung zwischen xerobiont – streng an Tro- den. Hierunter nehmen die Samensauger (vor ckenheit gebunden – und xerophil – trocken- allem Lygaeidae) einen erheblichen Teil ein. heitsliebend – unterschieden. Im Falle der un- 44 Insecta, Heft 9, 2004 tersuchten Flächen sind, wie nachstehend aus- Nach Ordnung der Arten nach fallender geführt, neben den Kennarten des Genisto-Cal- Stetigkeit und unter Zuhilfenahme des Hinter- lunetum typicum je nach Entwicklungsstufe der grundwissens der artspezifischen Autökologie Heide auch Leitarten aus anderen Biotoptypen wurde Tabelle 2 erstellt. In ihr kristallisieren zu erwarten. Die Leitarten rekrutieren sich nach sich die typischen Heidearten heraus. Diese der zu untersuchenden Fragestellung aus fol- wurden infolge der hohen Individuenzahlen im genden zu erwartenden Typen: obersten Teil der Tabelle angesiedelt. Anschlie- ßend sind alle nachgewiesenen „heideliebenden Arten von Trockengebieten allgemein: Die zu- Arten“ auflistet. Dann folgen die Störungsarten. meist eurytopen Arten dieser Gruppe besie- Diese unterteilen sich noch in Artengruppen deln bevorzugt trockene bis mäßig trockene der Sukzession in grasbestandene sowie gehölz- Grünlandstandorte mit Krautvegetation, betonte Bereiche. Letztere zeigen die Tendenz Ruderalflächen u. ä. zur Verbuschung auf und dokumentieren so Trockenrasenarten: Diese Artengruppe umfasst den Übergang von einer Offenlandschaft zu Ge- die zumeist an die Vegetation gebundenen hölzstandorten. Arten bzw. kalkliebende Spezies mit meist Bei der Leitartensuche kamen ausschließlich weiterer ökologischer Amplitude, wie Bo- indigene Arten, wenn möglich „habitattypi- denbewohner lichter bzw. wärmebegünstig- sche,“ d. h. mit Habitatpräferenzen und -prä- ter Flächen. senzen für Heideflächen, in Betracht. Obwohl Moor- bzw. Heidearten: Diese Arten besiedeln mit z. T. höheren Individuenzahlen nachgewie- vorwiegend Moore und Heideflächen. Die sen, sind Stygnocoris sabulosus und C. subapte- Bindung an diese Standorte entsteht zu- rus nicht direkt als Leitarten anzusprechen. S. meist durch Bevorzugung des Bodensub- sabulosus besiedelt bevorzugt, wie der Name strates (Rohhumus, Torf) schon andeutet, offene Sandflächen. Deshalb ist Arten trockener Gehölzbereiche: Hierzu zählen es etwas verwunderlich, dass sie sowohl in der Spezies gehölzbestandener bzw. beschatteter „Reife-“ als auch in der „Degenerationsphase“ trockener Stellen mit deutlich xerobionten nachgewiesen wurde, während kein Fund in der bzw. xerophilen Präferenzen. „Aufbauphase“ gelang. ACHTZIGER (1991) gibt die Art allerdings als an Heidekraut nachgewie- Eine Grundvoraussetzung ist die Klärung sen an. Eine eindeutige Zuordnung scheint des wichtigen Kriteriums der Indigenität. Bei nicht gegeben. C. subapterus sitzt als Ansitzjäger der Bewertung von Habitaten hinsichtlich ihrer unter lebenden oder abgestorbenen Teilen der Artenzusammensetzung steht die Frage, ob sie Calluna-Pflanze oder in Sandvertiefungen und eine „Quellstruktur“ (MÜLLER-MOTZFELD -mulden in versteckter Position und erwartet 1996) für die relevanten Arten darstellt, an er- dort die Beute. Obwohl diese Art ausschließlich ster Stelle. Zur Klärung der Frage der Indige- mit verkürzten Flügeldecken gefunden wurde nität gibt es unter den Voraussetzungen der und damit als indigene Heideart anzusehen, ist Untersuchung zwei Möglichkeiten: Larval- eine eindeutige Zuordnung zu den untersuch- nachweise bzw. der Nachweis immaturer Indi- ten Alterungsphasen aufgrund der wenigen In- viduen. Durch das Auffinden von ausschließ- dividuen nicht möglich. lich flugunfähigen Individuen von P. staphyli- Es kristallisieren sich folgende Charakter- niformis, A. parvula, A. nigrina, Macrodema mi- bzw. Leitarten (in der Tabelle 2 grau schattiert) cropterum sowie C. subapterus ist eindeutig er- für die verschiedenen Alterungsphasen der wiesen, dass diese Arten in den relevanten Flä- „Retzower Heide“ heraus: chen indigen sind. Sichere Larvalfunde und da- mit der fundierte Nachweis einer Fortpflan- „Pionierphase“: Pterotmethus staphyliniformis, zung konnte von N. ericetorum erbracht wer- Macrodema micropterum, Trapezonotus are- den. Unter diesem Gesichtspunkt fällt auf, dass narius die „Reifephase“ die höchste Anzahl indigener „Aufbauphase“: Orthotylus ericetorum, Macro- Arten aufweist. dema micropterum, Acalypta parvula THOMAS MARTSCHEI: Wanzen (Heteroptera) als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide 45

„Reifephase“: Nabis ericetorum, Acalypta nigri- die mittels Bodenfallen am häufigsten nach- na gewiesene Wanzenart. Sie lebt unter niedri- „Degenerationsphase“: Coreus marginatus, gen Pflanzen, wie Moosen oder Thymian. Kleidocerys resedae. Aufgrund dessen präferiert sie die noch of- fenen Bereiche der „Aufbauphase“ und ist Im Folgenden werden die Leitarten der hierfür eine Leitart. „Retzower Heide“ näher charakterisiert. Acalypta nigrina bevorzugt im Gegensatz zu A. Acalypta parvula ist eine 1,5 mm kleine Tingide, parvula die eher feuchteren, schattigeren

Tabelle 2: Gesamtartenliste nach Individuenzahl in den Altersphasen und Habitatpräferenzen geordnet

Art Pionier Aufbau Reife Degeneration Gesamt Einschätzung

Pterotmethus staphyliniformis 60 9 35 7 111 Acalypta parvula 57 13 27 97 Acalypta nigrina 9 20 3 32 Macrodema micropterum 7 11 5 23 Nabis ericetorum 4 7 6 17

Orthotylus ericetorum 4 4 Heidearten Stygnocoris sabulosus 5 6 11 Coranus subapterus 2 1 3 Geocoris grylloides 14 5 22 41 Rhyparochromus pini 9 5 6 9 29 Trapezonotus arenarius 26 1 27

Ortholomus punctipennis 4 4 Arten

Drymus sylvaticus 2 3 5 heideliebende Stenodema calcaratum 8 12 20 Leptopterna ferrugata 9 5 14 Aelia acuminata 5 5 10 Plagiognathus arbustorum 5 5 Capsus ater 3 3 Kalama tricornis 2 2 Trigonotylus caelestialium 1 1 Acetropis carinata 7 7 Myrmus miriformis 7 7 Chorosoma schillingi 6 6 Pithanus maerkeli 6 6 Acetropis gimmerthali 5 5

Rhopalus parumpunctatus 5 5 bzw. kräuterbestandener Bereiche Stictopleurus abutilon 3 3 Eremocoris abietis 2 2 Eurygaster maura 2 2 Scolopostethus affinis 2 2 Stenodema virens 2 2 Himacerus major 1 1

Eremocoris plebejus 1 1 Störungsarten eher gras- Piesma maculatum 1 1 Spathocera dahlmani 1 1 Systellonotus triguttatus 1 1 Coreus marginatus 1 2 3 Kleidocerys resedae 6 6 eher eher arten arten tonter Bereiche Störungs gehölzbe gehölzbe- Störungs- 46 Insecta, Heft 9, 2004

Bereiche. Deshalb war sie in der „Reifepha- wanzenart (Familie Nabidae) in den Heide- se“ unter der geschlossenen Calluna-Pflan- flächen dar. Die Ursache für ihre Bindung zendecke in den höchsten Individuenzahlen an Calluna-Heiden ist weitgehend unge- vorzufinden und sollte infolgedessen als klärt. Leitart für die Altersphase innerhalb von Coreus marginatus als relativ auffällige Rand- Trockenheide gelten. wanze (Familie Coreidae) bevorzugt Wald- Orthotylus ericetorum stellt nach MELBER & ränder. Sie legt an Rumex-Arten ihre Eier HENSCHEL (1983) eine typische, in Sand- ab. Deshalb ist sie klar als eine als eine Leit- und Moorheiden vorkommende Miride art der gestörten Heidebereiche anzusehen. dar. Sie saugt an den grünen Trieben der Ein Vorkommen ist demzufolge ein Grad- Calluna-Pflanzen. Obwohl sie lediglich mit messer für die Gestörtheit des Heidebio- vier Individuen in der „Aufbauphase“ er- tops. fasst werden konnte, ist sie somit eine Leit- art für dieses Alterungsstadium. Im Wesentlichen decken sich die aufgeführ- Kleidocerys resedae (Familie Lygaeidae) besie- ten Leitarten mit den Erkenntnissen des praxis- delt vorwiegend Hecken und Waldränder erprobten Leit- und Zielartenschlüssels für die (ACHTZIGER 1991). Hier präferiert sie insbe- wichtigsten Biotoptypen Brandenburgs (OEHL- sondere Betula-Arten, so dass ihr Vorkom- KE et al. 1996). men in der Degenerationsphase auf eine be- ginnende Verbuschung durch Birken hin- 6. Zusammenfassung deutet. Infolgedessen ist sie als eine Leitart der degenerierten Heidebereiche anzuse- Auf ausgewählten Flächen innerhalb der hen. „Trockenheide“ bei Retzow erfolgten auf der Pterotmethus staphyliniformis (Familie Lygaei- Grundlage einer zunächst einjährigen Untersu- dae) ist die in der Untersuchungsperiode chung Kartierungen verschiedener Alterungs- am häufigsten nachgewiesene Wanzenart phasen (Pionier-, Aufbau-, Reife- und Degene- der „Retzower Heide.“ Sie scheint die Flä- rationsphase). Die Flächen wurden aufgrund chen der „Pionier-“ und die „Reifephase“ zu ihrer unterschiedlichen Struktur ausgewählt. präferieren. Infolge der hohen Individuen- Grundanliegen der Untersuchung war die zahlen ist sie als Leitart beider Alterungs- Prüfung der Eignung von Wanzen als Biodes- phasen aufzufassen. kriptoren für den FFH-Lebensraumtyp „Tro- Trapezonotus arenarius (Familie Lygaeidae) ckene Europäische Heiden des Flachlandes wurde in hoher Individuendichte aus- (LRT 4030a).“ Durch die Anwendung von drei schließlich (mit Ausnahme eines Individu- verschiedenen Erfassungsmethoden konnten ums) auf offenen, sandigen Bereichen der insgesamt 567 Imagines aus neun Familien er- „Pionierphase“ nachgewiesen. Obwohl hin- fasst werden. Unter den nachgewiesenen 39 Ar- sichtlich der Habitatpräferenz als typische ten befanden sich sieben derzeit im Lande Art der Sandtrockenrasen anzusprechen, Brandenburg als gefährdete Wanzen aufgeführ- scheint es angemessen, sie ebenfalls als Leit- te Spezies. Allerdings können im Zuge der Aus- art für diese Alterungsphase der Heide her- wertung einer einzigen Vegetationsperiode le- auszustellen. diglich Trends aufgezeigt werden. Die getroffe- Macrodema micropterum (Familie Lygaeidae) nen Aussagen hinsichtlich der Zönosen besitzen ist nach RABELER (1947) ein typischer Heide- keinen allgemeingültigen Charakter, da die Er- bewohner. Infolge der Vorliebe für vegeta- fassung auf lediglich einer Heidefläche allenfalls tionslose sandige Bereiche zeigt sie Präfe- ein punktuelles Bild der Fauna liefern kann. renzen für die „Pionier-“ und die „Aufbau- Der Nachweis einer heidetypischen Zönose phase.“ Die hohen Individuenzahlen kenn- durch die vorliegenden Ergebnisse und der Ver- zeichnen sie eine Leitart beider Alterungs- gleich mit den Befunden aus anderen Heidege- phasen. bieten begründete die Eignung der Wanzen als Nabis ericetorum stellt die bestimmende Sichel- Gruppe von Biodeskriptoren. Unter Berück- THOMAS MARTSCHEI: Wanzen (Heteroptera) als Indikatoren des Lebensraumtyps Trockenheide 47 sichtigung der Habitatansprüche erfolgte eine species for that biotope. Indigenous species, Auswahl von stenöken Arten nach RIECKEN & which are heath preferring, were checked and BLAB (1989) und unter Nutzung eines rein zö- the habitat evaluated regarding its function as nologischen Ansatzes wurden Artenkombina- spring structure for a heath typical fauna of true tionen, aus denen biotopbezogene Zönosen bugs. und Leitarten definiert werden können, heraus- Summarizing all data and considering aute- gearbeitet. Hierzu erfolgte eine Prüfung der In- cology, nine species have been defined as digenität der heideliebenden Arten und darauf- indictors for a heath biotope as well as quality folgend eine Einschätzung des Gebietes in sei- of structures during developing stages for the ner Funktion als „Quellstruktur“ der heidetypi- FFH-habitat type „European low land dry he- schen Wanzenfauna. Es kristallisierte sich eine ath“ (Natura 2000-Code LRT 4030a). Zönose typischer Ausprägung heraus. Zusammenfassend konnten über die Autö- kologie und mittels Auswertung aller Untersu- chungsergebnisse neun Arten als Indikatoren 8. Literatur für die Präsenz von Heidebiotopen sowie die

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Anschrift des Verfassers: THOMAS MARTSCHEI, Feldstraße 3, D-17498 Jarmshagen E-Mail: [email protected] Insecta, Heft 9, 2004, Seite 49-66

THOMAS MARTSCHEI, Jarmshagen & HANS DIETER ENGELMANN, Daubitz

Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten Mecklenburg-Vorpommerns

Die artenreiche Ordnung der Wanzen ist in Vorpommerns dar. Seine Sammlung ist größ- der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Nur tenteils gut erhalten und wird derzeit in der die Bettwanze ist jedem ein Begriff, wobei prak- Universität Rostock verwahrt. Weitere umfang- tische Erfahrungen mit ihr lediglich die ältere reichere Bearbeitungen stammen von RUDOW Generation gemacht haben dürfte. Dennoch (1878), HAINMÜLLER (1933), WENDT (1937 bzw. hat diese eine Art die ganze Ordnung durch ih- 1938) sowie ENGELMANN (1969). Die erste um- re belästigende Lebensweise in Verruf gebracht. fassende Zusammenstellung zur landesweiten Von den weltweit über 40.000 beschriebenen Wanzenfauna erschien erst weit später in Form Spezies sind bislang in Deutschland 868 Arten einer Vorläufigen Checkliste (MARTSCHEI & EN- (HOFFMANN 1998) nachgewiesen. Die an For- GELMANN 2001). menvielfalt, Farbenpracht und Lebensweise Schwerpunkte der landesweiten Erfassung vielfältige Gruppe kommt praktisch in allen Le- finden sich regional in Mecklenburg im Raum bensbereichen vor. Rostock bzw. im heutigen „Müritz-National- Von entomologischen Laien werden Wan- park.“ In Vorpommern sind insbesondere im zen meist als Käfer angesprochen, obwohl Zusammenhang mit der universitären Tätigkeit Mundwerkzeuge und Flügel einen völlig ande- lokal um Greifswald zahlreiche Daten erhoben ren Aufbau zeigen und die für Wanzen typi- worden. Defizite in der Datengrundlage finden schen Stinkdrüsen den Käfern fehlen. sich demgegenüber insbesondere im westlichen Trotz des immensen Wissenszuwachses ins- bis südlichen Mecklenburg sowie in den Berei- besondere in den letzten Jahrzehnten gehören chen der Lehmplatten Vorpommerns. die Wanzen immer noch zu den faunistisch we- Von atlantisch geprägten Küstenabschnit- niger bearbeiteten Gruppen. Speziell für Meck- ten bis zu kontinental bestimmten Bereichen lenburg-Vorpommern liegen bislang nur weni- reicht das Spektrum der Naturraumausstat- ge umfangreichere Arbeiten vor. Bei Deutung tung. Eine unzweifelhafte bundesweite Be- von Verbreitungskarten ist damit Vorsicht ge- sonderheit liegt in der Küstenproblematik be- boten; nur allzu schnell repräsentieren diese gründet. So sind insbesondere die Ostsee- und eher die Verbreitung der Aktivitäten von Boddenküsten sowie die Inseln von allergröß- Sammlern als die der Art. tem Interesse für faunistische Untersuchungen (MARTSCHEI 1998, SACK 1976). Eine weitere Die umfassende Veröffentlichung von RAD- Spezifität stellen die Niedermoore, speziell die DATZ (1874) stellte den Beginn der Erforschung Flusstalmoore Mecklenburg-Vorpommerns der landeseigenen Wanzenfauna Mecklenburg- dar. Die Moorspezifität ist Gegenstand lokal- 50 Insecta, Heft 9, 2004 heteropterologischer Veröffentlichungen von – Landschaftsrahmenplan , RABELER (1931) und SCHIEFERDECKER (1964). – Landesparkprogramm: Stadtpark und Bas- tionen , Im Mittelpunkt der lokalfaunistischen Bear- – Pflege und Entwicklungsplan des Großna- beitung befanden sich vor allem zwei Arten. Die turschutzgebietes „Peenetal-Landschaft“, Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre begin- – Fließgewässerkartierung Mecklenburg-Vor- nende Ausbreitungstendenz von Graphosoma pommern, lineatum wurde in zahlreichen Arbeiten doku- – Biologische Untersuchungen im Rahmen mentiert (RUDNICK 1985, RUDNICK & RUDNICK von UVS für Kiessandtagebaue. 1985, RUDNICK 1988, RUDNICK 1989, BRING- MANN 1977, 1979, KORNMILCH 1987, WERNER Bei der Erarbeitung der Liste traten zahlrei- 1997, 1999). Zur landesweiten Verbreitung che Probleme auf. Nomenklatorische Änderun- bzw. ökophysiologischen Aspekten von Aphelo- gen sind insbesondere bei älteren Arbeiten cheirus aestivalis finden sich zahlreiche Arbeiten nicht mehr nachzuvollziehen, da die Änderun- von der Arbeitsgruppe MESSNER et al. der Uni- gen (Neubeschreibungen, Aufspaltungen u. ä.) versität Greifswald (1980, 1981, 1982, 1983, später erfolgten. Oftmals insbesondere in 1986), ZETTLER, (1989), MESSNER & ADIS (1999). Sammlungen älterer Herkunft fehlen jegliche Angaben über den Determinant der Exemplare. Grundlage der Bearbeitung bildet die Zahlreiche Literaturangaben sind gegenwärtig Heteropteren-Datenbank von T. MARTSCHEI, nicht mehr durch Belegexemplare nachprüfbar, die derzeit etwa 18.500 Datensätze zu den Wan- da deren Verbleib derzeit unbekannt ist. Ver- zen Mecklenburg-Vorpommerns enthält. Diese wunderlich ist in diesem Zusammenhang, dass Datenbank basiert auf den Funden beider Au- dieser Fakt auch auf neuere Publikationen zu- toren, wobei ENGELMANN hauptsächlich in den trifft (SACK 1976). Einige Fundortangaben sind Jahren 1961 bis 1989 eigene und Aufsammlun- heute nicht mehr bzw. schwerlich überprüfbar. gen Dritter bearbeitet hat, während die neueren Deren Angaben sind oft unpräzise oder bein- Angaben ab 1990 von MARTSCHEI stammen. halten Bezeichnungen, die nicht mehr geläufig Außerdem sind alle weiteren verfügbaren An- und deshalb schwerlich einzuordnen sind gaben in die Datei eingeflossen, klassische fau- (Sammlung HAINMÜLLER/WAGNER/KONOW). nistische Arbeiten ebenso wie alle einzelnen Des weiteren erschwerten Unstimmigkeiten Fundmeldungen. zwischen den veröffentlichten Daten und deren Die hier vorgestellten Ergebnisse der Daten- Belegsammlungen die Erstellung der Liste er- recherche bezieht sich also im wesentlichen auf: heblich (KRAUTMANN 1956). – die Erfassung von Privatsammlungen (EN- Eine weitere Problematik liegt in dem Erfas- GELMANN, MARTSCHEI, RUDNICK, SCHUSTER, sen diverser privater Aufsammlungen bzw. VOLKMANN), überprüfbaren Sammelmaterials begründet. – die Aufnahme alter Belegsammlungen (RAD- Diese Liste soll einen Beitrag zum Füllen dieser DATZ, WAGNER/HAINMÜLLER/KONOW, LASS und Lücken leisten und gleichzeitig als Diskussions- WENDT), deren Auswertung noch unvollständig grundlage dienen. ist – das Einarbeiten bislang unveröffentlichter Die Auflistung enthält alle Wanzenarten, Daten aus Praktika, Diplom- bzw. Staatsexa- die bis dato auf dem heutigen Territorium des mensarbeiten und Mitteilungen von Kollegen, Landes Mecklenburg-Vorpommern nachge- – eine umfassende Literaturrecherche regiona- wiesen bzw. die in der Literatur erwähnt wur- ler Veröffentlichungen, und den. Dabei blieb unberücksichtigt, ob die Nach- – Aufnahme von Daten innerhalb von Projek- weise aus heutiger Sicht zutreffend oder gene- ten: rell nachprüfbar waren. – Wissenschaftliche Begleituntersuchungen zum Projekt Stadtlandschaftsentwicklung Es wurden nahezu 450 Meßtischblattqua- Greifswald (in Bearbeitung), dranten besammelt, das entspricht fast 50 % der THOMAS MARTSCHEI & HANS DIETER ENGELMANN: Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten MVs 51

