Landespflege und Naturschutz

Fragwürdige Pferdehal- Dürkheimer Bruchs, Dieter Raudszus, merkt Besonderheiten im Dürkheimer Bruch tung im Dürkheimer Bruch an, dass „die Feldlerchen (Alauda arvensis) gehört die Haarstrangwurzeleule (Gortyna bei Birkenheide im westlichen Bruch, der an das Dürkheimer borelii) – eine hochspezialisierte Nachfalter- Gewerbegebiet angrenzt, verschwunden art. Ihr Status im Dürkheimer Bruch gilt Reiten in der freien Natur ist eine schöne und sind, der Bestand von Kiebitzen (Vanellus aktuell als unklar. Laut Bewirtschaftungs- wohltuende Freizeitbeschäftigung. Pferde vanellus) deutlich abgenommen hat und plan ist ihr potenzielles Vorkommensgebiet und ihre Reiter werden – solange sie sich auf Bekassinen (Gallinago gallinago) und Große im zentralen Bruch nördlich von Birkenhei- den vorgesehenen Wegen befinden – kaum Brachvögel (Numenius arquata) nur noch de und am Rand des Feuerberggebiets. als Störungen wahrgenommen. Der folgen- während der Zugzeiten zu beobachten Zum Überleben ist sie auf den Echten Haar- de Bericht zeigt auf, wie die Reiterei zu sind.“ strang (Peucedanum officinale) und eine einem Problem für den Naturschutz werden Auch die Freunde der Schmetterlinge kom- einmalig durchgeführte Mahd im Sommer kann. men auf ihre Kosten. Wer danach sucht, angewiesen. kann den Großen Feuerfalter (Lycaena dis- Natur im Dürkheimer Bruch par) antreffen. Auf den Mähwiesen zwi- Zerstörung von Lebensräumen Naturliebhaber, die das Dürkheimer Bruch schen und Birkenheide können durch intensive Pferdehaltung durchstreifen, können in diesem strukturrei- im Juli und August die seltenen Dunklen Die Realität ist in einigen Bereichen des chen Gebiet auf jede Menge seltener oder Wiesenknopf-Ameisenbläulinge (Phenga- Bruchs leider eine andere. Vor allem auf der schöner Arten treffen. Vogelliebhaber freu- ris nausithous) und die noch selteneren Hel- 28. Bruchgewann, die direkt an den Bruch- en sich über Wiedehopfe (Upupa epops) len Wiesenknopf-Ameisenbläulinge (Phen- weg im Norden von Birkenheide angrenzt, und Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe), garis teleius) gesichtet werden. Beide hat sich in den letzten Jahren unter den die in den Trockenmauern und Gabionen ihr Tagfalterarten benötigen für ihren Lebens- Augen der lokalen Politiker und zuständi- Zuhause haben. In den Hecken sieht man zyklus jeweils eine spezielle Ameisenart, die gen Behörden eine intensive und naturzer- Goldammern (Emberiza citrinella) oder die Brutpflege der Larven betreibt und als störerische Pferdehaltung breitgemacht. Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola). Mit Futterpflanze für die Falter den Großen Dort wurden zahlreiche Stallungen neu etwas mehr Glück kann während der Zug- Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis). errichtet und Beleuchtungsmasten aufge- zeiten sogar ein Blaukehlchen (Luscinica Damit dieser zur Verfügung steht, ist eine stellt, die in den Abendstunden und Winter- svecica) in den Schilfbeständen entdecken. zweimalige Mahd im Mai und in der zwei- monaten zu einer erheblichen Lichtver- Der Ornithologe und fundierte Kenner des ten Septemberhälfte erforderlich. Zu den schmutzung führen. Zudem wurden Gebüsche, Hecken und