Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien JAhrEsBErIchT 2014 JAhrEsBErIchT JAhrEsBErIchT 2014

REVISITED AREA STUDIES CONNECTIVITY, COMPARISON, LATERALITY

FIRST ANNUAL CONFERENCE OF THE GRADUATE SCHOOL FOR EAST AND SOUTHEAST EUROPEAN STUDIES 12 – 14 JUNE 2014,

ABOUT THE CONFERENCE The conference will discuss institu tional pathways, the relationship between political expediency and area study development and methodological innovation. Since the exploration of a particu lar region needs to highlight also its relations with other parts of the world, the conference aims at facilitating a dialogue between Area Studies focusing on different parts of the globe. The conference starts on 12 June, 6 p. m., with a round table discussion on the state of East European Studies.

VENUE Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft e. V. (Amalienstraße 38, Munich)

ORGANIZATION Graduate School for East and Southeast European Studies (LMU Munich / University of Regensburg)

REGISTRATION Please register until 8 June by e-mail: [email protected]

grAduIErTEnschulE FÜr osT- und sÜdosTEuroPAsTudIEn WWW.GS-OSES.DE

Graduate School for East and Southeast

European Studies Design Sebastian Lehnert, Munich

www.gs-oses.de

das zweite Jahr Inhalt Impressum

Editorial — 1 Herausgeberin Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien Forschungsfelder Irina Morozova: The Debate on Progress, Social Order Ludwig-Maximilians-Universität Universität Regensburg and Economy — 7 München Landshuter Straße 4 Karina Shyrokykh: Roads to Human Rights — 9 Maria-Theresia-Straße 21 93047 Regensburg Anna Baumgartner: Die Münchener Polenschule — 12 81675 München Emanuel Tatu: »Erfahrung« und »Wahrnehmung« in der Prosa rumänisch- jüdischer Autoren der Zwischenkriegszeit — 16 Arnošt Štanzel: Infrastrukturen als Forschungsobjekt der Umwelt- Konzeption und Redaktion geschichte — 18 Kathrin Krogner-Kornalik

Das zweite Jahr Gestaltung und Realisierung Die Arbeit in den Studiengruppen — 23 Sebastian Lehnert, München Jahrestagung »Area Studies Revisited« — 40 www.deskism.com Sommerschule »Performance. History. Art. Culture« — 45 Weitere Veranstaltungen der Graduiertenschule — 49 Medienecho — 54 Bildnachweis Publikationen — 57 Fellows zu Gast in München und Regensburg — 57 Seite 15: Wikimedia — Seite 21: Arnošt Štanzel — Seite 35: Internationales Neue Professuren — 87 Graduiertenkolleg »Religiöse Kulturen im Europa des 19. und 20. Jahr- hunderts« — Seite 66: H. Lazouskaya — Seite 72: American University, Forschungsförderung Washington D. C. — Seite 77: Privat — Seite 80: Privat — Seite 89: Andreas Bewerbungsworkshop »Preparing for a Doctoral Project« — 103 Renner — Seite 93: Kathrin Krogner-Kornalik — Seite 96: Ger Duijzings — Erfolg mit Netzwerkantrag — 105 Seite 99: Meyers Konversationslexikon 1885 – 1890 / Wikimedia

Anhang Alle anderen Abbildungen respektive Fotos: Bildarchiv der Graduierten- Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer — 107 schule für Ost- und Südosteuropastudien Postdocs und Promovierende — 108 Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats — 112

Impressum und Bildnachweis — 113

Auf dem Umschlag im Uhrzeigersinn: Plakat zur Jahreskonferenz, Gruppenfoto, Klingelschild, Gabriel Andreescu zu Gast bei der Sommerschule EDITORIAL

Editorial

Martin Schulze Wessel und Ulf Brunnbauer

Russlands Annexion der Krim und der Krieg im Osten der Ukraine haben im vergangenen Jahr das östliche Europa wieder in das Zentrum von Politik und Öffentlichkeit ge- rückt. Neben diesem militärischen Brennpunkt verdienen auch andere Länder Ost- und Südosteuropas aufgrund ihrer aktuellen Entwicklung intensive Aufmerksamkeit: die Herausbildung von autoritären Herrschaftsstruktu- ren sogar in einem EU-Mitgliedsland (Ungarn), die soziale Dauer­krise in Bulgarien oder die prekäre Lage der Repub- lik Moldau seien exemplarisch genannt. Der Angriff Russ- lands auf Grundlagen der europäischen Friedensordnung, aber auch die Krisensymptome in vielen Gesellschaften des östlichen Europas erfordern eine Analysekompetenz, die in Deutschland lange vernachlässigt worden ist. Mit der Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien gibt es nun ein Zentrum, das den dringend benötigten wissenschaftlichen Nachwuchs mit entsprechenden Kom- petenzen ausbildet und das mit seiner Expertise in die Öffentlichkeit geht. Die Vielzahl der Veranstaltungen, die die Graduiertenschule 2014 zur Erhellung der Lage in der Ukraine organisiert hat, zeigt das Bestreben, Wissen in die Öffentlichkeit zu transferieren; die zahlreichen Inter- viewanfragen nicht nur an die etablierten Wissenschaft- lerinnen und Wissenschaftler der Graduiertenschule, son- dern auch an ihre Promovierenden mit einschlägigen For- schungserfahrungen verdeutlichen die Anerkennung ihrer Expertise. Dabei belässt es die Graduiertenschule nicht bei

1 GRADUIERTENSCHULE FÜR OST- UND SÜDOSTEUROPASTUDIEN

der Analyse aktueller Problemlagen: Vielmehr reflektiert sie auch über die wissenschaftlichen Grundlagen der Area Studies. Dazu fand vom 12. bis 14. Juni in München unsere erste Jahreskonferenz »Area Studies Revisited: Connecti- vity, Comparison, Laterality« statt, zu der insbesondere andere regionalwissenschaftliche Graduiertenschulen und Forschungsinstitute eingeladen waren. Das zweite Jahr der Graduiertenschule stand auch im Zeichen des strukturellen Ausbaus ihrer Lehr- und Betreu- ungskompetenz. An der Universität Regensburg konnte für die neu eingerichtete Professur für Sozialanthropolo- gie Ger Duijzings vom University College London gewon- nen werden. Zugleich wurde der Lehrstuhl für europä­ ische Geschichte des 19. und 20. Jahr­hunderts mit Rainer Liedtke besetzt, der neben seiner allgemeinen Kompetenz für europäische Geschichte insbesondere Schwerpunkte in der jüdischen Geschichte und für Süd- und Südosteu- ropa einbringt. An der LMU München wurde ein neuer, im deutschen Sprachraum einzigartiger Lehrstuhl für Russ- land / Asienstudien geschaffen, für den der Russland- und Japan-Historiker Andreas Renner gewonnen worden ist. Mit dem Hochschulassistenten Sören Urbansky kommt eine Kompetenz für Russland und China hinzu. Zusammen mit Irina Morozova, die als Postdoktorandin mit Zentral­ asienexpertise für zwei Jahre an der Universität Regens- burg tätig sein wird, wird so ein sichtbares Zentrum für die Zusammenführung von Russlandstudien und Asienstudien geschaffen, die allzu lange separat betrieben worden sind. Auch im vergangenen Jahr hat die Graduiertenschule durch die Einladung von Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftlern ihre internationale Ausrichtung gestärkt: Die russische Wissenschaftshistorikerin Elena Aronova, der amerikanische Historiker Eric Lohr und die polnische Kunstwissenschaftlerin Marta Smolińska nah- men Fellowships der Graduiertenschule in München wahr, während sich der Historiker Michal Kopeček aus Prag, der Rechtswissenschaftler Peeter Järvelaid aus Tallinn und der Zagreber Filmwissenschaftler Nikica Gilić als Fellows der Graduiertenschule in Regensburg aufhielten. In allen Fäl-

2 EDITORIAL len gab es einen intensiven fachlichen Austausch zwischen den Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftlern und den Promovierenden der Graduiertenschule. Dafür sind unter anderem die Gespräche ein Beleg, die wir in diesem Jahresbericht veröffentlichen. Über die Fellows der Graduiertenschule hinaus wählten mehrere Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler die Graduiertenschule als Ort für einen Forschungsaufenthalt: zum Beispiel der Mediä­vist Aleksej Martyniouk aus Minsk, die Zeithistori­ kerin Radka Šustrová aus Prag, die Literaturwissenschaft- lerin Irmgard von der Lühe aus Berlin und der Jurist Gian- franco Tamburelli aus Rom. Ein Ort des intensiven internationalen Austauschs war erneut die Sommerschule, die in diesem Jahr in Koope- ration mit der Babeş-Bolyai-Universität in Cluj-Napoca (Rumä­nien), einer unserer Partneruniversitäten, statt- fand. Unter der Leitung des Theaterwissenschaftlers Chris­ topher Balme widmete sie sich dem Thema »Performance: Art, Culture, History« und damit einem genuin theater- wissenschaftlichen Zugang, dessen analytischer Nutzen für andere Disziplinen diskutiert wurde. Neben den Pro- movierenden der Graduiertenschule und den Master­ studierenden des Elitestudiengangs Osteuropastudien nahmen an der Sommerschule Studierende beziehungs- weise Promovierende der Universität Cluj-Napoca und der Moskauer Higher School of Economics teil. Gastvor- tragende aus Rumänien, Serbien und Polen bereicherten das wissenschaftliche Programm. Bei der Gewinnung von ausgezeichnetem wissen- schaftlichen Nachwuchs geht die Graduiertenschule teils bewährte, teils neue Wege: Erneut wurde im vergange- nen Jahr ein Bewerbungsworkshop angeboten, bei dem ausländische Interessenten für die Graduiertenschule die Gelegenheit erhielten, unter Anleitung von Postdokto- randen aus München und Regensburg an ihren Promo- tionsexposés zu arbeiten und damit eine aussichtsreiche Bewerbung für die Aufnahme in die Graduiertenschule vorzubereiten. Darüber hinaus bot die Graduiertenschule erstmals themenbezogene Workshops an, mit denen

3 GRADUIERTENSCHULE FÜR OST- UND SÜDOSTEUROPASTUDIEN

­speziell Interessenten im Feld der Wissenschafts-, Technik- und Umweltgeschichte, der Linguistik sowie der Rechts- wissenschaften angesprochen werden sollten. Tatsächlich stellte sich das Bewerberfeld für den dritten Jahrgang von Promovierenden, die 2014 aufgenommen wurden, noch internationaler als zuvor dar. Aus über 100 Bewerbungen, davon mehr als die Hälfte aus dem Ausland, wurden in einem zweistufigen Auswahlprozess sieben Bewerberin- nen und zwei Bewerber gewonnen, davon kamen vier von einer ausländischen Hochschule. Die Graduiertenschule kann auf ein wissenschaftlich sehr fruchtbares Jahr zurückblicken. Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür ist ein gemeinsamer Erfolg einer Postdok- torandin und einer Doktorandin der Graduiertenschule: ­Berenika Szymanski-Düll und Katalin Cseh-Varga haben ein DFG-Netzwerk über »Aktionskunst jenseits des Eiser- nen Vorhangs« eingeworben. Die Graduiertenschule hat somit eine eigene Dynamik gewonnen, die maßgeblich von den Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissen- schaftlern ausgeht. Dafür, dass wir dies erreichen konnten, möchten wir allen Beteiligten herzlich danken.

Martin Schulze Wessel Ulf Brunnbauer

4 EDITORIAL

Kolloquium

15. Oktober 2014 11 – 13 Uhr München

Dr. hab. Marta Smolińska (Toruń)

Unterwegs nach Babadag: Konstruktionen von 21. bis 22. November 2014 Identität(en) des zeitgenössischen TAGEBÜCHER Rumäniens in der zwischen Text und Quelle anachronischen Fotografie Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien Raum 017 (EG) von Nicu Ilfovean Landshuter Str. 4, 93047 Regensburg

Freitag, 21.11.2014 Wann? 9.00 Uhr Begrüßung und Einführung Mittwoch, 15. Oktober 2014 9.30 – 11 Uhr 11 – 13 Uhr Tagebücher und Geschichtswissenschaft Michael Maurer (Jena), Martina Wagner-Egelhaaf (Münster) 11.30 – 13.00 Uhr Wo? Tagebücher und Literaturwissenschaft Historicum, Amalienstr. 52, Schamma Schahadat (Tübingen), Li Gerhalter (Wien) 14.30 – 16.00 Uhr Raum K001 Tagebücher und Narrative Identität Miriam Nandi (Freiburg), Birgit Kirchmayr (Linz) 16.30 – 18.00 Uhr Tagebücher zwischen Individualität und Kollektivität Arno Dusini (Wien), Sebastian Hansen (Stuttgart)

Samstag, 22.11.2014 Nach dem Vortrag lädt die Graduiertenschule für Graduiertenschule für 9.00 – 11.00 Uhr Ost- und Südosteuropastudien Ost- und Südosteuropastudien zu einem Imbiss ein. Tagebücher zwischen Chronik und Autobiographie Geschäftsstelle Regensburg Graduiertenschule Landshuter Straße 4 Thomas Stamm-Kuhlmann (Greifswald), Sabine Gruber (Tübingen) für Ost- und 93047 Regensburg Tel.: 0941 . 943-5351 11.30 – 13.00 Uhr: Südosteuropastudien E-Mail: [email protected] oder Tagebücher zwischen Selbstzeugnis und Propaganda [email protected] Wolfram Pyta (Stuttgart), Andrea Albrecht (Stuttgart) Konzeption und Organisation: Volker Depkat (Regensburg) 13.30 – 15.00 Uhr Wolfram Pyta (Stuttgart) Tagebücher zwischen Text und Quelle www.gs-oses.de

THEMENVERBUND www.gs-oses.de OST-WEST-TRANSFERS

FORUM

24. Juni 2014 18 – 20 Uhr München

Prof. Dr. Maarten van Ginderachter 21. November 2014 (Antwerpen)

Where to with nationalism ‘research’ EXIL-DIASPORA-

In Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft TRANSNATIONALITÄT für Osteuropakunde

Universität Regensburg Tagungsraum im Vitus

WANN? Hinter der Grieb 8 Dienstag, 24. Juni 2014 93047 Regensburg (Altstadt) 18 – 20 Uhr

WO? Bibliothek der Graduierten- schule, Maria-Theresia- Freitag, 21.11.2014 . Straße 21, München 9.45 Uhr 14.30 – 15.15 Uhr Begrüßung „Wir Flüchtlinge“ – Exil und Heimat bei Dorothee Gelhard und Burcu Dogramaci Hannah Arendt und Jean Améry Irmela von der Lühe (Berlin) 10.00 – 10.45 Uhr Nach dem Vortrag lädt die Graduiertenschule für Transnationale Kunstgeschichte 15.15 – 16.00 Uhr Graduiertenschule Ost- und Südosteuropastudien zu einem Imbiss ein. Literaturgeschichte als Verflechtungs- für Ost- und und epistemologische Dezentrierung Südosteuropastudien Die Veranstaltung wird mit Foto und Video Regina Göckede (Cottbus) geschichte: Zur Entstehung der Ghetto- dokumentiert. geschichte in den plurikulturellen 10.45 – 11.30 Uhr Regionen Ost(mittel)europas München transnational – Lebenswelten Kerstin Schoor (Frankfurt/Oder) polnischer Künstler in der bayerischen www.gs-oses.de Hauptstadt des 19. Jahrhunderts 16.30 – 17.15 Uhr Anna Baumgartner (München) Unzuverlässige Identitäten. Zum oszillierenden Charakter von 12.00 – 12.45 Uhr (nationaler) Eigenheit und Fremdheit „Though there is a saying that art has bei Aleksandr Grin no nationality...“ – Theater und Migrati- Annelie Bachmaier (Regensburg) on im 19. Jahrhundert am Beispiel Helena Modrzejewskas (1840–1909) 17.15 – 18.00 Uhr Berenika Szymanski-Düll (München) Bildungskonzepte und Kulturkonstruk- tionen: transnationale Manifestationen Graduiertenschule für 12.45 – 13.30 Uhr Ost- und Südosteuropastudien der Nachkriegsmoderne Von Cassirer zu Cassirer. Drei Genera- Geschäftsstelle Regensburg Anna Minta / Laura Hindelang (Zürich) Landshuter Straße 4 tionen einer Familie im englischen Exil 93047 Regensburg Sigrid Bauschinger (München) 18.00 – 18.45 Uhr Tel.: 0941 . 943-5351 Routes of Modernity. Eine globale Kunst- E-Mail: [email protected] geschichte der westlichen Moderne Konzeption und Organisation: Burcu Dogramaci (München) Dorothee Gelhard und Burcu Dogramaci, Veranstaltungsplakate Studiengruppe „Konstruktion, Übersetzung und Entgrenzung in Kunst und Literatur“ der Graduiertenschule aus dem Jahr 2014 www.gs-oses.de

5 Forschungsfelder GRUNDLAGEN UND FORMEN DES SOZIALEN UND POLITISCHEN WANDELS

Postdoc-Projekt von Irina Morozova The Debate on Progress, Social Order and Economy and the Rise of New Inequalities in Central Asia, 1970 – 90s

Seit dem Wintersemester 2014 / 15 forscht Dr. Irina Morozova als Postdoc in Regensburg. Die Historikerin ist Spezialistin für die Region Zentral- und Inner­ asien. Im Folgenden gibt sie einen Einblick in ihr aktuelles Forschungsprojekt.

The Communist ideology produced tories of such different states as re- one of the strongest modernist and gional economic ‘leader’ Kazakhstan developmentalist visions on history and ‘weaker’ Kyrgyzstan, known for and society, whereas its eschatology its revolutionary scenarios of power and symbolism provided for non-­ transition or Mongolia, which has essentialist motivation for the individ- been more successful in ‘democracy-­ uals to work for building a progres- building’. In addition it shall bring to sively improving society. In Central light the patterns of socio-­economic and Inner Asia communism as an ide- transition internationally. The com- ology intercrossed with local­ cultures, parative perspective is used to high- while its practices inter­connected light complex historical contexts and with people’s loyalties in a complex the study’s relevance to the questions and sometimes bizarre way. For the on development of social systems, wide sections of the population in So- sustainability of structures and con- viet Central Asia and Mongolia, which cepts of nation-state. had lived through the socio-economic The project “The Debate on Prog- stabilisation of the 1960 – 70s, the ress, Social Order and Economy and perestroika course and reforms of the the Rise of New Inequalities in Cen- second part of the 1980s unexpect- tral Asia, 1970 – 90s” compares the edly resulted in a systemic change; stages and pace of economic reforms the dismantling of socialism and the in Kazakhstan, Kyrgyzstan and Mon- USSR’s and SMEA’s disintegration. golia. The concepts for reforms had The intro­duction of liberal market been developing since the mid-1970s reforms and public ­debates on social and set up in 1987 with the introduc- inequalities uncovered the ­already tion of market elements within the existing sharp rivalry for material socialist system, while the full-scale and non-material resources in late launch of market reforms took place socialist society. This socio-economic in the 1990s. The project studies the history, not written­ so far, shall not concepts of economic progress, social only explain the similarities and vari- order and inequalities as they were ations in present development trajec- produced by intellectuals, research

7 Forschungsfelder

collectives and politicians, translated and republican elite undertook more in the media and discussed among affirmative political actions to spur the population. The key questions publications on ethnic conflict in are: how did the development of the Central Asian Republics. Mongolia’s public debate on economic progress, case has been different, as discus- social system and inequalities result sions on Mongolia’s over-reliance on from, paralleled to and preceded the USSR’s economic assistance had these reforms and who were the so- been persistently reinforced by po- cial actors fostering the reforms. The litical and intellectual elites, which patterns of collective and individual justified the launch of market econ- adaptation at the ‘thickened histori- omy institutions as a precondition for cal time’ of the conversion from the the successful development of the twentieth to the twenty first cen- ­Mongolian nation. tury shall be compared. Above all, The research is largely based on the research aims at analysing what the established database of written happens with semiotic and semantic (archival) and oral (interviews) orig- matrixes, when unpredictable social inal sources collected in the frame- transformations happen with acceler- work of the completed project “The ated speed and whether or not and history of perestroika in Central to what extent the debate generates Asia (social transformation in Ka- crisis or is formed by the crisis or its zakhstan, Kyrgyzstan and Mongolia, perceptions. 1982 – 1991)” sponsored by Volkswa- The discourse on the unproductive gen Foundation and led by me before socialist economy glorified the idea I took the position at the Graduate of the free market in the popular late School in Regensburg. ­socialist and post-socialist rewriting of The project shall have an impact economic history. Despite the general upon scholars engaged in studying prevalence of the discussions on na- economic history and social produc- tion, ethnicity, language and religion tion of the concepts on (economic) in Central Asian public domain over progress and social inequality. It will the discussion on economy and re- contribute to developing research form, the previous research revealed programmes in the growing field some publications on the collapsing of Central and Inner­ Asia studies Soviet economy in Central Asian Re- while bringing comparative perspec- publics as well. The discussions on tive and viewing the regions’ de- effective economic performance of velopment in relation to its closest enterprises and self-audit were at post-socialist neighbours in Eastern their highest in 1987 and 1988, but and South-Eastern ­Europe. — Irina in later years the central (­Moscow) Morozova

8 GRUNDLAGEN UND FORMEN DES SOZIALEN UND POLITISCHEN WANDELS

Dissertationsprojekt von Karina Shyrokykh Roads to Human Rights: International Organizations and Human Rights Practices in the Post-Soviet States

Wie beeinflusst die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen die Einhaltung von Menschenrechten in post-sowjetischen Staaten? Dieser Frage geht Karina Shyrokykh in ihrem Promotionsprojekt nach, das sie an dieser Stelle kurz vorstellt.

Project description the efforts of these IOs, it is import- In 2013 among all 47 member states ant to know what measures can pro- of the Council of Europe (CE), 33 de- duce a positive outcome. cisions on violation of article 1 (right Previous research has demon- to life) were issued, of which 21 cases strated that IOs can impact democra- were against the post-Soviet states tization processes in states; they can (Russia – 15, Ukraine – 4, Lithuania – play the role of teachers of norms, 1, Moldova – 1). Inhumane treatment define issues and promote coopera- was condemned 163 times, 92 vio- tion, as well as facilitate international lations were conducted by the post-­ diffusion of norms and ideas. In their Soviet states. Likewise, 11 cases deal- recent article Robert O. Keohane, Ste- ing with torture were issued. Hence, ven Macedo, and Andrew Moravcsik the question rises: Why do the most (2009) argue that IOs can enhance violations of the fundamental rights domestic democracy through re- take place in a region, which com- stricting special interests, protecting prises only 19 percent of the total human rights, fostering collective de- number of the CE states? A further liberation, and improving the partici- step then would be to develop strat- patory standard of democratic value. egies that would improve the current My project aims at contributing to situation. the research of to what extent and The phenomenon is widely known through which mechanisms IOs pro- and addressed by many international tect human rights in the case of the organizations (IOs) through different post-Soviet states. instruments such as aid allocation, Given previous research’s empha- capacity building programs, diplo- sis on the potential impact of IOs, matic and restrictive measures. The the following research questions are most prominent organizations deal- formulated: (a) Do IOs impact human ing with the issue are the European rights practices of the post-Soviet Union, the CE, and the OSCE. Given states and if so, then to what extent?

9 Forschungsfelder

(b) Through which mechanisms IOs Research design impact human rights? Hence, the aim To describe and explain what the of the study is to describe and explain effects of IOs on human rights prac- if and how IOs impacts human rights tices of the post-Soviet states are, I in the post-Soviet states. conduct a mixed-method research, The issue of “state violence” or which allows to combine the strength “state terror” is a relatively new topic; of large-N (with large number of ob- it emerged in mid-1980s and focused servations) design for identifying em- on broad forms of state terror aimed pirical regularities and patterns, and at the systematic repression of the the strength of the case studies for domestic populations. The previous revealing the causal mechanisms that research has demonstrated that in- give rise to political outcomes. ternational human rights treaties Combination of quantitative re- impact human rights practices in gression analysis and case study is states-ratifiers. However, there is a potentially productive. Statistical gap in knowledge as to how other analysis can guide case selection, instruments such as allocation of aid, help to identify outliers or deviant capacity building projects, démarches, cases; whereas case study can help or restrictive measures applied to to investigate why these cases are states can impact their behavior. deviant (possibly leading to identi- The study focuses on IOs whose fying omitted variables) and access agenda and activities directly relate plausibility of observed statistical to human rights. Since IOs cooperate relationships which may lead to the- in the realm of this policy area with oretical insights. Case study can help both member states and non-mem- to explore the possible causal mech- ber states, both are considered for anism behind the correlations or pat- this study. The focus of my research terns observed in the statistical part, aims at understanding the most ef- providing a check on whether cor- fective strategy of dealing with states. relations are spurious or potentially causal. Therefore, the combination of two methods will be beneficial for my project and both are considered.

10 GRUNDLAGEN UND FORMEN DES SOZIALEN UND POLITISCHEN WANDELS

Theory Further steps Building on previous findings, I de- The following steps will be data analy- velop a theoretical approach to in- sis and hypotheses’ testing. While do- ternational mechanisms comparing ing so, a number of control variables their effects across two dimensions: will be considered. Following theoret- the source of incentive to adjust prac- ical assumptions in my dissertation, I tices and the type of leverage that IOs control for domestic features. No one have at their disposal. It builds on should expect international instru- human rights literature and IR theo- ments to overcome these basic condi- ries to provide an account of interna- tions; rather the question is whether tional means of impacting domestic international mechanisms make any human rights practices. Based on the difference once we control for these theoretical approach, I compose the conditions.— Karina Shyrokykh following hypotheses:

H1 Application of coercive enforce- ment mechanisms (sanctions, suspension of aid, embargoes, visa bans, etc.) leads to improve- ment of human rights practices when the cost of violation ex- ceeds its benefits.

H2 Capacities building programs (such as assistance, aid, knowl- edge and technical transfer, etc.) are capable of adjusting states practices when capacity is low and human rights are not politi- cized. H3 Persuasion (demarches, state- ments, expression of concerns, etc.) has an effect on a states human rights practices when the cost of adjustment is low and cooperation is sustainable.

11 Forschungsfelder

Dissertationsprojekt von Anna Baumgartner Die Münchener Polenschule. Orientalismus, Abenteuer und Exotik in der Malerei um Józef Brandt

Die internationale Kunststadt München zog im 19. Jahr­hundert Künstler aus ganz Europa an. Eine der größten Gruppen bildeten dabei die polnischen ­Maler – die Forschung spricht von rund 700 polnischen Kunstschaffenden, die in der bayerischen Hauptstadt zu einer Zeit, als Polen zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilt war, erstmals ein unabhängiges polnisches Kunstleben organisieren konnten. Józef Brandt (1841 – 1915), um den sich viele der Ankömmlinge scharten und der mit seinen dynamischen Pferde­ bildern und Reiter­szenen auch für die damalige deutschsprachige Kunst­ kritik das Bild von der »­Münchener Polenschule« prägte, ist bis heute kaum untersucht. Diesem Desiderat hat sich Anna Baumgartner angenommen.

Dass München im 19. Jahrhundert seit Die meisten Künstler blieben oft- der Regentschaft Ludwigs I. mit seiner mals nur für einen kurzen Aufent- renommierten Akademie, zahlreichen halt. Um Józef Brandt jedoch, den es privaten Ateliers, einem regen Kunst- 1867 nach München gezogen hatte markt und bedeutenden, öffentlich und der schnell enge Kontakte mit zugänglichen Sammlungen eine in- der hiesigen Künstlerschaft und bis ternationale Kunststadt war, gilt als in hohe adlige Kreise reichende Be- Gemeinplatz. Neben Künstlern aus ziehungen aufbaute, bildete sich den deutschen Landen weilten vor ab den 1870er Jahren eine größere allem ab den 1850er Jahren zahlrei- Gruppe von Malern. Diese wurden che Österreicher, Schweizer, Belgier, für einen längeren Zeitraum sesshaft Balten, Russen, Serben, Slowenen, und bald von der deutschen Kunst- Ungarn, Griechen, Polen, Bulgaren, kritik als eigenständige polnische Holländer, Engländer und Amerikaner Malschule anerkannt. Neben Brandt in der Stadt. Die Polen bildeten eine waren es Alfred Wierusz-Kowalski, der zahlenmäßig größten nationalen der vor allem­ winterliche Jagdszenen, Gruppen. In der polnischen Literatur einsame Wölfe und Schlittenfahrten wird von ca. 700 Kunstschaffenden malte und Maksymilian Gierymski – gesprochen, die aus den polnischen, als Vorläufer der polnischen Moderne seit 1795 zwischen Russland, Öster- an formalen Lösungen in Landschaft reich und Preußen aufgeteilten, Ge- und Genreszenen interessiert – die bieten meist zur Ausbildung in die zum Hauptkreis der Münchener Polen­ bayerische Hauptstadt kamen. zählten.