Landesfläche. Abbildung 1 gibt einen Überblick Kenntnis der einheimischen landeseigenen In- über die bislang besammelten Quadranten. sektenfauna leisten und zugleich ein erster Es sind derzeit etwa 17.000 Einträge digital Schritt zur Erstellung einer Roten Liste der lan- ausgewertet. Sie enthalten 550 Arten aus 264 desweit gefährdeten Wanzenarten darstellen. Gattungen. Das macht einen Anteil von fast Aufgrund der in einigen Fällen noch unzurei- 65 % an der gesamtdeutschen Wanzenfauna chenden lokalfaunistisch-ökologischen Kennt- (HOFFMANN 1998) aus. nisse trägt sie nur vorläufigen Charakter und Als bemerkenswerte Nachweise sind zudem sollte stetig modifiziert und vervollständigt die bundesweit einmaligen Erwähnungen von werden. Deshalb bitten die Verfasser um die Gerris sphagnetorum, übrigens in zwei Exempla- Zusendung von während eines Aufenthaltes in ren in der Sammlung ENGELMANN belegt, sowie Mecklenburg-Vorpommern gesammelten Da- von Sigara selecta sowie S. dorsalis zu erwähnen. ten bzw. Belegexemplaren. Vielleicht ist sie Die nachfolgende Auflistung (Tabelle 1) auch Anregung zum gezielten Aufsammeln, um hält sich im wesentlichen an die Systematik vorhandene Kenntnisse über die Verbreitung nach AUKEMA & RIEGER (1995, 1996, 1999 und der Wanzenarten des nordöstlichsten Bundes- 2001) sowie an GÜNTHER und SCHUSTER (1990 landes der BRD zu erweitern. bzw. 2000). Ergänzungen sowie Änderungen sind soweit wie möglich mit eingearbeitet wor- Dank gebührt vor allem den musealen Ein- den. Die Synonyma wurden mit Hilfe der obig richtungen und den Universitäten, die in ihren genannten Kataloge und unter Zuhilfenahme Sammlungen Belegexemplare von Wanzen aus des Katalogs von OSHANIN (1912) überarbeitet. dem relevanten Gebiet beherbergen und diese Da bislang keine zusammenfassende Ge- zugänglich machten. Hier sind insbesondere samtbearbeitung der Wanzenarten Mecklen- das „Naturkundemuseum der Humboldt-Uni- burg-Vorpommerns vorliegt, sollte diese Liste versität Berlin“ (Kustos: Herr DR. DECKERT so- als Diskussionsgrundlage einen Beitrag zur wie Frau Dr. GÖLLNER-SCHEIDING), das „Staatli-

Abb. 1: Verteilung der Daten landesweit bekannten Wanzenarten auf Messtischblattquadranten 52 Insecta, Heft 9, 2004 che Museum für Naturkunde Görlitz“ (Kustos: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald“ Herr FRANKE) sowie das „Müritz-Museum“ (Herr Prof. MÜLLER-MOTZFELD). Waren (Frau Dr. SEEMANN) zu nennen. Des weiteren erhielten die Autoren die Möglichkeit Für die Übermittlung von Daten aus priva- zur Einsicht und Aufnahme der Sammlung ten Sammlungen bedanken sich die Autoren Raddatz der Universität Rostock (Herr Prof. vor allem bei Herrn RUDNICK, Herrn VOLK- KINZELBACH) sowie einiger Belegsammlungen MANN, Herrn SCHUSTER, Herrn WOLF sowie der „Zoologischen Instituts und Museums der Herrn MENZEL-HARLOFF.

Tabelle 1: Artenliste der Wanzen Mecklenburg-Vorpommerns

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 1 Ceratocombus coleoptratus (ZETTERSTEDT, 1819) 2 Cryptostemma waltli (FIEBER, 1860) 3 Nepinae Nepa cinerea LINNAEUS, 1758 4 Ranatrinae Ranatra linearis (LINNAEUS, 1758) 5 Micronectinae Micronecta minutissima (LINNAEUS, 1758) 6 Cymatiainae Cymatia bonsdorffii (C.R. SAHLBERG, 1819) 7 Cymatia coleoptrata (FABRICIUS, 1777) 8 Arctocorisa carinata carinata (C.R. SAHLBERG, 1819) 9 praeusta praeusta (FIEBER, 1848) 10 Corixa dentipes THOMSON, 1869 11 Corixa panzeri FIEBER, 1848 12 Corixa punctata (ILLIGER, 1807) 13 linnaei (FIEBER, 1848) 14 Hesperocorixa moesta (FIEBER, 1848) 15 Hesperocorixa sahlbergi (FIEBER, 1848) 16 Paracorixa concinna concinna (FIEBER, 1848) 17 Sigara selecta (FIEBER, 1848) 18 Sigara stagnalis stagnalis (LEACH, 1817) 19 Sigara hellensii (C.R. SAHLBERG, 1819) 20 Sigara nigrolineata nigrolineata (FIEBER, 1848) 21 Sigara limitata limitata (FIEBER, 1848) 22 Sigara semistriata (FIEBER, 1848) 23 Sigara dorsalis (LEACH, 1817) 24 Sigara striata (LINNAEUS, 1758) 25 Sigara distincta (FIEBER, 1848) 26 Sigara falleni (FIEBER, 1848) 27 Sigara fossarum (LEACH, 1817) 28 Sigara iactans JANSSON, 1983 29 Sigara scotti (DOUGLAS & SCOTT, 1868) 30 Sigara lateralis (LEACH, 1817) 31 Naucorinae Ilyocoris cimicoides cimicoides (LINNAEUS, 1758) 32 Aphelocheirus aestivalis (FABRICIUS, 1794) 33 Notonectinae Notonecta glauca glauca LINNAEUS, 1758 34 Notonecta lutea MÜLLER, 1776 35 Notonecta maculata FABRICIUS, 1794 36 Notonecta reuteri reuteri HUNGERFORD, 1928 37 Plea minutissima minutissima LEACH, 1817 38 Mesovelliidae Mesovelia furcata MULSANT & REY, 1852 THOMAS MARTSCHEI & HANS DIETER ENGELMANN: Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten MVs 53

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 39 Hebridae Hebrinae Hebrus pusillus pusillus (FALLÉN, 1807) 40 Hebrus ruficeps THOMSON, 1871 41 Hydrometrinae Hydrometra gracilenta HORVÁTH, 1899 42 Hydrometra stagnorum (LINNAEUS, 1758) 43 Microveliinae Microvelia buenoi DRAKE, 1920 44 Microvelia reticulata (BURMEISTER, 1835) 45 Veliinae Velia caprai caprai TAMANINI, 1947 46 Velia currens (FABRICIUS, 1794) 47 Gerrinae Aquarius najas (DE GEER, 1773) 48 Aquarius paludum paludum (FABRICIUS, 1794) 49 Gerris argentatus SCHUMMEL, 1832 50 Gerris gibbifer SCHUMMEL, 1832 51 Gerris lacustris (LINNAEUS, 1758) 52 Gerris odontogaster (ZETTERSTEDT, 1828) 53 Gerris sphagnetorum GAUNITZ, 1947 54 Gerris thoracicus SCHUMMEL, 1832 55 Gerris asper (FIEBER, 1860) 56 Gerris lateralis SCHUMMEL, 1832 57 Limnoporus rufoscutellatus (LATREILLE, 1807) 58 Chiloxanthinae Chiloxanthus pilosus (FALLÉN, 1807) 59 Saldinae Chartoscirta cincta cincta (HERRICH-SCHAEFFER, 1841) 60 Chartoscirta cocksii (CURTIS, 1835) 61 Chartoscirta elegantula elegantula (FALLÉN, 1807) 62 Halosalda lateralis (FALLÉN, 1807) 63 Saldula arenicola arenicola (SCHOLTZ, 1847) 64 Saldula c-album (FIEBER, 1859) 65 Saldula fucicola (J.SAHLBERG, 1870) 66 Saldula opacula (ZETTERSTEDT, 1838) 67 Saldula orthochila (FIEBER, 1859) 68 Saldula pallipes (FABRICIUS, 1794) 69 Saldula palustris (DOUGLAS, 1874) 70 Saldula pilosella pilosella (THOMSON, 1871) 71 Saldula saltatoria (LINNAEUS, 1758) 72 Salda littoralis (LINNAEUS, 1758) 73 Salda morio ZETTERSTEDT, 1838 74 Salda muelleri (GMELIN, 1790) 75 Leptopodidae Leptopodinae Leptopus marmoratus (GOEZE, 1778) 76 Tingidae Tinginae Acalypta brunnea (GERMAR, 1837) 77 Acalypta carinata (PANZER, 1806) 78 Acalypta gracilis (FIEBER, 1844) 79 Acalypta marginata (WOLFF, 1804) 80 Acalypta musci (SCHRANK, 1781) 81 Acalypta nigrina (FALLÉN, 1807) 82 Acalypta parvula (FALLÉN, 1807) 83 Acalypta platycheila (FIEBER, 1844) 84 Agramma confusum (PUTON, 1879) 85 Agramma fallax (HORVÁTH, 1906) 86 Agramma laetum (FALLÉN, 1807) 87 Campylosteira verna (FALLÉN, 1826) 54 Insecta, Heft 9, 2004

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 88 Catoplatus fabricii (STÅL, 1868) 89 foliacea foliacea (FALLÉN, 1807) 90 Derephysia cristata (PANZER, 1806) 91 Dictyla echii (SCHRANK, 1782) 92 Dictyla humuli (FABRICIUS, 1794) 93 Dictyla lupuli (HERRICH-SCHAEFFER, 1837) 94 Dictyonota fuliginosa A.COSTA, 1853 95 Dictyonota strichnocera FIEBER, 1844 96 affinis (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 97 Galeatus maculatus (HERRICH-SCHAEFFER, 1838) 98 Galeatus spinifrons (FALLÉN, 1807) 99 Kalama tricornis (SCHRANK, 1801) 100 Lasiacantha capucina capucina (GERMAR, 1837) 101 Oncochila simplex (HERRICH-SCHAEFFER, 1830) 102 Physatocheila costata (FABRICIUS, 1794) 103 Physatocheila dumetorum (HERRICH-SCHAEFFER, 1838) 104 Physatocheila harwoodi CHINA, 1936 105 Physatocheila smreczynskii CHINA, 1952 106 Stephanitis rhododendri HORVÁTH, 1905 107 Tingis reticulata (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 108 Tingis ampliata (HERRICH-SCHAEFFER, 1838) 109 Tingis cardui (LINNAEUS, 1758) 110 Loricula elegantula (BAERENSPRUNG, 1858) 111 Loricula pselaphiformis CURTIS, 1833 112 Myrmedobia coleoptrata (FALLÉN, 1807) 113 Myrmedobia exilis (FALLÉN, 1807) 114 Miridae Bryocorinae Bryocoris pteridis (FALLÉN, 1807) 115 Monalocoris filicis (LINNAEUS, 1758) 116 Dicyphinae Campyloneura virgula (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 117 Dicyphus annulatus (WOLFF, 1804) 118 Dicyphus globulifer (FALLÉN, 1829) 119 Dicyphus epilobii REUTER, 1883 120 Dicyphus errans (WOLFF, 1804) 121 Dicyphus pallidus (HERRICH-SCHAEFFER, 1836) 122 Dicyphus pallicornis (FIEBER, 1861) 123 Macrolophus pygmaeus (RAMBUR, 1839) 124 Deraeocorinae Bothynotus pilosus (BOHEMAN, 1852) 125 Alloeotomus germanicus E.WAGNER, 1939 126 Alloeotomus gothicus (FALLÉN, 1807) 127 Deraeocoris punctulatus (FALLÉN, 1807) 128 Deraeocoris ruber (LINNAEUS, 1758) 129 Deraeocoris scutellaris (FABRICIUS, 1794) 130 Deraeocoris trifasciatus (LINNAEUS, 1767) 131 Deraeocoris lutescens (SCHILLING, 1837) 132 Adelphocoris lineolatus (GOEZE, 1778) 133 Adelphocoris quadripunctatus (FABRICIUS, 1794) 134 Adelphocoris seticornis (FABRICIUS, 1775) 135 Adelphocoris ticinensis (MEYER-DUER, 1843) 136 Agnocoris rubicundus (FALLÉN, 1807) THOMAS MARTSCHEI & HANS DIETER ENGELMANN: Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten MV 55

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 137 Apolygus limbatus (FALLÉN, 1807) 138 Apolygus lucorum (MEYER-DUER, 1843) 139 Apolygus rhamnicola (REUTER, 1885) 140 Apolygus spinolae (MEYER-DUER, 1841) 141 Brachycoleus decolor REUTER, 1887 142 Rhabdominis striatellus striatellus (FABRICIUS 1777) 143 affinis (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 144 Calocoris roseomaculatus roseomaculatus (DE GEER, 1773) 145 Camptozygum aequale (VILLERS, 1789) 146 Capsodes gothicus gothicus (LINNAEUS, 1758) 147 Capsus ater (LINNAEUS, 1758) 148 Capsus pilifer (REMANE, 1950) 149 Capsus wagneri (REMANE, 1950) 150 Charagochilus gyllenhalii (FALLÉN, 1807) 151 Closterotomus biclavatus biclavatus (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 152 Closterotomus fulvomaculatus (DE GEER, 1773) 153 Closterotomus norwegicus (GMELIN, 1790) 154 Dichrooscytus intermedius REUTER, 1885 155 Dichrooscytus rufipennis (FALLÉN, 1807) 156 sexguttatus (FABRICIUS, 1777) 157 Hadrodemus m-flavum (GOEZE, 1778) 158 Liocoris tripustulatus (FABRICIUS, 1781) 159 Lygocoris pabulinus (LINNAEUS, 1761) 160 Lygocoris rugicollis (FALLÉN, 1807) 161 Lygocoris contaminatus (FALLÉN, 1807) 162 Lygocoris viridis (FALLÉN, 1807) 163 adspersus (SCHILLING, 1837) 164 Lygus gemellatus gemellatus (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 165 WAGNER, 1949 166 (LINNAEUS, 1758) 167 Lygus punctatus (ZETTERSTEDT, 1838) 168 Lygus rugulipennis POPPIUS, 1911 169 Lygus wagneri REMANE, 1955 170 Megacoelum beckeri (FIEBER, 1870) 171 Megacoelum infusum (HERRICH-SCHAEFFER, 1837) 172 Miris striatus (LINNAEUS, 1758) 173 Odontoplatys bidentulus (HERRICH-SCHAEFFER, 1842) 174 Orthops basalis (A. COSTA, 1853) 175 Orthops campestris (LINNAEUS, 1758) 176 Orthops kalmii (LINNAEUS, 1758) 177 Pantilius tunicatus (FABRICIUS, 1781) 178 ulmi (LINNAEUS, 1758) 179 Phytocoris varipes BOHEMAN, 1852 180 Phytocoris dimidiatus KIRSCHBAUM, 1856 181 Phytocoris hirsutulus FLOR, 1861 182 Phytocoris intricatus FLOR, 1861 183 Phytocoris longipennis FLOR, 1861 184 Phytocoris pini KIRSCHBAUM, 1856 185 Phytocoris populi (LINNAEUS, 1758) 56 Insecta, Heft 9, 2004

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 186 Phytocoris reuteri SAUNDERS, 1876 187 Phytocoris tiliae tiliae (FABRICIUS, 1777) 188 Pinalitus cervinus (HERRICH-SCHAEFFER, 1841) 189 Pinalitus rubricatus (FALLÉN, 1807) 190 Pinalitus viscicola (PUTON, 1888) 191 Polymerus brevicornis (REUTER, 1879) 192 Polymerus microphthalmus (WAGNER, 1951) 193 Polymerus palustris (REUTER, 1907) 194 Polymerus unifasciatus (FABRICIUS, 1794) 195 Polymerus vulneratus (PANZER, 1806) 196 Polymerus holosericeus HAHN, 1831 197 Polymerus nigrita (FALLÉN, 1807) 198 Rhabdomiris striatellus striatellus (FABRICIUS, 1794) 199 Stenotus binotatus (FABRICIUS, 1794) 200 Acetropis carinata (HERRICH-SCHAEFFER, 1841) 201 Acetropis gimmerthalii gimmerthalii (FLOR, 1860) 202 Leptopterna dolobrata (LINNAEUS, 1758) 203 Leptopterna ferrugata (FALLÉN, 1807) 204 Megaloceroea recticornis (GEOFFREY, 1785) 205 Myrmecoris gracilis (R.F. SAHLBERG, 1848) 206 Notostira elongata (GEOFFROY, 1785) 207 Notostira erratica (LINNAEUS, 1758) 208 Pithanus maerkelii (HERRICH-SCHAEFFER, 1838) 209 Stenodema calcarata (FALLÉN, 1807) 210 Stenodema trispinosa REUTER, 1904 211 Stenodema holsata (FABRICIUS, 1787) 212 Stenodema laevigata (LINNAEUS, 1758) 213 Stenodema virens (LINNAEUS, 1767) 214 Teratocoris antennatus (BOHEMAN, 1852) 215 Trigonotylus caelestialium (KIRKALDY, 1902) 216 Trigonotylus pulchellus (HAHN, 1834) 217 Trigonotylus ruficornis (GEOFFROY, 1785) 218 Orthotylinae Anapus longicornis JAKOVLEV, 1882 219 Halticus apterus apterus (LINNAEUS, 1758) 220 Halticus luteicollis (PANZER, 1804) 221 Orthocephalus brevis (PANZER, 1798) 222 Orthocephalus coriaceus (FABRICIUS, 1777) 223 Orthocephalus saltator (HAHN, 1835) 224 Orthocephalus vittipennis (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 225 Strongylocoris leucocephalus (LINNAEUS, 1758) 226 Strongylocoris luridus (FALLÉN, 1807) 227 Strongylocoris niger (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 228 Blepharidopterus angulatus (FALLÉN, 1807) 229 Blepharidopterus diaphanus (KIRSCHBAUM, 1856) 230 Cyllocoris histrionicus (LINNAEUS, 1767) 231 Dryophilocoris flavoquadrimaculatus (DE GEER, 1773) 232 Fieberocapsus flaveolus (REUTER, 1870) 233 Globiceps sphaegiformis (ROSSI, 1790) 234 Globiceps flavomaculatus (FABRICIUS, 1794) THOMAS MARTSCHEI & HANS DIETER ENGELMANN: Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten MV 57

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 235 Globiceps fulvicollis JAKOVLEV, 1877 236 Heterocordylus genistae (SCOPOLI, 1763) 237 Heterocordylus tibialis (HAHN, 1833) 238 Heterocordylus tumidicornis (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 239 Heterotoma merioptera (SCOPOLI, 1763) 240 Heterotoma planicornis (PALLAS, 1772) 241 Malacocoris chlorizans (PANZER, 1794) 242 Mecomma ambulans ambulans (FALLÉN, 1807) 243 Orthotylus ericetorum ericetorum (FALLÉN, 1807) 244 Orthotylus flavosparsus (C.R. SAHLBERG, 1841) 245 Orthotylus flavinervis (KIRSCHBAUM, 1856) 246 Orthotylus marginalis REUTER, 1883 247 Orthotylus nassatus (FABRICIUS, 1787) 248 Orthotylus prasinus (FALLÉN, 1826) 249 Orthotylus tenellus (FALLÉN, 1807) 250 Orthotylus virens (FALLÉN, 1807) 251 Orthotylus viridinervis (KIRSCHBAUM, 1856) 252 Orthotylus concolor (KIRSCHBAUM, 1856) 253 Orthotylus virescens (DOUGLAS & SCOTT, 1865) 254 Orthotylus bilineatus (FALLÉN, 1807) 255 Pseudoloxops coccineus (MEYER-DUER, 1843) 256 Pilophorus cinnamopterus (KIRSCHBAUM, 1856) 257 Pilophorus clavatus (LINNAEUS, 1767) 258 Pilophorus confusus (KIRSCHBAUM, 1856) 259 DOUGLAS & SCOTT, 1875 260 Cremnocephalus albolineatus REUTER, 1875 261 Hallodapus rufescens (BURMEISTER, 1835) 262 Systellonotus triguttatus (LINNAEUS, 1767) 263 Amblytylus albidus (HAHN, 1834) 264 Amblytylus nasutus (KIRSCHBAUM, 1856) 265 Atractotomus magnicornis (FALLÉN, 1807) 266 Atractotomus mali (MEYER-DUER, 1843) 267 Campylomma verbasci (MEYER-DUER, 1843) 268 Chlamydatus saltitans (FALLÉN, 1807) 269 Chlamydatus pulicarius (FALLÉN, 1807) 270 Chlamydatus pullus (REUTER, 1870) 271 Compsidolon salicellum (HERRICH-SCHAEFFER, 1841) 272 Conostethus roseus (FALLÉN, 1807) 273 Criocoris crassicornis (HAHN, 1834) 274 Criocoris sulcicornis (KIRSCHBAUM, 1856) 275 Europiella albipennis (FALLÉN, 1829) 276 Europiella artemisiae (BECKER, 1864) 277 Harpocera thoracica (FALLÉN, 1807) 278 Hoplomachus thunbergii (FALLÉN, 1807) 279 Lopus decolor decolor (FALLÉN, 1807) 280 Macrotylus paykullii (FALLÉN, 1807) 281 Macrotylus solitarius (MEYER-DÜR, 1843) 282 Megalocoleus molliculus (FALLÉN, 1807) 283 Megalocoleus tanaceti (FALLÉN, 1807) 58 Insecta, Heft 9, 2004

