50 JAHRE ÖSTERREICHRING & SALZBURGRING

Der Wettlauf zum Mond oder: Wie Steirer gegen Salzburger um die erste Rennstrecke kämpften

Text: Christian Sandler Die 1960er-Jahre des letzten Jahrhunderts waren geprägt Photos: Christian Sandler (32), durch den Wettlauf der beiden Supermächte, USA und Russland, Technisches Museum Wien (7) als erster den Mond zu erreichen. Die Österreicher entfachten auch ein interessantes Duell um den Bau der ersten permanenten Rennstrecke, auf dieser Bühne traten die Steirer gegen die Salzburger an. Beide Duelle endeten friedlich im Juli 1969. Der eine Sieger hieß USA, der andere Steiermark.

Blicken wir zurück in die 1950er-Jahre Welt­ Wernher von Braun und die Russen hatten mit Sergei politisch war es der Beginn des „Kalten ­Krieges“. Die Pawlowitsch Koroljow eine Koryphäe in den eigenen Russen und die Amerikaner zündeten probeweise einen Reihen. Um im Ernstfall die kreuz und quer fliegen­ Atomsprengkopf nach dem anderen und verwüsteten den Raketen des Feindes ordentlich zu überwachen, dabei ganze Landstriche und Inselparadiese. Bikini, träumte man auch schon von Spionage-Satelliten, die Eniwetok, Nowaja Semlja sind nur einige Beispiele diese Szenerie aus bequemer Höhe überblicken können. dieser atomaren Zeit. Militärisch gesehen sollte man diese Sprengköpfe möglichst weit ins Feindesland hi­ In dieser Dekade erholte sich Österreich schön nein transportieren. Dazu waren Flugzeuge gefragt, langsam von den Wirren des Zweiten Weltkrie- die in sicherer und großer Höhe operieren konnten. ges. Der Marshallplan zeigte Wirkung und die Besser wäre es, die tödliche Fracht mittels Raketen ins Industrie begann auf Hochtouren zu laufen. Die Zielgebiet zu bringen. Dafür benötigte man Raketen Kinder des Krieges wurden langsam erwachsen, wie die „V2“, nur mit größerer Reichweite und besserer man kaufte sich ein Puch-Motorrad, fuhr da- Zielgenauigkeit. Die Amerikaner vertrauten ihrerseits mit mit der Freundin im Petticoat zum 5-Uhr- auf den von Deutschland emigrierten Raketentechniker Tee und erlebte erstmals so etwas wie Freiheit.

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Rechts: Rennleitung, Pressezentrum, Zeit­ nehmung – Zeltweg 1964.

Zwei Protagonisten unserer Geschichte: Martin Erster Sieger unter der Regie des ÖASC – Pfundner (2. v. r.) und Willy Löwinger (3. v. r.). Peter Daetwyler.

James Dean war eines der Idole dieser Genera­ wie eine Kiste Bier, ein Herbergsgutschein tion. Leider­ verglühte dieser Stern 1955 auf ei­ oder Tankgutscheine zählten zur Aufbesserung ner Landstraße im kalifornischen Central-Valley. des Budgets. Sandbahnrennen waren auch sehr Auch der Motorsport, organisiert von der OSK beliebt, sämtliche Trabrennbahnen wie in der (Oberste nationale Sportkommission), einer Un­ Wiener Krieau oder in Wels wurden dazu um­ terorganisation des ÖAMTC, erwachte still und funktioniert. Und es waren Helden wie Otto leise aus dem Dornröschenschlaf. 290.000 Autos Mathé im „Fetzenflieger“ und Fritz Dirtl, die und 150.000 Motorräder waren im Jahr 1951 in es sogar bis ins Kino, in die Wochenschau oder Österreich zugelassen und der Liter Sprit kostete in die Tageszeitung geschafft haben. Eisrennen an der Tankstelle 2,90 Schilling. stellten auch eine taugliche Disziplin dar, Zell Die echten Motorsportler gruben aus diver­ am See war das Mekka damals. Rupert Hollaus sen Scheunen sämtliche alte Fahrzeuge aus, die aus Traisen in Niederösterreich war unser erster von den Russen nicht beschlagnahmt wurden inter­nationaler Star im Motorsport. Er wurde auf und rüsteten diese zu Rennfahrzeugen um. Der NSU 1954 Motorrad-Weltmeister in der Klasse Tauschhandel blühte, Vergaser gegen 1 kg Speck bis 125 ccm, leider starb er, wie Rindt 16 Jahre war die Devise. Die Rennen fanden quasi rund später, im selben Jahr in Monza. um den Kirchturm statt, ohne jegliche Sicher­ Hoch in der Beliebtheitsskala standen die so heitsvorkehrungen. Meistens trennte nur ein genannten „Wertungsfahrten“, Vorläufer zu Plastikschnürl die Zuschauer vom gefährlichen den modernen Rallyes. Auch moderne Renn­ Geschehen. Als Fahrerlager diente der Dorf­ sporttechnik hielt schon langsam Einzug in die anger oder der nächste Heustadel und das Büro heimische Motorsportszene. Beim „Bäderpreis“ des Rennleiters befand sich im Wirtshaus ums 1956 in Baden konnte man erstmals einen Mer­ Eck. cedes 300 SL Flügeltürer und einen Porsche 550 Es gab tolle Rennen in Linz-Kleinmünchen, Bad Spyder im Renntempo bewundern – mitten in Vöslau, Korneuburg oder auf der Autobahn­ der Stadt. spinne in Salzburg-Liefering. Strommasten, Es war eine Zeit voller Entbehrungen, aber ein Litfasssäulen, Bushaltestellen waren auf jeder Hauch von Romantik prägte diese Epoche, in Strecke in unmittelbarer Nähe und somit ein der so mancher Zuschauer mit dem Beiwagen ständiger, gefährlicher Begleiter der Helden von auf Schotterpisten zur Veranstaltung knatterte. damals. Die Preisgelder, sollte man eines gewin­ Es gab aber auch eine Kehrseite, die dem mo­ nen, reichten oft nur, um die Spesen für die An­ torsportlichen Aufschwung jäh bremste: Beim reise oder Übernachtung abzudecken. Sach­preise 24-Stunden-Rennen in Le Mans anno 1955 star­

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Streckenplan der „Autobahnspinne“ Salzburg- Ein Rennwagen mit beweg­ Liefering. Links: Jim Clark überprüft seinen ter Geschichte: Franz Alberts Helm (Zeltweg 1964). RS 1600 beim Tauplitz­ rennen.

