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Rassenkundliche Forschung zwischen dem Getto Litzmannstadt und Auschwitz: Hans Fleischhackers Tübinger Habilitation, Juni 1943

Paul Weindling

Am 8. Juni 1943 hielt der Rassenforscher Hans Fleischhacker vor der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen als letzten Schritt seines Habilitationsverfahrens die Probevorlesung über „Das Hautleistensystem auf Fingerbeeren und Handleisten bei Juden“. Seine erfolgreiche Ver- teidigung ermöglichte es ihm, den Status eines Privatdozenten am Rassenkundlichen Institut zu erlangen. Die dem Verfahren zugrundeliegende Habilitationsschrift galt als verschollen; im Universitätsarchiv Tübingen ist kein Manuskript überliefert.1 Der kürzlich erfolgte Fund von Handabdrücken, die in Litzmannstadt (Łódź) abgenommen und in der Habilitation analysiert wurden, wirft eine Reihe von Fragen auf: Wie sahen bei diesen Forschungen die genauen Umstände, die praktische Durchführung und die verfolgten Ziele aus? Wie war Fleischhacker

143 an diese Handabdrücke gekommen? Lässt sich Margit Berner ist überdies bekannt, dass möglicherweise noch der Habilitationstext Wiener Anthropologen an Juden aus den Gettos identifizieren? Und schließlich, dies ist wohl am Litzmannstadt und Tarnow Vermessungen durch- schwierigsten zu beantworten: Was lässt sich führten.2 Tatsächlich stellte sich heraus, dass im über die Identität der Probanden sagen? Naturhistorischen Museum Wien ein Beitrag Hans Fleischhackers überliefert ist, der einen mit der Habilitation fast identischen Titel aufweist: Fleischhackers Habilitationsschrift „Das Hautleistensystem auf Fingerbeeren und Handflächen bei Juden. (Eine Untersuchung über Zur Beantwortung dieser Fragen musste zu- die Rassenmerkmale des Hautleistensystems nächst ein Exemplar der Habilitationsschrift unter besonderer Berücksichtigung der Juden)“. gefunden werden. Angesichts der akademischen Dieses gedruckte Dokument hat die Form ge- Anforderung, dass Habilitationen veröffentlicht bundener Druckfahnen und war vorgesehen für werden müssen, lag der Schluss nahe, dass den Abdruck in den angesehenen Mitteilungen sie vervielfältigt worden war und sich eine der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Die Kopie außerhalb Tübingens befinden könnte. Veröffentlichung des Bandes war für das Jahr Es erschien sinnvoll, zunächst in der Anthro- 1943 vorgesehen. Der Probedruck – der soge- pologischen Abteilung am Naturhistorischen nannte Bürstenabzug – ist allerdings auf den 9. Museum in Wien zu suchen, da deren Bibliothek September 1944 datiert. Die zusehends prekäre eine umfangreiche rassenanthropologische militärische Lage verhinderte den Abdruck im Sammlung beherbergt und in der Zeit des avisierten Jahrgang der Zeitschrift. Nationalsozialismus zwischen Forschern beider Institutionen Kontakte bestanden. Durch die In der außergewöhnlich reichhaltigen anthro- Arbeiten der Historikerin und Anthropologin pologischen Bibliothek in Wien ist der erhalten gebliebene Bürstenabzug als Objekt 10737 katalogisiert und fand dort laut Zugangsregister im Jahr 1959 Eingang in den Bibliotheksbestand.3 Das bedeutet, dass ein Text, der sehr ähnlich oder sogar identisch mit der Habilitationsschrift Fleischhackers ist, seit über fünfzig Jahren frei zugänglich ist.4

In Fleischhackers 1949 für das Entnazifizie- rungsverfahren eingereichter Publikationsliste lautet der letzte Eintrag: „Rassenmerkmale des Hautleistenreliefs auf Fingerbeeren und Hand- fläche“ (Habil. Arbeit) noch nicht veröffentlicht“.5 Diese Formulierung erlaubt insofern mehrere Deutungen, da sowohl eine im Erscheinen be- griffene Publikation gemeint sein kann als auch eine überarbeitete Version, die sämtliche Bezüge auf die Juden in Litzmannstadt auslässt. Als 1951 schließlich eine Arbeit veröffentlicht wurde, gab Fleischhacker ihr zwar in der Rückschau eine historische Einordnung, indem er anmerkte: „Diese Arbeit entstand im Jahre 1943 im Anthro- Bürstenabzug der Habilitationsschrift Hans Fleischhackers, pologischen Institut der Universität (damaliger 1943 Direktor: Prof. Dr. W Gieseler).“ Jedoch handelt

