Wie Steirer Gegen Salzburger Um Die Erste Rennstrecke Kämpften Der

Wie Steirer Gegen Salzburger Um Die Erste Rennstrecke Kämpften Der

50 JAHRE ÖSTERREICHRING & SALZBURGRING Der Wettlauf zum Mond oder: Wie Steirer gegen Salzburger um die erste Rennstrecke kämpften Text: Christian Sandler Die 1960er-Jahre des letzten Jahrhunderts waren geprägt Photos: Christian Sandler (32), durch den Wettlauf der beiden Supermächte, USA und Russland, Technisches Museum Wien (7) als erster den Mond zu erreichen. Die Österreicher entfachten auch ein interessantes Duell um den Bau der ersten permanenten Rennstrecke, auf dieser Bühne traten die Steirer gegen die Salzburger an. Beide Duelle endeten friedlich im Juli 1969. Der eine Sieger hieß USA, der andere Steiermark. Blicken wir zurück in die 1950er-Jahre Welt­ Wernher von Braun und die Russen hatten mit Sergei politisch war es der Beginn des „Kalten Krieges“. Die Pawlowitsch Koroljow eine Koryphäe in den eigenen Russen und die Amerikaner zündeten probeweise einen Reihen. Um im Ernstfall die kreuz und quer fliegen­ Atomsprengkopf nach dem anderen und verwüsteten den Raketen des Feindes ordentlich zu überwachen, dabei ganze Landstriche und Inselparadiese. Bikini, träumte man auch schon von Spionage­Satelliten, die Eniwetok, Nowaja Semlja sind nur einige Beispiele diese Szenerie aus bequemer Höhe überblicken können. dieser atomaren Zeit. Militärisch gesehen sollte man diese Sprengköpfe möglichst weit ins Feindesland hi­ In dieser Dekade erholte sich Österreich schön nein transportieren. Dazu waren Flugzeuge gefragt, langsam von den Wirren des Zweiten Weltkrie- die in sicherer und großer Höhe operieren konnten. ges. Der Marshallplan zeigte Wirkung und die Besser wäre es, die tödliche Fracht mittels Raketen ins Industrie begann auf Hochtouren zu laufen. Die Zielgebiet zu bringen. Dafür benötigte man Raketen Kinder des Krieges wurden langsam erwachsen, wie die „V2“, nur mit größerer Reichweite und besserer man kaufte sich ein Puch-Motorrad, fuhr da- Zielgenauigkeit. Die Amerikaner vertrauten ihrerseits mit mit der Freundin im Petticoat zum 5-Uhr- auf den von Deutschland emigrierten Raketentechniker Tee und erlebte erstmals so etwas wie Freiheit. 2/2019 AUSTRO CLASSIC 67 2019_02_Sandler_Mondlandung_FIN.indd 67 16.03.19 21:13 50 JAHRE ÖSTERREICHRING & SALZBURGRING Rechts: Rennleitung, Pressezentrum, Zeit- nehmung – Zeltweg 1964. Zwei Protagonisten unserer Geschichte: Martin Erster Sieger unter der Regie des ÖASC – Pfundner (2. v. r.) und Willy Löwinger (3. v. r.). Peter Daetwyler. James Dean war eines der Idole dieser Genera­ wie eine Kiste Bier, ein Herbergsgutschein tion. Leider verglühte dieser Stern 1955 auf ei­ oder Tankgutscheine zählten zur Aufbesserung ner Landstraße im kalifornischen Central­Valley. des Budgets. Sandbahnrennen waren auch sehr Auch der Motorsport, organisiert von der OSK beliebt, sämtliche Trabrennbahnen wie in der (Oberste nationale Sportkommission), einer Un­ Wiener Krieau oder in Wels wurden dazu um­ terorganisation des ÖAMTC, erwachte still und funktioniert. Und es waren Helden wie Otto leise aus dem Dornröschenschlaf. 