Der Ackermann Zeitschrift der Ackermann-Gemeinde F B 20027

65. Jahrgang | München Oktober - Dezember 2014 | Heft 4

Kommt und seht!

Pilsen Nationalität Altbunzlau Kulturhauptstadt zur Diskussion führt Europas 2015 gestellt zusammen

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www.ackermann-gemeinde.de Inhalt

Weihnachtslied In dieser Ausgabe: Eine Streu von Stroh Eine Wand von Wind 3 Pilsen lockt Eine Woge als Wiege

Ein Kind 5 In Budweis willkommen Ein Schwamm voller Essig 6 Nationalität zur Diskussion gestellt Eine Kammer voll Gas Eine Waage am Wege Eine Grube im Gras 8 Geschichte verbindet und trennt

Eine Gasse voll Dirnen 9 Altbunzlau führt zusammen Eine Gosse voll Wut Eine Stirne voll Dornen Eine Mutter voll Blut 10 Verantwortung für Demokratie

Eine Streu von Stroh 11 Solidarität mit verfolgten Christen Eine Wand von Wind Eine Woge als Wiege 12 Kinder erleben europäischen Gedanken Ein Kind Flucht nach Ägypten, Dom St. Elisabeth Kaschau/Košice; Motiv der diesjährigen Erich Fried (1947) Kartenaktion des Sozialwerks der AG. 13 Chance Intergenerationelles Lernen

14 Aktuelles Liebe Mitchristen, 16 Literatur dieses Weihnachtslied von Erich Fried ist in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden - in der Zeit 19 Aus unserer Gemeinschaft der Vertreibung, des erfahrenen Unrechts und der höchsten Verzweiflung. 26 Familiennachrichten Er hat es ganz bewusst mit „Weihnachtslied“ betitelt - das Kind steht am Anfang und Ende! 28 Termine

Ja, das Kind der Jungfrau Maria steht am Anfang Der Ackermann - Zeitschrift der Ackermann- unseres Glaubens und wird – so hoffen und so glau- Gemeinde München, 65. Jahrgang, Heft 4-2014; ben wir – am Ende unseres Lebens stehen! Hg.: Ackermann-Gemeinde e.V. Redaktion: M. Dörr (verantwortlich), Dr. G. Heinz- In der schrecklichen Zeit während des Krieges und mann, Msgr. D. Olbrich, Dr. O. Pustejovsky, D. Schroth. danach war dieses Kind unsere Hoffnung und unser Für das Familienbuch: U. Lachmuth. Trost. In Jesus ist Gott Mensch geworden und uns damit die Gewissheit geschenkt, dass jeder von uns Heßstraße 24, 80799 München, Schwester und Bruder des Gottessohnes ist. Postfach 340161, 80098 München; Tel. (089) 27 29 42-0, Fax (089) 27 29 42-40; Die innere Gewissheit, ja diese innere Freude E-Mail: info(at)ackermann-gemeinde.de; Internet: www.ackermann-gemeinde.de; wünsche ich mir und Ihnen allen von Herzen: Kontakt zur Redaktion (Artikel, Fotos, Leserbriefe): Gott ist mit uns – redaktion(at)ackermann-gemeinde.de. an jedem Tag des Neuen Jahres 2015 Kontoverbindungen: LIGA Bank eG München, Luisenstr. 18, 80333 München, Gott befohlen BIC GENODEF1M05. Ackermann-Gemeinde e.V. München: IBAN DE94 7509 0300 0002 1417 44; Ihr Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde e.V.: Visitator Msgr. Dieter Olbrich IBAN DE05 7509 0300 0002 1222 00; Geistlicher Beirat Stiftung Ackermann-Gemeinde: IBAN DE79 7509 0300 5502 3461 09. für den Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde Als Manuskript gedruckt. Für gezeichnete Aufsätze trägt der/die Verfasser/in die Verantwortung. Der Be- zugspreis wird mit dem Mitgliedsbeitrag abgegolten. Titelbild: Erscheinungsweise: 4 x im Jahr. Goldbrunnen vor dem Rathaus in Pilsen/Plzeň Redaktionsschluss für Heft 1-2015: 23.02.2015 (Foto: Dr. Kateřina Kovačková) Beilage

2 | Der Ackermann 4-2014 Titelbericht

Eine mit Stulpen dekorierte Statue am Ufer der Radbuza wartet auf die zahlreichen Kulturenthusiasten im kom- menden Jahr. (Foto: Dr. K. Kovačková)

gering zu achtende Poetik. Pilsen ist eine Schönheit – auf den zweiten Blick. Die Stadt ist nicht anbiedernd lieb- lich, nicht pittoresk malerisch, und es wäre verkehrt, es aus ihr machen zu wollen. Das Schöne in dem weniger Ansehnlichen und Gefälligen zu su- chen und zu finden, kann zu einer spannenden Entdeckungsreise wer- den. Für den interessierten Besucher, der Land und Leute wirklich ein biss- chen kennenlernen will, ist es zweifel- los ein Gewinn, dass die Stadt Pilsen nicht übermäßig konsumtouristisch hochstilisiert ist. Man sieht ihr ihre in- dustrielle Vergangenheit an, und das ist auch gut so - sie hat sich somit noch etwas von ihrem authentischen Charme beibehalten. Da gibt es zum Beispiel Cafés - leider nur noch weni- ge dieser Sorte -, in denen man einen ‚Türkisch‘ (türkischen Kaffee böhmi- scher Art) und ein ‚Särgchen‘ mit Schlagsahne (es heißt wirklich so und ist heiß begehrt) am deckenlosen Ab- wischtisch genießen kann. Da gibt es Eckkneipen, in die man auf ‚Eines‘- (ein 0,5 l-Bier) einkehren und sich ungeniert unter das Panoptikum der westböhmischen Metropole mischen kann. Pilsen lockt Pilsen setzt seine ganz eigenen Ak- zente. Man kann sich auf das viel- schichtige kulturelle Angebot der Kulturhauptstadt Europas 2015 Stadt während ihrer künftigen ‚Kultur- herrschaft‘ wirklich freuen. Schon jetzt gibt es keinen Mangel an kulturellen Veranstaltungen, und nächstes Jahr Pilsen/Plzeň ist eine gute Adresse, gendetwas warten und durch graue am 17. Januar, wenn Pilsen offiziell wenn man eine gewisse Abenteuer- Straßen mit bröckelnden Fassaden zur Kulturhauptstadt Europas gekrönt lust, Freude am Neuentdecken des stumpf laufen.“ werden wird (und die vier frisch ge- als Industriestadt verschrienen Ortes Heute stelle ich mit Freude fest, weihten Glocken der Bartholomäus- und Aufgeschlossenheit mit im Reise- dass Pilsen anders geworden ist. Das Kathedrale ertönen werden), geht es gepäck führt. Ein Versuch, dem Leser Bild der Stadt hat sich gewandelt: Der richtig los: Im Februar erwartet die Lust am Besuchen und Reisen gen Betrachter findet sein Gefallen (oder Besucher ein Lichterfestival – Lichtin- den nicht allzu fernen Osten zu ma- auch nicht) an den drei goldenen stallationen an bekannten und touris- chen. Brunnen auf dem Platz, die sich tisch so gut wie gar nicht besuchten Als Kind empfand ich meine Hei- durch Farbe und Form von den ma- Orten (zum Beispiel im Trolleybus- matstadt Pilsen wie folgt: nierlichen Markthäusern abheben; Depot). Im März finden ‚Smetanovské „Missgelaunte Menschen, die immer auch die einst so verrußten Škoda- dny‘ (Smetana-Tage) statt, die bereits irgendwo in einer Schlange auf ir- Werke besitzen ihre eigene, nicht zu > Seite 4

Der Ackermann 4-2014 | 3 Titelbericht

> von Seite 3 ber findet das Internationale Theater- schen Stil entworfen hat, möge durch seit dreißig Jahren Musikliebhaber al- festival statt, das schon seit zweiund- das teilweise zugänglich-Machen die- ler Genres und Generationen nach zwanzig Jahren eine Begegnungs- ser Wohnungsinterieurs wieder ver- Pilsen locken. Im April schließen sich stätte von Künstlern vieler (auch au- stärk im öffentlichen Bewusstsein die ‚Bayerischen Tage‘ an, die die ßereuropäischer) Kulturen ist. präsent werden. deutsch-tschechische Zusammenar- In Zusammenarbeit mit München Grau und bunt, Pilsen tut kund: Es beit im kulturellen Bereich einem brei- stellt die Westböhmische Galerie ist beides: ‚Kommt und seht!‘ Vieles teren Publikum vorstellen wollen. In namhafte Maler des Fin de Siécle und geht aufwärts, und ohne gelegentli- der Hochsaison von Mai bis August der europäischen Moderne vor, auch che Rückschläge gäbe es kein dauer- gibt es unter anderem auch ein ‚Ro- Ausstellungen zu den bekannten haftes Vorankommen. Der Besuch ma-‘ und ein ‚Folklore-Festival‘, die Söhnen der Stadt Jiří Trnka und Gott- oder gar Aufenthalt in Westböhmen ‚Neun Wochen des böhmischen Ba- fried Lindauer dürfen nicht fehlen. Der und Pilsen, der für den einen oder an- rock‘, in denen viele architektonische eine wurde berühmt als begnadeter deren vielleicht mit einer Art Spuren- Juwelen aus Pilsen und der Region Illustrator und geistiger Vater von suche nach den eigenen Wurzeln bespielt werden, es gibt Theatervor- kunstvollen, poetischen Animationsfil- verbunden werden kann, lohnt sich in führungen und Konzerte klassischer men, der andere als Maler, der durch jedem Fall. Er dürfte einen weiteren Musik, aber auch den ‚Sokolský seine Portraits neuseeländischer Ma- Baustein in jener Brücke darstellen, slet‘ (wörtlich: Falken-Zusammen- ori eine Bildersammlung von heutzu- an der Tschechen und Deutsche von flug), ein traditionelles Sportereignis tage unschätzbarem Wert geschaffen beiden Seiten weiterbauen. Nur so der tschechischen Turner zu Rhyth- hat. Auch Adolf Loos, ein Architekt werden auch beide Seiten davon pro- men zeitgenössischer Musik …. Die von Weltrang mit böhmischen Wur- fitieren. Pilsner Straßen werden belebt sein zeln, der in Pilsen etwa ein Dutzend Dr. Kateřina Kovačková von Kleinkünstlern, und im Septem- Inneneinrichtungen im funktionalisti- Bohemistin aus Pilsen

Wissenswertes zu Pilsen 2015 Werbeaktion. Mit Plakaten und Pro- Zug der Kultur. Zwischen Januar Bayerische Woche. Vom 20. bis 26. jektionen wirbt das Centrum Bavaria- und September 2015 bringt ein "Zug April ist Pilsen weiß-blau. In einer Bohemia bereits seit 2013 für die Kul- der Kultur" jeden Samstag Besucher Bayerischen Woche stehen Beiträge turhauptstadt Pilsen 2015. In Regens- von Regensburg (Alex 353, 10:31 h) aus dem Bereich Musik und Kunst burg wurde 2013 täglich am Abend nach Pilsen. Bereits im Zug präsen- sowie Aktionen und Präsentationen eine Persönlichkeit aus Deutschland tieren sich deutsche und tschechi- aus dem Nachbarland auf dem Pro- oder Tschechien mit einem Statement sche Künstler, spielen Musikgruppen gramm. Diese Bayerische Woche soll an die Fassade des Alten Rathauses oder werden Lesungen abgehalten. dann als Tradition auch über 2015 projiziert. Auch die AG war dabei ver- Eine gute Einstimmung auf einen er- hinaus weiter geführt werden, teilt das treten (s. Plakat oben). eignisreichen Kulturtag. Centrum Bavaria-Bohemia mit.

4 | Der Ackermann 4-2014 Aus dem Bundesvorstand

Fremdkörper in der tungsfahrt Ende September bereits Stadt sein." Dies bekräf- das zweite Treffen mit dem derzeiti- tigte AG-Bundesge- gen Diözesanadministrator Msgr. schäftsführer Matthias Adolf Pintíř. Weitere Gespräche in Dörr (2. v.re.) zu Anfang Bezug auf Kooperationen gab es im des Gesprächs im Rat- Sitz des Südböhmischen Kreises. haus. Daher werde von Beginn der Planungen an eine intensive Zu- Motto Budweis 2015: „gemeinsam sammenarbeit mit der gefordert – gemeinsam aktiv“ Stadt, dem Bistum, dem So lautet das Motto für das Budwei- Kreis und weiteren Ein- ser Bundestreffen. Darauf einigten richtungen gesucht. Der sich der Vorstand der Sdružení In Budweis willkommen stellvertretende Vorsit- Ackermann-Gemeinde und der Bun- zende der Sdružení desvorstand der Ackermann-Gemein- Ackermann-Gemeinde de. „Die aktuellen Entwicklungen in Vom 6. bis 9. August 2015 werden Jaromír Talíř (1. v.li.), nach der Wen- unseren Gesellschaften und in Euro- Ackermann-Gemeinde und Sdružení de selbst Primator von Budweis, er- pa fordern uns gemeinsam heraus, Ackermann-Gemeinde in Budweis/ läuterte den Planungsstand der als Deutsche und Tschechen, als České Budějovice zu Gast sein. Die nächstjährigen Sommerbegegnung. Mitteleuropäer aktiv zu werden. Aber Vorbereitungen für das deutsch- Thoma stellte die Ideen für die 750- eben auch als Christen, die aufgeru- tschechische Bundestreffen laufen. Jahr-Feierlichkeiten der Stadt im Jahr fen sind ,die Zeichen der Zeit‘ zu er- Ende September empfing der Prima- 2015 vor und eröffnete verschiedene kennen und ,Salz der Erde‘ tor der südböhmischen Bischofsstadt, Kooperationsmöglichkeiten. und ,Sauerteig‘ zu sein,“ heißt es in Juraj Thoma (Foto Mitte), AG-Vertre- Einen intensiven Austausch gibt es den Gedanken zum verabschiedeten ter. "Wir wollen mit unserem großen schon seit Jahren mit dem Budweiser Motto. deutsch-tschechischen Treffen kein Bistum. So war es bei der Vorberei-