Die Meute der Sportwagen am Vorstart in Aspern 1966.

ben 84 Zuschauer, als der Mercedes von Pierre internationale Kontakte in sämtlichen Motor­ Levegh in die Tribünen flog. Daraufhin wurde sportgremien. Er holte sogar Wolfgang Graf der Motorsport von der OSK sehr eingeschränkt Berghe von Trips und Huschke von Hanstein zur und es gab auch seitens der Bevölkerung hefti­ Gründungsversammlung nach Wien. Es soll ein gen Widerstand gegen diese Sportart. sehr lustiger Abend gewesen sein und am Ende Mit Gottfrid Köchert hatten die Österreicher hatte man sich zum Ziel gesetzt, ein Rundstre­ den ersten Star in der internationalen Auto­ ckenrennen, ein Bergrennen und eine Rallye ab­ mobil-Motorsportszene. Der Sohn aus einer zuhalten. Mit internationalem Status natürlich. bekannten Juwelierdynastie aus Wien gewann An den Bau einer Rennstrecke dachte man da­ 1955 ein Sportwagenrennen am Nürburgring mals nicht, man begab sich auf die Suche nach vor dem Schweden Bonnier. Es war dies der erste einem Flugplatz, in der Nähe von Wien, der für internationale Sieg eines Österreichers bei einem das erste Rundstreckenrennen geeignet war. Der Auto­rennen seit dem Krieg. Platz von Deutsch-Wagram war in einem deso­ Am 26. Jänner 1957 begann ein neues Zeitalter laten Zustand, Kottingbrunn war eine Nummer des österreichischen Motorsports, das letztlich zu klein und Geld für etwaige Umbauarbeiten in den Bau von zwei permanenten Rennstrecken hatte man einfach nicht. So fiel die Wahl auf endete. Da trafen sich im „Restaurant Schwe­ Aspern, dort war damals noch Flugbetrieb, dies chater Hof“, im 3. Wiener Gemeindebezirk, sollte aber für „Herrn Direktor“ Löwinger kein die Granden der Motorsportszene und hielten großes behördliches Problem darstellen. die erste Pressekonferenz des neu gegründeten 55.000 begeisterte Zuschauer sahen am 28. ÖASC – Österreichischer Automobilsportclub – April 1957 das erste Flugplatzrennen in Öster­ „Strommasten, ab. Willy Löwinger, ein äußerst facettenreicher reich und die europäische Motorsportelite war Litfasssäulen, Bus­ und eloquenter Geschäftsmann, wurde zum Prä­ am Start. Sepp Greger, Carel de Beaufort, Ernst haltestellen waren sidenten gewählt. Löwinger war Verkaufsleiter Vogel, Richard von Frankenberg, Harry Zweifel auf jeder Strecke einer Kärntner Textilfabrik und Herausgeber und Willy Peter Daetwyler u.v.m. Den legendä­ einer eigenen Sportzeitung, ein Tausendsassa ren Karl Kling konnte man als Ehren-Starter ge­ in unmittelbarer eben. Der Rennfahrer Ernst Vogel, ein Pumpen­ winnen. Dem staunenden Publikum hatte man Nähe und somit fabrikant aus Stockerau, wurde Vize. Der Auto­ modernste Rennwagen geboten wie Mercedes,­ ein ständiger, mobil-Fachjournalist und Sohn einer berühmten Aston Martin, Lotus Climax, Porsche RSK und Glockengießer-Familie Martin Pfundner über­ Ferrari Testarossa, die allesamt um den Ring gefährlicher Be­ nahm die Rolle des Schriftführers. Als sehr wert­ geprügelt wurden. Sechs Rennen in den ver­ gleiter der Helden voll für die Zukunft erwiesen sich Pfundners schiedensten Klassen wurden durchgeführt. Das von damals.“

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Loses Stroh – gefährlich wie Schmierseife. Unten: Sieger Gruppe 7 – Peter Schetty im Fiat Abarth.