290.000 Autos Mathé im „Fetzenflieger“ und Fritz Dirtl, die und 150.000 Motorräder waren im Jahr 1951 in es sogar bis ins Kino, in die Wochenschau oder Österreich zugelassen und der Liter Sprit kostete in die Tageszeitung geschafft haben. Eisrennen an der Tankstelle 2,90 Schilling. stellten auch eine taugliche Disziplin dar, Zell Die echten Motorsportler gruben aus diver­ am See war das Mekka damals. Rupert Hollaus sen Scheunen sämtliche alte Fahrzeuge aus, die aus Traisen in Niederösterreich war unser erster von den Russen nicht beschlagnahmt wurden inter nationaler Star im Motorsport. Er wurde auf und rüsteten diese zu Rennfahrzeugen um. Der NSU 1954 Motorrad­Weltmeister in der Klasse Tauschhandel blühte, Vergaser gegen 1 kg Speck bis 125 ccm, leider starb er, wie Rindt 16 Jahre war die Devise. Die Rennen fanden quasi rund später, im selben Jahr in Monza. um den Kirchturm statt, ohne jegliche Sicher­ Hoch in der Beliebtheitsskala standen die so heitsvorkehrungen. Meistens trennte nur ein genannten „Wertungsfahrten“, Vorläufer zu Plastikschnürl die Zuschauer vom gefährlichen den modernen Rallyes. Auch moderne Renn­ Geschehen. Als Fahrerlager diente der Dorf­ sporttechnik hielt schon langsam Einzug in die anger oder der nächste Heustadel und das Büro heimische Motorsportszene. Beim „Bäderpreis“ des Rennleiters befand sich im Wirtshaus ums 1956 in Baden konnte man erstmals einen Mer­ Eck. cedes 300 SL Flügeltürer und einen Porsche 550 Es gab tolle Rennen in Linz­Kleinmünchen, Bad Spyder im Renntempo bewundern – mitten in Vöslau, Korneuburg oder auf der Autobahn­ der Stadt. spinne in Salzburg­Liefering. Strommasten, Es war eine Zeit voller Entbehrungen, aber ein Litfasssäulen, Bushaltestellen waren auf jeder Hauch von Romantik prägte diese Epoche, in Strecke in unmittelbarer Nähe und somit ein der so mancher Zuschauer mit dem Beiwagen ständiger, gefährlicher Begleiter der Helden von auf Schotterpisten zur Veranstaltung knatterte. damals. Die Preisgelder, sollte man eines gewin­ Es gab aber auch eine Kehrseite, die dem mo­ nen, reichten oft nur, um die Spesen für die An­ torsportlichen Aufschwung jäh bremste: Beim reise oder Übernachtung abzudecken. Sach preise 24­Stunden­Rennen in Le Mans anno 1955 star­ AUSTRO CLASSIC 2/2019 68 2019_02_Sandler_Mondlandung_FIN.indd 68 16.03.19 21:14 Streckenplan der „Autobahnspinne“ Salzburg- Ein Rennwagen mit beweg- Liefering. Links: Jim Clark überprüft seinen ter Geschichte: Franz Alberts Helm (Zeltweg 1964). RS 1600 beim Tauplitz- rennen. Die Meute der Sportwagen am Vorstart in Aspern 1966. ben 84 Zuschauer, als der Mercedes von Pierre internationale Kontakte in sämtlichen Motor­ Levegh in die Tribünen flog. Daraufhin wurde sportgremien. Er holte sogar Wolfgang Graf der Motorsport von der OSK sehr eingeschränkt Berghe von Trips und Huschke von Hanstein zur und es gab auch seitens der Bevölkerung hefti­ Gründungsversammlung nach Wien. Es soll ein gen Widerstand gegen diese Sportart. sehr lustiger Abend gewesen sein und am Ende Mit Gottfrid Köchert hatten die Österreicher hatte man sich zum Ziel gesetzt, ein Rundstre­ den ersten Star in der internationalen Auto­ ckenrennen, ein Bergrennen und eine Rallye ab­ mobil­Motorsportszene. Der Sohn aus einer zuhalten. Mit internationalem Status natürlich. bekannten Juwelierdynastie aus Wien gewann An den Bau einer Rennstrecke dachte man da­ 1955 ein Sportwagenrennen