12 KULTURELLE ORDNUNGEN

Während ihr Werk in den letzten Die polnische kunsthistorische Jahren in Polen ein vermehrtes For- Lite­ratur hat im Zusammenhang schungsinteresse genossen hat, gibt mit der Malerei Józef Brandts schon es zu Józef Brandt bis heute so gut häufiger von einem »polnischen Ori- wie keine über populärwissenschaft- entalismus« gesprochen und festge- liche Bearbeitungen hinausgehende stellt, dass die »Kresy«, besonders Literatur. Die deutsche Forschung die ukrainischen Gebiete, die Brandt widmete sich wiederum bisher kaum noch vor seiner Ankunft in München der Darstellung dieser eng mit dem auf den Spuren der polnischen Ge- Münchener Kunstgeschehen verfloch­ schichte bereiste und hier Requisiten tenen Kunstgeschichte. für seine späteren Kompositionen Dieses Forschungsdesiderat greife sammelte, für die polnischen Maler ich in meinem Projekt auf und widme zu einer Entsprechung des »Orients« mich dem Wirken und Schaffen Józef wurden. Tiefergehende Analysen und Brandts. Spezialisiert auf die Visuali- die Dekonstruktion von Eigen- und sierung von Episoden aus der polni- Fremdstereotypien, die eine wissen- schen Geschichte des 17. Jahr­hunderts schaftliche Reflexion des Orientalis- mit dynamischen Kampf- und Rei- mus-Begriffs verlangen würde, feh- terszenen zwischen Polen, Kosaken, len jedoch bisher ganz. Stattdessen Tata­ren und Türken bediente Brandt dominiert eine in nationalen Narra- in Polen im Zeitalter der Teilungen tiven verhaftete Leseweise, die den das Bedürfnis und die Forderung Konstruktions- und Repräsentations- nach einer nationalen, identitätsstif- charakter der Bildlösungen negiert. tenden Malerei. So erinnerte er an In meinem Projekt bemühe ich die einstige Macht der polnischen mich deshalb um eine kritische Kon- Adelsrepublik, die zu ihren Glanzzei- textualisierung der Malerei Brandts ten mit den »Kresy Wschodnie«, also und knüpfe dabei an die slawisti- den ehemaligen polnischen Ostgebie- sche Orientalismus- und postcolo- ten, ein multiethnisches Riesenterri- nial-Forschung an. In Anlehnung torium beherrscht hatte. Bis heute an Edward W. Saids Orientalismus-­ ist seine Malerei prägend für die Konzept und die These Larry Wollfs Vorstellung von der polnischen (im- von der Erfindung Osteuropas durch perialen) Vergangenheit und ihren die westliche Aufklärung als das »ei- kulturellen Wurzeln – und sei es nur gene Andere« betrachtet diese Russ- indirekt durch Historienfilme wie die land und das Habsburgerreich als Verfilmung von Henryk Sienkiewiczs Kolonial­mächte. In den letzten Jahren »Ogniem i mieczem« (»Mit Feuer und fragt die Forschung­ zudem vermehrt Schwert«), die auf Brandts Bildspra- nach der Selbstorientalisierung in- che und Sujets zu rekurrieren scheint. nerhalb der slawischen Kulturen und

13 Forschungsfelder

­ihrer Positionierungen­ gegenüber der Verkauf belegt. So ist neben­ der den jeweils östlicher gelegenen Nach- stilistischen Verortung ­Józef Brandts barn. Für den polnischen Fall hat die im europäischen Kunstgeschehen Literatur bisher diskutiert, inwiefern auch die nicht-polnische Rezeption die Geschichte Polens die einer – zu- der Bildsujets ein zentraler Aspekt erst im ausgehenden 18. Jahr­hundert meines Projekts. Schon 1901 be- durch die Teilungsmächte Russland, merkte der bedeutende Kunstkri- Preußen und Österreich, dann durch tiker Stanisław Witkiewicz, dass das Sowjetregime von 1945 bis 1989 – Brandt in München so populär sei, kolonisierten Nation sei, die das weil er »den Ausländern eine mär- Drama des Verlustes der staatlichen chenhafte Welt und exotische Men- Unabhängigkeit umso stärker durch- schen« zeige. Entsprechend lautet lebt, je größer die Erinnerung an die eine meiner Leitfragen: Warum faszi- eigene imperiale Vergangenheit der nierte polnische Geschichts-­Malerei polnisch-litauischen Rzeczpospolita ein nicht-polnisches Pub­likum? Kann (1569 – 1795) wird. Diesbezüglich man von einer gezielten, die Schau- werden in Einzelstudien die seit der lust eines bürgerlichen ­Publikums Romantik immer wieder um die Frage befriedigenden Exotisierung und nach der polnischen nationalen Iden- Orientalisierung der polnischen Ver- tität kreisenden literarischen und gangenheit als Verkaufsstrategie philosophischen Texte untersucht. sprechen? Werden die Arbeiten im Auffallend ist, dass die polnische außer-polnischen Kontext überhaut Malerei des 19. Jahr­hunderts bisher mit Polen in Verbindung gebracht? nicht Bestandteil dieser Analysen war. Waren seine von Dynamik, Stimmung Brandts Kompositionen, die gerade und Aktion geprägten »exotischen« die Größe der Adelsrepublik evozie- Bilder so beliebt, weil sie beim Be- ren und mit der Visualisierung der trachter des 19. Jahr­hunderts ähn- Kämpfe mit den Türken, Tataren und liche Bedürfnisse befriedigten und Kosaken an die Situierung der Adels- Affekte evozierten, die heutzutage republik an der Grenze zwischen Ost- von Abenteuer- und Historienfilmen und Westslawia und als Kontaktzone im (Hollywood-)Kino hervorgerufen zur islamischen Welt erinnern, stehen werden? Neben der Arbeit am Bild jedoch in engem Zusammenhang mit und deren kulturhistorischer Ver- den skizzierten Fragen. ortung ist mir die Auswertung der Neben ihrer Bedeutung für die pol- deutschen Kunstkritik behilflich, um nische Nation erfreute sich Brandts zu prüfen, ob beziehungsweise wie Malerei auch in München und auf hier Alteritätsdiskurse auf Polen dem internationalen Kunstmarkt und polnische Kunst projiziert wer- großer Beliebtheit, was ihr florieren- den. — Anna Baumgartner

14 KULTURELLE ORDNUNGEN

Józef Brandt: Die Rückkehr der Kosaken, um 1894, Öl auf Leinwand, 61 × 120 cm, Privatbesitz

Józef Brandt: Die Pferde sind durchgegangen, um 1885, Öl auf Leinwand, 65 × 110,5 cm, Privatbesitz

Józef Brandt: Die Begrüßung der Steppe, 1874, Öl auf Leinwand, 116 × 251 cm, Privatbesitz

15 Forschungsfelder

Promotionsprojekt von Emanuel Tatu ›Erfahrung‹ und ›Wahrnehmung‹ in der Prosa rumänisch-­ jüdischer Autoren der Zwischenkriegszeit [ca. 1920 – ca. 1940] – Ion Călugăru, Ury Benador, Max Blecher

Ion Călugăru, Ury Benador und Max Blecher sind in der rumänischen Kultur der Nachkriegszeit in Vergessenheit geraten. Mit ihrem Werk beschäftigt sich Emanuel Tatu. Besondere Berücksichtigung gilt dabei der literarischen Widerspiegelung jüdischer Tradition in den Werken der drei Autoren.

Ein modernes Rumänien Die Bestimmung einer »rumä- und dessen jüdische Literatur nisch-jüdischen Literatur« zwischen In seinem in Rumänien kontrovers rumänischer Nationalliteratur, euro- diskutierten Buch Geschichte und päischer Literatur und jüdischer Er- Mythos. Über die Gegenwart des zähltradition erweist sich als fester Vergangenen in der rumänischen Ge­ Bestandteil dieser Problematik. – Gibt sellschaft (1997) weist der Historiker es eine moderne jüdische Literatur Lucian Boia auf drei grundlegende in Rumänien? Wie sind die literari- Fragen hin, welche die rumänische schen Werke jüdischer Schriftsteller Gesellschaft seit dem Beginn des in literatur- und kulturtheoretischer 19. Jahr­hunderts geprägt haben: die Hinsicht zu lesen? Sind sie ohne nationale Frage, das Modernisie- Weiteres dem Kanon der rumäni- rungsproblem und das Verhältnis der schen National­literatur zuzurechnen Rumänen zu den »Anderen«. An den oder gehören sie zur europäischen unterschiedlichen, meist ideologisch Literatur­tradition? Bilden sie eine bedingten und mythisierenden Lö- eigenständige Literaturform? Worin sungsversuchen dieser Fragen lässt besteht das Wesen dieser Literatur? – sich Rumäniens intermittierendes Diese Fragen haben in der Zwischen- Oszil­lieren zwischen der europäischen kriegszeit unterschiedliche, meist Kultur einerseits und einer ethnisch gegensätzliche kulturtheoretische, fundierten Nationalkultur anderer- -politische und -ideologische Diskurse seits ablesen. Insbesondere nach der generiert. Von der vehementen Ver- Wiedervereinigung Großrumäniens neinung einer jüdischen Literatur in 1918 und vor dem Hintergrund der na- Rumänien durch zionistische Intellek- tionalistischen Kulturpolitik in dieser tuelle zum Versuch der Assimilationis- Zeit traten diese Fragen vehement in ten, diese Literatur emanzipatorisch den Vordergrund und bestimmten die einzusetzen, von der Verteidigung ei- politischen und kulturellen Debatten ner rumänisch-jüdischen Schreibweise der 1920er und 1930er Jahre. einzelner jüdi­scher Schriftsteller und

16 KULTURELLE ORDNUNGEN europäisch gesinnter Kulturtheo- bilden die Grenzpunkte der sich retiker bis zur völligen Nivellierung wandelnden jüdischen Erfahrungst- dieser Literatur und deren Aufgehen radition und ihrer historischen Rah- im Kanon der rumänischen National­ menbedingungen am Anfang des literatur geben diese Texte Aufschluss 20. Jahr­hunderts. Die äußerste Zäsur über ein breites Spektrum von litera- dieses Zeitalters bildet die Schoa. Vor rischen, kulturellen und politischen diesem Hintergrund ist die Überset- Debatten der zwei Jahrzehnte des zung der jüdischen Tradition in For- rumänischen »Goldenen Zeitalters«. men der literarischen Moderne als Rettungsmöglichkeit heiliger Text- Judentum und das Projekt quellen in den Bereich der profanen der ­Moderne Literatur, nicht minder aber als be- Die Verflechtung verschiedener lite­ deutender Auslöser künstlerischer rarischer Traditionen im Werk Ion Praktiken der Avantgarde zu beach- Călugărus (1902 – 1956), Ury Bena- ten. Zum anderen fokussiert meine dors (1855 –1971) und Max Blechers Studie die ›Wahrnehmung‹ als phi- (1909 – 1938) hat eine neue themati- losophisches Problem der Moderne sche Spannweite und eine besondere und als besondere Erfahrungsform literarische Perspektivierung von phi- im literarischen Diskurs der 1920er losophischen und kulturellen Proble- und 1930er Jahre. men ermöglicht. Diesen Sachverhalt Den Schnittpunkt dieser zwei As- veranschaulicht meine Arbeit durch pekte, einerseits der Moderne als die nähere Analyse der Begriffe ›Er- Epoche der Unmittelbarkeit und der fahrung‹ und ›Wahrnehmung‹. Diese Sinneswahrnehmung, andererseits Begriffe bestimmen den Diskurs der der jüdischen Tradition als Verges- literarischen Moderne in West- und senes und Verborgenes, stellen Ion Osteuropa gleichermaßen, erhalten Călugăru, Ury Benador und Max aber jeweils unterschiedliche Gewich- Blecher in einer eigenständigen lite­ tungen und Bedeutungen. rarischen Textform dar. Die Dicho- Zum einen ist dem Begriff der tomien zwischen Sinn und Sinnver- ›Erfahrung‹ im Sinne der jüdischen lust, Wirklichkeit und Unwirklichkeit, Tradition osteuropäischer Prägung Traum und Realität, Bild und Sprache, und der jüdischen Geschichte in sinnlicher Wahrnehmung und geisti- Rumänien Rechnung zu tragen. Die ger Phantasie sprengen den Rahmen Auflösung des Schtetls im ausgehen- einer jüdischen und europäischen Er- den 19. Jahr­hundert, das Wachstum fahrungstradition. Nichtsdestotrotz der Großstädte, die immer stärkere behält die jüdische Erzähltradition Ghetto­isierung und die zunehmen- ihre fundamentale sinnstiftende den antisemitischen Ausschrei­tungen Funktion. — Emanuel Tatu

17 Forschungsfelder

Promotionsprojekt von Arnošt Štanzel Brücken zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Infrastrukturen als Forschungsobjekt der Umweltgeschichte

Anhand von Infrastrukturen untersucht die Umweltgeschichte nicht nur das Verhältnis von Menschen und Natur. Für Ost(mittel)europa sind solche Studien allerdings noch ein Desiderat, dem sich Arnošt Štanzel mit seiner Arbeit über Wasserwirtschaft in Rumänien und der Tschechoslowakei angenommen hat.

Meist ist es sehr still um Infrastruktu­ Diese Vielzahl von ­verschiedenen ren, denn sie machen – zumindest in Funktionen haben auch die Ge- reichen Industriestaaten wie Deutsch- schichtswissenschaften in den letz- land –, was sie sollen: Wasser und ten Jahren entdeckt und denken seit- Strom ohne Unterbrechungen für her vielfältige historische Entwick- Kon­sumenten zur Verfügung stel- lungen anhand der Perspektive auf len, Mobilität ermöglichen und das Infrastrukturen neu. In den letzten Internet auf die heimische Couch Jahren sind eine Reihe von Arbeiten bringen. Erst wenn Infrastrukturen in der Umweltgeschichte entstanden, ihre Arbeit nicht mehr geräuschlos die mit dem Blick auf Infrastruktu- erledigen, rücken sie ins Zentrum des ren, darunter auch Staudämmen, Interesses. Besonders anschaulich ist die Frage nach dem Verhältnis von dieser Prozess seit circa zwei Jahren Mensch und Natur zu beantworten in Deutschland zu beobachten: Auf versucht haben. Leider fehlen sol- einmal erscheinen überall Berichte che Zugänge für den Raum Ost- und über bröckelnde Brücken und Schlag- Südosteuropas fast vollständig. Es löcher mit dem Hinweis, Deutschland liegt lediglich eine Handvoll Arbei- spare sich seine Substanz kaputt und ten mit einem Umweltbezug vor, die gefährde somit seine wirtschaftliche wiederum noch sehr stark von den Entwicklung. Infrastrukturen werden Umbrüchen des Jahres 1989 geprägt hier als Daseinsvorsorge und Sozial- sind und fast ausschließlich auf die politik begriffen. Aber sie sind auch negativen Umweltauswirkungen physisch hochkomplexe Versorgungs- staatssozialistischer Regime verwei- systeme von Gesellschaften, die Men- sen. Meine Arbeit setzt nun an die- schen und Unternehmen verbinden, sen Leerstellen an und möchte die beschleunigen oder auch ausschlie- vorherrschende Meinung hinterfra- ßen und unterwerfen – siehe die gen. In meinem Promotionsprojekt Berliner Mauer oder die derzeitigen »Die Wasserwirtschaft in Rumänien Grenzbefestigungs­anlagen an den und der Tschechoslowakei: Von EU-Außengrenzen. Wasserträumen und Wasserräumen

18 INFRASTRUKTUREN, MIGRATIONEN UND WISSENSTRANSFERS im Staatssozialismus. Ein umwelthis- im spektakulären Durchbruchtal am torischer Vergleich« betrachte ich Eisernen Tor an der Grenze zwischen den Aufbau und die Nutzung von Rumänien und Serbien. Infrastrukturen, um das Verhältnis Daraus, wie die zwei Projekte von Mensch und Umwelt in beiden mit Hilfe der genannten Infrastruk- staatsozialistischen Ländern zu be- turen die Ressource Wasser nutzten, schreiben. Neben der Wasserver- lässt sich einiges über die Umwelt- schmutzung stehen in meinem Pro- geschichte der beteiligten Staaten jekt Staudämme im Mittelpunkt. Sie lernen. bieten sich in besonderem Maße als Gabčíkovo ist im Westen vor allem Untersuchungsobjekte an, da sie als »Überbleibsel des Stalinismus« durch die Elektrizitäts- und Wasser- bekannt und wegen seines negati- netzwerke eng mit dem Alltagsleben ven Einflusses auf die Auwälder des verknüpft sind, viele verschiedene Donaubinnendeltas kritisiert wor- Aufgaben wie beispielsweise Hoch- den. Eine Analyse der Planungsun- wasserschutz und Bewässerung aus- terlagen zeigt jedoch, dass man sich üben und nicht zuletzt massive Ein- bereits am Anfang des Projektes in griffe in die Natur darstellen. den frühen 50er Jahren mit den Au- Anhand der beiden großen Was- wäldern beschäftigt hat. Ihr Erhalt serkraftwerke Gabčíkovo und Eiser- war durchaus ein Anliegen, womit nes Tor I an der Donau möchte ich sich die oft­malige Behauptung, Um- Erkenntnisse und Thesen meiner For­ weltthemen hätten im Staatssozia- schung exemplarisch darstellen.­ Beide lismus keine Rolle gespielt, als irrig Kraftwerke sind die mit Abstand erweist. Allerdings zeigen die Dis- größten in den jeweiligen Ländern kussionen auch, dass die Rolle der Au- und gehören, was Leistung und wälder vor allem auf deren effiziente Ausmaß angeht, auch in Europa zur wirtschaftliche Nutzung reduziert Spitze. Des Weiteren handelt es sich wurde – der ökologische Wert wurde in beiden Fällen um bilaterale Pro- zwar anerkannt, aber wirtschaftli- jekte, in dem einen Beispiel zwischen chen Zwängen untergeordnet. Ein der Tschechoslowakei und Ungarn, Schlaglicht auf die Endphase um den in dem anderen zwischen Rumä- Ausbau zeigt, wie unterschiedlich nien und Jugoslawien. Beide sind in Naturräume von Gesell­schaften be- jeweils einzigartigen Naturräumen wertet und genutzt werden können. an der Donau entstanden, das Was- Ursprünglich hatten die Tschecho­ serwerk Gabčíkovo im sogenannten slowakei und Ungarn den Staudamm Binnendelta der Donau zwischen Bra- als ein gemeinsames Projekt geplant. tislava und dem Donauknie bei Nagy- Während sich jedoch in Ungarn eine maros, das Kraftwerk Eisernes Tor I breite Widerstands­bewegung gegen

19 Forschungsfelder

den Bau des ­Staudamms seit den frü- ein Kraftwerk zu bauen, als in der hen 1980er Jahre bildete, die schließ- Schwemmlandschaft der mittleren lich zum Ausstieg Ungarns führte, Donau. Daher gelang es dem tech- stellten die Tschechoslowakei und nisch und wirtschaftlich rückständi- schließlich die Slowakei das Projekt geren Rumänien das Projekt schneller im Alleingang fertig. Es wurde so zu zu beenden als den technisch versier- einem Projekt nationalen Prestiges teren Ländern Tschechoslowakei und und gerade für die neu entstandene Ungarn. Es zeigt aber auch, dass die Slowakei zu einem Symbol ihrer Un- Regime von der Idee, die große Kraft abhängigkeit. der Donau zur Energienutzung zu Wie Rumänien und Jugoslawien nutzen, fasziniert waren. die Wasserkraft am Eisernen Tor Im Sinne eines der Ziele der Gra- nutzbar gemacht haben, lässt sich im duiertenschule, nämlich des Bezugs Kontext der rumänischen Geschichte zu Area Studies in anderen Regionen durchaus als Erfolgsgeschichte be- der Welt, stelle ich mir die Frage nach trachten: Mit der Fertigstellung 1972 Gemeinsamkeiten und Unterschieden war es Rumänien, das nach 1945 innerhalb der Region Osteuropa wie über keine nennenswerten Wasser- auch zu anderen Regionen weltweit. kraftwerke verfügt hatte, gelungen, Gerade der Blick auf Infrastrukturen innerhalb von knapp 30 Jahren das zur Wassernutzung zeigt, wie wenig­ zweitgrößte Wasserkraftwerk in Eu- sich die Umweltnutzung weltweit ropa zu bauen. Dabei fiel dieser »Sieg unterscheidet. Statt eines spezifisch über die Natur« in die Zeit des erstar- staatssozialistischen Verhältnisses zur kenden Nationalismus in Rumänien Umwelt zeigt der Vergleich mit ähn­ unter dem Generalsekretär und Prä- lichen Projekten in anderen Teilen der sidenten Nicolae Ceaușescu, der un- Welt, dass sich diese Projekte weniger ter Verweis auf die antike Geschichte als demokratisch, kapitalistisch oder »Rumäniens« vom Staudamm als autoritär bezeichnen lassen, sondern neuer Brücke des römischen Kaisers vielmehr unter den Begriff der Hoch- Traian sprach und den Bau als Beweis moderne zu fassen sind. für die Leistungsfähigkeit der Rumä­ Wie dieser kurze Exkurs in mein nen präsentierte. Infrastrukturen Forschungsprojekt gezeigt hat, lässt stellten damit einen essentiellen Teil sich anhand der Untersuchung von staatlicher Propaganda dar. Infrastrukturen eine Vielzahl Fragen Gerade beim Vergleich der beiden beantworten. Eine Untersuchung sel- Kraftwerke zeigt sich auch, wie Natur biger ist somit auch sinnvoll und er- menschliches Verhalten beeinflussen tragreich, wenn sie keine Probleme kann. So war es um einiges einfa- verursachen. — Arnošt Štanzel cher, im Durchbruchtal der Donau

20 INFRASTRUKTUREN, MIGRATIONEN UND WISSENSTRANSFERS

Das slowakische Wasserkraftwerk Gabčíkovo an der Donau

Blick auf den Stausee des rumänisch-serbischen Wasserkraftwerks Eisernes Tor I im Bereich der Donaukatarakte

21 DAS ZWEITE JAHR ( NOVEMBER 2013 BIS DEZEMBER 2014) STUDIENGRUPPEN

Studiengruppe Konstruktion, Übersetzung und Entgrenzung in Kunst und ­Literatur

Im Fokus der Studiengruppe »Konstruktion, Übersetzung und Entgrenzung in Kunst und Literatur« stehen literarische und künstlerische Produktionen ost- und südosteuropäischer Künstlerinnen und Künstler vom 19. bis 21. Jahr­ hundert. Dabei werden sowohl Entstehungsprozesse und -hintergründe von Texten, Objekten und performativen Ereignissen als auch deren Rezeption und Wirkungsmacht untersucht. Die Studiengruppe trifft sich viermal im Semester. Die Treffen finden abwechselnd in Regensburg und München statt und richten sich terminlich nach den Kolloquien der Graduiertenschule.

Dass interdisziplinäres Arbeiten sich dass künstlerische Produktion nur in nicht mit dem Dialog verschiedener ihren Verbindungslinien, Netzwerk- Fächer begnügen kann, sondern in- strukturen und grenzüberschreiten- tensiv über die Herkunft von Begrif- den Zirkulationen zu denken ist. fen und ihre Übertragbarkeit auf an- Im Sommer bot sich Gelegenheit, dere kulturelle Räume nachgedacht im Kontext der jährlichen Sitzung werden muss, haben die vergangenen des wissenschaftlichen Beirats die re- Semester der gemeinsamen Arbeit nommierten Slawistin Renate Lach- gezeigt. Im Sommer 2014 knüpften mann (emeritierte Professorin der wir als Studiengruppe an die bereits Univer­sität Konstanz) zum Gespräch erarbeiteten Ergebnisse an, begaben zu treffen. Frau Lachmann bot uns uns aber gleichzeitig auf die Suche einen Einblick in ihre aktuellen For- nach den Gemeinsamkeiten, Über- schungen zur »Gulag-Literatur«. Be- schneidungen und Verflechtungen sonders zentral für die Studiengruppe unserer Forschungen. war im Sommersemester 2014 ein Zu Beginn standen erneut Pro- Workshop zum Thema »Kulturtrans- jektpräsentationen auf dem Plan. fer«, für den die Gruppe Helga Mitter- Mit Themen zur »Belgrader Theater- bauer (Universität Graz / University of landschaft des 19. Jahr­hunderts«, zur Alberta) nach München eingeladen »zweiten Öffentlichkeit« der unga- hatte. Eingangs hielt die Literatur­ rischen Avantgarde und zu »Grenz­ wissenschaftlerin einen Vortrag über gängen polnischer Schauspieler / in- die theoretische Entwicklung der nen im 19. Jahr­hundert« ergab sich von ihr mitgeprägten Erforschung ein theater­wissenschaftlicher Schwer- kultureller Transferprozesse. Dabei punkt. In den intensiven Diskussionen, sprach sie sich für die Einbeziehung die wir führten, wurde anschaulich, von Netzwerkanalysen und postkolo-

23 DAS ZWEITE JAHR

nialer Konzepte aus. Besonders über der Zwischenkriegszeit« zu sprechen. den Be­griff »Kultur« wurde heftig Eine eintägige Tagung in Regensburg ­debattiert; Helga Mitterbauer plä- Ende November hatte »Exil, Diaspora dierte dafür, diesen als dynamische und Transnationalität« zum Thema. Kategorie zu verstehen, die sich durch Eingeladen waren Wissenschaftlerin­ Überschneidungen, Vermengungen nen wie Sigrid Bauschinger, Regina und Momente der Aushandlung kon- Göckede, Irmela von der Lühe, Anna stituiert. Im Anschluss an den Vor- Minta und Kerstin Schoor, die wei- trag war genug Raum gegeben, in tere interdisziplinäre Perspektiven individuellen Gesprächen das eigene aus Kunst- und Architekturgeschichte Projekt mit der Literaturwissenschaft­ und Literaturwissenschaft in die Dis- lerin zu besprechen. kussion hineingetragen haben. Da- Der Workshop bereicherte die mit knüpft die Studiengruppe an Diskussionsdynamik innerhalb der Kernkonzepte der Graduiertenschule Gruppe ebenso wie zwei weitere an. — Anna Baumgartner / Burcu Treffen dieses Formats. So ist die ­Dogramaci Studiengruppe im November 2014 in Regensburg mit dem Experten für Jüdische Studien, Micha Brum- lik, zusammengekommen, um über »Deutsch-Jüdische Intellektuelle in

Redebeitrag der Doktorandin Alice ­Buzdugan beim Workshop »Exil, ­Diaspora und Transnationalität«

24 STUDIENGRUPPEN

Studiengruppe Konstruktion, Übersetzung und Entgrenzung in Kunst und ­Literatur Leitung: Prof. Dr. Burcu Dogramaci und Prof. Dr. Dorothee Gelhard

Mitglieder und Projekte

Dr. Berenika Szymanski-Düll Katalin Cseh »art has no nationality” – Grenz- Rebellische (Spiel)Räume und gänge polnischer Schauspieler / innen Underground-Netzwerke. im 19. Jahrhundert­ »Zweite Öffentlichkeit« der ungarischen­ Avantgarde. Annelie Bachmaier Konzeptionen des Fremden in der Marija Ðokić russischen Literatur Anfang des Eine Theaterlandschaft für Belgrad 20. Jahr­hunderts: Aleksander Grins (1841 – 1914) Reisetexte Kulturtransfer zwischen osmanischen, serbischen und europäischen Anna Baumgartner Theaterpraktiken Die Münchener Polenschule. Exotik, Abenteuer und Orientalismus in der Anna Juraschek Malerei um Józef Brandt Die Rettung des Bildes im Wort. Bruno Schulz’ Bild-Idee in seiner Alice Buzdugan Prosa und Kunst Stadtkultur in »Großrumänien«: Wahrnehmungen und ­Imaginationen Emanuel Tatu des öffentlichen und privaten Raums »Erfahrung« und »Wahrnehmung« im rumänischen und rumänien­ in der Prosa rumänisch-jüdischer deutschen Roman Autoren der Zwischenkriegszeit [ca. 1920 – c a . 1940]. Ion Călugăru, Ury Benador, Max Blecher

25 DAS ZWEITE JAHR

Studiengruppe Kultur, Sinn, Orientierung

Die Studiengruppe bündelt Forschungsprojekte aus der Geschichtswissen- schaft, der Politikwissenschaft und den visual studies, die sich mit der kul- turellen Produktion von Sinn und Orientierung befassen.