145 es sich bei dieser späteren Veröffentlichung um Universitätsarchivs, in dem die 1951 erschie- ein bereinigtes Dokument, in dem jegliche Er- nene Nachkriegsveröffentlichung in Verbindung wähnung der Handabdrücke aus Litzmannstadt mit der Habilitation gebracht wird: „Dass F. fehlt und das damit keineswegs der ursprünglich [Fleischhacker] für diese Arbeit auch Material begutachteten Habilitation entspricht. Die 1951 verwertete, das er im Ghetto von Litzmannstadt erschienene Arbeit steht im Einklang mit Fleisch- gesammelt hatte, ist dem Text [nicht mehr] zu hackers Nachkriegshaltung, weder die Juden aus entnehmen.“7 Litzmannstadt noch aus Auschwitz als Gegen- stand seiner Forschungen zu benennen. Damit Auf die Frage indes, ob Fleischhacker überhaupt bedarf die Annahme, die Habilitationsschrift selbst in Litzmannstadt Handabdrücke gesam- stimme mit der späteren Publikation überein, ei- melt hat, lässt sich folgende Antwort geben: Dies ner Revision; sie ist durch den Fund der Handab- hat er tatsächlich nicht getan. Doch, wie der neu drücke und die nun entdeckte Version, die 1943 aufgefundene Text belegt, verwendete er sehr in den Druck gehen sollte, widerlegt. wohl die aus Litzmannstadt stammenden Hand- Nach 1945 erzählte Fleischhacker so wenig wie abdrücke, die mit dem Stempel „Jude Litzmann- nur möglich über seine Arbeit für die SS, um stadt“ oder „Jüdin Litzmannstadt“ versehen seine Rassenforschung als streng akademisch waren, für seine Habilitationsschrift. Das lässt und objektiv ausweisen zu können.6 Er verfolgte neue Fragen in den Vordergrund treten, da man nach dem Krieg eine Strategie des Leugnens, die die Umstände der Abnahme der Handabdrücke nicht nur in seinem eigenen Interesse, sondern getrennt von Fleischhackers im Rahmen seiner auch in dem seiner Tübinger Kollegen Sophie Habilitation durchgeführten Analysen betrachten Ehrhardt und Wilhelm Gieseler lag. Die ange- muss. sprochenen Unterschiede der Texte zeigen sich auch im Datenbankeintrag 539 des Tübinger Verbindungen zur Rassenhygienischen stellen in besonderer Verbindung standen: dem und Bevölkerungsbiologischen SS- und dem SS Rasse- und Siedlungs- Forschungsstelle hauptamt. Zeitgleich analysierte auch das Kaiser- Wilhelm-Institut für Anthropologie in Berlin Woher stammen die Handabdrücke? Hans- 1940 eine Sammlung jüdischer Handabdrücke Joachim Lang weist auf eine zusammen mit den aus Litzmannstadt.10 Rassenanthropologen ge- Handabdrücken aufgefundene Notiz hin, hörten zu den ersten Forschern, die versuchten, „J. aus L. (R.G.A.)“, was auf eine Verbindung zum die vom Regime betriebenen rassenpolitischen Reichsgesundheitsamt hindeutet.8 Und in der Tat Maßnahmen der Sterilisation und der späteren gab Fleischhacker selbst an, dass das RGA ihm Verfolgung von Juden sowie Sinti und Roma für die Forschungsmaterialien zur Verfügung gestellt wissenschaftliche Zwecke auszubeuten.11 hatte.9 Damit lässt sich die Identität derjeni- gen Rassenkundler, die diese Handabdrücke Der Text des Bürstenabzugs bestätigt, dass ursprünglich abgenommen haben, erhellen. Es Fleischhacker die Handabdrücke nicht selbst handelte sich um Mitarbeiter einer speziellen, genommen hat. Vielmehr war nicht nur eine auf Rassenforschung ausgerichteten Abteilung Forscherin aus Wien an der Erhebung der des Reichsgesundheitsamts, von wo aus die Handabdrücke beteiligt, sondern auch die Handabdrücke wiederum für Fleischhacker Wiener Mitteilungen spielten aufgrund der bereitgestellt wurden. Der nun aufgefundene von dortigen Anthropologen durchgeführten Text bestätigt ferner, dass Fleischhacker und die Forschung zum Körperbau eine wesentliche Vertreter der Rassenkunde in Tübingen mit der Rolle bei der Validierung der Forschungsergeb- Wiener Anthropologie, der Rassenhygienischen nisse Fleischhackers. Die Ziele Ritters bestanden und Bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle darin, sowohl ein 40000 Menschen erfassendes von Robert Ritter in Berlin sowie zwei SS-Dienst- „Zigeunersippenarchiv“ aufzubauen als auch

147 anthropologische Daten über die „Judenschaft“ Im Herbst 1939 stellte ihr die Anthropologische in verschiedenen Regionen Deutschlands und im Abteilung am Naturhistorischen Museum in besetzten Polen zu sammeln.12 Zwei Anthropo- Wien „13 Zigeunerschädel“ für Untersuchungen loginnen, Hella Pöch aus Wien und Sophie Ehr- zur Verfügung.16 Dies deutet auf ein sehr enges hardt, sammelten 1940 die besagten Abdrücke Verhältnis zwischen Ritter und dem Museum und höchstwahrscheinlich auch die Körpermaße hin. Eine ähnliche Zusammenarbeit wird auch und weitere Daten. Ehrhardt arbeitete zu dieser dazu beigetragen haben, dass ebenso Eugen Zeit an Ritters Rassenhygienischer und Bevöl- Fischer in Berlin aus Litzmannstadt stammende kerungsbiologischer Forschungsstelle, welche Abdrücke erhielt. zunächst der Tübinger Universitätsnervenklinik Die Handabdrücke stellen ein Überbleibsel eines angegliedert gewesen war und anschließend deutlich umfassenderen Satzes von Abdrü- dem Reichsgesundheitsamt in Berlin unterstellt cken aus Litzmannstadt dar. Ehrhardt führte wurde.13 Pöch hatte als freie Mitarbeiterin am für ihre 1950 eingereichte Habilitationsschrift Wiener Institut für Anthropologie gearbeitet. Sie „Morphologisch-genetische Untersuchungen am war Witwe des Pioniers der modernen Anthro- Hautleistensystem der Hand“ ebenfalls Analysen pologie Rudolf Pöch, der Kontakte zur frühen an Handabdrücken durch. In den von Ehrhardt rassenhygienischen Bewegung hatte. Ehrhardt, abgenommenen Handabdrücken, die sich erhal- die aus einem deutsch-baltischen Elternhaus ten haben und in den Akten von Ritters Institut stammte, war von Dorpat (Tartu) nach München verwahrt werden, wurden der Winkel und die gezogen, um dort das Studium der Biologie und Platzierung der Linien in der Handinnenfläche der Anthropologie zu absolvieren.14 Von 1930 bis markiert. Mithilfe dieser Daten wurde ein nume- 1935 war sie Assistentin des Münchener Anth- rischer Index erstellt. Ein solcher Index wurde ropologen Theodor Mollison – und hatte damit ebenfalls von Fleischhacker verwendet.17 dieselbe Stelle inne wie später Fleischhacker.15 Fleischhacker betrachtete seine Forschung am „Judenmaterial“ gleichermaßen als wichtigen Beitrag für die Wissenschaft als auch für die Ras- senpolitik. Die Habilitation und die ihr zugrunde liegenden Forschungen sollten 1943 noch an Bedeutung gewinnen; denn sie stellten das Vorspiel für ein weiteres Forschungsvorhaben an Juden in Auschwitz dar, dem sich Fleisch- hacker kaum eine Woche nach seiner Prüfung zuwandte. Die Habilitation gibt erhellende Einblicke in die wissenschaftliche Denkweise eines mit der Durchführung von Rassenunter- suchungen befassten SS-Funktionärs. Da sich die „Rassenkunde“ von der genetisch basierten „Rassenhygiene“ unterschied, lässt sich sagen, dass die Rassenforschung des „Dritten Rei- ches“ insgesamt ein pluralistisch strukturiertes Unternehmen war. So plädierte der Tübinger Institutsdirektor Wilhelm Gieseler nachdrück- lich für eine „Rassenkunde“ als Alternative zur „Rassenhygiene“, die er ablehnte, weil sie sich zu sehr auf die hereditär-genetischen Faktoren Inhaltsverzeichnis des Bürstenabzugs der Habilitationsschrift beschränke. Fleischhackers Grundgedanke war, von Hans Fleischhacker, 1943 dass durch aufwändige Messungen am mensch-