am Nürburgring mals nicht, man begab sich auf die Suche nach vor dem Schweden Bonnier. Es war dies der erste einem Flugplatz, in der Nähe von Wien, der für internationale Sieg eines Österreichers bei einem das erste Rundstreckenrennen geeignet war. Der Auto rennen seit dem Krieg. Platz von Deutsch­Wagram war in einem deso­ Am 26. Jänner 1957 begann ein neues Zeitalter laten Zustand, Kottingbrunn war eine Nummer des österreichischen Motorsports, das letztlich zu klein und Geld für etwaige Umbauarbeiten in den Bau von zwei permanenten Rennstrecken hatte man einfach nicht. So fiel die Wahl auf endete. Da trafen sich im „Restaurant Schwe­ Aspern, dort war damals noch Flugbetrieb, dies chater Hof“, im 3. Wiener Gemeindebezirk, sollte aber für „Herrn Direktor“ Löwinger kein die Granden der Motorsportszene und hielten großes behördliches Problem darstellen. die erste Pressekonferenz des neu gegründeten 55.000 begeisterte Zuschauer sahen am 28. ÖASC – Österreichischer Automobilsportclub – April 1957 das erste Flugplatzrennen in Öster­ „Strommasten, ab. Willy Löwinger, ein äußerst facettenreicher reich und die europäische Motorsportelite war Litfasssäulen, Bus­ und eloquenter Geschäftsmann, wurde zum Prä­ am Start. Sepp Greger, Carel de Beaufort, Ernst haltestellen waren sidenten gewählt. Löwinger war Verkaufsleiter Vogel, Richard von Frankenberg, Harry Zweifel auf jeder Strecke einer Kärntner Textilfabrik und Herausgeber und Willy Peter Daetwyler u.v.m. Den legendä­ einer eigenen Sportzeitung, ein Tausendsassa ren Karl Kling konnte man als Ehren­Starter ge­ in unmittelbarer eben. Der Rennfahrer Ernst Vogel, ein Pumpen­ winnen. Dem staunenden Publikum hatte man Nähe und somit fabrikant aus Stockerau, wurde Vize. Der Auto­ modernste Rennwagen geboten wie Mercedes, ein ständiger, mobil­Fachjournalist und Sohn einer berühmten Aston Martin, Lotus Climax, Porsche RSK und Glockengießer­Familie Martin Pfundner über­ Ferrari Testarossa, die allesamt um den Ring gefährlicher Be­ nahm die Rolle des Schriftführers. Als sehr wert­ geprügelt wurden. Sechs Rennen in den ver­ gleiter der Helden voll für die Zukunft erwiesen sich Pfundners schiedensten Klassen wurden durchgeführt. Das von damals.“ 2/2019 AUSTRO CLASSIC 69 2019_02_Sandler_Mondlandung_FIN.indd 69 16.03.19 21:14 50 JAHRE ÖSTERREICHRING & SALZBURGRING Loses Stroh – gefährlich wie Schmierseife. Unten: Sieger Gruppe 7 – Peter Schetty im Fiat Abarth. Kranebitten 1968: Auf drei Rädern treibt Reinhard Stenzl seinen 911er aus der Hauptrennen entschied nach einem sagenhaften retour. Mit Fallschirm! Amerika zog nach und am Haarnadel. Duell mit v. Frankenberg auf Porsche Spyder der 5. Mai 1961 war der erste Amerikaner, Alan She­ Schweizer Daetwyler im 290 PS starken Ferrari pard, im All. Allerdings war dies „nur“ eine bal­ für sich. listische Flugbahn und keine Umrundung der Erde. Der Anfang war also gemacht, die Semperit Ral­ Letztendlich wird es dem charismatischen Präsidenten lye folgte als nächstes. Da trug sich als Gesamt­ der USA, John F. Kennedy zu bunt, er verkündet bei sieger der Kolbenfabrikant Max J. Kraus auf einer Plenarsitzung des amerikanischen Kongresses am Denzel 1300 ein. Ein paar Wochen später stand

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