Mehrere thematische Schwerpunkte bot. Am 30. Juni präsentierte in Mün- strukturierten im Kalenderjahr 2014 chen Michael Rothberg (University of die Arbeit der Studiengruppe. Den Illinois at Urbana-Champaign) seine Anfang machten die Themen Imago- Arbeit über Transferprozesse zwi- logie und die Genese nationaler und schen unterschiedlichen Erinnerungs- kultureller Stereotypen. Dieser theo- diskursen. Im Zentrum der Diskussion retische Zugriff ist für die Dissertati- stand sein Konzept des Multidirectio­ onen von David Franz und Darina Ma- nal Memory, das der Literaturwissen- jernikova, die sich in verschiedenen schaftler bei der Untersuchung der Kontexten mit Amerika- und Russ- Bezugspunkte zwischen einer welt- landbildern befassen, von besonderer weit entstandenen Holocaust-Erin- Bedeutung, doch konnten wir viele nerung und dem Dekolonialisierungs- allgemein relevante Bezüge herstel- diskurs entwickelt hatte. Rothberg len. Zur Frage, wie beide Komplexe stellte damit einen theoretischen methodologisch und theoretisch fass- Rahmen vor, welcher es ermöglicht, bar gemacht werden können, stellte Erinnerungskultur in multikulturellen Darina Majernikova grundlegende und transnationalen Kontexten zu Texte zusammen, die der Diskussion reflektieren. Dementsprechend bot den Rahmen gaben. sein Vortrag viel Inspiration für ins- Der Sozialanthropologe Stef Jan- besondere jene Forschungsprojekte, sen (University of Manchester) dis- die sich mit Transferprozessen und kutierte mit der Studiengruppe in Erinnerungskultur jenseits nationaler Regensburg in einem öffentlichen Kategorien beschäftigen. Vortrag am 11. April das Verhältnis Einen weiteren Schwerpunkt des von Zeit- und Politikwahrnehmun- Jahres 2014 bildete die Biografie­ gen im Versöhnungsdiskurs Bosnien forschung. Die ehemalige Parade­ und Herzegowinas. Organisiert hatte disziplin des Historismus schien be- dies Jacqueline Nießer, deren eigenes reits von der gesellschaftlich-struk- Forschungsprojekt zu transnationa- turell orientierten Sozialgeschichte ler Vergangenheitsaufarbeitung im verdrängt. Jedoch erlebt sie seit dem post-jugoslawischen Raum viele Be- Cultural Turn eine regelrechte Renais- rührungspunkte mit Jansens Arbeit sance, die von einer weit verzweig­

26 STUDIENGRUPPEN ten theo­retischen und methodischen die Menschen mit der Erwartung le- Diskussion getragen wird. Dass sich sen, in ihnen einen Bericht über das mit Volker Depkat (Sprecher) und Leben einer realen historischen Per- Tobias Grill (Postdoc) zwei Studien­ son zu finden. gruppenmitglieder intensiv mit die- Im zweiten Panel »Biografien ›gro- ser Thematik auseinandersetzen, ßer Männer‹ des Sozialismus« sprach wurde nicht nur die Gelegenheit zur als erstes Marcus Schönewald (Bre- Lektüre richtungsweisender Texte men), der im Rahmen seiner Disser- genutzt. Vielmehr resultierte aus der tation eine Biografie Wilhelm Piecks studiengruppeninternen Arbeit ein schreibt. In seinem Vortrag arbei- von Tobias Grill und Volker Depkat tete er heraus, wie sehr in der poli­ gemeinsam für Mitte November or- tischen Umgebung sozialistischer ganisierter Workshop unter dem Titel Systeme Biografien herausragender Biografie-Forschung. Dessen Bestre- Persönlichkeiten mit dem Aufstieg ben war es, die neueste, zumeist von der Arbeiterbewegung insgesamt Literatur- und Kulturwissenschaftlern parallelisiert wurden. Dass sich dies geführte Theoriediskussion kritisch auch ohne Rücksicht auf historische zu reflektieren, um zu sehen, inwie- Fakten vollziehen konnte, führte im fern sie helfen könne, die vermeint- zweiten Vortrag des Panels Susanne liche Opposition von historischem Schattenberg (Bremen) am Beispiel Individuum und gesellschaftlichen der bisherigen Biografien Leonid Strukturen aufzulösen. Brežnevs vor. An einigen repräsenta- Nach der Begrüßung durch Volker­ tiven Konflikten zwischen historisch Depkat (Regensburg), in der er die nachprüfbaren Fakten und dem bio- Neu­entdeckung der Biografie als grafisch erzeugten Mythos Brežnevs kulturelle Praxis herausstellte, die zeigte sie eindrucksvoll auf, dass nicht nur Persönliches darzustellen, diese faktisch als sozialistische Ideal- sondern auch historische Prozesse Biografien zu bewertenden Werke zu konturieren und strukturieren viel eher in ihrer überindividuellen, vermag, folgte eine Keynote von politisch-­gesellschaftlichen Bedingt- Christian Klein (Bergische Univer- heit zu analysieren sind als in der Be- sität Wuppertal). Der Herausgeber trachtung des Individuums selbst. und Autor mehrerer Themenhefte Das dritte Panel »Imperiale Bio- und eines Handbuches zum Thema grafien« eröffnete Boris Ganichev Biografie betonte, dass Biografien (München) mit seinen Ausführungen »Wirklichkeitserzählungen« sind. Es zur Autobiografie N. A. Kačalovs, ei- handele sich im Gegensatz zu ande- nes Adligen und Beamten im Zaren- ren Textgattungen um sowohl kons- reich, die sich durch starken Bezug truktive als auch referentielle Texte, auf dienstliche Belange zu ­Lasten des

27 DAS ZWEITE JAHR

Persönlichen auszeichnet. ­Ganichev seits, welches von ihm permanente stellte anhand wiederkehrender Migration und Anpassungsfähigkeit Schreibmuster in dieser »Bürokra- an neue politische und kulturelle tischen Autobiografie« dar, wie Kontexte erforderte, qualifizierte Kačalov seine Rolle im Kontext eines ihn laut Grill als ein in vielerlei Hin- sich rasch wandelnden Imperiums sicht »transgressives Subjekt«. Das reflektierte. Alexis Hofmeister (Uni- Panel beschloss Jan Logemann (Göt- versität Basel) stellte sein Projekt zu tingen), der sich mit transatlantischer jüdischen Autobiografien vor, in dem Elitenmigration und der damit ein- er die Möglichkeit eines Imperienver- hergehenden Mittlerrolle Einzelner gleichs anhand der Gegenüberstel- im Austausch von Ideen, Konzepten lung von autobiografischen Texten und Moden befasste. Er stellte an- aus dem russländischen Imperium und hand prominenter Beispiele wie des dem Osmanischen Reich auslotet. Be- Soziologen Paul Felix Lazarsfeld dar, sonderes Augenmerk richtete er auf wie sich insbesondere transatlanti- die Spezifika jüdischen autobiografi- sche Netzwerke von Eliten aus Wis- schen Schreibens wie die »doppelte senschaft und Wirtschaft mittels bio- Adressierung« und das Einschreiben grafischer Methoden eingehender als der eigenen Lebens­geschichten in bisher analysieren lassen. bibli­sche Mythen. Mit dem biografischen Wert von Transnationale und globale Bio- Kinderzeichnungen beschäftigte sich grafien standen im Zentrum des vier- Anna Lehninger (Zürich) im Panel ten Panels. Katrin Steffen (Lüneburg) »­Visualisierung und Biografik«. Zu- widmete sich mit Jan Czochralski gleich gab sie Einblick in die Arbeit und Ludwik Hirszfeld zwei vielfach des Archivs für Kinder- und Jugend- umgedeuteten Protagonisten der zeichnungen der Stiftung Pestalozzia- polnisch-deutschen Wissenschafts- num in Zürich. Anhand von Schweizer geschichte. Dabei zeigte sie, dass die Zeichenwettbewerben verdeutlichte dichte Vernetzung und der intensive sie, wie Kinder und Jugendliche zu Wissenstransfer der Zwischenkriegs- Kommentatoren und Chronisten ihrer zeit die Betrachtung persönlicher Zeit geworden seien. Dies begründete Lebenswege im transnationalen Rah- sie damit, dass sich in Bildern sowohl men erfordert. Tobias Grill nutzte das Abbildungen der Lebensrealität und Beispiel von Isaak Nachman Steinberg, der jeweiligen Wertvorstellungen als um die globalgeschichtliche Dimen- auch Wünsche und Sehnsüchte der sion der Biografieforschung aufzu- Kinder wiederfänden. zeigen. Steinbergs Wirken als russi- Im Abschlussvortrag ging Levke scher Sozialrevolutionär einerseits Harders (Bielefeld) auf die Pluralisie- und jüdischer Territorialist anderer- rung der Biografik ein und plädierte

28 STUDIENGRUPPEN

Workshop zur Biografie-Forschung im November 2014 in Regensburg

Volker Depkat und Tobias Grill auf dem Podium

für interdisziplinäre Vielfalt anstelle es möglich, sowohl den Personenkreis von Vereindeutigungen. Dabei wies der Biografierten als auch die Darstel- sie auf die Analysekategorien der lungsformen zu erweitern. Mit den Neuen Kulturgeschichte (race, class, theoretischen Ansätzen der Inter- gender) hin und bemängelte die sektionalität, Transnationalität und Konstruktion von Kohärenz und ein- Kollektivbiografik stellte Harders die heitlicher Identität in klassischen Bio- Chancen einer neuen, vielstimmigen grafien. Durch eine Pluralisierung sei Biografik vor.

29 DAS ZWEITE JAHR

In der Schlussdiskussion wurde methodisches Instrument seien, das noch einmal auf das Erkenntnisinter- Perspektiven auf vergangene Wirk- esse von Biografien und die Chancen lichkeit organisiere, sondern ebenso und Probleme des Genres eingegan- eine Kategorie gesellschaftlicher gen. Dabei wurde insbesondere be- Selbstbeschreibung darstellten und tont, dass die Geschichtswissenschaft ihnen somit auch eine zukunftsgerich- sich der theoretischen Diskussion tete Perspektive innewohne. — David über die Biografik annehmen solle. Franz, Jonas Anderson und Jacque- In seinem Schlusswort betonte Volker line Nießer Depkat, dass Biografien nicht nur ein

Studiengruppe Kultur, Sinn, Orientierung Leitung: Prof. Dr. Martin Aust und Prof. Dr. Volker Depkat

Mitglieder und Projekte

Dr. Tobias Grill Darina Majernikova Issak Nachmann Steinberg: Im Kampf Das Russland- und das Amerikabild für Sozialismus und Judentum. in der Tschechoslowakei und ihren Eine globalgeschichtliche Biografie Nachfolgestaaten

Katharina Anna Aubele Ekaterina Makhotina Vorstellungswelten und politisches Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg Engagement vertriebener Frauen in Museen, Gedenkstätten und der in den Anfangsjahren der Bundes­ Denkmalkultur Litauens republik Deutschland Jacqueline Nießer Fabian Burkhardt Transnationale Vergangenheits­ Der Präsident und Machtteilung aufarbeitung im postjugoslawischen in der Russischen Föderation – Kontext: Die »Koalition für REKOM« eine Institution im Wandel Henriette Reisner David Franz Von Propaganda bis Poesie. Der Die USA und die UdSSR in den sowjetische Animationsfilm im Modernitätsdiskursen der Weimarer Spiegel politischer und ästhetischer Republik Debatten

Julia Kling Jugoslawien im europäischen Erinnerungsforum

30 STUDIENGRUPPEN

Studiengruppe Transnationalität

Die Studiengruppe »Transnationalität« bietet ein Forum zur Diskussion von Projekten, die ein Interesse an grenzübergreifenden Prozessen der Raum­ aneignung und Wissensproduktion vereint.

Innerhalb dieses Rahmens bearbei- Ausgangspunkt war hierbei die ge- teten wir im vergangenen Jahr ein meinsame Lektüre eines Textes des breites Themenfeld, das sich mit Anthropologen Brian Larkin, der den Schlagworten »Wissen«, »Um- Infra­strukturen als »built networks welt«, »Raum« und »Migration« um- that facilitate the flow of goods, reißen lässt. people, or ideas and allow for their Den Auftakt bildete ein anregen- exchange over space« auffasst. Lar- des Gespräch mit Donald Worster kin lenkt den Blick nicht allein auf die (University of Kansas), einem der politischen und technischen Dimen­ Gründerväter der Umweltgeschichte. sionen von Infrastrukturen, sondern Sein aktuelles Buchprojekt behan- auch auf deren »Poetik«: »Roads and delt die Geschichte der Nutzung von Railways are not just technical objects natürlichen Ressourcen und spannt […] but also operate on the level of einen Bogen vom Glauben an einen fantasy and desire.« Als Umsetzung nie versiegenden Überfluss der Na- dieses Ansatzes lässt sich der Vortrag tur-Reichtümer in der Frühen Neuzeit von Felix Jeschke (London) verstehen, bis zur Einsicht in die »Grenzen des der zeigte, wie der Eisenbahnbau in Wachstums« in den frühen 1970er der Ersten Tschechoslowakischen Re- Jahren. Worsters Ausführungen publik dazu beitrug, populäre Vor- waren für eine an transnationalen stellungen vom nationalen Raum Phänomenen interessierte Gruppe und der Natur des »Vaterlandes« zu besonders wertvoll, weil er zwar die produzieren. USA ins Zentrum stellt, dabei aber Während der Begriff »Infrastruk- immer die (Umwelt-) Geschichte ei- tur« die materielle Dimension des nes sich zunehmend globalisierenden menschlichen Eingriffs in die Umwelt Kapi­talismus im Blick behält. ins Zentrum stellt, lenkt der Begriff Wer sich mit den Eingriffen des »Planung« den Blick auf mentale Menschen in die Natur beschäftigt, Vorgänge des Vorgriffs auf die Zu- kommt am Thema »Infrastruktur« kunft. Nach Dirk van Laak, dessen nicht vorbei. Insofern war es folge- Aufsatz zum Thema wir diskutierten, richtig, dass sich unsere nächste Dis- erweist sich der Glaube an die Plan- kussion diesem Begriff zuwandte. barkeit technischer, wirtschaftlicher

31 DAS ZWEITE JAHR

und ­gesellschaftlicher Entwicklun- In der letzten Sitzung des Jahres gen im historischen Rückblick als widmeten wir uns mit dem Thema ein einflussreiches Paradigma des »Migration« noch einmal einem 20. Jahr­hunderts. Für die Interessen transnationalen Phänomen par excel- der Studiengruppe erschien uns da- lence. Grundlage unseres Gesprächs bei von besonderem Belang, dass der waren dabei Texte des Soziologen Fokus auf die Geschichte von Planung Rogers Brubaker, in denen er die Be- im 20. Jahr­hundert es erlaubt, etwa griffe »Identität« und »Diaspora« die staatssozialistischen Systeme Ost­ kritisch reflektiert. Als analytische europas nicht isoliert, sondern in Kategorien verwendet, bergen beide einem Zusammenhang mit den Pla- Begriffe die Gefahr des »Group-ism«, nungsregimen Westeuropas und der also der unreflektierten Konstruktion USA zu betrachten. von vermeintlich homogenen Grup- Mit den »Experten« und ihren pen. Sinnvoller erscheint es zu un- »epistemic communities« wandten tersuchen, wie politische Akteure für wir uns schließlich einer Akteurs- ihre Projekte der Gemeinschaftsstif- gruppe zu, die sowohl in Infrastruk- tung das semantische Potential von turprojekten und Planungsvorhaben Begriffen wie Identität und Diaspora als auch generell in der modernen rhetorisch nutzen. Mensch-Umwelt-Interaktion eine Abschließend lässt sich über das entscheidende Rolle spielt. Darüber vergangene Jahr sagen, dass mit hinaus interessiert sich – wie in einer Blick auf die Vielfalt der beteiligten von Karina Shyrokykh moderierten Projekte sicherlich niemand der Ver- Sitzung deutlich wurde – auch die lockung des Group-ism verfallen und Politikwissenschaft für transnatio- uns als homogene Gruppe beschrei- nale »epistemic communities«, die ben würde. Dennoch hatten wir uns im Kontext etwa der Europäisierung gegenseitig so viel zu sagen, dass sich zunehmend Einfluss auf politische keiner von uns als eigentlich in einer Prozesse in den Mitgliedsstaaten der anderen Gruppe beheimatet – also als EU nehmen. Angehöriger einer Diaspora – fühlen musste. — Jan Arend

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Studiengruppe Transnationalität Leitung: Prof. Dr. Martin Schulze Wessel und Prof. Dr. Ulf Brunnbauer

Mitglieder und Projekte

Dr. Petar Kehayov Arnošt Štanzel Grammars in language death: Die Wasserwirtschaft in Rumänien Finnic-Russian contact interfaces und der Tschechoslowakei: Von Wasserträumen und Wasserräumen Dr. Martin Zückert im Staatssozialismus. Ein umwelt­ Strukturpolitik in den slowakischen historischer Vergleich Karpaten Sophie Straube Jan Arend Polen und die US-amerikanische Eine Wissensgeschichte der Boden- Polonia seit 1989: Diskurse über fruchtbarkeit in Russland Nation und Diaspora Henner Kropp Katalin Tóth Zwischen Sankt Petersburg und »I love Budapest. I bike Budapest?« Washington: Die russische Kolonie Eine Ethnographie urbanen Rad­ in Alaska und die Vereinigten fahrens zwischen lokaler Sinn­ Staaten von Amerika produktion und internationalen Karina Shyrokykh Nachhaltigkeitsdiskursen The Impact of the European Court Max Trecker of Human Rights on Human Rights Hilfe für die »Dritte Welt«? Practices in the Post-Soviet States ­Multilaterale Kooperationsversuche Oana Valentina Sorescu im Rat für gegenseitige Wirt­ The Evolution of Testamentary schaftshilfe Behavior in the Case of the Tran­ sylvanian Saxons: 1556 – 1750

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Internationales Graduiertenkolleg »Religiöse Kulturen im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts«­

Das an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Karls-Univer- sität Prag angesiedelte und in Kooperation mit dem Collegium Carolinum durchgeführte Internationale Graduiertenkolleg (IGK) gewann in diesem Jahr mit der Adam-Mickiewicz-Universtität in Poznań (Posen) einen neuen Partner hinzu. Zukünftig können Promovierende aller drei Universitäten wechselseitig an einer der Partnerinstitutionen forschen und von der Ex- pertise der dortigen Lehrenden profitieren.

Ein Höhepunkt des vergangenen, in- sonders instruktiv waren. So konnte zwischen bereits fünften Jahres des auch der grundsätzliche Ansatz eines IGK war die Konferenz »Strukturelle jeden Dissertationsprojekts reflek- Bedingungen und Konfliktfelder re- tiert und kritisch hinterfragt werden. ligiöser Vergemeinschaftung«, die Am 19. Mai fand das achte Methoden­ am 27. / 28. März in Kooperation mit seminar des IGK statt, das in Form dem Deutschen Historischen Institut eines Chapterworkshops die schreib- in Rom stattfand. Die Tagung, die praktischen Hürden beim Verfassen zugleich die Abschlusskonferenz der einer Dissertation thematisierte. Da- ersten Kohorte von Kollegiatinnen für hatte jeder Doktorand ein Kapitel und Kollegiaten darstellte, sollte Pro- vorbereitet, das gemeinsam gelesen movierende aus dem IGK mit exter- und diskutiert wurde. nen Doktorandinnen und Doktoran- Den Abschluss des Sommersemes­ den ins Gespräch bringen. Auf diese ters 2014 bildete am 11. Juli eine Buch- Weise ließen sich die vor allem auf vorstellung des Historikers Prof. Yoha­ Ostmittel- und (Süd-) Osteuropa be- nan Petrovsky-Shtern (Northwestern zogenen Kollegthemen um eine west- University) mit dem Titel »The Golden europäische Perspektive erweitern. Age Shtetl. A New History of Jewish Die laufenden Dissertationspro- Life in East Europe«, die in Koope­ jekte der Kollegiatinnen und Kolle­ ration mit der Graduiertenschule ver­ gia­ten standen im Mittelpunkt zweier anstaltet wurde. Methodenseminare. Am 14. / 15. Feb- Die diesjährige Sommerschule des ruar trafen sich die Promovierenden IGK widmete sich dem Thema »Staat der zweiten Kohorte mit Dozen- und Religion in den europäischen, tinnen und Dozenten des IGK, um demokratischen Nationalstaaten, im auf theoretische und methodische Staatssozialismus und im Imperium«. ­Fragen ausgerichtete Texte zu disku- Sie führte die Promovierenden aus tieren, die für die eigene Arbeit be- München und Prag in Begleitung von

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Gruppenbild in Rom

Friedhof Rasos – Spiegel des religiösen und politischen Wandels in Litauen

fünf Dozentinnen und Dozenten vom und multikonfessioneller Stadt im 28. September bis zum 4. Oktober ins politischen Wandel unterstrichen. An litauische Vilnius. Das Programm um- der Finanzierung der Sommerschule fasste neben intensiven Lektüresit- beteiligte sich der Deutsch-Tschechi- zungen auch Vorträge einschlägiger sche Zukunftsfonds. örtlicher Expertinnen und Experten Auch in diesem Jahr gingen aus sowie Besichtigungen, die die Bedeu- dem IGK zahlreiche Publikationen tung von Vilnius als polyethnischer hervor. So erschienen zwei weitere

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Mono­grafien in der IGK-Reihe »Reli­ inischen Freien Universität München giöse Kulturen im Europa der Neu- vom 25. / 26. Juni 2010 zum Thema zeit«: die Dissertationen von Lisa »Religion, Nation und Säkularismus Ditt­rich zum Thema »Antiklerikalis- in der ruthenischen bzw. ukraini- mus in Europa. Öffentlichkeit und schen Kultur der Neuzeit« zusam- Säkularisierung in Frankreich, Spa- menfasst. Ein weiterer Tagungsband nien und Deutschland (1848 – 1914)« ist das Ergebnis einer Konferenz des und von Philipp Lenhard mit dem IGK und der Fachschaftsleitung Jura Titel »Volk oder Religion? Die Ent- des Cusanuswerks über »Staat und stehung moderner jüdischer Ethni- Religion – Neue Anfragen an eine ver- zität in Frankreich und Deutschland meintlich eingespielte Beziehung« in 1782 – 1848«. Außerdem wurde ein der Katho­lischen Akademie Schwerte Sonderheft des »Journal of Ukrainian­ vom 31. Oktober bis zum 3. Novem- Studies« veröffentlicht, das die Er- ber 2013. gebnisse einer gemeinsamen Konfe- Zum Jahresende schlossen darüber renz des IGK, des Peter Jacyk Centre hinaus zwei weitere Kollegiaten ihre for Ukrainian Historical Research Dissertationsschriften ab. — Kate- (University of Alberta) und der Ukra- ryna Kudin

Internationales Graduiertenkolleg »Religiöse Kulturen im Europa des 19. und 20. Jahrhundert« Leitung: Prof. Dr. Martin Schulze Wessel

Mitglieder und Projekte

Franziska Davies Vitalij Fastovskij Muslims in the Russian Army, Revolution, Religion und das 1874 – 1917 moderne Selbst in Selbstzeugnissen russischer Revolutionäre (1860 – 1917) Dr. Lisa Dittrich Individualität, Geschlecht, Familie. Carola Franson Zwischenmenschliche Beziehungen Die Deutsche Evangelische Kirche im Deutschland der ersten Hälfte in Est­land und der Tschechoslowakei des 20. Jahrhunderts in der Zwischenkriegszeit

Katharina Ebner Johannes Gleixner Religion als Argument? Eine ver­ »Menschheitsreligionen« zwischen gleichende Untersuchung über ­sakraler Nation und ziviler Religion: das Verhältnis von Religion und Die religiöse Bedingtheit neuer Politik im politischen Diskurs in Gesell­schaften bei T. G. Masaryk und Deutschland und Großbritannien A. V. Lunačarskij

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Heiner Grunert Raphael Rauch Glauben im Hinterland, Bergland, Jüdisches im westdeutschen Fern­ ­Grenzland. Religiöses Leben der sehen der 1980er-Jahre Serbisch-­orthodoxen in der östlichen Carmen Reichert Herzegowina 1878 – 1931 Jüdisches Selbstbild in Lyrikantholo- Dr. phil. Simon Hadler gien 1900 – 1938 Kirche, Bürger und Hof als Akteure David Schick der Erinnerung an den Feind. Eine Zwischen Gaon, Gelobtem Land und vergleichende Untersuchung zur ­Höllenfeuer: Wirtschaft und Religion Funktion des Türken- und Schweden- in drei jüdischen Unternehmen in gedächtnisses in Wien und Brünn Łódź, Odessa und Vilnius zur Zeit der im langen 19. Jahrhundert­ Großen Reformen (1855 – 1881) Katharina Hey Heiko Schmidt Jüdische Intellektuelle in Frankreich The Old Believers, the Orthodox und der Sechs-Tage-Krieg Church and the Russian state in Cem Kara Livonia, 1850 – 1906 Derwische und das »moderne Felix Westrup Europa«. Kulturkontakt und Kultur- Religion und Psychologie – transfer des Bektaschi-Ordens im Eine deutsche­ Affäre um 1900 langen 19. Jahrhundert­

Pascale Mannert Protestanten in Polen, 1918 – 1939: Eine Frage der Loyalität?

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Emmy Noether-Nachwuchsgruppe Vielfalt ordnen. Föderale Ordnungsvorstellungen in der Habsburgermonarchie und ihren Nach­folgestaaten

Unter dem Titel »Vielfalt ordnen« steht der Zusammenhang von gesellschaft- licher Vielfalt und föderalen Ordnungsentwürfen im Zentrum der gleich­ namigen Emmy Noether-Nachwuchsgruppe der Deutschen Forschungs­ gemeinschaft (DFG). Die Gruppe ist seit dem Wintersemester 2014 / 15 als Studiengruppe mit der Graduiertenschule assoziiert.

Die Analyse erfolgt exemplarisch in derung durch transnationale oder drei Fallstudien: Jana Osterkamp un- globalhistorische Fragestellungen. tersucht die Föderalismusgeschichte Die sehr viel­fältigen Vorträge und der Habsburgermonarchie im ­langen Diskussionen zeigten neue Perspek- 19. Jahrhundert, Björn Lemke wid- tiven der Nationalismusforschung met sich einer Wirtschaftskultur­ selbst auf, zum Beispiel den Zusam- geschichte des österreichisch-unga- menhang von Körpergeschichte und rischen Ausgleichs und Sevan Pear- Nationsbildung oder Fragen des »ba- son beschreibt die kommunistische nalen Nationalismus«. ­Nationalitätenpolitik in Bosnien und Eine Podiumsdiskussion ­bereitete Herzegowina nach dem Zweiten das Leitthema von Nationalismusfor­ Weltkrieg. schung, transnationalen und global­ Die Nachwuchsgruppe veranstal- historischen Fragestellungen für ein tete Anfang des Jahres einen Dokto­ breiteres Publikum auf. Unter der Mo- randenworkshop zum Thema »­Nation deration des Sinologen Prof. Dr. Hans and Nationalism Revisited: Was bleibt van Ess schlugen Prof. Dr. Peter Bugge, von der Nation in der heutigen Ge- Prof. Dr. Otto Dann, Prof. Dr. Frank Had­ schichtsschreibung?« Mit der aktu- ler und Dr. Katja Naumann dabei auch ellen Nationalismusforschung griff den Bogen zu aktuellen politischen sie einen prominenten, kontrovers Fragen. Der Workshop wurde von der diskutierten Schwerpunkt der Föde- Emmy Noether-Nachwuchsgruppe ralismusgeschichte auf. konzipiert und fand – groß­zügig un- So erörterten 20 junge Wissen- terstützt durch das Center for Advan- schaftler / innen am 4. und 5. Februar ced Studies der LMU – in Kooperation 2014 im Center for Advanced Studies mit dem Collegium Caro­linum, dem der Ludwig Maximilians-Universität Promotionsprogramm der LMU Pro- München (LMU) die Relevanz von MoHist sowie der Graduiertenschule Forschungen zu Nation und Natio- für Ost- und Südosteuropastudien nalismus angesichts der Herausfor- München / Regensburg statt.

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Die gemeinsamen Kompetenzen nual Convention of the Asso­ciation der drei Projekt­mitarbeiter zu einer for the Study of Nationalities 2014« Einzelregion der Habsburgermon- ­verliehen. archie aus verfassungs-, wirtschafts- Mit einem Stipendium der Alexan­ und nationalismus­geschichtlicher Per- der von Humboldt-Stiftung weilte spektive vereinte eine gemeinsame Jana Osterkamp für ein halbes Jahr Präsentation unter dem Titel »The am Institut für Wirtschafts- und So- Bosnian Annexation Crisis of 1908 as zialgeschichte der Universität Wien. a Watershed«, die im Juni auf einer In dieser Zeit schloss sie die Recher- ­internationalen Konferenz zum Ers- chen für den Quellenkorpus ihres ten Weltkrieg in Sarajevo vorgestellt Buches weitgehend ab und konnte wurde. Ferner hielten sie mehrere ihre Kontakte mit Wissenschaft- Einzel­vorträge in Wien, Zürich und lern und Wissenschaftlerinnen aus New York. Sevan Pearson wurde für den Bereichen Österreichische Ge- seinen Vortrag »The ›National Key‹ schichte, Osteuropäische Geschichte in Bosnia and Herzegovina: A Histo- und Rechts­geschichte vertiefen. rical Perspective« in New York der Björn Lemke beendete während ei- Best Doctoral Student Papers Awards nes halbjährigen Archivaufenthalts in in der Kategorie Balkan der »An- Wien ebenfalls die Erschließung der österreichischen Quellen. Mit einem Sprach­stipendium des Balassi Intézet setzte er sein Studium der ungari- schen Sprache fort, um bald auch die Erhebung der ungarischen Quel- len abschließen zu können. Sevan Pearson wird die Niederschrift und Überarbeitung seiner Dissertation bis zum Frühjahr 2015 erledigt ha- PODIUMSDISKUSSION ben. Erste Einzelveröffentlichungen der Projektmitarbeiter befinden sich derzeit im Druck. — Jana Osterkamp, Sevan Pearson und Björn Lemke

Plakat zur Podiumsdiskussion »Nation and Nationalism Revisited«

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Tagungsbericht Area Studies Revisited – Connectivity, Comparison, Laterality Jahreskonferenz der Graduiertenschule für Ost- und Südost­ europastudien LMU München / Universität Regensburg in München vom 12. bis zum 14. Juni 2014

Den Dialog zwischen Regionalstudien (Area Studies) mit verschiedenen geo­ graphischen Schwerpunkten hatte die erste Jahrestagung der Graduierten- schule für Ost- und Südosteuropastudien zum Ziel.