Kranebitten 1968: Auf drei Rädern treibt Reinhard Stenzl seinen 911er aus der Hauptrennen entschied nach einem sagenhaften retour. Mit Fallschirm! Amerika zog nach und am Haarnadel. Duell mit v. Frankenberg auf Porsche Spyder der 5. Mai 1961 war der erste Amerikaner, Alan She­ Schweizer Daetwyler im 290 PS starken Ferrari pard, im All. Allerdings war dies „nur“ eine bal­ für sich. listische Flugbahn und keine Umrundung der Erde. Der Anfang war also gemacht, die Semperit Ral­ Letztendlich wird es dem charismatischen Präsidenten lye folgte als nächstes. Da trug sich als Gesamt­ der USA, John F. Kennedy zu bunt, er verkündet bei sieger der Kolbenfabrikant Max J. Kraus auf einer Plenarsitzung des amerikanischen Kongresses am Denzel 1300 ein. Ein paar Wochen später stand 25. Mai 1961 folgendes: „Ich glaube, diese Nation das Gaisbergrennen am Kalender, das wieder­ sollte sich selbst das Ziel setzen, vor Ende des Jahr­ um Daetwyler gewann. Dieses zählte sogar zur zehnts einen Mann auf den Mond zu landen und ihn Europameisterschaft, dank Willy Löwinger, der sicher wieder auf die Erde zurückbringen.“ Mit diesem auch Mitbegründer der Berg EM war. Aufruf setzte er den Wettlauf zum Mond in Gang. Bevor sich dieses Schlüsseljahr der heimischen Eine ganze Nation stand mit Begeisterung hinter ihm Motorsportszene dem Ende neigte, organisierte und trieb sich selbst von einer Höchstleistung zur an­ Langenlebarn 1968: Jochen die Sektion Knittelfeld, eine Zweigorganisati­ Rindt und Kurt Bergmann deren. Am 20. Februar 1962 haben die Amerikaner beim Benzingespräch. on des STAMK, noch ein Flugplatzrennen auf durch John Glenns dreimaliger Erdumkreisung mit dem Zeltweger Militärflugplatz. Dieses eher be­ den Russen wieder gleichgezogen. scheidene Rennen wurde von einer begeisterten Truppe rund um den heimischen Rechtsanwalt Kehren wir wieder in die Motorsportwelt Ende Dr. Gustav Tiroch durchgeführt. Ernst Vogel der 50er-Jahre nach Österreich zurück. Anfang gewann sowohl den Sportwagenlauf als auch die 1958 schied Martin Pfundner aus dem Präsidi­ GT-Wertung. In dieser neuen Aufbruchsstim­ um des ÖASC aus und wurde, zum Missfallen mung neigt sich das Jahr 1957 dem motorsport­ von Willy Löwinger, in den Vorstand der OSK lichen Ende zu. gewählt. Dem ARBÖ, Ortsgruppe Salzburg, ge­ lang am 1. Mai 1958 das Kunststück, den ersten Am 4. Oktober 1957 läuft ein militärischer Ange­ „Großen Preis von Österreich für Motorräder“ stellter aufgeregt durch die endlosen Flure des Penta­ auf der Autobahn in Salzburg-Liefering abzuhal­ gons in Washington D.C. „Die Russen, die Russen ten. sind oben“, stammelt er außer sich. Seine Abhörspe­ Am 15. August, einem Marienfeiertag, trat zialisten haben soeben ein leises „Piep, Piep …“ aus die europäische Elite beim Gaisbergrennen an. dem All empfangen und dies dem ersten Satelliten, Sämtliche Stars wie Hans Herrmann, Jo Bonnier, Sputnik 1, zugeordnet. Die Sowjets haben die Indus­ Jean Behra, Heini Walter und Ernst Vogel konn­ trienation Nr. 1 am falschen Fuß erwischt und star­ ten Graf Berghe von Trips nicht abhalten, einen teten damit ein Rennen um die Vorherrschaft im Welt­ neuen Gaisbergrekord aufzustellen. Und weil es raum. Und weil es so schön war, erfolgte nur einen so schön war, übersiedelte die ganze Truppe von Monat später mit Sputnik 2 (Sputnik =Weggenosse)­ Salzburg in die Steiermark. Der ÖASC ging mit der nächste Streich, mit der Polarhündin „Laika“ an den Knittelfeldern (STAMK) eine Kooperation Bord. Die Amis schickten am 1. Februar 1958 den ein, um gemeinsam in Zeltweg ein Flugplatz­ Forschungssatelliten Explorer 1 erfolgreich ins All, rennen abzuhalten. somit haben die Amerikaner nachgezogen. Dennoch, Das Hauptrennen war geprägt durch ein mitrei­ die nächste Sensation kam wieder aus dem Osten. Am ßendes Duell der beiden verfeindeten Porsche- 12. April 1961 umkreiste der Luftwaffenoffizier Werksfahrer Trips und Behra. Die beiden wech­ Juri Gagarin in seiner Raumkapsel Wostok als erster selten vor einem begeisterten Publikum mehr­ Mensch die Erde und kam auch wohlbehalten wieder mals die Führung und schließlich entschied der