In der Prager Botschaft

rische Ereignis. Auch 150 Walter Steinmeier nahm den Jah- ehemalige Botschaftsflücht- restag zum Anlass, um nach Prag zu linge reisten hierzu an die reisen. Der Bundesvorsitzende der Moldau. Ackermann-Gemeinde, Martin Genscher würdigte in einem Kastler, machte sich im Gespräch mit Zeitzeugengespräch (Foto Steinmeier (Foto unten) für die Fort- links) die Botschaftsflüchtlin- führung des Deutsch-Tschechischen ge. Sie seien es gewesen, Zukunftsfonds stark. Dieser berichte- die Geschichte geschrieben te davon, dass hierzu bereits Ver- hatten. „Damals ist Europa in handlungen mit dem Bundesfinanz- einem freiheitssuchenden minister laufen. Die Bilder vom Abend des 30. Sep- Sinn neu entstanden“, tember 1989 aus der Prager Bot- so der 87-jährige ehe- schaft sind fest in der kollektiven Erin- malige Chefdiplomat. nerung verankert. Damals verkündete Seiters mahnte: „Wir Bundesaußenminister Hans-Dietrich dürfen nicht verges- Genscher, begleitet von Kanzleramts- sen, was Unfreiheit minister Rudolf Seiters, auf dem Bal- und Diktatur bedeu- kon Tausenden von DDR-Flüchtlin- ten.“ Es sei eine wich- gen, die dort Zuflucht suchten, dass tige Aufgabe für Schu- ihre Ausreise in die Bundesrepublik le und Elternhaus, dies möglich geworden war. Genau 25 auch jüngeren Gene- Jahre danach erinnerte ein abwechs- rationen zu vermitteln. lungsreiches Programm in der Deut- Auch der aktuelle schen Botschaft Prag an dieses histo- Außenminister Frank-

Der Ackermann 4-2014 | 5 Zur Diskussion Foto: ag ag Foto:

Nationalität:

Monoethnischer Nationalstaat kein Ideal

Es war das große Thema des 19. Menschheit hieß es am Ende des sind die Staaten heute aufgrund von Jahrhunderts: Der Wille, Staaten zu Zweiten Weltkriegs: „Nie wieder!“ Migrationsbewegungen keine mono- gründen entlang der Grenzen der Nie wieder Krieg! Nie wieder staat- ethnischen Staaten. Sie waren es Nation beziehungsweise des Volks. lich organisierter Massenmord! Aber wahrscheinlich nie. Diese Migrations- Nach dem Ende des Ersten Welt- auch: Nie wieder Nationalismus als bewegungen liegen wie der Zuzug kriegs sind die sogenannten National- Ursache des Übels! Nationalismus im deutscher Kolonisten nach Böhmen staaten letzten Endes das Ordnungs- Sinne einer – konstruierten – Bluts- zum Teil Jahrhunderte zurück, zum element in Europa geworden, das verwandtschaft all derer, die zu dem Teil sind sie aber auch Ergebnis wirt- den Frieden sichern sollte. Die Ka- konkreten Staat gehören. Nationalis- schaftlicher und politischer Entwick- tastrophe des Ersten Weltkriegs sollte mus im Sinne vor allem eines Aus- lungen der letzten Jahrzehnte. Ich sich nie wiederholen. Und dennoch: schlusskriteriums für all diejenigen, denke an das zusammenwachsende Der Virus des Nationalismus war die aus eben diesen konstruierten Europa und die weltweiten Fluchtbe- nicht besiegt und führte unter Hitler Gründen nicht zum Staatsvolk gehö- wegungen wegen politischer Verfol- und den Nationalsozialisten zu indus- ren sollen. gung, Krieg oder Armut. triell organisierten Massenmorden, die die Menschheit bis dahin nicht Die Bindungskraft der Nation hat Die Frage lautet: Wie gehen wir gekannt hatte. Nach dieser größten auf der einen Seite nie ihre Bedeu- heute vernünftigerweise mit dem Ge- selbst verursachten Katastrophe der tung verloren. Auf der anderen Seite danken der Nation um? Ist der Ge-

6 | Der Ackermann 4-2014 Zur Diskussion

danke der Nation heute noch weiter- radikaler: Brauchen wir überhaupt Aus ethischer Sicht müssen wir ei- führend? Wenn nein: Warum nicht? Staaten, die eigene Interessen verfol- nen in der Tagespolitik manchmal bis Wenn ja, unter welchen Umständen? gen? Oder ist es – auch aus ethischer ins Zynische gesteigerten Pragmatis- Dass der Gedanke der Nation auch Sicht – nicht eher richtig, das Zusam- mus und Egoismus durchbrechen, heute noch eine – in ihrer Berechti- menleben von Menschen und Ethnien dem es zuerst um die Sicherung des gung umstrittene – Macht hat, sehen anders zu ordnen? Ist die Einrichtung erreichten eigenen Wohlstands geht. wir an dem zunehmenden Einfluss von Staaten nicht der Anfang eines Die Einteilung der Welt in Staaten ist rechtspopulistischer Parteien in Un- Sozialegoismus, der – ohne wirkliche grundsätzlich begründungsbedürftig. garn, Polen, aber auch in Deutsch- Rücksicht auf andere – vor allem die Sie dient – wenn sie ethisch gerecht- land. eigenen Interessen verfolgt? fertigt sein soll – allein der Sicherstel- lung sozialer Güter, die ohne eine sol- Aber zunächst zum Grundbegriff: Die katholische Soziallehre hat in che Einteilung nicht garantiert werden Wenn wir von „Nationalität“ sprechen, diesem Zusammenhang das Prinzip könnte. meinen wir sowohl die Zugehörigkeit der Subsidiarität eingeführt. Dieses zu einer Ethnie (Stamm, Volk) als Prinzip geht davon aus, dass es un- Innerhalb von Staaten darf sich die auch die Zugehörigkeit zu einem terhalb der globalen Ebene National- Verteilung von Gütern und die Mög- Staat. Mit dem aus dem 19. Jahrhun- staaten, Regionen, Kommunen geben lichkeit von Teilhabe nicht an ethni- dert stammenden Begriff des Natio- muss, innerhalb derer es Menschen schen Kriterien orientieren. Eine Ver- nalstaats wird die Lage noch kompli- möglich ist, ihre eigenen Vorstellun- teilung aufgrund von ethnischen Krite- zierter; denn es wird unterstellt, dass gen guten Lebens und einer guten rien wird zu Recht als ungerecht be- es das Ideal sei, dass jede Ethnie Gesellschaftsordnung zu verwirkli- zeichnet. Der monoethnische Natio- ihren eigenen Staat habe. Hier sind chen, ohne sie anderen aufzuzwin- nalstaat ist kein Ideal. Erstrebenswert dann „Ethnie“ und „Nation“ wieder gen. Nur kleinere Einheiten, die durch ist vielmehr, dass alle diejenigen, die austauschbar. eine gemeinsame Sprache und ein dauerhaft auf dem Territorium eines höheres Maß an Gemeinsamkeiten Staates leben, diesen auch mitgestal- Weiterhin wird dabei unterstellt, zusammengehalten werden, gewähr- ten können: in den demokratischen dass es auch in Europa sozusagen leisten auch demokratische Partizipa- Prozessen, aber auch in Nachbar- „reine“ Nationalstaaten geben kann. tion. schaften, Vereinen und Organisatio- Das wären monoethnische Gebilde, nen. Die Ackermann-Gemeinde ist die sich einen staatlichen Rahmen Die Alternative zu einem Weltlibera- ein Beispiel für ein Miteinander, das gegeben haben. Aber schon diese lismus ohne staatliche Mauern könnte nationale und kulturelle Grenzen Vorstellung ist ein Irrtum: Franzosen theoretisch dann eine Art Weltsozia- überschreitet. dürfen nicht vergessen, dass zu lismus sein, in dem auch die mögli- Frankreich auch die Bretonen und cherweise neu entstehenden Mauern Dr. Albert-Peter Rethmann Basken gehören; Engländer sollten nachbarschaftsähnlicher Subsysteme Mitglied im AG-Bundesvorstand auch an die Waliser und Schotten eingerissen würden. Die Kehrseite denken. Und Deutsche sollten schon einer solchen Welt wäre aber die völ- gar nicht verdrängen, dass der ver- lige Entwurzelung ihrer Bewohner; Traditionsbegriffe der Ackermann- meintlich monoethnische National- denn soziale Orientierung und eine Gemeinde überdenken und neu den- staat aus Bayern, Preußen, Westfa- spezifische Kultur können sich nur in ken - dies will eine Reihe in dieser len und vielen „Ethnien“ mehr kon- relativ abgeschlossenen Gruppen Zeitschrift unter dem Titel „Zur Dis- struiert wurde. Noch im 19. Jahrhun- entwickeln. Von daher muss es auf kussion“. Bundesvorstandsmitglieder dert war Köln für einen Münsterländer einer bestimmten Stufe politischer nehmen zu folgenden Begriffen Stel- Ausland. Monoethnische Nationen Organisation so etwas wie staatliche lung: hat es vermutlich nie wirklich gege- Souveränität geben, von der aus Zu- ben. wanderung kontrolliert und begrenzt Nachbarschaft (Heft 2-2014) wird. Unter diesem Aspekt sind Län- Heimat (Heft 3-2014) Ethnie und Staatsvolk (Nation) - die- der mit Vereinen vergleichbar, die Nationalität se Doppelbedeutung, die im Begriff den Zugang neuer Mitglieder regulie- Europa der Nationalität aufscheint, weist auch ren, ihren Weggang aber nicht verhin- Katholisch auf die Schwierigkeit der Fragestel- dern können. Einen Rechtsanspruch lung insgesamt hin: Benötigen wir auf Mitgliedschaft hat ein Außenste- Die Autoren freuen sich über Ihre Re- einen Staat, der die Interessen einer hender nicht. aktionen. Kritik, Meinungen und Er- Ethnie organisiert und vertritt? Zu fra- gänzungen schicken Sie bitte an die gen ist aber aus meiner Sicht noch Redaktion (> Impressum S. 2).

Der Ackermann 4-2014 | 7 Nachbarschaft

Geschichte verbindet und trennt

Es ist einige Jahre her, dass die Jah- eignen Geschichte um. Die Reflexion Ehrenpromotion reskonferenz des offiziellen Deutsch- der eigenen Geschichte ist für Matěj- Tschechischen Gesprächsforums ka der Ausgangspunkt für eine trans- Professor Dr. To- sich Fragen der Vergangenheit zuge- nationale Erinnerung. máš Halík (Foto) wandt hat. Allzu groß waren die Be- Der tschechische Diplomat Tomáš wurde von der Uni- denken, die Fragen könnten die guten Kafka zeigte auf, dass die 1990er versität Erfurt mit zwischenstaatlichen Beziehungen Jahre durch Befürchtungen vor den der Ehrendoktor- stören. Folgen der Vergangenheit geprägt würde geehrt. „To- Diese Ängste waren unbegründet. waren. Schuldeingeständnisse waren máš Halík erhält Das hat die diesjährige Konferenz in mit der Angst, sie könnten gegen ei- die Auszeichnung Leitmeritz/Litoměřice Ende November nen selbst verwendet werden, ver- für seine vor allem durch die Situati- gezeigt. Im Mittelpunkt stand die ver- bunden. Erst durch die gemeinsame on von Glaube und Kirche in Tsche- bindende und trennende Erinnerungs- Erklärung hätte sich die Debatte ge- chien geprägte Theologie eines offe- kultur. Nach dem Berliner Historiker öffnet. Auch Landsmannschaftsspre- nen Umgangs mit der säkularen Professor Arndt Bauerkämper braucht cher Bernd Posselt sieht Verbesse- Welt“, erklärt Prof. Dr. Ga- es mit Blick auf Geschichtsbilder für rungen im Umgang mit der Geschich- bel, Dekan der Katholisch-Theologi- das gegenseitige Verständnis vor al- te trotz „vieler Verkrampfungen und schen Fakultät der Universität Erfurt. lem zwei Dinge: Empathie und Kennt- Krämpfe“. Er benennt als Aufgabe Halík trete für ein intensives Ge- nis. Dabei setzt er auf den Dialog der des Gesprächsforums, diese zu lo- spräch zwischen Gläubigen einer- Zivilgesellschaft. „Gedächtnis ist im- ckern. seits und Skeptikern, Atheisten und mer selektiv“ und „es gibt kein Ge- Bundeslandwirtschaftsminister Chris- Agnostikern andererseits ein. Halík dächtnis ohne Vergessen“, betont der tian Schmidt MdB, deutscher Vorsit- hat eine besondere Beziehung zu in Warschau tätige tschechische Ge- zender des Gesprächsforums, zog Erfurt und der katholischen Kirche schichtsprofessor Miloš Řezník. Da- ein positives Fazit des Leitmeritzer vor Ort: Am 21. Oktober 1978 war er bei zeigte er am Beispiel eines Inter- Treffens. Er sehe im deutsch-tsche- geheim durch den damaligen Bi- nierungslagers für Deutsche 1945 in chischen Verhältnis vielerorts die ein- schof Hugo Aufderbeck zum Pries- Reichenberg/Liberec den „Prozess geforderte Empathie. ter geweiht worden. eines aktiven erfolgreichen Verges- Den Abschluss bildete eine Diskussi- Die Glückwünsche der Ackermann- sens“ bei Zeitzeugen auf. Sorge be- ons- und Gedenkveranstaltung in Gemeinde überbrachte Bundesge- reitet ihm, dass das Bewusstsein für Theresienstadt/Terezín. Im „Dachthe- schäftsführer Matthias Dörr. Halík Geschichte abnehme. Die Ursache ater“ des ehemaligen Ghettos ging es gehört als Präsident der Tschechi- sieht Řezník darin, dass immer weni- um die gemeinsame Pflege der sen- schen Christlichen Akademie/Česká ger darüber diskutiert werde, wie die siblen Erinnerungsorte. křesťaňská akademie zu den engs- Zukunft aussehen soll. Mit einem Klagepsalm beendete Abt ten Partnern der Ackermann-Ge- Der langjährige Direktor von Antikom- em. Dr. Emmeram Kränkl OSB und meinde in Tschechien. plex Ondřej Matějka sieht in der Erin- der tschechische evangelische Geist- nerungskultur Tschechiens in den liche Dr. Zdeněk Susa vor einem vergangenen 15 Jahren einen starken Rundgang durch die Kleine Festung Wandel. Man gehe kritischer mit der das Gedenken. ag

