Verlag Peter Grohmann
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Verlag Peter Grohmann Gedenken macht Leben menschlich. Vergessen macht es unmenschlich (Inschrift auf einer Gedenktafel für die Opfer der NS-«Euthanasie» der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf in Niedersachsen.) Karl-Horst Marquart «Behandlung empfohlen» In der Tötungsanstalt Grafeneck bei Gomadingen im baden-württembergi- schen Landkreis Reutlingen wur- den im Jahr 1940 im Rahmen der Krankenmorde in der Zeit des Nati- onalsozialismus, der so genannten Aktion T4, syste- matisch 10.654 Menschen mit Be- hinderung, vor al- lem aus Bayern, Baden und Würt- temberg, aber auch aus Hessen und dem heutigen Nordrhein-West- falen ermordet. Impressum Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg Alle Rechte bei Dr. med. Karl-Horst Marquart «Behandlung empfohlen» ist ein Non-Profit-Projekt und wurde unterstützt von Stolperstein-Initiativen, den Bürgerprojekten gegen Gewalt und Vergessen der Anstifter und weiteren Spenden. www.stolpersteine-stuttgart.dewww.die-anstifter.de Konto der Anstifter bei der GLS IBAN: DE31 4306 0967 7000 5827 01 BIC: GENODEM1GLS «Projektspende Medizinverbrechen» (Spendenbescheinigung) Layout und Grafik: www.atelier-stankowski.de Das Foto auf dem Umschlag zeigt das Eingangsportal des ehemaligen Kinderkrankenhauses Stuttgart Foto: Dr. Karl-Horst Marquart Peter-Grohmann-Verlag Kremmlerstrasse 51 A D 70597 Stuttgart [email protected] +49 711 2485677 Stuttgart 2015 ISBN 978-3-944137-33-9 Eingescannt mit OCR-Software ABBYY Fine Reader Ernst Klee (1942-2013) zum Gedächtnis Inhaltsverzeichnis EINLEITUNG 11 I. ZWANGSSTERILISATION MINDERJÄHRIGER 1. Obermedizinalrat Dr. Karl Lempp: «Ich [war] nie innerlich Nationalsozialist» 15 2. Die Unfruchtbarmachung unterblieb «wegen Erregungszustand der Geisteskranken» 34 3. Obwohl er «das kleine Einmaleins beherrscht, [...] aber dann darüber hinaus alsbald im Rechnen [...] versagt», wird ein 16-Jähriger zwangssterilisiert 46 4. Nach der Konfirmation zur Zwangssterilisierung 48 5. Der Kernsatz des württembergischen Landesjugendarztes Dr. Max Eyrich lautete: «Die Fürsorgeerziehung ist [...] das erbbiologische Sieb dieser Jugend» 53 6. Das Stuttgarter «Jugendamt als gesetzlicher Vertreter hat keine Einwendung gegen eine Unfruchtbarmachung des Mädchens» 69 II. ZWANGSSTERILISATION SCHWANGERER FRAUEN MIT GLEICHZEITIGER ZWANGSABTREIBUNG UNGEBORENER KINDER 1. SS-Obersturmbannführer Prof. Dr. Walter Saleck: War er jederzeit ein «pflichtbewusster und gewissenhafter Arzt»? 72 2. Medizinalrat Dr. Kurt Bofinger: «Im Einzelnen betätigte ersieh mit der Untersuchung von Schwachsinnigen und Geisteskranken» 81 3. «Sie erklärt [...] mit Tränen in den Augen, sie sei mit ihrer Unfruchtbarmachung einverstanden» 93 4. «Ein weiterer Nachwuchs aus dieser Verbindung wäre für das deutsche Volk unerwünscht» 97 III. ERMORDUNG VON KINDERN MIT EINER MISSBILDUNG ODER BEHINDERUNG 1. Die Tötung behinderter Stuttgarter Kinder und Jugendlicher in Gasmordanstalten 102 Die Opfer des NS-«Kindereuthanasie»-Programms: 2. «lebensunwerte Ballastexistenzen» 107 3. Stuttgarter Kinder wurden ab 1941 in die «Kinder- fachabteilung» Eichberg zur Tötung eingewiesen 