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rheinische Graf den Kampf für sich. So faszinie­ rend das Rennen auch verlief, es hatte ein un­ gutes Nachspiel. Wie immer ging es ums Geld. Bei der Abrechnung waren sich die Knittel­ felder mit dem ÖASC nicht ganz einig. So kam es zum Zank zwischen Gustav Tiroch und Willy ­Löwinger. Die beiden Streithähne wurden dabei zu hasserfüllten Gegnern, deren Streit letztend­ lich ein paar Jahre später in den Bau von zwei permanenten Rennstrecken endete. So neben­ bei spaltete sich ein Teil der Knittelfelder von um es dann am 16. April 1961 zu verwirklichen. den anderen Knittelfeldern ab und gründete den Mit 1000 Pfund Startgeld lockte er den engli­ STMSC. schen Superstar Stirling Moss an den Wiener Aufbruch in die als „Roaring Sixties“ bezeich­ Stadtrand. Der Rest des Starterfeldes war ziem­ nende Dekade. Die bereits als „Kinder des Krie­ lich dürftig und so war es für Moss im ges“ bezeichnete Generation gründete selbst Fa­ ein leichtes Spiel. milien und gebar die Generation, die heute als Die Steirer ließen sich mit der Retourkutsche „geburtenstarke Jahrgänge“ bezeichnet wird. Es nicht lange Zeit und hielten ihrerseits am 17. war auch die Zeit, in der man mit viel Fleiß und September 1961 das erste Formel 1-Rennen mit Nachbarschaftshilfe ein Haus bauen konnte. einem absoluten Weltklassefeld ab. Das Grand Die Männer machten den „B-Schein“ und die Prix-Feld war fast komplett in der Steiermark „A Narrischer ohne Nosn“ im Puch-Motorräder wurden gegen das erste Auto versammelt. Nur Ferrari fehlte: Trips ist eine Porsche 906 – Als Frauen getauscht. Exotische Ziele, wie Lignano oder Woche zuvor in Monza tödlich verunglückt. noch mit der Stoppuhr das Grado steuerte man auf staubigen Fernstraßen Innes Ireland, ein ehemaliger Fallschirmjäger, Geschehen protokollierten: an. Fernseher und Plattenspieler zogen unauf­ um den sich viele Legenden ranken, gewann im Nina Rindt. hörlich in die Wohnzimmer ein. Die Musik Lotus-Climax vor Doppelweltmeister Jack Brab­ befand sich wieder einmal im Umbruch, der als ham (Cooper-Climax) und Jo Bonnier (Porsche). „Pilzköpfe“ bezeichnete Viergesang aus Liver­ Vierter wurde der kommende Superstar Jim pool prägte diese spannende Zeit. Udo Jürgens Clark, ebenfalls Lotus-Climax. Dieser „Preis von holte sich sogar für Österreich den Sieg beim Österreich“ war eine gewaltige Veranstaltung, Song Contest. Motorsport in Österreich nahm der nur der WM-Status fehlte. immer größere Dimensionen an. Aus terminlichen Gründen gab es 1962 kei­ Die Salzburger kristallisierten sich als erfahre­ nen Grand Prix der Formel 1 auf heimischem ne Motorradveranstalter heraus. Anfangs noch Boden. In diesem Jahr fand der FIA-Kongress in Liefering, später in Anif-Grödig lieferten sie erstmals in Österreich statt und die Steirer be­ perfekte internationale Läufe ab. Als „Rupert trieben so richtiges Lobbying, um den ersten Hollaus Gedächtnisrennen“ sind diese Rennen Formel 1-Lauf nach Zeltweg zu holen. STAMK bis heute in Erinnerung. Diese Autobahnteilstü­ und STMSC traten ab nun gemeinsam auf und cke boten hervorragende Bedingungen, muss­ hielten am 1. September 1963 den „1. Großen ten aber irgendwann dem öffentlichen Verkehr Preis von Österreich“­ in Zeltweg ab. Zwar noch übergeben werden, was dann? kein WM-Lauf, aber doch ein Probegalopp für Der Motorsportkalender war ausgefüllt. Veran­ das nächste Jahr. staltungen für Motorräder, für Autos oder beides Nicht alle waren zufrieden. Es stellte sich ­heraus, „Der Motorsport­ in Kombination wurden durchgeführt. Berg­ dass für die immer schneller werdenden Boliden rennen waren eine der beliebtesten Disziplinen diese Buckelpiste nur bedingt geeignet war. Als kalender war für Akteure und Zuschauer. Loiblpass, Koral­ Sieger stand Jack am Podest. ausgefüllt. Ver­ pe, Mühllacken, Braunsberg oder Tauplitz sind Im Herbst kam dann das O.K. aus Paris und anstaltungen für einige der vergessenen Schauplätze. Semperit Zeltweg bekam für 1964 den WM-Status zuge­ Motorräder, für Rallye, Alpenfahrt, Sechstagefahrt oder Berg­ sprochen. landrallye lockten die Massen ans Geschehen. In dieser turbulenten Zeit gab es für uns Ös­ Autos oder beides Sogar die berühmte „Monte“ führte durch unser terreicher, in der Person von , ein in Kombination schönes Land. Als besondere Highlights galten ganz besonderes Geschenk, „a Narrischer ohne wurden durch­ stets die Flugplatzrennen. Etwa 70 solcher Ver­ Nosn“ war ein erster Eindruck von Helmut anstaltungen wurden bis Ende der 60er-Jahre in Zwickl. Rindt war zeitlebens deutscher Staats­ geführt … Sogar Österreich abgehalten. Aspern, Kottingbrunn, bürger, fuhr aber mit österreichischer Lizenz. die berühmte Langenlebarn, Linz, Graz, Zeltweg, Innsbruck Begonnen im Tourenwagen, wechselte er 1963 „Monte“ führte und Klagenfurt waren diese flachen und weitläu­ in die Formel Junior, wo er hauptsächlich durch figen Orte, an denen die Fahrer kaum Anhalts­ seinen wilden Fahrstil auffiel. Rindt wollte mehr durch unser schö­ punkte finden konnten. und stieg 1964 mit einem Brabham BT10 in die nes Land. Inzwischen ist die Rivalität der Knittelfelder Formel 2 ein. Es war eine eher durchwachsene Als besondere und dem ÖASC so groß geworden, dass sich Saison. Dann kam am 18. Mai seine persönliche Willy Löwinger in den Kopf gesetzt hat, in Sternstunde in „Crystal Palace“, wo er die Welt­ Highlights galten Aspern das erste Formel 1-Rennen abzuhalten. elite wie Clark, Hill, Arundell, und Bandini stets die Flug­ Ehrgeizig und zielstrebig verfolgte er sein Ziel, niederkämpfte. Die englische Presse konnte es platzrennen.“

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Jim Clark fährt als Trainingsschnellster zur Startaufstellung: Langenlebarn 1967. Rechts: Gleicher Innes Ireland genehmigt Schauplatz – J. P. Beltoise dreht eine Ehrenrunde. sich noch eine Zigarette im Cockpit.

Dunlop Renndienst in der Wiese – Aspern 1968. Rechts: Gleicher Schauplatz – Carlo Abarths Boliden in der „Militärgarage“.