Die Ackermann-Gemeinde präsentierte am Rande der Konferenz das auf dem Sude- tendeutschen Tag entstandene Plakat mit gesammelten Erlebnissen im Nachbar- land. Dieses fand auch bei Bundesminis- ter Ch. Schmidt (Foto rechts) Interesse. An historischem Ort, dem Dachtheater in Theresienstadt, sprach Abt em. Dr. Emme- ram Kränkl (Foto links, 2.v.li.) über die Bedeutung von Gedenkstätten für die Er- innerung. (Fotos: ag)

8 | Der Ackermann 4-2014 Nachbarschaft

Altbunzlau führt zusammen

Seit dem Jahr 2000 ist der Festtag Ehrengäste. Besonders freute er sich die junge Generation. Nováková ver- des Heiligen Wenzel am 28. Septem- über die Teilnahme einer Busgruppe wies darauf, dass Altbunzlau auch ber als "Tag der tschechischen Staat- der Münchner Diözesan-AG. Dies heute noch ein Ort der deutsch-tsche- lichkeit" in der Tschechischen Repu- zeige, so Talíř, dass der Heilige Wen- chischen Begegnung ist. blik offizieller Feiertag. Seit dem Jahr zel als Landespatron Tschechen und In seinem lebendigen Vortrag zeich- 2003 blickt an diesem Tag das ganze Deutsche auch weiterhin verbindet. nete Professor Samerski die wechsel- Land auf den Wallfahrtsort Altbunz- Er erinnerte daran, dass Tschechen, volle Geschichte des Wallfahrtsortes lau/Stará Boleslav unweit von Prag. Deutsche und Juden die böhmischen Altbunzlau nach. Am Anfang stand Die Spitzen von Kirche und Staat Länder über Jahrhunderte hinweg ge- eine Wallfahrt Herzog Wenzels zu kommen am Ort von Wenzels Martyri- meinsam kulturell geprägt haben. Aus den Heiligen Kosmas und Damian. um zu einer zentralen Wallfahrt zu- diesem Erbe schöpfend, können Diese endete mit Wenzels gewaltsa- sammen. 2003 erfolgte die letzte grö- deutsch-tschechische Nachbarschaft mem Tod vor der Kirchentür durch ßere Reaktivierung der Wallfahrt in und Zukunft gestaltet werden. seinen Bruder Boleslav am Morgen der wechselvollen Geschichte von Karel Schwarzenberg beschrieb in des 28. Oktober 935. Die damalige Altbunzlau durch den Prager Kardinal seinem Grußwort die Völker verbin- Kosmas- und Damian-Kirche ist heute Miloslav Vlk. dende Bedeutung des Heiligen als noch als Krypta in der Wenzelskirche Am Vorabend des Wenzel-Festes Landespatron aller Böhmen. Er zeigte erhalten. Auch die Marienverehrung hatte die Ackermann-Gemeinde zum sich erfreut, dass die Geschichte des ist bis heute wichtiger Bestandteil des Vortrag des Kirchenhistorikers Pro- ältesten Wallfahrtsortes in Böhmen Wallfahrtslebens in Altbunzlau. fessor Dr. Stefan Samerski über die mit Samerskis Werk in deutscher Mit der Gründung der Tschechoslo- Geschichte Altbunzlaus ins Prager Sprache vorliegt. wakei im Jahr 1918 konnte Altbunzlau Emauskloster eingeladen. Zugleich Die Wiederbelebung des Wall- von einer stark säkularisierten Wen- stellte sie dessen, von der AG he- fahrtsortes im Jahr 2003 hat maßgeb- zels-Memoria profitieren. Während rausgegebene Studie vor: „Altbunz- lich Nina Nováková mitbetrieben. Sie der kommunistischen Zeit fanden lau/Stará Boleslav. Ein wiederent- stammt aus Altbunzlau und fühlt sich Wallfahrten nach Altbunzlau nur in deckter Wallfahrtsort“. dem Ort dadurch besonders verbun- geringem Umfang und unter Überwa- Neben den beiden Rednern Karel den. Die heutige Abgeordnete des chung statt. Schwarzenberg und Nina Nováková tschechischen Parlaments ist Vorsit- Matthias Dörr, Bundesgeschäftsfüh- begrüßte Jaromír Talíř, ehemaliger zende des lokalen Wallfahrtsvereins. rer der Ackermann-Gemeinde, stellte Kulturminister und stellvertretender Erklärtes Ziel sei neben der Pflege Samerskis Publikation im Anschluss Vorsitzender der tschechischen Sdru- und Belebung der Wallfahrtsstätten an dessen Vortrag vor. Sie enthält žení Ackermann-Gemeinde, weitere auch die Vermittlung der Tradition an auch ein Interview mit Kardinal Vlk, in dem er seine eigene Verbundenheit mit Altbunzlau und seine Motivation für die Reaktivierung 2003 darlegt. Besonders hob Dörr die reiche Bebil- derung des Bandes vor; sie mache diese faktenreiche und lebendig er- zählte Studie zu einem Buch, „das man gerne in die Hand nimmt, durch- blättert und liest“. ag

Im Gespräch (v.li.): Die Altbunzlauer Abgeordnete Nina Nováková, Außen- minister a.D. Karel Schwarzenberg, AG- Bundesgeschäftsführer Matthias Dörr sowie aus dem Vorstand der Sdružení Ackermann-Gemeinde Kulturminister a.D. Jaromír Talíř und Dr. Petr Křížek. (Foto: ag)

Der Ackermann 4-2014 | 9 Kirche und Gesellschaft

Feierliche Messe bei den Neue Geschäftsführerin Zvěřina-Tagen Ein weiterer Knoten auf dem Feld mit Msgr. To- der deutsch-tschechischen Bezie- máš Halík, hungen wurde geknüpft. Ilona Kardinal Mi- Trnková, neue Geschäftsführerin loslav Vlk und der Tschechischen Christlichen Aka- Msgr. Tomáš demie (ČKA), war bei der AG in Holub am Al- München zu Gast. Trnková beklei- tar (v.l.). det diese Position seit Mai 2013, nachdem sie zuvor lange in der Ver- waltung der ČKA tätig war. Der Geistliche Beirat Msgr. Dieter Olb- rich und die stellvertretende Bun- desvorsitzende Dorothea Schroth freuten sich über das große Interes- se an einer Fortsetzung der langjäh- rigen und fruchtbaren Zusammenar- Verantwortung für Demokratie beit.

In diesem Jahr wird das 25. Jubiläum nehmen kann. Als ein Teil der Zivilge- Konferenz ab. Prof. Trojan sprach der Samtenen Revolution in der sellschaft können Christen das Chris- von der christlichen Freiheitswahr- Tschechischen Republik gefeiert, und tentum nicht als Manipulation, son- nehmung, die in ihrer dialogischen deshalb widmete sich die 20. Konfe- dern als inspirierendes Angebot se- und diakonischen Form den anderen renz der Tschechischen Christlichen hen. dienen solle, damit die Gemeinschaft Akademie (ČKA) „Josef Zvěřina-Ta- Unter den Referenten waren auch zu Fülle und reichhaltigen Bezie- ge“ vom 17. bis 18. Oktober im Dozent Petr Robejšek und Prof. Vác- hungen heranwachsen könne. Der Schloss Brandeis/Brandýs nad La- lav Bělohradský. Im Rahmen der Fra- tschechische Kulturminister Mgr. Da- bem dem Thema „Verantwortung für ge „Wie gehen wir mit der Demokratie niel Herman sprach über bittere Er- Demokratie“. um“ sprachen sie über den Prozess fahrungen aus der Zeit der Unfreiheit, Den Einführungsvortrag hielt der der Beendigung der Globalisierung aus Zeiten zweier totalitärer Regime. Präsident der ČKA Prof. Tomáš Halík und über das Ende der Konsumge- des Nationalsozialismus und des zum Thema „Der Glaube und gesell- sellschaftsära. Petr Robejšek er- Kommunismus. Die Menschen, die schaftliche Verantwortung“. In seinem wähnte die Bedeutung des persönli- „Dantes Inferno“ durchgemacht hät- Vortrag sprach er über die Entwick- chen Engagements jeder Einzelper- ten, könnten den Glauben an Gott lung der Kirche in ihrem Verhältnis son – jedes Bürgers, in den Berei- und die innere Freiheit, zwei funda- zum Liberalismus und säkularen Hu- chen, die er in seiner Umgebung be- mentale Dinge, behalten. manismus. Halík äußerte sich dahin- einflussen kann. Ein Festgottesdienst, eine Führung gehend, dass man das Christentum Eine Paneldiskussion über die durch das Schloss und ein Konzert als eine fortschreitende Auferstehung geistliche Kultur mit Prof. Jakub Tro- mit Dvořáks Messe in D-Dur rundeten („resurrectio continua“), als eine offe- jan, Kulturminister Daniel Herman das Programm ab. ne Geschichte und einen Weg wahr- und Prof. Tomíš Halík schloss die Ilona Trnková

Auf Interesse, Freu- de und Dankbarkeit stieß die neue Publi- kation über den Wallfahrtsort Alt- bunzlau beim Prager Kardinal Dominik Duka (li.) und beim Münchner Kardinal Dr. Reinhard Marx (re.) bei der Überga- be in Altbunzlau und in München.

10 | Der Ackermann 4-2014 Kirche und Gesellschaft

Solidarität mit verfolgten Christen

"Eure Not lässt uns nicht gleichgül- Mit Flüchtlingskindern tig! Euer Leid ist auch unser Leid! Wir im Libanon (hinten beten mit euch für Frieden und Ver- v.li.): Martin Kastler, söhnung!", heißt es in dem Aufruf der Libanons Caritas- Vollversammlung des Zentralkomi- direktor Paul Karam, tees der deutschen Katholiken (ZdK). Wiens Kardinal Mit diesem appellieren die katholi- Christoph Schönborn schen Laien für weltweite Solidarität mit bedrängten und verfolgten Chris- ten. Besonders die Situation im Na- „Nie vergessen werde ich die Kin- Vertriebene für Vertriebene hen Osten bereite Sorgen, dort werde der, die nicht lachen oder nicht mehr Solidarisch mit den Flüchtlingen von gegenwärtig „eine Jahrhunde alte lachen können“, so Kastler über blei- heute zeigt sich die Arbeitsgemein- christlich-arabische Kultur“ ausge- bende Eindrücke aus den Flüchtlings- schaft der katholischen Vertriebe- löscht. lagern. Kardinal Schönborn erzählte nenorganisationen in einer Ende Mit frischen Eindrücken aus dieser Flüchtlingen aus Mossul in Gesprä- Oktober einstimmig verabschiedeten Region kam der Bundesvorsitzende chen von seinem eigenen Schicksal Erklärung. „Aus eigenem Erleben der Ackermann-Gemeinde, Martin als Vertriebener aus Nordböhmen. bzw. aus Erzählungen der Betroffe- Kastler, der sich im ZdK besonders „Diese Erzählungen waren bewegend nen aus der Zeit während und in stark für diese Erklärung eingesetzt und spendeten den Betroffenen ehrli- Folge des Zweiten Weltkrieges wis- hat, zu der ZdK-Tagung nach Bonn. chen Trost,“ betonte Kastler. sen die Mitglieder der in der AKVO „Materielle Hilfe ist wichtig, aber sie Die meisten Flüchtlinge aus dem zusammenwirkenden katholischen erwarten auch Zeichen der Solidari- Irak und Syrien suchen in den Nach- Verbände, was der Verlust von Hei- tät“, weiß Kastler zu berichten. Ge- barländern, wie dem Libanon, Schutz. mat durch Krieg, Flucht, Vertreibung meinsam mit einer Gruppe katholi- Doch auch nach Deutschland kom- oder Zwangsumsiedlung bedeutet.“ scher Politiker unter der Führung des men Menschen, um dem Grauen des Daher appelliert die AKVO an alle Wiener Kardinals Christoph Schön- Krieges und der Verfolgung zu ent- Mitglieder ihrer Verbände, sich mit born besuchte er wenige Tage zuvor kommen. Auch diese nimmt das Zdk den betroffenen Menschen zu soli- den Libanon. Dieses Land mit 5,5 Mil- in seiner Erklärung in den Blick und darisieren und „mitzuhelfen, dass lionen Einwohnern hat bereits 1,8 Mil- fordert: „Sie sollen sich [in Deutsch- diejenigen, die als Flüchtlinge und lionen Flüchtlinge aufgenommen. Bei land] willkommen fühlen und nach un- Asylsuchende nach Deutschland Begegnungen konnten die Politiker säglichem Leid wieder ein menschen- kommen, einen würdigen Aufent- die großen Leistungen der dortigen würdiges Leben führen können. Dazu haltsort erhalten und erfahren, dass Christen und Kirchen im Bereich der bedarf es auch unseres Engage- sie bei uns (in unseren Straßen, in Flüchtlingshilfe, der Friedens- und ments und unserer Hilfe!“ unserem Ort, in unserer Pfarrei) will- Sozialarbeit kennenlernen. ag kommen sind.“

