SONDERDRUCK AUS:

MAINZER ZEITSCHRIFT MITTELRHEINISCHES JAHRBUCH FÜR ARCHÄOLOGIE, KUNST UND GESCHICHTE

HERAUSGEGEBEN VOM ALTERTUMSVEREIN IN VERBINDUNG MIT DER DIREKTION LANDESMUSEUM DER DIREKTION LANDESARCHÄOLOGIE DEM STADTARCHIV UND DER STADTBIBLIOTHEK

JAHRGANG 105,2010

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VERLAG PHILIPP VON ZABERN " GEGRÜNDET 1785 " MAINZ

DIE MAINZER RESIDENZ IM AUSGEHENDEN MITTELALTER. EIN UNBEKANNTER AUGENZEUGENBERICHT ÜBER DEN BRAND DER MARTINSBURG 1481

von Enno Biinz

Der Erzbischof von Mainz spielte als Primas Germa- Holger Kruse und Werner Paravicini. Sigmaringen Überlegungen niae, Kurfürst und Reichserzkanzler eine reichs- und 1999, S. 285-300; Walter G. RODEL, zur kirchengeschichtlich bedeutende Residenzfunktion der Stadt Mainz. In: Mainzer Zeit- gleichermaßen 96/97 (2001/2002), S. 115-123; Walter G. RODEL, Rolle, die über schrift weit seinen geistlichen und weltlichen Mainz, Erzbischöfe In: Höfe Residenzen im Herrschaftsbereich hinausgriff. Die Aus- von. und gewaltige spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topogra- dehnung des Erzbistums, das linksrheinischen vom phisches Handbuch (Residenzenforschung 15), hg. von Rheinhessen und dem unteren Neckargebiet bis Werner Paravicini. Bd. [1], Teilband 1: Dynastien und nach Südniedersachsen und Ostthüringen reichte Höfe. Stuttgart 2003, S. 418-421; Walter G. RODEL, und die Zersplitterung des erzbischöflichen Territori- Mainz. In: Höfe und Residenzen im spätmittelalterli- dynastisch-topographisches Hand- ums mit seinen inselartigen Schwerpunkten am Un- chen Reich. Ein buch (Residenzenforschung 15), hg. Werner Para- termain und am Mittelrhein, in Nordhessen, im von Bd. [1], Teilband 2: Residenzen. Stuttgart 2003, Eichsfeld im Thüringer Becken haben dazu bei- vicini. und S. 357f.; Enno BÜNZ, Aschaffenburg. In: Höfe Re- dass im Mittelalter und getragen, späten neben und zeit- sidenzen (wie oben), Teil 2, S. 19-22; Enno BÜNz, Elt- Mainz weilig sogar vor auch andere Orte als Resi- ville. In: Höfe und Residenzen (wie oben), Teil 2, denzen der Erzbischöfe von Bedeutung waren1. Vor S. 177-179; Enno BÜNZ, Steinheim. In: Höfe und Resi- Ein allem Aschaffenburg, das von der Neben- zur zeit- denzen (wie oben), Teil 2, S. 550f. - Enno BUNZ, weiligen Hauptresidenz aufstieg, ist hier zu nennen, Erzbischof und viele Residenzen. Zur Residenzbil- dung im Erzstift Mainz. In: Spät- aber auch Eltville, Steinheim und Höchst haben als spätmittelalterlichen Residenzbildung in Territo- Mittelpunkte erzbischöflicher Herrschaftspraxis und mittelalterliche geistlichen rien Mittel- und Nordostdeutschlands, hg. von Klaus Hofhaltung im späten Mittelalter zeitweilig eine Neitmann und Heinz-Dieter Heimann (Studien zur Rolle Die fruchtbare Arbeit der Residen- gespielt. brandenburgischen und vergleichenden Landesge- zenkommission bei der Göttinger Akademie der schichte 2. Veröffentlichungen des Museums für Bran- Wissenschaften hat in den letzten Jahren auch zur denburgische Kirchen- und Kulturgeschichte des Mit- Beschäftigung mit Mainz und anderen Residenzen telalters 3). Berlin 2009, S. 91-112; Enno BÜNz, Resi- der Erzbischöfe Anlass gegeben2. denzen der Mainzer Erzbischöfe im späten Mittelalter. Mainz Aschaffenburg Steinheim Eltville (51. Elt- Wünschenswert - - - wäre eine größere monographische viller Druck). Eltville 2009. beispielsweise in Abhandlung, wie sie neuerer Zeit - 3 Konrad AMANN, Die landesherrliche Residenzstadt wenn auch mit unterschiedlichen thematischen und Passau im spätmittelalterlichen Deutschen Reich (Re- chronologischen Schwerpunkten - für Hof und Resi- sidenzenforschung 3). Sigmaringen 1992; Dieter KER- denz der Erzbischöfe von und von Magdeburg BER, Herrschaftsmittelpunkte im Erzstift Trier. Hof im (Residenzenfor- sowie der Bischöfe von Basel, Konstanz und Passau und Residenz späten Mittelalter 4). Sigmaringen 1995; Michael SCHOLZ,Resi- vorgelegt wurden3. schung denz, Hof und Verwaltung der Erzbischöfe von Mag- Funktion Mainz Residenz Die von als der Erzbi- deburg in Halle in der ersten Hälfte des 16. Jahrhun- schöfe läßt sich im Mittelalter in drei große Phasen derts (Residenzenforschung 7). Sigmaringen 1998; unterteilen. Zunächst stellte Mainz fast bis zur Volker HIRSCH,Der Hof des Basler Bischofs Johannes von Venningen (1458-1478). Verwaltung und Kommu- nikation, Wirtschaftsführung und Konsum (Residen- Grundlegend ist 1 das Handbuch der Mainzer Kirchen- zenforschung 16). Ostfildern 2004; Andreas BIHRER, geschichte (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte Der Konstanzer Bischofshof im 14. Jahrhundert. Herr- 6), hg. Friedhelm von JORGENSMMEIER,1-3. Würzburg schaftliche, soziale und kommunikative Aspekte (Re- 1997-2002. Siehe dazu die Karte von Erwin GATz I sidenzenforschung 18). Ostfildern 2005. Friedhelm JÜRGENSMEIER, Erzbistum und Kurfürsten- 4 Zur hoch- und spätmittelalterlichen Stadtgeschichte Mainz tum um 1500. In: Atlas zur Kirche in Ge- siehe Ludwig FALCK, Die Freie Stadt in ihrer Blütezeit Gegenwart. Heiliges Römisches Reich schichte und - 1244-1328. In: Mainz. Die Geschichte der Stadt, hg. Deutschsprachige Länder, hg. Gatz von Erwin in Zu- von Franz Dumont, Ferdinand Scherf und Friedrich sammenarbeit mit Rainald Becker, Clemens Brod- Schütz. Mainz 1998, S. 143-170; Michael MATHEUS, korb und Helmut Flachenecker. Regensburg 2009, Vom Bistumsstreit zur Mainzer Stiftsfehde: Zur Ge- S. 100£ schichte der Stadt Mainz 1328-1459. In: Mainz. Die 2 Walter G. RÖDEL, Mainz als kurfürstliche Residenz- Geschichte der Stadt, hg. von Franz Dumont, Ferdi- stadt im 16. und 17. Jahrhundert. In: Kurmainz, das nand Scherf und Friedrich Schütz. Mainz 1998, S. 171- Reichserzkanzleramt und das Reich am Ende des Mit- 204; Wolfgang DOBRAS,Die kurfürstliche Stadt bis zum telalters und im 16. und 17. Jahrhundert (Geschichtli- Ende des Dreißigjährigen Krieges (1462-1648). In: che Landeskunde 47), hg. von Peter Claus Hartmann. Mainz. Die Geschichte der Stadt, hg. von Franz Du- Stuttgart 1998, S. 223-237; Walter G. RÖDEL, Kur- mont, Ferdinand Scherf und Friedrich Schütz. Mainz mainz: Residenzen und Hofordnungen. In: Höfe und 1998, S. 227-263; Wolfgang DOBRAS, Gutenberg und Hofordnungen (Residenzenforschung 10), hg. von seine Stadt. Mainzer Geschichte im 15. Jahrhundert. 4 Bünz: Mainzer Residenz

Mitte des 13. Jahrhunderts als Ort der Kathedralkir- Adolfs II. von Nassau am 28. Oktober 1462 die Bi- che und Sitz des damit verbundenen Domkapitels schofsstadt ein und plünderten sie aus. Der neue auch den unstrittigen Mittelpunkt der erzbischöfli- Erzbischof ließ zahlreiche Bürger und Patrizier ent- chen Herrschaft dar, was seinen anschaulichen Aus- eignen und ausweisen, was weitreichende Folgen für druck in der topographischen Lage der Bischofspfalz die Sozialstruktur und die wirtschaftliche Rolle der und der dazu gehörenden St. Gotthardskapelle süd- Stadt hatte10. Das Jahr 1462 bildet in der Mainzer lich der Domkirche fand5. Der wachsende Gegensatz Stadtgeschichte zunächst einen tiefen Einschnitt. Ei- zwischen dem bischöflichen Stadtherrn und der nach nen Wendepunkt markiert dieses Jahr aber auch für Autonomie die Residenzfunktion der Stadt strebenden Bürgerschaft - ein Problem, Mainz, die nun wie- das allenthalben in den hochmittelalterlichen Bi- der an Bedeutung gewann. Die Finanznot des Erz- der Stiftsfehde hat Erzbischof schofsstädten zu beobachten ist - leitete die zweite stifts nach es Adolf II. Phase ein. Allerdings markieren weder der 1244 ge- von Nassau aber nicht erlaubt, eine neue Residenz schlossene Vertrag zwischen Stadt und Erzbischof, zu errichten. Wenn er in Mainz war, hat er vielmehr welcher sich fortan nur noch wenige Tage im Jahr und mit beschränktem Gefolge in Mainz aufhalten In: Gutenberg. aventur und kunst. Vom Geheimunter- sollte, die Zerstörung der Bischofspfalz noch zwi- nehmen zur ersten Medienrevolution. Katalog zur 1273/1276, durch die die Gebäude schen aber wohl Ausstellung der Stadt Mainz anlässlich des 600. Ge- deutliche Zäsuren burtstages nicht unbewohnbar wurden, für von 14. April - 3. Ok- die erzbischöfliche Residenzpraxis. Vielmehr ist tober 2000, Mainz 2000, S. 18-28; 2000 Jahre Mainz. Geschichte der Stadt digital (CD), hg. Institut Mainz in einem schleichenden Vorgang, der sich bis vom für Geschichtliche Landeskunde der Universität Mainz zum 14. Jahrhundert hinzog, als Aufenthaltsort von an e.V., Redaktion Elmar Rettinger. Mainz 2000. Aschaffenburg, Eltville und anderen Residenzen ab- 5 Vgl. den detaillierten Stadtplan »Mainz um 1620« auf Diese Entwicklung korrespondiert gelöst worden6. der Grundlage des sog. Schwedenplans von 1625/26 mit dem spätmittelalterlichen Aufstieg von Mainz zu und des Maskoppschen Planes von 1575, eingezeich- einer Freien Stadt7. Dass dieser relativ autonome net in den amtlichen Kataster-Stadtplan 1:2000 von Status im Zuge der Mainzer Stiftsfehde 1461/63 be- 1871, bearb. von Ludwig FALCK, als Beilage zu: Anton Ph. BRÜCK, Mainz Verlust der Stadtfreiheit seitigt und Mainz kurfürstlichen Stadt vom bis wieder zur Ende des Dreißigjährigen Krieges (1462-1648) leitete die dritte Phase in der Geschichte der zum wurde, (Geschichte der Stadt Mainz 5). Düsseldorf 1972. Eine Bischofsresidenz Zwar haben mittelalterlichen ein. verbesserte Fassung des Stadtplans bildet die Grund- Eltville, Höchst, Steinheim, vor allem aber Aschaf- lage des Projekts »Digitales Häuserbuch von Mainz« fenburg weiterhin als Residenzen gedient, aber auch http: //ww%v.mainz. de/digitales-haeuserbuch/index. htm Mainz spielte nunmehr wieder eine Rolle. Mit dem (Zugriff 29.12.2009). 6 Dazu BÜNz, Ein Erzbischof (wie Anm. 2), S. Bau der Martinsburg erhielt Mainz seit 1478 näher 95f. einen Zur Reiseherrschaft der Mittelpunkt für Hof Residenz des Erzbi- Erzbischöfe in dieser Zeit neuen und S. 106-108 Hinweisen. Dieser Vorgang ist Gegenstand des ebd. mit weiteren schofs. vorliegen- 7 Zu Status und Begriff MATHEUS, Vom Bistumsstreit den Beitrags, in dessen Mittelpunkt ein Quellenfund (wie Anm. 4), S. 181. steht, der geeignet ist, neues Licht auf die Mainzer 8 Zur Stiftsfehde eingehend Paul-Joachim HEINIG, Die Residenz im ausgehenden Mittelalter zu werfen. Mainzer Kirche im Spätmittelalter. In: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, hg. Friedhelm Jür- Die zweimalige Amtszeit des Mainzer Erzbischofs von Bd. 1, Teilt, S. 416-554, hier S. 531-540, Zi- Diether Isenburg-Büdingen (1460-1461/63 gensmeier. von und tat S. 540. Weiterführend Kai-Michael 1475-1482) nun auch wird überschattet von der Mainzer Stifts- SPRENGER,Die Mainzer Stiftsfehde 1459-1463. In: fehde der Jahre 1461 bis 1463 (Abb. 1). Aus reichs- und Mainz. Die Geschichte der Stadt, hg. von Franz Du- kirchenpolitischen Gründen wurde der Isenburger mont, Ferdinand Scherf und Friedrich Schütz. Mainz 1998, S. 205-225; überarbeitet 1461 von Papst Pius II. für abgesetzt erklärt und an sei- und erweitert wiederab- in: Lebenswelten Johannes Gutenbergs ner Stelle Adolf von Nassau providiert. Dieser konnte gedruckt (Mainzer Vorträge 10), hg. von Michael Matheus. sich im Zuge der sogenannten Stiftsfehde zwar als Stuttgart 2005, S. 107-141, dort auch Erzbischof Mainz durchsetzen, freilich mit weiterführen- von um den den Quellen- und Literaturnachweisen. Preis, dass wichtige territoriale Positionen an der Berg- 9 Enea Silvio Piccolomini, Deutschland. Der Brieftrak- straße, am Mittelrhein und in Hessen verloren gingen tat an Martin Mayer (Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit. 3. Gesamtausgabe und die Stiftsfinanzen zerrüttet wurden, »so daß der 104), übers. u. erl. von Adolf Schmidt. Köln 1962, S. 93. Die Abstieg in die machtpolitische Zweitrangigkeit zu- u. a. knappe Schilderung endet mit den Worten, Mainz gunsten der Nachbarterritorien vollendet wurde«8. habe »nichts, was man tadeln könnte außer der Enge Die Stadt Mainz, deren »herrliche Kirchen und pri- der Gassen«. vaten und öffentlichen Gebäude« der Humanist Ae- 10 Siehe DOBRAS, Die kurfürstliche Stadt (wie Anm. 4), S. 227-237; neas Silvius Piccolomini, der spätere Papst Pius II., ausführlicher nun Wolfgang DOBRAS, Mainz Jahre in Deutschlandbe- um 1500 - Der Wandel von der Freien zur Resi- noch wenige vorher seiner denz- Universitätsstadt. In: Tradieren hatte9, der Stifts- und -Vermitteln schreibung gerühmt wurde von Anwenden. Zum Umgang mit Wissensbeständen in besonders In - fehde schwer getroffen. einem mehr- spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten, stündigen Straßenkampf nahmen die Truppen hg. von Jörg Rogge. Berlin 2009, S. 21-44. Bünz: Mainzer Residenz 5