kaum begreifen, dass ein Unbekannter die Bri­ Aichfeld, daher auch der ursprüngliche Name: ten auf heimischem Boden bezwang. „Aichfeldring“. Die Steirische Landesregierung Ist der richtige Reifen Am 23. August 1964 ging dann der erste Welt­ unter dem damaligen Landeshauptmann Josef montiert?, fragt sich Graham meisterschaftslauf auf dem 3,2 km langen Kurs Krainer sen. unterstützte das Projekt mit einer Hill. des Militärflugplatzes in Zeltweg über die Büh­ Millionen-Investition. ne. Es sollte ein ereignisreiches Rennen werden, Mit den großen Automobilimporteuren und der geprägt durch das große Favoritensterben. Sur­ deutschen Automobilindustrie im Rücken sah tees, Gurney und Clark hatten Aufhängungs­ Löwinger in der Nähe zu Salzburg und der deut­ schaden. Rindt brach bei seinem Formel 1- schen Grenze den Standort Thalgau am geeig­ Debüt am Brabham die Lenkung. Phil Hills netsten. Der Engländer John Webb wollte sich Cooper landete in den Strohballen und brannte ursprünglich mit 15 Millionen Schilling betei­ völlig aus. Vor 40.000 begeisterten Zuschauern ligen, machte aber später einen Rückzieher. Die siegte letztendlich Lorenzo Bandini im Ferrari. Salzburger Landesregierung unter Landeshaupt­ Aber dieser „Waschrumpel“ wurde für die Zu­ mann Hans Lechner stand ebenso tatkräftig hin­ kunft der WM-Status, allerdings nur für Formel ter dem Vorhaben. 1-Rennen, entzogen. Beide Projekte wurden ursprünglich mit etwa Nun verdichtete sich die Erkenntnis, dass nur 20 Millionen Schilling veranschlagt und als ab­ eine permanente Rennstrecke die Formel 1 wie­ solute Höchstgeschwindigkeitsstrecken ausge­ der nach Österreich zurückbringen konnte. Aber legt. The race is on! die Formel 1 ist nicht alles, und so wurden für Autos oder Motorräder in den nächsten Jahren Blicken wir wieder ins Weltall. Da düsten die Russen viele spannende Rennen ausgetragen. Salzburg, und die Amerikaner hurtig los, Ziel war der Mond, Aspern, Zeltweg, Langenlebarn und unzählige vorerst nur mit unbemannten Sonden. Es war nicht Bergstraßen waren die Schauplätze. einfach, dieses in Bewegung befindliche Ziel zu treffen, Nachdem 1965 Rindt zusammen mit Gregory mal flog die Sonde am Mond vorbei und ein andermal die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hat, wa­ zerschellte diese auf der Mondoberfläche. Insgesamt ren wir Alpenländer auch weltweit im Motor­ hatten beide Parteien zusammen 25 Fehlschüsse. sport angekommen. Die erste unbemannte weiche Landung am Mond ge­ Viele Supertalente traten in Jochens Fußstapfen lang den Russen, am 31. Jänner 1966 mit Luna 9. wie Quester oder Marko bei den Automobilen Der Westen zog am 30. Mai 1966 mit Surveyor 1 und Thalhammer oder Schneider bei den Zwei­ nach. Immer waren die Russen einen Schritt voraus. radlern. Erste Zweimannkapsel, erste Dreimannkapsel, ers­ Jetzt betraten zwei altbekannte Macher den te Frau im All und erstes Manöver außerhalb der „Ring“. Dr. Tiroch (für Steiermark) und Dir. Raumkapsel – Alexeij Leonow im März 1966. Löwinger (für Salzburg). Beide wollten eine für Langsam holten die Amerikaner auf, indem Arm­ Auto- oder Motorradweltmeisterschaften taug­ strong und Scott die ersten Kopplungsmanöver im All liche Rennstrecke. gelangen. Alles schien möglich, bis am 27. Jänner Dr. Tiroch plante sein Vorhaben in Sichtwei­ 1967 die ersten Opfer zu beklagen waren. Beim Test te des Zeltweger Flughafens, im sogenannten von Apollo 1 fing die Kapsel Feuer und die drei Astro­