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 284 Monosynamma bohemanni (FALLÉN, 1829) 285 punctipes REUTER, 1875 286 Orthonotus rufifrons (FALLÉN, 1807) 287 Parapsallus vitellinus (SCHOLTZ, 1847) 288 Phoenicocoris obscurellus (FALLÉN, 1829) 289 coryli (LINNAEUS, 1758) 290 Phylus melanocephalus (LINNAEUS, 1767) 291 Placochilus seladonicus seladonicus (FALLÉN, 1807) 292 Plagiognathus arbustorum arbustorum (FABRICIUS, 1794) 293 Plagiognathus chrysanthemi (WOLFF, 1804) 294 Plagiognathus fulvipennis (KIRSCHBAUM, 1856) 295 Plesiodema pinetella (ZETTERSTEDT, 1828) 296 Psallus betuleti betuleti (FALLÉN, 1826) 297 Psallus perrisi (MULSANT & REY, 1852) 298 Psallus variabilis (FALLÉN, 1807) 299 Psallus ambiguus (FALLÉN, 1807) 300 Psallus quercus (KIRSCHBAUM, 1856) 301 Psallus lapponicus REUTER, 1874 302 Psallus piceae REUTER, 1878 303 Psallus falleni REUTER, 1883 304 Psallus flavellus STICHEL, 1933 305 Psallus haematodes (GMELIN, 1790) 306 Psallus lepidus FIEBER, 1858 307 Psallus mollis (MULSANT & REY, 1852) 308 Psallus salicis (KIRSCHBAUM, 1856) 309 Psallus varians varians (HERRICH-SCHAEFFER, 1841) 310 Salicarus roseri (HERRICH-SCHAEFFER, 1838) 311 Sthenarus rotermundi (SCHOLTZ, 1847) 312 Tytthus pygmaeus (ZETTERSTEDT, 1838) 313 Nabidae Nabinae Himacerus major (A. COSTA, 1842) 314 Himacerus mirmicoides (O. COSTA, 1834) 315 Himacerus apterus (FABRICIUS, 1798) 316 Himacerus boops (SCHIøDTE, 1870) 317 Nabis limbatus DAHLBOM, 1851 318 Nabis lineatus DAHLBOM, 1851 319 Nabis flavomarginatus SCHOLTZ, 1847 320 Nabis brevis brevis SCHOLTZ, 1847 321 Nabis ericetorum SCHOLTZ, 1847 322 Nabis ferus (LINNAEUS, 1758) 323 Nabis pseudoferus pseudoferus REMANE, 1949 324 Nabis rugosus (LINNAEUS, 1758) 325 Anthocorinae Acompocoris pygmaeus (FALLÉN, 1807) 326 Anthocoris amplicollis HORVÁTH, 1893 327 Anthocoris confusus REUTER, 1884 328 Anthocoris gallarumulmi (DE GEER, 1773) 329 Anthocoris limbatus FIEBER, 1836 330 Anthocoris minki minki DOHRN, 1860 331 Anthocoris nemoralis (FABRICIUS, 1794) 332 Anthocoris nemorum (LINNAEUS, 1761) THOMAS MARTSCHEI & HANS DIETER ENGELMANN: Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten MV 59

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 333 Anthocoris sarothamni DOUGLAS & SCOTT, 1865 334 Anthocoris simulans REUTER, 1884 335 Elatophilus pini (BAERENSPRUNG, 1858) 336 Temnostethus pusillus (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 337 Tetraphleps bicuspis (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 338 Orius horvathi (REUTER, 1884) 339 Orius laticollis laticollis (REUTER, 1884) 340 Orius majusculus (REUTER, 1879) 341 Orius minutus (LINNAEUS, 1758) 342 Orius niger (WOLFF, 1811) 343 Lyctocorinae Brachysteles parvicornis (A. COSTA, 1847) 344 Dufouriellus ater (DUFOUR, 1833) 345 Lyctocoris campestris (FABRICIUS, 1794) 346 Xylocoris galactinus (FIEBER, 1836) 347 Xylocoris cursitans (FALLÉN, 1807) 348 Cimicinae Cimex dissimilis (HORVÁTH, 1910) 349 Cimex lectularius LINNAEUS, 1758 350 Cimex pipistrelli JENYNS, 1839 351 Oeciacus hirundinis (LAMARCK, 1816) 352 Reduviidae Emesinae Empicoris culiciformis (DE GEER, 1773) 353 Empicoris vagabundus (LINNAEUS, 1758) 354 Harpactorinae Coranus subapterus (DE GEER, 1773) 355 Rhynocoris annulatus (LINNAEUS, 1758) 356 Rhynocoris iracundus (PODA, 1761) 357 Phymatinae Phymata crassipes (FABRICIUS, 1775) 358 Reduviinae Reduvius personatus (LINNAEUS, 1758) 359 Stenopodainae Pygolampis bidentata (GOEZE, 1778) 360 Aneurinae Aneurinae Aneurus avenius avenius (DUFOUR, 1833) 361 Aneurus laevis laevis (FABRICIUS, 1775) 362 Aradinae Aradus betulae (LINNAEUS, 1758) 363 Aradus betulinus FALLÉN, 1829 364 Aradus cinnamomeus (PANZER, 1794) 365 Aradus conspicuus HERRICH-SCHAEFFER, 1835 366 Aradus corticalis (LINNAEUS, 1758) 367 Aradus depressus depressus (FABRICIUS, 1794) 368 Lygaeidae Lygaeinae (LINNAEUS, 1758) 369 (SCOPOLI, 1763) 370 Nithecus jacobaeae (SCHILLING, 1829) 371 Nysius ericae ericae (SCHILLING, 1829) 372 Nysius helveticus (HERRICH-SCHAEFFER, 1850) 373 Nysius senecionis senecionis (SCHILLING, 1829) 374 Nysius thymi (WOLFF, 1804) 375 Ortholomus punctipennis (HERRICH-SCHAEFFER, 1839) 376 Ischnorhynchinae Kleidocerys resedae (PANZER, 1797) 377 Cyminae Cymus aurescens DISTANT, 1883 378 Cymus claviculus (FALLÉN, 1807) 379 Cymus glandicolor HAHN, 1831 380 Cymus melanocephalus FIEBER, 1861 381 Blissinae Dimorphopterus spinolae (SIGNORET, 1857) 60 Insecta, Heft 9, 2004

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 382 (FALLÉN, 1826) 383 Henestarinae Henestaris halophilus (BURMEISTER, 1835) 384 Geocorinae Geocoris ater (FABRICIUS, 1787) 385 Geocoris grylloides (LINNAEUS, 1761) 386 Artheneinae Chilacis typhae (PERRIS, 1857) 387 Heterogastrinae urticae (FABRICIUS, 1775) 388 Platyplax salviae (SCHILLING, 1829) 389 Oxycareninae modestus (FALLÉN, 1829) 390 Rhyparochrominae Drymus brunneus brunneus (R. F.SAHLBERG, 1848) 391 Drymus ryeii DOUGLAS & SCOTT, 1865 392 Drymus sylvaticus (FABRICIUS, 1775) 393 Eremocoris abietis (LINNAEUS, 1758) 394 Eremocoris plebejus (FALLÉN, 1807) 395 Eremocoris podagricus (FABRICIUS, 1775) 396 Gastrodes grossipes grossipes (DE GEER, 1773) 397 Gastrodes abietum BERGROTH 1914 398 Ischnocoris angustulus (BOHEMAN, 1852) 399 Ischnocoris hemipterus (SCHILLING, 1829) 400 Ischnocoris punctulatus FIEBER, 1861 401 Scolopostethus affinis (SCHILLING, 1829) 402 Scolopostethus grandis HORVATH, 1880 403 Scolopostethus decoratus (HAHN, 1833) 404 Scolopostethus pictus (SCHILLING, 1829) 405 Scolopostethus pilosus pilosus (REUTER, 1874) 406 Scolopostethus puberulus HORVÁTH, 1887 407 Scolopostethus thomsoni REUTER, 1874 408 Taphropeltus contractus (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 409 Aphanus rolandri (LINNAEUS, 1758) 410 Emblethis denticollis HORVÁTH, 1878 411 Emblethis verbasci (FABRICIUS, 1803) 412 Gonianotus marginepunctatus (WOLFF, 1804) 413 Macrodema microptera (CURTIS, 1836) 414 Pionosomus opacellus HORVÁTH, 1895 415 Pionosomus varius (WOLFF, 1804) 416 Pterotmetus staphyliniformis (SCHILLING, 1829) 417 Trapezonotus anorus (FLOR, 1860) 418 Trapezonotus arenarius arenarius (LINNAEUS, 1758) 419 Trapezonotus desertus SEIDENSTUECKER, 1951 420 Trapezonotus dispar STÅL, 1872 421 Megalonotus antennatus (SCHILLING, 1829) 422 Megalonotus chiragra (FABRICIUS, 1794) 423 Megalonotus dilatatus (HERRICH-SCHAEFFER, 1840) 424 Megalonotus hirsutus FIEBER, 1861 425 Megalonotus praetextatus (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 426 Megalonotus sabulicola (THOMSON, 1870) 427 Sphragisticus nebulosus (FALLÉN, 1807) 428 Ligyrocoris silvestris (LINNAEUS, 1758) 429 Pachybrachius fracticollis (SCHILLING, 1829) 430 Pachybrachius luridus HAHN, 1826 THOMAS MARTSCHEI & HANS DIETER ENGELMANN: Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten MV 61

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 431 Plinthisus pusillus (SCHOLTZ, 1847) 432 Plinthiisus brevipennis (LATREILLE, 1807) 433 Beosus maritimus (SCOPOLI, 1763) 434 Graptopeltus lynceus (FABRICIUS, 1775) 435 angusticollis (R. F. SAHLBERG, 1848) 436 Peritrechus convivus distinguendus (FLOR, 1860) 437 Peritrechus geniculatus (HAHN, 1832) 438 Peritrechus lundii (GMELIN, 1790) 439 Peritrechus nubilus (FALLÉN, 1807) 440 Raglius alboacuminatus GOEZE, 1778 441 Raglius vulgaris (SCHILLING, 1829) 442 Rhyparochromus phoeniceus (ROSSI, 1794) 443 Rhyparochromus pini (LINNAEUS, 1758) 444 quadratus (FABRICIUS, 1798) 445 Acompus rufipes (WOLFF, 1804) 446 Stygnocoris fuligineus (GEOFFROY, 1785) 447 Stygnocoris pygmaeus (F.SAHLBERG, 1848) 448 Stygnocoris rusticus (FALLÉN, 1807) 449 Stygnocoris sabulosus (SCHILLING, 1829) 450 Piesmatidae Piesma quadratum (FIEBER, 1844) 451 Piesma variabile (FIEBER, 1844) 452 Piesma capitatum (WOLFF, 1804) 453 Piesma maculatum (LAPPORTE, 1832) 454 Berytinae Neides tipularius (LINNAEUS, 1758) 455 Berytinus clavipes (FABRICIUS, 1775) 456 Berytinus hirticornis hirticornis (BRULLÉ, 1836) 457 Berytinus minor minor (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 458 Berytinus crassipes (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 459 Berytinus montivagus (MEYER-DÜR, 1841) 460 Berytinus signoreti (FIEBER, 1859) 461 Gampsocorinae Gampsocoris punctipes punctipes (GERMAR, 1822) 462 Metacanthinae Metatropis rufescens (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 463 Pyrrhocoris apterus (LINNAEUS, 1758) 464 Alydinae Alydus calcaratus (LINNAEUS, 1758) 465 Coreidae Coreinae Coreus marginatus marginatus (LINNAEUS, 1758) 466 Enoplops scapha (FABRICIUS, 1794) 467 Gonocerus juniperi juniperi (HERRICH-SCHAEFFER, 1839) 468 Haploprocta sulcicornis (FABRICIUS, 1794) 469 Spathocera dahlmannii (SCHILLING, 1829) 470 Syromastes rhombeus (LINNAEUS, 1767) 471 fallenii (SCHILLING, 1829) 472 nubilus (FALLÉN, 1807) 473 gracilicornis (HERRICH-SCHAEFFER, 1835) 474 Ceraleptus lividus STEIN, 1858 475 denticulatus (SCOPOLI, 1763) 476 Coriomeris scabricornis (PANZER, 1809) 477 Nemocoris falleni F.SAHLBERG, 1848 478 Rhopalidae Rhopalinae Chorosoma schillingi (SCHILLING, 1829) 479 Myrmus miriformis miriformis (FALLÉN, 1807) 62 Insecta, Heft 9, 2004

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 480 Stictopleurus abutilon abutilon (ROSSI, 1790) 481 Stictopleurus crassicornis (LINNAEUS, 1758) 482 Stictopleurus punctatonervosus (GOEZE, 1778) 483 Brachycarenus tigrinus (SCHILLING, 1829) 484 Corizus hyoscyami hyoscyami (LINNAEUS, 1758) 485 Liorhyssus hyalinus (FABRICIUS, 1794) 486 Rhopalus maculatus FIEBER, 1837 487 Rhopalus parumpunctatus (SCHILLING, 1817) 488 Rhopalus subrufus (GMELIN, 1788) 489 Stenocephalidae agilis agilis (SCOPOLI, 1763) 490 Coptosoma scutellatum (GEOFFROY, 1785) 491 Byrsinus flavicornis (FABRICIUS, 1794) 492 Microporus nigritus (FABRICIUS, 1794) 493 Cydnus aterrimus (FORSTER, 1771) 494 Ochetostethus opacus (H. SCHOLTZ, 1847) 495 Adomerus biguttatus (LINNAEUS, 1758) 496 Canthophorus dubius (SCOPOLI, 1763) 497 Legnotus limbosus (GEOFFROY, 1785) 498 Legnotus picipes (FALLÉN, 1807) 499 luctuosus MULSANT & REY, 1866 500 Sehirus morio (LINNAEUS, 1761) 501 Tritomegas bicolor (LINNAEUS, 1758) 502 Thyreocorinae Thyreocoris scarabaeoides (LINNAEUS, 1758) 503 Eurygasterinae Eurygaster austriaca austriaca (SCHRANK, 1778) 504 Eurygaster maura (LINNAEUS, 1758) 505 Eurygaster testudinaria testudinaria (GEOFFROY, 1785) 506 Odontoscelinae Odontoscelis fuliginosa (LINNAEUS, 1761) 507 Odontoscelis lineola RAMBUR, 1842 508 Odontotarsinae Phimodera humeralis (DALMAN, 1832) 509 Pentatomidae Asopinae Arma custos (FABRICIUS, 1794) 510 Jalla dumosa (LINNAEUS, 1758) 511 Picromerus bidens (LINNAEUS, 1758) 512 Rhacognatus punctatus (LINNAEUS, 1758) 513 Troilus luridus (FABRICIUS, 1775)) 514 Zicrona coerulea (LINNAEUS, 1758) 515 Pentatominae Aelia acuminata (LINNAEUS, 1758) 516 Aelia klugi klugi HAHN, 1831 517 Aelia rostrata BOHEMAN, 1852 518 Neottiglossa pusilla (GMELIN, 1789) 519 Antheminia lunulata (GOEZE, 1778) 520 fuscispinus (BOHEMAN, 1849) 521 Carpocoris pudicus (PODA, 1761) 522 Carpocoris purpureipennis (DE GEER, 1773) 523 Antheminia lunulata (GOEZE 1778) 524 Chlorochroa juniperina juniperina (LINNAEUS, 1758) 525 Chlorochroa pinicola (MULSANT & REY, 1852) 526 Dolycoris baccarum (LINNAEUS, 1758) 527 Palomena prasina (LINNAEUS, 1761) 528 Palomena viridissima (PODA, 1761) THOMAS MARTSCHEI & HANS DIETER ENGELMANN: Checkliste der bis jetzt bekannten Wanzenarten MV 63

Nr. FAMILIE UNTERFAMILIE ART 529 Peribalus vernalis (WOLFF, 1804) 530 Eysarcoris aeneus (SCOPOLI, 1763) 531 Eysarcoris fabricii KIRKALDY, 1904 532 Stagonomus pusillus (HERRICH-SCHAEFFER, 1830) 533 Pentatoma rufipes (LINNAEUS, 1758) 534 Piezodorus lituratus (FABRICIUS, 1794) 535 Sciocoris microphthalmus FLOR, 1860 536 Sciocoris cursitans cursitans (FABRICIUS, 1794) 537 Sciocoris umbrinus (WOLFF, 1804) 538 Eurydema dominulus dominulus (SCOPOLI, 1763) 539 Eurydema oleracea (LINNAEUS, 1758) 540 Eurydema ornata (LINNAEUS, 1758) 541 Eurydema ventralis KOLENATI, 1846 542 Podopinae Graphosoma lineatum (LINNAEUS, 1758) 543 Podops inuncta (FABRICIUS, 1775) 544 Acanthosoma haemorrhoidale haemorrhoidale (LINNAEUS, 1758) 545 Cyphostethus tristriatus (FABRICIUS, 1787) 546 Elasmostethus interstinctus (LINNAEUS, 1758) 547 Elasmostethus minor HORVÁTH, 1899 548 Elasmucha ferrugata (FABRICIUS 1787) 549 Elasmucha fieberi JAKOVLEV, 1864 550 Elasmucha grisea grisea (LINNAEUS, 1758)

Literatur ein neuer Bestandteil der Entomofauna des Küsten- bezirks (Het., Pentatomidae). - Entomologische ARNOLD, K. (1982): Seltene Heteropteren aus der DDR Nachrichten 23, Heft 9, 143-144. (HET.; Miridae). - Entomologische Nachrichten ENGELMANN, H.-D. (1969): Erster Beitrag zur Wanzenfauna. und Berichte 26, 35-37. - Natur und Naturschutz in Mecklenburg, Sonder- ARNOLD, K. (2000): Korrekter Unterfamilienname Stenopo- heft NSG „Serrahn“, 66-69. dainae innerhalb der Familie Reduviidae der ENGELMANN, H.-D. (1977): Verzeichnis (Check List) der für Heteroptera. - Heteropteron 9, 5. das Gebiet der DDR nachgewiesenen oder zu er- AUKEMA, B., & RIEGER, C. (Hrsg.) (1995): Catalogue of the wartenden Wanzenarten-Teil 1. - Entomologische Heteroptera of the Palaearctic Region. Vol. 1. Eni- cocephalomorpha, Dipsocoromorpha, Nepomor- Berichte, 99-118. pha, Gerromorpha & Leptopodomorpha. - Amster- ENGELMANN, H.-D. (1981): Verzeichnis (Check List) der für dam, I-XXVI, 1-222. das Gebiet der DDR nachgewiesenen oder zu er- wartenden Wanzenarten (Heteroptera), - Entomo- AUKEMA, B., & RIEGER, C. (Hrsg.) (1996): Catalogue of the Heteroptera of the Palaearctic Region. Vol. 2, Cimi- logische Berichte 1, Teil 2, 11-32. comorpha I. - Amsterdam, I-XIV, 1-361. FOLKOWSKI, A. (1996): Auswertung von Barberfallen auf der AUKEMA, B., & RIEGER, C. (Hrsg.) (1999): Catalogue of the Binnensalzstelle „An den Bleichen“ hinsichtlich der Heteroptera of the Palaearctic Region, Vol. 3, Cimi- Wanzenfauna (Heteroptera). - unveröffentl. Ma- comorpha II. - Amsterdam, I-XIV, 1-577. nuskript. AUKEMA, B., & RIEGER, C. (Hrsg.) (2001): Catalogue of the GÄBLER H., &. JORDAN, K. H. C. (1967): 2. Beitrag zur Wan- Heteroptera of the Palaearctic Region, Vol. 4, Pen- zenfauna des Naturschutzgebietes „Ostufer der tatomomorpha I. - Amsterdam, I-XIV, 1-346. Müritz“. - Archiv des Vereins der Freunde der Na- BRAASCH, D., & STÖCKEL, G. (1989): Ein Beitrag zur Insek- turgeschichte Mecklenburgs, 53-60. tenfauna der Naturschutzgebiete „Grundloser See“ GÄBLER, H. (1962): Die Wanzen des Naturschutzgebietes und „Mümmelsee“ im Kreis Neustrelitz. - Natur „Ostufer der Müritz“. - Archiv des Vereins der und Naturschutz in Mecklenburg-Vorpommern, Freunde der Naturgeschichte Mecklenburgs, Heft 55-64. 8, 111-114. BRINGMANN, H.-D. (1977): Faunistische Notizen (39. Gra- GÄBLER, H. (1965): Besonderheiten unter den im Natur- phosoma lineatum L. (Het., Pentatomidae) im NO schutzgebiet „Ostufer der Müritz“ vorkommenden der DDR). - Entomologische Nachrichten 21, 175. Insektenarten. - Archiv des Vereins der Freunde der BRINGMANN, H.-D. (1979): Graphosoma lineatum LINNAEUS, Naturgeschichte Mecklenburgs, Heft 11, 73-78. 64 Insecta, Heft 9, 2004

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ständig submers lebenden Grundwanze (Aphelo- Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg, Heft cheirus aestivalis) (Hydrocorisae, Heteroptera). - 31. Jahr, 113-119. Naturschutzarbeit in Mecklenburg-Vorpommern, SACK, E. (1976): Vergleichende ökologische Untersuchun- 42. Jg., Heft 2, 66-67. gen der Heteropterenfauna einer marinen Uferzone MOMMERTZ, S. (1993): Bedeutung von Wanzen (Heterop- und der angrenzenden Agrarflächen. - Diplomar- tera) und Laufkäfern (Coleoptera, Carabidae) für beit E. M. A. U. Greifswald, 70 S. die Erfolgskontrolle von Naturschutzmaßnahmen SCHARMANN, K.-H. (1980): Ergänzungen zur Pentatomoi- auf kleinen Flächen – untersucht am Beispiel des den-Fauna der DDR (Heteroptera, Pentatomoidea „Ackerstreifenprogrammes“ der Regierung von Reuter, 1910). - Entomologische Nachrichten, Heft Oberbayern. – Verhandlg. der Gesellschaft für Öko- 12, 188-191. logie 22, 1992 (1993), 135-138 SCHIEFERDECKER, H. (1964): Die Wasserwanzenfauna eines MÖLLER, G. 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Anschrift der Verfasser: THOMAS MARTSCHEI, Feldstraße 3, D-17498 Jarmshagen E-Mail: [email protected] DR. HANS DIETER ENGELMANN, Walddorfer Straße 1, D-02956 Daubitz Insecta, Heft 9, 2004, Seite 67-75

JÜRGEN DECKERT, Berlin

Zum Vorkommen von Oxycareninae (Heteroptera, Lygaeidae) in Berlin und Brandenburg

Einleitung allem aus den 30er und 40er Jahren des vergan- genen Jahrhunderts. In Berlin-Wilhelmshagen Die meisten der fast 150 Wanzenarten der wurden z. B. am 5. 9. 1944 Adulte und am 5. 9. Oxycareninae sind in der Paläarktis und in Afri- 1947 Larven (Abb. 2) nachgewiesen. Jetzt sind ka verbreitet. Viele Arten sind an Malvenge- nach mehr als 50 Jahren zwei aktuelle Nach- wächse (Malvaceae) gebunden. Nur wenige weise von Camptotelus lineolatus hinzugekom- sind aus Mitteleuropa bekannt, die bei uns vor- men: Berlin-Biesdorf / Trümmerberg / 19. VIII. kommenden Arten sind relativ selten. Im Fol- 1990 / leg. F. Hieke (3 Expl.) und Neu-Zittau / genden werden Angaben zur Verbreitung, zum b. Berlin 3. X. /1990, leg. F. Hieke (14 Expl.)1 Vorkommen in Berlin und Brandenburg sowie (alle Belege im Museum für Naturkunde Ber- zu Wirtspflanzen gemacht. lin) (Abb. 3).