149 lichen Körper die für unterschiedliche Rassen unter Mollison seine Dissertation über die Varia- jeweils charakteristischen Formen nachgewiesen tion der Augenfarbe ab18 (im selben Jahr reichte werden könnten, nicht zuletzt bei den Juden. übrigens auch Mengele bei Mollison seine Dis- Der Fall Fleischhacker illustriert anschaulich, sertation über die Variation der Kiefertypen ein). wie die Rassenpolitik der SS von gut ausgebilde- 1937 nahm Fleischhacker die Arbeit in Gieselers ten Akademikern implementiert wurde, die in Rassenkundlichen Institut auf. Kurze Zeit später, dieser Politik für sich Chancen sahen, Stellen an am 5. Mai 1937, trat er in die SS ein.19 Gieselers Universitäten zu erlangen. Die Verbindungen der Eintritt in die SS erfolgte im Dezember 1937. SS nach Tübingen und zur „Reichsuniversität“ Über seine Personalie Fleischhacker trug er zu Straßburg verweisen auf das enge Zusammen- den Germanisierungsselektionen des Rasse- und wirken zwischen akademischen Bemühungen, Siedlungshauptamts im Warthegau bei. Fleisch- „Rasse“ zu definieren und einer konkreten hacker wandte seine rassenkundliche Expertise rassenpolitischen Umsetzung. Hier finden wir zwischen Juni 1941 und Oktober 1942 in der keine minderwertige „Pseudowissenschaft“, Außenstelle des Rasse-und Siedlungshauptamtes sondern ebenso minutiöse wie komplizierte in Litzmannstadt bei Selektionen für die „Deut- Messverfahren kleinster physischer Variationen, sche Volksliste“ an.20 die als Grundlage der aktiven Rassenpolitik der Segregation und der Vernichtung dienen sollten. Von Oktober 1942 bis Ende März 1943 gehörte Die Karrieren Ehrhardts und Fleischhackers er dem sogenannten „Unternehmen K“ an, waren miteinander verflochten: Beide hatten wobei das „K“ für Kaukasus stand. Diese Sonder- sowohl bei dem bekannten Theoretiker der einheit von SS-Rassenexperten war auf Initiative nordischen Rassenlehre H.F.K. Günther als auch des Zoologen Ernst Schäfer entstanden, der bei dem Anthropologen Theodor Mollison in 1938/39 eine SS-Expedition nach Tibet geleitet München studiert. Fleischhacker schloss 1935 hatte, bei der der Rassenanthropologe Bruno Beger als sein Stellvertreter fungiert hatte. Das schen Situation im Kaukasus nach der deutschen „Unternehmen K“ bestand aus einem Team Niederlage in Stalingrad im Januar 1943 blieb von Anthropologen,21 das zum Ziel hatte, eine dieser Plan in den darauffolgenden Monaten bestimmte Gruppe sogenannter „Bergjuden“ im bestehen, wenngleich der erwartete Befehl zur Kaukasus ausfindig zu machen und zu untersu- Abreise aus München zum Zweck einer Ras- chen. Im Auftrag Himmlers sollte festgestellt senexpedition an der Front nie erteilt wurde. werden, ob die „Bergjuden“ „rassisch“ gesehen Im Juni 1943 wurde eine weitere und konkur- tatsächlich Juden seien; denn der Umgang rierende Forschungsarbeit geplant, die der lokaler Befehlshaber mit ihnen unterschied Anthropologe Wolfgang Abel an sowjetischen sich gravierend. Während die einen sie töteten, Kriegsgefangenen vornehmen wollte. Die von sahen andere sie als Einheimische an, deren Sievers vorgesehenen Anthropologen Heinrich Massenverhaftung oder Ermordung sich direkt Rübel und Rudolf Trojan sowie den Rassenpsy- vor Ort als destabilisierend auswirken würde.22 chologen und Tübinger Privatdozenten Hans Endres gab das RuHSA nicht frei, Fleischhacker Das SS-Ahnenerbe unter Sievers handelte eine dagegen wurde Sievers zur Verfügung gestellt.23 Verlegung einiger Mitarbeiter des „Unterneh- Gerade zu diesem Zeitpunkt fand die Habilitati- mens K“ zum „Sonderauftrag Auschwitz“ aus. onsprüfung statt. Dieser Auftrag hatte sich aus den seit 1941 geführten Diskussionen zwischen Sievers, Beger Das langjährige Interesse Fleischhackers für und dem Straßburger Anatomen die Anthropologie des Nahen Ostens und der zunächst bezüglich einer Schädelsammlung von jüdischen Rassentypen wäre für eine Untersu- jüdisch-bolschewistischen Kommissaren erge- chung der „Bergjuden“ durchaus von Bedeutung ben, die dann in eine jüdische Skelettsammlung gewesen. In einem im Jahre 1942 erschienenen abgeändert wurde. Trotz der prekären militäri- Artikel hatte Fleischhacker sich bei Hella Pöch