Der Round Table Talk »The Global Eric Lohr (Washington) benannte State of East European Studies ­Today«, hingegen den Amtsantritt Wladimir führte in die Thema­tik ein – auf ein- Putins und die Georgienkrise im Jahr zelne Aspekte der Diskussion sollte 2008 als Wende, mit der die US-ame- im Laufe der Konferenz immer wie- rikanische Politik wieder ein größeres der zurückgegriffen werden. Die Interesse an Fachwissen über Ost­ Runde, fünf Osteuropawissenschaft- europa zeige. ler / innen aus Dänemark, Finnland, In den kommenden zwei Tagen Kanada,­ Großbritannien und den erweiterten zusätzliche Beiträge zu USA, teilte die Ansicht, dass das Ende Russland und der Region die Pers- des Kalten Krieges eine tiefe Zäsur für pektiven auf den gegenwärtigen Ost­europa­studien in ihren Ländern Stand der Osteuropastudien. Zudem bedeutet hatte. Zum einen sei nach zeigten die Vorträge aus den Afrika-, dem Ende der Blockkonfrontation das Asien- und Lateinamerikastudien das Interesse an Sprach- und Fachwissen große Spektrum an Themen, Metho- über Osteuropa rasant zurückgegan- den und Selbst- sowie Fremdverortun- gen. Zum anderen hätten sich, wie gen in den Area Studies. Edith Klein (Toronto) be­tonte, durch die Öffnung der Archive neue For- Globale und regionale schungsperspektiven ergeben. Die ­Fach­geschichte Bilanz über die Entwicklungen der Im ersten Panel »Globale und Regi- Osteuropastudien in den zurücklie- onale Studien« am Freitag sprach genden zwei Jahrzehnten fiel unter- Andreas Eckert (Berlin) über »Area schiedlich aus. Peter Bugge (Aarhus) Studies und Globalgeschichte am beklagte, dass mit dem EU-Beitritt Beispiel Afrikas«. Er fasste zusammen, der ostmitteleuropäischen Staaten dass in Studien zu Afrika bereits seit die staat­liche Förderung für Projekte längerem ein starker Trend zu global- ein zweites Mal nach dem Ende des historischen Themen zu beobachten Kalten Krieges zurückgegangen sei. sei. Eckert betonte, dass im Fokus der

40 JAHRESTAGUNG

Forschungen nicht nur globale Ver- als zukunftsweisend gelten würden. flechtungen stehen dürften. Nach Aus Holbigs Sicht drohen dabei aller- wie vor bestehe die Aufgabe von Re- dings gegenläufige Prozesse aus dem gionalstudien darin, Fachwissen über Blick zu ­geraten. bestimmte Weltteile zu generieren. Am Ende des Panels stellte Martin Ein Beispiel für eine transnatio­ Aust (München) mit seinem aktuellen nale Begegnungsgeschichte im brasi- Forschungsprojekt »Imperium und lianischen Bundesstaat Paraná führte Globalisierung. Russland in der Welt Ursula Prutsch (München) aus. Unter des 19. Jahr­hunderts« einen global- dem Titel »Von Indigenen, Galiziern geschichtlichen Ansatz für die Ge- und Japanern. Interethnische Begeg­ schichte Russlands vor. nungen in einem globalisierten Mikro­kosmos Brasiliens« zeichnete Interdisziplinarität und Fach­ sie Interaktions- wie Abgrenzungs- geschichte prozesse unter japanischen, ukrai- Das zweite Panel »Area Studies and nischen und polnischen Kolonisten Interdisciplinarity« eröffnete Eric sowie zwischen ihnen und der indi- Lohr (Washington) mit einem Bei- genen Bevölkerung nach. trag über »Interdisciplinarity in Rus- sian and East European Studies in the Asien in den jüngeren Area Studies-­ U.S.«. Uwe Lübken (München) ging Debatten der Frage nach, wieweit natürliche Das Beispiel Asien nahm Heike Holbig und soziale Raumproduktion zusam- (Frankfurt) in den Blick. In ihrem Bei- menhängen. Als ein Beispiel stellte er trag »Entanglements versus Entrench- Grenz- und Mobilitätsregime vor, die ments. Asien als Prozess« argumen- immer wieder versuchten, die räum- tierte sie, dass ein dynamischer Blick liche Dynamik etwa von Flüssen, Zug- auf gegenläufige Prozesse, insbeson- vögeln oder Pflanzen an territorial- dere auch auf neue Formen essen- staatliche Container und gesellschaft- tialisierender Selbstvergewisse­rung, liche Anforderungen anzupassen. nötig sei, um der Fluidität der Region Das dritte Panel »Disciplinary His- Asien, aber auch anderer Regionen, tories« begann Volker Depkat (Re- gerecht zu werden. In der jüngeren gensburg) mit seinem Beitrag »The Area Studies-Debatte würde Asien Areas of American Studies«. Er cha- häufig als Inbegriff von Prozessen der rakterisierte die American Studies als Verflechtung, des Austausches, der originär transdisziplinäre Bewegung, transnationalen und transregionalen die ihren Ausgang in verschiedenen Interaktion und der Hybridität gefei- Fachrichtungen hätten. Diese setzten ert. Dies seien Trends, deren Analyse sich allesamt mit den Regionen Süd-, für die Regionalforschung allgemein Mittel- und Nordamerika seit Ende

41 DAS ZWEITE JAHR

REVISITED AREA STUDIES CONNECTIVITY, COMPARISON, LATERALITY

FIRST ANNUAL CONFERENCE OF THE GRADUATE SCHOOL FOR EAST AND SOUTHEAST EUROPEAN STUDIES 12 – 14 JUNE 2014, MUNICH

ABOUT THE CONFERENCE The conference will discuss institu tional pathways, the relationship between political expediency and area study development and methodological innovation. Since the exploration of a particu lar region needs to highlight also its relations with other parts of the world, the conference aims at facilitating a dialogue between Area Studies focusing on different parts of the globe. The conference starts on 12 June, 6 p. m., with a round table discussion on the state of East European Studies.

VENUE Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft e. V. (Amalienstraße 38, Munich)

ORGANIZATION Graduate School for East and Southeast European Studies (LMU Munich / University of Regensburg)

REGISTRATION Please register until 8 June by e-mail: [email protected]

WWW.GS-OSES.DE

Graduate School for East and Southeast

European Studies Design Sebastian Lehnert, Munich

Plakat zur Jahrestagung

Geselliger Ausklang des zweiten Konferenztages

Ein Blick ins Publikum der Jahrestagung »Area Studies Revisited«

42 JAHRESTAGUNG des 19. Jahr­hunderts ­auseinander. Vortrag »Regionalwissenschaften Volker Depkat unterstrich, dass sich und Globalisierungsbedingungen« mit dem transnational turn um die dafür, Globalisierung nicht als einen Jahrhundertwende das räumliche »naturgegebenen« Prozess wach- Setting der Amerikastudien erweitert sender Verflechtung zwischen Welt- habe. Dabei sei es in der US-amerika- regionen auf Grund kontinuierlicher nischen Diskussion nicht nur um eine Zunahme der Flüsse von Personen, Überwindung des Nationalstaates als Waren, Kapital und Ideen aufzufas- Analysekategorie gegangen. Mit dem sen. Vielmehr müsse die Verschieden- transnational turn verbinde sich auch heit der politischen Projekte, die auf Kritik am exceptionalism, der die his- die »global condition« reagieren, in torische Entwicklung Amerikas in ih- den Mittelpunkt der Analyse gestellt rer Andersartigkeit als unvergleichbar werden. mit anderen Weltteilen interpretiert. Im Anschluss verglich Dominic Torsten Loschke (Leipzig) vertrat Sachsenmaier (Bremen) die »Stel- in seinem Beitrag »Lateinamerika­ lung Chinas in der deutschen und studien in den USA« die These, dass der amerikanischen Hochschulland- die Geschichte der Lateinamerika­ schaft«. Dabei stellte er heraus, dass studien einem zeitlichen und institu- sich Lehre und Forschung zu China tionellen Muster folge, das vielfältige hierzulande auf sinologische Semi- Dynamiken und Brüche in der Ent- nare konzentriere, während sie sich wicklung des amerikanischen Hoch- in den USA über einen breiteren schulsystems offenbare. ­Fächerkanon verteile. Andreas Renner (München) er- Nadja-Christina Schneider (Berlin) weiterte das regionale Spektrum um führte in ihrem Beitrag »Südasien­ eine Studie zu Japan. Unter dem Titel forschung in Deutschland. Aktuelle »Vom Osten im Westen und Osten als Situation und Perspektiven« aus, dass Westen. Russland als Gegenstand der trotz andauernder struktureller Pro­ japanischen Geschichtswissenschaft« bleme mittlerweile neue institutio- erläuterte er, wie die japanische Ge- nelle Strukturen und veränderte For- schichtswissenschaft als Teilprozess ei- men der Nachwuchsförderung ent- ner »Verwestlichung« des ­Landes im standen seien, durch die insbesondere letzten Drittel des 19. Jahr­hunderts die sozial- und kulturwissenschaftli- entstanden sei. che Forschung und Lehre zu Südasien Das vierte Panel nahm den in den wesentlich gestärkt werde. Wichtige Diskussionen schon häufig angespro- Impulse für eine stärkere Berücksich- chenen Zusammenhang von »Regio- tigung transkultureller Prozesse seien nalstudien und Politik« auf. Matthias auch durch die Exzellenzinitiative ge- Middell (Leipzig) plädierte in seinem neriert worden, allen voran durch das

43 DAS ZWEITE JAHR

Heidelberger Cluster Asia and Europe schen Systems osteuropäische Studien in a Global Context und die Berliner Relevanz haben. Ihre Aufgabe liege Graduate School Muslim Cultures and in einer vielseitigen Analyse gegen- Societies (BGSMCS). wärtiger politischer und ökonomi- scher Entwicklungen. Regionalwissenschaften Die Konferenz gab nicht nur einen und ­Politikberatung guten Überblick über die historischen Die Beziehungen zwischen »Politik- Hintergründe, institutionellen Wege wissenschaftlicher Lateinamerikafor- und die inhaltliche Ausrichtung von schung und Politikberatung« thema- Area Studies an westeuropäischen tisierte Claudia Zilla (Berlin). Sie attes- und US-amerikanischen Forschungs- tierte der politikwissenschaft­lichen einrichtungen und Universitäten. Forschung in der letzten Dekade, sich Vielmehr zeigten die Vorträge und von den Anforderungen der wissen- Debatten, dass sich Studien über Ost- schaftlichen Politikbera­tung entfernt europa, Afrika, Lateinamerika und zu haben. Dies sei darauf zurück zu Asien mittlerweile nicht nur durch führen, dass in der Forschung zuneh- transdisziplinäre Analysen, sondern mend interregionale Vergleiche und auch durch vergleichende und trans- globale Themen in den Vordergrund regionale Forschungen auszeichnen. rückten, die notwendigerweise abs- Allerdings wären Beiträge von Wis- traktere Begriffe verwendeten und senschaftler / innen aus den hier be- allgemeinere Aussagen träfen. Die sprochenen Regionen hilfreich gewe- Adressaten der Politikberatung er- sen, um nicht Gefahr zu laufen, dass warteten hingegen regionalspezi- sich nur aus einer westeuropäischen fische oder sogar länderspezifische und US-amerikanischen Perspektive Analysen, die anschlussfähig für die mit der Thematik auseinandergesetzt operative Politik bleiben. Claudia Zilla wird. — Brigitta Triebel sprach sich in diesem Zusammenhang dafür aus, dass die Politikberatung Bei dem Artikel handelt es sich um die nach wie vor einer regionalwissen- gekürzte Fassung des bei H-Soz-Kult (www.hsozkult.de/conferencereport/ schaftlichen Forschung ebenso wie page) am 2. September 2014 veröffent- globaler und interregionaler Ansätze lichten Tagungsberichts. bedürfe. Am Ende des Panels unterstrich Peter Bugge (Aarhus) in seinem Bei- trag »Osteuropastudien nach Ost­ europa?«, dass auch fünfundzwanzig Jahre nach dem Zusammenbruch des politischen Blocks und des ideologi-

44 JAHRESTAGUNG / SOMMERSCHULE

Performance. History. Art. Culture Sommerschule der Graduiertenschule für Ost- und Südost­ europastudien vom 7. – 13. September in Cluj-Napoca, ­Rumänien

Die zweite internationale Sommerschule hat die Graduiertenschule in das rumänische Cluj-Napoca geführt. Unter der Leitung des Theaterwissen- schaftlers Christopher Balme beschäftigten sich die Promovierenden eine Woche lang mit Performativität und damit unter anderem mit der Frage, wie Sprache Wirklichkeit hervorbringt.

Die Vormittage waren theo­retischen Neben Promovierenden aus Mün- Diskussionen gewidmet, in den chen und Regensburg nahmen eben- Abendstunden erläuterten Wissen- falls Doktorandinnen und Doktoran- schaftlerinnen und Wissenschaftler den aus Rumänien und Russland an aus verschiedenen Ländern und Dis- der Sommerschule teil. Eine von ih- ziplinen anhand von Fallbeispielen, nen war Svetlana Yatsyk, die an der wie und wo sie Performativität unter­ Moscow Higher School of Economics suchen. Landes­kundliche Exkursionen eine Dissertation im Fach Mediävistik ergänzten das Programm ebenso wie zum Verständnis von Heiligkeit im Vorträge zur rumänischen Zeitge- 13. Jahr­hundert verfasst. Wie sie die schichte. Der Historiker Virgiliu Ţârău Sommerschule erlebt hat, und wie sprach über »The former ­Romanian diese ihre Studie inspirierte, schildert Secret Service Securitate and the sie auf den folgenden Seiten. ­Ethnic, Minorities in Communist ­Romania 1948 – 1989«. Ein Höhepunkt der Sommerschule war ein Gespräch zweier Zeitzeugen: In einer öffentli- chen Abendveranstaltung sprachen Ernest Wichner, in den siebziger Jahren Mitglied der Aktionsgruppe Banat und heute Leiter des Berliner Literatur­hauses, und der Dissident Gabriel Andreescu über die »Literatur im Blickfeld des Geheimdienstes« so- wie »Fragen, Probleme und Chancen später Aufklärung«.

45 DAS ZWEITE JAHR

When writing this letter, I am still activities such as sight-seeing, per- filled with enthusiasm: the summer formances of local artists and meet- school “Performance. History. Art. ing with Romanian dissidents in the Culture” in Cluj-Napoca was an intel- afternoons. During the seminars we lectual benefit not only for me but discussed articles that included the also for all the other participants I be- classical works on performative stud- lieve. One rarely experiences such an ies (“How to do things with words” intense discussion held at the high- by John L. Austin and “The Transfor- est level with an enormous variety of mative Power of Performance” by topics and problems. Erika Fischer-Lichte) as well as works It was not the first Summer School demonstrating the application of of this kind organized by the Gradu- performative approach to highly ate School. Last year a similar school ­specialised fields of knowledge such focusing on “Area Studies in a Glo- as an article of the performance the- balized World” was held at the Cen- orist and theatre director ­Richard tral European University in Budapest. Schechner. Apart from clarification These schools always take place in of terms and text critique, the partic- Central, Eastern and South-eastern ipants were expected to try to apply Europe and are carried out in coop- the introduced method to their own eration with local universities. What researches. It was not easy sometimes. all these summer schools have in I for instance, as a person working common, is their interdisciplinary with legal documents and reflect- approach: both the lectures and the ing the procedure of canonization, reader cover the main subject of the had never thought about exploiting school from points of view of differ- the performative approach in my ent social sciences and by the exam- work. But during the summer school ples of different Eastern and South- I gained an intellectually enriching east European regions. experience that prompted me to en- Taking place at Cluj-Napoca, a gage with research far from my own western Romanian city, this year's field of experience, to place my work summer school brought together within a comparative context and to professors, PhD-students and grad- direct attention to the liturgical as- uate-students from Berlin, Munich, pects of canonization. Krakow, Bucharest, Belgrade, Trier, Another strength of the summer Regensburg, Moscow, Cluj et al. The school was that it gave its participants very intense schedule of the summer the possibility to deeply engage with school consisted of a seminar and scholars and young researchers from discussion part in the morning, sup- a great variety of fields of expertise plemented by lectures and cultural and several different countries. The

46 SOMMERSCHULE

Denkmal für den in Klausenburg / Cluj / Kolozsvár geborenen ungarischen König Matthias Corvinus

»Lernt, lernt, lernt« – Graffiti auf einer Mauer in Cluj-Napoca

Zu Besuch in der Nationaloper

47 DAS ZWEITE JAHR

interdisciplinary character of the pitality shown to us was more than school resulted particularly valuable. generous. I felt very welcomed and I I am sure that this experience broad- enjoyed both the intense work at the ened and refined my view on perfor- school and the excursions. I consider mative methodologies and strategies this meeting a precious opportunity of research, their advantages as well in my academic career and a very as their limits. promising starting point for further Finally I would like to warmly collaborations. — Svetlana Yatsyk, thank the organizers for the excel- PhD-student (Higher School of Econ- lent Summer School. The manage- omies, Moscow, Russia) ment was outstanding and the hos-

Bild oben: Promovierende der Babeş-Bolyai-Universität, der Graduiertenschule und der Moscow Higher School of Economics Bild links: Der rumänische Dissident Gabriel Andreescu

48 SOMMERSCHULE / WEITERE VERANSTALTUNGEN

Weitere Veranstaltungen der Graduiertenschule

Kolloquium Pål Kolstø (Oslo) — Popular Support for the Nation-State and the Nation- Marion Aptroot (Düsseldorf) — Building Strategy in Former Yugoslav ­Jiddisch – Geschichte und Status Republics and Albania. The Results of a Comparative Study Oleg Budnickii (Moskau) — Daily Life in the Trenches: Diaries of the Red Yaron Matras (Manchester) — Army’s Jewish Soldiers, 1941– 45 Die ­Sprache der Roma: Geschichte, Status und Sprachsoziologie Nathalie Clayer (Paris) — Circulation, Adaptation and Rejection of Models – Piotr Piotrowski (Poznań) — The Global The Adoption of the Civil Code in NETwork. Approaching Comparative Interwar­ Albania Art History

Vladimir Gel’man (St. Petersburg) — Michal Pullmann (Prag) — Einstellungen Out of the Frying Pan into the Fire: zur Gewalt in der tschechoslowakischen Trajectories of Regime Changes in Dissidenz (1969 – 1989) Post-Soviet­ Russia Jutta Scherrer (Paris) — »Grundlagen Henry Hale (Washington, D. C.) — der orthodoxen Kultur« – Zum Religions- The Politics of Identity, History, unterricht in russischen Schulen and Elections­ in the Ukraine Crisis Marta Smolińska (Poznań) — Unter- Miranda Jakiša (Berlin) — Gavrilo wegs nach Babadag: Konstruktionen ­Princip und das Attentat von Sarajevo von Identität(en) des zeitgenössischen in der Literatur Rumäniens in der anachronischen ­Fotografie von Nicu Ilfoveanu Agata Jakubowska (Toruń) — Naked in front of You. Ewa Partum’s Timothy Snyder (New Haven) — “Hommage à Solidarność” (1982 / 1983) The Destruction­ of States and the ­Murder of Jews, 1938 – 1945 Alexander Kamenskii (Moskau) — What We Know and What We Don’t Dirk Uffelmann (Passau) — Gattungen Know about 18th Century Russia digitaler Erinnerungen

Pavel Kolař (Potsdam) — Legal Killing Yfaat Weiss (Jerusalem) — Von Prag and Sacrifice after 1945: State Socialism nach Jerusalem. Kulturgüter und Staats- in a Cross-Continental Perspective werdung

Daniela Koleva (Sofia) — Urban ­Memory­scapes: Strategies and Tactics, Activists and Entrepreneurs

49 DAS ZWEITE JAHR

Tomasz Zarycki (Warschau) — Construct- Kerstin Susanne Jobst (Wien) — ing New Identities in Eastern Poland: Wie die Krim ›russisch‹ wurde … Between the Old ‘Kresy’ and the New Über die Strategien der Aneignung ‘Borderland’ Discourses. eines kolonialen Erwerbs

Joachim Zweynert (Witten) — Svitlana Khutka (Kiew) — The Dynamics Economic Ideas and Institutional of the Maidan Protest, Radical Shifts in Change: The Case of the Russian Public Support for EU-integration, and ­Stabilization Fund the Perception of the Russian Federation in Ukraine

Forum Ondřej Klimeš (Prag) — Escalating Crisis in Xinjiang: Implications for Uyghurs Thomas Brey (Belgrad) — Serbien and China als zentrales Land auf der westlichen ­Balkanhalbinsel Michal Kopeček (Prag) — From ­Critical Patriotism to National Memory? Benno Ennker (Tübingen) — Die ­Dissidence, Human Rights and National Eura­sische Union und der Ethno-­ Identity in East Central Europe from Nationalismus in der neuen Außen­ Late to Post-Socialism politik Russlands Kateryna Kudin (München) — Euro­ Andreas Ernst (Belgrad) — Aufgehen- maidan in der Ukraine – Akteure, Ziele der Halbmond – Türkische soft-power und Perspektiven auf dem Balkan und ihre Wirkungen John Lampe (Maryland) — Southeastern Vasyl Filipchuk (Kiew) — Multi-Vector Europe, 1914 – 2014. From War and Tran- Nature of Ukraine’s Foreign Policy sition to Stabilization and Association since 1991 Eric Lohr (Washington) — Russian Maarten Van Ginderachter Citizen­ship — From Empire to Soviet (­Antwerpen) — Nations and Nationalism Union from the Margins. A Research Agenda for the Future Oksana Matijtschuk (Czernowitz) — »aus der verzweifelten Hoffnung / daß Mark von Hagen (Arizona) — The Dichten / möglich sei«. Ahasver in der Entangled Eastern Front in World War I Bukowina: Verfolgung und Vertreibung and the Making of the Ukrainian State im Spiegel der Lyrik von Rose Ausländer

Oleksiy Haran (Kiew) / Georgiy Kasianov Yaron Matras (Manchester) — Migration (Kiew) — Politische Zukunftsstrategien von Roma und Geschichtspolitik der Ukraine heute Yohanan Petrovsky-Shtern (Illinois) — Caroline Humphrey (Cambridge) — The Golden Age Shtetl Brands and Mediators: Instabilities of Trade at the Russia-China-Border

50 WEITERE VERANSTALTUNGEN

Petro Rychlo (Czernowitz) — Inter­ Robert Uerpmann-Wittzack (Regens- ethnische und interkulturelle Bezie­ burg) — Souveränität und Selbst­ hungen in der Bukowina 1918 – 1940 bestimmung in der Ukraine-Krise: Ist Völkerrecht wichtig? Joshua A. Sanborn (Chicago) — ­Imperial Apocalypse: The Great War Andreas Umland (Kiew) — Die Ukraine and the Destruction of the Russian vor dem Zerfall? Die Rolle Russlands Empire und die Verantwortung Europas

Hans-Henning Schröder (Berlin) — Mikhail Ryklin (Berlin) — Warlam Russland­ 2013 – Aufbruch in die Ver­ ­Schalamow – Der Kronzeuge aus dem gangenheit? Gulag

Hans-Henning Schröder (Berlin) — Juliane Stegner (Athen) — Geschichte Wer hat die Macht im Kreml? Über zwischen Kunst und Wissenschaft? ­Entscheidungsprozesse und Netz- Die Arbeit des Goethe-Instituts in Süd- werke in der russischen Politik osteuropa

Gianfranco Tamburelli (Rom) — Dorothee Walther (Berlin) — Rechts­ The Association­ Agreement between transfer in der Praxis: Rechtsberatung the EU and Ukraine und Aufbau eines juristischen Publi­ kationsprogramms im Kosovo Philipp Ther (Wien) — Die neue ­Ordnung auf dem alten Kontinent. Martin Schulze Wessel (München) — ­Revolution, Transformation und Konflikte um die Ukraine – gestern ­Neoliberalismus in Europa seit den und heute 1980er Jahren Klaus Ziemer (Warschau) — Die Drei- Attila Tóth (Debrecen) — From a ecksbeziehungen zwischen Deutschland, Constitution's Authority to an Autho- Polen und Russland ritarian Constitution? – Constitutional Transitions in Hungary 1989 – 1990 Jan Zofka (Leipzig) — Die pro-russlän­ and 2010 – 2013 in Comparison dische Bewegung auf der Krim nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 – 1995 Stefan Troebst (Leipzig) / Hubertus Jahn (Cambridge) — Frozen Conflicts – Was wird aus der Ukraine? Gastvorträge

Oleksandr Zabirko (Münster) — Das Stephen Brain (Mississippi) — Song wilde Feld der Ostukraine: Neubeginn of the Forest: Russian Forestry and oder frozen conflict? (Themenabend Stalin’s Environmentalism »Krieg und Frieden in Europa. Von ­Bosnien zur Ukraine« mit Kurzfilmen) Micha Brumlik (Frankfurt a. M.) — Deutsch-Jüdische Intellektuelle in der Zwischenkriegszeit

51 DAS ZWEITE JAHR

Stef Jansen (Manchester) — The Methodenseminar Grundlagen der Area Politics of Time in Liberal Reconcili- Studies, Landshut ation Discourse: The Case of Bosnia and Herzegovina­ Chapter-Workshop, Regensburg

Felix Jeschke (London) — Nationen- bildung und Eisenbahndiskurs in der Workshops Tschechoslowakei (1918 – 1938) Dr. Vanessa Adam (Bonn) — Beschäfti­ Julia Matveev (Haifa) — Martin gungsverhältnisse des wissenschaftlichen ­Bubers Philosophie des Dialogs und Nachwuchses – Teilzeit, Befristungsrecht ihre Weiter­entwicklung in den und Vereinbarkeit von Beruf und Familie ­literaturtheoretischen Studien von Michail M. Bachtin und Ludwig Strauss Martin Aust, Martin Schulze Wessel (München) — World Regions between Ruth Oldenziel (Eindhoven) — Century Global History and Scenarios of Power of Cycling. Path towards Sustainability and Civilization:­ China, Turkey, Russia and the USA in Comparison Amir Weiner (Stanford) — The KGB: Ruthless Sword, Imperfect Shield Volker Depkat (Regensburg), Tobias Grill (München) — Biographieforschung Tara Zahra (Chicago) — Exodus from the East: Emigration from Eastern Volker Depkat (Regensburg) — Tage­ ­Europe and the Making of the Free bücher zwischen Text und Quelle. World, 1899 – 1989 Geschichtswissenschaft und Literatur­ wissenschaft im Gespräch.

Sommerschule Burcu Dogramaci (München), ­Dorothee ­Gelhard (Regensburg) — Exil – ­Diaspora – Performativity in Kooperation mit der Transnationalität Babeş-Bolyai-Universität in Cluj Alexander Graser, Martin ­Löhnig (Regens­burg), Petra Stykow (Mün- Theorie- und Methodenseminare chen) — ­Reception of Law – Institu­ tional Transfer –­ Policy Diffusion Methodenseminar Fotografie als Quelle, München Dr. Berenika Szymanski-Düll (­München) — Akademische Lehre Methodenseminar Wissenschaftliche Rezensionen schreiben, München Sören Urbansky (München), Felix Ackermann (Vilnius) — Sovietizing the Theorieseminar Marx lesen!, München ­Periphery: A Comparative Approach

Methodenseminar Bestände und Bewerbungsworkshop Preparing for ­Benutzung der Bayerischen Staatsbiblio­ a Doctoral Project thek, München

52 WEITERE VERANSTALTUNGEN

Migration und Landschaftswandel. VII. Dr. Fritz Exner-Kolloquium für Veränderungen der Kulturlandschaft Nachwuchswissenschaftler im Bereich in Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahr­ der Südosteuropaforschung hundert in Kooperation mit Collegium »Menschen in Bewegung: Gründe, Carolinum, Herder-Institut, Zentrum für ­Muster und Folgen von Migration Umweltgeschichte (Tallinn), European (19. – 21. Jh.)« Society for Environmental History In Zusammenarbeit mit dem Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS) Munich Spring School – Science, Environ­ und der Südosteuropa-Gesellschaft ment, Infrastructure and Technology – History of Science in Central and Eastern Europe in Kooperation mit Geschichte Ost- und Südosteuropas (LMU), Wissen­ schaftsgeschichte (LMU), Collegium Carolinum, Rachel Carson Center, Deut- sches Museum

Symbolische Orientierungsleistungen- und erwartungen in postsowjetischen Gesellschaften in Kooperation mit dem Kompetenznetz Institutionen und ins- titutioneller Wandel im Postsozialismus (KomPost)

Why Is There So Little Green in Czech and Slovak History? In Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte der Tschechischen Akademie der Wissen- schaften und dem Lehrstuhl für Umwelt- studien an der Fakultät für Sozialwissen­ schaften der Masaryk-Universität in Brno / Brünn Mitglieder der Graduiertenschule 2. Wien-Regensburg Workshop für Ost- und Südosteuropastudien für Doktorand / inn / en: und Angehörige des Master­ Gesellschaftlicher Wandel in Ost- studiengangs ­»Osteuropastudien« und Südosteuropa, 19. – 20. Jh. in Kooperation mit dem Lehrstuhl ­Geschichte Südost- und Osteuropas­ (Universität Regensburg) und dem Institut­ für Osteuropäische ­Geschichte (Universität Wien)

53 DAS ZWEITE JAHR

Medienecho

Stiftungsdirektor Manfred Kittel Albaniens Regierungschef besucht in der Kritik – Gespräch mit Martin erstmals Serbien – Interview mit Marie- Schulze Wessel Janine Calic 3Sat, Kulturzeit, 15. 12. 14 SWR2, Journal, 10. 11. 2014

Deutsch-griechische Beziehungen Ungarn – Irrt der Westen mit seiner im Fokus. Studierende und Wissen­ Kritik an Viktor Orbán? – Mit Stellung- schaftler aus Regensburg und Athen nahme von Ulf Brunnbauer untersuchen zentrale Momente der Wirtschaftswoche, 09. 11. 2014 Berührung zwischen beiden Ländern Mittelbayerische Zeitung, 03. 12. 2014 Ungarns freundlicher Russlandskurs – Gespräch mit Martin Schulze Wessel Weiterleben nach den Bomben – DRadio Wissen, 05. 11. 2014 ­Bericht über das Forum am 27. 11. 2014 in Regensburg About the Second Public Sphere in the Mittelbayerische Zeitung, 01. 12. 2014 former Eastern Bloc – Interview with Katalin Cseh and Adam Czirak Künstler blicken auf die Vergangenheit ArtMargins Online, 23. 10. 2014 des Krieges – und auf seine Gegenwart – Bericht über das Forum am 27. 11. 2014 »Putin bricht definitiv mit demWesten« ­ – in Regensburg Interview mit Ulf Brunnbauer Wochenblatt, 01. 12. 2014 Freie Presse, 04. 09. 2014

»Der historische Kontext fehlt« – »Promotionszeit untergliedern, ­Interview mit Martin Schulze Wessel ­Orientierung verschaffen« – Interview­ zu den Kontroversen innerhalb Stiftung mit Kathrin Linnemann über die Flucht, Vertreibung, Versöhnung ­Graduiertenschule Berliner Zeitung vom 18. 11. 2014 L. I. S. A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda-Henkel-Stiftung, 19. 08. 2014 Zum Zustand der Stiftung »Flucht, Vetreibung, Versöhnung« – Gespräch »Nazi-Kollaborateur und ukrainischer mit Prof. Martin Schulze Wessel Held« – Artikel über die Bedeutung Deutschlandradio Kultur, Fazit, des ukrainischen Nationalisten Stefan 14. 11. 2014 Bandera mit Stellungnahme von Martin Schulze Wessel Auf den Spuren der Elite – Wie wird Die Welt, 18. 08. 2014 eine Universität eigentlich exzellent? – Mit Interviews mit Henriette Reisner und Martin Schulze Wessel ARD-Alpha, Campus Magazin, 13. 11. 2014

54 MEDIENECHO

»Die Weltgeschichte in Zeiten der Digi­ »Doubts raised at EU summit over talen Revolution. Bayern baut seine ­effectiveness of sanctions on Russia« – außeruniversitäre­ Forschungslandschaft Mit Stellungnahme von Fabian Burkhardt um und gründet einen Kompetenz­ Voice of Russia, 22. 07. 2014 verbund für die historischen Wissen­ schaften« – Mit Stellungnahme von Radiointerview mit Martin Schulze Martin Schulze Wessel Wessel über »Heimweh nach Habsburg? Frankfurter Allgemeine Zeitung, Spurensuche in der heutigen Ukraine« 13. 08. 2014 Sendung »Der Tag« des Hessischen Rundfunks, 16. 07. 2014 Tagesgespräch »Der starke Mann am Bosporos: Was halten Sie von Erdogans »Das unverhallte Echo. Sarajevo Wahlsieg?« – Diskussion mit Christoph 100 Jahre nach dem Attentat« – Neumann Mit Stellungnahme von Ulf Brunnbauer Bayern 2, 11. 08. 2014 Sendung des ORF, 02. 07. 2014