Camptotelus lineolatus (SCHILLING, 1829) Macroplax preyssleri (FIEBER, 1837) (Abb. 4) (Abb. 1) Macroplax preyssleri ist eine europäische Diese eurosibirische Wanzenart ist vom Art, die auch in den südlichen Teilen Deutsch- nördlichen Mittelmeerraum bis nach Mitteleu- lands an vielen Orten vorkommt und in den ropa verbreitet. Sie bevorzugt kontinentale Be- Brandenburg benachbarten südlichen Bundes- dingungen und kommt daher im Bereich der ländern nicht selten ist. Macroplax preyssleri Atlantikküste nicht vor (PÉRICART 1998). Sie ist lebt an Helianthemum (Cistaceae). in Berlin und Brandenburg selten nachgewiesen Bisher gab es nur einen einzigen nicht nach- worden, auch deshalb, weil sich die 3-4 mm prüfbaren Hinweis auf das Vorkommen von große Art vorwiegend am Boden aufhält. Sie hat Macroplax preyssleri vor fast 100 Jahren aus Ber- ungefähr in Brandenburg ihr nördlichstes Vor- lin-Reineckendorf (DECKERT 1997). Ein Beleg- kommen in Deutschland. Camptotelus lineola- exemplar fehlt. BARNDT fand nun 2001 und tus ist, wie alle Oxycareninae, phytophag. In 2002 insgesamt 5 Exemplare dieser Art in Bo- Brandenburg lebt sie an trockenen, wärmebe- denfallen in Brandenburg (Abb. 5). Die Fund- günstigten und lückig bewachsenen Orten, an orte befinden sich im Fläming (Landkreis Pots- denen Lamiaceae, wie z. B. Thymus, vorkom- dam-Mittelmark), 8 km westlich von Ragösen, , , men. Daneben ist offensichtlich auch das Vor- NSG „Werbiger Heide“ (N52°13 O28°28 auf kommen von Gräsern, an deren Samen die Sandtrockenrasen, 11. 7. 2001 (2 Expl.) und in Wanzen saugen, wichtig (PÉRICART 1998). Alle bisher bekannten und veröffentlichten Funde liegen in Berlin und der näheren Umge- 1 Das Material stammt aus der Sammlung von Dr. F. HIEKE, dem ehemaligen Kustos der Käfersammlung im Ber- bung Berlins sowie bei Frankfurt/Oder (GÖLL- liner Naturkundemuseum und ist jetzt in die Heteroptera- NER-SCHEIDING 1977). Die Funde datieren vor Hauptsammlung des Museums integriert. 68 Insecta, Heft 9, 2004

Abb. 1. Camptotelus lineolatus (SCHILLING) (Berlin-Bies- Abb. 2. Camptotelus lineolatus (SCHILLING), Larve (Berlin- dorf, August 1990) Wilhelmshagen, September 1947)

Abb. 3. Camptotelus lineolatus in Berlin und Brandenburg (Ú mehrere Funde für Berlin ohne nähere Angaben vor Abb. 4. Macroplax preyssleri (FIEBER, 1837) (Österreich, 1900, $ Funde 1931 bis 1947, " 1990) Burgenland, September 1985) JÜRGEN DECKERT: Zum Vorkommen von Oxycareninae in Berlin und Brandenburg 69

Abb. 5. Macroplax preyssleri in Berlin und Brandenburg ($ Berlin-Reinickendorf 1907, " Ragösen 2001, % Dobbri- Abb. 6. ditomoides (Südspanien, Mai 1991) kow 2002)

Abb. 7. Einzelfunde von Metopoplax ditomoides ("), Meto- % OLENATI poplax origani (*) und Oxycarenus lavaterae ( ) in Bran- Abb. 8. Metopoplax origani (K ) (Berlin, Franzö- denburg sisch-Buchholz, wahrscheinlich vor 1913) 70 Insecta, Heft 9, 2004 unmittelbarer Nähe in Ginster-Besenheide, 11. Entgegen bisheriger Annahme gibt es bis 7. 2001, (2 Expl.) und am 26. 7. 2001 (1 Expl.) heute keinen Nachweis aus dem Land Branden- bei sowie bei Dobbrikow (Landkreis Teltow- burg, jedoch aus Berlin (Abb. 7). In der Samm- Fläming) am Weinberg (N 52° 10’ O 13° 03’), lung des Museums für Naturkunde befindet 17. 5. 2002 (1 Expl.), (Coll. BARNDT). Während sich ein Exemplar ohne Datum mit dem Etikett das erste Vorkommen sich in einem NSG befin- „Frnz. [Französisch] Buchholz / Jul. [ius] det, dass durch entsprechende Pflege offenge- Arendt.“ (Die Angaben in den eckigen Klam- halten wird, ist der Standort am Weinberg bei mern wurden ergänzt) (Abb. 7). GÖLLNER- Dobbrikow kein Naturschutzgebiet und ist SCHEIDING (1977) gibt Buchholz als Fundort für durch Waldaufwuchs potenziell gefährdet Brandenburg an, der auch von DECKERT (1997) (BARNDT mdl.) erwähnt wird. Nach dem Fundortetikett stammt dieses Tier jedoch aus dem Norden Metopoplax ditomoides (A. COSTA, 1847) Berlins, aus Berlin-Buchholz, das bis 1913 Fran- (Abb. 6) zösisch-Buchholz hieß, danach Berlin-Buch- Metopoplax ditomoides ist vor allem im holz und seit 2001 weder den alten Namen be- westmediterranen Raum einschließlich Nord- sitzt. Es ist anzunehmen, dass der Fund vom afrika verbreitet. In Deutschland liegt offen- Anfang des 20. Jahrhunderts stammt. BÜTTNER sichtlich die östliche Verbreitungsgrenze (PÉRI- (1995) fand M. origani vor wenigen Jahren in CART 1998). Hessen. Anderen Ortes ist die Art in Deutsch- Während diese Art im westlichen und süd- land ebenfalls selten nachgewiesen worden. lichen Deutschland manchmal stellenweise häufig auftritt - KOTT (1997) fand beispiels- Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) weise Metopoplax ditomoides in großer Indivi- (Abb. 9) duenzahl 1995 in Nordrhein-Westfalen - gibt es Diese Wanze ist an den Küsten des Mittel- aus dem Bundesland Brandenburg nur einen meerraumes und Afrikas verbreitet und stellen- Einzelfund von GOTTWALD aus dem Jahr 1995 weise häufig. Sie lebt an Malvaceae. Auch Pflan- (DECKERT 1997) aus Güterfelde (in Coll. GOTT- zen anderer Familien können als Wirte dienen WALD) (Abb. 7). (PÉRICART 1998). Sie wird mit dem Handel über Metopoplax ditomoides wurde von GRU- Baumschulen verschleppt und tritt ab und zu SCHWITZ zum ersten Mal im benachbarten auch in Mitteleuropa auf. BIANCHI & STEHLÍK Sachsen-Anhalt im September 2003 gefunden (1997) fanden sie in der Slowakei in Bratislava (GRUSCHWITZ 2003). Die polyphage Art lebt an an Tilia cordata 1995 in größerer Zahl. Der und wurde z. B. mit Matricaria ver- Erstnachweis für Österreich wurde von RA- schleppt. So erreichte sie zusammen mit Tri- BITSCH & ADLBAUER 2001 publiziert. BILLEN pleurospermum maritimum und Matricaria re- (2004) berichtet von einem lokalen Massenauf- cutita vor einigen Jahren Nordamerika und ist treten im September 2004 im Südwesten dort stellenweise sogar häufig (LATTIN & WE- Deutschlands. THERILL 2002). Es gibt auch einen Fund aus Brandenburg nördlich von Berlin bei Biesenthal aus einer Metopoplax origani (KOLENATI,1845) (Abb. 8) Baumschule vom April 2000 (Abb. 7). Dort Während Metopoplax ditomoides vor allem wurde die Art mit Pflanzenimporten aus Italien westmediterran verbreitet ist, ist Metopoplax eingeschleppt und war in Dutzenden Exempla- origani eher im Osten anzutreffen, in Kasach- ren an Tilia (Malvaceae) zu finden. Bisher gibt stan, Usbekistan und dem südlichen Russland es keinen Hinweis, dass sich diese Art in Bran- bis zum nordöstlichen Mittelmeergebiet. Das denburg etabliert hat. Vorkommen in Mitteleuropa ist der nordwest- lichste Ausläufer des Areals der Art. Metopoplax Oxycarenus modestus (FALLÉN, 1829) origani lebt polyphag an Asteraceae, aber offen- (Abb. 10) sichtlich nicht an Origanum (Lamiaceae), wie O. modestus ist in Europa vom nördlichen der Artname vermuten lässt (PÉRICART 1998). Mittelmeerraum bis Südskandinavien und bis JÜRGEN DECKERT: Zum Vorkommen von Oxycareninae in Berlin und Brandenburg 71

Abb. 10. Oxycarenus modestus (FALLÉN) (Umgebung Zos- sen, Landkreis Teltow Fläming, September 2004)

Abb. 9. Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS) (Südspanien, März 1988)

Abb. 12. Philomyrmex insignis R. F. SAHLBERG (Hartmanns- dorf bei Berlin, September 2004)

Abb. 13. Philomyrmex insignis in Deutschland (von links Abb. 11. Oxycarenus modestus in Berlin und Brandenburg nach rechts): Staffelde (Sachsen-Anhalt) (1992, 1998), (Ú Angabe für Berlin ohne nähere Ortsangaben vor 1900, Bohnenländer See (1999), Hartmannsdorf und Kallinchen $ Funde 1921 bis 1971, " Funde 1984 bis 2004) (2004) (alle Brandenburg) 72 Insecta, Heft 9, 2004 zum asiatischen Raum hin verbreitet. Von den Expl. aus Kieferzapfen geklopft, darunter eine Britischen Inseln ist sie nicht bekannt. Sie lebt Larve im vorletzten Stadium (Belege in der an Erlen (Alnus) und saugt an den Früchten des Sammlung des Museums für Naturkunde Ber- Baumes. Alle mir bekannten Vorkommen be- lin). fanden sich in relativ offenem Gelände in der Der Lebensraum von Philomyrmex insignis Feldmark auf mittelgroßen Erlen. Obwohl die in Sachsen-Anhalt wird von MELBER & SPRICK Art in Brandenburg weit verbreitet und wahr- (1993) ausführlich charakterisiert. Die Tiere scheinlich nicht selten ist, wurde sie nur an ei- wurden dort am Rand eines flechtenreichen nem knappen Dutzend Fundorten festgestellt Kiefernwaldes gefunden, dessen Bäume lückig (Belege in der Sammlung des Museums für standen und kaum älter als 15 Jahre alt waren. Naturkunde). Immerhin ist sie in Berlin in den Der Wald grenzt an Sandtrockenrasen mit Co- letzten 10 Jahren an 6 Orten von WINKELMANN rynephorus canescens und arenaria. Bei nachgewiesen worden (Coll. WINKELMANN) dem Fundgebiet handelt es sich um einen eis- (Abb. 11). zeitlich entstandenen Hügel, der durch die Ab- lagerung von Talsanden entstanden ist. Philomyrmex insignis R. F. SAHLBERG, 1848 Sämtliche Exemplare wurden 1992 aus Kie- (Abb. 12) fernzapfen geklopft, WINKELMANN fand sie in Das Vorkommen von Philomyrmex insignis Staffelde 1998 zwischen Flechten unter Kiefern- reicht vom nördlichen und mittleren Russland, zapfen, Mitte August waren die Imagines frisch Sibirien, Finnland und Südschweden bis nach geschlüpft. Deutschland (PÉRICART 1998). MELBER & SPRICK In Hartmannsdorf bei Berlin handelt es sich (1993) veröffentlichten den ersten Nachweis für ebenfalls um einen flechtenreichen, offenen Mitteleuropa und damit gleichzeitig für und leicht hügligen, sandigen Standort mit Co- Deutschland. Im August und September 1992 rynephorus canescens, an den ein Kiefernforst fanden die Autoren in Sachsen-Anhalt östlich angrenzt (Abb. 14). Bestandsbildend ist Clado- von Stendal bei Staffelde mehr als ein Dutzend nia rangiferina, seltener war Cladonia stellaris. Exemplare. Auch später, am 16. 8. 1998, wur- Der Offenstandort ist durch den Bau einer den mehrere Individuen von WINKELMANN Hochspannungsleitung entstanden, der Kie- (Berlin) am gleichen Ort gesammelt. fernforst in der Nähe ist ohne Unterwuchs und Im Februar 1999 fand LIEBENOW zum ersten fast ohne Flechtenbewuchs. Kleine Birken (Be- Mal im benachbarten Bundesland Brandenburg tula pendula) und Kiefern (Pinus sylvestris) ha- ein Exemplar Philomyrmex insignis in einem ben sich auf dem Offenstandort angesiedelt, in Kiefernzapfen überwinternd, und zwar am einiger Entfernung vom direkten Fundplatz der Bohnenländer See in der Nähe von Branden- Wanzen wuchsen einzelne Pflanzen von Cen- burg/Havel 1999 (LIEBENOW 2000). taurea stoebe, Thymus serpyllum und Solidago Zwei weitere Vorkommen sind jetzt im virgaurea, die jedoch kaum für das Vorkommen Land Brandenburg festgestellt worden (Abb. der Wanze von Bedeutung sein dürften. Der 13). Ein Fundort liegt südöstlich von Berlin, Fundort in Kallinchen ist ebenfalls ein offener Landkreis Oder-Spree in Hartmannsdorf (N sandiger Hügel, der mit Cladonia rangiferina 52° 21’ O 13° 50’). Die Art war dort zwischen und wenig Corynephorus bewachsen ist und von Juli und September 2004 gefunden worden, z. einem Kiefernforst umgeben wird. B. am 10. 7. 2004 von HIEKE und am 7. 9. 2004 Die Wanzen, die in Hartmannsdorf zwi- von DECKERT, jeweils in mehreren Exemplaren, schen Juli und September und in Kallinchen darunter einige Larven im letzten Stadium. Eine Anfang September gefunden wurden, hielten gezielte Suche an einem ähnlichen Habitat in sich alle in und zwischen einem dichten Tep- Brandenburg war auf Anhieb erfolgreich, er be- pich von Rentierflechte Cladonia rangiferina am findet sich südöstlich von Berlin in Kallinchen, Boden auf. Sie wurden direkt vom Boden abge- Landkreis Teltow Fläming bei N 52° 13’ O 13° sammelt oder aus den Flechten gesiebt. Etwa 33’. Am 5. 9. 2004 wurde ein Tier aus Cladonia ein bis zwei Dutzend Meter entfernt vom Auf- gesiebt und am 24. 10.2004 wurden mehr als 30 enthaltsort der Wanzen in Hartmannsdorf be- JÜRGEN DECKERT: Zum Vorkommen von Oxycareninae in Berlin und Brandenburg 73