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nauten Grissom, White und Chaffee verbrannten hilf­ strecke auf. Erwein Graf Schönborn, damals „Dr. Tiroch plante­ los an ihrem Arbeitsplatz. Danach ruhte das Apollo­ Rennleiter bei Bosch, machte den Vorschlag programm für 20 Monate. Auch die Russen hatten auf seinem Gut (Schloss Schönborn, zwischen sein Vorhaben in ihr tödliches Drama, als beim Wiedereintritt in die Stockerau und Hollabrunn) eine Rennstrecke Sichtweite des Erdatmosphäre bei Kamarows Kapsel der Fallschirm zu erbauen. Aus der Rennstrecke wurde nichts, Zeltweger Flug­ versagte. stattdessen gibt es dort heute einen der schöns­ Amerikas Raumfahrt startete zu Weihnachten 1968 ten Golfplätze des Landes. hafens, im soge­ so richtig durch. Apollo 8 mit Bormann, Lovell und Im April 1968 fand der Spatenstich in der Ober­ nannten Aichfeld, Anders umrundeten als erste den Mond und sahen so­ steiermark statt und damit rollten auch die ers­ daher auch der ur­ mit erstmals die Rückseite unseres treuen Trabanten. ten Bagger an. Der Spatenstich und Baubeginn Sogar die Musikbranche rund um den Globus ließ sich in Salzburg folgte im Herbst 1968. sprüngliche Name vom Mond verzaubern. Hits wie „Lady Sunshine und Es war nun auch an der Zeit, bei der Motorsport­ ,Aichfeld­ring‘.“ Mr. Moon“, „Der Mann im Mond“ oder „Bad moon behörde auf Brautschau zu gehen und sich inter­ rising“ werden uns ewig in Erinnerung bleiben. nationale Rennen und Serien zu sichern. Beide Kontrahenten hatten die allerbesten Beziehun­ Inzwischen gewann der Österreichische Motor­ gen zur FIA und zur CSI in Paris. Während die sport immer mehr an internationaler Bedeu­ Steirer sich auf die Formel 1 und die Sportwagen- tung. In „Masta“ Kurt Bergmanns Formel V- WM konzentrierten, lag der Konstruktionen fuhren die Stars reihenweise na­ Schwerpunkt beim Salzburg­ tionale und internationale Erfolge ein. Huber, ring mehr bei der Motorrad- Breinsberg, Riedl, Ertl, Peter, Quester, Marko, WM. um nur einige zu nennen, griffen erfolgreich ins Sportlich gesehen hatte sich Lenkrad der Boliden aus Eßling und freuten sich 1968 Rindt inzwischen in allesamt auf die erste permanente Rennstrecke der Formel 1 etabliert und in Österreich. eilte in der Formel 2 von Sieg Eigentlich hatten bis Ende 1967 die Salzburger zu Sieg. Derweil begann ein bei diesem Wettlauf die Nase vorne. Plötzlich junger Wiener mit dem Na­ traten einige der Thalgauer Grundbesitzer von men Andreas Nikolaus Lauda den vorgefertigten Verträgen zurück und man seine Rennkarriere. musste einen neuen Standort finden. Heute Das Jahr 1969 ist in vieler wird noch gemunkelt, dass sich zum damaligen Hinsicht in die Geschichte eingegangen; Nixon Grundeinlöseplan für den Zeitpunkt auffallend viele Autos mit steirischen wurde Präsident der USA und die Musikfans Österreichring. Kennzeichen in Thalgau befanden. pilgerten nach Woodstock. Die Boeing 747 und Ein Ersatzort im Nesselgraben wurde mit Hil­ die Concorde hatten ihre erfolgreichen Testflüge Unten: Erste Studie vom fe der Nachbargemeinden Koppl und Plainfeld absolviert. Rindt feierte seinen ersten GP-Sieg Salzburgring. rasch gefunden. Dort war man aber durch die to­ und in Le Mans gab es die pographischen Gegebenheiten etwas eingeengt knappste Entscheidung aller und Löwinger musste „seine“ Strecke in die enge Zeiten, 120 Meter Vorsprung Talrinne hineinpferchen. Das Resultat waren et­ für Ickx/Oliver im GT40. was eigenartige Vorhaben, wie z. B. der Renn­ In Österreich gab es rege leiterturm gegenüber den Boxen ohne Tunnel Bautätigkeit, in Wien wur­ unter der Strecke. Die Einfahrt in die Boxen war de mit dem U-Bahnbau am ausgerechnet am Ausgang der sehr schnellen Karlsplatz begonnen und Fahrerlagerkurve. Ein Kuriosum waren die, der in den Bundesländern Salz­ Start-Ziel-Geraden abgewandten Boxen. burg und Steiermark wurden Der ÖASC als größter Motorsportveranstalter gewaltige Erdbauarbeiten des Landes war dadurch etwas ins Hintertreffen durchgeführt, um die beiden gelangt. Schon damals kristallisierte sich heraus, Rennstrecken fertig­zustellen. dass die Formel 1 für diese Strecke weniger ge­ eignet war, wohl aber für die Motorrad-WM. Es Während die Russen immer noch mit Kopplungsma­ tauchte auch der Name „Salzburgring“ erstmals növer im Erdorbit beschäftigt waren, konnte die Ame­ „Löwinger musste auf. Daraufhin klang den Steirern der Name rikaner nichts mehr bremsen. Im Mai 1969 testeten ,seine‘ Strecke in „Aichfeldring“ etwas zu provinziell und man Stafford, Cernan und Young die Mondlandefähre in nannte das Projekt von nun an „Österreichring“. der Mondumlaufbahn und näherten sich der grauen die enge Talrinne Dr. Tiroch und Dir. Löwinger versuchten beide unwirtlichen Oberfläche bis auf 14 Kilometer. hineinpferchen. auf ihre Weise die Öffentlichkeit, die Industrie Am 16.Juli 1969 startete das Raumschiff Apollo Das Resultat und die Medien für das jeweilige Vorhaben zu 11 mit der mächtigen Saturn IV-Rakete in Richtung begeistern. Es war über die Jahre ein mediales Mond. Eine Reise, die in der damaligen Zeit, genauso waren … z. B. Match, teilweise mit fragwürdigen Methoden. wie heute, gar nicht zu begreifen ist. Alleine der Lärm, der Rennleiter­ Helmut Zwickl brachte es auf den Punkt und der den Start dieses 111 m hohen Giganten begleitete, turm gegenüber beschrieb die Situation damals so: „Erklärte Dr. wurde damals als der gewaltigste von Menschenhand Tiroch in Zeltweg ,Wir bauen‘, erklärte Dir. erzeugte Ton bezeichnet, abgesehen von der Atombombe. den Boxen ohne Löwinger in Wien ,Auch wir bauen‘.“ An einer Am 20. Juli näherte sich das größte Abenteuer der Tunnel unter der Nebenfront tauchte aber noch eine dritte Renn­ Menschheitsgeschichte seinem Höhepunkt. Nach vier Strecke.“

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Tagen Anreise durch die Weiten des Alls erreichten Armstrong, Aldrin und Collins die Umlaufbahn des Mondes. Collins hielt im Mondorbit, im Mutterschiff (Columbia) die Stellung, während Armstrong und Aldrin in der Mondlandefähre (Eagle) erfolgreich am Mond aufsetzten und die ganze Welt in Atem hielt. Armstrong selbst betrat mit dem linken Fuß am 21. Juli um 3:56 (MEZ) als erster Mensch die Mond- oberfläche. Aldrin folgte eine halbe Stunde später. Dies war der Augenblick, der die ganze Welt vereinte und so manchen Tränen in die Augen trieb. Selbst der Klassenfeind, in Form der damaligen UdSSR, freute Eine Woche nach der Mond- sich mit den drei Helden. Drei Tage später landete landung eröffnen Dr. Gustav die Kommandokapsel samt ihrer Besatzung im Pazifik Tiroch und Landeshaupt- und wurde anschließend mit der „USS Hornet“ nach mann Josef Krainer sen. den Hawaii gebracht. Österreichring. Von dort starteten sie ihren Triumphzug rund um den Erdball, um das größte Abenteuer der Menschheit aus ihrer Sicht zu schildern. Die USA hat den Wettlauf zum Mond für sich entschieden.