Erdogan – ein neuer Atatürk? – Zustrič nimec'kych ta ukraïns'kych ­Christoph Neumann über die Präsident- ­istorykiv z pryvodu podij v Ukraïni schaftswahl in der Türkei [Treffen deutscher und ukrainischer SWR2, SWR2 Journal, 09. 08. 2014 Geschichtswissenschaftler wegen der Ereignisse in der Ukraine] – Mit einer »Ni kroku nazad. Nimeččyna jak Rede von Martin Schulze Wessel ­lokomotyv sankcij proty RF« (»Keinen Ukraina Moderna, 02. 07. 2014 Schritt zurück. Deutschland als Sank­ tionslokomotive gegen die Russische »Deutsche Talkshows sind Russland-­ Föderation«) – Mit Stellungnahme lastig« – Interview mit Fabian Burkhardt von Fabian Burkhardt Ostpol – Das Osteuropamagazin, Ukraïns’kyj Tyžden (Ukrainische Woche), 01. 07. 2014 08. 08. 2014 EU: Assoziierungsabkommen mit »SR 2 – Zu viel russische Kultur in der ­M o l d a u – Radiointerview mit Klaus Ukraine?« – Radiointerview mit Martin Buchenau Schulze Wessel zur Diskussion über detektor.fm, 27. 06. 2014 eine Zensur russischer Kulturprodukte in der Ukraine »Poroschenko verlängert Waffenruhe« – SR2 Der Morgen, 01. 08. 2014 Mit Stellungnahme von Ulf Brunnbauer Mittelbayerische Zeitung, 27. 06. 2014 »It isn’t just sanctions. A landmark $50 billion ruling will isolate Russia »Es geht nicht voran. Weltkriegs-­ further« – Artikel über Sanktionen Aufarbeitung in Serbien und Kroatien« – gegenüber Russland mit Stellungnahme Mit Stellungnahme von Ulf Brunnbauer von Fabian Burkhardt Süddeutsche Zeitung, 27. 06.2014 The Washington Post, 29. 07. 2014

55 DAS ZWEITE JAHR

»Fatale Schüsse in Sarajevo. Erinnerun­ »Konflikt auf der Krim – Eine Gefahr gen an den Traum von Jugoslawien« – für die deutsche Wirtschaft?« Mit einem Interview mit Prof. Marie- Interview mit Ulf Brunnbauer auf Janine Calic detektor.fm, 04. 03. 2014. Bayern2, radioThema, 26. 06. 2014 Cornelia Meyer: »Die Ukraine nach dem »Helmut Schmidt sagt: Die Ukraine Umsturz« – Bericht mit Stellungnahmen ist keine Nation. Aber stimmt das von Martin Schulze Wessel ­überhaupt?« – Mit einem Interview Bericht auf web.de vom 24. 02. 2014 mit Ulf Brunnbauer. Focus Online, 21. 05. 2014 Mentorenprogramm der Graduierten­ schule als vorbildliches Beispiel Zukunft der Ukraine. Eine simple in dem Paper »How to train doctoral ­Zwei­teilung wäre nicht ausreichend – ­researchers for a diverse job market« Beitrag von Jana Osterkamp der »League of European Research Frankfurter Allgemeine Sonntags­ ­Universities« (LERU) zeitung, 11. 05. 2014 LERU, Advice Paper 15, January 2014

Die Ukraine – eine künstliche Nation? – »Serbien will nicht der Schuldige sein« – Kommentar von Franziska Davies Mit Stellungnahme von Ulf Brunnbauer Der Freitag, 01. 04. 2014 Salzburger Nachrichten, 08. 01. 2014

»Eine Perspektive für die Ukraine« – »Hürden des Gedenkens« – Interview ­Bericht über eine Veranstaltung der mit Ulf Brunnbauer über die schwierigen ­Graduiertenschule zu den Hinter­ Vorbereitungen einer internationalen gründen des Konflikts um die Ukraine Historiker-Konferenz zum 1. Weltkrieg Mittelbayerische Zeitung, 20. 03. 2014 in Sarajevo Kulturgespräch des SWR2, 02. 01. 2014 »Die ukrainische Diversität« – ­Kommentar von Ulf Brunnbauer und Kseniia Gatskova Der Standard, 18. 03. 2014

»Das Trauma der Tschechen. Deutscher Einmarsch vor 75 Jahren« – mit Stellung- nahmen von Martin Schulze Wessel Süddeutsche Zeitung, 15. 03. 2014

Radiointerview mit Martin Aust über die Geschichte der Krim Sendung »Der Tag« des Hessischen Rundfunks, 04. 03. 2014

56 MEDIENECHO / PUBLIKATIONEN

Publikationen Ausgewählte Monographien und Sammelbände

Walter Koschmal Taras Ševčenko Die vergessene Dichter-Ikone

Jaqueline Nießer / Juliane Tomann Walter Koschmal (Hrsg.) Taras Ševčenko. Die vergessene Dichter- Angewandte Geschichte. Ikone Neue Perspektiven auf Geschichte (Sagners Slavistische Sammlung, Bd. 35) in der Öffentlichkeit München / Berlin / Washington 2014. Paderborn 2014. Anlässlich des 200. Geburtstags der Welche Rolle spielt Geschichte in der ukrainischen Dichter-Ikone stellt dieser Öffentlichkeit? Dieser Frage geht der Band den Dichter und Maler Ševčenko, Sammelband »Angewandte Geschichte – seine Biographie und sein Werk erst- Neue Perspektiven auf Geschichte mals im Ganzen dar. Taras Ševčenko in der Öffentlichkeit« nach. Heraus­ verkörpert wie kein anderer ukrainische gegeben hat ihn Jacqueline Nießer, Identität und ukrainisches Selbstwert- Doktorandin der Graduiertenschule, gefühl; er ist bis heute die ukrainische zusammen mit Juliane Tomann. Die Identifikationsgestalt schlechthin. Für Aufsätze beschäf­tigen sich mit ver- die Ukraine ist er damit eine nützliche schiedenen Formen von geschichtlichen Identifikationsfigur, die von Politikern Darstellungen in der Öffentlichkeit – aller Couleur genutzt wird. Seine von der Unter­nehmensgeschichte bis ­lebendige Verehrung im Land steht zur zivilgesellschaftlichen Aushandlung im erklärungsbedürftigen Gegensatz von Geschichtswahrnehmungen wird zu seiner Unbekanntheit außerhalb. die Landschaft der unterschiedlichen Zugänge zu Angewandter Geschichte umrissen.

57 DAS ZWEITE JAHR

SLAVISTISCHE BEITRÄGE 498

Beate Feldmeier

Anrede im Sprachkontakt

Reflexion und Gebrauch von Anredestrategien durch tschechische Migranten im deutschsprachigen Umfeld

VERLAG OTTO SAGNER

Beate Feldmeier Martin Aust / Julia Obertreis (Hrsg.) Anrede im Sprachkontakt. Osteuropäische Geschichte und Reflexion und Gebrauch Globalgeschichte­ von Anredestrategien durch (Quellen und Studien zur Geschichte tschechische Migranten des Östlichen Europa, Bd. 83) im deutschsprachigen Umfeld Stuttgart 2014. (Slavistische Beiträge, Bd. 498) München / Berlin / Washington 2014. Globalgeschichte hat Konjunktur. Die Autorinnen und Autoren des Mit diesem Projekt wird eine For- Sammelbandes zeigen auf, wie sich schungslücke geschlossen: Die Aus­ die Geschichte des östlichen Europas­ dehnung der sprachwissenschaftlichen im 19. und 20. Jahrhundert mit Untersuchungen auf die Pragmatik ­globalgeschichtlichen Ansätzen in ist für die Sprachkontaktforschung ­einen fruchtbaren Austausch bringen gerade deshalb von großem Interesse, lässt. Die Beiträge teilen sich in drei weil sich pragmatische Phänomene thematische Blöcke: erstens die Zeit wie das Anredeverhalten wegen ihrer um 1900 als eine Periode von Aus- Bindung an soziale Praktiken und tausch ­zwischen Imperien. Beleuchtet ­Sprachideologien zum Beispiel in Bezug werden Russlands Verhältnisse zu Iran, auf die Assimilationsdauer anders ­Japan und China. Ein zweiter Schwer- als das normale Sprachsystem verhal- punkt liegt auf der Wissenschafts­ ten und sich daher die Dominanz der geschichte. Hier stehen Expeditionen ­­­Kultur- vor der Sprachabhängigkeit zur See und die Polarforschung im exemplarisch nachweisen lässt. ­Mittelpunkt. Drittens erfolgt eine ­Analyse von globalen Imaginationen und Kooperationen des östlichen ­Europas im Kalten Krieg.

58 PUBLIKATIONEN

Vandenhoeck & Ruprecht Klaas-Hinrich Ehlers / Marek Nekula / Bad Wiesseer Tagungen des Collegium Carolinum Martina Niedhammer / Hermann Scheuringer (Hg.) Band 35 Sprache, Gesellschaft und Sprache prägt Gesellschaft und umgekehrt, da Sprache soziale Beziehungen reflektiert oder als Deutungs- und Herrschafts- Nation in Ostmitteleuropa instrument fungiert. In diesem Band gehen Philologen und Historiker der Rolle von Sprache als kulturpolitischem Vehikel Institutionalisierung und Alltagspraxis am Beispiel Ostmitteleuropas nach. Thematisiert werden unter anderem Fragen der Wörterbucharbeit, des Spannungsverhält- nisses zwischen Statusplanung und Alltagspraxis, aber auch des institutionellen Umgangs mit Mehrsprachigkeit.

Die Herausgeber Dr. Klaas-Hinrich Ehlers ist Privatdozent an der Freien Uni- versität Berlin und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Collegium Carolinum, Forschungsstelle für die böhmischen Länder, in München. Dr. Marek Nekula ist Professor für Bohemistik und Westslavistik an der Universität Regensburg.

Dr. Martina Niedhammer ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin Ostmitteleuropa in Nation und Gesellschaft Sprache, am Collegium Carolinum, Forschungsstelle für die böhmischen Länder, in München. Dr. Hermann Scheuringer ist Professor für Deutsche Sprach- wissenschaft an der Universität Regensburg. Ehlers et al. (Hg.) (Hg.) al. et Ehlers

www.v-r.de www.collegium-carolinum.de

V

9783525373071_Umschlag_Ehlers_Ostmitteleuropa.indd 1 04.09.14 15:52 Friederike Kind-Kovács Klaas-Hinrich Ehlers / Marek Nekula / Written Here, Published There: Martina Niedhammer / Hermann How Underground Literature Crossed Scheuringer (Hrsg.) the Iron Curtain Sprache, Gesellschaft und Nation New York / Budapest 2014. in Ostmitteleuropa. Institutionalisierung und Alltagspraxis The book identifies a transnational Göttingen 2014. undertaking that reinforced détente, dialogue, and cultural transfer, and Sprache prägt Gesellschaft und umge- thus counterbalanced the persistent kehrt, indem Sprache, ihre Verwendung belief in Europe’s irreversible division. und ihr Status soziale Beziehungen It analyzes a cultural practice that ­reflektieren oder zur Etablierung sozia- attracted extensive attention during ler und kultureller Praktiken beitragen. the Cold War but has largely been Bei der Konstruktion der modernen ignored in recent scholarship: tamizdat,­ ­Nation kommt Sprache daher eine or the unauthorized migration of ­zentrale Rolle zu. In dem Band ­gehen underground literature across the Philologen und Historiker der Rolle Iron Curtain. Investigating the trans- von Sprache und Philologie als kultur­ fer of ­underground literature from politischen Vehikeln am Beispiel the ‘Other Europe’ to Western Europe, Ost­mitteleuropas im 19. und 20. Jahr­ the United States, and back the study hundert nach. Thematisiert werden ­illuminates the intertwined fabrics unter anderem die Arbeit an Wörter- of Cold War literary cultures. büchern, aber auch des institutionellen Umgangs mit Mehrsprachigkeit, etwa am Beispiel von Kirche und Armee.

59 DAS ZWEITE JAHR

Burcu Dogramaci / Friederike Weimar (Hrsg.) Sie starben jung! Künstler und Dichter,­ Ideen und Ideale vor dem Ersten Weltkrieg­ Berlin 2014.

Dieses Buch lenkt den Blick auf acht bemerkenswerte, in jungen Jahren gefallene­ Kunstschaffende. Während­ die gesellschaftlichen Zwänge des Kaiser­reiches sie in Naturflucht, Mys- tizismus und Spiritualität getrieben hatten, erschien ihnen der Krieg wie ein »reinigendes Gewitter«: Der Krieg suggerierte, mit den bisweilen ver­ hassten Heimatorten auch tradierte ­gesellschaftliche Regeln hinter sich ­lassen zu können. Eine ganz neue ­Gesellschaft – vergeistigt, gereinigt, spirituell gestärkt – würde sich aus den Trümmern erheben. Mit diesen Gedan- ken malten sie ihre Bilder, schrieben sie ihre Texte, zogen sie in den Krieg – und starben jung.

60 PUBLIKATIONEN

Veröffentlichungen der Graduiertenschule für Ost- und ­Südosteuropastudien Reihe »Schnittstellen« bei Vandenhoeck & Ruprecht

Die Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien kooperiert seit 2014 mit dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, der die von Martin Schulze Wessel und Ulf Brunnbauer edierte Reihe »Schnittstellen. Studien zum öst- lichen und südöstlichen Europa« verlegt.

Die Reihe versammelt aktuelle For- Im Mai 2015 werden die ersten schungen zur Geschichte, Literatur, beiden Bände erscheinen. Es handelt Kultur und Politik des östlichen und sich dabei um Dissertationsschriften, südöstlichen Europa. Die Arbeiten ge- die im Rahmen von am Collegium hen überwiegend aus der Graduier- Carolinum, einem der Kooperati- tenschule für Ost- und Süd­ost­­europa­ onspartner der Graduiertenschule, studien der Ludwig-Maximilians-Uni- angesiedelten Forschungsprojekten versität München und der Universität entstanden sind: Peter Hallamas Stu- Regensburg hervor, in der transnatio- die zu »Nationale Helden und jüdi- nale Verflechtungsprozesse innerhalb sche Opfer. Tschechische Repräsenta- der Region und zwischen Ost- und tionen des Holocaust« und Hannah Südosteuropa und anderen Welt­ Maischeins Arbeit zu »Augenzeugen­ regionen untersucht werden. schaft, Visualität und Politik – Pol- nische Erinnerung an die deutsche ­Judenvernichtung«.

61 DAS ZWEITE JAHR

Peter Hallama Nationale Helden und jüdische ­Opfer. Tschechische Repräsentationen des ­Holocaust Schnittstellen. Studien zum öst­lichen und südöstlichen Europa, Bd. 1, ISBN 978-3-525-30073-2, ca. 392 S., mit ca. 15 Abb., € 64,99

Die Studie untersucht differenziert und kritisch die Erinnerung an den Holocaust in der Tschechoslowakei und hinterfragt tradierte Erklärun- gen für die mangelnde Aufarbeitung. Warum begann die Aufarbeitung des Holocaust in der Tschechoslowa- kei erst spät und zögerlich? Bis heute hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass dafür vor allem das kommunis- tische Regime verantwortlich gewe- sen sei, das den Holocaust mit einem Tabu belegt und ihn so »konfisziert« habe. Die Studie widerlegt diese Er- klärung durch einen Blick auf die jüdische Sicht der Shoah. Sie analy- siert die Bedingungen und Möglich- keiten des Gedenkens in der ČSSR und macht deutlich, dass dieses von tschechischem Nationalismus, anti- semitischen Stereotypen und einem heroischen Geschichtsbild bestimmt wurde.

Dr. Peter Hallama ist Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg im Breis- gau und Geschichte- und Geographie- Lehrer in Saverne (Frankreich).

62 PUBLIKATIONEN

Hannah Maischein Augenzeugenschaft, Visualität, ­Politik. Polnische Erinnerungen an die deutsche Judenvernichtung Schnittstellen. Studien zum öst­lichen und südöstlichen Europa, Bd. 2, ISBN 978-3-525-30074-9, ca. 648 S. mit ca. 100 Abb., € 89,99

Die Studie zeigt, wie Polen sich selbst als Augenzeugen des nationalsozi- alistischen Judenmords sehen. Sie ermöglicht Rückschlüsse auf das pol- nische Selbstbild und sein Verhältnis zum westlichen Holocaust-Diskurs. Polen war das Zentrum des euro- päischen Judentums und wurde wäh- rend des Zweiten Weltkriegs zum Schauplatz der deutschen Judenver- nichtung. Hannah Maischein analy- siert, inwiefern die Nähe zu diesem Verbrechen den Erinnerungsdiskurs der Augenzeugen in Polen prägte. Stellen sich die Polen selbst als Helden und Retter der Juden dar, oder sehen sie sich als Täter, die von der Vernich- tung profitiert haben? Anhand einer Vielzahl visueller Medien wie Filme, Ausstellungen oder Denkmäler unter- sucht die Autorin das Selbstverständ- nis der polnischen Augenzeugen.

Hannah Maischein ist ­Historikerin und lebt in München. Ihre Forschungs­ schwerpunkte liegen in den ­Bereichen Visualität und Erinnerung.

63 DAS ZWEITE JAHR

Publikationen der Promovierenden und der Postdocs

Anna Baumgartner Anna Juraschek Das Racławice Panorama in Breslau. Wohin weist die Wade? Eine Unter­ Ein Erinnerungsort für die polnische suchung der Bedeutung des Bereichs Nation. Knie abwärts im Werk von Bruno In: Arnold Bartetzky / Rudolf Jaworski Schulz oder die Welt von der Wade (Hrsg.): Geschichte im Rundumblick. aus betrachtet. Panoramabilder im östlichen Europa In: Gernot Howanitz, Christian Kamp- (Visuelle Geschichtskultur, Bd. 11), kötter und Heinrich Kirschbaum (Hrsg.): Köln / Weimar / Wien 2014, S. 45 – 64. Slavische Identitäten. Paradigmen, ­Poetiken, Perspektiven (Slavistische Anna Baumgartner Beiträge, Bd. 497), München 2014, Maksymilian Gierymski w świetle S. 169–179. niemieckojęzycznej krytyki artystycznej [The Reception of Friederike Kind-Kovács Maksymilian Gierymski’s Works Memories of Ethnic Cleansing and the in the Context of German Art Local Iron Curtain in the Czech-German Criticism] Borderlands. In: Muzeum Narodowe w Krakowie In: Nationalities Papers 42,2 (2014), (Hrsg.): Maksymilian Gierymski. S. 199 – 222. Dzieła, inspiracje, recepcja [Maksymilian Gierymski. Works, Inspiration, Recep- Friederike Kind-Kovács tion] (Ausstellungskatalog poln./engl.), Crossing ’s Iron Curtain: Kraków 2014, S. 229 – 255. ­Uncensored Literature from the GDR and the Other Europe. Katalin Cseh In: East Central Europe 41 (2014), Chained. Bodies and Monuments S. 180 – 203. of Hierarchy in Hungarian Performance Art. Friederike Kind-Kovács / Jessie Labov In: Art and Design Review 2,4 (2014), Forbidden Fruit: Smuggling and S. 73 – 77. ­Publishing Across Borders in Ancien Régime France and Cold War Eastern Beate Feldmeier Europe. Anrede im Sprachkontakt. Reflexion In: Jan C. Behrends and Thomas Linden- und Gebrauch von Anredestrategien berger (Hrsg.): Publishing and the durch tschechische Migranten im Public Sphere. Transnational Perspecti- deutschsprachigen Umfeld (Slavistische ves, Berlin 2014, S. 257 – 289. Beiträge, Bd. 498). München / Berlin / Washington 2014.

64 PUBLIKATIONEN

Jaqueline Nießer / Juliane Tomann Martin Zückert (Hrsg.) Konfession und nationale Staatlichkeit. Angewandte Geschichte. Neue Ein vergleichender Blick auf die Kirchen ­Perspektiven auf Geschichte in der in Tschechien und der Slowakei. ­Öffentlichkeit. In: Theologisch-praktische Quartals- Paderborn 2014. schrift 162,3 (2014), S. 238 – 248.

Arnošt Štanzel Martin Zückert Der Orava-Stausee in der Slowakei. Partizánske hnutie v Európe. Zásadné Der Einfluss sich wandelnder Umwelt­ úvahy k slovenskému prípadu. vorstellungen auf die Raumproduktion. [Partisanenbewegungen in Europa. In: Bohemia 54,1 (2014), S. 88 – 118. Grundsätzliche Überlegungen zum ­slowakischen Fall] Sophie Straube In: Marek Syrný et. al.: Slovenské Der Zeit voraus. Der Briefwechsel der národné povstanie – Slovensko a Európa polnischen und deutschen katholischen v roku 1944. Banská Bystrica 2014, Bischöfe von 1965 und seine Spuren S. 403 – 409. in der politischen Kultur deutsch-­ polnischer Verständigung. In: Aleksandra Chylewska-Tölle / Christian Heidrich (Hrsg.): Mäander des Kultur- transfers. Polnischer und deutscher Katholizismus im 20. Jahrhundert, Berlin 2014, S. 127 – 143.

Martin Zückert Einführung. Alpen und Karpaten: Die Erschließung zweier europäischer Bergregionen zwischen Nutzungs­ zielen und Schutzansprüchen. In: Bohemia 54,1 (2014), S. 1 – 7.

Martin Zückert Auf dem Weg zu einer sozialistischen Landschaft? Der Wandel der Berg­ landwirtschaft in den slowakischen Karpaten. In: Bohemia 54,1 (2014), S. 23 – 40.

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Interview mit Dr. Aleksey Martyniouk Mit neuen methodischen Ansätzen an ein Thema mit langer historiographischer Tradition: Die »Entdeckung« Osteuropas durch den lateinischen Teil Europas in Mittelalter und Früher Neuzeit

Der Historiker Aleksey Martyniouk leitet den Lehrstuhl für Geschichte und Kultur von Belarus am Nationalen Institut für Hochschulbildung in Minsk. Sein Spezialgebiet ist die Geschichte Osteuropas im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Im Juli und August war er als Gastwissenschaftler in München. Im Gespräch mit Reinhard Frötschner gibt er Einblicke in seine Forschungen.

Herr Dr. Martyniouk, im Zentrum Ih- Der osteuropäische Raum geriet rer Forschungsarbeit steht der Pro- vom 13. bis 16. Jahr­hundert in den zess der »Entdeckung Osteuropas« Blickwinkel des »Alten Europa«, was durch den lateinischen Teil Europas im 13. Jahr­hundert durch eine Reihe vom 13. bis 16. Jahr­hundert. Dabei von historischen Ereignissen wie die suchen Sie nach neuen konzeptio- mongolische Invasion der Rus’, die nellen Impulsen für die Erforschung ­aktive Politik der römischen Kurie, die dieses Themas, nach neuen methodi­ Kreuzzüge im baltischen Raum und schen Ansätzen. Welches Instrumen- den Aufstieg des Großfürstentums tarium bietet sich Ihrer Meinung an, Litauen bedingt wurde. Dabei ent­ um neue Erkenntnisse über den ge- wickelten sich bestimmte Muster für nannten Prozess zu gewinnen und die Wahrnehmung und Darstellung so ein neues Verständnis davon zu des zuvor Unbekannten wie zum Bei- ­erlangen? spiel von fremden ethnisch-sprachli-

66 FELLOWS chen oder religiösen Gruppen. Dieser von Bildquellen wie zum Beispiel den Vorgang stellt einen zentralen Aspekt sogenannten Babenberger-Stamm- der »Entdeckung Osteuropas« durch baum im Stift Klosterneuburg und die den lateinischen Teil Europas im Mit- Illustrierte Chronikhandschrift (russ.: telalter und in der Frühen Neuzeit dar. Licevoj letopisnyj svod) Zar Ivans IV. Dieses Thema kann – und soll – nicht Groznyj, durch deren Analyse und In- nur mit Hilfe der klassischen Quellen- terpretation wichtige Informationen forschung (Quellenanalyse, Quellen- darüber gewonnen werden können, kritik, Komparativanalyse) bearbeitet wie das jeweils Andere, Fremde – werden, sondern auch unter Anwen- Volksgruppen, Religionen, Kulturen – dung von neuem methodischem Ins- wahrgenommen und dann bildlich trumentarium. Hier ist in erster Linie dargestellt wurde. die narratologische Dekonstruktion der Texte zu nennen. Neben den Nun noch einmal zu den schriftlichen schriftlichen Quellen kommt in mei- Quellen: Umfasst der von Ihnen un- ner Forschungsarbeit aber auch den tersuchte Textkorpus nur die tradi- Bildquellen eine zentrale Rolle zu. tionell bekannten westlichen Reise­ berichte von Johann Schiltberger Bleiben wir gleich bei den bildlichen bis Sigismund von Herberstein und Quellen. Welche visuellen Quellen seinen Zeitgenossen oder geht er beziehen Sie in Ihre Untersuchung darüber hinaus, schließt er gar Texte ein, welche methodischen Ansätze ganz anderer Quellengattungen verfolgen Sie hier? mit ein? Verhelfen Sie schriftlichen Meiner Meinung nach wird das heu- Quellen, die bisher ganz unbekannt ristische Potential der mittelalter­ waren oder in der Forschung wenig lichen und frühneuzeitlichen Bild- beachtet wurden, zu angemessener quellen bis heute unterschätzt. Die Aufmerksamkeit? Analyse von visuellen Quellen stellt Natürlich wende ich mich den Texten ein wichtiges, bisher erstaunlich we- der »klassischen Rossica« zu, wie zum nig beackertes Arbeitsfeld der mo- Beispiel den erwähnten Berichten des dernen Mediävistik dar. Dabei kann Johann Schiltberger und Sigismund sie helfen, bei Fragestellungen im von Herberstein. Es ist an dieser Stelle Bereich der Mentalitäts-, Kultur- und anzumerken, dass wir im Jahr 2017 Ideengeschichte wesentliche neue das 500-jährige Jubiläum der »Ent- Erkenntnisse zu liefern. Wenn man deckung Russlands« durch Sigismund zum Beispiel die deutsch-slawisch- von Herberstein feiern werden. Das baltischen Kontakte im Ostseeraum wird ohne Zweifel ein wichtiges Ju- vom 13. bis 16. Jahrhundert­ unter- biläum und gleichzeitig eine große sucht, stößt man auf eine Vielzahl ­wissenschaftliche Herausforderung

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für die Historiker aus Deutschland, fang des 15. Jahr­hunderts) – ein Russland, Belarus und anderen ost- Quellentext, der den Historikern europäischen Ländern, sich erneut in- gut bekannt ist, es aber meiner tensiv mit dem habsburgischen Diplo- Meinung nach verdient, aus maten und seinem Werk auseinander- einem modernen Blickwinkel neu zusetzen. Ich versuche aber in meinen gelesen und bewertet zu werden. Studien einen deutlichen Akzent auf 5. Das sogenannte »Osteuropa- wenig bekannte Texte zu setzen. Im Fragment« aus dem Geschichts- Jahr 2010 habe ich einen Beitrag un- werk des byzantinischen Autors ter dem Titel »Die fünf Texte des 14. Laonikos Chalkokondyles (zweite und 15. Jahr­hunderts, auf welche die Hälfte des 15. Jahrhunderts),­ Osteuropaforscher aufmerksam wer- mit dem ich mich gerade intensiv den müssen«, publiziert. Das sind im beschäftige. Einzelnen: Man sieht, aus meinem 2010 verfass- 1. Das anonyme Traktat »Descriptio ten Beitrag ist ein Arbeits- und For- Europae Orientalis« (um 1308), schungsprogramm geworden, wel- das mein Doktorand Anton Kova- ches schon einige wissenschaftliche lev gerade ins Russische übersetzt Ergebnisse erbracht hat. Und die Ar- hat und dessen Edition von ihm beit ist noch nicht zu Ende. Während gerade vorbereitet wird. meines Forschungsaufenthaltes an 2. Das anonyme Traktat »El Libro der Graduiertenschule in München del conosçimiento de todos los im Juli und August 2014 habe ich regnos e tierras e señoríos que zum Beispiel noch einen Osteuropa- son por el mundo« (Ende des Reisenden »entdeckt«, dessen Name 14. Jahr­hunderts) dessen Edition der deutschen Mediävistik zwar wohl und Untersuchung zur Zeit meine bekannt ist, aber noch nie in Zusam- Doktorandin Valerija Novoselova menhang mit Osteuropa gebracht erarbeitet. wurde. Wer es ist, soll an dieser Stelle 3. Die Schrift »Libellus de notitia erst einmal mein Geheimnis bleiben. orbis« von Johannes de Galoni­ Zu dem mich gegenwärtig besonders fontibus (1404), deren die Rus’ interessierenden Quellencorpus ge- und Litauen betreffende Passa- hören auch die Ehrenreden von Peter gen ich publiziert und analysiert Suchenwirt (14. Jahr­hundert) und die habe. Hier ist übrigens die erste genealogischen Studien von Ladislaus Erwähnung Moskaus in der west- Sunthaym (15. Jahr­hundert). Ich ver- europäischen Quellenüberliefe- suche also die Quellenbasis sowohl­ rung zu finden. durch Texte bislang unbekannter 4. Die »Voyages et Ambassades« oder wenig beachteter Autoren, als von Ghillebert de Lannoy (An- auch durch Texte, die für dieses For-