6. Mai 1482 verstorbenen Erzbischofs fasst seine Ver- dienste knapp mit folgenden Worten zusammen: »Zweimal zum Erzbischof erwählt, hat Graf Diether von Isenburg die Burg zu Mainz und die Schule er- baut« (Moguntinanz arcenz struxerat atque scolanz)14 Auf die Gründung der Universität Mainz 1476/77, um die sich schon Adolf von Nassau in den Jahren 1466 bis 1469 letztlich vergebens bemüht hatte, ist hier nicht weiter einzugehen15. Der Bau der St. Martinsburg, den Diether von Isen- burg 1478 beginnen ließ, hängt allerdings nicht nur mit der neuen Residenzfunktion von Mainz zusam- men. Ohnehin ist zu bedenken, dass zwischen der Er- oberung der Stadt und dem Baubeginn der Martins- burg 16 Jahre verstrichen waren. Was waren die Gründe für den Baubeginn? Eine der Forderungen des Domkapitels für die neuerliche Wahl des Isenbur- gers zum Erzbischof dürfte die Stadtherrschaft über Mainz gewesen sein. Tatsächlich hat Diether in seiner Wahlkapitulation vom 13. November 1475 dem Dom- kapitel die Stadt überlassen und dies auch in einer gesonderten Urkunde verbrieft16. In diesem Zusam- menhang hat er dem Domkapitel auch zugestanden,

11 Beispielsweise hat Erzbischof Diether am 2. Mai 1478 den Hof zum Tiergarten dem Mainzer Domscholaster dür- verliehen, sich aber vorbehalten, darin wohnen zu fen, wenn er sich in Mainz aufhält: Staatsarchiv Würz- burg, Mainzer Ingrossaturbücher 37, fol. 69r-v (freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Wolfgang Do- bras mit Schreiben vom 5.1.2010). Zum Tiergarten als Bischofsresidenz siehe im übrigen den in der folgen- den Anmerkung zitierten Aufsatz von Ludwig Falck. 12 Ludwig FALCK, Die erzbischöflichen Residenzen Elt- ville und Mainz. In: Archiv für mittelrheinische Kir- chengeschichte 45 (1993), S. 61-81, hier S. 75, aller- dings ohne detaillierte Nachweise. Auch DOBRAS, Mainz um 1500 (wie Anm. 10), S. 26 betont das ge- ringe Interesse des Erzbischofs an der Stadt und seine häufige Abwesenheit von Mainz. Nach 1462 hat der Anteil des Adels als Grund- und Hausbesitzer in der Abb. 1: Grabmal des Erzbischofs Diet/ter von Isenburg Mainz deutlich zugenommen, was wohl auch mit Hofes im ºIlainzer Dom (Sta Mainz, BPSF 134 D). Präsenz des erzbischöflichen zusammenhängt (ebd. ). Eltvilles in die- S. 34 f. - Zur Residenzfunktion ser Zeit auch Alois GERLICH, Eltville als Mainzer Re- Werden Bauten Ausstattung. In: Mainzer das Haus zum Tiergarten, den Rest der einstigen sidenz. - - Zeitschrift 83 (1988), S. 55-66, hier S. 65f. hochmittelalterlichen Bischofspfalz des südlich 13 HEINIG, Mainzer Kirche (wie Anm. 8), S. 546. im Höfchen Allerdings Doms sog. aufgesucht". 14 Die Inschriften der Stadt Mainz von frühmittelalterli- Nassau dies scheint Adolf von - soweit sich ohne cher Zeit bis 1650 (Die Deutschen Inschriften 2. Hei- des lässt delberger Reihe 2), bearb. Fritz Vik- eingehende Untersuchung Itinerars sagen - gesammelt u. von Grund der Vorarbeiten Konrad F. Eltville bevorzugt zu haben, wo er am 6. September tor ARENS auf von BAUER. Stuttgart 1958, S. 110 Nr. 195. 1475 auch gestorben ist12. 15 Siehe dazu Heinz DUCHHARDT, Universität Mainz Nach Tod hat das Mainzer Domkapitel seinem aber- (1476/77). In: Attempto - oder wie stiftet man eine mals Diether von Isenburg zum Erzbischof gewählt. Universität. Die Universitätsgründungen der soge- Gründungswelle im Vergleich (Con- Dem Isenburger war der Verzicht auf den Erzstuhl nannten zweiten 50), hg. Sönke Lorenz. Stuttgart 1999, 1463 worden, indem ihm die Ämter tubernium von erleichtert S. 147-157; DOBRAS, Mainz 1500 (wie Anm. 10), Höchst, Steinheim Dieburg Einnahmen um und sowie S. 35-38. aus dem Rheinzoll in Oberlahnstein zugestanden 16 Manfred STIMMING,Die Wahlkapitulationen der Erz- wurden, und seine neuerliche Wahl zum Erzbischof bischöfe und Kurfürsten von Mainz (1233-1788). Göt- den Hintergründen DOBRAS, stellte sicher, dass dieser Besitz wieder an das Erz- tingen 1909, S. 46f. - Zu (wie S. 25. stift zurückfallen würde13. Die Grabschrift des am Mainz um 1500 Anm. 10), 6 Bünz: Mainzer Residenz das Castell Grinsthurm zu befestigen oder ein andres Bd. 1: Die Protokolle aus der Zeit 1450-1484, bearb. Fritz HERRMANN Hans KNIES. bauen17.Eben dieser Stelle sollte dann später von und Darmstadt zu an (danach die St. Martinsburg Zunächst dürften 1976, S. 339 Nr. 839 lag der Grinsturm zwi- entstehen. es Gaupforte Zollturm), S. 345 Nr. 846, S. 389 Überlegungen die den schen und also militärische gewesen sein, Nr. 973, S. 401 Nr. 1019, S. 410 Nr. 1042. Weitere Anga- der befördert haben18.Interessant Bau »Zwingburg« ben bei Fritz HERRMANN, Quellen zur Topographie ist dabei übrigens bezüglich Namensgebung und To- und Statistik der Stadt Mainz. Häuser und Steuerlisten pographie die Parallele zur Mainzer Zollburg in aus der Zeit von 1497 bis 1541 (Beiträge zur Ge- Oberlahnstein, das zwar zum Erzstift gehörte, aber schichte der Stadt Mainz 3). Mainz 1914. 18 DOBRAS,Mainz 1500 (wie Anm. 10), S. außerhalb des Erzbistums lag; auch die dortige Burg um 25 spricht dem Bistumspatron lag in von einer »Zwingburg«. war geweiht und einer 19 Zum Besitz des Erzstifts in Oberlahnstein dor- Ecke der Stadtbefestigung19. In Mainz für die und zur waren tigen Martinsburg, die ebenfalls als Niederungsburg in Wahl des Bauplatzes in der Ecke der südöstlichen die südwestliche Ecke der Stadtbefestigung eingebun- Stadt wohl vornehmlich militärische Aspekte aus- den war, siehe Günter CHRIST,Erzstift und Territorium schlaggebend, wobei die bereits vorhandene Befesti- Mainz. In: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte gung des Grinsturms von Vorteil gewesen sein mag, (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6), hg. von Friedhelm JORGENSMMEIER.Bd. 2: Erzstift um zügig eine verteidigungsfähige Anlage auszu- und Erzbis- tum Mainz. Würzburg 1997, S. 15-444, hier S. 288-292, bauen. Die Martinsburg wurde als Niederungsburg zur Martinsburg S. 290. Die Bauten stammen überwie- angelegt und war in die Stadtmauer einbezogen. gend aus dem 14. und frühen 15. Jahrhundert, siehe Dem Domkapitel sollte schon bald die Herrschaft Georg DEHIO, Handbuch der deutschen Kunstdenk- über die Stadt entgleiten. Am 22. Juli 1476 brach ein mäler. Rheinland-Pfalz, Saarland, bearb. von Hans Caspary, Wolfgang Götz Ekkart Klinge, Bürgeraufstand aus, der aber nach einigen Tagen u. überarb. u. Hans Caspary, Peter Karn Martin Klewitz. durch das militärische Eingreifen Erzbischof Die- erw. von u. 2., bearb. u. Aufl. München 1984, S. 528f. Wenzel thers der die Stadt en%. niedergeschlagen wurde20, nun Hollar hat 1636 mehrere Ansichten der Burg der Hand Papst Sixtus IV. hat gezeich- nicht wieder aus gab. net: Vladimir DENKSTEIN,Wenceslaus Hollar. Zeich- am 26. Januar 1478 die bischöfliche Stadtherrschaft nungen. Hanau 1979, S. 93 u. Abb. 21-23. anerkannt und damit die entgegenstehende Bestim- 20 DoBRAS, Die kurfürstliche Stadt (wie Anm. 4), S. 230 mung der erzbischöflichen Wahlkapitulation außer 21 et quod prefatus Dietiterus 1...J constrttcte per ipstan [.. J in Kraft gesetzt. In diesem Zusammenhang wird erst- arcis ntunitissinte opere admodum sumptuoso inferiori pane civitatis: Valentin Ferdinand VON GUDE- mals auch des mittlerweile begonnenen erzbischöfli- NUS, Codex diplomaticus anecdotorum res Mogvnti- chen Burgbaus gedacht21. nas [...] illustrantium, 1-5. Göttingen u.a. 1743-1768, Die Mainzer Chronik für die Jahre 1459-1484, die im hier 5 (1758), S. 437-444 Nr. 207, hier S. 441. 16. Jahrhundert auf älterer Grundlage kompiliert wor- 22 Carl HEGEL, Die Chroniken der mittelrheinischen Städte. Mainz (Die Chroniken der deutschen Städte den ist, kommentiert den Baubeginn mit den knappen Worten: Anno 1478 fing Erzbischoff [Diether] vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 17-18), 1-2. Leipzig an zu 1881-1882, hier 1, S. 83. Zum Charakter der Überlie- bauen daß Meincz ihm den - schloß zu undt gab nah- ferung vgl. die Ausführungen des Herausgebers Carl S. Martinsburgk22. Zwar bereits men wurde eine vor- Hegel ebd. S. 3 und S. 12f. handene Befestigung, der Grinsturm, ausgebaut, aber 23 Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Ingrossaturbücher 37, die neue Befestigung ging darüber hinaus. Mainzer fol. 307. Bürger, deren Grundstücke betroffen waren, wurden 24 Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Ingrossaturbücher 39, fol. 327. entschädigt23. Die Martinsburg hat die bedeutende 25 Zitat HEINI, Mainzer Kirche (wie Anm. 8), S. 547. So Summe von 40.000 rheinischen Gulden verschlungen, auch Friedhelm JÜROENSMEIER,Das Bistum Mainz. wie Diether von Isenburg nach dem Schlossbrand Von der Römerzeit bis zum II. Vatikanischen Konzil hat24.Er dafür Anteil selbst angegeben soll seinen der (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 2). Frankfurt Gelder verwandt haben, »den die Fürsten bei der Un- am Main 1988, S. 166. terdrückung der vom >Pauker von Niklashausen< in- 26 Der Vertrag gedruckt von Alexander Stephan WÜRDT spirierten Wallfahrt konfisziert hatten«25. Das Dom- WEIN,Nova subsidia diplomatica [... ], 1-14. Heidelberg 1781-1792, hier 9 (1787), S. XLIlf. Nr. 17. Nähere kapitel half bei der Finanzierung und bekam dafür An- Überlieferung in: HERRMANN das Öffnungsrecht dem Tod des Erzbischofs gaben zur / KNIES, Pro- nach zu- tokolle (wie Anm. 17), S. 473 Nr. 1269. Zum Vertrag gestanden, worüber am 6. Februar 1480 Vertrag ein auch Heinrich SCHROHE,Die Stadt Mainz unter kur- dem Erzbischof Daraus mit abgeschlossen wurde26. fürstlicher Verwaltung (1462-1792) (Beiträge zur Ge- geht im Übrigen hervor, dass die Martinsburg wohl schichte der Stadt Mainz 5). Mainz 1920, S. 19ff. schon in diesem Jahr vollendet war27. 27 FALCK, Die erzbischöflichen Residenzen (wie Anm. 12), S. 75 behauptet, der Baumeister Johann Mor gen. Morhenne habe die Burg 1480 fertiggestellt. Mor- 17 Carl HEGEL, Verfassungsgeschichte von Mainz. In: Die henne läßt sich aber erst 1492 als Architekt der neuen Chroniken der mittelrheinischen Städte. Mainz. Bd. 2 Martinsburg nachweisen, siehe Staatsarchiv Würzburg, (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins Mainzer Ingrossaturbücher 42, fol. 60 (1492), zitiert von 16. Jahrhundert 18), Teil 2. Leipzig 1882, S. 1-243, Zitat SCHROHE,Stadt Mainz (wie Anm. 26), S. 87, der auch S. S. 186. Zahlreiche Belege über den Grinsturm bis 1474 88f. darauf hinweist, dass Morhenne 1515 von Erzbi- in: Die Protokolle des Mainzer Domkapitels seit 1450. schof Albrecht pensioniert wurde. Bünz: Mainzer Residenz 7