151 dafür bedankt, Zugang zu einer Sammlung von war, hatte 1936 an der Rassenhygienischen und Handabdrücken von 15 Arabern und 10 Juden Bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle aus dem Jemen bekommen zu haben.24 Die des Reichsgesundheitsamts unter der Leitung Handabdrücke seien Hinweise auf eine unter- von Robert Ritter zu arbeiten begonnen.26 Dort schiedliche Rassengeschichte der Juden und forschte sie hauptsächlich an Sinti und Roma der Araber. Tatsächlich meinte Fleischhacker ein in Ostpreußen. Sie war darüber hinaus an den Spektrum vor sich zu haben, bei dem die Juden ersten in Konzentrationslagern durchgeführten das eine Extrem, die Hottentotten, zu welchen Forschungsprojekten beteiligt, und zwar 1939 in er bereits zuvor geforscht hatte, das andere Dachau und Sachsenhausen. Am 1. April 1942 Extrem und die Europäer eine Art Mittelgruppe wurde sie am Rassenbiologischen Institut der darstellten.25 Universität Tübingen angestellt.27 Robert Ritter arbeitete auch weiterhin mit Tübinger Anthropo- Seine Untersuchungen führten Fleischhacker logen zusammen. zu dem Schluss, dass „die“ jüdische Hand einen fremden, eindeutig „asiatischen“, nicht europäi- Es ist unklar, ob Fleischhacker die Handabdrücke schen Typus repräsentiere. Er analysierte Hand- aus Litzmannstadt erhielt, bevor oder nachdem abdrücke von 309 „reinen Juden“ (206 Männer er seine Tätigkeit als Eignungsprüfer in der dorti- und 103 Frauen) aus dem „ehemaligen Polen“, gen Außenstelle des Rasse- und Siedlungshaupt- die im Januar 1940 im neu benannten Litzmann- amts aufnahm. Die Handabdrücke brachten das stadt abgenommen worden waren. Zu diesem Thema der rassischen Variationen innerhalb der Zeitpunkt war das Getto noch nicht vollständig Gruppe der Juden auf, nicht zuletzt weil Fleisch- errichtet, aber die Bevölkerungsregistrierung hacker die Juden (im Gegensatz zur nordischen war bereits eingeführt worden. Ehrhardt, die Rasse) als eine minderwertige und degenerierte an der Sammlung der Handabdrücke beteiligt „Scheinrasse“, so die von Fleischhacker gewählte Terminologie, betrachtete.

Fleischhackers Probevorlesung 1943 bezog sich auf „Die frühmittelalterliche Reihengräberbe- völkerung und ihre Bedeutung für den heutigen Rassenaufbau Südwestdeutschlands“28. Dieses Thema markiert erneut eine Schnittmenge mit der Rassenforschung Ritters. Ethnische Studien über Bevölkerungsgruppen im Raum Tübingen wurden zuerst von den Forschern aus Ritters Arbeitsgruppe durchgeführt. Die Ergebnisse von Fleischhackers Studie über fünf Dörfer wiesen auf ostische Rassenmerkmale in einer von Grund auf nordischen Population hin.

Ein letztes Kolloquium fand am 8. Juni 1943 zum Thema „Grundsätze und Erfahrung der rassenpo- litischen Arbeit im Osten“ statt.29 Fleischhacker stellte eine starke Verbindung zwischen Rassen- kunde und Rassenpolitik heraus. Dazu führte er die Studien zur Morphologie des menschlichen Ernst Schäfer (1910-1992) auf der Expedition des SS- Körpers der Wiener und der Münchener rassen- „Ahnenerbes“ in Tibet 1938 anthropologischen Schulen ebenso zusammen