Bäume gerodet. Auf ehemalige Mähwiesen wurden großen Mengen Erde aufgeschüttet und sie dadurch in völlig vegetationslose Areale umgewandelt. Der Vorsitzende der POLLICHIA-Ortsgrup- pe Bad Dürkheim, Dr. Michael Ochse, kriti- siert die ungenügenden oder gänzlich feh- lenden Konzepte zur Entsorgung des Pferdemists. „Dieser findet sich oft in meh- rere Kubikmeter umfassenden, nicht genehmigten Ablagerungsstellen auf Grünstreifen oder gar Naturschutzkom- pensationsflächen. Dieser Nähstoffeintrag verändert die betroffenen Flächen derart nachteilig, dass nur der Abtrag des Oberbo- dens zur Wiederherstellung eines für die Artenvielfalt vorteilhaften Zustands in Frage kommt. Manche dieser Haufen finden sich seit mehreren Jahren im Landkreis Bad Dürk- Abb. 1: 28. Bruchgewann bei Birkenheide, ein Abschnitt ohne Pferdekoppeln. heim und entlassen ihre Nährstoffe entspre- POLLICHIA- KURIER 35 (1) –2019 LANDESPFLEGE UND NATURSCHUTZ 39

chend lange in den Untergrund.“ Grundsätzlich kann Pferdebeweidung im Einklang mit dem Naturschutz stehen. In der Veröffentlichung „Pferdebeweidung in der Biotoppflege“ des Landesamts für Umwelt- schutz, Messungen und Naturschutz in Baden-Württemberg ist definiert, wie eine Beweidung abhängig von der Weidefläche und der Pferdegröße erfolgen kann. Eine Weide soll nicht kleiner als 0,5 Hektar sein. Für die Ti ere hat man die Großvieheinheit (GV) definiert. Eine GV entspricht 500 kg Lebendgewicht. Für Esel und kleine Ponys sind 0,3-0,7 GV/ha, für große Ponys und Kleinpferde 0,7-1 GV/ha und für Großpferde 1-1,3 GV/ha angegeben. Die Untere Natur- schutzbehörde (UNB) des Kreises Bad Dürk- heim sieht für ein Pferd eine Fläche von 0,5 ha vor. Wenn 10-20 % der Weide sehr kurz gefressen sind, soll laut des Landesamts für Abb. 2: Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris teleius). Umweltschutz, Messungen und Natur- schutz in Baden-Württemberg ein Umtrieb des sogenannte „Erhaltungsziele” und Vogelschutzgebietstatus hingegen auf eine andere Weide erfolgen. Die vegeta- „Entwicklungsziele” definiert. nicht geschützt. Hier darf man tun tionslosen Koppeln auf der 28. Bruchge- l Handlungen, die im Widerspruch zu und lassen, was man will (solange wann bei Birkenheide sind weit von einer den Erhaltungszielen stehen, sind keine anderen Rechtsbestimmungen Beweidungim Sinne einer Biotoppflege ent- strikt verboten. Sie können nur aus- dagegen sprechen). fernt. nahmsweise genehmigt werden, Die Landesverordnung über die Erhaltungs- wenn sie aus zwingenden Gründen ziele in den Natura 2000-Gebieten vom Schutz des Dürkheimer Bruchs des öffentlichen Interesses nötig sind. 18. Juli 2005 (bzw. die Änderungsverord- durch den Status als FFH- und Das Verbot gilt auch dann, wenn die nung vom 22. Dezember 2008) nennen als Vogelschutzgebiet…? Beeinträchtigung binnen kurzer Zeit Erhaltungsziele: Die Besonderheit der Landschaft im Dürk- oder an anderer Stelle ausgeglichen l für das FFH-Gebiet „Dürkheimer heimer Bruch mit ihren mageren, vielfach werden kann. Einen strengeren Bruch“: „Erhaltung oder Wiederher- wechselfeuchten Wiesen, Hecken, Gebü- Schutz gibt es im Naturschutzrecht stellung eines Systems nicht intensiv schen, Baumgruppen und Gräben hat dazu nicht. genutzter