Jubiläum der Heiligen Agnes von Böhmen

Vor 25 Jahren, zwischen dem Mauerfall in Berlin und dem Beginn der Samtenen Revolution in Prag, wurde Agnes von Böhmen heilig- gesprochen. Hierzu durften mehrere Tausend Pilger aus der Tsche- choslowakei nach Rom reisen. Auch ein Sonderzug der Ackermann- Gemeinde reiste damals in die Ewige Stadt. So wurde die Heiligspre- chung zu einem Vorboten des neuen Miteinanders deutscher und tschechischer Christen. In einem festlichen Gottesdienst wurde nun dieses Ereignisses im Prager Veitsdom gedacht. Ehrengast war Kardinalstaatssekretär Piet- ro Parolin. Im Rahmen seines Pragaufenthaltes besuchte der zweite Mann im Vatikan auch den Vyšehrad (Foto). Dort wurde er von Propst Msgr. Anton Otte begrüßt und durch die Basilika geführt. (Foto: Roman Albrecht, www.clovekavira.cz)

Der Ackermann 4-2014 | 11 Sozialwerk

Tschechische Kinder- gartenkinder zu Gast in Deutschland. (Foto: W. Schön)

schen Nachbarn etwas kennt, um ei- ne Verständigung möglich zu ma- chen“, sagte Petra Topolčany bei der Vorstellung, im Stuhlkreis sitzend. Die Pilsener Kinder kannten auch das gerne in Kindergärten gesungene Lied „Segne Vater diese Gaben“, wel- ches vor den gemeinsamen Mahlzei- ten gesungen wird. Auch Stadtpfarrer Elmar Spöttle empfand höchsten Respekt und zollte Anerkennung dafür, dass den Kindern Kinder erleben aus Tschechien und Deutschland hier in Velburg auf der Grundlage des europäischen Gedanken gemeinsamen Glaubens solche Be- gegnungen ermöglicht werden. Er überraschte die Kinder mit Süßigkei- Wohl nirgends gelingen Kommunikati- mit dem Kindergarten der Pfarrei St. ten, wofür sie sich gerne vom ge- on und Verständnis füreinander prob- Johannes in Velburg zustande. meinsamen Spielen ablenken ließen. lemloser als bei Kindern. Und dies Im Haus Betanien der Schwestern Man kam überein, dass es zukünftig selbst dann, wenn es sich um Kinder vom Hl. Kreuz fand sich eine ideale regelmäßig einen Austausch zwi- zweier Nationalitäten mit unterschied- Beherbergungsstätte für die Gäste schen den beiden Kindergärten und licher Sprache handelt und die Klei- aus Tschechien, und groß war die den Pfarreien geben könnte. Beate nen sich noch im Kindergartenalter Freude bei der Ankunft, als es zu den Reisinger würde mit ihrem Team ger- befinden. ersten Begegnungen kam. ne einmal zum Gegenbesuch kom- Zu beobachten war das beim mehr- Schnell merkten die Leiterinnen der men, schließlich könne man so auch tägigen Besuch einer Gruppe von Kindergarten-Einrichtungen, Beate gegenseitig voneinander lernen. Kindergartenkindern aus Pilsen/Plzeň Reisinger mit ihrem Velburger Team Die Gruppe aus Tschechien nutzte in Tschechien im kirchlichen Kinder- sowie Ilona Tomanová mit den Erzie- den Aufenthalt auch dazu, die Region garten St. Johannes in Velburg. herinnen Petra Topolčany und Jitka kennenzulernen. Es gab eine Velbur- Die frühere Neumarkter Lehrerin Kallistová aus Tschechien, dass es ger Stadtführung, sie besichtigten ei- Roswitha Fuchs initiierte vor neun bei der Ausrichtung in der Kinder- nen Bauernhof und die König-Otto- Jahren die ersten Kontakte zum „Kar- gartenarbeit wie auch bei den Ein- Tropfsteinhöhle und besuchten Neu- dinal-Beran-Kindergarten“, dem einzi- richtungen an sich gar keine so gro- markt, um dort liebe Freunde und gen kirchlichen Kindergarten der Diö- ßen Unterschiede gibt. Vertraute zu treffen, bevor es wieder zese Pilsen und einem der ganz we- Sehr erstaunt war man auf Velbur- zurück in die Heimat ging. nigen kirchlich geführten Kindergärten ger Seite, als man hörte, dass die im östlichen Nachbarland. Kindergartenkinder in Pilsen zumin- Über die Ackermann-Gemeinde in dest für eine Stunde pro Woche die der Diözese Regensburg entwickelte deutsche Sprache - altersgemäß für sich in den zurückliegenden Jahren Vorschulkinder - erlernen und des- Das Sozialwerk der Ackermann- ein regelmäßiger Besuch und Aus- halb schon einige Worte auf Deutsch Gemeinde e.V. ermöglichte mit einer tausch mit Einrichtungen in Neu- sprechen konnten. „Zum europäi- Förderung, dass die tschechischen markt, und so kam auch der Kontakt schen Gedanken gehört es, dass Kindergartenkinder aus Pilsen/Plzeň mit dem Kindergarten der Pfarrei St. man die Sprache seines europäi- Anfang Oktober nach Velburg kom- Johannes in Velburg zustande. schen Nachbarn etwas kennt, um ei- men konnten.

12 | Der Ackermann 4-2014 Junge Aktion

Chance Intergenerationelles Lernen gemeinsam erinnern – gemeinsam austauschen – gemeinsam gestalten

In der heutigen Zeit wird oft das Bild kann als eigene „Kul- des Generationenkonflikts heraufbe- turtechnik“ einer Ge- schworen: Alt und Jung streiten um neration beschrieben Ansprüche, um Ausgleich und Vertei- werden. lungsgerechtigkeit, die Interessen der Drei Konzepte des Generationen scheinen unvereinbar. Generationen über- Umso wichtiger ist es, dass Projekte greifenden Lernens die Generationen wieder einander nä- werden beschrieben: herbringen, einen Austausch initiieren Beim „voneinander- und Verständnis und Respekt der Ge- Lernen“ liegen ge- nerationen voreinander und vor ihren wünschtes Wissen Erlebnissen und Erkenntnissen för- oder bestimmte Fä- dern. Besondere Chancen werden higkeiten bei der ei- hier in der gemeinsamen Arbeit an nen Generation, die und über Geschichte gesehen, doch die andere Generati- derzeit ist dies noch Pionierarbeit. on unterrichtet. Beim Generationen werden geprägt durch „miteinander-Lernen“ gesellschaftliche Ereignisse, die be- liegt das Experten- stimmte gemeinsame Erlebnisse zur wissen bei externen Folge hatten. Diese Erlebnisse wur- Referenten oder wird gemeinsam, einen neuen Umgang zwischen Jung den verarbeitet mit Hilfe kollektiv zu beispielsweise in Arbeitskreisen, erar- und Alt, schult den gegenseitigen Verfügung stehender Muster, also ge- beitet. Eine weitere Form der interge- Respekt besonders intensiv, und bei- nerationenspezifischer Handlungsop- nerationellen Bildung ist das „Lernen de Seiten profitieren. tionen und Werteordnungen. Die ge- übereinander“: Die Generationen ler- Diese Chance des intergeneratio- nerationenspezifische Wahrnehmung nen im Dialog miteinander, sich über nellen Lernens haben wir als Acker- von Geschichte ist also durch indivi- ihre spezifisch unterschiedlichen Per- mann-Gemeinde und Junge Aktion im duelles und gesellschaftliches Erle- spektiven z.B. auf Geschichte zu ver- Besonderen, da in unserer Gemein- ben biographisch aufgeladen und ständigen. Diese Methode eröffnet schaft Menschen jeden Alters vertre- ten sind. Nicht nur aus diesem Grund hat die Junge Aktion zu ihrer Silves- terbegegnung in diesem Jahr die Al- 20 Jahre Würzburger Friedenspreis tersgrenze bewusst aufgehoben und bietet in Weil der Stadt eine Begeg- nung über Alters- und Landesgrenzen Im Juli 1995 wurde der Würzburger ten Projekte und berichteten über die hinweg an – um voneinander, mitein- Friedenspreis erstmals vergeben. weitere Entwicklung. ander und übereinander zu lernen. Seitdem haben für ihre Arbeit in ver- Für die Junge Aktion sprach Matthias schiedenen Bereichen (z.B. Kampf Dörr, damals aktiv in der Jugendpart- Sandra Uhlich gegen Rechtsextremis- nerschaft, über die heuti- mus, Einsatz für Flüchtlin- gen Aktivitäten der Jun- ge, Migranten und Min- gen Aktion. Auch zur derheiten oder Wider- Gründung der weiterhin Vom 28.12.2014 bis 1.1.2015 ist stand gegen Gentechnik) aktiven Landkreispartner- die Junge Aktion mit der interge- zwanzig Gruppen und schaft zwischen Würz- nerativen deutsch-tschechisch- Einzelpersonen die Aus- burg und Šumperk bzw. slowakischen Silvesterfeier ist zeichnung erhalten, dar- Olmütz/Olomouc hätten die Junge Aktion bei der AG unter im Jahr 1998 die Junge Aktion die Jugendlichen damals den Impuls Stuttgart zu Gast. Würzburg mit ihrer Partnerschaft gegeben. Er überreichte dem Frie- Sie freut sich auf die Begegnung nach Šumperk/Mährisch Schönberg. denspreis-Komitee die Neuauflage und verbindet dies mit einem Nun kamen im Oktober alle Preisträ- des Liederbuchs „Banana“ (Foto), herzlichen Dank für die langjäh- ger zusammen, um das 20-jährige welches seinerzeit in erster Auflage rige und großzügige Förderung Jubiläum zu feiern und auf die ver- mit Hilfe des Friedenspreisgeldes he- ihrer Arbeit durch die Stiftung gangenen Jahre zurückzuschauen. rausgegeben werden konnte. Ackermann-Gemeinde Stuttgart. Sie präsentierten ihre ausgezeichne- Marie Nálepová

Der Ackermann 4-2014 | 13 Aktuelles

Jan Sandro Berner (l.) als der Acker- mann streitet mit dem Tod, gespielt von Dinah Politiki.

Beeindruckender Ackermann Theatertournee ein großer Erfolg

„Es ist bemerkenswert, dass ein Text, Besucher. Die Reaktionen des Publi- Dr. Helena Válková, der Präsident der der über 600 Jahre alt ist, noch immer kums hätten gezeigt, dass das Stück Landesversammlung der Deutschen Menschen bewegt und ihnen dabei und die Darbietung die Besucher tief Martin Dzingel, der Direktor der aus dem Herzen spricht“, so der AG- bewegt haben. Bis heute könne man Konrad-Adenauer-Stiftung in Prag Dr. Bundesvorsitzende Martin Kastler zu sich in der Figur des Ackermann wie- Werner Böhler und der Seelsorger dem Werk „Der Ackermann und der derfinden, wenn man einen Todesfall der deutschsprachigen Gemeinde P. Tod“. Den 600. Todestag des Johan- im persönlichen Umfeld oder einen Dr. Martin Leitgöb, Geistlicher Beirat nes von Saaz nahm die Ackermann- anderen schweren Schicksalsschlag der tschechischen Ackermann- Gemeinde zum Anlass, dieses Stück, erleiden musste, so Dörr. Gemeinde. von dem sie ihren Namen ableitet, auf Zu den Höhepunkten der Tournee In Bamberg bot die historische Aula die Bühne zu bringen. Sieben Auftritte gehörte die Aufführung in der Kloster- des Franz-Ludwig-Gymnasiums den haben die beiden Schauspieler Jan kirche des Prager Emausklosters am passenden Rahmen. In München war Sandro Berner und Dinah Politiki im Allerseelentag. Der Vorsitzende der die Karmeliterkirche bis auf den letz- Rahmen der Theatertournee im Okto- Sdružení Ackermann-Gemeinde Da- ten Platz gefüllt. Domkapitular Msgr. ber und November absolviert und niel Hermann, Kulturminister der Thomas Schlichting sprach ein Gruß- wurden dabei für ihre beeindruckende Tschechischen Republik, betonte in wort. Unter den Gästen war der Darbietung mit viel Applaus und Lob seinem Grußwort, dass „Der Acker- tschechische Generalkonsul Milan bedacht. mann aus Böhmen“ zum gemein- Čoupek. In Würzburg bot vor der Auf- Eine rundum positive Bilanz zieht der samen Kulturerbe gehöre und heute führung in der Franziskanerkirche die Bundesgeschäftsführer Matthias Dörr wie in der Zukunft ein Impuls sein Akademie Domschule eigens ein Se- und verweist auf insgesamt über 700 könne, die geistigen und kulturellen minar mit der Germanistin Katrin We- Brücken zwischen Deutschland und nig an. In der Frankfurter Kirche St. der Tschechischen Republik zu Hedwig gehörte zu den Besuchern festigen. Weitere Ehrengäste bei der der ehemalige Vertriebenenbischof Prager Aufführung waren die Gerhard Pieschl. Großen Anklang tschechische Justizministerin Prof. fand der „Ackermann“ auch im Heilig- Kreuz-Münster Schwäbisch Gmünd. Der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Kulturminister Daniel Hermann Voderholzer besuchte die letzte Sta- bei seinem Grußwort zur Auf- tion der Tournee in St. Bonifaz in Re- führung in Prag: „Das bedeu- gensburg und richtete eingangs das tende deutschsprachige Werk Wort an das Publikum. ist ein wichtiges gemeinsames Kulturerbe.“ (Fotos: ag) Margareta Klieber