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Abb. 2: Die Martinsburg auf dem Vogelschauplan von Matthäus Merian, 1637 (Stn Mainz, BPSP 70 B).

Die mittelalterlichen Teile des Mainzer Schlosses Zwerghäuser nebeneinander trägt. Sollte das ein sind in den Jahren 1807 bis 1809 abgerissen schon früh untergegangener, landseitiger Flügel worden28. Leider gibt es keine spätmittelalterlichen sein? «30Diese Frage ist bis heute nicht beantwortet. Stadtansichten von Mainz. Die älteste Stadtvedute - Solange keine bauarchäologischen Untersuchungen vom Rhein aus dargestellt - stammt von 1559 und oder Bodenprospektionen stattgefunden haben, ist findet sich als Wandgemälde im Brömserhof zu Rü- man auf die Bildzeugnisse angewiesen, um das Aus- desheim. An der Westwand des sog. Ahnensaals hat sehen des Schlosses zu rekonstruieren. ein unbekannter Künstler die Errettung des Jonas dargestellt; Jonas liegt erschöpft unter einem Birn- 28 Ralph MELVILLE, Wenzel Hollar in Mainz. In: Wenzel baum. Im Hintergrund erkennt man die Stadt Mainz, Hollar Städte T. Birnen das kur- 1607-1677. Reisebilder vom Rhein. und ganz rechts - z. von verdeckt - Burgen Mittelrhein in Zeichnungen Radie- fürstliche Schloß29. Als hervorragender Kenner der am und rungen. Eine Ausstellung zum 400jährigen Bestehen Mainzer Bau- und Kunstgeschichte hat Fritz Arens des Landes Rheinland-Pfalz. Landesmuseum Mainz, das Fresko näher behandelt und schreibt über die 16. November 1986 bis 6. Januar 1987, hg. von Bert- Darstellung der Martinsburg: »Diese ist unten mit ei- hold Roland. Mainz 1986, S. 29-38, hier S. 31 mit wei- (wie nem hohen roten Sockel versehen, über dem dann terführenden Angaben; DEHIO, Rheinland-Pfalz der das Gebäude Kanten ist. Anm. 19), S. 612. Vgl. zum Folgenden anhand ar- weiß mit roten gehalten bau- kunstgeschichtlichen Be- Man kann Quaderecken chäologischen, und an rote über dem Sand- funde Ralph MELVILLE / Pia HEBERER, Die Mainzer steinsockel denken, dazwischen weiße Putzflächen. Martinsburg - Schritte zu ihrer historischen Rekon- Die zinnenbewehrten Ecktürme sind ebenfalls weiß, struktion, im vorliegenden Band (das Manuskript lag zwischen ihnen sieht man Zwerghäuser. Auch ein mir erst während der Umbruchkorrektur meines Bei- blaues Schieferdach sitzt auf dem Bau, was deswe- trages vor, so daß ich auf die Ergebnisse im Einzelnen kann). gen bemerkenswert ist, weil er doch 1552 nicht mehr eingehen abbrannte. HERCHENRÖDER. Offenbar bald Niederherstellung 29 Der Rheingaukreis, bearb. von Max ging man an eine Mit Beiträgen Wolfgang Einsingbach Mün- das Aufsetzen Notdächern [... ]. Interes- von u. a. oder an von chen 1965, S. 323 mit Abb. 691. ist Ansicht, daß hinter sant auf unserer der Martins- 30 Fritz ARENS,Die älteste Gesamtansicht von Mainz. In: burg ein mächtiges Gebäude aufragt, das mehrere Mainzer Almanach 1958, S. 61-71, Zitat S. 69f. 8 Bünz: Mainzer Residenz

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Abb. 3: Ansicht der Martinsburg von Franz Graf Kesselstatt, nm 1800 (Sta Mainz, BPSP 2762.4 A).