Abb. 14. Habitat von Philomyrmex insignis, Hartmannsdorf bei Berlin

Abb. 16. Tropidophlebia costalis in Berlin und Brandenburg Abb. 15. Tropidophlebia costalis (HERRICH-SCHAEFFER) (Ú Fund vor 1900 ohne genaue Ortsangabe, $ Funde 1931 (Wernsdorfer See bei Berlin, 1989) bis 1949, " Funde von 1986 und 1989) 74 Insecta, Heft 9, 2004 ginnt eine Kiefernanpflanzung. In den am na vulgaris vorkommen. Die Wanzen saugen an Waldrand am Boden liegenden Zapfen konnten Pflanzensamen, Moos und Flechten (Cladonia) im Sommer keine Philomyrmex insignis nachge- (STEHLÍK & VAVŘINOVA 1996, PÉRICART 1998). wiesen werden, dafür aber Ende Oktober 2004. Die bisher veröffentlichten wenigen Funde Es ist bekannt, dass die Wanzen Kiefernzap- aus Berlin und Brandenburg (GÖLLNER-SCHEI- fen als Überwinterungsplatz nutzen, es ist zu DING 1977) stammen, bis auf Angaben für Ber- vermuten dass sie die Samen auch als Nah- lin vor 1900, aus den Jahren 1931 und 1949 und rungsquelle nutzen. Wie bereits MELBER & liegen alle in Berlin oder der näheren Umge- SPRICK (1992) erwähnt haben, halten sich die bung der Stadt. Ein späterer Nachweis wurde Tiere nur in den zweijährigen, am Boden lie- bereits veröffentlicht (DECKERT 1997): 4 Expl. genden Kiefernzapfen auf. Sie lassen sich kaum wurden am 15. 5. 1989 im NSG „Wernsdorfer aus den geschlossenen Zapfen herausklopfen. See“ am südöstlichen Stadtrand von Berlin von Um sie nachzuweisen, empfiehlt es sich daher, F. HIEKE gefunden (Belege in der Sammlung des die Zapfen einzusammeln, zu trocknen und zu Museums für Naturkunde Berlin). Außerdem warten, bis die Zapfen sich öffnen. PUTSHKOV ist ein Exemplar von KRÜGER am 10. 6.1986 bei (1960) weist auf die enge Beziehung zu Pinus in Niederlehme gesammelt worden (Abb. 16). Europa und zu Cedrus in Sibirien hin. Wie die Beobachtungen an den Fundorten Danksagung zeigen, ist für das Vorkommen von Philomyr- mex insignis neben dem Vorhandensein von Herrn Dr. F. HIEKE (Berlin) bin ich zu be- Kiefern und deren Zapfen Cladonia entschei- sonderem Dank verpflichtet, der mehr als ein dend. Auch von Tropidophlebia costalis ist be- Dutzend Kästen mit paläarktischen Hetero- kannt, dass sie Cladonia als Nahrungsquelle ptera dem Museum für Naturkunde durch nutzen (STEHLÍK & VAVŘÍNOWÁ 1996). Schon Schenkung überlassen hat. Von ihm stammen aus älteren Literaturangaben ist zu entnehmen, auch oftmals die einzigen Funde aus der gegen- dass die Tiere offenbar immer in der Nähe oder wärtigen Zeit von den am Boden versteckt le- zwischen Flechten gefunden worden (LINNAVU- benden Lygaeidae. Herrn Prof. em. DIETER ORI 1953, v. PFALER 1936) sind. Außerdem müs- BARNDT und HERBERT WINKELMANN (beide Ber- sen die Habitate trocken und wärmebegünstigt lin) danke ich für die Überlassung ihrer interes- sein. Zusammen mit Philomyrmex insignis wur- santen Funddaten aus Berlin und Brandenburg. den in Hartmannsdorf einzelne Trapezonotus Dr. CORNELIA DECKERT bestimmte für mich die arenarius, Eremocoris abietis, Geocoris grylloides am Standort vorhandenen Pflanzen. und Stygnocoris fuligineus gesiebt, in Kallinchen hingegen war Plinthisus brevipennis am gleichen Zusammenfassung Fundort vorhanden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Philomyr- In Berlin und Brandenburg sind insgesamt mex insignis an weiteren ähnlichen Standorten, acht Wanzenarten der Oxycareninae festgestellt von denen es einige in Brandenburg gibt, bei worden. Ein Art, Metopoplax origani, ist nur gezielter Suche zu finden ist. durch einen einzelnen, etwa 80 Jahre zurücklie- genden Fund bekannt. Macroplax preyssleri war Tropidophlebia costalis (HERRICH-SCHAEFFER, bisher für Berlin für 1907 angegeben, jetzt ist 1853) (Abb. 15) die Art an zwei Orten in Brandenburg durch (Camptotelus costalis) Bodenfallen nachgewiesen worden. Metopoplax In der Paläarktis ist Tropidophlebia costalis ditomoides und Oxycarenus lavaterae sind je- weit verbreitet von Südwesteuropa bis Mittel- weils durch einen Fund von 1995 und 2000 be- europa, im Osten bis Sibirien und bis zur Mon- legt. Beide Arten werden immer wieder durch golei, sie wird aber überall selten gefunden. Tro- Pflanzentransporte aus dem Mittelmeerraum pidophlebia costalis lebt am Boden auf trocke- nach Mitteleuropa verschleppt. Camptotelus li- nen und wärmebegünstigten Standorten, an de- neolatus, Tropidophlebia costalis und Philomyr- nen z. B. , Herniaria oder Callu- mex insignis sind bisher nur an wenigen Fund- JÜRGEN DECKERT: Zum Vorkommen von Oxycareninae in Berlin und Brandenburg 75 orten in Berlin und Brandenburg nachgewiesen BÜTTNER, C. (1995): Wiederfund der Östlichen Kamillen- wanze Metopoplax origani (KOLENATI 1854), worden. Philomyrmex insignis wurde an trocke- Heteroptera, in Hessen. - Hessische Faunistische nen, sandigen Hügeln in der Nähe von Kiefern Briefe 14 (2), 27-28, Darmstadt. gefunden, sie lebt in Cladonia rangifera und DECKERT, J. (1997): Wanzen (Heteroptera) aus Berlin und überwintert in zweijährigen Kiefernzapfen. Im Brandenburg: Wiederfunde, Neufunde und selten festgestellte Arten. - Insecta, Berlin 4 (1996), 123- Herbst wurden neben adulten Wanzen auch ei- 146. nige Larven im letzten und vorletzten Stadium GRUSCHWITZ, (2003): Metopoplax ditomoides und Metopo- gefunden. Oxycarenus modestus ist die häufig- plax fuscinervis - zwei für die Fauna Sachsen-An- ste, jedoch auch relativ selten gefundene Art im halts neue Wanzen (Heteroptera, Lygaeidae) - Gebiet. Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt 11 (2), 82. GÖLLNER-SCHEIDING, U. (1977): Beiträge zur Heteropteren- Fauna Brandenburgs. 2. Übersicht über die Summary Heteropteren von Brandenburg. Teil III (Hemipt- era, Heteroptera). - Faun. Abh. Mus. Tierk. Dres- Altogether, eight Heteroptera species of den 6 (16), 187-214. KOTT, P. (1997): Deraeocoris flavilinea CA. und Metopoplax Oxycareninae were found in Berlin and the ditomoides CA. neu in Nordrhein-Westfalen State of Brandenburg. One species, Metopoplax (Heteroptera, Miridae und Lygaeidae). – Entom. origani, is only known from a single specimen Mitt. Löbbecke-Museum und Aquazoo VIII, Heft collected about 80 years ago. Macroplax 1, 41-42. LATTIN, J. D., & WETHERILL, K. (2002): Metopoplax ditomoi- preyssleri, which until recently only had been des (COSTA), a species of new to known from one specimen collected in 1907 in North America (: Hemiptera: Heterop- Berlin, was found in two localities in Branden- tera). - Pan-Pacific Entomologist 78 (1), 63-65. burg in pitfall traps. Metopoplax ditomoides and LIEBENOW, K. (2000): Interessante Wanzenfunde in der Mark Brandenburg. - Märkische Entomologische Oxycarenus lavaterae were found once in 1995 Nachrichten 2, 54. and 2000, respectively. Trade in plants intro- LINNAVUORI, R. (1953): A palearctic Heteropterous material duces both species from time to time from the collected by J. SAHLBERG and U. SAALAS - Ann. Ent. Mediterranean to . Camptotelus Fenn. 19, 147-167. MELBER, A., & SPRICK, P. (1993): Philomyrmex insignis R. F. lineolatus, Tropidophlebia costalis, and SAHLBERG (Heteroptera, Lygaeidae, Oxycareninae) Philomyrmex insignis were collected at a few erstmals in Mitteleuropa nachgewiesen. - Braun- places. Philomyrmex insignis was found on dry schweiger Naturkundliche Schriften 4 (2), 445-449. and sandy ground in Cladonia rangifera in the PÉRICART, J. (1998): Hémiptères Lygaeidae Euro-Méditerra- néens 2, Systématique: Seconde Partie Oxycareni- vicinity of pine forest. Adults and some nymphs nae, Bledionotinae, Rhyparochrominae (1). - Faune spend winter months in two year old pinecones. de France 84 B, 1-458. Among the rarely collected members of the PFALER, E. V. (1936): Lebenszyklen der Lygaeiden (Hem.). - Oxycareninae, O. modestus is the most com- Notul. entomol. 16, 65-85. mon species. PUTSHKOV, V. G. (1960): K ekologii nekotorykh maloizvest- nykh vidov nastojashchykh Poluzhestkorylykh (He- miptera-Heteroptera). I. - Rev. Ent. URSS 39 (2), Literatur 300-312. RABITSCH, W., & ADLBAUER, K. (2001): Zur Verbreitung von BIANCHI, Z., & STÉHLIK, J. L. (1999): Oxycarenus lavaterae Oxycarenus lavaterae (FABRICIUS, 1787) in Öster- (FABRICIUS, 1787) in (Heteroptera: Lygaei- reich (Heteroptera, Lygaeidae). - Beiträge zur Ento- dae). - Acta Musei Moraviae Scientiae Biologicae 84 mofaunistik 2, 49-54. (1-2), 203-204. STEHLÍK, J. L., & I. VAVŘÍNOWÁ (1997): Results of the investi- BILLEN, W. (2004): Kurzbericht über das Auftreten einer gations on Hemiptera in Moravia made by the Mo- neuen Wanze in Deutschland. - Nachrichtenbl. ravian Museum. (Lygaeidae 1). - Acta Mus. Mora- Deut. Pflanzenschutzd. 56, 309-310 viae Sci. Nat. (1996) 81 (1-2), 231-298.

Anschrift des Verfassers: DR. JÜRGEN DECKERT, Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Systematische Zoologie, Invalidenstraße 43, D-10115 Berlin. E-Mail: [email protected] 76 Insecta, Heft 9, 2004 Insecta, Heft 9, 2004, Seite 77-80

UWE LEHMANN, Großenhain

Die Bedeutung alter Funddaten für die aktuelle Naturschutzpraxis, insbesondere für das FFH-Monitoring

Einleitung IV: „Streng zu schützende Tier- und Pflanzen- arten von gemeinschaftlichem Interesse“. Die Umsetzung der europäischen Fauna- Als Habitat kennt man größere in weiten Flora-Habitat (FFH) -Richtlinie und damit die Bereichen relativ flache, dauerhaft wasserfüh- Durchführung eines Monitoring, zur Erbrin- rende Stehgewässer im Binnenland, aber auch gung der Berichtspflichten gegenüber der Euro- kleinere, zum Beispiel Torfstiche - sowohl na- päischen Union, liegt in der Hand der Bundes- türliche als auch anthropogen entstandene Ge- länder. Derzeit zeigen sich dort sehr unter- wässer (HENDRICH & BALKE 2000). schiedliche Arbeitsstände. Leider mehren sich Man sollte beachten, dass dies ein weites auch Anzeichen, dass einiges unter dem Ge- Spektrum ist, so dass sich in den höchst unter- sichtspunkt der Vermeidung von Aufwand und schiedlichen Kulturlandschaften im Verbrei- Kosten auf der Strecke bleibt. Bei der Vielzahl tungsgebiet, auch allzu unterschiedliche Habi- von länderspezifischen Umsetzungsempfehlun- tatpräferenzen zeigen können. Nach SCHÄFLEIN gen und Verordnungen, lohnt es sich das (1971) ist die Art in Nord- und Mitteleuropa Grundsätzliche im Blick zu behalten. „Haupt- verbreitet. ziel dieser Richtlinie ist es, die Erhaltung der Ein Monitoring zu ausgewählten FFH-In- biologischen Vielfalt zu fördern ...“ (RAT DER sektenarten hat in Sachsen im Jahr 2003 begon- EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 1992), was ge- nen (FISCHER 2003). Mit dem Monitoring zu G. wiss eine verlässliche Datenlage zu den behan- bilineatus ist ab 2006 zu rechnen, eine Metho- delten Organismen voraussetzt - wie im Folgen- dik liegt derzeit noch nicht vor (schrftl. Mitt. FI- den bekräftigt werden soll. SCHER 2004). KLAUSNITZER (2003) nennt für Sachsen fünf Die Art und das sächsische Monitoring Fundorte, als „Neuere Funde“ bezeichnet. Wei- tere drei werden mit „Funde nach 1980“ be- Graphoderus bilineatus ist aufgeführt im nannt. In Sachsen werden jedoch nur „aktuelle FFH-Richtlinien-Anhang II: „Tier- und Pflan- Vorkommen“ einer Ersterfassung und dem zenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für Monitoring unterzogen. Die Aktualität wird deren Erhaltung besondere Schutzgebiete aus- mit „Funde jünger als zwanzig Jahre“ definiert gewiesen werden müssen“, sowie im Anhang (schrftl. Mitt. LFUG 2003 und 2004). 78 Insecta, Heft 9, 2004

Recherche zu zwei Literaturmeldungen Gegend seit seinem Zuzug nach Großenhain Anfang der fünfziger Jahre. HENDRICH & BALKE (2000) melden für Gra- phoderus bilineatus als „Nachweis vor 1960“: Auswertung „Zaithain/Sa. 1 Exemplar coll. DETZNER“. Der Beleg (O. JÄGER vid. 2004) befindet sich im Beide Literaturmeldungen zu Graphoderus Staatlichen Museum für Tierkunde Dresden bilineatus (DE GEER, 1774) sind mit zwei vor- (MTD). Er ist etikettiert mit „Zeithain Sa. coll. handenen Präparaten belegt, wobei die Angabe DETZNER“, „17.5.21“ und „bilineatus det. „Großenhain“ nach „Thiendorf“ korrigiert SCHMIDT, 26.1.47“ und entstammt der Samm- werden muss. lung SCHMIDT (Gersdorf) die sich seit 1951 im MTD befindet (schrftl. Mitt. O. JÄGER 2004). Dass DETZNER auch der Finder des nur mit DETZNER, Jahrgang 1872, verstarb 1946 in „coll.“ bezeichneten Zeithainer Beleges ist, Ehrenberg bei Waldheim - Sachsen (GAEDIKE & scheint unzweifelhaft. Insbesondere da eine sol- GROLL 2001). Seine Sammlung befindet sich che „coll.“-Etikettierung in älteren Sammlun- ebenso im MTD (schrftl. Mitt. O. JÄGER 2004). gen durchaus so üblich war. Seine blumigen Mit dieser existiert zwar eine handschriftliche Worte zum TÜP Zeithain in seiner Publikation Auflistung seiner Sammelergebnisse der Käfer von 1921 lassen vermuten, dass er die Gegend bis 1944, G. bilineatus ist jedoch nicht aufge- weiterhin (evtl. berufsbedingt) regelmäßig auf- führt. Weitergehende Aufzeichnungen schei- suchte. DETZNER beschreibt in seiner Arbeit die nen nicht vorhanden (schrftl. und mdl. Mitt. O. Grenzen des TÜP anhand der anliegenden Orte JÄGER 2004). Erhellend ist jedoch eine Publika- und verwendet diese in seiner Publikation tion DETZNERs von 1921. Hier veröffentlicht er ebenso differenziert als Fundorte, bzw. verwen- Sammelergebnisse von „Großschmetterlingen“ det er Angaben wie „in der Heide“. Der Autor aus dem Jahr 1918 vom Truppenübungsplatz schlussfolgert, dass die Angabe „Zeithain“ zu G. (TÜP) Zeithain. Aus der Publikation geht her- bilineatus von 1921 für seine Zeit recht genau vor, dass er seinerzeit als Militär- Angehöriger ist. Eine weitergehende Konkretisierung ist lei- dort stationiert war. der nicht möglich. Zum Gebiet ist von Sachsen bereits der FFH-Gebietsvorschlag „Gohrisch- FICHTNER (1983) meldet zu G. bilineatus: heide und Elbniederterrasse Zeithain“ gemeldet „Großenhain (RESSLER)“. Diese Angabe, bereits (LFUG). Charakteristisch ist dort jedoch Sand- mehrfach zitiert, zum Beispiel bei HENDRICH & Heide und Offenland. Die Abklärung eines G. BALKE (2000) und KLAUSNITZER (2003), ist bilineatus-Vorkommens ist für das künftige Ge- falsch! bietsmanagement unabdingbar, da natürlich Der dieser Meldung zu Grunde liegende Be- nicht anzunehmen ist, dass das Sand-Heide- leg (FERY vid. 2004) befindet sich mit der Management automatisch Schwimmkäfer be- Sammlung REßLER im Museum für Naturkunde günstigt. Die gezielte Nachsuche sollte neben der Humboldt-Universität zu Berlin. Gleichlau- den in der Umgebung vorhandenen anthropo- tend mit der Sammlungskartei REßLERs, seinen gen entstandenen Gewässern auch Auen-ähnli- Aufzeichnungen und der Etikettierung des Be- che Strukturen der im Westen gelegenen Elbe legs lauten die Funddaten für seinen einzigen berücksichtigen, da auch in kleinen temporären Nachweis: Thiendorf (ca. 14 km östlich von Gewässern Nachweise möglich sind (siehe bei Großenhain) 18.04.1964. Das Tier trägt neben HENDRICH & BALKE 2000). dem Funddaten-Etikett lediglich eines mit der Art-Angabe „bilineatus“ ohne Angabe des Be- Wie die falsche Fundortangabe des REßLER- stimmers (schrftl. Mitt. B. JÄGER 2004). Die schen Nachweises bei FICHTNER (1983) zustan- Fundumstände sind REßLERs Aufzeichnungen de kam lässt sich schwerlich ermitteln. REßLER wie folgt zu entnehmen: „Im Teiche östl. Thien- verwendete meist Etiketten mit dem Vordruck dorf Wasserinsekten gefangen und am Rande „Großenhain“ und „REßLER“ die jeweils mit Da- gesiebt“. REßLER (1917-1997) besammelte die tum und weiterer Ortsbezeichnung ergänzt UWE LEHMANN: Die Bedeutung alter Funddaten für die aktuelle Naturschutzpraxis 79 wurden. Möglicherweise wurde die Etikett-An- Zeithainer Daten. BERND JÄGER (MNHUB) gab gabe falsch interpretiert. Allerdings weist nichts Auskunft zum Thiendorfer Beleg. Dr. OLAF JÄ- darauf hin, dass FICHTNER das Tier zur Daten- GER (Staatliches Museum für Tierkunde Dres- aufnahme vorlag. Der nun bekannte tatsächli- den) zur Sammlung SCHMIDT und DETZNER so- che Fundort stimmt sehr hoffnungsvoll, dass G. wie zu DETZNERs Aufzeichnungen. Er überprüf- bilineatus bis heute dort bestehen konnte, da te den Zeithainer Beleg und stellte mir die Pu- sich mit dem vorgenannten Teich östlich blikation DETZNERs zur Verfügung. Für die zu- Thiendorf beginnend, eine ganze Teichkette in vorkommende Hilfe der genannten Herren nordöstliche Richtung bis zum Ort Stölpchen danke ich vielmals. Für Auskünfte zum sächsi- erstreckt. Die Umgebung ist mit seinen Teichen schen FFH-Monitoring danke ich ebenso dem als Naturschutzgebiet ausgewiesen und eben- Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geolo- falls als FFH-Gebietsvorschlag „Molkenborn- gie (LFUG) Dresden. teiche Stölpchen“ gemeldet (LFUG). Eine Ab- klärung eines G. bilineatus-Vorkommens ist für Zusammenfassung das künftige Gebietsmanagement ebenso drin- gend geboten. Es wird im Folgenden gezeigt, dass für eine verantwortbare Naturschutzpraxis auf die Wür- Fazit digung zurückliegender Funddaten, insbeson- dere als Grundlage des FFH-Monitoring, nicht Die Recherche zu weiter zurückliegenden verzichtet werden kann. Als Beispiel dienen zwei Funddaten kann wichtige Hinweise zu noch be- Literaturmeldungen zum Schwimmkäfer Gra- stehenden Vorkommen der Arten liefern. Eine phoderus bilineatus (DE GEER, 1774) für die Nicht-Berücksichtigung, bei der Vorbereitung sächsische Fauna. Die Nachweise betreffen die des FFH-Monitoring, ist kaum verantwortbar, Jahre 1921 und 1964, die vom behördlichen Na- da weder alte Daten noch neuere Funde ein na- turschutz in Sachsen (noch) als nicht-FFH-Mo- hezu authentisches Abbild der Art-Vorkom- nitoring-relevant ignoriert werden. Es wird de- men liefern können. Eine entomologische Feld- ren Zuverlässigkeit geprüft. Die Konkretisie- forschung die das zu leisten vermag hat es in rung der Fundorte und Fundumstände wird Deutschland nie gegeben. Vielmehr bietet sich versucht und die Ergebnisse werden in bezug an, die Ergebnisse anderer Untersuchungen die zum sächsischen FFH-Monitoring bewertet. zur FFH-Thematik vorgenommen werden, ge- Literatur zielt auf weitere potentiell geeignete Habitate der FFH-Arten und ein bestehendes Vorkom- DETZNER, P. (1921): Lepidopterologische Ergebnisse vom men hin abzuklären. Schließlich werden die Truppenübungsplatz Zeithain i. Sa. - Kranchers heute erhobenen Daten auch wesentliche Entomologisches Jahrbuch 30, 109 - 115. Grundlage für Naturschutzentscheidungen FICHTNER, E. (1983): Beiträge zur Insektenfauna der DDR: Coleoptera - Dytiscidae (Insecta). - Faunistische künftiger Generationen sein. Abhandlungen Museum Tierkunde Dresden 11, 1 - 48. Danksagung FISCHER, U. (2003): Entomofaunistisches Monotoring im Rahmen der Umsetzung der EU-FFH-Richtlinie im Freistaat Sachsen. - Mitteilungen Sächsischer Ento- Herzlich gedankt sei Dr. MANFRED UHLIG mologen 65, 14-15. (Museum für Naturkunde der Humbold-Uni- GAEDIKE, R., & GROLL, E. K. (Hrsgb.) (2001): Entomologen versität zu Berlin, MNHUB), der mir recht un- der Welt (Biographien, Sammlungsverbleib). Da- kompliziert die Möglichkeit einräumte mit den tenbank, DEI Eberswalde im ZALF e.V. HENDRICH, L., & M. BALKE (2001): Verbreitung, Habitatbin- Aufzeichnungen und der Sammlungs-Kartei dung, Gefährdung und mögliche Schutzmaßnah- HELMUT REßLERs zu arbeiten. Dr. HANS FERY men der FFH-Arten Dytiscus latissimus Linnaeus, (Berlin) überprüfte den Thiendorfer Beleg. 1758 (Der Breitrand) und Graphoderus bilineatus (DE GEER, 1774) in Deutschland (Coleoptera: Dy- UWE FISCHER (Schwarzenberg) gab mir Aus- tiscidae). Insecta 6 (2000), 98 - 114. kunft zum sächsischen FFH-Monitoring und KLAUSNITZER, B. (2003): Wasserkäfer (aquatische Coleopt- Dr. LARS HENDRICH (Berlin) zur Herkunft der era). - In: KLAUSNITZER, B. & R. REINHARD (Hrsg.) 80 Insecta, Heft 9, 2004

(2003): Übersicht zur „Entomofauna Saxonica“ un- FFH-Gebiete in Sachsen - Internet-Quelle: ter besonderer Berücksichtigung der FFH-Arten http://www.umwelt.sachsen.de/de/wu/umwelt/lfug und der „Vom Aussterben bedrohten Arten“ in /lfug-internet/natur-landschaftsschutz_ffh.cfm - Sachsen. Beiträge zur Insektenfauna Sachsens. Band Stand am 05.10.2004. 1 - Mitteilungen Sächsischer Entomologen, Supple- RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (1992): 2. Richtli- ment 1, 226 - 239. nie 92/43/ EWG des Rates zur Erhaltung der natür- SCHÄFLEIN, H. (1971): Dytiscidae. - In: FREUDE, H., HARDE, lichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere K. W., & LOHSE, G. A. (Hrsg.) (1971): Die Käfer und Pflanzen. In: Beck Texte (2002): Naturschutz- Mitteleuropas 3, 16 - 89. - Krefeld. recht 9. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, LFUG: LANDESAMT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE (2002): München.