14 | Der Ackermann 4-2014 Aktuelles

Trauer um Dr. Přihoda Abschied von Kubes

Er war einer der Pioniere der Am 13. Oktober starb im Alter von 71 deutsch- tschechischen Verständi- Jahren Milan Kubes. Als „treuen Be- gung: der Psychiater, christliche Pä- gleiter und wichtigen Partner bei un- dagoge und Publizist Dr. Petr serem Bemühen um eine deutsch- Přihoda. Nach schwerer Krankheit tschechische Verständigung“ würdig- starb er am 14. September im Alter te der AG-Bundesvorsitzende Martin von 75 Jahren. Kastler den Verstorbenen. Während des Kommunismus war Im Jahr 1968 verließ Kubes als Re- Přihoda in der Untergrundkirche aktiv. gimegegner die Tschechoslowakei Gespräch in Prag Er gehörte zu den Herausgebern des und ging nach München ins Exil. Dort Bandes „Wo ist unsere Heimat“, mit kam er mit der Ackermann-Gemeinde In seiner noch jungen Amtszeit als dem er auf das verschwundene deut- in Kontakt, insbesondere als Ge- deutscher Botschafter in Prag ist Dr. sche Erbe seines Landes hinwies. schäftsführer der tschechischen ka- Arndt Freiherr Freytag von Loringho- Von den ersten offiziellen Begegnun- tholischen Exilorganisation Opus Bo- ven der Ackermann-Gemeinde be- gen und Versöhnungsinitiativen an num und durch die damaligen Ge- reits mehrfach begegnet. Nun kamen gehörte Přihoda zu den führenden spräche in Franken. Im bayerischen der Bundesvorsitzende Martin Kastler Partnern der Ackermann-Gemeinde. Exil war er einer der engsten Mitar- und Msgr. Anton Otte als Prager Rep- Msgr. Anton Otte würdigte die enge beiter von Erzabt Anastaz Opasek. räsentant mit ihm zu einem ersten Zusammenarbeit mit Přihoda bei den 1991 kehrte er nach Prag zurück und offiziellen Gespräch in der Botschaft Marienbader Gesprächen, bei Diskus- war dort weiter für das Opus Bonum zusammen. Der Blick richtete sich auf sionen von Antikomplex mit Studen- und für eine Verständigung zwischen das Jahr 2015 mit dem Brünner Sym- ten sowie gemeinsamen Auftritten in Sudetendeutschen und Tschechen posium und dem Budweiser Bundes- Medien. Traurig und dankbar blickt aktiv. Seine letzte Ruhe fand er auf treffen. Sie sollen sichtbare Akzente Otte zurück: „Petr Přihoda war für dem Friedhof von Kloster Břevnov in setzen, so Kastler. Der Botschafter mich ein guter Freund, und er war ein Prag. Das Requiem zelebrierten der zeigte sich dankbar für die Aktivitäten hervorragender Prophet der tsche- Prior von Kloster Břevnov, Prokop und freut sich auf weitere Begegnun- chisch-deutschen Beziehungen.“ Siostrzonek, und Msgr. Anton Otte. gen und die Zusammenarbeit.

Antrittsbesuch des Generalkonsuls

Im deutsch-tschechischen Verhältnis ist Milan Čoupek (2.v.l.) kein Unbekannter und nun Generalkonsul Tsche- chiens in München. Im Oktober besuchte er die Bundes- geschäftsstelle der Ackermann-Gemeinde. Mit dem Bun- desvorsitzenden Martin Kastler (Mitte), seiner Stellvertre- terin Dorothea Schroth und dem Geistlichen Beirat Msgr. Dieter Olbrich (re.) sowie Bundesgeschäftsführer Matthias Dörr (li.) tauschte er sich über aktuelle Fragen der deutsch-tschechischen Nachbarschaft und über Entwick- lungen in Tschechien aus.

Das Todesproblem im „Ackermann“ Ganz im Sinne der diesjährigen Theatertournee der AG „Der Ackermann und der Tod“ behandelt diese Neuerscheinung die Todesproblematik in dem Streitgespräch. Hier zeigt sich wiederum die Aktualität dieser Fragestellung. Das Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien, das Haus Königstein in Nidda, hat nun die Studie von Walter Schwarz „Das Todesproblem in der Dichtung ‘Der Ackermann aus Böhmen‘“ herausgegeben. Professor Rudolf Grulich verfasste dazu ein Vorwort; darin skizziert er die geschichtliche Bedeutung und Zeitlosigkeit dieses Werkes. Das Büchlein enthält außerdem einen dramatisierten modernen Text des tschechischen Regisseurs Dušan Robert Pařízek. Bibliographie: Walter Schwarz, Das Todesproblem in der Dichtung „Der Ackermann aus Böhmen“, Ger- hard-Hess-Verlag Bad Schussenried 2014, 112 S., 9,80 €, ISBN 978-3-87336-511-7; zu beziehen beim Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien, Haus Königstein, Zum Sportfeld 14, 63667 Nidda, haus-koenigstein.nidda(at)t-online.de.

Der Ackermann 4-2014 | 15 Literatur

Kontinent der Verjagten

„Die Europäer vergessen allzu leicht, Jan Maria Piskorski hat den Mut, dass die Erfahrung erzwungener seine Familiengeschichte in die Welt Flucht in großem Umfang etwas ur- zwischen den Diktaturen mit einzube- sprünglich Europäisches ist – und ziehen – wo finden wir so etwas bei ebenso sind es die Kamine von einem renommierten deutschen Zeit- Auschwitz und die Gulags im sibiri- historiker. Er spart nichts aus, belegt schen Schnee.“ (S. 19) alle wichtigen Geschehnisse, Fakten Mit dieser Sicht und Bewertungsma- und strittigen Probleme, übersieht xime widmet der bekannte polnische selbst Details nicht und fügt einen, die Zeithistoriker Jan Piskorski ‚allen Ent- internationalen Fachveröffentlichun- wurzelten‘ (S. 21) seine 432 Seiten gen berücksichtigenden „Apparat“ mit umfassende, tiefgehende Untersu- 728 Anmerkungen hinzu. Das chung des das 20. Jahrhundert be- Schwergewicht von Piskorskis Arbeit stimmenden Geschehens: „Flucht liegt in etwa auf der Zeit zwischen und Vertreibung im Europa des 20. 1932/33 und 1950. Es ist ein gesamt- Jahrhunderts“, so der Titel. Diese europäisches Bild, doch sozusagen Gesamtdarstellung wird durch zahlrei- von unten her, aus der Sicht der Ver- che, teilweise aus dem persönlichen folgten, Verjagten, Diskriminierten, Piskorski, Jan M., Die Verjagten. Familienleben stammende Fotos sehr Heimatlosen zwischen 1860 und Flucht und Vertreibung im Europa des bereichert. Weiter formuliert der Autor 2000. Der Verfasser erweitert diese 20. Jahrhunderts, Siedler Verlag dann einen Gedanken, den einst im Sicht noch durch Einbeziehung der 2013, 432 Seiten, ISBN 978-3-8275- erzwungenen Exil bereits Franz Wer- Belletristik von Autoren, wie beispiels- 0025-0, € 24,99. fel in ‚Jakobowski und der Oberst‘ weise Remarque, Wiechert, Grass, ähnlich ausgedrückt hatte: Siegfried Lenz, und natürlich zahlrei- „Alle, die dank des historischen Zu- cher polnischer Werke. falls sicher in warmen Häusern woh- Das Literaturverzeichnis ist eben- nen, die Hunger, Angst um die falls international, und Namens- so- Nächsten und ständige Flucht nicht wie Ortsverzeichnisse (deutsch und kennen, sollten sich vergegenwärti- polnisch) vervollständigen dieses le- gen, dass wir alle potentielle Flücht- senswerte, wichtige Buch. Der Autor linge sind.“ (S. 22) räumt ein: „Ich habe alle gelesen, Piskorski schließt sein Buch symbo- nicht alle konnte ich in mein Buch lisch mit dem Schlüssel eines deut- einbauen, dessen Erzählung eigenen schen Vertriebenen auf und ver- Gesetzen folgt, um die Aufmerksam- schließt es ebenso – doch dann mit keit des Lesers wachzuhalten.“ (S. einem polnischen Schlüssel. In fünf 343) Er schließt mit einem skepti- großen Kapiteln setzt der Verfasser in schen, aber realistischen Gedanken: der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts „Die Geschichte ist unvorhersehbar. ein, zieht einen geradezu gewaltigen Schicksalswendungen des Lebens Bogen von den Balkankriegen vor sind nicht vorherzusehen ….“ (S. 337) 1914 über den Ersten Weltkrieg durch die sogenannte ‚Zwischenkriegszeit‘ Dr. Otfrid Pustejovsky in die 1930er Jahre und die Zeit nach 1945, um schließlich auch noch das (ehemalige) Jugoslawien nach 1995 mit zu behandeln. (Kapitel Vier um- fasst allein mehr als 200 Seiten: „Gut und Böse liegen in der menschlichen Natur“, S. 321; so werden nur zu oft „sogar die Seelen der nächsten Ge- neration, die Seelen ihrer Kinder“, vergiftet, S. 322.)

16 | Der Ackermann 4-2014 Literatur

Tod des Thronfolgers

In der Darstellung der Ursachen, die her. Die Wechselwirkung von Demüti- zum Ersten Weltkrieg führten, stellt es gung und Ehrgeiz pflanzt sich in ihren aus heutiger Betrachtung eher eine beiden Söhnen fort: Franz Ferdinand, Marginalie dar; es ist gewissermaßen der ältere, aber deutlich schwächli- der Funke, der das sprichwörtliche chere, kränklichere, Otto, der jüngere, Pulverfass explodieren ließ. Umso stärkere, draufgängerische mit dem bezeichnender ist es, dass wir über bezeichnenden Titel „der schöne Ot- Franz Ferdinand, den Thronfolger von to“. Schon in den pubertären Hahnen- Österreich-Ungarn, relativ wenig wis- kämpfen der beiden Brüder wird der sen. Der Zsolnay-Verlag überrascht Wunsch des immer wieder gedemü- mit der Neuauflage einer Roman-Bio- tigten Franz Ferdinand nach seiner grafie des böhmischen Schriftstellers großen Stunde spürbar. Als sich Erz- Ludwig Winder. Winder ist 1889 in herzog Rudolf, der einzige Sohn Kai- Schaffa/Šafov geboren und gehörte ser Franz Josephs, 1889 das Leben dem „Prager Kreis“ um Oskar Baum, nimmt und Franz Ferdinands mittler- Max Brod, Johannes Urzidil und Ilse weile in die Jahre gekommener Vater Aichinger an. Der Zsolnay-Verlag ent- Karl Ludwig auf die Thronfolge ver- deckt mit seinem Roman „Der Thron- zichtet, wird das Unmögliche möglich. folger“, der 1937 kurz nach seinem Mit dem Amt vollzieht sich ein Wech- Erscheinen auf der Grundlage des sel vom blassen Pennäler zum wil- Ludwig Winder, Der Thronfolger. Ein „Traditionsschutzgesetzes“ verboten lensstarken, national gesinnten, poli- Franz-Ferdinand-Roman. Mit einem wurde, nicht nur ein spannendes Zeit- tisch ambitionierten Gegenspieler des Nachwort von UIrich Weinzierl, Paul dokument, sondern auch einen Kaisers. Franz , der Onkel von Zsolnay Verlag 2014, 576 S., ISBN Schriftsteller, der mit seinen subtilen Franz Ferdinand, ist in Ludwig Win- 978-3-552-05673-2, € 26,00. Psychogrammen und seinem analyti- ders Roman alles andere als der alt- schen Blick auf die Geschichte des väterliche, gutmütige Operettenkai- untergehenden Kaiserreiches Ge- ser, wie man ihn aus den Heimatfil- schichte greifbar macht. men der 1950er Jahre kennt. Er tritt Ludwig Winders „Franz-Ferdinand- als verbitterter, altersstarrsinniger Roman“ ist eigentlich eine Art Famili- Mann auf, der auf die alte Ordnung enaufstellung. Man fühlt sich an Tho- pocht, die Ehe seines Neffen mit der mas Manns „Buddenbrooks“ erinnert. nicht standesgemäßen Gräfin Chotek Einsetzend mit der Kindheit Maria An- verhindern möchte und die politischen nunciatas von Bourbon-Sizilien, der Ambitionen des Thronfolgers klein Mutter des späteren Thronfolgers, vor hält, so dass Franz Ferdinand ein deren Augen sich nach dem Tod ih- Kronprinz auf dem Abstellgleis bleibt. res Vaters Ferdinand II. das Ende der In seiner Persönlichkeit äußert sich Herrschaft der Bourbonen abspielte. dies in seinen fast schon obsessiv zu Von diesem Zeitpunkt an wird die jun- nennenden nationalen Bestrebungen. ge Prinzessin getrieben von dem er- Er verfolgt die Idee eines Vereinigten bitterten Kampf gegen die Bedeu- Kaiserreiches von Österreich nach tungslosigkeit. Nach der Verheiratung dem Vorbild Amerikas, um separatis- mit dem vollkommen unambitionierten tische Bestrebungen einzelner slawi- Erzherzog Karl Ludwig besteht ihr scher Völker zu verhindern. Es Lebenselixier darin, durch die Geburt scheint wie die Ironie des Schicksals, möglichst vieler männlicher Nach- dass Franz Ferdinand, die Inkarnation kommen eine von ihr ausgehende der dynastischen Machtbestrebungen Linie in der Thronfolge Österreich-Un- seiner an ihrem eigenen Ehrgeiz garns wieder mit ins Spiel zu bringen. zugrunde gegangenen Mutter, nach Nachdem ihre Schwägerin Sissi dem der Überwindung so vieler Hindernis- österreichischen Kaiserreich neben se zum Auslöser des Endes der Do- drei Töchtern nur einen männlichen naumonarchie wird. Nachfolger schenkt, sieht sie sich ih- rem Ziel zumindest ein Stück weit nä- Dr. Christian Geltinger