Wesentlich präziser als dieses Wandfresko sind einige nen guten Gesamtüberblick der Burganlage bietet frühneuzeitliche Bilddarstellungen, welche ebenfalls (Abb. 2). Den Kern der Martinsburg bildeten »zwei die Rheinfront der Martinsburg zeigen und erkennen stumpfwinklig verbundene, hoch aufragende Flügel, lassen, dass sich trotz mancher Überbauung bis zum die mit anschließenden niedrigeren Bauten den enge- Abbruch beträchtliche Reste des spätmittelalterli- ren inneren Burghof einfaßten [...]. Diese Zweiflügel- chen Bauwerks erhalten hatten: Auf der Stadtansicht anlage war an ihrem rheinaufwärts gerichteten >Knie< von Mainz aus dem Städtebuch von Georg Braun und an ihren freien Giebelseiten durch Türme ver- und Franz Hogenberg (1572) zeichnet sich die hohe stärkt, die allerdings die Firsthöhe der beiden Flügel Silhouette der Martinsburg am rechten Bildrand nur eben mit ihren Zinnen überragten«37. Von den deutlich ab31.Der böhmische Zeichner Wenzel Rol- lar hat Aufenthalte in Mainz in den während seiner 31 Abbildung in: Horst REBER, Albrecht Branden- Jahren 1627 bis 1631 von gleich mehrere Ansichten des burg. Kurfürst, Erzkanzler, Kardinal 1490-1545, hg. Schlosses aus unterschiedlichen Perspektiven gefer- von Berthold Roland. Mainz 1990, S. 99. tigt: Zwei aquarellierte Federzeichnungen, die vor 32 Wenzel Hollar 1607-1677. Reisebilder vom Rhein. 1631 entstanden sind, zeigen die Nordseite des Städte und Burgen am Mittelrhein in Zeichnungen Radierungen. Eine Ausstellung 400jährigen Schlosses vom Rhein aus32.Eine weitere Federzeich- und zum Bestehen des Landes Rheinland-Pfalz. Landesmu- 1627 zeigt die Stadtseite des Schlosses nung von aus seum Mainz, 16. November 1986 bis 6. Januar 1987, hg. Blickrichtung33. Das breite Panorama südwestlicher von Berthold ROLAND. Mainz 1986,5.112f. Nr. 66 und der Bischofsstadt von der Rheinseite zeigt eine Fe- 67 (Katalogartikel von Ralph MELVILLE). derzeichnung von 1632, auf der an der Nordseite 33 Wenzel Hollar (wie Anm. 32), S. 114 Nr. 68 (Katalog- auch die Martinsburg dargestellt ist34.Spätere Stadt- artikel von Ralph MELVILLE). 34 Wenzel (wie Hollars und eine Radierung der arx Mo- Hollar Anm. 32), S. 116 Nr. 71 (Katalog- ansichten Ralph MELVILLE). 1643 sind demgegenüber ohne eigen- artikel von guntiensis von 35 Wenzel Hollar (wie Anm. 32), S. 118 Nr. 73 S. 124 Aussagekraft für die Baugestalt der Bi- und ständige Nr. 75 (Katalogartikel von Ralph MELVILLE). schofsburg35. Dies gilt auch für die bekannte rhein- 36 Abgebildet in: Wenzel Hollar (wie Anm. 32), S. 117 Ä., und seitige Stadtansicht Matthäus Merians d. nicht S. 31 Abb. 3 (Ausschnitt aus dem Vogelschauplan). 37 (wie aber für dessen Vogelschauplan von Mainz36, der ei- MELVILLE, Wenzel Hollar Anm. 28), S. 31f. Bünz: Mainzer Residenz 9 jüngeren Schlossansichten sei nur noch das Aquarell Elbe aufgehalten45. Diese Annahme wird von einer angeführt, das Franz Graf von Kesselstatt um 1800 zeitgenössischen chronikalischen Notiz bestätigt, die von der Rheinseite angefertigt hat (Abb. 3)38. Der von der Mainzer Forschung bislang übersehen wor- dreistöckige Flügel erstreckt sich zwischen zwei zin- den ist. Der Erfurter Benediktiner Nikolaus von Sie- nenbekrönten Ecktürmen39. Zwei kleine Erker lo- gen schreibt in seinem »Chronicon ecclesiasticum« ckern die Fassade auf. Der stadtseitige Flügel mit zu 1481, das Schloss des Mainzer Erzbischofs sei ab- dem diesen begrenzenden Eckturm ist dem 1752 voll- gebrannt und Diether von Isenburg mit dem neu ge- endeten Neubau des kurfürstlichen Schlosses zum wählten Erzbischof Albert nur halbnackt dem Feuer Opfer gefallen und deshalb auf der Ansicht Kessel- entkommen (Soleinnis curia domini archiepiscopi in statts nicht mehr sichtbar'°. Was von diesen Bauteilen Moguncia accenditur et incineratoi; et dominus Dithe- auf den Schlossbau zurückgeht, den Diether von rus vix una cum novello electo episcopo Alberto se»ii- Isenburg seit 1478 errichten ließ, ist allerdings unge- iludus evasit)46. wiss, denn die Martinsburg ist bereits 1481 niederge- Laut Nikolaus von Siegen, der als Erfurter Chronist brannt. über die zeitgenössischen Vorgänge in Stadt und Di- Über diese Brandkatastrophe ist bislang nur wenig özese Mainz gut informiert war, hielt sich nicht Kur- bekannt. Anton Philipp Brück schreibt 1972 im fünf- fürst Ernst von Sachsen während der Brandkatastro- ten Band der Mainzer Stadtgeschichte im Abschnitt phe in der Martinsburg auf, sondern Albert von Sachsen, über die Martinsburg: »Eine Feuersbrunst zerstörte und das erscheint auch wesentlich sinnvol- sie im Januar 1481, und Diether konnte mit seinem ler. Der Wettiner Albert (in der Literatur auch Al- Gaste, dem Kurfürsten Ernst von Sachsen, nur das brecht oder Adalbert genannt) wurde als dritter nackte Leben retten«41. Brück folgt mit diesen knap- Sohn des Kurfürsten Ernst und seiner Gemahlin Eli- pen Angaben dem grundlegenden, 1920 erschiene- sabeth von Bayern 1467 in Meissen geboren47. Seine nen Buch von Heinrich Schrohe über die Geschichte älteren Brüder waren Friedrich der Weise, seit dem Tod der Stadt Mainz von 1462 bis 1792, in dem der Fer- des Vaters 1486 Kurfürst von Sachsen, und Ernst, der tigstellung der Martinsburg mit folgenden Worten 1476 Erzbischof von Magdeburg wurde, jüngerer Bruder Johann (der Bestän- gedacht wird: »Wenn nämlich am 2. März 1481 der und ein war Kurfürst Ernst von Sachsen bei Diether in der Mar- Gast tinsburg als weilte und beide um Mitternacht 38 Friedrich SCHÜTZ,Das Mainzer Rad an der Gera. Kur- des bezeichneten Tages von einer Feuersbrunst in mainz und 742-1802 (Ausstellungskatalog). diesem Schlosse überrascht wurden, so setzt das Mainz 1991, S. 92f. (farbige Abb. ) und Kommentar S.89f. 39 Die die Die doch voraus, daß die Martinsburg längst vollendet älteste Mainzer Ansicht, ARENS, älteste a2.Schrohe den Bericht Gesamtansicht (wie Anm. 30) publiziert hat, zeigt zwei war« wiederum stützt sich auf Türme, der dritte Turm der Mainzer Chronik für die Jahre 1459-1484, die zinnenbekrönte während - ganz rechts gelegen wohl von einer Frucht des Birn- Carl Hegel 1882 in der Reihe der - von »Chroniken baums verdeckt wird. deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert« 40 Vgl. auch das Holzmodell der Martinsburg mit dem ediert worden ist. Über den Schlossbrand heißt es in 1752 fertiggestellten kurfürstlichen Schloß und dem dieser nicht immer zuverlässigen Quelle: anno 1481, Renaissancebau der Kanzlei im Landesmuseum Mainz, in: Mainz. Die Geschichte der Stadt, den Freitag vor Estomihi [= 2. März], abgebildet als eben hg. Franz Dumont, Ferdinand Scherf Fried- Herczog Ernst Sachsen der Churfürst bey ihm von und von zu Schütz. Mainz 1998, S. 271. Meincz der rich war, ging zu mittnaht in S. Martinsburgk 41 BRÜCK,Mainz (wie Anm. 5), S. 9. ein so schnelles feiver auff, daß schir beyde cluufiirst 42 SCHROHE,Stadt Mainz (wie Anm. 26), S. 21. verbrandt wehren, wan nicht ein edelman des ge- 43 Chroniken Mainz 2 (wie Anm. 17), S. 83. schlechts von Reiffenberg sie beyde geweckt bette 44 Z. B. FALCK, Die erzbischöflichen Residenzen (wie Anm. undt sie nackend davon geflohen lvehren43. 12), S. 75; Friedhelm JÜRGENSMIEIER,Art. »Die- ther von Isenburg«. In: Die Bischöfe des Heiligen Rö- Hinsichtlich des Datums ist Brück, der genauen sich mischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches indirekt diese Chroniknotiz auf beruft, offenkundig Lexikon, hg. von Erwin Gatz unter Mitwirkung von ein Fehler unterlaufen. Der Brand hat tatsächlich, Clemens Brodkorb. Berlin 1996, S. 332. wie noch gezeigt wird, am 2. März 1481 stattgefun- 45 Brigitte STREICH,Zwischen Reiseherrschaft und Resi- denzbildung: im den, nicht schon im Januar dieses Jahres. Die Nach- Der wettinische Hof späten Mittelal- (Mitteldeutsche Forschungen Kurfürst Ernst Sachsen habe ter 101). Köln u. a. 1990, richt, von sich zu die- S. 585. Zeitpunkt in Mainz befunden, ist der sem von Lite- 46 Chronicon ecclesiasticum Nicolai de Siegen (Thüringi- ratur mehrfach wiederholt worden44. Schon das aller- sche Geschichtsquellen 2), hg. von Franz Xaver dings nur lückenhaft bekannte Itinerar des Kurfürs- WEGELE. Jena 1855, S. 469. ten spricht allerdings nicht dafür, dass er am 2. März 47 Otto POSSE,Die Wettiner. Genealogie des Gesamt- hauses Wettin Ernestinischer Albertinischer Linie in Mainz gewesen sein könnte. Folgt man den Itiner- und Einschluß der Häuser Großbri- arstudien von Brigitte Streich, ist Kurfürst Ernst mit regierenden von am tannien, Belgien, Portugal Bulgarien. Mit Berich- 7. Februar 10. März 1481 in Dresden und und am nach- tigungen und Ergänzungen der Stammtafeln bis 1993. weisbar. Wahrscheinlich hat er sich auch in der da- Leipzig 1994 (erweiterter Nachdruck der Ausgabe zwischen liegenden Zeit in der Residenzstadt an der Leipzig / Berlin 1897), S. 69 mit Tafel 7. 10 Bünz: Mainzer Residenz

Die erforderliche Zustimmung Papst Sixtus' IV. hat Kurfürst Ernst während eines dreiwöchigen Rom- aufenthalts im März/April 1480 erlangt52. Am 12. Ja- nuar 1481 hat Papst Sixtus IV. den jungen Wettiner zum Apostolischen Protonotar und Koadjutor Erzbi- schof Diethers ernannt. Im folgenden Jahr - aber da- mit wird den Ereignissen schon voraus gegriffen - wurde Albert von Sachsen dann auch in das Mainzer Domkapitel aufgenommen, und nach dem Tod Erz- bischof Diethers ist er diesem am 6. Mai 1482 als Administrator des Erzbistums Mainz gefolgt. Al- brecht von Sachsen war zu diesem Zeitpunkt erst 15 Jahre alt53. Die Bischofsweihe hätte Albrecht erst mit Erreichen des kanonischen Alters von 30 Jahren erlangen können, doch ist er bereits am 1. Mai 1484 in Aschaffenburg verstorben. Im Langhaus des Mainzer Doms ist der Wettiner beigesetzt worden (Abb. 4)54.

48 Zur Biographie Albrechts zuletzt Friedhelm JÜRGENS- MEIER,Art. »Adalbert, Herzog von Sachsen«. In: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, hg. von Erwin Gatz unter Mitwirkung von Clemens Brodkorb. Berlin 1996, S. 21, und HEINIG, Mainzer Kirche (wie Anm. 8), Abb. 4: Grabmal des Administrators Albrecht von Sachsen S. 548f. Die ältere Literatur nennt Ernst THURNHOFER, im Mainzer Dom (Sta Mainz, BPSF 135 D). Die Romreise des Kurfürsten Ernst von Sachsen im Jahre 1480. In: Neues Archiv für Sächsische Ge- schichte und Altertumskunde 42 (1921), S. 1-63, hier S. 3 Anm. 4. folgte. Albert dige), der 1525 Friedrich als Kurfürst 49 Hans PATZE,Politische Geschichte im hohen und spä- spielte in den Beziehungen des Kurfürstentums ten Mittelalter. In: Geschichte Thüringens (Mitteldeut- Sachsen zum Erzbistum Mainz schon frühzeitig eine sche Forschungen 48), hg. von Hans Patze und Walter Teil 1. Rolle48. Das alte Konkurrenzverhältnis beruhte vor Schlesinger. Bd. 2: Hohes und spätes Mittelalter, Köln 1974, S. 1-214 S. 383-421, hier S. 141f.; auf der Überschneidung weltlicher und geistli- u. a. und allem HEINIG, Mainzer Kirche (wie Anm. 8), S. 548. Herrschaftsansprüche in Mitteldeutschland, cher 50 1480 löste Albrecht die Pfänder der kurmainzischen denn Teile Thüringens Sprengel große gehörten zum Ämter Algesheim und Amöneburg ein und verschrieb des Mainzer Erzbischofs, territorial aber zu erhebli- sie weiter an Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht von chen Teilen zum Herrschaftsgebiet der Wettiner. Die Sachsen: Alfred SCHNEIDER,Stadt und Amt Amöne- Lage wurde dadurch zusätzlich kompliziert, dass sich burg. Beiträge zur Geschichte der kurmainzischen Be- die Landgrafschaft Thüringen seit der Altenburger sitzungen im Raume Oberhessen. Amöneburg 1971, S. 76 (wo irrig behauptet Albrecht Teilung 1445 in der Hand einer wettinischen Neben- allerdings wird, sei Mainzer Dompropst gewesen); CHRIST, Erzstift und linie befand und erst mit dem Tod Herzog Wilhelms Territorium (wie Anm. 19), S. 271 präzise über Alges- III. Thüringen 1482 Kurfürst Ernst von an und sei- heim, S. 317 unklar hingegen über Amöneburg; JüR- Herzog Wilhelm, nen Bruder zurückfallen sollte. un- GENSMEIER,Art. »Adalbert, Herzog von Sachsen« terstützt von dem Mainzer Domherrn Graf Heinrich (wie Anm. 48), S. 2, gibt an, Albrecht sei Amtmann ge- von Schwarzburg, hatte in der Mainzer Stiftsfehde zu worden. In einem Brief vom 12. März 1480 hat Herzog Ernst die den Parteigängern Adolfs von Nassau gehört49. Den Albrecht seinem Bruder über ehrenvolle drohenden Verlust Erfurt, der bedeutendsten Aufnahme der Söhne des Kurfürsten in Aschaffen- von burg berichtet, doch Al- Stadt im Erzbistum Mainz, des Eichsfeldes, das wird nicht erwähnt, wer mit und brecht in das Erzstift Mainz gereist ist; siehe die Ant- Herzog Wilhelm verpfändet worden war, versuchte wort des Kurfürsten vom 4. April aus Rom: THuRN- Erzbischof Diether von Isenburg deshalb durch Ein- HOFER,Romreise (wie Anm. 48), S. 47f. Nr. 10. bindung des Kurfürsten Ernst zu konterkarieren, 51 HEINIG, Mainzer Kirche (wie Anm. 8), S. 549. dem er im Oktober 1479 die Schutzherrschaft über 52 Siehe THURNHOFER,Romreise (wie Anm. 48), S. 31-33. Geburtsjahr 1467 bei Anm. 47. HEINIG, das Eichsfeld übertrug. Sein Sohn Albrecht von 53 Zum siehe oben Mainzer Kirche (wie Anm. 8), S. 549 und andere gehen Sachsen wurde mit 13 Jahren zum Mainzer Provisor dem unzutreffenden Geburtsjahr 1465 aus. in Erfurt (31. Mai 1479) Oberamtmann im noch von und 54 Das Grabdenkmal, ein Werk des sog. Adalbert-Meis- (27. Oktober) Gleichzeitig Eichsfeld ernannt50. ters, befindet sich im Mittelschiff des Mainzer Doms: wurde Albrecht die Nachfolge auf der Mainzer Ka- ARENS, Inschriften der Stadt Mainz (wie Anm. 14), thedra zugesichert und nach Zustimmung des Dom- S, 116f. Nr. 209; Wolfgang SCHMID,Zwischen Amtsme- Die Grabdenkmäler der kapitels im folgenden Jahr auch offiziell verkündet51 moria und Landesherrschaft. Bünz: Mainzer Residenz 11