153 wie die psychologischen und genetischen Stu- würde, und dass unter den zu diesem Zeitpunkt dien von Robert Ritter sowie die physiologischen dort festgehaltenen Juden eine Gruppe von Studien des Straßburger Anatomen August Hirt besonderem Interesse sei. Dies wird ein Hin- und des SS-Ahnenerbes. Dieser Zugriff macht weis auf die deportierten sephardischen Juden die Verbindung zwischen Anthropologie und gewesen sein, die gerade in Zugladungen aus der Umsetzung der genozidalen Rassenpolitik Thessaloniki angekommen waren. Die Öffnung überaus deutlich. von Auschwitz für medizinische und rassische Forschungen hatte zur Folge, dass zahlreiche wissenschaftliche Projekte dort durchgeführt Die jüdische Skelettsammlung wurden. Dazu gehörten Horst Schumanns im Auftrag der Kanzlei des Führers betriebene Die Habilitation fand zu dem Zeitpunkt statt, als Experimente zur Röntgensterilisation oder Carl die Wehrmacht, vertreten durch General Walter Claubergs Experimente zur Sterilisation durch In- von Unruh, Fleischhacker zum aktiven Dienst jektion von ätzenden Flüssigkeiten in Block 10.30 an der Front verpflichten wollte, die SS dagegen Es bestand nun die Möglichkeit, den von Beger seine anthropologische Expertise einforderte. vorgeschlagenen Plan einer Sammlung von Schä- Daneben nahm im Umfeld seiner Habilitation deln „jüdisch-bolschewistischer Kommissare“, eine weitere rassenkundliche Aufgabe konkrete den Hirt zu einer jüdischen Skelettsammlung Form an: Der für die Durchführung der „End- abgeändert hatte, in die Tat umzusetzen. Sievers lösung der Judenfrage“ hauptverantwortliche schlug die Verlegung der Kaukasusforschung Adolf Eichmann informierte im Mai 1943 den des „Unternehmens K“ mit Rübel, Endres Geschäftsführer der Forschungsgemeinschaft und Fleischhacker, der noch der „Außenstelle Deutsches Ahnenerbe, Sievers, darüber, dass Litzmannstadt“ des RuSHA angehörte, aber zu Auschwitz für Forschungsprojekte geöffnet diesem Zeitpunkt auf Urlaub in Tübingen war, nach Auschwitz vor. Rübel war bereits in das Fleischhacker, der z.Zt. zur Fertigstellung seiner SS-Führungsamt versetzt worden.31 Nur Fleisch- Habilitation beurlaubt ist, habe ich in dieser Ge- hacker wurde durch das RuSHA freigestellt, um legenheit sogleich unter ‚geheim‘ geschrieben.“32 zusammen mit Beger und dem Präparator Willi Gabel Juden für die vorgeschlagene Sammlung Somit waren zum Zeitpunkt seiner Habilitation zu selektieren und zu vermessen ,Gabel arbei- alle Regelungen, die Fleischhackers Verwendung tete in Schäfers Ahnenerbe-Abteilung im Schloss in Auschwitz betrafen, bereits getroffen. Er Mittersill, in dem Gipsköpfe der jüdischen Opfer wurde „zum Amt Ahnenerbe im persönlichen aufbewahrt wurden; als Präparator erstellte er Stab Reichsführer-SS mit Wirkung vom 10. Juni auch die nach Tübingen verschickten Gipsköpfe 1943 bis einschl. 1. Juli 1943 kommandiert, hat von Sinti und Roma. So wurde am 10. Mai 1943 sich zur Durchführung eines Sonderauftrages des die Zuteilung Fleischhackers für Forschungen in Reichsführers SS sofort von Berlin nach Ausch- Auschwitz beantragt. Fleischhacker wurde für witz über Krakau zu begeben und sich dort beim verfügbar erachtet: „Zur Durchführung der Un- Kommandeur des KL. Auschwitz zu melden“.33 tersuchungen in Auschwitz wäre die Beteiligung von SS-Hauptsturmführer Rübel und SS-Ober- Fleischhackers ursprüngliche Beurlaubung galt sturmführer Dr. Fleischhacker sehr erwünscht. vom 1. bis zum 21. Juni 1943. Die Beurlaubung Ich möchte Sie deshalb darum bitten sich mit von der Waffen-SS wurde von General von dem RuS-Hauptamt-SS in Verbindung zu setzen. Unruhs Stab bis zum 1. Juli 1943 verlängert mit Die Zeit vom 22.5 bis 24.5 ausgenommen, ist dem Vermerk, dass Fleischhacker anschließend für diese Untersuchungen in den nächsten an die Front verlegt werden solle. Das Selektie- 6 Wochen jede Zeit recht. Rübel […] rechnet ren von jüdischen Typen (und einiger zentralasi- bis spätestens 15. Mai mit seinem Einrücken atischer Typen aufgrund von Begers Interesse) zur Fronttruppe […]. An SS-Obersturmführer

155 in Auschwitz stellte eine Möglichkeit dar, diese Wolf-Dietrich Wolff, der für die Skelettsammlung Verlegung hinauszuzögern. Geräte zur Entfleischung bereitgestellt hatte, befahl Fleischhacker, am 30. Juni 1943 im Rasse- Beger kam am 6. Juni 1943 in Auschwitz an. und Siedlungshauptamt zu erscheinen, womit er Fleischhacker meldete sich erst am Morgen des dessen Abordnung verlängerte.36 10. Juni, als er noch unter Befehl des Rasse- und Siedlungshauptamts stand. Insgesamt wurden Hirt forderte am 22. Juni 1943 bei Sievers Hein- 115 Juden selektiert, die Männer aus dem rich Rübel und Hans Fleischhacker an, die sich Hauptlager und die Frauen aus Block 10. Aus die- in das Konzentrationslager Natzweiler begeben ser Gruppe erhielten manche eine Entlassung, sollten, um an den selektierten Juden Röntgen- während andere an Infektionen starben. Doch aufnahmen und Bluttests vorzunehmen. Jedoch 86 wurden zum Zweck der Skelettsammlung waren weder Rübel, der im aktiven Dienst bei verlegt. Zudem entdeckte Beger einige asiatische der SS-Division Wiking stand, noch Fleischha- Typen, und Gabel fertigte Abgüsse von ihnen cker, der umgehend seinen militärischen Dienst an.34 wieder aufnehmen sollte, verfügbar.37 Fleischha- cker erklärte später: „In Natzweiler bin ich nie Fleischhacker stand weiterhin unter der Auf- gewesen. Ich weiss nicht, wer die Schädelrönt- sicht von Militär- und der SS-Behörden. Am genaufnahmen gemacht hat.“ Laut Beger und 21. Juni 1943 meldete „die Kommandantur der Aussage des Häftlingsarztes im Konzentrati- des Konzentrationslager Auschwitz [...], dass onslager Natzweiler, Dr. Fritz Léo, kam Beger am der SS Ostuf. Dr. Fleischhacker hier nicht mehr 7. August 1943 nach Straßburg und nahm vom tätig ist. Kl-Auschwitz“.35 Fleischhacker war 8. bis 14. August 1943 im Konzentrationslager tatsächlich bereits nach Tübingen zurückgekehrt. Natzweiler die Röntgenaufnahmen und Mes- Der Verwaltungsmitarbeiter des „Ahnenerbe“ sungen vor.38 Fleischhacker kam danach nach Lettland und diente dann im Winter 1943/44 in Russland in der Waffen-SS an der Front.39