Anschrift des Verfassers: UWE LEHMANN, Am Schacht 11, D-01558 Großenhain E-Mail: [email protected] Insecta, Heft 9, 2004, Seite 81-85

UWE LEHMANN, Großenhain & DANILO MATZKE, Leipzig

Beobachtungen zum Flugverhalten von Ohrwürmern am Licht in Siedlungsgebieten (Insecta, Dermaptera)

Einführung auf das Fensterbrett (Balkonrückwand) gestellt, ab Ende August 2003 stets 0,7 Meter über die- Im August 2003 wurde vom Erstautor beim sem senkrecht aufgehangen, dahinter ein wei- Lichtfang auf dem heimischen Balkon der Gro- ßes Tuch befestigt. Die Höhe des Fensterbrettes ße Sandohrwurm Labidura riparia gefangen, und der Balkon-Brüstung stimmt nahezu über- was anregte, auch den weiteren anfliegenden ein (das entspricht zirka 10,3 Meter über Erd- Ohrwürmern eine erhöhte Aufmerksamkeit zu boden). Der Abstand der Leuchte zur Balkon- schenken. Die bei dieser Arbeit berücksichtig- Brüstung beträgt etwa 1,2 Meter. Das ist inso- ten Lichtfänge betreffen die Zeit vom Woh- fern interessant, da sich somit keine direkte nungsbezug im Sommer 2003 bis zum Sommer Ausstrahlung des Lichtes nach unten ergibt. In- 2004. Es liegen bereits ähnliche Beobachtungen wieweit Reflexionen der Balkondecke und - zum Lichtanflug von Ohrwürmern vor. Ob sich wände, die allesamt hell gehalten sind, in die die geschilderten Beobachtungen bei künftigen Umgebung wirken kann schwerlich einge- Leuchtabenden wiederholen lassen, insbeson- schätzt werden. Eine direkte Sichtverbindung derer ein gleichartiger Nachweis des Labidura (Bezug ist Erdboden) zum oberen Ende der riparia, bleibt gespannt abzuwarten. Mit der Leuchte, ergibt sich etwa in 25 Meter Entfer- Schilderung der bis jetzt vorliegenden Erkennt- nung vom Haus. Der Balkon ist gen Süden aus- nisse hoffen die Autoren, das Interesse der Kol- gerichtet. Unmittelbar dem Leuchtort vorgela- legenschaft zu wecken, etwas intensiver auf das gert, an das Hausgrundstück, grenzt eine be- Verhalten der heimischen Ohrwürmer zu ach- wirtschaftete Wiese (Heugewinnung). ten und dieses natürlich ebenso bekannt zu ma- chen. Umfeld des Leuchtortes

Methoden und Umgebungsfeld des In direkter Umgebung des Leuchtortes sind Leuchtortes Kleingewässer, wie Gräben in Kleingärten, vor- handen. An benannte Wiese anschließend, etwa Zum Einsatz kam eine UV-Leuchtstofflam- 150 Meter südlich nach lockerer Wohn-Bebau- pe, Länge 0,6 Meter (VEB NARVA UVS 20-2), ung, beginnt der Großenhainer Stadtpark betrieben an einer konventionellen Schaltung durch den die Röder und deren Kanäle verlau- (Netzspannung 230 Volt - Starter, Drossel 20 fen. Etwa 2 bis 3,5 Kilometer westlich, entlang Watt). Die Leuchte wurde zunächst senkrecht der Röder, sind mit dem ehemaligen Truppen- 82 Insecta, Heft 9, 2004

übungsplatz bei Kleinraschütz (Ginster-Heide) Ohrwurm-Art ist Forficula auricularia am Ort und der Binnendüne bei Skassa am Röderknie, vom Licht des Hauseinganges bekannt. ausgesprochen sandige Habitate zu finden - wie Der Sandohrwurm Labidura riparia, wegen der sächsische Naturraum „Großenhainer Pfle- seiner Größe bis 30 mm ohne Cerci und seiner ge“ (umrissen bei BASTIAN 2003 und BLASCHKE strohgelben Färbung, einer der auffälligsten 1999) insgesamt vom Sand geprägt ist. Ohrwürmer unserer Fauna, stellte sich in zwei Weibchen am 03. August 2003 ein. Näheres zur Ergebnisse Fundzeit wurde nicht registriert. Der Lichtfang dauerte etwa von 21.30 bis 24 Uhr (MSZ) Beide Beim Balkon-Lichtfang im dritten Oberge- Tiere saßen mit verpackten Flügeln recht apha- schoß konnten Labidura riparia und Labia mi- tisch auf einem weißen Tuch, welches auf dem nior nachgewiesen werden. Als eine weitere Balkonboden ausgelegt war.

Abb. 1. „Flughabitat“ von Labidura riparia und Labia minor - Blick aus südwestlicher Richtung zum Wohnhaus

Abb. 2. Präparat eines Labidura riparia-Weibchens UWE LEHMANN & DANILO MATZKE: Beobachtungen zum Flugverhalten von Ohrwürmern 83

Der Kleine Zangenträger Labia minior kann Die meisten geflügelten heimischen Ohr- recht regelmäßig beim Lichtfang und dann in würmer gelten als flugträge, bzw. es liegen keine mehreren Exemplaren beobachtet werden. Die genaueren Angaben zum Flugverhalten vor Art ist recht aktiv in der Umgebung der Lampe, (GÜNTHER 1989, SCHIMENZ 1984). Eine Ausnah- läuft am Tuch welches hinter der Lampe befes- me stellt Labia minor dar, worauf noch einge- tigt ist, bzw. auf dem Fensterbrett unter der gangen wird. Lampe. Zwei Belege vom August 2003 und Au- Beim Sandohrwurm besteht offensichtlich gust 2004 sind jeweils Weibchen. ein Mangel an Kenntnissen, wird doch seine Der Gemeine Ohrwurm Forficula auricula- mutmaßlich gute Flugfähigkeit bisher nur indi- ria ist dagegen noch nicht beim Balkon-Licht- rekt begründet, zum Beispiel mit der guten fang beobachtet worden, sitzt jedoch regelmä- Ausbildung der Flügel selbst (GÜNTHER 1989) ßig nachts unterhalb der Hauseingangsbeleuch- oder anhand der schnellen Besiedelung von Ab- tung des selben Wohnhauses an der Wand. Der raumhalden des Bergbaus (SEDLAG 2004). BEIER Hauseingang ist auf der Nordseite des Gebäu- (1959) nennt jedoch bereits eine Flugbeobach- des gelegen. Die Leuchte befindet sich in zwei tung am Licht aus Indien. Der Koautor selbst Meter Höhe über dem Erdboden. hat eine indirekte Flugbeobachtung in Bulga- Für die folgende Diskussion seien noch rien gemacht insofern, dass, bei einem Licht- exemplarisch, als weitere beim Balkon-Licht- fang plötzlich ein Etwas sich neben dem Tuch fang anfliegende Insekten genannt: Regelmäßig auf einen Holzstapel niederließ. Beim näheren treffen sehr zahlreich Wasserwanzen Sigara Betrachten wurde ein Sandohrwurm erkannt, spec. ein, zwei Belege ergaben Sigara falleni der gerade dabei war seine Flügel zu verpacken. (FIEBER, 1848), und es konnte Ende August Wie oben geschildert konnte der Anflug der 2003 ein Exemplar des Laufkäfers Omophron Tiere nicht beobachtet werden. Ein „Lichtkrab- limbatum (F., 1776) nachgewiesen werden. beln“ erscheint jedoch ausgeschlossen. Es ist kein Weg erkennbar, der das ohne Unterbre- Diskussion chung der Sicht zur Lichtquelle ermöglicht hät- te und zum anderen ist der Sandohrwurm nicht Anfang August 2003 gelang der Nachweis in der Lage an glatten Flächen empor zu klet- zweier Weibchen von L. riparia im sächsischen tern. Die deutlich erkennbar gut entwickelten Großenhain. Die Fundumstände stellen sich in Flügel (Foto) machen also gleichsam das Flie- Bezug zur Flugfähigkeit sehr interessant dar. gen am wahrscheinlichsten. Die Tiere wurden mitten im Siedlungsgebiet in Ein Anflug vom Boden aus kann nicht gänz- der 3. Etage eines Wohnhauses am Licht gefun- lich ausgeschlossen werden, es spricht aber we- den. Ein gleichartiges Auffinden dieser Art ist nig dafür. Die kürzeste „Flugverbindung“ zur aus Leipzig-Eutritzsch im Jahr 1990 (MATZKE Lampe auf den Balkon beträgt etwa 27 Meter. 1999) bekannt. In diesem Fall wurde auch ein Man muss jedoch stets weitere störende Licht- Weibchen an der Lampe sogar in der 4. Etage quellen - andere hell beleuchtete Balkone und gefunden. Fenster - berücksichtigen. Die Art gilt als Kosmopolit, stelle allerdings Inwieweit bereits Daten vorliegen, dass In- spezielle Ansprüche an seinen Lebensraum was sekten auf diese Entfernung von Licht beein- die Vorkommen im Verbreitungsgebiet eng flusst werden, entzieht sich der Kenntnis der umgrenzt. Sie ist bekannt von Sandflächen und Autoren. Ausreichend sicher scheint, dass die Dünengebieten an der Meeresküste oder Seeu- Tiere in etwa der Höhe der Lichtfanganlage flo- fern, sowie in ähnlichen Biotopen an Flüssen, gen und diese kräftig genug ist sich gegen „Stör- auf Binnendünen, in Heiden und auf Abraum- quellen“ in gleicher Höhe durchzusetzen. Aus halden der Braunkohletagebaue (GÜNTHER westlicher Richtung kommend sind die wenig- 1989). sten potentiell störenden Lichtquellen des Nun stellen sich die Fragen: Stammen die Wohnhauses vorhanden. Es handelt sich dann Tiere aus der Umgebung und sind sie, dem um die bereits zweite vertikale Balkonreihe. Licht zu, auf den Balkon geflogen? Eine nicht unbedeutende Rolle kommt der 84 Insecta, Heft 9, 2004

Nachttemperatur zu, sie beeinflusst entschei- Der Kleine Zangenträger Labia minior ist dend die Flugaktivität bei Ohrwürmern. In an- ein sehr guter Flieger und kann deshalb weitab deren (subtropischen) Regionen konnte eine vom zusagenden Biotop vorkommen. Nach erhöhte Flugaktivität bei einer Nachttempera- HARZ (1960) fliegt er direkt ans Licht, das konn- tur um 25°C und höher beobachtet werden. te auch beim Lichtfang wie oben beschrieben Der Sommer 2003 war außergewöhnlich bestätigt werden. heiß und trocken und dementsprechend war die Nachttemperatur auch relativ hoch, was in Vom Gemeinen Ohrwurm Forficula auricu- ähnlicher Weise für den Sommer 1990 zutrifft. laria der als Kulturfolger gilt ist das Fliegen be- Leider können zu beiden „Etagen-Anflügen“ in kannt (BEIER 1959, GÜNTHER & HERTER 1974), Großenhain und Leipzig nur die subjektiven er wird jedoch als flugträge angesehen. Er kann Einschätzungen der Autoren, dass es sich je- aus der nächsten Umgebung anfliegen oder di- weils um eine „warme Sommernacht“ handelte, rekt ans Licht hochsteigen, wie die über lange einen Hinweis dazu liefern. Spezielle Luft- Zeit regelmäßigen Beobachtungen an der be- Ströhmungsverhältnisse, wie sie bei höheren leuchteten Wand des Hauseinganges bestätigen. Gebäuden bekannt sind, hier tags aufgeheizte Warum er noch nicht am direkten Licht- Südseite und die stets schattige Nordseite, kön- fangort anflog kann derzeit nur gemutmaßt nen bei der Bewertung dieser Beobachtung werden. GÜNTHER (1989) beschreibt, dass die nicht ignoriert werden. Das trägt zur schwer zu Art Plätze bevorzug die eine Durchschnitts- bewältigenden Komplexität einer befriedigen- Temperatur von 18°C im Juli nicht überschrei- den Erklärung bei. Klärung, inwieweit der Gro- ten, was die nördliche Gebäudeseite unbestrit- ße Sandohrwurm seine Flugfähigkeit ausnutzt, ten eher bietet als die südliche. ans Licht fliegt, gar in größerer Höhe schwärmt, kann zweifellos nur eine erhöhte Aufmerksam- Danksagung keit der, sich wesentlich anderen Insekten-Ord- nungen widmenten, Entomologenschaft er- Herr KURT ARNOLD (Geyer) gab uns Aus- bringen. Insbesondere nun auch bei Leucht- kunft zum Flugverhalten der Wasserwanzen abenden in bekannten Vorkommensgebieten. und bestimmte zwei Belege. JÖRG GEBERT (Schleife-Rohne) und Dr. JÖRG LORENZ (Tha- Wie oben beschrieben wurden beim Bal- randt) teilten uns ihnen bekannte Vorkommen kon-Lichtfang auch andere Insekten nachge- des Großen Sandohrwurmes mit. FRANK HÖH- wiesen die Hinweise zu Gewässern und sandi- LER (Staatlichen Museum für Tierkunde Dres- gen Ufern geben. Der Laufkäfer Omophron lim- den) fertigte das Präparat-Foto an. Für die zu- batum komme an sandigen Ufern streng bio- vorkommende Hilfe sei hiermit herzlich ge- topgebunden (FREUDE 1976) und auch in Kies- dankt. gruben (KOCH 1989) vor. Die zahlreich anflie- genden Wasserwanzen, die als gute Flieger gel- Zusammenfassung ten, kommen auch aus weiter Entfernungen zum Leuchtort, können aber auch aus kleinen Das Auffinden des Großen Sandohrwurmes Gewässern der näheren Umgebung stammen Labidura riparia (PALLAS) beim Lichfang im (schrftl. Mitt. ARNOLD 2004). Ein umgrenzbares dritten Obergeschoß eines Wohnhauses mitten Habitat eines Großenhainer Vorkommens des im Siedlungsgebiet des sächsischen Großen- Sandohrwurmes kann damit zwar nicht er- hain, liefert einen weiteren Hinweis zum mut- mittelt werden, es ist aber, wie bereits geschil- maßlich guten Flugvermögen der Art. Die dert, ohne Zweifel, eine für ihn geeignet schei- Fundumstände werden erläutert und die Wahr- nende Landschaft vorhanden, was ein etablier- scheinlichkeit eines Vorkommens vor Ort wird tes Vorkommen vor Ort vermuten lässt. Das begründet. Gleichartige bereits vorliegende Be- nächst gelegene ist nur etwa 17 Kilometer west- obachtungen werden gewürdigt. Zwei weitere lich von Großenhain, in einer Kiesgrube bei Ohrwurm-Arten, Labia minor (LINNAEUS) und Gohlis (leg. MATZKE 1997-1999) bekannt. Forficula auricularia (LINNEAUS), werden regel- UWE LEHMANN & DANILO MATZKE: Beobachtungen zum Flugverhalten von Ohrwürmern 85 mäßig dort am Licht beobachtet, deren Flug- W., & LOHSE, G. A. (Hrsg.) (1976): Die Käfer Mitteleuropas, Band 2, Krefeld, 61. verhalten wird diskutiert. GÜNTHER, K. (1989): Ordnung Dermaptera - Ohrwürmer - In: Urania Tierreich in sechs Bänden - Insekten, Leipzig-Jena-Berlin, 70-77. Literatur GÜNTHER, K., & HERTER, K. (1974): Dermaptera (Ohrwür- mer). Handbuch der Zoologie. Berlin,4 (2) 2/11, BASTIAN, O. (2003): Naturraumbedingungen in Sachsen - 1-158 In: KLAUSNITZER, B., & REINHARD, R. (Hrsg.) (2003): HARZ, K. (1960): Geradflügler oder Orthopteren (Blattodea, Übersicht zur „Entomofauna Saxonica“ unter be- Mantodea, Saltatoria, Dermaptera). - In: DAHL, F. sonderer Berücksichtigung der FFH-Arten und der (Hrsg.): Die Tierwelt Deutschlands Bd. 46. - Jena „Vom Aussterben bedrohten Arten“ in Sachsen. (Gustav Fischer). 232 S. Beiträge zur Insektenfauna Sachsens. Band 1 - Mit- KOCH, K. (1989): Die Käfer Mitteleuropas - Ökologie Bd.1, teilungen Sächsischer Entomologen, Supplement 1, Krefeld, 29. 16-23 & Karte: Umschlagseite. MATZKE, D. (1999): Zur Ohrwurm- und Schabenfauna in BEIER, M. (1959): Ordnung Dermaptera (DEGEER 1773) KIR- Leipzig und Umgebung (Insecta: Dermaptera, Blat- BY 1813. – Bronns Klassen und Ordnungen des tariae)- Veröff. Naturkundemus. Leipzig 18, 66-80. Tierr., Leipzig, 5/III/6. 455-586 SCHIEMENZ, H. (1984): Dermaptera - Ohrwürmer - In: STRE- BLASCHKE, K. (1999): Die Großenhainer Pflege: Landschaft SEMANN, E. (1984): Exkursionsfauna Band 2/1 Wir- und Heimatgeschichte. - Mitteilungen des Landes- bellose, Insekten erster Teil, 91-92. vereins Sächsischer Heimatschutz e.V. 3, 11-16. SEDLAG, U. (2004): Massenflug von Ohrwürmern! - Ento- FREUDE, H. (1976): Carabidae - In: FREUDE, H., HARDE, K.- mologische Nachrichten und Berichte 48(2),79.

Anschrift der Verfasser: UWE LEHMANN, Am Schacht 11, D-01558 Großenhain E-Mail: [email protected] DANILO MATZKE, Stollbergerstraße 3, D-04349 Leipzig E-Mail: [email protected] 86 Insecta, Heft 9, 2004 Insecta, Heft 9, 2004, Seite 87-91

STEFAN MÜLLER-KROEHLING, Freising

Tagungsbericht zum 1. Internationalen Expertentreffen zum Hochmoorlaufkäfer (Carabus menetriesi pacholei) vom 15./16.11.2002 in Freising

Am 15. und 16. November 2002 kamen in Möglicherweise ist jedoch auch die in Nord- Freising fünfundzwanzig mitteleuropäische osteuropa verbreitete Nominatform dort nicht Carabidologen zusammen, um auf Einladung so häufig, wie man dies gemeinhin annimmt. der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Hierauf deuten Untersuchungen aus Russland Forstwirtschaft (LWF) und gemeinsam mit der zumindest hin. Gesellschaft für Angewandte Carabidologie MÜLLER-MOTZFELD verwies auf die aus taxo- (GAC) und dem Verein für Waldforschung das nomischer Sicht etwas uneinheitliche Nomen- erste internationale Symposium zum Hoch- klatur und Namensverwendung der Art. Rich- moorlaufkäfer (Carabus menetriesi pacholei) ab- tig sei die Art mit Carabus menetriesi FALDER- zuhalten. MANN in HUMMEL 1827, die Unterart pacholei mit C. m. pacholei SOKOLAR 1911 zu benennen. Der seltene Käfer ist einer von nur vier prio- Der Vorsitzende der GAC beleuchtete auch ritären Tierarten der FFH-Richtlinie, die in die Rolle der Art beim Genehmigungsverfahren Deutschland vorkommen, und darunter der für den Bau der „Peenetalautobahn“. Dort einzige mitteleuropäische Endemit. Daraus er- diente der Käfer als Vehikel für den Protest ge- gibt sich eine besondere Schutzverpflichtung gen die äußerst ungünstige Trassenführung für die Art, wie Präsident O. SCHMIDT in seinen ausgerechnet an der wertvollsten, breitesten Begrüßungsworten betonte. In Bayern ist die Stelle des großen Flusstalmoores. Als wenig öf- Staatsforstverwaltung mit der Umsetzung von fentlichkeitsbekannter Wirbelloser musste er NATURA 2000 im Wald betraut, und dies um- aber auch als Zielscheibe des Spottes gegen den fasst auch die Waldarten, wie den Hochmoor- Naturschutz herhalten. laufkäfer mit seinem Vorkommen in Wald- Insgesamt sei die Artenauswahl der EU-Na- mooren. turschutzrichtlinie nicht immer geglückt. Es In seinem Einführungsvortrag stellte Prof. fehlten einige sehr geeignete Arten mit hoher Dr. G. MÜLLER-MOTZFELD die weltweite Ver- Schutzverantwortung Europas wie zum Beispiel breitung der Art vor. Vom Ural bis nach Nord- Callisthenes reticulatus. Ob jedoch hingegen Ca- osteuropa hat die Nominatform (C. menetriesi rabus olympiae als einziger anderer Carabide, menetriesi) ein mehr oder weniger geschlosse- der nur in einem winzigen Areal im Piemont nes Verbreitungsgebiet. Am westlichen Areal- vorkommt, eine geeignete Art für ein Europäi- rand der Art komme es häufig zur Aufgliede- sches Schutzgebietsnetz sei, stellte der Referent rung in „Randrassen“, mit inselartigen Relikt- fragend in den Raum. vorkommen. Prof. Dr. KAREL HURKA aus Prag berichtete 88 Insecta, Heft 9, 2004