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Abb. 5: Brief von 1481, siehe Editionsanhang (Foto: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar). 12 Bünz: Mainzer Residenz

Uhr Schon vor diesem etwas ausführlicher geschilderten ter Stimmung bis gegen neun zusammengewie- frölich bis dy Z. 14f. ). territorial- und kirchengeschichtlichen Hintergrund sen (gmmtz auf neunte stund Zu dieser Uhrzeit habe Herzog Albrecht in ist es mehr als wahrscheinlich, dass der junge Al- sich sein Gemach begeben, das die Stube des Erzbischofs brecht und nicht sein Vater Ernst von Sachsen am 2. an (gieng herre herzog Al- März 1481 in Mainz anwesend war, als das Schloss grenzte mein gn(ediger) brecht der dann her- nieder brannte. Sachlich ist es zwar nicht korrekt, auf seinen gemach, auf meines Mentz legt (Z. wenn Nikolaus von Siegen Albrecht in diesem Zu- ren von stuben was, und sich slaffen 15-18); dass der Erzbischof Bett sammenhang als novellus electus episcopus bezeich- sich gleichzeitig zu begab, ist Auch die Diener net55, denn er war tatsächlich nur Koadjutor des wohl vorauszusetzen). des Erzbischofs (d), diner) noch amtierenden Erzbischofs, aber dem Chronisten andern seiner gn(aden) Bett gegangen. Nur der Bakkalar sei noch wird bekannt gewesen sein, dass Albrecht zu diesem seien zu geblieben, um den Raum auszufegen und auf- Zeitpunkt bereits als Nachfolger Diethers designiert wach was verstreut herum lag (außgenumnnen war. Aufgrund der Tatsache, dass Albrecht ein Sohn zuräumen, der baccalarius, der karte vnnd räumbt auf, ivas zer- des Kurfürsten Ernst von Sachsen war, mag es auch Lage Z. 19f. ), und der sei dann nach zehn Uhr überraschend erscheinen, dass der unbe- street weniger Bett hö- kannte Verfasser der Mainzer Chronik anstelle Al- zu gegangen, ohne etwas zu sehen oder zu ren. brechts seinen Vater Ernst nennt, der sich tatsächlich hat, Feuer Die am 2. März 1481 gar nicht in Mainz aufgehalten Wenig später muss ein ausgebrochen sein. Quelle Ereignisse in der Nacht wie aus der im Folgenden zu besprechenden hochdramatischen vom hervorgeht. 2. zum 3. März 1481 werden von dem Briefschreiber lebendig dargestellt: es habe sich In den fast unerschöpflichen Beständen des Thürin- außerordentlich zwischen elf und zwölf Uhr (zbischen ailfen und gischen Hauptstaatsarchivs Weimar stieß ich vor ei- tzbelfen Z. 22) über die vier Räume seines gnädigen Jahren auf einen unbekannten Bericht, der nigen Herrn (Albrecht Sachsen), des Herren die damaligen Vorgänge in Mainz in einem neuen von von Mainz (Erzbischof Diether von Isenburg), des Jun- und helleren Licht erscheinen lässt. Es handelt sich um einen Brief des zuchtmeisters, also des Fürsten- erziehers Magister Ulrich an Kurfürst Ernst von Sachsen, wie aus der Adresse hervorgeht, geschrie- Mainzer Erzbischöfe in der zweiten Hälfte des ben zu Mentz an Sunabent nach Mathie anno etc. 15. Jahrhunderts. In: Gutenberg. aventur und kunst. LXXXI°, das ist der 3. März 148156.Der Fürstener- Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolu- Katalog Ausstellung der Stadt Mainz hat diesen Brief, der in einer sicheren, zu- tion. zur anläss- zieher 600. Geburtstages Johannes Gutenberg lesbaren Kursive lich des von meist gut wohl eigenhändig von 2000. Mainz 2000, S. 466-473, 14. April - 3. Oktober ihm geschrieben wurde, unter dem unmittelbaren hier S. 467 (mit Abb. ). die Eindruck der schrecklichen Ereignisse verfasst, 55 Chronicon ecclesiasticum (wie Anm. 46), S. 469. Chronik sich - wie bereits aus der zitierten Mainzer 56 Zur Person des zuchtmeisters Ulrich siehe unten bei des 2. März, in Anm. 63. Allgemein über diese Funktionsträger bekannt ist - am Vortag, am Abend am Thomas MUTSCHLER,Erzieher. In: Höfe Mainz abgespielt haben (Abb. 5). Da Kurfürst Hof siehe und Residenzen im Reich. Ein dynas- Ernst die lateinische Sprache nicht verstand, ist das spätmittelalterlichen tisch-topographisches Handbuch (Residenzenfor- Schreiben auf Deutsch verfaßt57. schung 15), hg. von Werner Paravicini. Bd. 2: Bilder Der Verfasser entschuldigt sich zunächst, dass er und Begriffe, Teilbd. 1: Begriffe. Stuttgart 2005, S. 218- schon wieder schreibe, obschon er erst kürzlich 221, und demnächst die Untersuchung über Fürstener- 1500 Gerrit DEUTSCHLÄNDER,Dienen durch Hans Poten einen Brief habe übersenden las- ziehung um von lernen um herrschen. Phil. Diss. Halle 2009 (er- sen (ich hab euren gnaden nicht lang vor bey Hams zu scheint in den Hallischen Beiträgen zur Geschichte Poten, Glitzschanns möcht eür genant, geschriben, ge- des Mittelalters und der Frühen Neuzeit). ich nad gedencken, warumb so oft und so pald wider- 57 Ernst verstand, wie er 1470 Jan. 29 dem Meißner Bi- umb schribe Z. 4-6)58. Er fühle sich dazu aber ge- schof Dietrich von Schönberg schrieb, das Lateinische zwungen, da er befürchte, unwahre Gerüchte könn- nicht (zo wir sticht launisch vornehmen), gedruckt in: ten zum Kurfürsten dringen, denen er mit seinem Urkundenbuch des Hochstifts Meissen (Codex diplo- Saxoniae 2,3), hg. Ernst Gotthelf Brief zuvorkommen möchte (So ich das ze thun maticus regiae von aber GERSDORF,Bd. 3. Leipzig 1867, S. 190f. Nr. 1127. Er- gitzbungen werde, eurer gnaden großen vnmüt und STREICH, Zwischen Reiseherrschaft (wie bekummerung, wähnt von so eur gnad aus vnbaren reden möcht Anm. 45), S. 457 mit Anm. 202, deren Nachweis aller- nemen, zu entslahen, hab ich hie mit diß brife euren dings in die Irre führt. Die Brüder Ernst und Albrecht gn(aden) gegeben Z. 7-10). Im Anschluss daran folgt korrespondierten in deutscher Sprache miteinander, die eigentliche Darstellung des Ereignisses. siehe die von THURNHOFER,Romreise (wie Anm. 48), S. 39-61 abgedruckten Briefe. Zunächst wird der Ausklang eines Abends am Hofe 58 Hans Pote gen. Glitzschhans war vielleicht ein Brief- des Erzbischofs Mainz Erzbischof von geschildert. läufer des wettinischen Hofes, könnte er doch iden- (euer Dieter von Isenburg und Herzog Albrecht tisch sein mit Hensel Bote, der dort 1484 Zehrgeld gn(aden) lieber sun Z. 13) seien am späten Abend in (für einen Botengang? ) erhält: STREICH, Zwischen der Martinsburg (zu Mentz auf dem gesloß) bei gu- Reiseherrschaft (wie Anm. 45), S. 430. Bünz: Mainzer Residenz 13 kers Johann59 und des Hofineisters60 rasend schnell öffentlich gedenken sollte. Die Namensliste wird er- ein Feuer ausgebreitet (erhübe sich in dem geschloß öffnet vom Administrator Albrecht, »dessen geistli- an allen vir orternn, auf meines gn(edigen) herren ge- cher und wissenschaftlicher Erzieher eben dieser mach, auf meines herren von Mentz kamer, auf iunk- Dekan [Ulrich Kemmerlin] einst war« (cuius ipse de- herren Johan gemach und auf des hofineister gemach canus morum atque literarum aliquando extitit pre- ein graussanz sizell feiir Z. 22-26), das niemand be- ceptor), dann folgt Kurfürst Ernst von Sachsen, merkt habe, bis alles von den Flammen erfasst wor- schließlich die Namen der Eltern des Dekans und den sei (also das des nymantz gebar ward, bis das weiterer Verwandter und Bekannter66. Unbekannt dach allenthalben mit fear verdecket was Z. 28). Er war bislang, wo Ulrich Kemmerlin studiert und den habe seinen gnädigen Herrn, Herzog Albrecht, bar- Magistergrad erlangt hat, doch bietet ein Blick in die fuß, nur mit einer Schaube bekleidet, aus dem Schlafgemach herausgebracht (bracht meinen gn(edi- gen) herren hertzog Albrechten par fussen in einer 59 Vielleicht handelt es sich um Graf Johann von Isen- burg, der 1482 Juni 7 der Räte des schauben aus denn gemach Z. 28-30). Während sie in als einer acht die Stube des Erzbischofs liefen (in des Administrators Albrecht eingesetzt wird? Siehe: pischoff sto- HERRMANN / KNIES, Protokolle (wie Anm. 17), S. 511 ben kamen Z. 30f. ), konnten der Bakkalar der und Nr. 1436. Er war der Bruder Erzbischof Diethers, siehe Schneider61 Wämser Schaube des zwei und eine gnä- die weiteren Belege ebd. im Register S. 571 s.v. Isen- digen Herrn packen (begreift der bacc(alari)us und burg-Büdingen. der sneider ii meines gn(edigen) /zerren wantas und 60 Sein Name ist unbekannt. Der Hofmeister Erzbischof ein schauben Z. 31-33)62, dann sei die Kammer ein- Diethers erscheint zweimal ohne Namensnennung in gefallen, so dass sie kaum noch daraus entkommen den Domkapitelsprotokollen: HERRMANN / KNIES, Protokolle (wie Anm. 17), S. 454 Nr. 1182 (1478) konnten (vnd vil daranach dy kamer ein, damit dy und S. 468 Nr. 1244 (1479). Der Hofmeister fungierte als chäm heraus entrwznen Z. 34£). So bekleidet seien Verwaltungsbeamter des Hofes, siehe anhand der die beiden gnädigen Herren, der eine ohne Hose, der Mainzer Hofordnungen des frühen 16. Jahrhunderts andere ohne Schuhe (einer an hosen, der ander an RÖDEL, Kurmainz (wie Anm. 2), S. 289-299, für den schüch Z. 35), auf einen Turm gestiegen um nachzu- wettinischen Hof STREICH,Zwischen Reiseherrschaft sehen, wie es in der Stadt stünde (liessen beschaüen, (wie Anm. 45), S. 365f. ivy es in der stat stünde Z. 36f. ). 61 Zur Person sind keine Angaben möglich. Am wettini- Hof im 15. Jahrhundert zwei bis Lässt der Briefschreiber, der in der Unter- scheu waren allein sich sich drei Schneider und ebensoviele Knechte für die Her- des Briefes Ulrich, schrift als maister zuchtnzeister, stellung der Kleidung zuständig: STREICH, Zwischen bezeichnet, identifizieren? Er ist zweifellos identisch Reiseherrschaft (wie Anm. 45), S. 363. mit Magister Ulrich Knzerel(? ), Kleriker der Salzbur- 62 Schaube und Wams waren die Grundbestandteile der Kirsten 0. ger Diözese, welcher am 11. Juni 1482 als Prokurator männlichen Alltagskleidung bei Hofe, siehe des Administrators Albrecht Sachsen dessen FRIELING,Kleidung. In: Höfe und Residenzen im spät- von Reich. Ein dynastisch-topographi- Präbende in die Hand des Domkapitels mittelalterlichen resigniert63. Handbuch (Residenzenforschung 15), hg. von Obwohl der Name im Domkapitelsprotokoll sches ver- Werner Paravicini. Bd. 2: Bilder und Begriffe, Teilbd. 1: schrieben ist bzw vom Editor nicht sicher gelesen Begriffe. Stuttgart 2005, S. 323-325, hier S. 324; ebd. 2, werden konnte, lässt sich der Erzieher Herzog Al- Farbtafel 74-75. brechts unschwer bestimmen. Es handelt sich um Ul- 63 HERRMANN / KNIES, Protokolle (wie Anm. 17), S. 511 Rode, rich Kemmerlin aus Hallein im Erzbistum Salzburg, Nr. 1438. Das Notariatsinstrument des Peter auf das im Protokoll ist er- der Wochen dem Amtsantritt seines verwiesen wird, offenbar nicht wenige nach halten. Zöglings Administrator des Erzbistums 1482 als ein 64 Zur Vita Paul FRAUNDORFER,Das Sakristeikreuz im Kanonikat im Kollegiatstift St. Peter Alexander Aschaffen- und Stiftsschatz von St. Peter und Alexander zu in Aschaffenburg erhalten hat, 1493 Dekan gewor- burg. In: 1000 Jahre Stift und Stadt Aschaffenburg. 1957 den ist und sich dort bis zu seinem Tod 1519 manche Festschrift zum Aschaffenburger Jubiläumsjahr Landes- Verdienste erworben hat, u. a. durch die Stiftung ei- (Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, 4). Bd. 2. Sakristeikreuzes6M. Die lateini- kunde und Kunst des Untermaingebietes nes noch erhaltenen hier bes. S. 578-581 Inschrift Epitaphs bestätigt die An- Aschaffenburg 1957, S. 575-591, sche seines S. 590f. Zu Kemmerlins Wirksamkeit in Aschaf- dass der Zuchtmeister Ulrich Ulrich und - nahme, mit fenburg Josef HOFMANN,Das älteste Evan- Kemmerlin identisch ist, dieser doch Lehrer siehe auch wird als geliar der Aschaffenburger Stiftskirche. In: 1000 Jahre des einstigen Administrators Albert von Mainz be- Stift und Stadt Aschaffenburg (Aschaffenburger Jahr- zeichnet (Alberti (... J administratoris (... J peda- buch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Un- gogo)65. Seinem einstigen Zögling, dem jung verstor- termaingebietes 4). Bd. 1. Aschaffenburg 1957, S. 153- hier S. 155L benen Albrecht von Sachsen, hat Kemmerlin zeitle- 202, bens Andenken bewahrt, der Stif- 65 Valentin Ferdinand VON GUDENUS,Codex diplomati- ein gutes wie aus Mogvntinas [... ] illustrantium, 1- tungsurkunde für das Aschaffenburger Sakristei- cus anecdotorum res 5. Frankfurt / Leipzig 1743-1768, hier 2 (1747), S. 361f., kreuz von 1517 hervorgeht; damit war nämlich eine in deutscher Übersetzung bei FRAUNDORFER,Sakris- Gedächtnisstiftung für mehrere Personen verbun- teikreuz (wie Anm. 64), S. 591. den, derer das Stiftskapitel jährlich am Freitag um 66 Ediert von FRAUNDORFER,Sakristeikreuz (wie Anm. das Fest der Apostel Philippus und Jakobus herum 64), S. 583. 14 Bünz: Mainzer Residenz

