Landespflege Und Naturschutz
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Landespflege und Naturschutz Fragwürdige Pferdehal- Dürkheimer Bruchs, Dieter Raudszus, merkt Besonderheiten im Dürkheimer Bruch tung im Dürkheimer Bruch an, dass „die Feldlerchen (Alauda arvensis) gehört die Haarstrangwurzeleule (Gortyna bei Birkenheide im westlichen Bruch, der an das Dürkheimer borelii) – eine hochspezialisierte Nachfalter- Gewerbegebiet angrenzt, verschwunden art. Ihr Status im Dürkheimer Bruch gilt Reiten in der freien Natur ist eine schöne und sind, der Bestand von Kiebitzen (Vanellus aktuell als unklar. Laut Bewirtschaftungs- wohltuende Freizeitbeschäftigung. Pferde vanellus) deutlich abgenommen hat und plan ist ihr potenzielles Vorkommensgebiet und ihre Reiter werden – solange sie sich auf Bekassinen (Gallinago gallinago) und Große im zentralen Bruch nördlich von Birkenhei- den vorgesehenen Wegen befinden – kaum Brachvögel (Numenius arquata) nur noch de und am Rand des Feuerberggebiets. als Störungen wahrgenommen. Der folgen- während der Zugzeiten zu beobachten Zum Überleben ist sie auf den Echten Haar- de Bericht zeigt auf, wie die Reiterei zu sind.“ strang (Peucedanum officinale) und eine einem Problem für den Naturschutz werden Auch die Freunde der Schmetterlinge kom- einmalig durchgeführte Mahd im Sommer kann. men auf ihre Kosten. Wer danach sucht, angewiesen. kann den Großen Feuerfalter (Lycaena dis- Natur im Dürkheimer Bruch par) antreffen. Auf den Mähwiesen zwi- Zerstörung von Lebensräumen Naturliebhaber, die das Dürkheimer Bruch schen Erpolzheim und Birkenheide können durch intensive Pferdehaltung durchstreifen, können in diesem strukturrei- im Juli und August die seltenen Dunklen Die Realität ist in einigen Bereichen des chen Gebiet auf jede Menge seltener oder Wiesenknopf-Ameisenbläulinge (Phenga- Bruchs leider eine andere. Vor allem auf der schöner Arten treffen. Vogelliebhaber freu- ris nausithous) und die noch selteneren Hel- 28. Bruchgewann, die direkt an den Bruch- en sich über Wiedehopfe (Upupa epops) len Wiesenknopf-Ameisenbläulinge (Phen- weg im Norden von Birkenheide angrenzt, und Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe), garis teleius) gesichtet werden. Beide hat sich in den letzten Jahren unter den die in den Trockenmauern und Gabionen ihr Tagfalterarten benötigen für ihren Lebens- Augen der lokalen Politiker und zuständi- Zuhause haben. In den Hecken sieht man zyklus jeweils eine spezielle Ameisenart, die gen Behörden eine intensive und naturzer- Goldammern (Emberiza citrinella) oder die Brutpflege der Larven betreibt und als störerische Pferdehaltung breitgemacht. Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola). Mit Futterpflanze für die Falter den Großen Dort wurden zahlreiche Stallungen neu etwas mehr Glück kann während der Zug- Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis). errichtet und Beleuchtungsmasten aufge- zeiten sogar ein Blaukehlchen (Luscinica Damit dieser zur Verfügung steht, ist eine stellt, die in den Abendstunden und Winter- svecica) in den Schilfbeständen entdecken. zweimalige Mahd im Mai und in der zwei- monaten zu einer erheblichen Lichtver- Der Ornithologe und fundierte Kenner des ten Septemberhälfte erforderlich. Zu den schmutzung