68 FELLOWS schungsthema neue Quellengattun- Das heidnische Litauen dagegen gen repräsentieren, zu erweitern. blieb fast weitere zwei Jahrhunderte Vielleicht fasse ich meine aktuellen außerhalb der Grenzen der christli- Forschungen und diejenigen meiner chen Zivilisation. Da sich der osteuro- Mitarbeiter und Doktoranden – es päische Raum im Mittelalter und zu ist mir gelungen, in Minsk eine ak- Beginn der Frühen Neuzeit durch eine tive Forschungsgruppe im Bereich enorme politische, religiöse, sprach- der mittelalterlichen und frühneu- lich-ethnische und kulturelle Vielfalt zeitlichen Geschichte Osteuropas zu auszeichnete, verengt jede allzu ri- bilden – zu einem Beitrag »Die fünf gide Schematisierung unnötig den Texte des 14. und 15. Jahr­hunderts, Blick und ist damit wenig hilfreich. auf welche die Osteuropaforscher aufmerksam werden müssen – Teil 2« Inwiefern spiegelt sich diese Vielge- zusammen. (lacht) staltigkeit in den von Ihnen bereits untersuchten Quellen? Beschränkt Geographisch schließen Sie in Ihre sich Ihr Forschungsvorhaben darauf, Forschungen zur »Entdeckung« Ost- nur die verschiedenen Fremdbilder europas durch das lateinische Europa im Untersuchungszeitraum, vor al- ausdrücklich auch die »baltischen lem aber das westliche Fremdbild Länder« ein. Wie begründen Sie dies von Osteuropa zu erforschen, oder mit Blick auf Livland, das seit der schließt Ihre Untersuchung auch die Wende vom 12. zum 13. Jahr­hundert Wirkungen und Rückwirkungen die- mit dem lateinischen Europa politisch, ser »Entdeckung« sowohl auf die religiös, kulturell und ökonomisch realen politischen Beziehungen als aufs Engste verbunden, ja ein integ- auch auf die Selbstwahrnehmung, raler Bestandteil dieses Kulturraums das Selbstverständnis im lateinischen war und somit durch das lateinische Europa und im »entdeckten« Ost­ Europa in Ihrem Untersuchungszeit- europa mit ein? raum nicht mehr erst »entdeckt« zu Meine bisherigen Forschungen erlau­ werden brauchte? ben mir, von einer »südlichen Brücke«­ Unter dem Begriff Osteuropa ver- der Kontakte (Süddeutschland – Ös­ stehe ich das Gebiet des europäischen ter­­­reich – Böhmen – Ungarn – Ost­ Russland, der Ukraine, von Belarus’ slawen) zu sprechen, welche im Ge- und der baltischen Staaten. Was die gensatz zur »nördlichen Brücke« letzteren angeht, ist ihre Bemerkung (Baltikum) in der Forschungsliteratur insofern zutreffend, als Livland (das nur sehr wenig Beachtung fand. So Gebiet des heutigen Lettland und Est- kann man durchaus eine »rus’ische land) seit dem 13. Jahrhundert­ zum Spur« in der politischen Geschichte lateinischen Teil Europas gehörte. des römisch-deutschen Reichs in der

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Mitte und in der zweiten Hälfte des Seit der Eigenstaatlichkeit von Bela- 13. Jahr­hunderts konstatieren, die rus‘ infolge des Zerfalls der Sowjet- eine intensivere wissenschaftliche union 1991 wird in Belarus‘ der mit- Untersuchung lohnen würde. Dabei telalterlichen und frühneuzeitlichen ist an die Einmischung der Fürsten Geschichte des Gebietes, das dem Rostislav von Černigov sowie Roman Territorium des heutigen Staates von Halič und Vladimir in das so­ Belarus’ entspricht, und damit vor genannte »österreichische Interreg- allem dem rus’ischen Fürstentum num« (1246 – 1278) und an die Heirat ­Polock sowie dem Großfürstentum von Roman mit Gertrud von Baben- Litauen, eine erhebliche Bedeutung berg 1252 zu denken. für die Entwicklung der belarusi- Was die Selbstwahrnehmung und schen nationalen Identität beigemes- Selbstdarstellung angeht, so ist die sen. Wie verorten Sie Ihr Forschungs- Tatsache bemerkenswert, dass ge- vorhaben in diesem Kontext? rade im deutschsprachigen Raum im Die Erforschung der mittelalterlichen 14. und 15. Jahr­hundert zum ersten und frühneuzeitlichen Geschichte Mal Farbbezeichnungen für die ver- Osteuropas hat eine lange histori- schiedenen Teile der Alten Rus’ in Er- ographische Tradition. Ihre Grund- scheinung treten. So finden wir bei steine wurden von den Klassikern Peter Suchenwirt die »Weissen Reus­ der russischen Historiographie des sen« und bei Heinrich von Mügeln 19. Jahr­hunderts wie N. M. Karamzin, die »Swarczen Reussen«. Es ist an- S. M. Solovjev und V. O. Ključevskij ge- zunehmen, dass diese auf Farbattri- legt, welche im Moskauer Reich den buten basierenden geographischen unmittelbaren und einzigen Nach- Bezeichnungen in der deutsch-ost- folger der Alten Rus’ gesehen haben. slawisch-ungarischen Kontaktzone Den politischen, ethnischen und kon- entstanden sind. Hier ist auch eine fessionellen Prozessen auf den Terri- Analogie zu den »weißen« bzw. torien der heutigen Staaten Ukraine »schwarzen« Kroaten respektive und Belarus’ wurde dabei relativ Serben der byzantinischen Quellen wenig Aufmerksamkeit geschenkt. zu nennen – ein Umstand, der einer Dieser Sichtweise blieb auch die so- genaueren Untersuchung bedarf. Mit wjetische Historiographie verhaftet, den »Weissen Reussen« der spätmit- wobei in dieser Phase allerdings in telalterlichen Quellen entsteht eine der Geschichtsforschung die sozialen direkte Verbindung zum heutigen und wirtschaftlichen Aspekte in den Weißrussland (Belarus’), deren Er- Vordergrund traten. forschung mich als belarus’ischen Die Situation änderte sich nach Historiker naheliegenderweise über- dem Zerfall der Sowjetunion und mit aus reizt. dem Entstehen der neuen unabhän-

70 FELLOWS gigen Staaten auf dem einstigen sow- von der Vorstellung von intensiven, jetischen Territorium. Für die heutige die verschiedenen ethnischen, religi- Geschichtswissenschaft in Russland, ösen und kulturellen Gruppen mitein- in der Ukraine und in Belarus’ ist ein ander verbindenden Beziehungen, so ausgeprägtes Interesse an den jeweils dass die mittelalterliche Geschichte eigenen historischen und kulturellen gerade auch des osteuropäischen Traditionen und an den Wurzeln ihrer Raums nicht im Rahmen von natio- Staatlichkeit kennzeichnend. Dabei nalen Historiographien (»Geschichte betonen die nationalen Geschichts- von Belarus’«, »Geschichte Russ- schulen ihre eigenen Akzente bei der lands«, »Geschichte der Ukraine«, Erforschung der Geschichte Osteuro- »Geschichte Litauens«, »Geschichte pas im Mittelalter und in der Frühen Polens«, etc.) untersucht werden Neuzeit. So ist für die belarus’ische kann. Meiner Meinung nach sollte Historiographie die Geschichte des gerade auch in Osteuropa die Mediä- Fürstentums Polock, des Großfürsten­ vistik und Frühneuzeitforschung viel tums Litauen und der slawisch-balti- mehr als bisher die Geschichte dieses schen Beziehungen insgesamt von Raums als Geschichte der interkul- besonderer Bedeutung. Diese Situa- turellen Kontakte, des Austauschs tion ist von dem nachvollziehbaren und der Beziehungen verstehen und Bedürfnis geprägt, die Vorgeschichte wissenschaftlich in den Blick neh- der eigenen Staatlichkeit und der ei- men. — Reinhard Frötschner genen Nation zu erforschen. Damit sind allerdings auch negative Tenden- zen verbunden: Sehr oft beschränken sich die osteuropäischen Historiker auf die Erforschung der Geschichte ihres eigenes Landes. Es ist offen- sichtlich, dass dabei der Überblick über die historischen Prozesse im ganzen osteuropäischen Raum verlo- ren geht. Besonders stark leidet un- ter dieser Tendenz die Erforschung der Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, für welche die Aufteilung Osteuropas in verschie- dene »nationale Zonen« kaum mög- lich ist. Deshalb gehe ich bei meinen Forschungen von dem Konzept eines »Mittelalters ohne Grenzen« aus, also

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Interview mit Prof. Eric Lohr, PhD Remembering the First World War in Russia and the US

Im Juni und Juli 2014 war der US-amerikanische Historiker Eric Lohr zu Gast in München. Hier hat er sich unter anderem seinem neusten Projekt, einer Studie über Russland und den Ersten Weltkrieg, gewidmet. Die Promovenden Eka- terina Makhotina und Max Trecker haben mit ihm über seine Forschung und die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in den USA und Russland gesprochen.

What is the reason for your stay in was a very big event, one of many Munich at the Graduate School? In this year. Europe­ is obviously more what regard do you think the scien- interested in commemorating WWI tific environment in Munich suits you than the US. for your research? It’s a chance to get away from my Will there be any celebrations in the university where I am sometimes US in 2017 concerning the entry in overburdened with administrative WWI? duties. Just to be in a room alone I don’t think any celebrations will take to think, that’s the most important place. People will ask why we ever did for me. I had some interesting dis- this. I think the common consensus is cussions with graduate students and that it was a war that was not worth gave a talk about my previous book, it. There is a big argument about that. which was about Russian citizenship. It gets quickly to the debate of the I also attended a conference about role of the US in the world, to the World War I (WWI) at the Higher war in Afghanistan and should the School of Economics in Moscow. It US inter­vene. Everything is divided.

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What brought you from researching attempts were made to commemo- about citizenship in imperial Russia rate the war. For instance, an associa- to WWI? tion of historians on WWI in Moscow My first book was about Russia’s had plans to put up a monument for WWI. Specifically about enemy al- the victims of WWI. However these iens, immigrants and citizens from plans were never materialized due countries against which Russia was to lack of funds. But with the Cente- fighting, mainly from Germany and nary coming up, Putin personally said: -Hungary. The government “We need to think about WWI as very liquidated their properties, their land much like WWII, as a great ­moment holdings and deported them in mass in our history, when we fought numbers. It’s a very archival based against the external enemy, against study. There is really only one book the West.” So there has been money on Russia’s WWI: “The Eastern Front given to conferences and there are 1914 –1917”. Still it’s a great classic. many publications coming out. It has Norman Stone wrote it in 1975 and a been a topic for doctoral theses for lot has changed since then and espe- the last 15 years or so. I think memory cially in the last 20 years. It’s time to is coming back. I am not sure if it has write a more general book, at least really reached the popular level very one more alternative and for a wider much as there haven’t been any mov- audience. I try to write it in a sensible ies or other popular culture adaptions. style but still incorporating the new There is an attempt to bring it back. information we have learned. The war was lost. It led to the collapse of the and two rev- What is the role of the memory of olutions. To find something positive WWI in Russia? My impression is that within is complicated. I’m told there it isn’t an important topic. are now several monuments to com- That was the case in the soviet era. memorate the losses. The really inter- The years prior to 1917 were just seen esting thing has been a reconnection as the steps to revolution. Right after between what the emigrant com- the revolution foreign ministry docu- munities were doing – and what the ments were published by Trotsky, re- Russians are doing. So in Paris ­actually vealing the imperialist origins of the there once was a WWI museum that War. The documents were selectively just gathered memorabilia, stories published. Yes, there was very little and war related objects, but the big- research during the soviet era with gest one is in San Francisco. There is the exception of general Brusilov. an émigré WWI museum. They have He was revived during World War II a lot of generals’ papers and similar (WWII) as a hero. In the 1990s some documents. The Hoover Institution,

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Stanford Columbia also possesses In any topic, methodological de- many WWI materials. There was an bates will be present and there are attempt among the emigrants, the differences between social historians generals and the elites, to preserve and cultural historians. One of the some sort of memory. Little engage- important issues that Norman Stone ment with that existed in Russia until raises is that there is a kind of stereo- the last 20 years. Now there is a kind type that Russia went into the war as of reconnection but it will never be a relatively backward power and that even a tiny fraction of what WWII is. soldiers went to the front without boots. They waited for someone at What is your cooperation with histo- the front to die so that they could get rians from Russia like? How can you the rifle. There was never enough be- describe it? cause Russia was backward. Norman I’ve given talks there in the 1990s, Stone already in the 1970s attempted ­affiliated with the Institute of History to deconstruct this stereotype. He ar- of the Academy of Sciences. Now a gued that Russia actually modernized friend of mine is the head of organ- very quickly in the first two years of ization, and so we communicate. In the war, perhaps more than Germany. addition, I was involved in a multi vol- This message somehow has not been ume project on the history of WWI integrated in the public narrative with many contributors. I think this about the war. In our book we are is a good case of Russian-American-­ going to reread that and argue that European interaction, we had many Norman Stone was right. We think he conferences. Getting three communi- was more right than even he said. If ties together is actually very rare and one looks at the figures, how much this project has done that. was produced in terms of the econ- omy, everything was extraordinary. In your opinion, is there a common Russia had the biggest advantage way on how to handle WWI or do in terms of material, guns and am- you see methodological differences? munitions at the end of 1916. Our I’ve just been reading a recently pub- aim is to look at everything: the lished book about the wartime ex- mobilization of intelligentsia, of cul- periences of soldiers. Different from ture, arts and public organizations. publications of the 1990s, where I think, if we look at specific studies everyone was racing to the archives of all these small parts of the puz- with new discoveries and focusing zle, all of them show a more positive only on the facts, this book provides picture than most of the general his- a good balance of well selected archi- tories have given us. What does that val materials and theoretical analysis. mean – how did February 1917 and

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October 1917 happen, if everything Russia they had a very different men- was looking so positive? I think the tality. I don’t think the potential for answer is quite simple: the generals agrarian revolution was even close looked at the situation and believed to what it was in Russia. There was to be able to win the war by pushing an agrarian revolution just in 1905, it. The liberal elites looked at the sit- not at the full scale but a notion of uation believed to have to win this revolution was powerful in Russia. war because Russia was allied with And the percent was much higher, the liberal states Britain and France. too. The Russian army was basically a The peasants said – enough. They peasant army. The German army was had to go home. mixed with a lot more workers and So it’s a great mystery. Why did middle class. Kerensky in 1917 order an offensive when it was clear that the agrarian But if you look at Austria- Hungary, revolution was already happening? I you also have many peasants from think we will find an answer to that. different backgrounds – and many And the things look better than they of them were just poor laborers for had. The entire war looked better example from Romania. than it ever had. They had plenty of They fell apart, too. So did Germany. weapons at the front and the troops They had the sailors’ rebellion. Even- were well fed. They were on paper tually they all did – just a little bit more prepared to win the war than later. So that’s my general approach. ever before. But the revolution was beginning. I’d like to come back to your previous book about citizenship. Would you So would you say the Zar’s grip on say that this question has a conflict the peasants was much weaker than potential nowadays. I think about the Kaiser’s? the post-soviet space. Well, it was a completely different It already has. Russia passed out peasant world. Russia had peasant passports in South Ossetia before communes and all the tensions com- taking action on behalf of the Rus- ing from the Stolypin reforms. sian citizens in South Ossetia, as well in Abchasia and in Transnistria. But Despite the industrial revolution we are not sure if it is happening in the soldiers on all sides were mainly Ukraine. There are some signs of it. peasants. There was a declaration right dur- But what kind of peasants? German ing the Crimean tension that put peasants were mostly landowners an ­offer to former fired members and compared to the peasants in of the Berkut for a quick passport

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process application­ form in 24 hours. world, is resented by many. That’s not We don’t know the extent to which true among the political elites. They these kinds of measures were taken. would like to get involved. One imagines that activists in south Ukraine would be provided with Will we see you working for Hillary passports if they wished to. And of Clinton in two years? course was given a right to We’ll see … It was a lot of work when quick passports within a matter of I did it in 2008. She is running. days. But we don’t know if this was really offered on the ground to Ta- Thank you. tars or to Ukrainian speakers or to the people who were unwilling to give up the Ukrainian passport. A big citizenship conflict is occur- ing in an attempt to use revanchism as a precursor to military action. I am sure the Baltic states are quite con- cerned about this issue.

So we may continue with the recep- tion of the Ukrainian crisis in Ameri- can society? My sense is that there is a much big- ger majority in favor of sanctions against Russia in the US than there is in Europe, certainly than there is in Germany. So that’s a big difference. I think right now in the US there is a consensus that I have never seen ac- tually in my life. Well there was when I was really young, after Vietnam: a consensus that America is over- stretched and should not been trying to solve every issue on the planet. But many more worry about domestic policies. So the idea of getting deeply involved in another hot spot in the

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Interview mit Dr. Michal Kopeček Dissident Origins of Post-Socialism

Michal Kopeček ist Zeithistoriker und leitet die Abteilung für die Geschichte des Spät- und Postsozialismus am Institut für Zeitgeschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik. Zu seinen Forschungsschwer- punkten gehören die vergleichende Geschichte des politischen und sozialen Denkens in Mitteleuropa im 20. Jahrhundert sowie das Studium des Post­ sozialismus und der demokratischen Transformation. Über sein gegenwärtiges Projekt »Dissident Origins of Post-Socialism: Historical Memory, Communist Past and National Identity in East Central Europe, 1975 – 2000« hat er mit den Doktoranden David Franz und Henner Kropp gesprochen.

Before going into the details of your ciplinary academic work with focus work: What is your general impres- on the particular region beyond na- sion of the Graduate School so far? tional frames. Although I came here From the start, I have closely ob- during the quiet summer break, I was served the origination process of amazed by the opportunities, espe- the biggest organization of its kind cially in terms of research facilities in Central Europe. Its close connec- and the well-equipped ­library. tion to Collegium Carolinum and other prestigious institutions made You have extensively researched dis- me encourage my best students to courses of collective identity. In how ­apply here. This is because of the far does your recent project on Dissi- Graduate School’s strict commit- dent Origins of Post-Socialism tie in ment to comparative and interdis- with this concept?

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Academically I grew up with Miroslav ology as a means to transform society Hroch’s seminar and thus the histor- proved initially more decisive than the ical nationalism studies and collec- often assumed ‘clash of ideologies’. tive identities were in a way a natu- ral point of interest. Another ­major It is obvious that the dissidence in inspiration of mine is the modern Central Eastern Europe was a major intellectual history which I thought contribution to the decline of Soviet was a missing factor in historiogra- hegemony and the fall of the Ber- phy especially in the Czech Republic. lin Wall. How do the dissidents in My habilitation project thus follows the GDR fit into this picture and to the principle of comparative intellec- which extend are they relevant for tual history. A critical analysis of the your work? dissident scrutiny of national stereo- There obviously was a mutual reflec- types and national identities is one of tion and at times, also cooperation the central points of my intellectual between the dissidents in the re- ­genealogy of Post-Socialism. spective countries but also between human rights organizations across How do you view the tensions or the Berlin Wall. The structure of conflicts between former dissidents German dissidence was distinct due and former communist cadres in this to the existence of ‘two Germanies’ process? and the specifically strong protective Not only in the Czech context there role of the Protestant church that was a so-called ‘grey zone’, a layer of stood in contrast to the Czech Evan- governmental experts, experienced gelical church which basically acted technocrats, managers, all of them pro-­government and that had even non-dissidents which played an im- greater space for action than the portant role and decisively levelled more resistant Czech Catholic church. the separation line of ‘ex-commu- On the level of the younger genera- nist officials vs. anti-communist-dis- tion of the Bürgerrechtsblock and the sidents’. There were other cleavages Kriegsdienstverweigerer many inspi- in the first years after 1989. The dis- rations found their way from the GDR sidents’ main objective was liberaliza- to Czechoslovakia particularly from tion and democratization of their soci- the mid-1980s on. eties. Once this general aim had been achieved the question of further po- The former Soviet Republics Ukraine litical program appeared. In this con- and Belarus and the Baltic States are stellation, the conflicts between the not objects of your research. Could ones who deemed ideologies to be you anyway please briefly illuminate over and the ones who embraced ide- for us, how dissidence developed

78 FELLOWS in these countries and which paral- Czech context, the Ukraine crisis is lels with the East Central European seen as a mere symptom of the actual states you can identify? problem: Putin’s politics of strength. Along with the Helsinki process there Still we are far from a homogenous was a specific kind of human rights opinion on this, which mirrors in the dissidence in the countries such as support of the Ukrainian independ- Soviet Russia and Ukraine from very ence movement opposed by a very early on, which was cracked down on skeptical view of the nationalist ex- by the Soviet authorities. Later on cesses that came with it. Historically, ­opposition that was rather defined the remembrance of the Bandera by national(istic) and cultural catego- movement etc. is revived. So is that ries grew strong, for instance in the of the Soviet intervention of 1968 Baltic countries, Ukraine or . however, which complicates opinion This challenged the Soviet order as a making. Currently the Czech govern- whole. In many ways this was similar ment does seem to have a clear policy to East Central Europe. Yet if we com- towards Russia. pare it with Poland, where the oppo- sition consisted of the church, the in- Do you see any link to your research? telligentsia and the workers protest Are former dissidents present in cur- movement which later united to form rent debates and how do they shape the Solidarity movement, we also see the Czech attitude towards Russia great differences. So, we basically see and its policy? opposition and dissidence all over the Depending on the former dissidents’ place but with very different empha- political or religious provenance, they sis, structures and strands in each of of course make different statements. the cases. Yet foreign policy in Czechoslovakia and the Czech Republic belonged to Finally, we should spare some time spheres, where the ex-dissidents are to talk about the contemporary de- still heard. Just to name one example, velopment in Ukraine. What are the Karel Schwarzenberg, a prime sym- core topics of the public debate in bol of the Czech human-rights based, the Czech Republic? liberal foreign policy (as a former From the beginning there was very advisor of Václav Havel among oth- strong support for the Orange Revolu- ers) heavily criticizes today’s Russian tion and later also for Majdan and we foreign policy as well as the ambigu- currently see a broad debate about ous Czech stance towards it. — David what are the fundamental changes in Franz und Henner Kropp the European equilibrium after 1989 that the conflict brings about. In the

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Interview mit Elena Aronova, PhD Der Kalte Krieg aus wissenschaftshistorischer Perspektive / The Cold War from the Perspective of Scientific History

Elena Aronova ist Wissenschaftshistorikerin und seit 2012 Research Scholar des Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Ihre Dissertation zum Thema »Studies of Science Before ›Science Studies‹: The Cold War and the Politics of Science in the U. S., U. K., and U. S. S. R., 1950s – 1970s« verfasste sie an der University of California in San Diego. Ihr neues Projekt trägt den Titel »Big Science in the Archive« und widmet sich der Geschichte der »World Data Centers« in den USA und der Sowjetunion. Zu beiden Studien haben sie die Doktoranden Jan Arend und Arnošt Štanzel befragt.

In your PhD dissertation (University When and why did the Science-Stud- of California-San Diego, 2012) you ies-mindset emerge? examined the emergence of Science During the Cold War, political, mili- Studies as a discipline and a way of tary and ideological pressures and thinking. What are the main features anxieties played a central role in of the Science Studies-mindset? reconceptualizing science as a so- Science Studies refer to a relatively cial, political and moral activity. As new interdisciplinary field, which a result, studies focused on social, studies the ways in which social, po- political, ethical, and philosophical litical and cultural values shape, and aspects of scientific development at the same time are shaped by, scien- emerged as a desirable – and polit­ tific knowledge. ically­ relevant – area of research, discussion and expertise. The pro-

80 FELLOWS motion of the studies of science as a “East,” more than by the U.S. – ­Soviet politically relevant area of expertise power relationship per se. But the occurred largely outside academia, ideas that shaped policies of both within transnational organizations the United States and the Soviet that represented both professional ­Union did not emerge suddenly in and political commitment, such as the minds of political elites. They had UNESCO. The loosely connected net- been gestating slowly in the minds of work of political public intellectuals many political and academic thinkers, helped to invent a new subject, or set had developed within their respec- of subjects, in the 1950s and 1960s, tive countries, and had moved across reconceptualizing science as a social the “curtain.” The subjects of their activity, promulgating the view that thinking varied, but what mattered science is inseparable from politics, in the end was figuring out the ways and in various ways exploring the of how to win the Cold War. One of science-society nexus and challeng- the most popular answers was de- ing the universalist ideal of science. ceptively simple: the Atomic age’s In their different ways, these intellec- competition between the newly tuals contributed to the construction redefined “East” and “West” was of a public space in which the rela- based not on military victory but tions between science and politics rather on the superior ability to de- were debated, articulating the terms velop, manage and apply advances of the discourse later either appro- of science and technology. Thus my priated or marginalized within the book, tentatively titled Science and Science Studies in academia. the Cultural Cold War: Thinking ­Science on the Opposite Sides of the What is your main focus for the book “Iron Curtain,” examines the specific based on your dissertation? ways in which ideas about science be- In my forthcoming book I use the came a sphere of Cold War competi- history of Science Studies to tell a tion. It reconstructs and analyzes the story about the Cold War. The book debates, in the U.S. and the U.S.S.R., draws attention to the fact that the about two ways of organizing sci- Cold War was, among other things, ence and harvesting its fruits, show- about ideas, about thinking. Histo- ing how thinking about science and rians studying the end of the Cold its social, political, and cultural impli- War argued that international polit­ cations in different political systems ical change that led to the collapse of became a matter of primary concern communism was driven by ideas de- that emerged at the very center of veloped in the “West,” and Mikhail the political and cultural landscape Gorbachev’s “new thinking” in the of the Cold War.

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It seems, that in your story the Cold In your new project you ask how War did not result in a divided world. ­scientists handle large amounts of Is it a story of entanglements and data by looking at the International contacts across the Iron Curtain? Geophysical Year (IGY), 1957 – 58. Yes, very much so. It was precisely One of the motivations behind this the fact that intellectuals and scien- project is a sense that histories of Big tists were not able to actually meet Science are usually stories about big in person that was, at least in part, machines, big money and big public- responsible for their intensively at- ity. We know that data was produced tentive reading of each other’s avail- in big quantities by such exemplary able works and publications. In the Big Science enterprises as Supercon- book I trace these fragmented parts ducting Supercollider, or space sta- of the same conversation, which the tions, but, to put it simply, Big Data intellectuals on different sides were have not been, until very recently, engaged in. In the West it was a con- part of Big Science story. So in my versation about liberal values and a new project I am looking at the his- Good Society. In the Soviet Union, as tory of Big Science through the “data the story of “Soviet science studies” axis,” following the data around, and demonstrates, the intellectuals re- recovering a humble side of Big Sci- sponded to the same anxieties and ence: the stories of people and ‘small’ concerns of the Cold War as their and less fashionable machines in- Western counterparts, while adapt- volved in acquiring, cataloguing, and ing and transforming them in highly storing the data produced by Big Sci- specific and often peculiar ways. ence in the domain of environmental Thus, the Cold War fault-line fell not sciences. There is a growing interest that much between socialist “East” in “data” as a topic among historians and capitalist “West” as within East of science. At the same time, I am and West alike. I argue that the rede- drawing on my past research on Cold fined liberal values, both in the cap- War, looking at how the data prac- italist West and in the socialist East, tices were embedded in the political ­animated much of the ideas that led culture of Cold War. to Mikhail Gorbachev’s “new think- ing” and the collapse of the Soviet Can you tell us more about the Cold Union. Debates about science played War aspect in this story? Is there a major role in the emergence of these Cold War way of generating and us- ideas. ing scientific data? The history of the IGY World Data Centers (WDC) and its system of data exchange can give an illustration of

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the ways in which the practices of data received by the Soviet WDC were data exchange in geophysics in the reciprocated asymmetrically, with the 1950s were shaped by, and shaped, asymmetry beneficial for the Soviet the subtle Cold War political econ- Union. On both sides of the political omies. Let’s start with the issue of divide the WDCs kept track of the access to data. In the aftermath of “data flow,” counting and monitoring WWII the excessive nuclear secrecy the number of the “pieces of data,” regime was expanded to neighbor- the amount of “data-sheets,” and ing fields such as geophysics, and the length of microfilms (measured the geo­physicists on both sides of the in miles and kilometers respectively), iron curtain used the IGY to renegoti- received in their data centers, and ate the boundary between open and sent out to other centers. With the classified data in geophysics. Both practices of exchange, data came to American geophysicists and their be seen as “exchange currency” – the counterparts in the Soviet Union most explicit expression of the “soft emphasized the distinction between power” exercised by the IGY planners, “basic data” – the bits of disassembled willingly or unwillingly reproducing information that might be safely ex- the Cold War geopolitical rivalries on changed with an enemy – and “final a smaller theater of the cold war data products” – knowledge that should battles. be classified. The distinction embed- With data turned into a “currency,” ded a thin, “atomistic” epistemol- the main purpose of the WDCs was ogy, but allowed the geophysicists justified explicitly in terms ofaccumu ­ to claim control over the “data flow” lation and exchange of data. The use and exchange, while arguing that of data, in cases the data were used controlled and monitored sharing at all, was left to individual scientists of selected number of “basic data” working as usual in their labs in the would benefit those who share. universities or research institutions. The asymmetry of the data ex­ However, in most cases the data in change was the crux of the matter. the WDCs have not been used, and Since the data exchange system in- most IGY data are still “buried in the volved many countries, the input of archives.” After the IGY was over, one single country in the common both American and Soviet geophys- pool of data was less than the amount icists were concerned with just how of data received from all other coun- to handle the enormous amount of tries taken together. Geophysicists accumulated analog data. Their par- in charge of the Soviet WDC never ticular technological choices, how- missed an opportunity to point this ever, differed on the different sides out to their patrons arguing that the of the iron curtain.