Leipziger Matrikel Aufklärung: Im Sommersemester mit seinem Bildnis zugesandt hat72. Da Kemmerlin 1463 wird Udalricus Kemerlyn de Salina intituliert, nachweislich der pedagogus Albrechts war, wird wohl und er zahlt zunächst 6 Groschen als Immatrikulati- auch Ernst, der dritte Sohn des gleichnamigen Kur- onsgebühr, später aber die gesamte Gebühr von 10 fürsten, von ihm erzogen worden sein73. Groschen, Nachtrag hervorgeht67. Da wie aus einem Die Professionalisierung der Fürstenerziehung seit Kemmerlin, den Angaben des Aschaf- wie sich aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist nicht nur fenburger lässt, 3. September Epitaphs errechnen am daran ablesbar, dass Kemmerlin selbst ein gelehrter bei Studienbeginn 16 1446 geboren wurde, war er Mann war, sondern dass er auch über einen studier- Im Jahre alt, was durchaus nicht ungewöhnlich war. ten Gehilfen verfügte. Zur abendlichen Gesellschaft Sommersemester 1465 Kemmerlin Bakka- wird zum auf der Martinsburg gehörte nämlich auch ein lar, im Wintersemester 1475/76 Magister zum artium Bakkalar, also ein Universitätsabsolvent, der das Vom Sommersemester 1476 bis promoviert68. zum Studium mit dem niedrigsten Grad des »baccalarius Sommersemester 1477 ist Kemmerlin mehrfach an artium« abgeschlossen hatte. Wäre sein Name be- beteiligt69, Bakkalars- und Magisterpromotionen kannt, ließe er sich gewiss in einer Universitätsmatri- der Magisterpromo- und er wird gleichzeitig die mit kel ermitteln. Aus den Kammerrechnungen des Kur- Statuten tion zusammenhängende, von den gefor- fürsten Ernst von Sachsen aus den 1470er Jahren ist Lehrverpflichtung der Universi- derte zweijährige an bekannt, dass der gelehrte Prinzenerzieher (Zucht- haben. Der lange tät absolviert außergewöhnlich meister) über einen Baccalaureus und einen Unter- Zeitraum Jahren Bakkalars- von zehn zwischen und baccalaureus als Mitarbeiter verfügte74. Man wird 1465 1475 kann Magisterpromotion und schwerlich wohl davon ausgehen können, dass der Zuchtmeister dem haben, doch haben nur Studium gedient sich Ulrich, der den Grad eines Magister artium besaß, bislang keine Quellenbelege über eine anderweitige mit dem namentlich unbekannten Bakkalar aus Tätigkeit Pfründenbesitz Kemmerlins finden oder Sachsen nach Mainz gekommen war. lassen. Vermutlich ist Kemmerlin irgendwann in die- Nach diesem Exkurs, der etwas Licht auf die Fürs- sem Zeitraum als zuchtmeister am wettinischen Hof tenerziehung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun- angestellt worden. Zur nachgewiesenen Herkunft derts geworfen hat, soll der Inhalt des Briefes von Kemmerlins passt der sprachliche Befund seines Briefes über den Schlossbrand, was wiederum als Hinweis betrachten ist, dass Kemmerlin tatsäch- zu 67 Die Matrikel der Universität Leipzig (Codex diploma- lich hat. Typisch bairisch eigenhändig geschrieben ticus Saxoniae 2,16-2,18), hg. Georg die (we- regiae von sind Verwendung von w für b bzw. b für w ERLER, 1-3. Leipzig 1895-1902, hier 1, S. 239 B 88. reit, gitzbungen, vnbaren, zbischen, tzbelfen, wetru- 68 EKLER, Matrikel (wie Anm. 67), hier 2, S. 198 und S.247. bung), p für b (paid, parfüssen, pider), der alte e-lose 69 EKLER, Matrikel (wie Anm. 67), hier 2, S. 249,252 und Plural (dinst) und das Fehlen des e am Ende von 253. 70 Meinem baid, beuilh, groß, bracht oder lang, oder Schreibun- Leipziger Kollegen Prof. Dr. Hans Ulrich Schmid, Lehrstuhl für Historische Sprachwissenschaft gen wie wellen statt wollen, genummen statt genom- im Institut für Germanistik, habe ich für eine ausführ- men. Typisch bairisch ist auch die doppelte Vernei- liche Expertise vom 4. Januar 2010 sehr herzlich zu nung (keinem menschen ist nichtz geschehen). Sächsi- danken. Einflüsse hingegen sche sind nur vereinzelt nach- 71 PossE, Wettiner (wie Anm. 47), Tafel 7 und 28. weisbar (schribe noch mit i, der falsche Rückumlaut 72 Paul KIRN, Friedrich der Weise und die Kirche. Seine in karte statt kerte). Aus dem sprachlichen Kontext Kirchenpolitik vor und nach Luthers Hervortreten im fällt schließlich auch der Ortsname Mentz heraus, Jahre 1517. Dargestellt nach den Akten im Thüringi- Staatsarchiv Weimar (Beiträge Kulturge- welche wohl die gesprochene Namensform wieder- schen zu zur des Mittelalters der Renaissance 30). gibt70. schichte und Leipzig u. a. 1926, S. 8; Ingetraut LUDOLPHY,Friedrich Dass Kemmerlin schon 1465 oder wenig später als der Weise. Kurfürst von Sachsen 1463-1525. Göttingen Fürstenerzieher in wettinische Dienste getreten wäre, 1984, S. 26 und 45. ist allerdings aufgrund des damals noch geringen Al- 73 Jörg ROGGE, Zum Amts- und Herrschaftsverständnis Fürsten Beispiel ters der Fürstenkinder wenig wahrscheinlich, denn von geistlichen am der Magdeburger die Söhne des Kurfürsten Ernst kamen 1463 Erzbischöfe Ernst von Wettin und Albrecht von Bran- erst denburg (1480 bis 1540). In: Kontinuität Zäsur. (Friedrich), 1464 (Ernst), 1467 (Albrecht) 1468 und und Ernst Wettin Albrecht Brandenburg (Johann) von und von zur Welt, die Söhne Herzog Albrechts des (Schriftenreihe der Stiftung Moritzburg, Kunstmu- Beherzten sogar noch später (Georg 1471, Heinrich seum des Landes Sachsen-Anhalt 1), hg. von Andreas 1473 usw.)71. Da die Söhne Kurfürst Ernsts im Alter Tacke. Göttingen 2005, S. 54-70, hier S. 57 meint, Ernst nicht weit auseinander lagen, ist von vornherein an- sei »vermutlich zusammen mit seinen Brüdern von Hoflehrern zunehmen, dass sie einen gemeinsamen Erzieher hat- unterrichtet worden«. 74 STREICH, Zwischen Reiseherrschaft (wie ten. Wie Georg Spalatin berichtet, Friedrich der Anm. 45), soll S. 408 458; Uwe SCHIRbtER,Kursächsische Staats- Weise Brüdern und zunächst zusammen mit seinen unter- finanzen (1456-1656). Strukturen Verfassung Tatsächlich ist belegt, dass Magis- - - richtet worden sein. Funktionseliten (Quellen und Forschungen zur sächsi- ter Ulrich Kemmerlein einer seiner Lehrer war, und schen Geschichte 28). Leipzig 2006, S. 125 mit Anm. dass der Kurfürst ihm noch 1519 eine Schaumünze 301. Bünz: Mainzer Residenz 15