Knapp eine Woche später wurde das zweite ­Duell dieser Geschichte zu Gunsten der Steier- mark entschieden. Kaum waren die letzten Bau- maschinen verschwunden, wurde am 27. Juli der neu erbaute Österreichring durch Dr. Tiroch, David Piper, ebenfalls Lola T70. Weiters mel- Landeshauptmann Josef Krainer sen. und Man- dete Piper einen „pipergrünen“ Ferrari 250 LM fred Mautner-Markhof (Präsident des ÖAMTC) für Chris Craft, dieser erschien aber leider nicht feierlich eröffnet. Ausgeschrieben waren zwei zum Rennen. Das Alfa Romeo-Werksteam, un- Läufe zur Motorrad-Staatsmeisterschaft, ein ter der straffen Führung von Carlo Chiti, mit Tourenwagenrennen, ein Formel V-Lauf und ein dem Fahrer­duo Ignazio Giunti und Andrea de internationales Sportwagen/Prototypenrennen. Adamich, zählte mit den 33/3 Prototypen eben- Es gab damals natürlich noch keinen elitären falls zu den Sieganwärtern. Paddock-Club am Boxendach. Dort waren ein Die Österreicher hatten auch ordentlich aufge- paar Tische aufgestellt, wo man gemütlich ein rüstet. Unsere heißesten Eisen waren Rudi Lins steirisches Bier und Würstel mit Senf zu mode- und Peter Peter in ihren Salzburger Werkspor- raten Preisen bekam. Am Boxendach war sogar sches 908/2 von Porsche-Salzburg. Zwei Tage das Rauchen erlaubt, obwohl in der Boxengasse vor dem Rennen kaufte sich Otto Stuppacher selbst noch die Boliden aus dem Benzinkanister mit Hilfe seiner Mutter einen Porsche 910 und und mit Trichter betankt wurden. erreichte damit auf Anhieb Platz 6 im Training, Ein illustres Bild gaben auch die Streckenposten Chapeau! Berndt Brodner, Richard Gerin, Kurt ab. An diesem heißen Sommertag standen sie in Rieder und Sigi Pust investierten ebenso in die Badehose unterm Sonnenschirm, direkt am Stre- Weissacher Plastikbomber 906 und 910. Erich ckenrand. Sämtliche heimische Motorradstars Glavitza und „Gustl“ Deutsch nahmen das Ren- wie Prügl, Zach, Krasensky, Maxwald, Bergold nen mit ihren extrem flachen Lotus Europa in oder Minich lieferten sich tolle Duelle. Dr. Hel- Angriff. Blick aus der Rückseite der mut Marko gewann auf Chevrolet Camaro das Das Rennen selbst wurde für die 35.000 Zu- Boxen auf den Lola T70 von Tourenwagenrennen vor „Lemmy“ Hofer und schauer zu einer wahrlich imposanten Attrak- Jo Bonnier. Sepp Manhalter. tion. Die Texaco-Schikane entpuppte sich als Auch beim gewaltig besetzten Formel V-Event Sargnagel für Piper und Peterson und deren (46 Starter!) hieß der Sieger Marko. Er gewann Lola T70, Peterson versenkte sein Juwel in ei- im McNamara vor Fritz Böhler, Harald Ertl und nem Wassergraben. Porsche Salzburgs Boliden Erich Breinsberg, Lauda wurde im Kaimann waren auch vom Pech verfolgt: Lins hatte Mo- Achter. torschaden und Peter rutschte in der Texaco Die Startliste bei den Tourenwagen oder Formel in die baustellenartige Auslaufzone. Gregory V las sich wie ein Lexikon: Böhringer, Huber, fuhr scheinbar einem Start-Ziel-Sieg entgegen. Pust, Wendlinger, Daurer, Koinigg, Ertl, Bross, In der letzten Runde stiegen plötzlich dunkle Rudolph, Schurti … Das Hauptrennen führte Rauchwolken aus dem 908er Heck und Gregory über insgesamt 40 Runden zu je 5,9 km und war kriecht nur mehr im Schritttempo aus der Texa- international sehr gut besetzt. Die „Schweden­ co-Schikane. Gregory gab seinem hinter ihm bomben“ Jo Bonnier und Ronnie Peterson zähl- fahrenden Freund Richard Broström ein Zei- ten in ihren bärenstarken Lola T70 ebenso zu chen, dieser schubste Gregorys 908er über den den Favoriten wie Masten Gregory, Rindts Co letzten Hügel und rollte so seinem vermeintli- beim Le Mans Sieg 1965, im Porsche 908 und chen Sieg entgegen. Gregory wurde als Sieger

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Ronnie Peterson köpfelt seinen Lola T70 in einen Wassergraben.

Die Streckenposten in der „Texaco“ haben alles im Griff.

De Adamich, Gregory, Lins, Bonnier in Runde 1. Links: Piper rutscht ins Out – die hiesige Polizei beob- Andrea de Adamich bei seiner Siegesfahrt. achtet mit zwei Einsatzfahr- zeugen das Geschehen. Ein couragierter Helfer schreitet barfuß ein.

Lauda steht neben Schurti in Reihe 2. Rechts: Das Startduell bei den Tourenwagen gewinnt Marko im bärenstarken Camaro.

Sepp Manhalter (im Rennwagen) wird begleitet von Gattin Erika im körpernahen Sommer­kleid.