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While American geophysicists As you have worked a lot on the his- were exploring the ways of transfer- torical perspective of data, what is ring their analog data into a digital your opinion on the current debate format, in the Soviet Union the geo- about “Big Data”? physicists tried to make the best use I think that this debate needs more of the library-based information tech- critical voices, otherwise the hype sur- nologies such as microfilming. In the rounding ‘big data’ tends to obscure Soviet Union, microfilm-based infor- more than it clarifies in terms of our mation processing technologies were understanding of the implications of more accessible than computers, and newer and more powerful technol- were even considered as a viable al- ogies for the production, dissemina- ternative to computers. In the 1960s, tion and analysis of data. And I think microfilming was a sophisticated historians can and should contribute technology allowing not only store to this debate. With this idea in mind but also search, organize and analyze I recently accepted an invitation to analog data, for different purposes. contribute to a working group con- While the United States was the world sisting of people from different back- leader in computing technologies, grounds, including informatics, law, microfilm-reading devices were pro- and public health, working towards duced by many countries in the 1950s a publication of a collected volume and 1960s, including Soviet satellite examining the potentials and prob- East Germany, which provided Soviet lematics of Big Data from different entrepreneurial engineers and inven- perspectives (https://bigdatabook. tors with a variety of models to emu- wordpress.com/). In my contribution I late and creatively adopt to the par- will critically assess two allegedly new ticular needs, including the geophys- features of contemporary »Big Data“ icists’ analog data archives. It did not data practices and related infrastruc- take too long for the WDCs, as they tures. The first claim is “bigness” of continued to function, to become a Big Data: as the argument goes, data relic of the bygone era of analog data are now produced automatically and with its paper and microfilm technol- streamed directly to powerful com- ogies. For a historian, however, this puters that store and analyze them relic is the most interesting testimony in semi-automatic regime, creating of the complex and interesting ways “data deluge,” or “data explosion” – the political was intertwined with the two most common metaphors technological in the geophysical in public debate on “big data.” The analog data universe, itself enabled second claim is related to the first by a distinct political economy of data one: the new digital technologies exchange during the Cold War. are claimed at providing the possibil-

84 FELLOWS ity to analyze data with efficiency not I think it is a useful addition to the matched in the previous years: data toolkits of historians, as long as it does mining with the use of newly available not become an end in itself. Actually, digital technologies is what makes Big I have a small side project in digital Data a new type of “asset.” Against humanities, as part of my research on these claims, I look at historical data the politics of data collection during in the environmental sciences. I show the Cold War. With my colleagues at that in the environmental sciences the IT department of the MPIWG we historical data – data collected in have created a geo-referential map large quantities in the past – for most linked to a database that allows the part are not part of Big Data in the users to search and visualize the dis- present. As a consequence, I argue, tribution of the IGY data collecting the “big” in contemporary Big Data stations around the globe [see http:// does not have a temporal dimension: public.mpiwg-berlin.mpg.de/igy/]. Big Data are data produced over the For me this project is a good place to last two decades only. That is to say, explore the specific advantages that the “bigness” of Big Data is selective the use of visualization techniques and exclusive: some data are included can bring in an historical inquiry. while other data are excluded. The These visualizations are not simply implication of this aspect of Big Data illustrations. Rather, I think of these is “data loss.” Drawing on examples visualizations as a research tool that from the history of large-scale data allows me to ask new questions about collection in the environmental the military alliances, foreign policies, sciences and the contemporary prac- and the role of colonial legacies, to tices of data collection, management, use but a few examples, in making and exchange in the environmental possible the Big Data science of the sciences I show that “data loss” is not IGY (see examples of the project’s an exceptional case but rather intrin- visualizations and the stories based sic characteristic of Big Data, which upon them http://public.mpiwg-­ should be more consciously addressed berlin.mpg.de/igy/node/1). Visualiz- in order to transform data into useful ing the IGY data collection network knowledge. allows me not simply to alter the scale of an analysis, but to tell a different As you are working with different story, based on material and histori- forms of data and interested in cur- cal data that is hard to use in a tradi- rent debates about them, what is tional historical research. your position towards digital human- ities, or more broadly said, the use of IT in the humanities and liberal arts?

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After travelling around the globe, we I would like to thank the Gradu- would like to come back to Munich. ate School for having made my stay How did you like your two months in Munich possible and for making at the Graduate School? How did it it such an inspiring and productive contribute to your research? time. — Jan Arend und Arnošt Štanzel It was a very pleasant and fruitful time for me. For one, I was able to take an advantage of the resources of your Graduate School, as well as the Lasky Center for Transatlantic ­Studies at the Amerikahaus. The lat- ter houses the Melvin Lasky archive and his library, which has lots of ma- terial I used revising one of the chap- ters of my book. Besides that, dur- ing my stay in Munich I co-taught a class on Cold War science at the LMU ­Munich together with a colleague, Christian Joas. I was really impressed by the high level of German students, their very good language skills and their high engagement in the class. And last but not least, the surround- ings of ­Munich proved to be very at- tractive as well, I went for hikes in the Alps, visited some of the lakes and generally greatly enjoyed my time in Munich.

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Der Osten im Westen. Japanische Perspektiven auf Russland und für die Osteuropaforschung

Im Sommersemester 2014 hat Andreas Renner eine in der Forschungsland- schaft einzigartige Professur angetreten: Er leitet den an der LMU neu ­eingerichteten Lehrstuhl Russland- / Asienstudien, der die Wechselbezie- hungen zwischen Russland und seinen asiatischen Nachbarn sowie die asia­ tischen Gebiete Russlands analysiert. Wie Russland respektive Osteuropa aus japanischer Perspektive wahrgenommen und untersucht wird, erläutert ­Andreas Renner im folgenden Text.

Im frühneuzeitlichen Japan waren auf Fach »osteuropäische Geschichte« in manchen Kompassen die Himmels- Deutschland, als politisch legitimierte richtungen vertauscht: Der Westen Erkundung des großen Nachbarn. lag im Osten, der Osten im Westen. Der folgende kurze Überblick Auf solchen Instrumenten, die etwa kann keinen Forschungsbericht zur Landvermesser benutzten, besaß die japanischen Osteuropaforschung situative, relationale Bestimmung geben. Vielmehr sollen essayistisch der Richtung Priorität gegenüber ei- drei Aspekte mit dem Schwerpunkt ner allgemeingültigen, »objektiven« auf der Geschichtswissenschaft her- Verortung im Raum. Ähnliches lässt vorgehoben werden: erstens die ja- sich über die Wahrnehmung des gro- panische Wahrnehmung Russlands ßen Nachbarn Russland konstatieren, ungefähr bis zur Mitte des letzten der im letzten Drittel des 19. Jahr­ Jahrhunderts; zweitens die Themen hunderts als eine an der »Öffnung« und Ansätze in der japanischen Russ- Japans beteiligten Westmächte über- landhistoriografie der letzten Jahr- haupt erst systematisch in den Blick zehnte; drittens die Frage, was die geriet. Doch bereits wenige Jahr- Osteuropastudien im Westen aktuell zehnte später, im russisch-japanischen von den Osteuropastudien östlich Krieg, galt Russland als vorgeblich vom Osten lernen können. rückständige Macht des Ostens und bot eine Kontrastfolie zum Anspruch Das japanische Interesse Japans, seinerseits den Westen in Ost- an Russland asien zu repräsentieren und nicht nur Vor der Mitte des 19. Jahr­hunderts militärisch zu den europäischen Groß- existierten nur sporadische Kontakte mächten aufgeschlossen zu haben. zwischen den beiden Ländern – etwa Vor diesem Hintergrund entwickelte durch Schiffbrüchige oder als Anbah- sich die Russlandforschung, ähnlich nungsversuche russischer Händler wie im frühen 20. Jahrhunderts­ das und Diplomaten. Das russische Inter-

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esse an Japan war in der Zeit deutlich mächte, gegenüber denen Japan größer als umgekehrt. Nicht einmal Ebenbürtigkeit auf allen Ebenen der von einem spezifischen japanischen damaligen internationalen Verglei- Russlandbild konnte die Rede sein; che beanspruchte. Auch das russische Russland war ein Thema der soge- Imperium, die damals mächtigste nannten Hollandkunde, also des über Landmacht der Welt und nur durch Niederländer vermittelten Wissens. eine schmale Meerenge von Japan Erst in der Zeit der »Öffnung« Japans getrennt, geriet hier in den Blick. differenzierte sich die alte Holland- Doch war Russland weniger ein Vor- kunde in landeskundliche Studien zu bild für Reformen wie etwa Preußen den einzelnen Ländern – Russland- oder Großbritannien, sondern ein studien entstanden als ein eigener potentiell bedrohlicher Nachbar und Schwerpunkt. politischer Konkurrent in Ostasien, mit dem man sich 1875 einigte, was Russland als Teil der Westforschung die Herrschaft über die Kurilen-Inseln Dagegen war in Japan mit dem Feld und Sachalin anging. Oder mit dem der Ostforschung nicht Russland man 1905 in einen imperialistischen gemeint, sondern – wie auf den Krieg über die Vorherrschaft in Korea erwähnten Kompassen – Ostasien und in der Mandschurei geriet. beziehungsweise der chinesisch be- Vor diesem Hintergrund entwi- einflusste Kulturraum. Russland ge- ckelte sich das japanische Russland- hörte also aus japanischer Sicht zur bild ambivalent. Bewunderung und Westforschung. In der gleichen Zeit, Rezeption der literarischen und mu- etwa seit den 1880er Jahren, entwi- sikalischen Hochkultur vermischte ckelte sich die Geschichtswissenschaft sich mit dezidiert historischen Fra- zu einer universitären Disziplin; sie gestellungen nach den Bedingungen löste die traditionelle Geschichts- und Erfolgen der Reformen unter Zar schreibung als Teil der überkomme- ­Peter I. sowie dann als eine Folge des nen Textkunde ab. Wie in westlichen Krieges von 1904 / 05 mit einem japa- Ländern war auch die Geschichtswis- nischen Überlegenheitsgefühl. Nicht senschaft in Japan eine der zentralen Russland gehörte aus dieser Sicht Säulen, auf die sich die Legitimation zum Westen, sondern Japan. Wäh- des modernen Staates als effektive rend Russland seit der Zeit Peters I. Hülle der Nation stützte. in immer neuen Anstrengungen ver- Aus dieser Perspektive der eige- sucht habe, sich zu europäisieren und nen Nationsbildung begann man sich trotzdem eine asiatisch-rückständige in Japan intensiver für die Geschichte Macht geblieben sei, sei in Japan der anderer Nationen zu interessieren, gleiche Versuch innerhalb einer Gene- insbesondere der westlichen Groß- ration gelungen. Folglich galt ­Japan

88 NEUE PROFESSUREN als eine westliche Macht – und Russ- Osteuropaforschung in Japan land als eine östliche, asiatische. Die Viel stärker als in Deutschland be- Zeit während und nach dem russisch- stand – und besteht – in Japan eine japanischen Krieg war allerdings eine Polarität zwischen dem offiziellen Extremsituation – in den 20er- und Geschichtsbild – etwa in Geschichts- 30er Jahren verschob sich die Pers- büchern oder der öffentlichen Erin- pektive immer mehr auf den japani- nerungskultur – und einer kritischen sche Sonderweg und den besonde- Geschichtswissenschaft, die in Japan ren japanischen National­charakter. nach dem Zweiten Weltkrieg eine In der gleichen Zeit geriet auch die schnelle Renaissance erlebte, ein- in Japan durchaus rezipierte marxis- schließlich der marxistischen Ansätze. tische und zugleich prosowjetische Viel früher als in anderen Ländern Historiografie unter Druck. Einerseits etablierten sich Sozial- und Wirt- politisch vor dem Hintergrund des ja- schaftsgeschichte an den historischen panischen Imperialismus in Ostasien, Lehrstühlen. Während das öffentli- andererseits wissenschaftlich durch che Japan im Kalten Krieg tendenziell den Schematismus des marxistischen russophob war, galt das nicht für die Geschichtsmodells, der in der Meiji- Russland- und Osteuropaforschung Restauration von 1868 entweder eine an den Universitäten. Das war und erfolgreiche oder eine gescheiterte ist ein sehr weites Feld, das an vielen bürgerliche Revolution sah. Orten bestellt wird; doch die beiden

Die Bibliothek des Slavic Research Center an der Universität Hokkaido

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wichtigsten und größten Zentren mit Neben den beiden großen Zen- jeweils mehreren Professuren sind tren der Osteuropa- und Eurasien zum einen die Universität Tokio – Forschung in Tokio und Sapporo und wie für jedes andere akademische japanischen Osteuropa-Experten an Fach auch. Als zweites Zentrum ist anderen japanischen Universitäten das Slavic Research Centre (SRC) an ist noch die russische akademische der Universität Hokkaido (Sapporo) Diaspora in Japan zu nennen: in der zu nennen, nur wenige hundert Kilo­ UdSSR ausgebildete Japanologen, die meter von der Grenze zu Russland seit dem Ende des Kalten Kriegs an entfernt. japanischen Universitäten Stellen im Die Besonderheit des SRC ist, dass Kontext der oder Kul- es Russland und Osteuropa im Kon- turwissenschaften erhalten haben text eines dauerhaften, Disziplinen- und einerseits russische Geschichte und Ländergrenzen überschreiten- und Landeskunde unterrichten, an- den Forschungsverbundes erforscht. dererseits aber maßgebliche Studien Gegründet 1953, in der Hochzeit des zu den russisch-japanischen Bezie- Kalten Kriegs, war Feindforschung hungen jenseits von Diplomatie und für das SRC durchaus ein Auftrag, Wirtschaft verfasst haben. doch entwickelte es sich zu einem eigenständigen Universitäts-Institut Forschungsschwerpunkte in Japan und spätestens in den 1990er-Jahren Lassen sich spezifische Forschungs- zu einem international renommier- schwerpunkte der japanischen Kol- ten Forschungszentrum für Osteu- legen erkennen? Zum einen gibt es, ropa und Eurasien. Im Frühjahr 2014 der geografischen Lage geschuldet, erfolgte die Umbenennung in Slavic ein besonderes Interesse an Sibirien, Eurasian Research Centre. Es ist ein dem (russischen) Fernen Osten oder gemeinsames Projekt von Literatur- Border Studies. Zumindest was die wissenschaft, Linguistik, Ökonomie, Historiker Russlands bzw. der Sow- Soziologie, Politologie, Anthropolo- jetunion angeht, lassen sich zugleich gie, Geschichtswissenschaft. Diese dieselben Trends wie in Europa und Disziplinen sind in der russisch-eng- den USA ausmachen: den Übergang lisch-sprachige Fachzeitschrift Acta von der klassischen Politik- und So- Slavica Iaponica vertreten, dem inter- zialgeschichte der späten Zarenzeit nationalen Aushängeschild des Zent- über die Erforschung der Zivilgesell- rums, das ungefähr gleich gewichtet schaft und der Kollektivierung und von japanischen und »westlichen« den nationalen Frage hin zu mehr Forscher beschrieben wird. Die Zeit- kulturgeschichtlichen Themen (wie schrift ist bereits seit 14 Jahren im Identitäten, Repräsentation, Medien, Volltext online zugänglich. Vorstellungen, Landschaften). Doch

90 NEUE PROFESSUREN neben diesem vertrauten Grundmus- »Fernen Westen« durch ein Interesse ter lassen sich vier Besonderheiten am »Fernen Osten« zu komplemen- erkennen. tieren. Das Projekt des SRC zeigt au- ßerdem seit Jahrzehnten, dass es gar —— Die Wirtschafts- und Finanz- nicht darum gehen muss, eine neue geschichte ist, anders als etwa Regional- oder Arealwissenschaft als in Deutschland, nicht in den Leitbild auszurufen, sondern dass Hintergrund gerückt, sondern gemeinsame Forschungsprojekte ein zentrales Thema geblieben, mittlerer Reichweite nicht nur neue nicht zuletzt im Hinblick auf die Themen und Fragestellungen, son- russisch-japanischen Wirtschafts- dern auch bleibende Schnittmengen beziehungen. und Lerneffekte für alle Beteiligten —— Eine ähnliche Beharrungskraft erzeugen. Die Verflechtung der Ost- besitzt die traditionelle Politik- West-Ost-Perspektiven verspricht ei- und Diplomatiegeschichte, die nen ähnlichen Effekt. Hierzu gehört oft noch an einzelnen Akteuren aber auch, die Kooperation mit jenen festgemacht wird. Disziplinen zu suchen, die sich seit Ge- —— Aus der ausgeprägten regionalen nerationen mit den Kulturen und Ge- und verflechtungsgeschichtlichen sellschaften Ostasiens befassen – wie Perspektive werden Japan und Sinologie, Japanologie, Koreanistik. Russland als Teile von Ostasien Beispiele für gemeinsame Themen untersucht: die gemeinsame Ge- wären die Diskussion über die mul- schichte auf Sachalin / Karafuto, tiple Moderne und transkulturelle im Bürgerkrieg von 1917 / 23, in Studien, die das erklärte Ziel haben, Manchukuo. bestehende Grenzen zwischen Regi- —— Die Ost-West-Perspektive wird onen und Nationen zu überschreiten. aktuell durch eine Verlagerung Hieraus entstünde keine Meta-Regio- der Forschungsinteressen von nalwissenschaft, sondern ein Geflecht Ostasien nach Osteuropa er- verschiedener, sich überlagernder Re- gänzt, vom Fernen Osten Europas gionalprojekte. Solch eine Perspek- in den Fernen Westen Asiens. tive ist für Osteuropaforscher keine neue – zerfällt ihr Forschungsraum Impulse für die hiesige doch seit jeher in kaleidoskopische ­Osteuropaforschung Raumkonstruktionen. — Andreas Welchen Impuls für die Osteuropa- / Renner Südosteuropastudien kann das Bei- spiel des SRC bieten? Zunächst liegt es pragmatisch nahe, das wachsende In- teresse der japanischen Kollegen am

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Ein Semester Russland und Asien – eine Zwischenbilanz

Der neu geschaffene Lehrstuhl Russland- / Asienstudien am Historischen Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität München denkt die Grenzen von Kulturräumen in Forschung und Lehre neu und schlägt institutionell eine Brücke zwischen der historischen Osteuropaforschung und anderen Area Studies. Sein geographischer Schwerpunkt liegt auf dem asiatischen Teil Russlands und den angrenzenden Regionen, chronologisch geht es um die Zeit nach der russischen Eroberung Sibiriens im 17. Jahrhundert.­

Im Sommersemester 2014 bot der 20. Jahr­hundert zwischen imperialer Lehrstuhlinhaber Professor Dr. An­ Peripherie und nationaler Identität dreas Renner eine Vorlesung über ausgelotet wurde. Russlands Imperialismus in Ostasien Auch im laufenden Wintersemes- mit begleitender Übung an. Sein ter zeigt sich das kulturraumüber- Hauptseminar »Die Steppe in der rus- greifende Profil in der Lehre: Renner sischen Geschichte« untersuchte die bietet eine Vorlesung zu Russland politisch-militärische ­Erschließung und Asien zwischen dem 16. und sowie die mentale Aneignung die- 19. Jahr­hundert, ein Hauptseminar ses Grenzraums und fragte nach zum Russisch-Japanischen Krieg so- ­seiner Bedeutung als Kontakt- wie eine Übung zu Asien im foto- zone der Kul­turen. Renners Übung grafischen Blick des Zarenreichs an. »Transkulturelle Geschichte« disku- Urbanskys Basiskurs spürt die unter- tierte Ziele, Methoden, Beispiele schiedlichen Wege aus dem Sozialis- transkultureller Ansätze und ihren mus auf, die Russland und China seit Mehrwert gegenüber anderen Kon- den 1980er Jahren gegangen sind zepten der Geschichtswissenschaft. und lässt in seiner Übung theoreti- Im von Hoch­schulassistent Sören sche Grundlagentexte zur Geschichte Urbansky angebotenen Basiskurs des Kolonialismus lesen. Dieses weite, »Vorbild und Feindbild. Chinesische zeitgleich profilierte Lehrangebot Vorstellungen vom ›Westen‹« un- nehmen neben Studierenden der tersuchten Studierende jene Bilder, ­Geschichtswissenschaften und des die in China über »den Westen« seit Elitestudiengangs Osteuropastudien der Ming-Dynastie zirkulieren. Wei- auch Studentinnen und Studenten terhin bot Urbansky gemeinsam mit aus benachbarten Regionalwissen- zwei Historikern der Universität Frei- schaften wie der Sinologie und Tur- burg eine Übung mit Exkursion nach kologie an. Taschkent, Samarkand und Buchara Auch in der Forschung liegt der an, in der die Position Usbekistans im Schwerpunkt auf Russlands Bezie-

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Der Lehrstuhl für Russland- / Asienstudien: Professor Andreas Renner, die wissenschaftliche Hilfskraft Alexandra Wedl, Postdoc Sören Urbansky und die wissenschaftliche Hilfskraft David Irion hungen zu Asien: Andreas Renner rende Anthropologin Prof. Dr. Caro- arbeitet gegenwärtig zur russischen line Humphrey referierte zu »Brands Perzeption und Rezeption Japans and Mediators. Instabilities of Trade seit dem 18. Jahr­hundert. Sören Ur- at the Russia – China Border«. Weitere bansky forscht zur Zirkulation des Vorträge im Rahmen des Obersemi- Schlagworts der »gelben Gefahr« nars für Russland und Asienstudien und seinen lokalen Ausprägungen in folgen in Kooperation mit der Gra- Russisch Fernost und Kalifornien seit duiertenschule sowie den Lehrstüh- dem 19. Jahr­hundert. An der Schnitt- len für Geschichte Osteuropas und stelle zwischen Wissenschaft und der Japanologie. Darüber hinaus ­Öffentlichkeit kooperiert der Lehr- fanden bisher am Lehrstuhl zwei wis- stuhl eng mit der Graduiertenschule senschaftliche Seminare statt: Am für Ost- und Südosteuropa­studien, 11. Juni stellte Professor Dr. Andreas etwa bei der Ausrichtung von Vor- Kappeler (Wien) in einem Autoren- trägen der Veranstaltungsreihe »Fo- seminar sein neues Buch »Die Kosa- rum«: Im Oktober 2014 sprach der ken« vor und erläuterte die bewegte Osteuropahistoriker Dr. Benno Ennker Geschichte der ukrainischen und rus- über »Die Eurasische Union und de[n] sischen Grenzergemeinschaften. Am Ethno-Nationalismus in der neuen 4. Juli diskutierten während des inter- Außenpolitik Russlands« und die nationalen Autorenworkshops »Sovi- an der University of Cambridge leh- etizing the Periphery: A Compara-

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tive Approach« Osteuropahistoriker Universität Heidelberg) organisierter vergleichend die Eingliederung von Workshop den Fragen der »Wissens- Territorien an den europäischen und produktion und -zirkulation zwischen asiatischen Grenzen der Sowjetunion. Russland und Asien« nachgehen. Im Weitere Veranstaltungen, welche Juli 2015 folgt ein gemeinsam mit die nationale und internationale ins- Caroline­ Humphrey (Cambridge) titutionelle Vernetzung stärken wer- ausgerichteter Workshop zu Angst den, sind in Planung: Im Mai 2015 als analytischer Kategorie und empi- wird ein gemeinsam mit Dr. Frank rischer Beobachtung in der Anthro­ Grüner (Exzellenzcluster »Asien und pologie und Geschichte. — Sören Europa im globalen Kontext« der Urbansky

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Social Inequality in Post-Socialist Bucharest

Im Kontext der Graduiertenschule ist in Regensburg eine neue Professur für Sozialanthropologie eingerichtet worden. Diese hat seit dem Winter­ semester 2014 / 15 Ger Duijzings inne, der sich lange mit dem ehemaligen Jugoslawien beschäftigt hat. Von 1997 bis 2002 gehörte er einer Forscher- gruppe zu Srebrenica des Niederländischen Instituts für Kriegsdokumenta- tion an. Anschließend war er zwei Jahre lang als Sachverständiger für den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien tätig. Seit 2009 beschäftigt er sich mit urbanem Wandel, sozialer Ungleichheit und neuen Eliten in postsozialistischen Städten.

My current research focuses on social occur between different road users inequality in post-socialist Bucharest. as ‘split-second’ micro-performances, I am interested in how this is ex- which may develop into theatrical pressed in spatial practices and forms scenes and social dramas. Traffic is of conspicuous consumption, explor- about flows but just as well about ing these topics through a number frictions, negotiations, courtesies of parallel and connected projects and offenses, frustrations and annoy- (‘ethno­graphic ­vignettes’) that are ances, car crashes and other accidents. experimental and collaborative in In connection with this, I am in- nature. My intention is to write an terested in the random and routine ethnography of a post-­socialist city urban trajectories of Bucharest’s in- consisting of fragments, a patchwork habitants. The notion of ‘trajectories’ or composite mosaic of all these eth- points at the directions they take in nographic projects. their everyday lives, as embodied decisions and social pressures acted Social aspects of urban traffic upon. Through them connections are One of my vignettes is urban traf- woven, and ‘agency’ is performed fic and the street, where the worlds amidst urban structures, scripts and of the poor and wealthy meet and protocols. Inhabitants negotiate their where social inequalities are acted movements with anonymous others, out, through the vehicles used for subscribing or not (or only partially) example. Four-wheel drives serve as to a shared code of conduct, the rules signals of economic success – they are of how to behave and interact in pub- literally vehicles of social distinction – lic spaces. whereas the less affluent walk or use small cars, public transport or bicycles. I analyse the traffic interactions that

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Das rumänische Parlament und frühere »Haus des Volkes« gilt als eines der größten Gebäude Europas

The city at night In addition to studying social in- A second vignette is the nocturnal equality ‘from below’, I also try to ap- city. The city at night is a mirror of proach it ‘from the top’, that is, from social contradictions, spawning en- the position and perspective of the counters between the well-to-do, for nouveaux riches. For the city’s afflu- whom the street is a stage on which ent population, growing inequality to display their wealth through forms produces threats, which can be neu- of conspicuous consumption, and the tralised by hiring a security company urban poor, who try to make a living or engaging in forms of philanthropy off them or use the street because or patronage (sponsoring churches or they have no (or only substandard) football clubs). Apart from exploring housing. I am particularly interested these topics, I also enter luxury shops, in night shift workers, often migrants, interviewing owners about their busi- whose nocturnal work patterns ren- nesses and clients. In Bucharest, there der them rather ‘invisible’. Their life is a plethora of exclusive shops and has another rhythm, it lacks syn- service providers, such as special fit- chrony with that of others, exemplify- ness clubs, dental and cosmetic sur- ing their marginal position in society. geries, beauty salons for dogs, and I carry out fieldwork, in Bucharest luxury homes for the elderly. and other cities such as London, by doing night walks and visiting public and semi-public spaces such as train stations and shops. I also shadow night shift workers while at work.

96 NEUE PROFESSUREN

The House of the People an approach that is open-ended and The last ethnographic vignette I dynamic, and makes allowances for would like to mention is the House subjective experiences and new pos- of the People, the most iconic edi- sibilities in a traumatised city where fice of Bucharest built by Ceaușescu the communist past weighs heavy on in the final years of his rule. Even its inhabitants. — Ger ­Duijzings though for many inhabitants of the city it remains a totalitarian edifice, it is now home to Romania’s Parliament. It continues to be a centre of power, a ‘fortress’ occupied by the political elite and the special security forces that provide for their protection. It is the exclusive setting for international gatherings and political summits, of fairs and spectacles such as races and rock concerts, and high-brow con- sumerist events such as yacht shows. It is also the venue for forms of con- spicuous display by the wealthy elite, such as the annual Viennese Balls and New Year’s Parties. I am exploring the building as an inhabited ‘microcosm’ – a seemingly inapt but deliberately chosen term for this megalomaniac building – ­accessing it in spite of the numerous obstacles and security restrictions. So I am looking at its uses and appropria- tions by a variety of temporary ‘inhab- itants’ (politicians, maintenance and cleaning personnel, ­security guards, tourists and visitors), through em- bodied practices, such as moving and walking, and cognitive practices such as naming, narrating, and remember- ing. As I am getting more intimate with the building, I hope to ethno­ graphically ‘animate’ it, favouring

97 DAS ZWEITE JAHR

Zivilgesellschaft und familiäre Regulationsmechanismen: Die Großstadtwerdung Athens im 20. Jahr­hundert als Testfall für das Konzept der »europäischen Stadt«

Seit dem Wintersemester 2014 / 2015 bekleidet Professor Dr. Rainer Liedtke die neu an der Universität Regensburg eingerichtete Professur für Eu- ropäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Eines seiner aktuellen Forschungsprojekte, das er im Folgenden vorstellt, befasst sich mit der Großstadtwerdung Athens im 20. Jahrhundert aus primär sozialgeschicht- licher Perspektive.