1481 weiter besprochen werden. Dem Verfasser des zu deuten sein. Misstrauen gegenüber der Bürger- Briefes stehen die Geschehnisse bei der Nieder- schaft schien weiter angesagt zu sein. Aber erleich- schrift, die ja nur wenige Stunden nach dem Brand tert konnte man feststellen, dass die Bürger sich ru- erfolgte, noch ganz lebendig vor Augen. Ob der Fürs- hig verhielten: Do waren dy bürger in aller gehorsam, tenerzieher vielleicht zu seinem eigenen Vorteil die als pider und fürnnem leütten zu gehort, geschiket an Ereignisse etwas überdramatisch dargestellt hat? dy örter und klagten nichtz anders dann bald mein Das ist wenig wahrscheinlich, denn das Schloss ist gn(edige) herren, heißt es im Brief (Z. 37f. ). Quellen ist, tatsächlich, wie aus anderen bekannt fast Obwohl sich das Feuer rasend schnell im Schloss ganz ausgebrannt. Allem Anschein nach sind die Be- ausgebreitet hat (die Mainzer Chronik berichtet, das teiligten tatsächlich nur mit knapper Not dem Feuer- Schloss sei in zwei Stunden völlig ausgebrannt)78, ist tod entronnen. Als der Bakkalar um zehn Uhr zu niemand zu Schaden gekommen. Der Fürstenerzie- Bett ging, hatte er vom Feuer noch nichts bemerkt. her konnte Kurfürst Ernst die beruhigende Mittei- Schon eine gute Stunde später aber, zwischen elf und lung machen, dass keinem Menschen etwas zugesto- zwölf Uhr, breitete sich das Feuer rasend schnell ßen sei (keinem menschen ist nichtz geschehen über die Wohnräume aus. Ob dort oder anderswo Z. 40f. ), nur das Schloss sei ganz ausgebrannt, bis auf der Brandherd lag, wird nicht recht deutlich. In der die Hofstube und mehrere Räume darunter (sunder Eile können der Bakkalar und der Schneider für den das geschloß ist ganntz außgeprant an dy groß hof- Erzbischof und den Administrator, die beide hastig stuben und an etlich gemeche vnden darinnen dem Bett entsprungen sind, gerade noch Wams und Z. 41-43). Sollte der Empfänger des Briefes eine an- Schaube zusammenraffen. Kaum haben sie die Ge- dere Nachricht (ander mer) erhalten, solle er dieser mächer verlassen, brechen hinter ihnen brennend die keinen Glauben schenken und sich davon nicht be- Holzdecken der Räume ein. trüben lassen (kein wetrubung dar aus nemen Z. 44f. ). Schließlich der Schreiber Kur- Der Brief schildert allerdings nur einen Ausschnitt unterrichtet fürst Ernst darüber, dass Herzog des Gesamtgeschehens, geht es dem Schreiber doch noch Albrecht mit Gefolge im Haus des Dr. Pfeffer vor allem darum, wie er eingangs darlegt, Kurfürst seinem aufgenom- dort Hausherr fungiere Ernst umgehend Nachricht zu geben, dass seinem men worden sei und nun als (mein (ediger) herr herzog Albrecht Sohn nichts zugestoßen sei. Es war wohl damit zu gn mit seinem ge- ist in doctor Pfeffer haus, darinnen rechnen, dass sich die Nachricht vom Mainzer sinde sein wir hauß Z. 45-47). Georg Pfeffer, Schlossbrand in Windeseile herumsprechen würde. ganntz wirt worden der 1434 in Römhild 1498 in Vor diesem Hintergrund mag Ulrich Kemmerlin we- geboren war und Frankfurt M. ist, der Laie, der die Zeit noch die emotionale Distanz besessen a. verstorben war erste der kurmainzischer Kanzler fungierte. Er hatte haben, das dramatische Geschehen in allen seinen als dieses Amt 1467 bis 1489 Facetten zu schildern. So erwähnt nur die Mainzer von und nochmals von 1492 bis 1498 inne79. Dass der Kurfürst Ko- Chronik, dass Erzbischof Diether und sein Adminis- und sein adjutor in Haus trator Albrecht von Sachsen verbrandt wehren, tivan ausgerechnet seinem aufgenommen nicht ein Edeltnan des geschlechts von Reiffenberg sie beyde geweckt hette undt sie nackend davon geflohen 75 Chroniken Mainz 2 (wie Anm. 17), S. 83. ivehren7$.Im Brief über den Schloßbrand wird nicht 76 HERRMANN / KNIES, Protokolle (wie Anm. 17), S. 511 erwähnt, wer die Schlafenden geweckt hat, sondern Nr. 1436. Emmerich Reifenberg ist auch 1482 Ulrich Kemmerlin dass den Kurfürs- - von schreibt nur, er Juni 11 anwesend, als Albrecht auf sein Domkanoni- ten und den Wettiner aus dem Schloss geführt habe. kat resigniert, siehe Anm. 63. In den Mainzer Domka- Die Nachricht der Mainzer Chronik mag also zutref- pitelsprotokollen wird der Ritter seit 1469 mehrfach fen. Bei dem Edelmann dürfte es sich um den Ritter genannt, siehe die Belege ebd. im Register S. 645 s.v. Reifenberg. Emmerich von Reifenberg gehandelt haben, der 77 Siehe bei Anm. 18. 1482 zu den acht Räten gehörte, die dem Adminis- oben 78 Es ist im brandt ein merklicher schaden [.. J trator Albrecht Sachsen in die Regierung beige- gedachten von geschehen, dan es so geschwind zugangen, daß in 2 geben wurden76. stunden alles abgebrandt war: Chroniken Mainz 2 (wie Auf den ersten Blick irritierend ist die Mitteilung, Anm. 17), S. 83. 79 Fritz REUTER, Art. Pfeffer, Georg In: Kurfürst Diether Administrator Herzog »Helle gen. v. «. und sein Al- Neue deutsche Biographie 8 (1969), S. 475f.; Paul brecht hätten Turm begeben (wie sich auf einen er- KIRN, Das Urkundenwesen und die Kanzlei der Main- wähnt, verfügte die Martinsburg über drei Türme), zer Erzbischöfe im 15. Jahrhundert. In: Archiv für hes- um zu sehen, wie die Lage in der Stadt sei. Eigentlich sische Geschichte und Altertumskunde. Neue Folge 15 wäre zu erwarten, dass alle Beteiligten ins Freie lau- (1927), S. 302-347 und S. 533-573, selbständig Heidel- berg 1929, hier S. 52 54. Siehe die fen würden, um sich in Sicherheit zu bringen, doch und auch zahlrei- chen Belege im Register zu: HERRMANN / KNIES, Pro- weit gefehlt. Der erste sorgenvolle Blick galt der tokolle (wie Anm. 17), S. 623, s.v. Kanzlei (Dr. Georg Frage, in der Stadt Diether Isen- wie es stünde. von von Hell gen. Pfeffer). Die Inschrift seines Grabes im burg hatte noch 1476 einen Aufstand in der Stadt Mainzer Dominikanerkloster ist überliefert: ARENS, niederschlagen müssen77. Das Verhalten in der Inschriften der Stadt Mainz (wie Anm. 14), S. 495 Brandnacht wird wohl als Reflex dieser Ereignisse Nr. 1007. 16 Bünz: Mainzer Residenz wurden, dürfte nicht nur mit der bedeutenden Stel- war die Martinsburg völlig unbewohnbar gewor- lung und Herrschernähe dieses Mannes zusammen- den, so dass Erzbischof Diether später angeben hängen, sondern auch mit seiner verbindenden konnte, die Burg (unser sloße zu Mentz) sei uns Funktion zwischen Kursachsen und Kurmainz, denn ganz ttßgebrant86. Dies bestätigt auch die schon »er hatte wesentlichen Anteil an den Verhandlun- mehrfach zitierte Mainzer Chronik für die Jahre gen zwischen Erzbischof, Domkapitel und Kurfürst 1459-1484, die auch an die Raumausstattung erin- Ernst von Sachsen über die 1480 erfolgte Annahme nert, die durch das Feuer zugrunde gegangen ist: von dessen Sohn Albrecht zum Coadjutor des Erz- Es ist int gedachten brandt ein merklicher schaden bischofs« und gehörte deshalb auch dem Regent- an haußraht, gedüch, Silber, goldt undt anderen sa- schaftsrat Albrechts von Sachsen an, der am 7. Juni chen geschehen87. 1482 bestellt worden ist80. Als Rat des Administra- Was die Ursache des Brandes gewesen ist und wa- tors hat er sich für die Festigung der Kurmainzer rum sich das Feuer so schnell ausbreiten konnte, Positionen in Thüringen eingesetzt. Von 1485 (wahr- bleibt unklar. Die Katastrophe scheint aber nicht scheinlich aber schon viel länger) bis 1494 stand er von den Wohn- bzw. Schlafräumen des Erzbischofs als Rat auch im Dienst der Kurfürsten bzw. nach der ihren Ausgang genommen zu haben. Ob das Feuer in Leipziger Teilung 1485 der albertinischen Herzöge dem Raum ausbrach, in dem Erzbischof und von Sachsen und erhielt einen Jahrsold von 100 Gul- Administrator sich am Abend aufgehalten hatten den81. und der dann vom Bakkalar gekehrt wurde? Diesen Verdacht der Briefschreiber Der anschauliche Bericht über den Mainzer möchte vielleicht mit Schilderung der Auf- Schlossbrand verrät leider nur wenig über die seiner relativ ausführlichen des Bakkalars der ja Mitar- Raumeinteilung und damit die Wohnfunktion des räumarbeit zerstreuen, beiter des Fürstenerziehers Womöglich Bauwerks, das z. T. wenn man der Mainzer Chro- war. war ein - Licht In der nik glauben darf in Fachwerkbauweise errichtet nicht sorgfältig genug gelöscht worden? - Mainzer Hofordnung, die Erzbischof Jakob worden war82. Das war auch bei Residenzbauten unter dieser Zeit nicht weiter ungewöhnlich. Die Zeich- nung des spätmittelalterlichen Aschaffenburger Schlosses, die der Nürnberger Maler Veit Hirschvo- 80 Zitat REUTER, Art. »Helle gen. Pfeffer, Georg v. « (wie gel d. J. um 1535/40 angefertigt hat, lässt z. B. erken- Anm. 79), S. 476; HERRMANN I KNIES, Protokolle (wie nen, dass die Obergeschosse z. T. in Fachwerk er- Anm. 17), S. 511 Nr. 1436. Der Brief über die Brand- 81 Erwähnt in beiden Teilzetteln von 1485 Aug. 26: Säch- richtet worden waren83. Hauptstaatsarchiv katastrophe Räumlichkeiten sisches Dresden, 10001, Altere Ur- nennt verschiedene kunden, OA Nr. 8578 8579. REUTER, Art. (gemach, kamer), dass freilich u. »Helle stube, ohne ganz gen. Pfeffer, Georg v.« (wie Anm. 79), S. 476; SCHIR- deutlich würde, wie diese angeordnet waren. Sie MER, Kursächsische Staatsfinanzen (wie Anm. 74), S. scheinen sich aber nicht, wie noch in Eltville und 142 und 201. wohl auch in Aschaffenburg, übereinander in ei- 82 Aber es patt disser Erzbischoff Dietherus gemeltes bawen nem Wohnturm befunden zu haben, waren wohl schloß alsbaldt starck von steine,: wiederuntb lassen, dan daß vorig wie zu vernuitten von holz daß vielmehr nebeneinander angeordnet, vielleicht in meiste theil wirdt gewessen sein: Chroniken Mainz 2 dem längeren rheinseitigen Flügel des Schlosses. (wie Anm. 17), S. 83. Der Zusammenhang Stube, Gemächern von und 83 Abbildungen in: REBER, Albrecht von Brandenburg Kammern, wie er aus den Angaben des Briefs mit (wie Anm. 31), S. 100; BONI, Residenzen der Mainzer aller Vorsicht zu erschließen ist, spricht für den Ty- Erzbischöfe (wie Anm. 2), S. 21. pus des Stuben-Appartements, den Stephan Hoppe 84 Stephan HOPPE,Wohnraum. In: Höfe und Residenzen im als eine Neuerung im deutschen Schlossbau des 15. spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topo- graphisches Handbuch (Residenzenforschung 15), hg. Jahrhunderts erkannt hat84. Wie dem Brief weiter von Werner Paravicini. Bd. 2: Bilder Begriffe, ist, blieben und zu entnehmen einige wenige Räume Teilbd. 1: Begriffe. Stuttgart 2005, S. 83-86, hier S. 84f. Brand vom verschont, nämlich dy groß hofstuben mit weiteren Hinweisen. Zum Vergleich sei auf die In- und etlich gemeche vnden darinnen. Die Erwäh- ventare der Schlösser Aschaffenburg und Eltville aus der nung der großen Hofstube verdient aus mehreren zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verwiesen, Gründen Beachtung. Da der Begriff überhaupt ohne diese hier auswerten zu können, siehe Roman erst FISCHER,Ein Inventarverzeichnis der um 1500 aufkommt, bietet Brief spätmittelalterli- unser einen recht chen Burg in Aschaffenburg. In: Der Spessart 1982, frühen Beleg. Die Hofstube Raum war ein von zu- Heft 11, S. 3-6, und GERLICH, Eltville (wie Anm. 12), meist saalartigen Dimensionen, der im Erdgeschoß S. 65f. des Schlosses lag, als »Alltagsspeise- und Versamm- 85 Stephan HOPPE, Hofstube. In: Höfe und Residenzen lungsraum des größten Teils des Hofgefolges« im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topo- Handbuch (Residenzenforschung diente und deshalb, wie auch der Name sagt, be- graphisches 15), hg. heizbar Zumeist die Hofstuben von Werner Paravicini. Bd. 2: Bilder und Begriffe, war85. waren nicht Teilbd. 1: Begriffe. Stuttgart 2005, S. 86f. den Wohnräumen direkt mit verbunden, die im 86 Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Ingrossaturbücher 39, Obergeschoß lagen. Dies könnte erklären, warum fol. 327. die Hofstube 1481 nicht ausbrannte. Gleichwohl 87 Chroniken Mainz 2 (wie Anm. 17), S. 83. Bünz: Mainzer Residenz 17 von Liebenstein wohl 1505 zusammengestellt wurde, einer feierlichen Grundsteinlegung begonnen wor- wird verboten, Licht noch auszugeben, nachdem sich den zu sein, denn die Mainzer Chronik berichtet: Als der Erzbischof zur Ruhe begeben hatte (Item soll es man aber die fundament legt, hatt er durch seinen mit der ordnung des liecht geben geballten werden, Keller mitt nahmen Reinoldus Anshehn einem ieden wie von alters int hof herkonten, vnnd nachdem mein Werkmeister eine güldine münz zu gedechtnus geben genedigster herre schlaffett gangen ist, int slossen nye- undt verehren lassen94.Grundsteinlegungen, bei Kir- mnandts kein liecht nter geben werden)s8. Diese Be- chen althergebrachte Praxis, sind seit dem 15. Jahr- stimmung der ältesten Mainzer Hofordnung könnte hundert auch bei Profanbauten mehrfach belegt. ein Reflex der Brandkatastrophe von 1481 sein. Zum Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg hat beispiels- zeitlichen Abstand zwischen Schlossbrand und Hof- weise 1443 eigenhändig den Grundstein für das Ber- ordnung dürfte die dortige Angabe passen, die Be- liner Schloss gelegt95.Der Neubau des Mainzer Resi- stimmung gelte von alters. denzschlosses hat sich bis in das 16. Jahrhundert hin- Erst in der frühen Neuzeit wurde Mainz Leider wissen wir nicht, inwieweit der zweite gezogen. Haupt- und Residenzstadt des Erz- Schlossbau, der ab 1481 errichtet wurde und den wir zur eigentlichen bistums Mainz, doch behielt Aschaffenburg die immerhin aus einigen frühneuzeitlichen Ansichten Funktion Nebenresidenz bis zur Auflösung des kennen, die Gebäude- und Raumeintei- als ungefähr Erzstiftes 1803. lung des Vorgängerbaus übernommen hat. Der 1481, dessen der Erzieher schnelle Beginn des Neubaus spricht doch eher da- Der Brief von als Verfasser Sachsen, Magister Ulrich gegen, dass eine grundlegende Planänderung statt- Herzog Albrechts von Kemmerlin (1446-1519), der Dekan des Kol- gefunden hat. Zwar hat Christofer Herrmann richtig spätere legiatstifts St. Peter Alexander Aschaffenburg, bemerkt, dass das Baumodell »Bergfriedtypus«, wel- und zu identifiziert konnte, bietet ches Heinrich von Virneburg in Deutschland einge- werden aufschlussreiche Einblicke in den Mainzer Schlossbrand. Als Bericht führt hatte, »im Nachklang« noch bei der Martins- Augenzeugen der Brandkatastrophe burg in Mainz 1478/81 erscheint. Aber der vorge- eines ermöglicht diese Quelle, die bisher bekannten, Anga- legte zeitgenössische Bericht zeigt doch, dass dieses spärlichen ben der Mainzer Chronik Bauelement nun eine andere Funktion als in Eltville zu ergänzen, aber auch zu korrigieren. Kurfürst Diether Isenburg oder in Aschaffenburg gehabt hat, da der Turm bzw. von und sein die Türme nicht mehr den zentralen Wohnbereich bargenS9.Eine differenzierte Raumeinteilung, die im Brief angedeutet wird, kennzeichnet neben ande- - 88 Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Ingrossaturbücher 48, rem den Übergang von der Burg zum Schloss am - fol. RODEL, Kurmainz (wie Anm. 2), Ausgang des Mittelalters. Der Wandel des Raum- 159r; erwähnt von S. 291, Datierung S. 290. Ausbildung zur ebd. programms, vor allem »die vermehrte 89 Zur Nutzung der Wohntürme in Aschaffenburg und von Wohngemächern und Schlafkammern als per- Eltville BÜNZ, Residenzen der Mainzer Erzbischöfe sönlicher Rückzugsraum«, deutet den Wandel der (wie Anm. 2), S. 20-22 u. S. 24f. mittelalterlichen Hausgemeinschaft zur frühneuzeit- 90 Christofer HERRMANN,Wohntürme des späten Mittel- (Veröffent- lichen Hofgesellschaft an90. Noch wichtiger dürfte alters auf Burgen im Rhein-Mosel-Gebiet lichungen der Deutschen Burgenvereinigung A 2). aber der herrschaftsgeschichtliche Befund sein, ma- Espelkamp 1995, S. 69. nifestiert sich in der Martinsburg Burg- und - 91 Werner FREITAG,Die neue Residenz und die Stadt. In: Schlossbau doch das zugleich - neue obrigkeitliche Geschichte der Stadt Halle, hg. von Werner Freitag in Verhältnis des Erzbischofs zu seiner Stadt Mainz. und Andreas Ranft. Bd. 1: Halle im Mittelalter und Als Parallele fällt die Entwicklung in der Stadt der Frühen Neuzeit. Halle 2006, S. 262-267, Zitat Halle an der Saale ins Auge, die 1478 vom Magde- S. 264. burgeschen Erzbischof Ernst Wettin, dem 92 Der Erzbischof erklärt, er sei willens, unser sloße zit von älte- das Mentz, daran uns ntergkliclts gelegen, uns ganz uß- ren Bruder des Mainzer Administrators Albrecht, buwen: gebrant ist, widderuntb uffzurucken und zu unterworfen und als Residenzstadt in das Erzstift Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Ingrossaturbücher 39, integriert wurde. 1484 begannen die Baumaßnah- fol. 327. (wie Anm. S. men an der Moritzburg, die wie die Martinsburg in 93 HERRMANN / KNIES, Protokolle 17), 489 Mainz in die Stadtbefestigung eingebunden war: Nr. 1354. (wie S. 83. Unklar Bau des Übergangs Zwingburg 94 Chroniken Mainz 2 Anm. 17), - ist, »ein zwischen und Geldstück Schlossgebäude«91 ob es sich um ein oder um eine womöglich repräsentativem für diesen Anlaß geprägte Schaumünze handelte. Erzbischof Diether von Isenburg hat bereits Anfang Überliefert ist eine solche Medaille nicht. Vgl. Georg April 1481 mit dem Domkapitel über den Neubau HABICH, Die deutschen Schaumünzen des XVI. Jahr- hunderts, 1-3. München 1929-1934. des Schlosses verhandelt und gebeten, ein subsidium 95 Winfried SCHICH,Anlage Funktion des Schlosses caritativtmt ausschreiben zu dürfen, um den Wieder- und und des Schloßbezirkes in Mittelalter und Renais- finanzieren zu können92. Am 6. April hat das aufbau sance. In: Schloß und Schloßbezirk in der Mitte Ber- Domkapitel beschlossen, Kommission bilden eine zu lins. Das Zentrum der Stadt als politischer und gesell- und den Bau veranschlagen zu lassen93.Bald danach schaftlicher Ort, hg. von Wolfgang Ribbe. Berlin 2005, scheint der Neubau durch Diether von Isenburg mit S. 25-44, hier S. 25. 18 Bünz: Mainzer Residenz