Fleischhacker erhielt am 20. August 1943 seine Lehrbefugnis als Universitätsdozent.40 Seine Habilitation galt noch nach dem Krieg als eine gültige Qualifikation, und Fleischhacker setzte unermüdlich seine akademische Karriere als Anthropologe fort. Im Gegensatz zu dem anth- ropologischen Doktortitel, den die Universität München Josef Mengele entzogen hatte, wurden Fleischhacker der Doktortitel und die Venia Legendi nicht einmal nach der Strafverfolgung durch die betreffenden Universitäten entzogen. Im an der Universität Tübingen durchgeführten Spruchkammerverfahren wurde ihm zuerkannt, dass seine Forschung ausschließlich wissen- schaftliche Zwecke verfolgt habe. Seine – infolge seiner Kriegsgefangenschaft (und die dadurch bedingte Lehruntätigkeit) zunächst erloschene – akademische Lehrberechtigung wurde 1960 erneuert und an die Universität Frankfurt am Bruno Beger (1911-2009) bei anthropologischen Messungen Main übertragen. auf der Expedition des SS-„Ahnenerbes“ in Tibet 1938

157 Es ist offensichtlich, dass Fleischhacker den Rassentypus nachzuweisen, im Verfahren Text seiner Habilitation ungefähr zeitgleich zum unerwähnt. Verfahren im Jahre 1943 bei den einreichte. Aufgrund des mysteriösen Verschwindens des Manuskripts wurde vermutet, dass der Inhalt Fleischhackers Forschungsethik und mit der 1951 erschienenen Nachkriegspublika- offene Fragen tion „Rassenmerkmale des Hautleistensystems auf Fingerbeeren und Handflächen“ überein- Fleischhacker hatte keine ethischen Bedenken, stimmte, in der Juden nur am Rande erwähnt Forschungen an Probanden in lebensbedrohli- werden. Im Jahr 1947 wurden viele Persilscheine chen Situationen zu nutzen und sie auch selbst eingereicht, um Fleischhacker entlasten. Diese zu betreiben. Was seine Habilitationsschrift betonten seine wissenschaftliche Objektivität betrifft, so deutet das Fehlen von Namen auf und dass die von Fleischhacker durchgeführte den Handabdrücken darauf hin, dass diese, da Forschung nichts mit der SS zu tun gehabt habe. Fleischhackers Forschungsschwerpunkt lediglich Dazu gehörten die Aussagen von Sophie Ehr- auf einem peripheren Teil der menschlichen hardt und dem Anatomen Jacobj. Sie bekräftig- Anatomie lag, separat erhoben wurden. Die ten vor der Spruchkammer, Fleischhackers Arbeit Frage drängt sich natürlich auf, ob es einen Index sei „streng wissenschaftlich“ gewesen und zu den Handabdrücken gibt und ob Fotos – wie könne in keinen Zusammenhang mit rassischen sie im Getto von Tarnów gemacht wurden – oder Selektionen gestellt werden. Fleischhackers andere Messdaten existieren. Solche Informati- Zugehörigkeit zur Auschwitz-Kommission wurde onen könnten sich in persönlichen Unterlagen mit keinem Wort erwähnt.41 In gleicher Weise Fleischhackers finden lassen. Die Durchnum- blieben die Wiener Publikation und Fleischha- merierung der einzelnen Handabdrücke deu- ckers Bestreben, den Juden einen asiatischen tet darauf hin, dass es wahrscheinlich einen spekulieren: Freimann. In einem Getto-Tagebuch Namensindex gab. steht geschrieben, das Sura Chana Frajman, die am 5. November 1909 geboren wurde, am 17. Fleischhacker nutzte die bloße Nummerierung Juli 1942 Selbstmord beging, indem sie vom auf den Unterlagen, welche die Identität der Ver- dritten Stock in ihrem Tod sprang.43 suchspersonen verdeckte, nach 1945 zu seinem Vorteil. Hier bestand seine Verteidigung darin, Zusammenfassend ist anzumerken, dass die lediglich Messungen an Menschen vorgenom- Berichte über die Habilitation darauf hindeuten, men zu haben, deren Schicksal ihm unbekannt dass der ursprünglich für den Druck vorgese- gewesen sei. Er weigerte er sich, dem Historiker hene Text weitgehend der Habilitationsschrift Michael Kater Fragen über seine Beteiligung am von 1943 entspricht oder sogar mit ihr identisch „Unternehmen K“ oder anderen Ahnenerbe- ist. Es ist wahrscheinlich, dass er bereits vor der Kommissionen zu beantworten.42 Erlangung des Titels eines Privatdozenten bei dem Wiener Fachjournal eingereicht worden Zu den lückenhaft angegebenen Familiennamen war. Die 1951 erschienene Publikation stellt auf den Handabdrücken aus Litzmannstadt sind einen Versuch Fleischhackers dar, seine Aktivi- lediglich Geschlechtsangaben beigefügt. Jegliche täten aus den Kriegsjahren umzuschreiben. Als Identifikation wäre spekulativ. Einige Namen SS-Rassenexperte wandte er seine Expertise sind so verbreitet, dass mehrere Möglichkeiten zur Realisierung der NS-Rassenpolitik in den in Betracht kommen. Andere Namen, wie Rawet, von den Deutschen besetzten Gebieten an. Ein kommen seltener vor. Eine am 15. Juli 1912 in einfacher Fingerabdrucktest sollte hierbei als Łódź geborene Marjern Rawet wurde ins Kon- zuverlässiges Mittel der Identifikation von Juden zentrationslager Stutthof deportiert. Man dürfte dienen. Die spätere Aussonderung der jüdischen auch über einen weiteren weiblichen Namen Handabdrücke aus der akademischen Nach-