und artenreicher Mähwie- geführt, dass das Dürkheimer Bruch 2003 l Ebenso strikt sind Handlungen verbo- sen, vor allem als Lebensraum für Teil des europaweiten Natura 2000-Netzes ten, die im Widerspruch zu Entwick- Schmetterlinge, und nassen Rieden wurde. Es wurde als Fauna-Flora-Habitatge- lungszielen stehen, sofern sie Flächen und Wiesen für die Schmale Windel- biet (FFH-Gebiet) nach der FFH-Richtlinie betreffen, ohne die die Entwicklungs- schnecke,“ ausgewiesen. In diesem Gebiet leben Arten, ziele nicht erreicht werden können. l und für das Vogelschutzgebiet die u.a. durch die Anhänge II und IV dieser l Flächen, die keine Bedeutung für die „Haardtrand“: „Erhaltung oder Wie- Richtlinie besonderen Rechtsschutz genie- Erhaltungs- und Entwicklungsziele derherstellung von Sonderkulturen ßen. Weitere Arten sind durch das Bundes- haben, sind durch den FFH- bzw. mit hohen Grenzlinienanteilen (...) naturschutz besonders bzw. streng geschützt. Das Dürkheimer Bruch ist außer- dem Teil des weitaus größeren europäischen Vogelschutzgebiets „Haardtrand“ nach der europäischen Vogelschutzrichtlinie. Das Natura 2000 Netz repräsentiert „die typischen, die besonderen und die seltenen Lebensräume und Vorkommen der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten Europas.“ Die Auswahl der Gebiete erfolgt für alle Mit- gliedsstaaten der EU nach einheitlich vorge- gebenen Kriterien. Die FFH- und die Vogel- schutzrichtlinie haben das Ziel, die biologische Vielfalt Europas nachhaltig zu bewahren und zu entwickeln. Ziel ist die Erreichung eines „günstigen Erhaltungszu- stands“ der in den Richtlinien genannten Lebensraumtypen und Arten. Die FFH- und Vogelschutzgebiete (Natura 2000-Gebiete) haben ein sehr spezielles Schutzregime: Für sie sind seitens des Lan- Abb. 3: Kurzgefressene, übernutzte Pferdeweide bei Erpolzheim. 40 LANDESPFLEGE UND NATURSCHUTZ 35 (1) –2019 POLLICHIA- KURIER

ten Wiesenflächen zu erhalten, b) die Oberflächengestalt der Landschaft, den Boden, das Wasser, das Klima, die Pflan- zen- und Tierwelt vor Eingriffen zu bewah- ren, bestehende Beeinträchtigungen zu beseitigen bzw. unvermeidliche Eingriffe auszugleichen oder zu mildern und die Wir- kung der Wiesenlandschaft als Ausgleichs- raum für die benachbarten, besiedelten und einseitig genutzten Flächen zu gewährleis- ten, c) die geschützte Landschaft für die allge- meine naturbezogene Erholung zu sichern.” Verboten sind alle Handlungen, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen können. Die intensive Pferdehaltung zählt zu diesen Handlungen, beeinträchtigt sie doch zumindest die Pflanzen- und Tierwelt. Als Abb. 4: Bauliche Anlagen, Einfriedungen, Wegbau… Diese Einrichtungen zur Pfer- verbotene Handlungen zählt die Verord- dehaltung sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinn des Bundesnaturschutzge- nung unter anderem bauliche Anlagen aller setzes. Art – also auch Unterstände für Pferde – und das Errichten von Einfriedungen aller Art und Grünlandwirtschaft in Verbin- Wiedehopf verloren. Bisher kommt er noch auf; hierzu zählen die Einzäunungen der dung mit lichten Laub- und Kiefern- vor. Mit der weiteren Intensivierung der Pfer- Koppeln. Untersagt sind auch neue Stell- wäldern sowie Buchen- und Eichen- dehaltung wird aber eine Verschlechterung plätze, Wege sowie Aufschüttungen ab wäldern.