Das Forschungsprojekt erörtert am ­rapide wachsenden Metropolen der Beispiel der bislang wenig erforsch- Entwicklungsländer unterscheidet. ten Großstadtwerdung Athens im Dazu gehören, ohne Anspruch auf 20. Jahr­hundert die Grenzen des Vollständigkeit: der starke Einfluss Konzepts der »europäischen Stadt«. mächtiger, von einer selbstbewuss- Es untersucht vor allem, welche ten Bürgergesellschaft getragener Rolle die in der athenischen Zivil­ Stadtverwaltungen auf die urbane gesellschaft und Familienstruktur Entwicklung; eine bereits seit dem angelegten sozialen Beziehungen späten 19. Jahr­hundert maßgeblich und Regulationsmechanismen in der durch eine professionelle Elite aus Gestaltung des städtischen Raums Politikern, Architekten und Stadt­ zwischen den 1920er und den 1960er planern gestaltete Stadtentwick- Jahren spielten.­ lung; die Bereitstellung einer leis- Im Rahmen einer breiteren De- tungsfähigen Infrastruktur und von batte über die Modernisierung der Institutionen der Daseinsvorsorge europäischen Gesellschaft geht es in für die Stadtbewohner (in weiten der Diskussion um das Konzept der Teilen Europas unter dem Schlagwort »europäischen Stadt« darum, die Ein- »Munizipalsozialismus« bekannt); zigartigkeit der okzidental-europä­ die weitgehende Vermeidung von ischen Stadtgemeinde nachzuweisen. Elendsquartieren durch sozialstaat­ Sowohl führende Stadtsoziologen als liche Maßnahmen; die intensive Nut- auch Europahistoriker postulieren zung des Stadtkerns im städtischen eine Reihe miteinander verzahnter Raum; ein begrenztes Wachstum, vor Charakteristika der »europäischen allem nach dem Zweiten Weltkrieg; Stadt«, die diese nicht nur von den – ein spezifisch europäisches, Identität mitunter sehr stereotyp betrachte- stiftendes Erscheinungsbild durch ten – nordamerikanischen Städten, mittelalterliche oder frühneuzeitli- sondern nunmehr auch von den che Stadtzentren, Ringstraßen, Plätze

98 NEUE PROFESSUREN und eingemeindete Dörfer; ein schar- der Alpen gelegene urbane Räume fer Stadt-Land-Gegensatz, der sich in in den Blick genommen, ergeben einer besonderen urbanen Lebens- sich beträchtliche Abweichungen von weise niederschlägt. Diesem Konzept der postulierten »europäischen« Ent- von Stadt wird die in allen Belangen wicklung. marktförmig gesteuerte, wuchernde, Die Studie zu Athen kommt zu gesichtslose nordamerikanische und dem Ergebnis, dass vier eng mitein- die »wilde«, zur massenhaften Ver- ander zusammenhängende Faktoren elendung führende Stadtentwick- die Entwicklung Athens zwischen lung in Drittweltländern gegenüber­ den 1920er und 1960er Jahren maß- gestellt. geblich prägten: Migration, Klien- telismus, Assoziationswesen und Athen als Testfall für das Modell Familienstrukturen. Betrachtet man der »europäischen Stadt« das Beispiel Athen, so zeigt sich, dass Werden die Überlegungen zur »euro- vier eng miteinander zusammen- päischen Stadt« jedoch in Beziehung hängende Faktoren die Entwicklung zu der urbanen Realität Europas im Athens zwischen den 1920er und 20. Jahr­hundert gesetzt, zeigt be- 1960er Jahren maßgeblich prägten: reits eine oberflächliche Betrachtung, Migration, Klientelismus, Assoziati- dass sich die meisten der genannten onswesen und Familienstrukturen. Besonderheiten vornehmlich oder Die athenische urbane Gesell- ausschließlich auf die Städte Nord- schaft ist im Untersuchungszeit- westeuropas beziehen. Werden ost- raum in sehr starkem Maße durch europäische und vor allem südlich Migration bestimmt worden. Zwei

Karte des Alt- Athen von 1888 aus Meyers Konversations­ lexikon

99 DAS ZWEITE JAHR

Strömungen sind hier grundsätzlich ebenfalls zahlreiche Bewohner mit zu unterscheiden. Zum einen die ra- abweichendem sozialem Status. Dies pide Ansiedlung von kleinasiatischen lag offenbar daran, dass die Neu­ Flüchtlingen in den 1920er Jahren, athener sich zunächst am Kriterium die die Einwohnerzahl Athens bin- der Herkunft orientierten, wenn es nen weniger Jahre auf über eine um Quartiersnahme ging. Dies hatte halbe Millionen nahezu verdoppelte. ebenfalls zur Folge, dass sich keine In rascher Folge entstand eine Reihe primär athenische, sondern eher von in sich sehr geschlossenen Stadt- eine Stadtteilidentität ausbildete. teilen mit zunächst ausschließlich aus Die oftmals harschen Bedingungen Kleinasien stammenden Bewohnern. bei der Wohnraumbeschaffung und Diese entwickelten dort im Alltags­ Arbeitsplatzsuche sorgten zusätzlich leben geradezu eine Wagenburg- dafür, dass unter den Neuankömm- mentalität und definierten sich in ih- lingen noch sehr lange nach der rer Identität vor allem durch die Op- Zuwanderung ein fester Verbund position zum autochthonen Athen. bestand. Die bis dahin nicht ausschließlich, aber vor allem an Einkommen und Patronage und Klientelismus Besitz orientierte Sozialgeografie der Migrantengruppen und -stadtteile Stadt wurde aufgeweicht und von ei- begünstigten ebenfalls klientelis­ ner vordringlich durch die geografi- tische Beziehungen, die die soziale sche Herkunft bestimmten Fragmen- Verfasstheit der griechischen Gesell- tierung überlagert. Hierin liegt einer schaft bis in die Gegenwart in hohem der Gründe dafür, dass Athen bis Maße bestimmen und einen formati- heute zwar wohlhabende und weni- ven Einfluss auf die Strukturen Athens ger wohlhabende Stadtteile, jedoch hatten. Patron-Klient-Beziehungen keine wirklichen Elendsquartiere hat. funktionierten auf allen Ebenen, viele Die zweite Migrationsströmung be- davon mit gestalterischer Wirkung traf die Zuwanderung vom Land, die auf die Stadtentwicklung. Wer etwa zwar schon im 19. Jahrhundert­ die ein illegal errichtetes Gebäude nach- Stadt stetig vergrößert hatte, jedoch träglich legalisieren wollte, konnte zunächst durch den Bürgerkrieg der dies am einfachsten durch Fürsprache 1940er Jahre, dann aber vor allem in eines politisch einflussreichen Patrons den 1950er bis 1970er Jahren die Be- bei der zuständigen Baubehörde er- völkerung exponentiell anschwellen reichen. Wichtiger noch waren solche ließ. Zwar gab es auch in den 1950er Verbindungen für die Schaffung einer und 1960er Jahren typische Arbeiter­ funktionierenden Infrastruktur für gegenden sowie Quartiere der Ober- komplett außerhalb des Bebauungs- klasse, aber in beiden fanden sich plans errichtete Siedlungen.

100 NEUE PROFESSUREN

Patronage und Klientelismus ha- ökonomische und gesellschaftliche ben auch das Assoziationswesen Chancenzuteilungen und sie war in Athens strukturiert. Dabei ist zu be- vielen Assoziationen über die eigent- rücksichtigen, dass solche Organisa- liche Mitgliedschaft hinaus ein weite- tionen selten dem west- und mittel­ res, für Kohärenz sorgendes Element. europäischen Muster von geordneten, Gleichzeitig kann argumentiert wer- langfristig operierenden Einheiten den, dass familiäre Bande dem Aus- mit fest definierten Aufgaben ent- greifen von Vereinsorganisationen sprachen, sondern oft aus der Inte- auch Grenzen setzten bzw. weniger ressenlage des Augenblicks heraus Spielraum ließ. Außerdem spielten gegründet wurden. Viele Assoziati- gerade bei der Gestaltung des ur- onen waren kurzlebige Zweckbünd- banen Raums die familiären Boden­ nisse ohne besondere Regularien. Im besitzverhältnisse, häufig im Zusam- Mittelpunkt der meisten organisier- menspiel mit berufsständischen Orga- ten Aktivitäten stand die Vertretung nisationen, eine ganz entscheidende der Mitglieder bei der Vergabe von Rolle. — Rainer Liedtke Ressourcen aller Art. Gerade auf Stadtteilebene waren es einerseits überraschend breite, auch Schichten übergreifende Gruppe von Einwoh- nern, die sich zur Verfolgung diverser Zwecke organisierten. Andererseits waren es einige wenige, ökonomisch starke und politische Ambitionen ver- tretende Individuen, die in vielen die- ser Assoziationen den Ton angaben. Dies unterstreicht die Bedeutung des Systems der Patronage und des Kli- entelismus in der Organisationsland- schaft. Hierin liegt ein weiterer Grund für die schwache sozialgeografische Segregation Athens, denn die bedeu- tenden Patrone lebten im gleichen Umfeld wie ihre Klienten. Schließlich muss die Familie als wichtiger Faktor der Stadtentwick- lung berücksichtigt werden. Durch sie ergaben sich, auch über enge Verwandtschaftsverhältnisse hinaus,

101 FORSCHUNGSFÖRDERUNG BEWERBUNGSWORKSHOP

Workshop “Preparing for a Doctoral Project” 23– 25 June 2014, Munich

“Preparing for a Doctoral Project”, a workshop organized by the Graduate School for East and Southeast European Studies in Munich in June 2014, was a very useful experience. The aim of the workshop was to prepare students who did not study at German universities and who already had clear ideas for a PhD project for applying to the Graduate School.

The workshop gathered ten stu- for applications to other institutions dents coming from a wide range of and foundations in Germany as well. disciplines with research projects on The highlight of this part of the work- Eastern and Southeastern Europe. shop was a presentation about writ- The postdocs of the Graduate School ing an exposé, especially because the were working with students in small main standards are different from work groups divided on discipline cri- those in Anglo-Saxon practice. This is teria, with the purpose of improving what most of the participants would and concretizing each research pro- not be familiar with, if they had not posal. The postdocs provided us with participated in the workshop. important guidelines on how to re- At the end of the workshop, all vise the proposals at the beginning of participants presented their revised the session. Moreover they were also research proposals in front of the available throughout the workshop postdocs and current doctoral stu- for consultations and for discussing dents of the Graduate School. This particular issues the participants met was another vital point of the work- during the revision process. shop, because the presenters were A very important content of the provided with even more feedback workshop were lectures on general and useful advice from the doctoral application standards and require- students. In this way, the participants ments of the Graduate School which received more insight in the possible dealt with each part of the applica- theoretical, methodological or other tion process. The postdocs presented issues concerning their proposed re- general guidelines on writing a good search. More informal discussions exposé, motivation letter and CV and with the doctoral students about also offered a chance to the partici- particular research projects contin- pants to revise and improve their CV ued also during the breaks. and motivation letter on the spot. Another significant part of the This guidance is highly relevant for workshop were two public lectures applying to the Graduate School and organized by the Graduate School,

103 FORSCHUNGSFÖRDERUNG

Postdocs der Graduiertenschule mit den Teilnehmerinnen und ­Teil­nehmern des Bewerbungs­ workshops

Maarten Van Ginderachter präsentierte neue Ansätze für die Nationalismusforschung

where the participants had the op- being very well acquainted with Van portunity to visit events which are a Ginderachter's work, this lecture was part of being a doctoral student at not only very inspiring for me, but the Graduate School and also to hear was also another example of the in- renowned scholars. The first event terdisciplinary nature of the Graduate was a lecture by Philipp Ther, a very School. well-known historian from ­Vienna, All in all, the workshop was a very who presented his book about trans- worthy experience which focused formation and neo-liberalism in on the topics that are essential for Europe since the eighties. Another those who will apply to the Grad- lecture was given by Maarten Van uate School. The input the partici- Ginderachter from the University of pants received during these three Antwerpen, a historian who intro- days should definitely improve their duced us to a new research concept chances during the selection process in the study of nationalism – nation- by preparing them and placing them alism from the margins. Coming from at one level with applicants coming the field of nationalism studies and from Germany. — Jelena Dureinovic

104 BEWERBUNGSWORKSHOP / ERFOLG MIT NETZWERKANTRAG

»Aktionskunst jenseits des Eisernen Vorhangs« Zwei Mitglieder der Graduiertenschule erfolgreich mit Netzwerkantrag

Zwei Mitglieder der Graduierten- Netzwerke und Kontakte mit Künst- schule können sich über den Erfolg lern sowohl innerhalb wie außerhalb mit einem Netzwerkantrag bei der der Ostblockstaaten. Da offizielle Deutschen Forschungsgemeinschaft Wege der Kommunikation und des (DFG) freuen: Berenika Szymanski- Austausches für (Aktions-) Künstler Düll (Postdoc) und Katalin Cseh- kaum möglich waren, nutzten sie Varga (Doktorandin) haben das Pro- alternative Formen der Vernetzung. jekt »Aktionskunst jenseits des Eiser- Diese Netzwerke, kulturellen Trans- nen Vorhangs« mitinitiiert, das die fers und einzelne Aktionen unter- DFG im vollen Umfang (2015 – 2018) sucht das Projekt in vergleichender fördern wird. Perspektive und verlässt damit den Im Mittelpunkt des Projekts steht Blickwinkel einer länderspezifisch die Performance- und Aktionskunst ausgerichteten Ostmitteleuropafor- in Ostmitteleuropa von den 1960er schung. Ziel des Projektes »Aktions- Jahren bis in die Mitte der 1990er kunst jenseits des Eisernen Vorhangs« Jahre. Während die Aktionskunst ist somit die Erweiterung theater-, sich allgemein in den Theaterwis- kultur- und medien­historischer Fra- senschaften einer reichen Theorie- gestellungen und Referenzpunkte bildung und Kanonisierung erfreut, in der Geschichtsschreibung europä- ist das ostmitteleuropäische Beispiel ischer Kunst. bisher vernachlässigt geblieben. Ost- Die wissenschaftlichen Netzwerke mitteleuropa schien in der Zeit des sind ein Förderungsprogramm der Eisernen Vorhangs von der »pro- DFG, das sich besonders an Nach- gressiven« Kunst isoliert gewesen wuchswissenschaftlerinnen und zu sein, doch war diese im Gegenteil Nachwuchswissenschaftler richtet gerade dort aktuell und effektiv: Die mit dem Ziel, ihnen einen orts- und künstlerische Verwendung des eige- themenübergreifenden Austausch nen Körpers sowie minimalistische zu ermöglichen. Im Falle des Projekts Ausdrucksformen erwiesen sich als »Aktionskunst jenseits des Eisernen geeignete Mittel, um auf die Absur- Vorhangs« soll diese Unterstützung dität der kommunistischen Ordnung in drei Workshops, ein Symposium, zu reagieren und diese oft auch zu eine Abschlusskonferenz und eine kritisieren. Obwohl die Ostblock- gemeinsamen Publikation mün- staaten geopolitisch isoliert waren, den. — Kathrin Krogner-Kornalik pflegten Künstlerinnen und Künstler

105 Anhang HOCHSCHULLEHRER

Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer

Prof. Dr. Rainer Arnold Prof. Dr. Aage Hansen-Löve Öffentliches und Europarecht Slavische Philologie

Prof. Dr. Martin Aust Prof. Dr. Guido Hausmann Geschichte Osteuropas und Geschichte Ost- und Ostmitteleuropas Ostmitteleuropas­ Prof. Dr. Walter Koschmal Prof. Dr. Christopher B. Balme Slavische Literaturwissenschaft Theaterwissenschaft Prof. Dr. Rainer Liedtke Prof. Dr. Michael Brenner Europäische Geschichte Jüdische Geschichte und Kultur Prof. Dr. Marek Nekula Prof. Dr. Ulf Brunnbauer Bohemistik und Westslavistik Geschichte Südost- und Osteuropas Prof. Dr. Christoph K. Neumann Prof. Dr. Klaus Buchenau Turkologie Geschichte Ost- und Südosteuropas Prof. Dr. Riccardo Nicolosi Prof. Dr. Marie-Janine Calic Slavistik Geschichte Ost- und Südosteuropas Prof. Dr. Andreas Renner Prof. Dr. Volker Depkat Russland- / Asienstudien Amerikanistik Prof. Dr. Evelyn Schulz Prof. Dr. Ger Duijzings Japanologie Sozialanthropologie Prof. Dr. Martin Schulze Wessel Prof. Dr. Burcu Dogramaci Geschichte Osteuropas Kunstgeschichte Prof. Dr. Ulrich Schweier PD Dr. Raoul Eshelman Slavische Philologie (Sprachwissen- Literaturwissenschaft schaft) (Slavische ­Philologie) Prof. Dr. Elena Skribnik Prof. Dr. Hans van Ess Finnougristik/Uralistik Sinologie Prof. Dr. Mark Spoerer Prof. Dr. Dorothee Gelhard Wirtschafts- und Sozialgeschichte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze Neueste Geschichte und Zeitgeschichte Prof. Dr. Alexander Graser Öffentliches Recht und Politik

Prof. Dr. Björn Hansen Slavische Sprachwissenschaft

107 Anhang

Postdocs und Promovierende (Stand 2014 / 2015)

Literatur Dr. Nina Weller (Postdoc) Leiter: Raoul Eshelman, Dorothee Kampf um Geschichte(n): Fiktionale Gelhard Geschichtsentwürfe und Politisierung in der russischen, belarussischen und Annelie Bachmaier ukrainischen Literatur Konzeptionen des Fremden in der russischen Literatur Anfang des 20. Jahr­ hunderts: Aleksander Grins Reisetexte Performativität (Erstbetreuer: Walter Koschmal) Leiter: Burcu Dogramaci, Christopher Balme Alice Buzdugan Stadtkultur in »Großrumänien«: Wahr- Anna Baumgartner nehmungen und Imaginationen des Die Münchener Polenschule. Exotik, ­öffentlichen und privaten Raums im Abenteuer und Orientalismus in der rumänischen und rumäniendeutschen ­Malerei um Józef Brandt (Erstbetreue- Roman (Erstbetreuerin: Dorothee rin: Burcu Dogramaci) ­Gelhard) Katalin Cseh Frances Jackson Rebellische (Spiel)Räume und Under- The Lyrical Reverberations of the Munich ground-Netzwerke. »Zweite Öffent- Agreement: On the Nature, Function lichkeit« der ungarischen Avantgarde. and Effects of Czech Poetry Following (Erstbetreuer: Christopher Balme) the Dissolution of the First Republic (Erstbetreuer: Raoul Eshelman) Marija Ðokić Eine Theaterlandschaft für Belgrad Jana Kantoříková (1841 – 1914) Kulturtransfer zwischen Intertextualität als zentrales Verfahren ­osmanischen, serbischen und europä­ der Moderne am Beispiel Miloš Martens ischen Theaterpraktiken (Erstbetreuerin: (Erstbetreuer: Marek Nekula) Marie-Janine Calic)

Mara Matičević Helena Holzberger Schreiben ›zwischen‹ den Kulturen. Zentralasien im fotografischen Moderni- ­Figurationen des Hybriden in der zeit- tätsdiskurs. Bilderwelten von Usbekistan genössischen Literatur (Erstbetreuer: unter russischer und sowjetischer Herr- Raoul Eshelman) schaft mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklung usbekischer Fotografie Emanuel Tatu (Erstbetreuer: Andreas Renner) »Erfahrung« und »Wahrnehmung« in der Prosa rumänisch-jüdischer Henriette Reisner ­Autoren der Zwischenkriegszeit Von Propaganda bis Poesie. Der sowje­ [ca. 1920 – c a . 1940]. Ion Călugăru, tische Animationsfilm im Spiegel Ury Benador, Max Blecher (Erst­ politischer und ästhetischer Debatten betreuerin: Dorothee Gelhard) (Erstbetreu­er: Riccardo Niolosi)

108 POSTDOCS UND DOKTORANDEN

Dr. Berenika Szymanski-Düll (Postdoc) Veronika Wald »art has no nationality« – Grenzgänge Valenzstrukturen im russisch-deutschen polnischer Schauspieler / innen im Sprachkontakt (Erstbetreuer: Björn 19. Jahrhundert­ Hansen)

Migration, Transfer, Kulturkontakt Kultur, Sinn, Orientierung Leiter: Ulf Brunnbauer, Björn Hansen Leiter: Volker Depkat, Guido Hausmann, Martin Aust Kathleen Beger Das Pionierlager Artek (1945 – c a . 1989) Katharina Aubele (Erstbetreuer: Ulf Brunnbauer) Vorstellungswelten und politisches Engagement vertriebener Frauen Dr. Petar Kehayov (Postdoc) in den Anfangsjahren der Bundes­ Grammars in language death: Finnic- republik Deutschland (Erstbetreuer: Russian contact interfaces Martin Schulze Wessel)

Henner Kropp Fabian Burkhardt Zwischen Sankt Petersburg und Der Präsident und Machtteilung in ­Washington: Die russische Kolonie in der Russischen Föderation – eine Alaska und die Vereinigten Staaten von ­Institution im Wandel (Erstbetreuerin: Amerika (Erstbetreuer: Martin Aust) Petra Stykow)

Ana-Teodora Kurkina David Franz Intelligentsia in Exile. Bulgarian Revo­ Die USA und die UdSSR in den Moder- lutionary Emigration in the Second nitätsdiskursen der Weimarer Republik Half of the 19th Century and the (Erstbetreuer: Volker Depkat) Projects for a Balkan Federation (Erst­ betreuer:­ Ulf Brunnbauer) Dr. Tobias Grill (Postdoc) Isaak Nachmann Steinberg: Im Kampf Jakub Sawicki für Sozialismus und Judentum. Eine Esskulturen im modernen Nachkriegs- globalgeschichtliche Biografie europa. Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik und Julia Kling Volksrepublik Polen 1965 – 1975 im Jugoslawien im europäischen Erinne- Vergleich (Erstbetreuer: Martin Schulze rungsforum (Erstbetreuer: Ulf Brunn- Wessel) bauer)

Sophie Straube Darina Majernikova Polen und die us-amerikanische Polonia Das Russland- und das Amerikabild in seit 1989: Diskurse über Nation und der Tschechoslowakei und ihren Nach­ ­Diaspora (Erstbetreuer: Martin Aust) folgestaaten (Erstbetreuer: Martin Schulze Wessel) Dora Vuk Erwerb der (kroatischen) Herkunfts­ Ekaterina Makhotina sprache bei den kroatischen Minder­ Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg heiten und Einwanderergruppen in in Museen, Gedenkstätten und der Ungarn und Österreich (Erstbetreuer: Denkmalkultur Litauens (Erstbetreuer: Björn Hansen) Martin Schulze Wessel)

109 Anhang

Jacqueline Nießer Wissen, Raum, Umwelt Transnationale Vergangenheits­ Leiter: Martin Schulze Wessel, Christoph aufarbeitung im postjugoslawischen Neumann Kontext: Die »Koalition für REKOM« (Erstbetreuer:­ Ulf Brunnbauer) Jan Arend Eine Wissensgeschichte der Boden- fruchtbarkeit in Russland (Erstbetreuer: Social Sorting Martin Schulze Wessel) Leiter: Ger Duijzings, Rainer Liedtke Dr. Melanie Arndt (Postdoc) Maren Hachmeister Radioaktive Landschaften in Ost und Selbstorganisation im Sozialismus: West Wohlfahrtsorganisationen in Pilsen und Krakau (Erstbetreuer: Martin Gerhard Grüßhaber Schulze Wessel) Der »deutsche Geist« in der osmani- schen / türkischen Armee, 1908 – 1938. Dr. Friederike Kind-Kovács (Postdoc) Eine Transfergeschichte militärischen The Embattled Child: Child Poverty Denkens (Erstbetreuer: Christoph and Child Relief in Hungary between Neumann)­ the World Wars Arnošt Štanzel Dr. Irina Morozova (Postdoc) Die Wasserwirtschaft in Rumänien und The Debate on Progress, Social Order der Tschechoslowakei: Von Wasser­ and Economy and the Rise of New träumen und Wasserräumen im Staats- ­Inequalities in Central Asia, 1970 – 90s sozialismus. Ein umwelthistorischer Vergleich (Erstbetreuer: Martin Schulze Karina Shyrokykh Wessel) The Impact of the European Court of Human­ Rights on Human Rights Max Trecker ­Practices in the Post-Soviet States Hilfe für die »Dritte Welt«? Multi­ (­Petra Stykow) laterale Kooperationsversuche im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Oana Valentina Sorescu (­Erstbetreuer: Martin Schulze Wessel) The Evaluation of Testamentary ­Behaviour in the Case of the Trans­ Dr. Martin Zückert (Postdoc) sylvanian Saxons: 1556 – 1750 (Erst­ Strukturpolitik in den slowakischen betreuer: Ulf Brunnbauer) Karpaten

Katalin Tóth »I love Budapest. I bike Budapest?« Emmy-Noether-Gruppe: Vielfalt ordnen. Eine Ethnographie urbanen Radfahrens Föderalismusvorstellungen in der Habs- zwischen lokaler Sinnproduktion und burgermonarchie und ihren Nachfolge- internationalen­ Nachhaltigkeitsdiskur- staaten sen (Erstbetreuerin: Marie-Janine Calic) Leiterin: Jana Osterkamp

Andrey Vozyanov Björn Lemke Infrastructures in Trouble: ­Assemblages Ökonomische Ordnungsleistungen und of Electric Public Transport in Cities wirtschaftspolitische Ordnungsvorstel- of Donetskaya Oblast‘, Ukraine, 1991 – lungen in Österreich-Ungarn 1897 – 1910 2013 (Erstbetreuer: Ger Duijzings) (Erstbetreuerin: Jana Osterkamp)

110 POSTDOCS UND DOKTORANDEN

Sevan Pearson Katharina Hey, M. A. Die Nationalitätenpolitik des Bosnischen Jüdische Intellektuelle in Frankreich Bundes der Kommunisten in Bosnien und der Sechs-Tage-Krieg und Herzegowina 1960 – 1974 (Erst­ betreuerin: Jana Osterkamp) Cem Kara Derwische und das »moderne Europa«. Kulturkontakt und Kulturtransfer des Internationales Graduiertenkolleg Bektaschi-Ordens im langen 19. Jahr­ »Religiöse Kulturen im Europa hundert des 19. und 20. Jahr­hunderts« Pascale Mannert, M. A. Dr. Lisa Dittrich Protestanten in Polen, 1918 – 1939: Individualität, Geschlecht, Familie. Eine Frage der Loyalität? Zwischenmenschliche Beziehungen im Deutschland der ersten Hälfte Raphael Rauch, M. A. des 20. Jahrhunderts Jüdisches im westdeutschen Fern­sehen der 1980er-Jahre Franziska Davies, M. A. Muslims in the Russian Army, 1874 – 1917 Carmen Reichert Jüdisches Selbstbild in Lyrikantho­logien Katharina Ebner, Dipl.-Theol. 1900 – 1938 Religion als Argument? Eine ver­glei­ chende Untersuchung über religiöse David Schick, M. A. Argumentationsweisen im politischen Zwischen Gaon, Gelobtem Land und Diskurs in der Bundes­republik Deutsch- Höllenfeuer: Wirtschaft und Religion land und in Groß­britannien (1945 – 1989) in drei jüdischen Unternehmen in Łódź, Odessa und Vilnius zur Zeit der Großen Vitalij Fastovskij, M. A. Reformen (1855 – 1881) Revolution, Religion und das moderne Selbst in Selbstzeugnissen russischer Dana von Suffrin, M. A. Revolutionäre (1860 – 1917). Pflanzen für Palästina! ­Naturwissenschaften im Jischuw, Carola Franson, M. A. 1900 – 1930 Die Deutsche Evangelische Kirche in Estland und der Tschechoslowakei Jan Tesař, Mgr. in der Zwischenkriegszeit The history of scientific atheism. A comparative study of Czecho­slovakia Johannes Gleixner, M. A. and the Soviet Union (1953 – 1989) Menschheitsreligionen« zwischen ­sakraler Nation und ziviler Religion: Felix Westrup, M. A. Die religiöse Bedingtheit neuer Religion und Psychologie – Gesellschaften bei T. G. Masaryk Eine deutsche­ Affäre um 1900 und A. V. Lunačarskij

Dr. Simon Hadler Kirche, Bürger und Hof als Akteure der Erinnerung an den Feind. Eine verglei- chende Untersuchung zur Funktion des Türken- und Schwedengedächtnisses in Wien und Brünn im langen 19. Jahr­ hundert

111 Anhang

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats

Prof. Dr. Stanisław Biernat Europäisches Recht Jagiellonenuniversität Krakau (Polen)

Prof. Dr. Peter Bugge (Vorsitzender) Osteuropastudien Universität Aarhus (Dänemark)

Prof. Dr. Vladimir Gel’man Politikwissenschaften und Soziologie Europäische Universität St. Petersburg (Russland)

Prof. Dr. Peter Haslinger Direktor des Herder-Instituts Marburg (Deutschland)

Prof. Dr. em. Renate Lachmann Slavische Literaturen Universität Konstanz (Deutschland)

Prof. Dr. Alvydas Nikžentaitis Litauische Akademie der Wissenschaften Abteilung für Geschichte Vilnius (Litauen)

Prof. Dr. Sabrina Ramet Politologie und Soziologie Norwegische Universität für Wissenschaft und Technologie Trondheim (Norwegen)

Prof. Dr. Yuri Slezkine Geschichte University of California Berkeley (USA)

Prof. Dr. Maria Todorova Geschichte University of Illinois at Urbana (USA)

Prof. Dr. Daniel Weiss Slavisches Seminar Universität Zürich (Schweiz)

Der internationale wissenschaftliche Beirat berät die Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien im Hinblick auf die Weiterentwicklung von Forschung und Lehre.

112 Inhalt Impressum

Editorial — 1 Herausgeberin Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien Forschungsfelder Irina Morozova: The Debate on Progress, Social Order Ludwig-Maximilians-Universität Universität Regensburg and Economy — 7 München Landshuter Straße 4 Karina Shyrokykh: Roads to Human Rights — 9 Maria-Theresia-Straße 21 93047 Regensburg Anna Baumgartner: Die Münchener Polenschule — 12 81675 München Emanuel Tatu: »Erfahrung« und »Wahrnehmung« in der Prosa rumänisch- jüdischer Autoren der Zwischenkriegszeit — 16 Arnošt Štanzel: Infrastrukturen als Forschungsobjekt der Umwelt- Konzeption und Redaktion geschichte — 18 Kathrin Krogner-Kornalik

Das zweite Jahr Gestaltung und Realisierung Die Arbeit in den Studiengruppen — 23 Sebastian Lehnert, München Jahrestagung »Area Studies Revisited« — 40 www.deskism.com Sommerschule »Performance. History. Art. Culture« — 45 Weitere Veranstaltungen der Graduiertenschule — 49 Medienecho — 54 Bildnachweis Publikationen — 57 Fellows zu Gast in München und Regensburg — 57 Seite 15: Wikimedia — Seite 21: Arnošt Štanzel — Seite 35: Internationales Neue Professuren — 87 Graduiertenkolleg »Religiöse Kulturen im Europa des 19. und 20. Jahr- hunderts« — Seite 66: H. Lazouskaya — Seite 72: American University, Forschungsförderung Washington D. C. — Seite 77: Privat — Seite 80: Privat — Seite 89: Andreas Bewerbungsworkshop »Preparing for a Doctoral Project« — 103 Renner — Seite 93: Kathrin Krogner-Kornalik — Seite 96: Ger Duijzings — Erfolg mit Netzwerkantrag — 105 Seite 99: Meyers Konversationslexikon 1885 – 1890 / Wikimedia

Anhang Alle anderen Abbildungen respektive Fotos: Bildarchiv der Graduierten- Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer — 107 schule für Ost- und Südosteuropastudien Postdocs und Promovierende — 108 Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats — 112

Impressum und Bildnachweis — 113

Auf dem Umschlag im Uhrzeigersinn: Plakat zur Jahreskonferenz, Gruppenfoto, Klingelschild, Gabriel Andreescu zu Gast bei der Sommerschule Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien JAhrEsBErIchT 2014 JAhrEsBErIchT JAhrEsBErIchT 2014

REVISITED AREA STUDIES CONNECTIVITY, COMPARISON, LATERALITY

FIRST ANNUAL CONFERENCE OF THE GRADUATE SCHOOL FOR EAST AND SOUTHEAST EUROPEAN STUDIES 12 – 14 JUNE 2014, MUNICH

ABOUT THE CONFERENCE The conference will discuss institu tional pathways, the relationship between political expediency and area study development and methodological innovation. Since the exploration of a particu lar region needs to highlight also its relations with other parts of the world, the conference aims at facilitating a dialogue between Area Studies focusing on different parts of the globe. The conference starts on 12 June, 6 p. m., with a round table discussion on the state of East European Studies.

VENUE Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft e. V. (Amalienstraße 38, Munich)

ORGANIZATION Graduate School for East and Southeast European Studies (LMU Munich / University of Regensburg)

REGISTRATION Please register until 8 June by e-mail: [email protected]

grAduIErTEnschulE FÜr osT- und sÜdosTEuroPAsTudIEn WWW.GS-OSES.DE

Graduate School for East and Southeast

European Studies Design Sebastian Lehnert, Munich

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das zweite Jahr