Der Ackermann 4-2014 | 17 Literatur

Zeugen für Gott

Am 9. November dieses Jahres ha- Unserer Ackermann-Gemeinde aber ben wir den 25. Jahrestag des Mau- will ich dieses Buch besonders darum erfalls begangen und damit den Zu- empfehlen, weil darin auch das Le- sammenbruch eines kommunisti- benszeugnis von Miloslav Kardinal schen Systems, das Jahrzehnte lang Vlk, Prag, uns allen wohl bekannt, zu Menschen in Europa unterdrückt, finden ist. Er fasst hier seinen Le- ihnen die geistige Freiheit genommen bensweg wie folgt zusammen: „Von und sie in ihrer Lebensgestaltung Anfang an wusste ich sehr gut, was tiefgreifend behindert hat. Menschen, zu tun wäre, um ein bequemes Leben die nicht konform waren, standen zu haben, doch dazu war ich nicht unter ständiger staatlicher Kontrolle, berufen. Meine Berufung war, Chris- wurden verfolgt, inhaftiert und gefol- tus auf dem Kreuzweg zu folgen.“ (S. tert. Das galt in besonderem Maße 272). für Christen, die gerade um ihres Ruth Kubina, die Autorin des Lebens- Glaubens willen Benachteiligungen bildes von Kardinal Vlk, sagt über ihre und Repressalien jeglicher Art zu Erfahrung: „1987 geboren, gehöre ich erdulden hatten und ihr Festhalten an zu einer Generation, die selbst die Gott manchmal sogar mit dem Leben Geschehnisse der Wende nur noch Thomas Bremer, Burkhard Haneke bezahlen mussten. indirekt, aus Berichten und Erzählun- (Hgs.), Zeugen für Gott - Glauben in Um diese Menschen und ihr Lebens- gen, kennt. Umso mehr waren die kommunistischer Zeit Band I, Aschen- schicksal nicht in Vergessenheit gera- Forschungen für dieses Buch und das dorff-Verlag/Renovabis, ISBN 978-3- ten zu lassen, haben Professor Tho- Lesen der Texte anderer Autoren 402-13070-4, € 19,95. mas Bremer (Prof. für Ostkirchenkun- auch eine Art Entdeckungsreise für de an der Uni Münster) und Burkhard mich, bei der ich viel Spannendes ge- Haneke (Renovabis) eine Dokumen- lesen und gelernt habe. tation erstellt, die sie in Buchform mit An Person und Schicksal Kardinal dem Titel „Zeugen für Gott – Glauben Vlks werden für mich drei wesentliche in kommunistischer Zeit“ veröffentlicht Tugenden deutlich, die auch für das haben. Hierin werden Lebensschick- Christ-Sein hier und heute bei uns sale von Menschen aus verschiede- von unschätzbarem Wert sind: Da ist nen mittel- und osteuropäischen zunächst die Demut, sich selbst und Staaten (wie Polen, Tschechien, die eigenen Vorstellungen nicht zum Russland, Rumänien, Bulgarien) und Maß aller Dinge zu machen, sondern aus verschiedenen Lebensbereichen auf dem Platz und mit den Mitteln zu auf eindrückliche Weise dokumen- wirken, auf den man gestellt wird und tiert. die einem zur Verfügung stehen. Da Diese Menschen sind Zeit- und Glau- ist zweitens die Beharrlichkeit im Ver- benszeugen, die gerade nach dem folgen der eigenen Berufung auch Zusammenbruch des kommunisti- gegen Widerstände, und da ist drit- schen Systems nicht vergessen wer- tens nicht zuletzt der Humor, der hilft, den dürfen. Gerade eine Erinne- von Situationen und Erfahrungen den rungskultur muss uns unsere Verbun- nötigen Abstand zu halten und sich denheit in der Geschichte immer wie- selbst und die andern nicht immer zu der neu vor Augen führen. Gedächt- ernst zu nehmen.“ nis ist eine lebendige Gegenwart, die als Verpflichtung gegen das Verges- Eugenie Neugebauer sen an die nachfolgende Generation weiterzugeben ist. Das ist für mich die nachhaltige Bedeutung dieses Buches.

18 | Der Ackermann 4-2014 Aus unserer Gemeinschaft

Böhmerwalddichter Biblische Lieder Böhmerwaldheiliger

AG Bamberg. Beim Diözesantag der Ackermann-Gemeinde Bamberg Mitte Oktober sprach OStD i.R. Franz Bau- er über Leben und Werk Karl Kloster- manns, des anderen Böhmerwald- dichters. 1848 geboren, war er Lehrer an der Realschule in Pilsen. Als er 1923 starb, umfasste sein Gesamt- E. Garajová (li.), M. Schley-Reindlová Foto: M. Bauer werk ein deutsches - die “Böh- merwaldskizzen“ - und 30 tschechi- sche Bücher. Für fünf hat er, der AG Bamberg. In Zusammenarbeit AG Eichstätt/Passau/Regensburg. Deutsche, den Preis der Tschechi- mit dem Deutsch-Tschechischen Club Auf die Spuren des Heiligen Gunther schen Akademie erhalten. und dem Förderverein St. Martin im Böhmerwald begab sich Ende Anders als Adalbert Stifter überlie- Bamberg e.V. fand am 15. November September eine Gruppe der AG-Diö- fert er uns in seinen Erzählungen die 2014 ein Konzert zugunsten der Sa- zesanstellen Eichstätt, Passau und nicht immer erfreuliche „Lebenswirk- nierung der Martinskirche Bamberg Regensburg unter Leitung Konrad lichkeit“ der Menschen im Böhmer- statt. Auf dem Programm standen Habergers (Foto Mitte) von Hartma- wald. Vor allem bemühte er sich in ei- Stücke von Dvořak und Brahms, ins- nitz/Hartmanice aus zu einer Wande- ner national aufgeheizten Zeit als besondere die „Biblischen Lieder“. Es rung der Begegnung nach Gutwas- „Apostel der Versöhnung“ um den sang die in Pressburg/Bratislava ge- ser/Dobrá Voda. Haberger hob die Brückenschlag zwischen beiden Völ- borene Mezzosopranistin Eva Garajo- Bedeutung des Heiligen Gunther als kern Böhmens und leistet so mit sei- vá. Begleitet wurde sie von Markéta Patron der Völkerverständigung für nem Werk einen Beitrag zur Verstän- Schley-Reindlova an der Orgel. Prof. heute hervor. Über die Gunther-Ka- digung zwischen den beiden Völkern Dr. Ulrich Theißen führte in die einzel- pelle, wo die Wanderer die Künstlerin Böhmens. Mit der Aufführung am En- nen Werke ein. Der Erlös von 558,06 Vladěna Tesařová antrafen, ging es de der Tagung begann die Theater- Euro kommt der Sanierung der Mar- auf den Guntherfelsen. Den Ab- tournee der AG „Der Ackermann und tinskirche zugute. Herzlichen Dank schluss bildete die Besichtigung der der Tod“. allen Besuchern und Spendern! Bergsynagoge in Hartmanitz. Franz Bauer/ag Christoph Brey Markus Bauer/ag

Begegnungsmedium Wallfahrt

Hauptziel war der Wall- Dann ging es nach Klattau/Klatovy, fahrtsort Neukirchen das im 17. Jahrhundert besonders beim Heiligen Blut. Der von den Jesuiten geprägt wurde. Eiserne Vorhang hat vier Pfarrer Jaroslav Hulle lud nach der Jahrzehnte lang das Pil- Führung durch seine Kirche Mariä gern der Tschechen hier- Geburt zur Begegnung ein. Den Fest- her verhindert. Es wurde gottesdienst zelebrierte der Pilsener am 9. Mai 1990 als Cho- Generalvikar Msgr. Josef Zák. Zum denwallfahrt wiederbe- Abschluss des Programms in Klattau Nach der Kirchenführung in St. Jakob dankte L. Fuchs Pfarrer E. Ries. (Foto: M. Bauer) lebt. Überlieferte Legen- folgte die Besichtigung der Katakom- den reichen bis ins 15. ben unter der Jesuitenkirche. AG Eichstätt/Regensburg. Neukir- Jahrhundert zurück, als Gläubige aus Auf der Rückfahrt erläuterte Bürger- chen beim Heiligen Blut und Klattau dem böhmischen Lautschim/Loučim meister Thomas Müller am Grenz- waren Anfang September die Haupt- die Marienfigur aus ihrer Kirche vor bahnhof Bayerisch Eisenstein histori- orte der zweitägigen Begegnungs- den Hussiten retteten und in die Ka- sche wie aktuelle Aspekte der direk- fahrt der Ackermann-Gemeinde in pelle in Neukirchen brachten. ten Nachbarschaft von Bayern und Regensburg und Eichstätt. Wallfahr- Pfarrer Engelbert Ries zeigte die Böhmen/Tschechien. ten erwies sich dabei einmal mehr als Sehenswürdigkeiten seiner Pfarrkir- Medium der verbindenden, grenz- che St. Jakob am nahe gelegenen Markus Bauer/ag überschreitenden Begegnung. Grenzübergang Eschlkam/Všeruby.

Der Ackermann 4-2014 | 19 Aus unserer Gemeinschaft

Ein Stück weiter nach Osten geblickt Begegnungen in Südtirol AG Limburg. Die Ackermann-Ge- meinde der Diözese Fulda befasste sich auf Ihrer Herbsttagung mit der Großes Interesse weckten aktuellen Situation im nahen und mitt- das Volkskundemuseum in leren Osten, deren geschichtlichen Dietenheim und die alten Grundlagen - vorgestellt von Prof. Dr. Bauernhäuser dort. Rudolf Grulich - und den Konsequen- Die Abende waren gefüllt zen daraus für Deutschland. mit kulturellen Vorführun- In einem Appell an die Öffentlichkeit Die Reisegruppe auf der Dolomitenrundfahrt. gen. So zeigte Herr Strauß formulierten die Tagungsteilnehmer vom Fremdenverkehrsamt die Resultate der Herbsttagung. Unter AG Limburg. In diesem Jahr fuhr einen Film über die Ahrnauen, und anderem heißt es, in der aktuellen hu- die Ackermann-Gemeinde Frankfurt Herr Pfarrer Wieseler berichtete über manitären Katastrophe müssten auch im Herbst, vom 21.9.-5.10., nach Lut- die Arbeit in seinen drei Pfarreien. Deutschland deutlich mehr Flüchtlin- tach/Ahrntal. Je nach Interesse und Zwei Filme über das Leben an der ge aufnehmen und die EU mehr fi- Leistungsfähigkeit fanden sich kleine deutsch-tschechischen Grenze heute nanzielle Mittel bereitstellen. Es sei Gruppen zusammen, die altbekannte und über Reisewege durch Mähren dringend notwendig, internationale Ziele erwanderten: An der Ahrn ent- ergänzten das Programm. Rudolf Standards zur Sicherung der Rechte lang, auf Almhütten hinauf und um Friedrich trug über den Deutschen ethnischer, nationaler, sprachlicher den Neves Stausee herum, der der Orden vor, Maria Stoll über das The- und religiöser Minderheiten zu schaf- Stromgewinnung dient. Mit der Gon- ma EU aus einem Schulbuch von fen. Der Einsatz für die Verwirkli- del ging es auf den Speikboden und 1955. Ein schönes Ergebnis zuguns- chung grundlegender, allgemeiner den Klausberg. Die mittelalterliche ten des Sozialwerks erbrachte mit Menschenrechte dürfe nicht mit Ver- Tauferer Burg und das Schauberg- 300.- Euro der Schnäppchenmarkt. weis auf unterschiedliche kulturelle werk in Prettau waren interessante Das erfolgreiche Gemeinschaftser- Hintergründe in den Ländern der Erde Ziele. Die Gruppe war Zeuge des lebnis ist auch dem Leiter Dr. Andre- relativiert werden: Die Menschenrech- Almabtriebs in Weißenbach, und as Unden zuzuschreiben, dem herz- te sind unteilbar. auch eine Dolomiten-Rundfahrt durfte lich gedankt sei. Peter Hoffmann nicht fehlen. Christl Siegel/ag

Reformbewegungen in der Tschechoslowakei

gen“. Sie erklärte dabei, tsche- Bedürfnis“ in der tschechoslowaki- chische Intellektuelle verknüpften schen Gesellschaft entgegengekom- heute ihre Sicht auf die Vertrei- men. Die Auseinandersetzung mit der bung der Deutschen mit ihrer deutsch-tschechischen Geschichte in eigenen Fähigkeit, sich Europa den 1970er und 1980er Jahren sei G. Schmiedbach lud Prof. Dr. C. Kraft (Mitte) und dessen Werten wieder anzu- auch eine Frage der demokratischen zum Vortrag nach Mainz ein. Rechts nähern. und humanistischen Traditionen der daneben H. Kunderová, die 1968 mit ihren Claudia Kraft ist Professorin für Tschechoslowakei gewesen. Die Er- Eltern die Tschechoslovakei verlassen europäische Zeitgeschichte an eignisse von 1989 haben dann weite- musste. (Foto: H. Jundt) der Universität Siegen. Sie schil- re Erörterungen über grundlegende derte den historischen Verlauf Fragen ermöglicht. AG Mainz. In Darmstadt sprach bis zur Intervention des Warschauer Am Ende gab Gerold Schmiedbach Frau Prof. Dr. Claudia Kraft vor der Paktes am 21. August 1968. In den für die AG Mainz einen Ausblick auf Ackermann-Gemeinde der Diözese 1970er Jahren kam es zu einer Dis- das Hus-Gedächtnisjahr 2015. Mainz zu dem hochinteressanten kussion um Flucht und Vertreibung. Thema „Das Jahr 1968 und seine Die offene Diskussion hatte zu erbit- Gerold Schmiedbach/ag langfristigen Auswirkungen auf die terten Reaktionen geführt. Die Charta deutsch-tschechischen Beziehun- 77 sei einem „politisch-moralischen