führen. Zudem wurden Gebüsche, Hecken und Bäume gerodet. Auf ehemalige Mähwiesen wurden großen Mengen Erde aufgeschüttet und sie dadurch in völlig vegetationslose Areale umgewandelt. Der Vorsitzende der POLLICHIA-Ortsgrup- pe Bad Dürkheim, Dr. Michael Ochse, kriti- siert die ungenügenden oder gänzlich feh- lenden Konzepte zur Entsorgung des Pferdemists. „Dieser findet sich oft in meh- rere Kubikmeter umfassenden, nicht genehmigten Ablagerungsstellen auf Grünstreifen oder gar Naturschutzkom- pensationsflächen. Dieser Nähstoffeintrag verändert die betroffenen Flächen derart nachteilig, dass nur der Abtrag des Oberbo- dens zur Wiederherstellung eines für die Artenvielfalt vorteilhaften Zustands in Frage kommt. Manche dieser Haufen finden sich seit mehreren Jahren im Landkreis Bad Dürk- Abb. 1: 28. Bruchgewann bei Birkenheide, ein Abschnitt ohne Pferdekoppeln. heim und entlassen ihre Nährstoffe entspre- POLLICHIA- KURIER 35 (1) –2019 LANDESPFLEGE UND NATURSCHUTZ 39 chend lange in den Untergrund.“ Grundsätzlich kann Pferdebeweidung im Einklang mit dem Naturschutz stehen. In der Veröffentlichung „Pferdebeweidung in der Biotoppflege“ des Landesamts für Umwelt- schutz, Messungen und Naturschutz in Baden-Württemberg ist definiert, wie eine Beweidung abhängig von der Weidefläche und der Pferdegröße erfolgen kann. Eine Weide soll nicht kleiner als 0,5 Hektar sein. Für die Ti ere hat man die Großvieheinheit (GV) definiert. Eine GV entspricht 500 kg Lebendgewicht. Für Esel und kleine Ponys sind 0,3-0,7 GV/ha, für große Ponys und Kleinpferde 0,7-1 GV/ha und für Großpferde 1-1,3 GV/ha angegeben. Die Untere Natur- schutzbehörde (UNB) des Kreises Bad Dürk- heim sieht für ein Pferd eine Fläche von 0,5 ha vor. Wenn 10-20 % der Weide sehr kurz gefressen sind, soll laut des Landesamts für Abb. 2: Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris teleius). Umweltschutz, Messungen und Natur- schutz in Baden-Württemberg ein Umtrieb des sogenannte „Erhaltungsziele” und Vogelschutzgebietstatus hingegen auf eine andere Weide erfolgen. Die vegeta- „Entwicklungsziele” definiert. nicht geschützt. Hier darf man tun tionslosen Koppeln auf der 28. Bruchge- l Handlungen, die im Widerspruch zu und lassen, was man will (solange wann bei Birkenheide sind weit von einer den Erhaltungszielen stehen, sind keine anderen Rechtsbestimmungen Beweidungim Sinne einer Biotoppflege ent- strikt verboten. Sie können nur aus- dagegen sprechen). fernt. nahmsweise genehmigt werden, Die Landesverordnung über die Erhaltungs- wenn sie aus zwingenden Gründen ziele in den Natura 2000-Gebieten vom Schutz des Dürkheimer Bruchs des öffentlichen Interesses nötig sind. 18. Juli 2005 (bzw. die Änderungsverord- durch den Status als FFH- und Das Verbot gilt auch dann, wenn die nung vom 22. Dezember 2008) nennen als Vogelschutzgebiet…? Beeinträchtigung binnen kurzer Zeit Erhaltungsziele: Die Besonderheit der Landschaft im Dürk- oder an anderer Stelle ausgeglichen l für das FFH-Gebiet „Dürkheimer heimer Bruch mit ihren mageren, vielfach werden kann. Einen strengeren Bruch“: „Erhaltung oder Wiederher- wechselfeuchten Wiesen, Hecken, Gebü- Schutz gibt es im Naturschutzrecht stellung eines Systems nicht intensiv schen, Baumgruppen und Gräben hat dazu nicht. genutzter und