119 4. Manfred K., das erste Eichberger «Kindereuthanasie»-Opfer aus Stuttgart 132 5. Die gleichzeitige Einweisung zweier Stuttgarter Kinder nach Eichberg: Hans Bäuerle und Wilhelm G. 137 Das Mädchen Klara L. aus Stuttgart: Mit 17 Jahren 6. in der «Kinderfachabteilung» Eichberg ermordet 143 7. Der Amtsarzt in Stuttgart schickte das Kind German in die Heilanstalt Eichberg: «Dort würden noch einige Plätze frei sein» 148 8. Vier Stuttgarter Kinder wurden in die «Kinderfach- abteilung» Eichberg nicht vom Gesundheitsamt Stuttgart eingewiesen, sondern von anderen Gesundheitsämtern bzw. dem Landesjugendarzt Eyrich 152 9. «Stolpersteine» erinnern an Eichberger «Kindereuthanasie»-Opfer aus Stuttgart 161 Zwei Stuttgarter Kinder wurden in der 10. «Kinderfachabteilung» Ansbach ermordet 165 Der Ärztin Dr. Hedwig Eyrich ist keine 11. «nazistische Handlungsweise nachzuweisen» 168 Erich Ruthardt: Ein Opfer so genannter 12. «wilder Euthanasie» 175 13. Die Einrichtung einer «Kinderfachabteilung» in Stuttgart 184 14. Die Kinderärztin Dr. Magdalene Schütte erklärte sich bereit, «die Vernichtung erbkranker Kinder durchzuführen» 197 15. Das Kriminaltechnische Institut in Berlin lieferte grosse Mengen Morphium und «Luminal» an Anstalten, doch angeblich weiss niemand, wofür 207 16. Die Ärztin Dr. Roswitha Doch: «[...] dies geschah, um eine Euthanasietätigkeit vorzutäuschen» 216 17. Wie die Beteiligten am Kindermord in Stuttgart ihre Taten vertuschten und die Spuren verwischten 221 18. Das Kind Gerda Metzger: Der Mutter weggenommen, entführt und in der «Kinderfachabteilung» Stuttgart ermordet 236 19. Das Kind Gert B. hatte ein «Loch im Rückenmark» 244 20. Das Kind Karin Weininger starb angeblich an «Intoxikation» 245 21. Das Kind Klaus W.: «Die Mutter des Kindes [...] lehnt die Aufnahme in das Städt. Kinderkrankenhaus und Kinderheim Stuttgart [...] ab» 246 22. Das Kind Elisabeth J.: Die Mutter bittet, «ihr das Kind wegen [der] Fliegergefahr in Stuttgart bis nach dem Krieg zu belassen» 252 23. Das Kind Monika B.: Die Eltern haben «um eine entsprechende Behandlung gebeten» 256 24. Das Kind Peter W.: Die Gutachter des «Reichsausschusses» haben «eine Behandlung empfohlen» 265 25. Der 27-jährige Hermann H. entspricht «im körperlichen Entwicklungszustand einem 12-jährigen Kinde» 269 IV. ERMORDUNG VON ZWANGSARBEITERKINDERN 1. Kinder von Zwangsarbeiterinnen unter den «Kindereuthanasie»-Opfern in Stuttgart 276 V. WISSENSCHAFTLICHE AUSBEUTUNG ZUR TÖTUNG VORGESEHENER KINDER 1. Die Vernichtung von als Untersuchungsobjekte missbrauchten Sinti-Kindern in Auschwitz 290 2. Das «Forschungskind» Renate B. aus Stuttgart überlebte die «Kinderfachabteilung» Eichberg 295 VI. ANHANG Dokumente 310 Tabellarische Zusammenfassung 314 Liste der in «Kinderfachabteilungen» ermordeten 74 Stuttgarter Kinder 315 Liste der in der «Kinderfachabteilung» Stuttgart ermordeten 13 Kinder, die nicht aus Stuttgart kamen 317 Liste der in der «Kinderfachabteilung» Stuttgart ermordeten neun Zwangsarbeiterkinder 317 Abkürzungen der Archive 318 Literaturverzeichnis 318 Glossar medizinischer Begriffe 322 Bildnachweis 326 Danksagung 327 Biografische Daten des Autors 327 EINLEITUNG 11 Lange wurde geleugnet und verdrängt, dass es während der NS-Zeit in Stuttgart eine so genannte «Kinderfachabteilung» zur Ermor- dung von Kindern mit einer Missbildung oder Behinderung gab: im ehemaligen Städtischen Kinderkrankenhaus.1 Obwohl bereits im Jahr 1985 Wolfgang Christian Schneider feststellte: «In Stuttgart gab es drei Stellen, die an der Kinder,euthanasie' mitarbeiteten [...]