Koadjutor Albrecht von Sachsen (und nicht Kurfürst Absicht des Verfassers. Gleichwohl erfährt man bei- Ernst von Sachsen, wie in manchen Darstellungen läufig doch manche willkommenen Einzelheiten über behauptet wird) entgingen in der Nacht vom 2. zum den Alltag am Hof des Mainzer Erzbischofs, sein per- 3. März 1481 nur mit knapper Not dem Feuertod. Da sonelles Umfeld und die Raumaufteilung der Main- zu erwarten war, dass sich die Nachricht vom Schloss- zer Martinsburg, die dann nach 1481 neu errichtet brand schnell verbreiten würde, beeilte sich der Ver- worden ist. Die bislang unbekannte Quelle erweitert fasser des Briefes, Kurfürst Ernst in Dresden umge- damit unsere Kenntnisse über Hof und Residenz des hend darüber zu informieren, dass sein Sohn Al- Erzbischofs zu Mainz, aber auch über die Beziehun- brecht unbeschadet sei. Den Hergang der Brandkata- gen zwischen Kurmainz und Kursachsen im späten strophe im Einzelnen zu schildern, lag nicht in der 15. Jahrhundert. Bünz: Mainzer Residenz 19

EDITIONSANHANG Pald daranach zbischen ailfen und tzbelfen erhübe Der Fürstenerzieher Ulrich berichtet Kurfürst Ernst sich in dein geschloß an allen vir orternn, auf meines herren herren von von Sachsen aus Mainz über den Brand des erzbi- gn(edigen) gemach, auf meines Mentz kamer, iunkherren Iohan gemach und auf schöflichen Schlosses auf 2s des hofmeister ein graussam snell feür, also Mainz, 1481 März 3 gemach, das des nymantz gebar ward, bis das dach allenthal- ben mit feur verdecket was. Ich bracht meinen gn(edi- Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Reg. B, gen) herren hertzog Albrechten par fussen in einer Nr. 496 (Ausfertigung, Papier, Höhe 31,7 cm, Breite schauben aus dem gemach, und so paid wir in des pi- 30 22,7 cm). schoff stuben kamen, begreift der bacc(alari)us und der sneider ii meines gn(edigen) herren wanias und ein schauben, und vil daranach dy kamer ein, damit dy chäm heraus entrunnen, domit giengen baid mein Adresse auf Rückseite: Dem durchlettchtigen, hoch- gn(edige) herren, einer an hosen, der ander an schlich, 35 geboren fürsten und herren, herren Ernsten, hertzo- auf einen turen und liessen beschauen, wy es in der gen zit Sachsen, kurfürsten etc., landtgrauen in Dorin- stat stünde. Do waren dy bürger in aller gehorsam, als gen und margrauen zu Meissen etc., meinem genedi- pider und fürnnem leütten zu gehort, geschiket an dy gen, lieben herren. örter und klagten nichtz anders dann baid mein gn(edige) herren. Genediger herr, keinem fnenschen 40 ist das ist Dürchleüchtiger hochgeborner fzirst, genediger Kerr. nichtz geschehen, sunder geschloß ganntz dy hofstuben genle- Mein gantz gehorsam willig dint sein euren fürstli- außgeprant an groß und an etlich darinnen. Horte ander mer, chen genaden alltzeit zuuor wereit. Genediger herre, che vnden eur gn(aden) kein dar ich hab euren gnadenl nicht lang vor bey Harns Po- sol eur gnad nicht gelauben noch wetrubung Mein herr herzog Albrecht mit 45 5 ten, Glitzschanns genant, geschriben, möcht eür genad aus nemen. gn(ediger) ist in doctor Pfeffer haus, darinnen gedencken, warumb ich so oft und so paid widerumb seinem gesinde hauß Solhes hab ich im schribe. So ich aber das ze tlum gitzbungen werde, eu- sein wir ganntz wirt worden. fürstlichen wel- rer gnaden großen vnrnüt vrd bekummerung, so eur pesten euren gnaden nicht vorhalden len, der ich beuilh lieben grad aus vnbaren reden möc/u nerven, zu entslahen, mich als meinem gn(edigen) herren. Dat(um) Mentz Sunabent Mathie ]o hab ich hie mit diß brife euren gn(aden) gegeben. Ge- zu an nach 50 LXXXI°. nediger Kerr, an Frytag nach Mathie schirst anno etc. vergangen2 waren mein gn(edige) herren, der von hertzog Mentz void euer gr(aden) lieber sun Albrecht E. f g. gehorsamer williger maister Vlrich, zuclztmei- 3zu des sachtes Mentz auf dem gesloß3 ganntz frölich ster. 15 bis auf dy neiinte stund. Zu der selben gieng mein gn(ediger) herre herzog Albrecht auf seinen gemach, der dann auf meines herren von Mentz stuben was, und legt sich slaffen, und dy andern seiner gr(aden) diner allzu anal, dann außgenununen der baccalarius, 1 Folgt gestrichen: graden. zo der karte und räumbt auf, was zerstreet lage, und legt 2 2. März. sich nach tzehen auch slaffen, sacln und hörte nichtz. 3-3 Am linken Rand von gleicher Hand einkorrigiert.

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