artenreicher Mähwie- geführt, dass das Dürkheimer Bruch 2003 l Ebenso strikt sind Handlungen verbo- sen, vor allem als Lebensraum für Teil des europaweiten Natura 2000-Netzes ten, die im Widerspruch zu Entwick- Schmetterlinge, und nassen Rieden wurde. Es wurde als Fauna-Flora-Habitatge- lungszielen stehen, sofern sie Flächen und Wiesen für die Schmale Windel- biet (FFH-Gebiet) nach der FFH-Richtlinie betreffen, ohne die die Entwicklungs- schnecke,“ ausgewiesen. In diesem Gebiet leben Arten, ziele nicht erreicht werden können. l und für das Vogelschutzgebiet die u.a. durch die Anhänge II und IV dieser l Flächen, die keine Bedeutung für die „Haardtrand“: „Erhaltung oder Wie- Richtlinie besonderen Rechtsschutz genie- Erhaltungs- und Entwicklungsziele derherstellung von Sonderkulturen ßen. Weitere Arten sind durch das Bundes- haben, sind durch den FFH- bzw. mit hohen Grenzlinienanteilen (...) naturschutz besonders bzw. streng geschützt. Das Dürkheimer Bruch ist außer- dem Teil des weitaus größeren europäischen Vogelschutzgebiets „Haardtrand“ nach der europäischen Vogelschutzrichtlinie. Das Natura 2000 Netz repräsentiert „die typischen, die besonderen und die seltenen Lebensräume und Vorkommen der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten Europas.“ Die Auswahl der Gebiete erfolgt für alle Mit- gliedsstaaten der EU nach einheitlich vorge- gebenen Kriterien. Die FFH- und die Vogel- schutzrichtlinie haben das Ziel, die biologische Vielfalt Europas nachhaltig zu bewahren und zu entwickeln. Ziel ist die Erreichung eines „günstigen Erhaltungszu- stands“ der in den Richtlinien genannten Lebensraumtypen und Arten. Die FFH- und Vogelschutzgebiete (Natura 2000-Gebiete) haben ein sehr spezielles Schutzregime: Für sie sind seitens des Lan- Abb. 3: Kurzgefressene, übernutzte Pferdeweide bei Erpolzheim. 40 LANDESPFLEGE UND NATURSCHUTZ 35 (1) –2019 POLLICHIA- KURIER ten Wiesenflächen zu erhalten, b) die Oberflächengestalt der Landschaft, den Boden, das Wasser, das Klima, die Pflan- zen- und Tierwelt vor Eingriffen zu bewah- ren, bestehende Beeinträchtigungen zu beseitigen bzw. unvermeidliche Eingriffe auszugleichen oder zu mildern und die Wir- kung der Wiesenlandschaft als Ausgleichs- raum für die benachbarten, besiedelten und einseitig genutzten Flächen zu gewährleis- ten, c) die geschützte Landschaft für die allge- meine naturbezogene Erholung zu sichern.” Verboten sind alle Handlungen, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen können. Die intensive Pferdehaltung zählt zu diesen Handlungen, beeinträchtigt sie doch zumindest die Pflanzen- und Tierwelt. Als Abb. 4: Bauliche Anlagen, Einfriedungen, Wegbau… Diese Einrichtungen zur Pfer- verbotene Handlungen zählt die Verord- dehaltung sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinn des Bundesnaturschutzge- nung unter anderem bauliche Anlagen aller setzes. Art – also auch Unterstände für Pferde – und das Errichten von Einfriedungen aller Art und Grünlandwirtschaft in Verbin- Wiedehopf verloren. Bisher kommt er noch auf; hierzu zählen die Einzäunungen der dung mit lichten Laub- und Kiefern- vor. Mit der weiteren Intensivierung der Pfer- Koppeln. Untersagt sind auch neue Stell- wäldern sowie Buchen- und Eichen- dehaltung wird aber eine Verschlechterung