“ für den Wiedehopf eintreten, die im Wider- einer Grundfläche von 100 m². Als im Vogelschutzgebiet „Haardtrand” spruch zu den Erhaltungszielen des Vogel- Allerdings können die Naturschutzbehör- besonders zu schützende, im Dürkheimer schutzgebiets steht. Hier sollten die Natur- den diese Handlungen genehmigen und Bruch (potentiell) vorkommende Vogelar- schutzbehörden einschreiten – sie tun es müssen es laut § 4 Absatz 2 der Rechtsver- ten werden in der Anlage 2 zum Landesna- bislang nicht. ordnung sogar, wenn sie dem Schutzzweck turschutzgesetz Grauspecht (Picus canus), nicht zuwiderlaufen und die Eingriffe ausge- Heidelerche (Lullula arborea), Neuntöter … oder durch den Status als Land- glichen werden können. Fehlende Geneh- (Lanius collurio), Wachtelkönig (Crex crex), schaftsschutzgebiet? migungen können auch nachträglich erteilt Wendehals (Jynx torquilla) und Wiedehopf Schon seit dem 30. November 1981 ist das werden. (Upupa epops) aufgeführt. Dürkheimer Bruch als Landschaftsschutzge- Insbesondere aber ist die 28. Bruchgewanne Im sogenannten „Bewirtschaftungsplan”, biet „Bad Dürkheimer und Erpolzheimer nur in ihrem westlichen, zum Landkreis Bad den die SGD Süd im Jahr 2017 veröffentlicht Bruch” ausgewiesen. Die Rechtsverord- Dürkheim zählenden Abschnitt ein Teil des hat, sind die mit Erhaltungszielen belegten nung nennt als Schutzzweck: Landschaftsschutzgebiets. Die zum Rhein- Flächen dargestellt. Die Erhaltung artenrei- „a) eine besonders markante Landschafts- Pfalz-Kreis gehörenden Bereiche haben die- cher Mähwiesen und des Dunklen Wiesen- form in der vorderpfälzischen Hügelzone sen Schutzstatus nicht. Und gerade hier sind knopf-Ameisenbläulings ist dort nur für eine mit ihren vielfältigen Lebensstätten von besonders viele und intensive Nutzungsän- Fläche am westlichen Rand der 28. Bruchge- Pflanzen und Tieren sowie die ausgedehn- derungen eingetreten. wann verzeichnet. Vor ungefähr vier Jahren wurde auch dort mit der Umwandlung zur Pferdekoppel begonnen; es wurde Erdma- terial antransportiert, Einfriedungen wur- den errichtet und erstes mobiles Zubehör wurde aufgestellt. Die Bad Dürkheimer POL- LICHIA-Gruppe wies die zuständige Untere Naturschutzbehörde bei der Kreisverwal- tung Bad Dürkheim hierauf hin, und einige Monate später war die Umwandlung gestoppt. Außerdem enthält das Gewann ein Brutre- vier des Wiedehopfs. Zwar können Pferde- weiden je nach Jahreszeit und Witterung günstige Nahrungsmöglichkeiten bieten, und in gewissem Ausmaß kann sich der Wie- dehopf mit der Anwesenheit von Menschen arrangieren (vgl. den Beitrag auf S. 26). Aber Flächen, die ganzjährig intensiv beweidet werden, auf denen Gebäude stehen und wo sich häufig Personen aufhalten, sind für den Abb. 5: Die 28. Bruchgewann im Jahr 2000… POLLICHIA- KURIER 35 (1) –2019 LANDESPFLEGE UND NATURSCHUTZ 41