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AG Nordwest. Vom 8. bis 9. Novem- ber traf sich die Ackermann-Gemein- de Nordwest unter der Leitung von Dr. Marie Bode zu ihrer Herbsttagung in Georgsmarienhütte. Über 40 Teil- nehmer, darunter acht tschechische und deutsche Schüler und Studenten, beschäftigten sich am Wochenende des Mauerfalljubiläums mit dem The- ma "25 Jahre Leben in der Freiheit". Den Einstiegsvortrag hielt Luboš Pa- lata, ein Journalist der tschechischen Tageszeitung Mladá Fronta DNES. Er Luboš Palata (3 v.r.) mit den Tagungsantwortlichen und zwei tschechischen Studenten. wirkt schon seit über 20 Jahren in den tschechischen und slowakischen Me- dien als Experte für den mitteleuropä- ischen Raum. In seinem Vortrag hat er aus der persönlichen Sicht des 1989: plötzlich Kindes einer dem Regime unbeque- men Familie die Situation vor dem kam die (Presse-)Freiheit Jahr 1989 wie folgt beschrieben: "In der Tschechoslowakei gab es damals keine Journalisten, nur Propagandis- In seinem Vortrag würdigte er das Freiheit, nicht nur die journalistische, ten. Die Propaganda, nicht der Jour- finanzielle Engagement deutscher In- nicht aufgehört hat, sondern weiter- nalismus wurde an der journalisti- vestoren in tschechische Zeitungen geht" lautete sein Abschlussstate- schen Fakultät unterrichtet, wo ich als Stärkung der journalistischen Frei- ment. aus heutiger Sicht glücklicherweise heit in den Medien. Als problematisch In der anschließenden lebendigen im Jahr 1986 nicht angenommen wur- erwies sich seiner Meinung nach der Diskussion befassten sich die Teil- de." Mit der "Samtenen Revolution" große Druck auf Gewinnerzielung der nehmer mit der aktuellen politischen im Jahr 1989 begann die beste Zeit Zeitungen und auch, dass die deut- Situation in Tschechien und den ehe- innerhalb der letzten 100 Jahre für schen regionalen Tageszeitungen maligen Ostblockstaaten. Luboš Pala- den tschechischen Journalismus. "Wir kein besseres journalistisches Kön- ta beeindruckte viele Anwesende mit hatten alles, volle journalistische Frei- nen in die tschechischen Verhältnisse seinem vielseitigen Wissen. Die heit, die Zeitungen haben fantastisch brachten. Im Gegenteil, sie trugen so- jüngste Generation hörte den Erzäh- verdient und hatten große Leserzah- gar nach dem Jahr 2000 zu der "Bou- lungen der Zeitzeugen aus der Wen- len. Die meisten erfolgreichen Zeitun- levardisierung" der tschechischen dezeit gespannt zu. Es wurde auch gen haben damals bis zu einer Million medialen Landschaft bei. sehr deutlich, wie wichtig diese Ge- Exemplare täglich verkauft. Unser Diese wird seit dem Jahr 2012 zu- spräche sind. In einigen Schulen wird einziges Problem war unsere Naivität, nehmend von den deutschsprachigen die neueste Geschichte oft nur kurz wenig Erfahrung und die geringe Pro- Eigentümern verlassen. Der größte am Rande behandelt, und in den ei- fessionalität", sagte er selbstkritisch Zeitungsverlag Mafra wird an den Mil- genen Familien wird wenig über die für die Generation, die nach dem Jahr liardär Andrej verkauft. Babiš steht an Wendezeit gesprochen. So kann sich 1989 in den tschechischen Medien der Spitze der politischen Bewegung die sogenannte Generation Y das Le- wirkte. "Einer der wichtigsten Aspekte ANO, gewinnt fast die Wahlen 2013 ben in Unfreiheit nur schwer vorstel- meiner damaligen Studienzeit in der und wird Vizepremier der tschechi- len. Politologie bei Prof. Rudolf Kučera an schen Regierung. "Für die Freiheit Dr. Marie Bode der Karlsuniversität, war auch die der journalistischen Arbeit ist dieses gänzlich neue Sichtweise auf die Ver- ein großes Problem", gab Herr Palata treibung der Sudetendeutschen. Es zu, ergänzte aber zugleich, dass Ba- war nicht nur falsch, es war ein biš sich bis jetzt nicht in die Arbeit der Verbrechen, aber auch ein großer Journalisten einmischt. "25 Jahre Schlag für die Tschechoslowakei als nach dem November 1989 muss ich Land", sagte Palata. feststellen, dass der Kampf um die

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Authentizität und Kultursensibilität

Und der Abt Dass es bei Partnerschaftsarbeit zu des Stiftes Schwierigkeiten in der Kommunikati- Tepl, Zdenek on kommen kann, beschrieb AG-Diö- von Lobko- zesanvorsitzender Leonhard Fuchs. wicz Opraem, „Perfekt planen“ auf deutscher Seite Das Folkloreensemble „Vozembach“ stellte in sei- und „genial improvisieren“ auf tsche- aus Dobřany konzertierte zum Ab- ner Ansprache chischer Seite bilden Stereotypen, die schluss der Tagung. (Foto: M. Bauer) fest: „Es ist auch von manch einem Teilnehmer gut, wenn sich bestätigt wurden. AG Regensburg. „Kultursensibel die Nachbarn verstehen.“ Die Versöh- Fakten zum Thema „Interkulturelle sein!“ Das ist, auf einen kurzen Nen- nungsarbeit der Ackermann-Gemein- Verständigung“ erläuterte die Ta- ner gebracht, der Schlüssel zum bes- de hob in seinem Grußwort der stell- gungsleiterin Dr. Jean Ritzke Ruther- seren Verstehen des Nachbarn. Zwar vertretende Vorsitzende des Diöze- ford. Näher auf den Aspekt der „Inter- ging es beim Begegnungstag der sankomitees Regensburg, Edmund kulturellen Kompetenz“, vor allem auf Ackermann-Gemeinde in der Diözese Speiseder, hervor. Er riet, Begegnun- die Grundvoraussetzung „Kultursensi- Regensburg um „Interkulturelle Ver- gen noch stärker auf den Weg zu bilität“, ging Jana Möller-Kiero ein, ständigung zwischen Tschechen und bringen und dafür junge Menschen zu Mitarbeiterin am Institut für Interkultu- Deutschen“, doch dürften viele der in gewinnen. relle Kommunikation der LMU Mün- den Referaten vermittelten Inhalte Auf die aktuellen weltpolitischen Kri- chen. Sr. Gisela Heitz CSJ, Nordböh- auch für Kontakte zu Fremden ande- senherde verwies Domkapitular Prä- mische Universität Pilsen, sprach rer Herkunft gelten. lat Johannes Neumüller, Geistlicher zum Thema „Nachbarn neu begeg- Die Ackermann-Gemeinde will auch Beirat der AG Regensburg. In seiner nen“. Den Abschluss der Tagung bil- auf Bundesebene den Fokus stärker Predigt im Gottesdienst riet er, den dete ein Konzert des Folkloreen- auf das Zusammenführen von Men- Blickwinkel eines Flüchtlings einzu- sembles „Vozembach“ aus Dobrzan/ schen, auf Aufklärungs- und Begeg- nehmen. Ein positives Beispiel einer Dobřany. Bischof Dr. Rudolf Vo- nungsarbeit mit heutigen Flüchtlingen gut entwickelten Nachbarschaft bzw. derholzer stattete den Teilnehmern legen, so Bundesvorstandsmitglied Freundschaft zeigten die Bistümer einen Kurzbesuch ab. Martin Panten in seinem Grußwort. Regensburg und Pilsen/Plzeň. Markus Bauer

Guter Start ins neue Schuljahr

AG Regensburg. Rechtzeitig zu von Adalbert Stifter in Beginn des neuen Schuljahres be- Klassenstärke für den suchte eine Delegation der AG Re- Deutsch-Unterricht. gensburg ihre Schulpartner in Pilsen/ Auch die Lehrkräfte Plzeň und überbrachte ihnen kleine der Kirchlichen Berufs- Geschenke und Schultüten. Dabei fachschule in Brennpo- Das Ehepaar Roswitha (li.) und Leonhard zeigten sich Direktor Mgr. Daniel Pet- ritschen/Spálené Poří- Fuchs (re.) mit Direktor Mgr. D. Petříček und říček und die Deutschlehrerin Monika čí, besonders aber die M. Ulrychová. (Foto: L. Fuchs) Ulrychová vom Kirchlichen Gymnasi- Kinder des einzigen um Pilsen besonders erfreut über die christlichen Kindergartens in der den weitere Aktionen geplant, so zum mitgebrachte Klassenlektüre. Je nach Stadt Pilsen „MŠ kardinála Berana“ Beispiel ein Zeitzeugengespräch zur Jahrgangsstufe erhielten sie „Rum- freuten sich über die Unterrichtsmate- Vertreibung im Církevní Gymnázium. pelstilzchen - Deutsche Märchen“, rialien und Süßigkeiten zum Schulan- Goethes „Faust“ und „Bergkristall“ fang. Für die drei Einrichtungen wur- Leonhard Fuchs

22 | Der Ackermann 4-2014 Aus unserer Gemeinschaft

AG Regensburg. Im Oktober tagte der Bundesvorstand der Jungen Aktion in Regensburg. Auf dem vollen Programm stand auch ein Tref- fen im Diözesanzentrum Obermünster mit dem Führungskreis der Regensburger AG (Foto rechts). Man berichtete einander von den eigenen Erfahrungen. Weiter wurden konkrete Ansätze zur Zusam- menarbeit sowie Projektideen besprochen, die für verschiedene Al- tersgruppen eine spannende Bereicherung sein könnten. Beim an- schließenden gemeinsamen Mittagessen wurden auch die informel- len Kontakte gepflegt, und man trennte sich "Auf ein baldiges Wieder- sehen".

AG Stuttgart. Die Mitgliederversammlung der Ackermann-Gemeinde der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat auf ihrer Mitgliederversammlung in der Landvolkshochschule Wernau am 11. Oktober einen neuen Vor- stand gewählt. Vorstandsmitglieder sind (Foto von li. nach re.): Dr. Karl Sommer, Centa Schmid, Dietlinde Langer, Prof. Dr. Rainer Bendel (Geschäftsführer), Hans-Joachim Eisert. Nicht im Bild: Dekan Matthias Koschar (Geistlicher Beirat).

Mehrere Heimaten

hält Beiträge von und für Al- aus dem Nahen Osten durchma- fred Brückner. chen.“ Aus diesem Erfahrungshori- Wer das Buch gelesen hat, zont beleuchtete Rudolf Grulich das wisse, so Sommer, warum stattliche und reich illustrierte Buch Prof. A. Brückner am Rednerpult, rechts Prof. R. im Titel „Heimaten“ steht. als wahre Fundgrube. Der aus Ru- Grulich. (Foto: S. Teppert) Einen besseren Titel gebe narz in Mähren stammende Theologe es nicht, denn Brückner hat und Kirchenhistoriker plädierte dafür, AG Stuttgart. Im Seniorenzentrum mehrere Heimaten, die ihm am Her- dieses Buch nicht nur zu kaufen und St. Anna in Schwäbisch Gmünd be- zen liegen: seine Geburtsheimat Gru- zu lesen, sondern seine Botschaft im grüßte am 20. September der stell- lich, östlichste Stadt in Böhmen, seine Sinne einer europäischen Wertege- vertretende Vorsitzende der Acker- Wahlheimat Weingarten und die Hei- meinschaft auch umzusetzen. mann-Gemeinde Stuttgart Karl Som- mat Südtirol, für die er sich leiden- Leider in viel zu kleinem Kreis wur- mer etwa 50 Besucher, die sich für schaftlich engagiert hat, etwa durch den hier Themen von fundamentaler die knapp 500 Seiten starke Neuer- die Erarbeitung von Schulbüchern Bedeutung abgehandelt. Es ist die scheinung „Unterwegs in Heimaten“ und die Gründung der Erlebnisschule. Bereitschaft gefragt, sich auf Werte interessierten. Das Buch sollte eigent- Ganz im Sinne „Alf“ Brückners - ge- wie Menschenrechte und Demokratie lich bereits zum 80. Geburtstag Alfred sellige Runden und Feiern sind ohne zu besinnen, im Dialog Multiperspek- Brückners erscheinen, auf dessen Musik nicht vollständig -, erklangen tivität zu lernen und kritischer, viel- ausdrücklichen Wunsch jedoch nicht zur Buchpräsentation Werke für Kla- leicht auch demütiger zu werden. Nur als Festschrift. Es wurde im Auftrag vier und Violoncello, vorgetragen von so lasse sich eine gemeinsame Zu- der Ackermann-Gemeinde herausge- Heidrun und Ingeborg Havran. kunft gestalten. geben, von Dr. Otfrid Pustejovski und „Als Vertriebene haben wir miter- Dr. Karl Sommer eingeleitet und ent- lebt, was heute die Flüchtlinge etwa Stefan P. Teppert/ag

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Jan Hus rehabilitieren?