. Zum Ersten, das Städtische Gesundheitsamt [...]; zweitens das württembergische Innenministerium [...]. Die dritte Stelle, die in Stuttgart mit der Kindereuthanasie zu tun hat, ist das Stuttgarter Städtische Kinderheim in der Türlenstrasse 36 unter der Leitung von Dr. Karl Lempp. Dort besteht eine der 30 so genann- ten ,Kinderfachabteilungen', in denen die Morde im Rahmen der Kindereuthanasie auf Anweisung des,Reichsausschusses' vollzogen werden.»2 Gemäss der nationalsozialistischen «Erb- und Rassenpflege» stuf- ten Ärzte im «Dritten Reich» Kinder und Jugendliche mit Missbil- dungen oder Behinderungen als «lebensunwerte Ballastexistenzen» ein und entfernten sie aus dem so genannten «Volkskörper» durch geheim ablaufende, staatlich organisierte Ermordung. Die Organi- satoren dieses Verbrechens sprachen nicht von Tötung, sie benutz- ten die euphemistische Bezeichnung «Behandlung». Als Mitwisser, Helfer, Schreibtischtäter oder Täter waren dabei Hebammen, nie- dergelassene Ärzte, Klinikärzte, Anstaltsärzte, Amtsärzte in Gesund- heitsämtern und Medizinalbeamte in Ministerien beteiligt. «Die laxe Entlassungspraxis [im öffentlichen Gesundheitswesen] nach dem Krieg», meint Heike Drummer, «resultierte vermutlich aus der Vorstellung, dass das Gesundheitspersonal überwiegend bürokratisch tätig geworden und somit an Eingriffen in die körper- liche Integrität des Menschen und an Tötungen nicht unmittelbar beteiligt war. Das Ausmass medizinischer Verbrechen, für die ge- rade jene Schreibtischtäter' Mitverantwortung trugen, wurde erst viel später erkannt und ist für den Bereich des kommunalen Gesund- heitswesens bis heute unzureichend aufgearbeitet.»3 In wissenschaftlichen Publikationen der jüngeren Zeit über die NS-«Kindereuthanasie» haben verschiedene Autoren auch Genaue- res über die «Kinderfachabteilung» Stuttgart berichtet.4 12 Im April 2013 wurde für das im Städtischen Kinderkrankenhaus Stuttgart ermordete Kind Gerda Metzger vor dem ehemaligen Kli- nikeingang ein «Stolperstein» von dem Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt.5 Stuttgart als Ort einer «Kinderfachabteilung» zei- gen die beiden Wanderausstellungen über NS-Medizinverbrechen: «Im Gedenken der Kinder. Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit»6 und «erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus».7 Die Erstere der beiden Ausstellungen konnte im November 2013 im Rathaus der Landeshauptstadt Stuttgart gezeigt werden,8 die Letztere war von März bis Juli 2014 in der «Stiftung Topographie des Terrors» in Berlin zu sehen.9 Erst in den letzten Jahren wurde untersucht, wie viele Stuttgar- ter Kinder und Jugendliche zusammen mit erwachsenen Heimbe- wohnern in Gasmordanstalten getötet wurden.10 Dass in Stuttgart nicht nur Erwachsene zwangssterilisiert wurden, sondern auch viele Minderjährige, und dass vom NS-Staat als unerwünscht