159 kriegskarriere Fleischhackers stellt den Versuch 1 Elke Thran: Hans Fleischhacker. Rassenkundliche Forschun- einer Vertuschung dar und lässt sich zugleich gen in Tübingen und Auschwitz, in: Urban Wiesing u.a. (Hg.): in den Kontext narrativer Umpositionierungen Die Universität Tübingen im Nationalsozialismus, Stuttgart der deutschen Nachkriegsanthropologie stellen. 2010, S. 853-862, hier S. 859, Anm. 28. Ich möchte Jens Kolata, Die Wiederentdeckung der Handabdrücke aus Richard Kühl, Henning Tümmers und Ryan Dutton für ihre Litzmannstadt und schließlich das Auffinden Kommentare und für die Übersetzung meines Textes danken. der 1943 zur Publikation vorgesehenen Fassung Ich danke ebenfalls Margit Berner (Wien) und Raphael Toledano zeigen Fleischhackers akademische Qualifikati- (Strasbourg) für wichtige Dokumente. Dankend erwähnt sei onsschrift dagegen im Kontext weitgreifender das Förderprojekt Nr. 096580/Z/11/A des Wellcome Trust über rassenpolitischer Zielsetzungen der SS und Narrative von Forschungssubjekten für die Unterstützung der weiterer staatlicher Stellen. Recherchen. 2 Margit Berner: Judentypologisierungen in der Anthropolo- gie am Beispiel der Bestände des Naturhistorischen Museums Wien, in: Zeitgeschichte 32, 2005, S. 111-116. 3 Ich danke der Kuratorin der Gesichtsmasken und Histori- kerin über anthropologische Forschung in der Zeit des Natio- nalsozialismus Margit Berner für Informationen die Habilitation betreffend. 4 Als Autor wird Dr. phil. Hans Fleischhacker, Assistent am Rassenbiologischen Institut der Universität Tübingen“ genannt. Möglicherweise wurde der Text eingereicht bevor er die Habilitation und die Venia Legendi erlangte. Der Gegenstand stimmt auch mit den Gutachten von Gieseler und Werner Jacobj überein. 5 “Wissenschaftliche Veröffentlichungen des 9 HStAW 461/34148: Fleischhacker sagte am 6.11.1963 aus, Dr. H. Fleischhacker“. StASig Wü 13 T 2 Nr. 2131/003: online dass das Reichsgesundheitsamt ihm die Materialien bereitge- publiziert unter: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/ stellt habe. bild_zoom/thumbnails.php?bestand=593&id=3253226&syssuc 10 Hans-Walter Schmuhl: The Kaiser Wilhelm Institute for An- he=&logik= (zuletzt gesichtet am 24.7.2014). thropology, Human Heredity, and Eugenics 1927-1945. Crossing 6 IfZ M Dokumente Kater, fol. 847-848: Am 20.4. und Boundaries, Boston 2008, S. 344-345. 16.5.1964 schrieb Kater an Fleischhacker, der hierauf nicht 11 Paul Weindling: Victims and Survivors of Nazi Human Expe- antwortete: Es handelt sich hierbei um ihre Beteiligung an dem riments, London 2014, S. 43-50. geplanten “Unternehmen K“, an den Untersuchungen Prof. 12 Hans Reiter: Das Reichsgesundheitsamt 1933-1939. Sechs Abels sowie an anderen Untersuchungen.“ Aussage Fleischha- Jahre nationalsozialistische Führung, Berlin 1939. cker vom 6.11.1963. HStAW 461/34148. 13 Tübingen 25.4.1949 Aussage Sophie Ehrhardt. BAB Samm- 7 http://www.uni-tuebingen.de/UAT/w726/w726t35. lung Arnold Zsg 142/57, Teil 2. htm#nn796 Nr. 539 (zuletzt gesichtet am 22.7.2014); Hans 14 Bericht des Arbeitskreises „Universität Tübingen im Natio- Fleischhacker: Rassenmerkmale des Hautleistensystems auf nalsozialismus“ zu „Zigeunerforschung“, „Kriminalbiologie“ und Fingerbeeren und Handflächen, in: Zeitschrift für morphologi- Zwangssterilisierungen von „Zigeunern“: online publiziert unter: sche Anthropologie 42, 1951, S. 383-438. Bei diesem Aufsatz, http://www.nationalsozialismus.uni-tuebingen.de/images/ der 1943 im Rassenbiologischen Institut in Tübingen entstand Berichte/de/bericht.pdf (zuletzt gesichtet am 3.1.2015); Paul (vgl. ebd., S. 383), handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit Weindling: A City Regenerated. Eugenics, Race and Welfare um Fleischhackers Tübinger Habilitationsschrift von 1943 über in Interwar Vienna, in: Deborah Holmes, Lisa Silverman (Hg.): „Das Hautleistensystem auf Fingerbeeren und Handleisten bei Interwar Vienna, Culture between Tradition and Modernity, Juden“. Das zeigt ein Vergleich mit den Habilitationsgutachten New York 2009, S. 81-115. der Medizinischen Fakultät. 15 UAM 0-Np-SS 1930 Promotionsakte Sophie Ehrhardt. 8 Korrespondenz des Autors mit Hans-Joachim Lang vom 16 Korrespondenz zwischen (Wastl?) und Frau Dr. Sophie 3.4.2014. Ehrhardt/Reichsgesundheitsamt/Zweigstelle Dahlem/Rassen-