AG Stuttgart. Jan Hus, Ketzer oder Konstanz und dem Prozess vor dem viel zur Annäherung in der Bewertung Reformator – wie ist er heute zu se- Konstanzer Konzil. Ausführlich stellte Jan Hus‘ und zum Dialog beigetra- hen? Kann, soll man ihn aus römisch- er den heutigen Stand der Hus-Frage gen. Das Treffen im Vatikan ist nach katholischer Sicht rehabilitieren? Der im theologischen Diskurs und ökume- Machilek „so zu einem Zeichen der renommierte Hus-Kenner Prof. Franz nischen Dialog der christlichen Kir- Hoffnung geworden, dass der Geist Machilek griff diese Fragen rund 600 chen vor. Er verwies eingehend auf der gegenseitigen Achtung und des Jahre nach der Eröffnung des Kons- die beiden Symposien in Bayreuth Verständnisses überwiegt, welcher es tanzer Konzils am 11. Oktober auf 1993 und Rom 1999, die dem Aus- auch ermöglicht, Vorurteile abzulegen dem Diözesantag der Ackermann-Ge- tausch und besseren gegenseitigen und sich über den Fall der Mauer, die meinde Stuttgart in der Landvolks- Verstehen dienen sollten. Machilek zi- uns so lange trennte, zu freuen“. hochschule Wernau auf. Auf dem tierte daraus die gemeinsame Erklä- Machilek wies auf Tomaš Halíks Hintergrund von Hus‘ Biographie, sei- rung Kardinal Vlks und Pavel Smeta- Auffassung hin, es seien weniger ner religiösen Forderungen und theo- nas, dem Vorsitzenden des Ökumeni- theologische und juristische als viel- logischen Vernetzung skizzierte Ma- schen Rats der Kirchen in der Tsche- mehr psychologische Vorstellungen chilek die Entfaltung der nach Hus chischen Republik und evangelischen hinderlich für den ersehnten Konsens. benannten Reformbewegung bis zu Synodalsenior, vom 1. Januar 2000. dessen Abreise zum Konzil nach Die Gespräche in Rom haben bereits Dr. Rainer Bendel

Höhepunkte im polnischen Schlesien

SAG. Für das Wochenende vom 13. Gut der Familie Moltke war Treffpunkt nad Nisou mit einem Blick in die Aus- und 14. September organisierten die der Mitglieder des Kreisauer Kreises. stellung über Johann Führich in der deutschsprachige Katholische und die 1989 trafen sich in Kreisau Helmut Kirche der hl. Anna. Evangelische Gemeinde Prag sowie Kohl und Tadeusz Masowiecki zu ei- Der Dank der bunt zusammenge- die Sdružení Ackermann-Gemeinde ner Versöhnungsmesse. setzten Gruppe für die gelungenen eine Studienfahrt ins polnische Schle- In der Friedenskirche von Jauer/Ja- Tage gilt vor allem den Pfarrern Leit- sien. wor, die wie die Kirche in Schweidnitz göb und Leßmann-Pfeifer sowie Jan Von Prag/Praha aus fuhr die Reise- zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, Heinzl für die Organisation. gruppe den barocken Wallfahrtsort nahm die Gruppe an einem evangeli- Grüssau/Krzeszów an. Nach Führun- schen Gottes- Natascha Hergert/ag gen in der St.-Josephs-Kirche und der dienst mit Pfar- Klosterkirche Mariä Himmelfahrt und rer Frank Leß- einer kurzen Andacht mit Pfarrer Mar- mann-Pfeifer tin Leitgöb war das Piasten-Mausole- teil. Danach um durchaus einen Besuch wert. besuchte sie Nächste Station war die Friedenskir- Hirschberg/Je- che in Schweidnitz/Świdnica, die lenia Góra. nach dem Westfälischen Frieden er- Letzter An- baut worden war: ein Fachwerkbau laufpunkt auf mit Sitzplätzen für 3000 Personen. dem Rückweg Am frühen Abend erreichten die nach Prag war Reisenden das Begegnungszentrum Gablonz an der Kreisau/Krzyżowa. Dieses ehemalige Neiße/Jablonec

Die bunt gemischte Reisegruppe erkundete Schlesien in Polen.

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Stadtführung in Engelmar Unzeitig Zwittau. auf der Spur (Foto: C. Ammon)

on feierte, liegt etwa eine halbe Stun- de Fußmarschs. Noch heute befinden sich hier die aufwendig bestickten Pri- mizgewänder und der Taufstein En- gelmars, daneben steht eine Skulptur Petr Steffans, des tschechischen Holzschnitzers aus Markt Türnau/ Trnávka. Ebenso weit wie nach St. Katharina ist es in Richtung Zwittau zum Re- demptoristen-Kloster Vierzighuben, dessen großzügige Backsteinkirche als Teil eines psychiatrischen Kran- kenhauses den Kommunismus weit- gehend unverändert überstanden hat. Hier rang Unzeitig um seine Berufung AG Würzburg. Vom Schönhengster Spurensuche in Engelmars ostmähri- als Priester und Ordensmann. Später, Rücken, der Wasserscheide zwi- scher Heimat. in Glöckelberg/Zvonková, wo er seine schen Elbe und Donau, weht ein Domkapitular Msgr. Dr. Stefan erste Stelle als Seelsorger angetreten strammer Wind über das flache Land Rambacher, der das Verfahren zur hatte, stand er von Beginn an für kla- des Schönhengstgaus mit seinen Fel- Prüfung von Unzeitigs Martyrium als re Worte. Die ließ ihn nicht dern und Wiesen. Die friedlich, beina- Bischöflicher Delegierter geleitet hat, lange gewähren. Nach wenigen Mo- he etwas schläfrig wirkende Land- sieht die Wurzeln des tief religiösen, naten, im April 1941, verhaftete und schaft will so ganz und gar nicht zu nach innen gewandten Wesens En- überwies sie ihn nach Dachau. jenem Engelmar Unzeitig passen, gelmars in Greifendorf, wo Pater En- „Alles Positive am Zusammenleben den seine Mithäftlinge im Priester- gelmar seine Kindheit und Jugend von Polen und Tschechen war plötz- block des KZ „Engel von Dachau“ verbracht hatte, bis er 1928 als 17- lich in Vergessenheit geraten“, fasste oder „ der Deut- Jähriger ins Spätberufenen-Seminar Radoslav Fikejz die unheilvolle Ent- schen“ nannten. Und doch ist hier in der Mariannhiller in Reimlingen/Ries wicklung zusammen. Der junge Stadt- dem kleinen Ort Greifendorf/Hradec eintrat. Nur noch einmal ist ein Auf- historiker vermeidet bewusst die n. Svitavy, in einer der ehemals größ- enthalt Engelmars in Greifendorf tschechischen, aus der Zeit des Kom- ten rein deutschen Sprachinseln des überliefert: Am 15. August 1939 feier- munismus stammenden verharmlo- Sudetenlandes, der spätere Mariann- te er in der örtlichen Katharinen-Kir- senden Begriffe „Odsun“ (Abschie- hiller-Pater und Märtyrer Engelmar che Primiz. bung) oder „Transfer“ und spricht Unzeitig aufgewachsen. Im Januar Über sieben Kilometer erstreckt sich stattdessen von „Vertreibung“. Ein 1945 hatte er sich freiwillig gemeldet, das Dorf entlang der Handelsstraße, noch heute gewagter Schritt, der vor um die massenhaft dahinsiechenden die Zwittau/Svitavy mit Brünn/Brno wenigen Jahren undenkbar gewesen Typhuskranken des Lagers zu pfle- und Wien verbindet. Viele Häuser wäre. gen. Die Asche des wenig später mit sind renoviert, haben neue Fenster Auch Familie Unzeitig teilte das nur 34 Jahren selbst an Flecktyphus und Ziegel. Bauarbeiter sind dabei, Schicksal Millionen Deutscher aus Verstorbenen befindet sich seit 1968 die notdürftig angelegten Fußpfade dem Sudetenland. 1946 wurden die in der Mariannhiller Herz-Jesu-Kirche entlang der Straße durch gepflasterte beiden noch in Greifendorf lebenden in Würzburg. Für 2016 wird die päpst- Gehsteige zu ersetzen. Nach dem Schwestern Emilie und Elsa vertrie- liche Anerkennung des seit 1991 lau- Kollaps des Kommunismus kehrt das ben, ungeachtet dessen,dass ihr Bru- fenden Seligsprechungsverfahrens Leben langsam auch in die Randge- der im KZ als Märtyrer der Nächsten- erwartet. biete Tschechiens zurück. Kaum ver- liebe gestorben war. Engelmars Brie- Ende September war eine Gruppe ändert erhalten ist das Wohnhaus En- fe, Schulhefte und persönliche Auf- der Ackermann-Gemeinde der Diöze- gelmars, ein einfaches, weiß getünch- zeichnungen sind auf der Flucht zu- se Würzburg gemeinsam mit Pater tes Haus am Ortsrand. rück geblieben und bis heute spurlos Michael Maß CMM, dem neuen Pro- Bis zur Pfarrkirche St. Katharina, wo verschwunden. vinzial der Mariannhiller Missionare, Pater Engelmar auf den Namen Hu- und Bruder Thomas Fischer CMM auf bert getauft wurde und Erstkommuni- Christian Ammon

Der Ackermann 4-2014 | 25 Familiennachrichten

Familiennachrichten

Wir gratulieren

im Januar 2015

im Februar 2015

26 | Der Ackermann 4-2014 Familiennachrichten im März 2015 Kranzablöse- spenden

Spenden

Zustifter

Durch ihre Zustiftungen an die Stif- tung Ackermann-Gemeinde leisteten im Zeitraum von Oktober bis Novem- ber 2014 einen Beitrag zur dauerhaf- ten Sicherung unserer Arbeit

Wir gedenken Msgr. Karl-Heinz Frühmorgen Margareta Klieber

Allen Zustiftern sagen wir ein herzliches Vergelt‘s Gott!

Wir begrüßen

Wir gratulieren

Der Ackermann 4-2014 | 27 Termine

Bundesebene Mainz Stuttgart

20.-22.4. Bundesvorstand, Würz- 7.2., 15.00 Uhr Jahresempfang 30.12.2014 Begegnungstag über burg 2015, mit Fr. Ruths und Fr. Kun- Alters- und Landesgrenzen hin- 28./29.3. XXIV. Brünner Symposi- derova (Caritas Mainz), St. Fidelis weg, Weil der Stadt (mit Junger um, „Dialog in der Mitte Euro- Darmstadt Aktion) pas“, Brünn/Brno 25.1. Diözesantag: „Impulse der München katholischen Heimatvertriebe- Augsburg nen zur Gestaltung der Sozial- 27.1. 15.00 Uhr Literarisches Café: gesetzgebung“, mit B. Posselt, 6.2. Vortrag, Haus St. Ulrich „Madeleine Albright: Winter in Ulm-Wiblingen 7.3. Religiöser Besinnungstag, Prag“ mit Dr. J. Ritzke-Rutherford 14.3. Tagung des Bischof- Haus St. Ulrich und K. L. Ritzke Neumann-Kreises: „"Sei froh, 20.-22.2. Kulturwochenende: “Pilsen dass du lebst", Lesung mit U. Bamberg - Europäische Kulturhauptstadt Draesner, Schwäbisch Gmünd 2015“, Gästehaus St. Josef, Gar- 28.12.2014-5.1. Winterakademie, misch-Partenkirchen Würzburg Brixen Passau 11.-14.1., Wallfahrt nach Philipps- Eichstätt/Nürnberg dorf; 13.1., 4.00 Uhr Hochamt 16.3., 18.00 Uhr, Lesung: Vaclav 16.1., 19.00 Uhr, Gebetsstunde 14.2. Lesung zum Fasching: „Der Dvorák, "Eine tschechische Bio- zum Weltfriedenstag mit Bege- Bahnhof grüßt den runden grafie", Café Museum Moderner gung, Franziskanerkloster Turm“, mit M. Wieprecht, Nürn- Kunst Passau 27.3., 18.00 Uhr, Kreuzweg zum berg Käppele, 1. Station, mit Pfr. A. 7.3. Religiöser Bildungs- und Be- Regensburg Possmayer sinnungstag, mit Pfr. Hummel, Neumarkt 16.1. 15.00 Uhr, Literarisches Café: Junge Aktion und Jugendbil- Dr. J. Ritzke Rutherford, K. Ritz- dungsreferat Freiburg ke: "Madeleine Albright: Winter in Prag", Café Pernsteiner 28.12.2014-1.1. Deutsch-tsche- 11.2. Literarisches Erzählcafé, CB 22.1. 14.45 Uhr, Literarisches Café: chisch-slowakische Silvesterfei- Freiburg "Madeleine Albright: Winter in er, Weil d. Stadt (in Kooperation 14./15.3. Waldhoftagung, Freiburg Prag", Egerland-Kulturhaus mit AG Stuttgart) 28.3. Regionaltagung, Eppingen- Marktredwitz 26.2.-1.3. Internationale Leiterschu- Richen 7.2. 9.30 Uhr, Planungstreffen aller lung der Aktion West-Ost mit der Leiter/innen der Literarischen Ca- JA, Kreisau/Krzyżowa (PL) Limburg fés, Obermünsterzentrum 1.-6.4. Politische Weiterbildungs- 26.2. 14.45 Uhr, Literarisches Café: woche der JA, Kloster Niederalt- 6.1. 18.00 Uhr Hl. Messe zum Drei- "Böhmen und das Schicksal Euro- aich königstreffen, Wiesbaden pas in Schillers Wallenstein", mit 7.-10.4. Kinder- und Jugendtage 7.2. Kulturseminar D. Schwarz, Egerland-Kulturhaus, „FrühlingsPlasto“, Lohr a. Main 7.3. „Christenverfolgung in Ägyp- Marktredwitz ten, Syrien, Irak; mit Prof. Dr. 27.2. 15.00 Uhr, Literarisches Café: SAG Ibrahim, Pfarrzentrum St. Gott- "Václav Havel: Briefe an Olga ", fried, Butzbach mit Dr. H. Dähne, Café Pernstei- 27.2.-1.3. Jahrestagung der Sdru- 27.1., 24.2., 31.3. Dienstagstreff ner žení Ackermann-Gemeinde, Gruppe Wiesbaden, Bürgerhaus 14.3., 9.00 Uhr, Habsberg-Konferenz Prag Wiesbaden-Sonnenberg 8.1. 12.30 Uhr u. jeder 1. Donners- tag i. Monat Donnerstagstreff Vorschau: Gruppe Frankfurt, Gaststätte „Oberschweinstiege“, Frankfurt 1.4.-6.4. Kultur- und Begegnungstage Ostern 2015 in Argenbühl-Eglofs

6.4-12.4. Deutsch-Tschechische Kulturwoche „Rohrer Sommer“ im Kloster Rohr (zur Vorbereitung auf das Bundestreffen)

6.8.-9.8. Deutsch-tschechisches Bundestreffen in Budweis/České Budějovice

Herzliche Einladung! Nähere Infos in Ihrer Diözesanstelle