über die Verbreitung in Tschechien und der 30%, Oberösterreich aber nur 5% seiner Fläche Slowakei. Die dort seit 1992 geschützte Art gemeldet und u. a. das Moorgebiet „Bayerische kommt im Erzgebirgsraum an der Grenze zu Au“ mit einem Vorkommen der Art erst nach- Sachsen, sowie im Böhmerwald, besonders dem melden müssen. östlichen Teil, vor. Der Erstnachweis im Böh- Zur Verbesserung der Datenlage sei man merwald erfolgte in den 70er Jahren des 19. momentan dabei, ein Untersuchungskonzept Jahrhunderts. Mittlerweile ist die Verbreitung aufzustellen. Anhand von Angaben zur Habi- in Tschechien relativ gut erforscht, allein aus tatbindung der Art z. B. im Böhmerwaldbereich dem Böhmerwald sind ca. 30 Fundstellen be- der Nachbarländer wie Bayern habe man eine kannt. In der Slowakei sei die Art erst jüngst, „Suchkulisse“ erstellt, innerhalb derer man ge- und zwar in ihrer Nominatform, wiedergefun- zielt suchen will. Es ist zu hoffen, dass diese den worden. Untersuchungen genehmigt und finanziert Die Art sei in Tschechien eine Bewohnerin werden. der „natürlich erhaltenen Gebirgsmoore“ mit H. NÜSSLER berichtete in seinem mit Span- enger Habitatbindung und „geringster Valenz“, nung verfolgten Vortrag davon, wie er das erste betonte HURKA. Sie besiedele im Erzgebirge, wie Mal der Art begegnete. Als Soldat in Russland dem Gottesgaber Moor, den Kern der Hoch- war er in einem Moorgebiet stationiert. Ein moore mit Knieholz aus Latschen, Moor-Wald- schwer beladener Güterzug fuhr auf das Gleis lichtungen und andere Lebensräume mit hoher im Moor, und senkte es durch sein großes Ge- Deckung von Torfmoosen, komme jedoch im wicht. Unter den Holzschwellen hervor kamen baumfreien Hochmoorkern nicht vor. Käfer, die er als Carabus menetriesi bestimmte. Im Böhmerwald sei die Art typisch für den Einige sandte er als Belegtiere nach Hause, zur Habitattyp Spirkenfilz. Häufig werde sie in Be- Tarnzng wie Bonbons in Papier eingewickelt, gleitung von Agonum ericeti, und öfter auch von doch (wie viel Feldpost dieser Zeit) kamen sie Patrobus assimilis angetroffen. Insgesamt sei der nie an ihr Ziel. Charakter der Habitate anders als im Erzgebir- NÜSSLER gelang auch der Erstfund der Art für ge, und im östlichen Erzgebirge handele es sich Deutschland in seinen heutigen Grenzen, als er auch um die andere Unterart pseudogranulatus, sie im sächsischen Erzgebirge nachwies, und die erkennbar unter anderem an der geringeren Fundumstände waren nicht weniger spektaku- Größe und den weiteren morphologischen lär. Er fand den Käfer in Laufkäfer-Fängen ver- Merkmalen, die diese Unterart zwischen die meintlicher Carabus granulatus aus einem säch- Nominatrasse und pacholei stellen. sischen Hochmoor, die gerade entsorgt werden In Tschechien läuft derzeit ein Forschungs- sollten. Geistesgegenwärtig ahnte er, dass es sich projekt zur Habitatbindung und Populations- um eine andere Art handeln musste, da er granu- biologie auf Fang-Wiederfang-Basis an der latus in diesen Hochmooren nicht vermutete, Universität Prag. und rettete die Exemplare vor der Vernichtung. Dr. P. ZULKA vom Österreichischen Um- Seine Überprüfung ergab dann den Erstfund der weltbundesamt und Dr. W. PAILL aus Graz be- Art für Deutschland im Jahre 1964. leuchteten in einem gemeinsamen Vortrag den Dr. D. TOLKE vom Staatlichen Umweltfach- Kenntnisstand zur Verbreitung der Art in Ös- amt Chemnitz berichtete anschließend über terreich. Obwohl dieses Land es war, dass für den derzeitigen Kenntnisstand der Verbreitung die Aufnahme des Hochmoorlaufkäfers in den und Ökologie der Art in Sachsen. Trotz ver- Anhang II anlässlich seiner Novellierung im Be- schiedener Untersuchungsansätze in der Folge trittsjahr 1997 sorgte, ist doch der Kenntnis- mehrerer Jahre gelang es nicht, ihn in früheren stand über die Verbreitung zum Teil recht alt Vorkommensgebieten aktuell nachzuweisen. und für manche Teilgebiete auch nur lückig, Der letzte offiziell bekannte Nachweis stammt wie beide hervorhoben. Auch die Abdeckung von W. FIX aus dem Jahr 1980. Eine Fortsetzung der Vorkommen und der Lebensräume durch der Nachsuche ist unter Einbeziehung weiterer die FFH-Gebietsmeldungen sei in Österreich Moorgebiete, insbesondere im grenznahen Be- zum Teil inhomogen. So habe Niederösterreich reich zur Tschechei geplant. STEFAN MÜLLER-KROEHLING: Bericht zum 1. Internationalen Expertentreffen zum Hochmoorlaufkäfer 89

S. MÜLLER-KROEHLING von der gastgeben- sowie eine Analyse des bevorzugten Habitats in den LWF stellte die Verbreitung in Ostbayern der Region durchgeführt werden. Dabei zeigte vor, die aktuell von der Bayerischen Landesan- sich, dass Carabus menetriesi als eine Art mit stalt für Wald und Forstwirtschaft untersucht äußerst geringem Ausbreitungspotential einzu- wurde und wird. Im Bayerischen Wald komme schätzen ist, da sie zum einen im Vergleich zu die Art ganz bevorzugt in Hochmooren vom anderen Carabus-Arten nur geringe Distanzen Typ Spirkenfilz vor. In der Oberpfalz und dem zurücklegt, zum anderen kaum die idealen Be- Fichtelgebirge sind die Moore überwiegend reiche des Habitats verlässt und damit eine deutlich stärker degradiert als im Bayerischen (Re-)Kolonisation leerer „patches“ äußerst un- Wald. Der Hochmoorlaufkäfer wurde hier bis- wahrscheinlich ist. lang weder historisch noch rezent nachgewie- Auf der anderen Seite konnte in der Habi- sen. Wenn er hier einmal vorkam - was plausi- tatanalyse die Struktur des typischen Habitats bel erscheint - ist er wahrscheinlich als Folge im Untersuchungsraum festgestellt werden: die von Entwässerung und Abtorfung ausgestor- Art bevorzugt Bereiche mit lückigem Gehölzbe- ben, bevor man ihn nachweisen konnte. wuchs, einer hohen Deckung torfmoosreicher Bestimmende Faktoren für die Lebensrau- Bulte und einem sich davon absetzenden krau- meignung des Käfers, der im Böhmerwald ein treichen Vegetationsteppich. Demnach scheint echter Hochmoorbewohner sei und seinen Na- ein hoher Strukturreichtum wichtig zu sein. men zu recht trage, seien Nässe, Torfmoos- Diese Präferenzen deuten sich auch für die ge- wachstum und das Vorhandensein eines lichten fangenen Larven an. Schirms aus Spirken oder Latschen. Erst 1978 gelang der Erstnachweis des Dr. P.-L. REISER untersuchte zu Beginn der Hochmoorlaufkäfers in Vorpommern, wo man 1970er Jahre die Verbreitung in verschiedenen ihn bis heute von nur zwei Lokalitäten, beides Landesteilen Bayerns, und fand die Art unter Durchströmungsmoore im Peenetal, kennt, wie anderem im Bayerischen Wald an verschiede- Dr. V. MEISSNER und sein Kollege TH. MART- nen Lokalitäten, im Bereich der Chiemseemoo- SCHEI berichteten. Insgesamt wurden seither re (vor exakt 30 Jahren) und „im sechsten An- nur kaum mehr als 30 Exemplare insgesamt lauf“ auch im Allgäu. Vergeblich suchte er in nachgewiesen, auch wenn seit 1998 über ehren- Rhön und Vogelsberg. Seine Beschreibung der amtliche Erfassungen im FFH-Kontext die Voralpenland-Unterart witzgalli, die damals Untersuchungen etwas zugenommen hätten. unterblieb, wird er jetzt im Tagungsband, also Die Untersuchungen in den sehr nassen, tief- nach 30 Jahren, nachholen. Für die morphome- gründigen Mooren seien zum Teil sehr aufwän- trische Unterscheidung der Teil-Verbreitungs- dig. gebiete sei es wichtig, Arten von homogenen Über die genaue Habitatbindung sei auf- Standorten zu verwenden, betonte Reiser, um grund der wenigen Funde noch keine Aussage beispielsweise „Hunger- und Mastformen“ aus- möglich, wohl aber darüber, dass die Art offen- zuschließen. Seine Belegsammlung und mor- sichtlich zumindest eine teilweise Beschattung phometrischen Messungen, die er anlässlich der benötigt, im Peenetal häufig von der Grauweide Tagung vorstellte, belegen den unterschied- (statt der dort fehlenden Spirke). Statt Torf- lichen Charakter der Populationen südlich der moosen bestehe die Moosschicht aus Braun- Donau von jenen in Ostbayern. moosen, im übrigen sei der Lebensraum aber I. HARRY stellte seine Forschungen im süd- dem in den anderen Teilen Deutschlands nach westbayerischen voralpinen Moor- und Hügel- Auffassung MEITZNERS vergleichbar. Allerdings land vor, wo die Art in den 1970er Jahren von kommt er im Peenetal in deutlich artenreiche- Reiser entdeckt wurde. Seit den intensiveren rer Gesellschaft von Laufkäfern vor, so zum Untersuchungen in den letzten Jahren sind dort Beispiel von Carabus clathratus und der Ver- mittlerweile sieben Vorkommen bekannt, da- wechslungsart Carabus granulatus. Morpholo- von ein Großteil in Übergangsmooren. Durch gisch, und wohl auch in der Lebensraumbin- intensive Fang-Markier-Wiederfang-Experi- dung, steht die Peenetal-Population der Nomi- mente konnten Daten zur Dismigration der Art natform nahe. 90 Insecta, Heft 9, 2004

Ein in der Pause gezeigtes Video des Hoch- der Meinung, dass von Seiten der EU geklärt moorlaufkäfers bei der Jagd, von einem Mitar- werden sollte, dass unter dem Taxon Carabus beiter Müller-Motzfelds im Peenetal aufge- menetriesi pacholei im Anhang II der EU-Richt- nommen, sorgte für allgemeine Begeisterung. linie alle mitteleuropäischen Vorkommen zu ALFRED RINGLER als Verfasser des Bayeri- fassen seien, unabhängig davon, ob man zu der schen Moorentwicklungskonzeptes hielt als Erkenntnis gelange, dass die Voralpen- und einziger Nicht-Laufkäferkundler einen Vortrag auch die Erzgebirgs- und Peenetal-Populatio- über die Moore Bayerns und ihren Schutz. Bay- nen tatsächlich eigenständige Unterarten seien. ern sei in Deutschland die Region mit dem Die Sorge, dass durch eine taxonomische Ent- größten Anteil hydrologisch weitgehend intak- scheidung für diese Unterarten der FFH-Status ter Moore. Gerade auch das Lech-Wertach- entfalle, dürfe nicht der Wissenschaft „im Wege Vorland, wo der Hochmoorlaufkäfer seinen stehen“. Das Bundesamt für Naturschutz solle weltweit westlichsten Verbreitungspunkt hat, daher aufgefordert werden, diesbezüglich Klä- ist eine Region mit ausgeprägt guten Moorvor- rung bei der EU-Kommission einzuholen, wie kommen. Stellenweise sei die Moorerhaltungs- dies auch schon für andere vergleichbare Arten rate noch bei 15 %, während beispielsweise im erfolgt sei. Salzach-Vorland, dem östlichen Verbreitungs- Drei Kriterien erschienen dem Plenum für raum der Art im Voralpenraum, 98 % Moor- die Unterartenfrage in der Summe entschei- verlust zu verzeichnen sei. Aufgrund der tradi- dend: Morphologie, Ökologie und Genetik. Im tionell geringen landwirtschaftlichen Betriebs- Zuge der Workshops konnten die Teilnehmer größen Bayerns haben auch „prähistorische umfangreiches Material aller mitteleuropäi- Nutzungen“ lange Zeit einen hohen Stellenwert schen Vorkommen studieren. Es überwog dabei selbst auf Marginalflächen gehabt, und so seien die Erkenntnis, dass sich Böhmerwald, Erzgebir- auch in Bayern die Moorverluste insgesamt sehr ge und Voralpenland tatsächlich morphologisch hoch. unterscheiden. Unterschiede in der Habitatbin- Noch stärker als die Hochmoore wurden die dung hatte der Vormittag ebenfalls ergeben, ge- Niedermoore der Kultivierung zugeführt, ihr netische Untersuchungen stehen noch aus. Verlust ist daher oft noch weitgehender. RING- HURKA stellte die Larve von C. menetriesi LER erinnerte, dass manche heute isolierten und aktuelle Erkenntnisse zu ihrer Biologie vor. Moorgebiete früher unter Umständen sogar re- Obwohl sie keine larvale Diapase einlege, sei sie lativ gut vernetzt waren, beispielsweise über doch für eine Massenzucht für Forschungs- Flusstalmoore. Oftmals wurden die Hochmoo- oder Artenschutzzwecke relativ wenig geeignet. re zumindest teilweise (wenn auch zum Teil HARRY berichtete über Kenntnisstand und spät) unter Schutz gestellt, die umgebenden Wissensdefizite zur Biologie des Käfers. So sei Niedermoore aber vollständig der Nutzung zu- beispielsweise noch nicht sicher, ob es sich um geführt, was unvermeidbar auch negative Aus- eine ein- oder eine mehrjährige Art handele. Er wirkungen auf das Hochmoor selbst, seinen regte Forschungsarbeiten hierzu an. Nährstoffhaushalt und Hydrologie habe. MÜLLER-KROEHLING stellte die Gefährdung RINGLER betonte anhand eindrucksvoller von Insektenarten durch Sammler zur Diskus- Dias die große Moortypenvielfalt Bayerns. Ge- sion. Es gebe durchaus Situationen, unter de- rade der kleinräumige Wechsel der Standorts- nen wirbellose Tiere durch anhaltendes Sam- bedingungen nebeneinander sei vielfach ent- meln in ihrer Population substanziell geschä- scheidend für das Überleben stenöker, reliktä- digt würden, wie anhand einiger Fallbeispiele rer Arten gewesen, die nur so bei sich wandeln- belegt wurde. Die andere FFH-Carabide, Cara- den Umweltbedingungen „seitwärts“ auswei- bus olympiae als norditalienischer Endemit, galt chen konnten. bereits einmal durch Sammler als ausgerottet. Der Nachmittag war Diskussionen und ei- Erst als der Marktpreis verfiel, weil einem Fran- nem Workshop zu aktuellen Fragen vorbehal- zosen die Massenzucht gelungen war, ließ der ten. massive Sammeldruck soweit nach, dass er Die Versammlung war übereinstimmend nicht mehr die Hauptbedrohung darstellt. STEFAN MÜLLER-KROEHLING: Bericht zum 1. Internationalen Expertentreffen zum Hochmoorlaufkäfer 91

Auch der Druck auf Carabus menetriesi pacholei Die Teilnehmer des Symposiums stellten bei sei auch durch den hohen Schwarzmarktpreis einer zusammenfassenden Diskussion zum sicher in manchen Gebieten erheblich. Hierfür Forschungsstand der Art heraus, dass dieser für spräche unter anderem die immer wieder in eine prioritäre FFH-Art als derzeit ungenügend Moorgebieten zu findenden illegalen Fallen. zu bewerten ist. Neben der bereits erwähnten Geringe Vermehrungsrate, inselartiges Vor- notwendigen Klärung der Unterartenfrage un- kommen und effektive Fangmethoden (in ter Betrachtung genetischer, morphologischer Sachsen z. B. jahrelang Fangrinnen) seien prä- und ökologischer Kriterien fehlen auch detail- disponierende Faktoren für diese Gefährdung. lierte weitergehende, Untersuchungen zur Auch Forschungsvorhaben der einzelnen Ökologie. Staaten und Länder wurden vorgestellt und dis- kutiert. Im Rahmen der FFH-Umsetzung muss Eine Exkursion führte am zweiten Tag in ein die Art erfasst und durch ein Monitoring unter- repräsentatives Moor im Vorderen Bayerischen sucht werden. Zumindest für die Ersterfassung Wald mit einem großen Vorkommen des in Gebieten ohne bisherigen Nachweis muss ei- Hochmoorlaufkäfers. Für die Teilnehmer aus ne Verwendung von Essigfallen möglich sein, anderen Regionen war der hier besiedelte Le- war sich die Versammlung einig. Die äußerst bensraum Spirkenfilz ein neuer Aspekt. Sorge geringen Fangraten in Sachsen und Vorpom- bereitete allen Beteiligten die unverkennbaren mern zeigten, dass sonst eine effektive Erfor- Folgen einer von einer (innerhalb des NSG ge- schung der Verbreitung sehr erschwert sei. Sie legenen) Nachbarfläche ausgehenden aktuellen zeigen auch, dass es sich um eine Art handelt, Entwässerungsmaßnahme am Rand des Moo- die durch zeitlich befristete, wissenschaftliche res, die zu einer merklichen Austrocknung die- Fallenprogramme nicht gefährdet wird. Für ses nach Kaule „national bedeutsamen“ Moores Langzeitstudien in bekannten Vorkommensge- führt. bieten seien hingegen Fang-Wiederfang-Ansät- ze mit Lebendfallen zu bevorzugen. Die Tagung diente zusammenfassend dem MÜLLER-KROEHLING für Bayern und Dr. intensiven fachlichen Austausch, und die Teil- ZULKA und Dr. PAILL für Österreich stellten nehmer knüpften zahlreiche neue Kontakte. auch Suchkulissen für die Art in den ausgewie- Ein Tagungsband mit allen Beiträgen wird 2005 senen FFH-Gebieten vor. Harry berichtete über als Supplement der „Angewandten Carabidolo- ein geplantes universitäres Forschungsvorha- gie“ erscheinen. Vorbestellungen sind bei der ben zur Ökologie und Populationsbiologie der Tagungsleitung und der GAC (http://www.lauf- Art. kaefer.de) möglich.