161 hygienische Forschungsstelle/Berlin Februar 1939-August 1941, Organisationsgeschichte von 1935–1945, zugl. Diss. Heidelberg, in: Anthropologische Abteilung des Naturhistorischen Museums 1966, 4. Aufl., München 2006; Heather Pringle: The Master Wien. Plan. Himmler’s Scholars and the Holocaust, London 2006, 17 BAB R 165 Rassenhygienische und Bevölkerungsbiologi- S. 251-253. sche Forschungsstelle des Reichsgesundheitsamtes, Akten mit 23 Vgl. Heinemann (wie Anm. 20), S. 533-34. Kater (wie Handabdrücken. Siehe auch Michael Wischnath: Die Zweigstelle Anm. 22), S. 208. Zu Endres siehe Horst Junginger: Von der Tübingen der rassenhygienischen Forschungsstelle im Findbuch philologischen zur völkischen Religionswissenschaft. Das Fach zum Bestand R 165, S. 78: „Bei der Übernahme durch das Religionswissenschaft an der Universität Tübingen von der Universitätsarchiv am 3.2.1972 wurden die Stammtafeln in Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Dritten Reiches, Nummernform (ca. 0,3 lfm) bis auf ein als Muster aufbewahrtes Stuttgart 1999, 280-284. Paket kassiert.“ 24 Hans Fleischhacker: Finger- und Handabdrücke von Ara- 18 UAM Oc-Np-WS 1935/36 Promotionsakte Hans bern und Juden aus Südarabien (Jemen), in: Anthropologischer Fleischhacker. Anzeiger 18, 1941/42, S. 233-249. 19 BAB Berlin Document Center, Dr. Hans Fleischhacker 25 Hans Fleischhacker: Das Hautleistensystem der Hottentot- RuSHA 3343-rs-B0402. Ich danke Margit Berner für den Hinweis ten-Palma, in: Anthropologischer Anzeiger, 11, 1933/4, S. 241. auf dieses Dokument. 26 Reiter (wie Anm. 12). 20 UAT 126a/125; Isabel Heinemann: Rasse, Siedlung, 27 UAT 288/5 Lebenslauf von Sophie Ehrhardt. deutsches Blut. Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und 28 UAT 126a/125 Personalakte Fleischhacker. die rassenpolitische Neuordnung, Göttingen 2003. 29 Ebd. 21 UAT 126a/125. 30 Hans-Joachim Lang: Die Frauen von Block 10. Medizinische 22 Kiril Feferman: and the Mountain Jews. Was Versuche in Auschwitz, Hamburg 2012. There a Policy? in: Holocaust and Genocide Studies 21, 2007, S. 31 Vermerk 21.6.1943. BAB NS 21/ 907. 96-114; Schmuhl (wie Anm. 10), S. 352-53; Michael Kater: Das 32 Schreiben an Sievers vom 10.5.1943. BAB NS 21/ 907. “Ahnenerbe“. Die Forschungs- und Lehrgemeinschaft in der SS, 33 Bescheinigung vom 10.6.1943. BAB NS 21/ 907. 34 Hans-Joachim Lang: Die Namen der Nummern. Wie es notes d‘après l‘édition yougoslave de Dragoljub Kočić, in: Revue gelang, die 86 Opfer eines NS-Verbrechens zu identifizieren, d‘Alsace 114, 1988, S. 225-236. Hamburg 2004; Irmtrud Wojak: Das „irrende Gewissen“ der 39 StASig Wü 13 T 2 Nr. 2131/003: online publiziert unter: NS-Verbrecher und die deutsche Rechtsprechung. Die „jüdische https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/thumb- Skelettsammlung“ am Anatomischen Institut der „Reichsuni- nails.php?bestand=593&id=3253226&syssuche=&logik= versität Straßburg“, in: Fritz-Bauer-Institut (Hg.): „Beseitigung (zuletzt gesichtet am 24.7.2014). des jüdischen Einflusses …“: Antisemitische Forschung, Eliten 40 Ebd. und Karrieren im Nationalsozialismus, Jahrbuch 1998/99 zur 41 Ebd. Geschichte und Wirkung des Holocaust, Frankfurt a.M. 1999, 42 IfZ M Dokumente Kater, fol. 847-848. 101-130. 43 Sascha Feuchert u.a. (Hg.): Die Chronik des Gettos Lodz/ 35 BAB NS 21/907. Litzmannstadt, Supplemente und Anhang, Göttingen 2007, S. 36 Ebd. 365. 37 Ich danke Raphael Toledano für diese detaillierte Informa- tion: Hirt an Sievers, Fleischhackers Ausgaben 6.12.1943, Beger, Brief von Hirt an Sievers 22.6.1943 über die Schädel-Röntgen- aufnahmen in Natzweiler, Beger am 6.10.1943. BAB NS 21/907; eidesstattliche Aussage von H. Fleischhacker vom 18.1.1963, Bl. 2. HSTAW 461/34148; vgl. hierzu auch Kater (wie Anm. 22), S. 425-426, Anm. 274. 38 Zur Zeugenaussage von Fritz Léo über B. Beger siehe Vladimir Claude Fišera: Document: Le témoignage du docteur Léo Fritz sur les crimes nazis commis dans le camp de con- centration de Natzwiller-Struthof. Traduction, présentation et

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