Eingriffe nach dem Bundesnatur- cher Erdauftrag im Juli 2018 wurde ebenfalls Auswirkung auf das FFH-Gebiet lägen der schutzgesetz durch die POLLICHIA-Gruppe Bad Dürkheim Kreisverwaltung nur wenige Erkenntnisse Schließlich bleibt die Eingriffsregelung des an die Untere Naturschutzbehörde beim über die Betroffenheit von FFH-Lebens- Bundesnaturschutzgesetzes. Eingriffe in Rhein-Pfalz-Kreis gemeldet. Die Oberen raumtypen oder FFH-Arten durch Bewei- Natur und Landschaft sind genehmigungs- Naturschutzbehörde wurde im April 2017 dung von Pferden vor. Vereinzelt seien der pflichtig und müssen kompensiert werden. und die Bauaufsicht des Rhein-Pfalz-Kreises Kreisverwaltung Überweidungen und nicht Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind im Juni 2017 informiert. Da die Behörden zur angepasste Mahdtermine bekannt.“ Eingriffe in Natur und Landschaft alle Hand- Umsetzung der bestehenden Gesetze und Für den größten Teil der 28. Bruchgewanne lungen, die die Leistungsfähigkeit des Natur- zu deren Kontrolle und außerdem zur und die folgenreichsten Eingriffe ist die haushalts oder das Landschaftsbild erheblich Zusammenarbeit mit der Presse verpflichtet Untere Naturschutzbehörde des Rhein- beeinträchtigen können. Inwieweit die Anla- sind, hat der Autor bei den betreffenden Pfalz-Kreises zuständig. Deren Sprecherin ge von Pferdekoppeln ein Eingriff im Sinn des Behörde nachgefragt, um zu erfahren, was wollte vor der Beantwortung meiner Fragen Gesetzes ist, kann nicht pauschal beantwor- seither geschehen ist, ob Veränderungssper- gerne wissen, für welche Presse ich denn tet werden; dies hängt vom Ausgangszu- ren erlassen wurden und welche Ziele die arbeite und aus welchem Grund ich diese stand der Flächen ab, und die Naturschutz- Behörden verfolgen. Fragen stelle bzw. ich sie beantwortet haben behörden haben hier weitreichende Er- Die Sprecherin der Oberen Naturschutzbe- wolle. Bis zum Redaktionsschluss dieser messensspielräume. Zumal wenn, wie hier, hörde (ONB) bei der SGD-Süd in Neustadt Ausgabe ist noch keine der an die Kreisver- die Umwandlung eines vielfältigen Gebiets sieht ihre Behörde nicht in der Pflicht und waltung des Rhein-Pfalz-Kreises gerichte- in eine großflächige Intensivnutzung scheib- empfahl dem Autor, „sich an die Unteren ten Fragen beantwortet worden. chenweise erfolgt, denn zu beurteilen ist nur Naturschutzbehörden als Vollzugsbehörden die Erh eblichkeit der jeweiligen Einzelmaß- bei den Kreisverwaltungen zu wenden.“ … und der Gemeinde nahme. Auch der Sprecher der Verbandsgemeinde Von der Verbandgemeinde , auf Wenn aber bauliche Anlagen wie Unterstän- Freinsheim und die Sprecherin der Stadt Bad deren Terrain sich die meisten der baulichen de, Stellplätze, dauerhafte Einzäunungen Dürkheim verwiesen bezüglich des FFH- Anlagen befinden, wollte ich wissen, ob etc. entstehen, liegen in jedem Fall Eingriffe Gebiets auf die Zuständigkeit der Unteren denn von Seiten der VG jemals Genehmi- in Natur und Landschaft vor. Hierfür muss es Naturschutzbehörde des Kreises. gungen für die Bauten auf der 28. Bruchge- Genehmigungen geben, bei denen die Die Aussagen der Unteren Naturschutzbe- wann erteilt wurden. Leider hüllt sich der Naturschutzbehörden zu beteiligen sind. Für hörde des Kreises Bad Dürkheim sind sehr zuständige Pressesprecher auch auf Nach- die Eingriffe müssen Ausgleichs- oder aufschlussreich. Die Sprecherin der Kreisver- fragen in Schweigen. Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden. waltung teilt mit, dass „die reine Weidehal- Die scheibchenweise Zerstörung der 28. Ob die betreffenden Eingriffe genehmigt tung von Pferde nicht genehmigungspflich- Bruchgewanne bei Birkenheide wird auch wurden, und wenn ja, mit welchen Aufla- tig sei, sehr wohl aber die mit der durch die SPD/FWG Ratsmehrheit der Orts- gen, wurde nicht mitgeteilt. Die gravie- Pferdehaltung einhergehenden baulichen gemeinde Birkenheide vorangetrieben. Auf rendsten Eingriffe erfolgten in dem zum Anlagen. Es werden aber keine Unterstände der Gemeinderatssitzung vom 24. April Rhein-Pfalz-Kreis gehörenden Gebietsteil. für private Halter mehr genehmigt.“ Sie ver- 2017 hat die Ratsmehrheit den Antrag die weist auf das Merkblatt der Kreisverwaltung 28.Bruchgewanne als zukünftiges Bauge- Die Reaktionen von Behörden… in dem u. a. „auf den schonenden Umgang biet auszuweisen ohne Aussprache zuge- Die Eingriffe auf der 28. Bruchgewann bei mit der Grasnarbe, die Sollfläche von rund stimmt. Parallel zum Bruchweg soll ein 40 m Birkenheide wurden der Unteren Natur- 0,5 Hektar pro Pferd, das Verbot der Mistab- breiter Streifen bebaut werden. Die Frage schutzbehörde beim Rhein-Pfalz-Kreis be- lagerung auf dem Gelände und das Verbot des Autors, ob die Gemeinderatsmitglieder reits im März 2017 vom Autor und im Febru- der Winterweide hingewiesen wird. Die denn wissen, welche Arten in diesen Gebiet ar 2018 durch die POLLICHIA-Gruppe Bad Pferdehalter müssten ihre Tiere bei Einstel- vorkommen und wofür sie als Gemeinde- Dürkheim angezeigt. Ein massiver zusätzli- lerbetrieben unterbringen. Hinsichtlich der ratsmitglieder die Verantwortung übertra- gen bekommen haben, wurde mit einem gemeinsamen Schweigen beantwortet. Der Bürgermeister bot an, dem Autor die Ant- wort schriftlich zukommen zu lassen. Statt- dessen wurde im Protokoll der folgenden Ratssitzung im Amtsblatt vom 21. Juli 2018 die noch offene Frage mit einem lapidaren „Ja.“ beantwortet. Pikant in diesem Zusam- menhang ist die Tatsache, dass die stellver- tretende Bürgermeisterin ein Grundstück auf der von ihrer Fraktion als Baugebiet auf der 28. Bruchgewann vorgesehenem Gelände besitzt. Von der Abstimmung war sie zuvor wegen Befangenheit ausgeschlos- sen worden. Ihr Verständnis von Natur und „Ordnung“ machte sie in einem RHEINPFALZ- Interview vom 8. Februar 2018 deutlich, in dem sie unterstrich, „dass ihr Grundstück ja offensichtlich das einzig gepflegte im Bruch- weg sei.“ Abb. 6: … und im Jahr 2018. 42 LANDESPFLEGE UND NATURSCHUTZ 35 (1) –2019 POLLICHIA- KURIER

Fazit Frei meter von Wintergetreide. Top sauber, top Das Dürkheimer Bruch ist recht klein. Es wird dichte, breite Teppiche ausgerollt über die stark für Freizeitaktivitäten genutzt und ist Alkoholfrei, glutenfrei, vogelfrei, autofrei, Landschaft an diesen glasklaren Apriltagen von intensiver landwirtschaftlicher Nutzung rostfrei – wie viele angenehme Verhältnisse in Frankreich. Und wie leuchteten dann umgeben. Die zunehmende Konzentration können wir heute in dieser Reihe aufführen, sechshunderttausend Quadratmeter reins- von Industrie und Gewerbe in der Vorder- von vielen Interessenten erwünscht, um te Rapsblüte vom Gegenhang! pfalz führt folglich zu einem starken Druck besser durchs Leben zu kommen. „Vogelfrei“ schoss mir in den Sinn, dies jetzt auf die Schutzgebiete durch Siedlungs- und Doch kann man nicht jedem Zeitgenossen in direkter Aussage, denn die mittelalterli- Straßenbau. Umso wichtiger ist es, dass die unterstellen, dass er alle diese filtrierten che Lust am freien Fliegen fiel meinen bestehenden Schutzgebiete ausnahmslos Zustände gleichermaßen bevorzugt. Ich beklemmenden Gefühlen zum Opfer. zu erhalten und sinnvoll auszuweiten sind. selbst mag Wein und Vögel und könnte mich Aus unserem Geschichtsunterricht wissen Es reicht nicht, den Artenrückgang zu bekla- ohne deren Begleitung nicht wirklich wohl- wir aber auch noch, dass seit einigen Jahr- gen. Man muss aktiv Gegenmaßnahmen fühlen. (Manche machen sich um die Fülle hunderten diesem Leben „so frei wie ein ergreifen. Die Behörden und die Politik, die der Vogelvorkommen keine Sorgen, sind Vogel“ ein böses Ende angedichtet wurde, für die Einhaltung und Kontrolle der beste- also dahingehend sogar noch sorgenfrei.) etwa als rechtlos erschlagener Wicht henden nationalen und internationalen Wie kam es zur Unterscheidung von „baum- schließlich den Bären ein willkommenes Aas Arten- und Naturschutzgesetze die Verant- frei“ und „baumlos“? Hinter Ersterem ver- zu bieten. Ähnlich der verhunzenden wortung tragen, müssen gemeinsam mit mutet man eine Leistung des Menschen. Abwandlung der ursprünglichen Wortbe- den Stallbetreibern nach Lösungen außer- Ja, unsere Sprache gibt viel her und kann deutung könnte nun auch in der modernen halb des FFH-Gebiets suchen. entlarven und verbergen und verwirren. Welt „vogelfrei“ nochmals eine neue In der eingehenden Aufzählung hätte ich schlimme Wendung erfahren. Literatur natürlich das hygienisch wertvolle „tauben- Wie viel „frei“ ist also erstrebenswert, wenn Amtsblatt der Verbandgemeinde Maxdorf frei“ einbauen müssen im Sinne von es um Vögel geht? Der französische Agrar- vom 21. Juli 2017. „unkrautfrei“, anstatt das „vogelfrei“ ein- unternehmer duldet hier als Biotopvernet- Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz: zuschmuggeln, das wir als Reinheitsmerk- zungsstruktur auf zwei Quadratkilometern Rechtsverordnung über das Landschafts- mal nicht erwähnen, obwohl es sowas gibt. Fläche nur die beiden, wenige Zentimeter schutzgebiet „Bad Dürkheimer und Erpolz- „Vogelfrei“ steht nämlich symbolisch für breiten Ränder eines einzigen Schotterwe- heimer Bruch“ vom 30. November 1981. freie Bewegung, frei wie ein Vogel, herbei- ges. Reicht dann als Ausgleich das Uferge- Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vom gesehnt vom mittelalterlichen Lastenträger hölz im Tal? Rettet das Wäldchen auf der 29. Juli 2009, letztmals geändert am 15. und vom Ackerer im steinigen Feld beim steinigen Kuppe als Refugium für Buchfink September 2017. Blick in den Himmel zu den ziehenden und Specht die schiefe ökologische Situati- DIE RHEINPFALZ, Ausgabe : Vogelscharen. „Wieselflink“ nannte er bei- on? Denn dazwischen heißt „vogelfrei“ „Nicht die Tiere, die Halter sind das Pro- spielsweise auch den Burschen, der in Win- nicht nur frei von Lerchen, Grauammern, blem“. Interview mit der FWG-Vorsitzenden deseile einen Sack voll Bucheckern zusam- Braunkehlchen, Dorngrasmücken oder Emmi Seitz zum