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2019_02_Sandler_Mondlandung_FIN.indd 75 17.03.19 10:23 gefeiert, mit Lorbeerkranz geschmückt und eine Hauptrennen für Sportwagen und Prototypen. Stunde später nach einem Protest Alfa Romeos Pole holte sich Kurt Ahrens im Salzburg Porsche letztendlich disqualifiziert. Sieger wurde da- 908 vor Dieter Quester in Sidney Taylors Lola durch Andrea de Adamich im Alfa 33/3 vor Jo T70. Reihe 1 komplettierte als dritter Masten Bonnier im Lola T70 und Otto Stuppacher hielt Gregory im Porsche 908 und David Piper im die österreichische Fahne als Dritter hoch. grünen Lola T70. Reihe 2 war mit Carlo Abarths Einen tollen sechsten Platz erreichte Brodner im Boliden besetzt, Arturo Merzario, Hans Ortner 906 und Rieder sicherte sich im selben Fabrikat und Ed Swart. Das Startduell gewann auf den den achten Platz. ersten Metern Quester, bis ihm beim Schalten in Nach diesem geglückten Probelauf wurde zwei den dritten Gang die Schaltgabel brach und er Wochen später ein Lauf der Langstrecken-WM nach ein paar Runden den Lola in den Boxen ab- abgehalten. Siffert/Ahrens erkämpften dabei den stellte. Ahrens fuhr daraufhin einen unangefoch- ersten Sieg eines Porsche 917. tenen Start-Ziel-Sieg entgegen. Nur 4 Sekunden Am 20./21. September folgte dann die Premie­ dahinter sicherte sich Piper Rang 2, gefolgt von Blick über das (alte) Fahrer- ren­veranstaltung am Salzburgring, wie schon Gregory, weitere 25 Sekunden zurück. Merzario lager in Richtung Nockstein. in Zeltweg ohne Jochen Rindt, der andere Ver- schied aus und so gewann Ortner das Abarth- pflichtungen hatte. Als Veranstalter traten der Duell gegen Swart und wurde Vierter. Die wei- ARBÖ, ÖASC und SAMTC gemeinsam auf. Am teren Österreicher: Otto Stuppacher belegte im Samstag wurden insgesamt vier Motorradrennen Porsche 910 den sechsten Platz und Kurt Rieder und ein Tourenwagenrennen abgehalten, diese wurde im Carrera 906 Elfter. waren jeweils als „nationaler Preis von Salzburg“ Nachdem sowohl in Zeltweg als auch in Salz- deklariert. burg jeweils die erste Hürde einer erfolgreichen Die offizielle Eröffnung, mit einem sichtlich Eröffnung geschafft war, entwickelten sich die gerührten und stolzen Dir. Löwinger, fand am zwei Rennstrecken auf ihre eigene Art weiter. Sonntag mit dem „Internationalen Preis von Höhen und Tiefen begleiteten beide Pisten Salzburg“ statt. „Aber ich war schneller, als die durch ihre Geschichte. Vom Abriss über Besitz- Steirer Trotteln!“, war die Antwort Löwingers auf wechsel, Lizenzentzug, Namensänderung, bis eine Journalistenfrage, warum er doch das ­Duell zur Streckenverkürzung reichte die Bandbreite. gegen die „Knittelfeld-Connection“ verloren Nichtsdestotrotz haben beide Strecken, nach hatte. Er meinte dabei aber die Netto-Bauzeit. 50 Jahren Spitzensport, ihren Stammplatz im Die Stuttgarter Mercedes Benz AG brachte den internationalen Motorsportkalender gefunden. nagelneuen Versuchswagen C 111, mit Wankel- Löwinger und Tiroch wurden nie Freunde. Dr. Motor, an die Strecke, um mit prominenten Gustav Tiroch starb 1982 mit nur 58 Jahren an Gästen einige Runden zu drehen. einem Gehirnschlag. Drei Monate vor seinem Den 30.000 begeisterten Zuschauern wurden 97. Geburtstag starb in einem Wiener Pflege­ bei herrlichem Herbstwetter Spannung in allen heim Dir. Willy Löwinger, Jahrgang 1916. Rennen geboten. Die Klasse bis 350 ccm gehör- Ohne die beiden gäbe es vielleicht heute keinen te den Yamaha-Fahrern. Walter Scheimann (D) Salzburgring oder Red Bull Ring. gewann vor Karl Hoppe (D) und dem Öster- reicher Edi Lenz. In der Halbliterklasse konn- Die Amerikaner führten bis Ende 1972 insgesamt 6 te sich Hoppe den Sieg vor dem Neuseeländer erfolgreiche Mondlandungen durch und flogen damit Keith Turner und dem Italiener Alberto Bagani insgesamt 12 Menschen auf unseren Trabanten samt sichern. Bei den Beiwagen waren die regieren- erfolgreicher Rückkehr. Nur mehr vier aus dieser Hel- den Seitenwagenweltmeister Enders/Engelhardt dentruppe leben heute noch (Stand Jänner 2019). Die auf BMW nicht zu schlagen. Im internationa- Russen haben schon nach Apollo 8 eingesehen, dass der len Tourenwagenrennen katapultierte sich der technische Rückstand gegenüber Amerikanern einfach mächtige Chevrolet Camaro Z28 (Ex-Mark Do- zu groß war und stellten daraufhin ihr Mondlande- Dir. Löwinger wird für seine nohue/Penske) von Peter Reinhardt gleich nach programm ein. Dienste vom Land Salzburg geehrt. dem Start an die Spitze des Feldes, dicht gefolgt vom Werks BMW 2002 TI K (K= Kompressor) Der Salzburgring hatte über die fünf Jahrzehnte mit Dieter Quester am Steuer. Dr. Helmut Mar- seiner Geschichte den ursprünglichen Namen ko, BMW Alpina 2002 TI, folgte Quester wie beibehalten. Aus dem Ö-Ring wurde zwischen- sein Schatten. In dieser Reihenfolge fuhren sie zeitlich der A1-Ring und hat jetzt sein Dasein auch nach 20 Runden ins Ziel. unter dem Namen Red Bull Ring. Das Formel V-Rennen war ein Kampf der „Kai- Beide Strecken werden unter wirtschaftlichen männer“ gegen Austro V. Das Rennen mit 38 Aspekten, wie ein anderes Unternehmen auch, Startern lief über 15 Runden und war durch geführt und sind nahezu das ganze Jahr aus- spannende Kämpfe und einigen Abflügen sehr gebucht. Es gibt nicht nur Motorsportveran- unterhaltsam für die Zuschauer. staltungen, sondern auch private Testfahrten, Gewonnen hat Quester vor Breinsberg und Musikevents, Fahrsicherheitstrainings, Clubver- Lauda, alle Kaimann. Die Plätze 4 bis 9 gehör- anstaltungen und vieles mehr. te Austro V: Peter, Böhler, Miedaner, Pankl, Die weltweite Aufmerksamkeit, dank Formel 1, Schörg und Ertl. gilt jedoch der steirischen Rennstrecke. Beiden Als wahrer Schlager entpuppte sich das Strecken alles Gute zum 50er!

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2019_02_Sandler_Mondlandung_FIN.indd 76 16.03.19 21:51 50 JAHRE ÖSTERREICHRING & SALZBURGRING

Runde 1 – Quester führt vor Gregory und Piper das Feld an.

Links: Blick auf die „verkehrtrum“­ gebaute Boxenanlage.

907, 910, 906 – Zahlenspiel aus dem Hause Porsche.

Zwei Gespanne haben den Schmiermaxe auf der Achtung: Hier komme ich, Dieter Quester mit linken Seite, einer auf der rechten. aufgeblendeten Scheinwerfern. Unten: Einmal um die eigene Achse: Klaus Reisch im Alfa Romeo GTA. Trotz Führung von Lauda sind die beiden Strecken- posten am Geschehen kaum interessiert.

Links: Ortner jagt Merzario bis zu seinem Ausfall vor sich her.

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