Anschrift des Verfassers: STEFAN MÜLLER-KROEHLING, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), Am Hochanger 11, D-85354 Freising E-Mail: [email protected] 92 Insecta, Heft 9, 2004 Insecta, Heft 9, 2004, Seite 93-94

Laudatio, anlässlich der Verleihung der Ehrennadel des Naturschutzbundes in Silber an JOACHIM SCHULZE, Berlin

Lieber JOACHIM SCHULZE, liebe Bundes- Entwicklung der Berliner Freizeit-Entomologie freunde, maßgeblich geprägt.

es ist nun 17 Jahre her, als ich JOACHIM Jeder Fachgruppenabend war mit einem SCHULZE das erste Mal begegnete. Es war auf ei- Thema versehen. Wenn man bedenkt, dass sich ner der unzähligen Fachgruppenabende der die Entomologen seit 1961 zweimal im Monat Berliner Entomologen, deren Leitung in seiner trafen, ausgenommen die Sommermonate Juli Obhut lag. und August, dann sind das 20 Themenabende Die Fachgruppe Entomologie wurde bereits im Jahr. Dieser Modus wird übrigens heute im Februar 1957 in Berlin ins Leben gerufen noch beibehalten. Es war nicht leicht, das Jah- und besteht jetzt 45 Jahre lang. JOACHIM SCHUL- resprogramm aufzustellen. Manchmal sah es so ZE war der Jüngste der acht Mitbegründer und aus, als ob die nötigen Themen nicht zusam- übernahm von 1967 bis 1992 die Leitung der men kamen. Doch Sie, lieber JOACHIM SCHULZE, Fachgruppe, die er nur zeitweilig 1989/1990 haben es immer wieder geschafft, jeden Abend unterbrach. Durch sein großes Engagement mit interessanten und niveauvollen Themen zu und seinen unermüdlichen Einsatz wurde die füllen. 94 Insecta, Heft 9, 2004

1990 befand sich die Fachgruppe in Folge selweise in Berlin und in verschiedenen Städten der politischen und wirtschaftlichen Verände- Brandenburgs organisiert. rungen in Deutschland in einer schwierigen Si- tuation. JOACHIM SCHULZE hatte wesentlichen JOACHIM SCHULZE hat die bemerkenswerte Anteil daran, dass die Arbeit fortgesetzt wurde Eigenschaft durch sein umfangreiches entomo- und es wieder bergauf ging. Ich entsinne mich logisches Wissen und durch die Art des Auftre- noch genau an jenen Abend als Joachim Schul- tens junge Menschen für die Entomologie zu ze die Leitung wieder übernahm – es ging ein begeistern. So leitete er von 1977 bis 1990 eine Aufatmen durch die Reihen. Schülerarbeitsgemeinschaft „Junge Entomolo- gen“ im Pionierpark „Ernst Thälmann“, dem Unter der Leitung von JOACHIM SCHULZE heutigen Freizeit- und Erholungszentrum trat die Fachgruppe Entomologie, die bisher Wuhlheide in Berlin. Viele ehemalige Schüler dem Kulturbund angehörte, 1991 dem Natur- wurden nach ihrem Ausscheiden aus dieser Ar- schutzbund Deutschland Landesverband Berlin beitsgemeinschaft Mitglied in der Fachgruppe bei. Entomologie. Ebenso wirkte JOACHIM SCHULZE bei zahlreichen Jugendlehrgängen des Fachaus- Viele weitere Verdienste gehen auf sein schusses Entomologie mit. Einige Mitglieder Konto. So die Gründung der Zeitschrift „NO- der Fachgruppe verdanken es den unzähligen VIUS“ 1978, an deren Redaktion Joachim Tipps und Ratschlägen, dass sie sich zu Spezia- Schulze maßgeblich mitwirkte. Mit diesem Mit- listen entwickeln konnten. teilungsblatt hatten die Berliner und auch Bran- denburger Entomologen endlich eine Möglich- Auch über die Grenzen der Fachgruppe keit, ihre Beobachtungen und Ergebnisse von Entomologie ist JOACHIM SCHULZE als Freizeit- entomologischen Untersuchungen besonders Entomologe sehr gut bekannt. Einerseits durch aus der Mark Brandenburg zu veröffentlichen. seine Arbeit im Zentralen Fachausschuss Ento- 1999 wurde der „NOVIUS“ mit den „Branden- mologie bis 1990 und nachfolgend im Bundes- burgischen Entomologischen Nachrichten“ zu fachausschuss Entomologie. Anderseits als Spe- den „Märkischen Entomologischen Nachrich- zialist in den Insektengruppen Coccinellidae, ten“ vereint, in deren Redaktion Berliner und Scarabaeidae und Lucanidae. Für die letzten Brandenburger Entomologen aktiv tätig sind. beiden Gruppen erstellte JOACHIM SCHULZE die Rote Liste gefährdeter Tiere für Brandenburg. Unter der Regie von JOACHIM SCHULZE kon- Er organisiert regelmäßig das Spezialistentref- zentrierte sich die Fachgruppe auf die faunisti- fen des Arbeitskreises „Lamellicornia“, dieses sche Bearbeitung der Mark Brandenburg, die Jahr fand das 10. Treffen statt. bis heute fortgeführt wird. Ein großes Projekt war die Erfassung der Entomofauna des Natur- Zu Ihrer Auszeichnung mit der Ehrennadel schutzgebietes „Lange Dammwiesen und Unte- des Naturschutzbundes in Silber für Ihre lang- res Annatal“ bei Strausberg. Die Ergebnisse jährige ehrenamtliche entomologische Arbeit wurden in zahlreichen Publikationen veröffent- gratuliere ich ganz herzlich. Als jetziger Leiter lich. Um den Bedarf an einem entomologischen der Fachgruppe Entomologie sehe ich es als Eh- Erfahrungsaustausch in größerem Rahmen ge- re und als meine Aufgabe an, die Arbeit in Ih- recht zu werden, organisierte JOACHIM SCHULZE rem Sinne weiterzuführen. Ich wünsche Ihnen, 1982 den ersten Berliner Entomologentag, der lieber JOACHIM SCHULZE, viel Gesundheit und inzwischen auf eine 21jährige Tradition zurück Freude bei der weiteren Beschäftigung mit den blicken kann. Hier trafen sich immer weit über kleinen sechsbeinigen Krabbeltierchen. Wir 100 Entomologen aus Berlin und Brandenburg. Berliner Entomologen hoffen, dass Sie auch in Darüber hinaus konnten auch zahlreiche Gäste der Zukunft uns mit Rat und Tat zur Seite ste- aus anderen Regionen begrüßt werden. Seit hen. 1993 wird diese Veranstaltungsreihe als Märki- THOMAS ZISKA, Berlin scher Entomologentag weitergeführt und wech- 2. Februar 2002 Insecta, Heft 9, 2004, Seite 95-97

Nachruf Dr. SIEGFRIED LÖSER 1938 –2004

Mit dem plötzlichen Tod von Dr. SIEGFRIED Am 28. September 1938 in Dresden gebo- LÖSER hat die Entomologie in Deutschland – im ren, absolvierte SIEGFRIED LÖSER nach seinem Westen und im Osten – einen wichtigen Anre- Oberschulabschluss eine Schlosserlehre, um ger, Gestalter und Organisator verloren, und zum Biologiestudium an der Humboldt-Uni- viele von uns, Berufsentomologen wie Liebha- versität zugelassen zu werden. Kurz vor dem ber der Insektenkunde, werden schmerzlich ei- Mauerbau im August 1961 konnte Siegfried Lö- nen guten und streitbaren, fördernden und for- ser die damalige DDR verlassen, und es ver- dernden Freund vermissen. Vor allem in den schlug den jungen Studenten in die Rheinlande. dreißig Jahren seines Wirkens erst als Kustos Zwar behielt er bis zum Schluss zarte Anklänge am Löbbecke-Museums Düsseldorf, dann als an das sächsische Idiom bei, ansonsten verwan- Oberkustos am Aquazoo-Löbbecke-Museum delte ihn die neue Umgebung in eine rheinische hat SIEGFRIED LÖSER Wegmarken gesetzt, die Frohnatur mit gelegentlich rauer Schale. Er weit über die Grenzen seines so geliebten Insti- konnte sein Biologie-Studium bei Prof. ULRICH tuts im Düsseldorfer Nordpark hinausweisen. THIELE in Köln fortsetzen und promovierte 96 Insecta, Heft 9, 2004

1971 mit dem Thema: „Art und Ursachen der Dr. LÖSER organisierte für die Entomologi- Verbreitung einiger Carabidenarten (Coleopt- sche Gesellschaft auch mehrtätige Exkursionen era) im Grenzraum Ebene – Mittelgebirge“. ins europäische Ausland, so nach der Schweiz Nach der Promotion arbeitete er kurz als Lehrer zweimal zum Gadmen und dreimal nach Olivo- in Köln-Rodenkirchen, bis er im Mai 1973 ne, nach Österreich zweimal nach Obergurgl durch Vermittlung von Prof. THIELE an das (Tirol), Trins, Zeller See und in die Wachau, Löbbecke-Museum in Düsseldorf kam, damals nach Spanien zweimal in die Südost-Pyrenäen noch im düsteren und räumlich unzulänglichen (Solsona/Lerida) und mehrfach ins Murnauer Luftschutz-Hochbunker an der Brehmstraße Moor. Dort in Grafenaschau am Murnauer beheimatet. Ein Aufnahmeschein mit dem Da- Moor hatte er seinen Zweitwohnsitz. Dieses tum 15. Mai 1973 weist Dr. LÖSER bereits als Biotop untersuchte er über Jahre und die Er- Mitglied der Entomologischen Gesellschaft gebnisse wurden 1982 als Sonderband in der Düsseldorf aus – mit dem Gründungsjahr 1866 „Entomo-Fauna“ veröffentlicht. eine der ältesten insektenkundlichen Vereini- Im gleichen Jahr 1982 erfolgte der Stadtrats- gungen Europas. beschluss für den Neubau des künftigen Löbbe- Dr. LÖSERS Zusammenarbeit mit den Lieb- cke Museum und Aquazoo im Düsseldorfer haber-Entomologen in der Entomologischen Nordpark (Grundsteinlegung 1983), (Richtfest Gesellschaft Düsseldorf trug wesentlich dazu 1984), das 1987 eröffnet wurde. Dr. LÖSER sorg- bei, dass diese samt ihrer zum Teil hochspeziali- te mit seiner Durchsetzungskraft und gelegent- sierten Fachkunde in die Arbeit des Löbbecke- lichen Konfliktfreude dafür, dass nicht nur ein Museums eingebunden werden konnten. Diese ansprechender Insektenschauraum mit 31 In- Integrationsleistung von SIEGFRIED LÖSER trägt sektarien und Großvitrinen geschaffen wurde, bis heute ihre Früchte, da diese ehrenamtlich sondern dass vor allem den stetig wachsenden Tätigen viel dazu beitrugen, die umfangreichen Sammlungen im Magazin angemessener Platz Insektensammlungen des Museums zu pflegen, geschaffen und das entomologische Mobiliar neu zu ordnen, zu erweitern und systematisch vollständig erneuert wurde. zu katalogisieren. Der Beharrlichkeit Dr. LÖSERS 1987 wurden auch auf seine Initiative hin in ist auch zu danken, dass der Anschaffungs-Etat gemeinsamer Anstrengung von Entomologi- des Museums für Sammlungen im Laufe der scher Gesellschaft und der Arbeitsgemeinschaft Zeit stattlich erhöht werden konnte. Hinzu ka- der rheinisch-westfälischen Lepidopterologen men Mittel aus Aktivitäten der Entomologi- die ersten Pachtgebiete an der Mosel zum schen Gesellschaft, so dass viele namhafte Schutz des Mosel-Apollos erworben; die perio- Sammlungen in der Aegide von Dr. LÖSER er- disch anfallenden Pflegemaßnahmen werden worben werden konnten. So zum Beispiel die bis heute vom Museum unterstützt. Sammlungen: STAMM (Micros, Zygaenidae, Als Krönung seiner Lebensleistung durfte Hesperidae), MAEY (pal. Lepidoptera mit Spezi- Dr. LÖSER 1988 die Eröffnung des 1. Westdeut- alsammlung Colias palaeno), MÜTING (Noctui- schen Entomologentages im Löbbecke-Mu- dae, Geometridae), POTONIE (pal. Lepidoptera), seum und Aquazoo empfinden, dessen spiritus MÄRKER (pal. Lepidoptera), REHNELT (Pieridae rector und Antriebsmotor er über fast einein- und Parnassidae), KLEIN (pal. Lepidoptera – halb Jahrzehnte geblieben ist. Dank seiner Un- Schwerpunkt Hunsrück), MARTEN ( spanische ermüdlichkeit und Einsatzfreude ist dieses all- und nordafrikanische Geometridae), SIEPE jährliche wissenschaftliche Treffen zu einer fest- (Rhopalocera – Schwerpunkt Türkei), HEDER- en Einrichtung geworden, die seinen Schöpfer GOTT jun. (Micros), PUSCHMANN (pal. Lepidopt- noch lange überdauern wird. era), DITGENS (Noctuidae, Geometridae), Sein Engagement in der praktischen Natur- SCHMIDT-KOEHL (Rhopalocera), HLADIL (8000 schutzpolitik mündete 1995 in der Gründung – pal. Buprestidae), MEISE (Micros), GROß (Mi- gemeinsam mit Dr. A. BRUCKHAUS – des Lan- cros – fast 50.000 Tiere), BAUMANN (Satyridae), desfachausschusses (LFA) Entomologie in Stehling (Coleoptera), HÜRTER (pal. Lepidopt- Nordrhein-Westfalen im NABU, der dann erst- era) u. v. a. mals auf dem Westdeutschen Entomologentag 97 des gleichen Jahres offiziell in Erscheinung trat. Wissenschaftlichen Beirates. Mit seiner reichen Seit 1996 arbeitete Dr. LÖSER ununterbrochen Erfahrung unterstützte er die neue, junge Ge- mit dem BFA Entomologie im NABU zusam- sellschaft und sorgte dafür, dass sie in den alten men, entweder als gewähltes BFA-Mitglied (so Bundesländern bekannt wurde und Anerken- zum Beispiel als Verantwortlicher für die Zu- nung fand. sammenarbeit mit den anderen Landesfachaus- Das nachfolgende, von seinem Nachfolger schüssen oder für rechtliche Fragen in der Na- am Löbbecke-Museum und Aquazoo, Dr. NOR- turschutzpolitik) oder als Vertreter des LFA BERT LENZ, zusammengestellte Verzeichnis der NRW. Er war auch Gründungsmitglied der „In- Veröffentlichungen von Dr. SIEGFRIED LÖSER itiative zum Insekt des Jahres“, später Kuratori- vermittelt einen Eindruck von seinem breiten ums-Mitglied und organisierte die erste (der wissenschaftlichen Interesse auf verschiedenen später regelmäßigen) Ausstellungen zum Insekt Themenfeldern der Entomologie. Hochqualifi- des Jahres zusammen mit der Ausstellung „100 zierter Wissenschaftler, der er war, hat er sich Jahre NABU“ im Löbbecke-Museum und jedoch nie auf den Elfenbeinturm zurückgezo- Aquazoo. Dr. LÖSER war gleichzeitig der „Ver- gen, sondern seine Kenntnisse, Fähigkeiten, Or- bindungsmann“ zwischen der Entomofaunisti- ganisationstalente in den Dienst der Vermitt- schen Gesellschaft (EFG) und den NABU-Ento- lung und der Praxis gestellt. mologen und „in jeder Weise ein aktiver Mitge- Dr. LÖSER befand sich auf dem Weg zur Ju- stalter unseres Anliegens: Entomologie & Na- biläumstagung (100 Jahre) der Münchner turschutz“ (Prof. G. MÜLLER-MOTZFELD). Entomologischen Gesellschaft als ihn der Tod Bleibende Verdienste erwarb sich Dr. LÖSER am 13. März 2004 im Schlaf im Kreise seiner auch nach dem Ende der deutschen Teilung, in- Familie in Grafenaschau traf. Es mag uns ein dem er das seine dazu beitrug, die Entomologen Trost sein, dass er nicht gelitten hat. Unser Mit- aus Ost- und Westdeutschland zusammenzu- gefühl gilt seiner Frau BEATE LÖSER und den bei- führen. So war er seit Gründung der Entomo- den Töchtern. Er wird uns fehlen. faunistischen Gesellschaft 1991 Mitglied deren Dr. JÜRGEN ECKL, Berlin 98 Insecta, Heft 9, 2004

BUCHBESPRECHUNGEN

HEIKO BELLMANN, Heuschrecken. Die Stim- WACHMANN, A. MELBER und J. DECKERT ge- men von 61 heimischen Arten. Audio CD, ca. schlossen. Ein wesentlicher Vorteil zur alten 66 Minuten Laufzeit, mit Beiheft. ISBN 3- Auflage ist die große Zahl (266) sehr guter Ma- 935329-48-2, Preis 14,90 ¤. Musikverlag Edi- krofotos, fast alle von E. WACHMANN, von vielen tion Ample (www.tierstimmen.de) (Direktbe- der angeführten Arten (ca. 50 %). Hinzu kom- zug bei dem Ample-Verlag, Am Graspoint 44, men ausführliche Angaben zu der Biologie der 83026 Rosenheim möglich). einzelnen Spezies, was sehr zu begrüßen ist, da über die Lebensweise vieler Arten wenig be- Bereits 1993 ist eine Heuschrecken-CD von kannt ist. Erfasst werden mitteleuropäische Ar- HEIKO BELLMANN erschienen, die seit einiger ten, insbesondere die von Deutschland, Öster- Zeit vergriffen ist. Die neue, jetzt vorliegende reich und der deutschsprachigen Schweiz. CD ist übersichtlicher als ihre Vorgängerin ge- Der vorliegende 2. Band der insgesamt ge- gliedert und wurde um zwei Arten ergänzt. Als planten 4 Bände dieser Neuauflage enthält ei- Zugabe gibt es auch eine akustische Sommer- nen Teil der , nämlich die kleine stimmung mit zirpenden Heuschrecken. Mehr Familie der Microphysidae mit 9 und die größ- als eine Stunde Tonaufnahmen fast aller in te Familie der Heteroptera, die Miridae, mit 369 Deutschland vorkommenden Heuschreckenar- Arten. Die beiden Familien und ihre Gattungen ten sind in guter Qualität zusammengestellt. werden jeweils kurz charakterisiert. Bei den Ar- Diese Aufnahmen sind auch als eine Ergänzung ten, geordnet nach Tribus, werden Angaben zur zu vorhandener Bestimmungsliteratur zu se- Größe, Verbreitung und Biologie gemacht. Eine hen, wie des leider nicht mehr erhältlichen Be- Literaturübersicht und ein Register beschließen stimmungsbuches „Heuschrecken - beobachten die Arbeit. Infolge des größeren Umfanges die- bestimmen“ des gleichen Autors. ser Neuauflage werden in diesem Bande und Ein kleines Beiheft mit 28 Seiten zur CD lie- zwei weiteren nur die Verbreitung und Biologie fert zu jeder akustisch vorgestellten Art. Anga- behandelt. Außerdem soll ein Band der sich ben zur Körpergröße, zum Habitat und zur ausschließlich mit Bauplan, Lebensweise, Phy- Verbreitung in Deutschland. Eine Beschreibung logenie und anderen allgemeinen Themen über der Rufe mit einem Sonagramm und eine kleine Wanzen beschäftigt, folgen. Bestimmungstabel- Abbildung von jeder Art sind ebenfalls vorhan- len sind späteren Bänden, an dem andere Auto- den, außerdem grundlegende Informationen ren beteiligt sein sollen, vorbehalten. über Heuschrecken und ihre Lautäußerungen, Als nachteilig sehe ich es an, dass der 2. natürlich in stark komprimierter Form. Band vor dem 1. erschienen ist. Dadurch fehlen Die CD ist jedem, der sich für einheimische eine Einführung und eine Erläuterung zu Inhalt Heuschrecken interessiert, zu empfehlen. und Form des Gesamtwerkes. Ein kleiner JÜRGEN DECKERT (Berlin) Schönheitsfehler ist es, dass einzelne Abbildun- gen offensichtlich nicht farbgetreu sind, so er- scheinen z. B. die Abbildungen von Alloeotomus WACHMANN, E., A. MELBER & J. DECKERT gothicus oder Orthotylus rubidus sehr kräftig rot. (2004): Die Tierwelt Deutschlands. 75. Teil. Auch die auffällige Blaufärbung, z. B. bei Ascio- Wanzen Band 2. Cimicomorpha. Microphysi- dema obsoleta, wahrscheinlich durch Reflektio- dae (Flechtenwanzen), Miridae (Weichwan- nen des Blitzlichtes entstanden, könnte even- zen). 294 S., Verlag Goecke & Evers, Keltern. tuell die Bestimmung erschweren. Als Bestim- mungsbuch sind die ersten drei Bände jedoch Seit längerer Zeit schon sind die Heterop- nicht vorgesehen, wohl aber eine hilfreiche Er- tera-Bände des DAHL „Die Tierwelt Deutsch- gänzung. lands“ vergriffen. Diese Marktlücke wird nun durch eine Neubearbeitung von den Autoren E. URSULA GÖLLNER-SCHEIDING, (Berlin) BOLETUS Pilzkundliche Zeitschrift • NABU-Bundesfachausschuss Mykologie

Der Name „Boletus“ (Röhrling) steht für die bekannteste Pilzgattung. Die Zeitschrift „Boletus“ wurde 1977 in der DDR gegründet und 1994 mit dem ebenfalls dort erschienenen „Mykologischen Mitteilungsblatt“ vereint. Seit 1990 wird die Zeitschrift vom NABU herausgegeben. Sie greift vor allem Themen aus der Floristik, Ökologie, Chorologie und Taxo- nomie mitteleuropäischer Pilze auf, wobei im begrenzten Umfang auch lichensierte Pilze (= Flechten) Berücksichtigung finden. Bestandsentwicklungen und naturschutzrelevante Themen werden besonders beachtet.

Schriftleiter: Dr. PETER OTTO, Universität Leipzig, Institut für Botanik, Johannisallee 21-23, 04103 Leipzig, Telefon: 03 41.9 73 85-92/-90, E-Mail: [email protected] Bezug und Abonnentenverwaltung: BERIT und PETER OTTO, Schleiermacherstraße 40, 06114 Halle/Saale, Telefon: 0345.8 05 09 72, E-Mail: [email protected]

„Boletus“ erscheint in zwei Ausgaben pro Jahr mit einem Umfang von zusammen ca. 128 Seiten . Internet:www.nabu.de/adressen/Fach.htm#my

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Straße NABU PLZ/Ort 53223 Bonn PULSATILLA Zeitschrift für Botanik und Naturschutz • NABU Bundesfachausschuss Botanik

„Pulsatilla“ veröffentlicht Originalarbeiten und Übersichtsbeiträge zum botanischen Naturschutz. Sie umfasst floristi- sche, goebotanische und vegetationskundliche Themen im Zusammenhang mit dem floristischen Wandel und dem Florenschutz in Deutschland. Ausdrücklich aufgenommen werden auch Arbeiten aus der Naturschutzpraxis sowie zu weniger bekannten Pflanzengruppen einschließlich Moose, Algen oder Flechten. Aus über 50 Fachzeitschriften wird über das Thema Botanik und Naturschutz für das jeweilige Vorjahr referiert.

Schriftleiter: Dr. Christian Berg, Thomas-Mann-Straße 6a, 18055 Rostock, [email protected]

„ Pulsatilla“ erscheint in etwa jährlichen Abständen mit einem Umfang von 60 - 90 Seiten.

Hiermit abonniere ich ab sofort aus der Reihe „Naturschutz Spezial“ des NABU die Fachzeitschrift ■ INSECTA ■ BOLETUS ■ PULSATILLA ■ Bitte schicken Sie mir die Liste und das Info-Material zu den NABU-Bundesfachaus- schüssen und -Arbeitsgruppen. ■ Ich bin an einer Projekt-Patenschaft interessiert. ■ Bitte senden Sie mir eine Übersicht der aktuellen NABU-Materialien. ■ Ich möchte NABU-Mitglied werden. Bitte senden Sie mir Informationsmaterial zu. ■ Bitte schicken Sie mir die schon erschienenen Hefte der Zeitschrift:

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