Thema „Pferdesteuer“, mengeklaubt hatte. Rebhühnern, es kann auch für „schmetter- 8.2.2018. „Vogelfrei“ als Merkmal einer Landschaft lingsfrei“ gelten und die Befreiung des Lan- FFH-Album Dürkheimer Bruch des Landes- fiel mir übrigens während einer Exkursion in des von der großen Palette verwandter amts für Umwelt, Mainz, 2017. den südöstlichen Teil des welligen Pariser schwirrender und summender Begleiter https://lfu.rlp.de/fileadmin/lfu/Natur- Beckens ein, wo ich zu heimischer Nutzan- bedeuten. schutz/Dokumente/NSG- wendung die dortigen Biotopvernetzungen Nun gehen auch die Winzer an Yonne, Album/Bad_Duerkheim/FFH-Album_Duerk- prüfen wollte. Serein, Seine, Loire mit verheerendem Bei- heimer_Bruch.pdf. Unten in den Wellentälern versuchten sich spiel voran. Im April stehen die Rebzeilen Landesamt für Umweltschutz, Messungen die Mönchsgrasmücken, Nachtigallen und inmitten der Kalkschutthänge da wie fünf und Naturschutz, Baden-Württemberg Amseln im Stimmenkonzert zu überbieten. Tage nach einem Flächenbrand. Nicht das (2007): Pferdebeweidung in der Biotoppfle- Hier grenzten Viehweiden an die Ufergehöl- schwächste Grün wird geduldet. Es wird ge. – Karlsruhe. ze der Rinnsale und der Bäche. Auf Zaun- abgespritzt bis an die benachbarten Erste Landesverordnung zur Änderung der pfosten präsentierten sich die Revierchefs Böschungskanten und Waldränder. Man- Landesverordnung über die Erhaltungsziele der Grauammern und Schwarzkehlchen. gels Wirtschaftlichkeit oder Pachtvertrags in den Natura 2000-Gebieten vom Je höher ich mit dem Fahrrad auf die Wellen- bieten zufällig eine steile Brache und ein auf- 22. Dezember 2008. – Gesetz- und Verord- berge dieser jura- und kreidezeitlichen, gelassener Weinberg sogar noch Brutplätze nungsblatt für Rheinland-Pfalz vom buckligen Gegenden hinauf strampelte, für drei Feldlerchen, eine Heidelerche und 14. Januar 2009: 4-19. umso stiller wurde es um die vogelkundli- Futterstellen für einen Wiedehopf. Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd chen Ohren. Schließlich störte auch keine Die Offenlandvögel und ihre Nahrungsket- (2017): Bewirtschaftungsplan Dürkheimer einzige Flugbewegung, irritierte kein einzi- ten hingen natürlich ab von Rodungstätig- Bruch und Vogelschutzgebiet Haardtrand, ger dunkler Punkt mehr im Saatengrün. keiten seit den alten Galliern und Franken. BWP-2017-18-S. – Neustadt. Weit ging der Blick auf weitere Schwünge Nun werden sie vertrieben von einer kaum und Hänge. Die baum- und strauchfreien noch steigerungsfähigen Anbauperfektion Markus Hundsdorfer, Birkenheide Produktionsflächen erklärten sich näher der Agrarunternehmen. Die Perfektion siegt [email protected] beim Erspähen einer Pestizide ausbringen- über „vogelvoll“. Aber diesen Ausdruck (Fotos: M. Hundsdorfer, den Maschinenkombination mit vierund- musste man ja früher niemals prägen, weil Quelle der Abbildungen 6 und 7: Google dreißig Meter breiten Auslegern. Wie verlo- er eine völlig normale Situation beschrieben Earth) ren schaukelte manchmal solch ein hätte, also überflüssig war. Ja, brauchen wir einsamer roter oder blauer Schlepper mit völlig neue Wortschöpfungen zum dem gelben Tank durch einen Quadratkilo- Beschreiben heutiger Landschaftszustände,