KAPITALISMUS Analysen Zum Wandel Von Produktionsregimen

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KAPITALISMUS Analysen Zum Wandel Von Produktionsregimen SONDERHEFT 45 FINANZMARKT-KAPITALISMUS Analysen zum Wandel von Produktionsregimen FINANZMARKT- KAPITALISMUS Analysen zum Wandel von Produktionsregimen HERAUSGEGEBEN VON PAUL WINDOLF VS Verlag für Sozialwissenschaften INHALTSÜBERSICHT Vorwort................................................. 7 I. Einleitung Paul Windolf: Die neuen Eigentümer ..................................... 8 II. Finanzmärkte und Produktionsregime Paul Windolf: Was ist Finanzmarkt-Kapitalismus? ............................. 20 Christoph Deutschmann: Finanzmarkt-Kapitalismus und Wachstumskrise .................... 58 Klaus Dörre und Ulrich Brinkmann: Finanzmarkt-Kapitalismus: Triebkraft eines flexiblen Produktionsmodells? . 85 Stefan Kühl: Profit als Mythos. Über den Erfolg und Misserfolg im Exit-Kapitalismus .... 117 III. Finanzmärkte in mikro-soziologischer Perspektive Karin Knorr Cetina und Urs Brügger: Globale Mikrostrukturen der Weltgesellschaft. Die virtuellen Gesellschaften von Finanzmärkten ........................................ 145 IV. Historische Entwicklung Werner Abelshauser: Die Wirtschaft des deutschen Kaiserreichs: Ein Treibhaus nachindustrieller Institutionen ............................................ 172 Martin Höpner: Sozialdemokratie, Gewerkschaften und organisierter Kapitalismus, 1880–2002 196 Susanne Hilger: Zur Genese des „German model“. Die Bedeutung des Ordoliberalismus für die Ausgestaltung der bundesdeutschen Wettbewerbsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg .............................................. 222 Philip Manow: Globalisierung, „Corporate Finance“ und koordinierter Kapitalismus. Die Al- terssicherungssysteme als (versiegende) Quelle geduldigen Kapitals in Deutsch- land und Japan .......................................... 242 6 Inhaltsübersicht V. Geld, Banken und andere Institutionen Dieter Ziegler: Das deutsche Modell bankorientierter Finanzsysteme (1848–1957) ....... 276 Susanne Lütz: Von der Infrastruktur zum Markt? Der deutsche Finanzsektor zwischen Dere- gulierung und Reregulierung ................................. 294 Gerald D. Feldman: Banks, Bankenmacht, and Financial Institutions from 1900 to 1933 ....... 316 VI. Finanzmärkte und Korporatismus Volker Bornschier: Varianten des Kapitalismus in reichen Demokratien beim Übergang in das neue Gesellschaftsmodell .................................... 331 Franz Traxler: Geldpolitik, Tarifsystem und Korporatismus ....................... 372 Richard Münch und Tina Guenther: Der Markt in der Organisation. Von der Hegemonie der Fachspezialisten zur Hegemonie des Finanzmanagements ............................ 394 Bernd Frick: Kontrolle und Performance der mitbestimmten Unternehmung. Rechtsökono- mische Überlegungen und empirische Befunde ..................... 418 Klaus Armingeon: Die Ausbreitung der Aktiengesellschaft und der Wandel des Wohlfahrtsstaates und der Arbeitsbeziehungen. Ein internationaler Vergleich ............. 441 VII. Die „neue“ soziale Ungleichheit Stefan Hradil: Warum werden die meisten entwickelten Gesellschaften wieder ungleicher? . 460 Cornelia Weins: Die Entwicklung der Lohnungleichheit in Deutschland und den USA zwi- schen 1980 und 2000 ...................................... 484 Die Autorinnen und Autoren ................................... 504 English Summaries .......................................... 508 VORWORT Die meisten Sammelbände haben eine längere Vorgeschichte, und dies gilt auch für diesen Band. Den Anstoß gaben die Herausgeber der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie im Mai 2002 mit dem Vorschlag, ein Sonderheft über die ge- genwärtig zu beobachtende Transformation ökonomischer und sozialer Institutionen in Deutschland herauszugeben. Ich habe diesen Vorschlag gerne akzeptiert. Das Thema wurde auf einen spezifi- schen Aspekt des sozialen und ökonomischen Wandels fokussiert. Es geht in diesem Band um die Frage, in welcher Weise das „Modell Deutschland“ sich an ein neues Pro- duktionsregime anpasst, das hier als Finanzmarkt-Kapitalismus bezeichnet wird. Der Ti- tel dient als Chiffre für einen Transformationsprozess, in dem globale Finanzmärkte einen erheblichen Einfluss auf die Veränderungsrichtung und auf die Veränderungsge- schwindigkeit einer Gesellschaft ausüben. In vielen Unternehmen sind Investment- und Pensionsfonds die „neuen“ Eigentümer, die häufig über die Mehrheit des Aktienkapi- tals verfügen. Der „Fall Mannesmann“ (2000) hat gezeigt, dass nicht die Manager, son- dern die neuen Eigentümer bestimmen, was mit einem Unternehmen und mit der Be- legschaft geschieht. Im März 2004 fand eine Konferenz in der Evangelischen Akademie in Bad Herren- alb statt. Auf dieser Konferenz haben die Autorinnen und Autoren ihre Beiträge vorge- stellt und diskutiert. Die Konferenz hätte ohne die Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung (Köln) nicht stattfinden können. Die Thyssen Stiftung hat auch die abschlie- ßende Edition dieses Bandes unterstützt. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken. Mein Dank gilt auch den Autorinnen und Autoren, die bereit waren, ihre Ideen und Thesen auf einer Konferenz vorzustellen, ihre Beiträge aufeinander abzustimmen und erneut zu überarbeiten. Ohne die Mitarbeit der Kolleginnen und Kollegen aus So- ziologie, Politologie, den Geschichts- und Wirtschaftswissenschaften wäre es nicht möglich gewesen, das Thema in dieser Breite vorzustellen. Ob die Kooperation zwischen den Disziplinen gelungen ist, bleibt selbstverständ- lich dem Urteil der Leserinnen und Leser dieses Bandes vorbehalten. Trier, Mai 2005 Paul Windolf I. Einleitung DIE NEUEN EIGENTÜMER Paul Windolf Zusammenfassung: Seit zwei Jahrzehnten beobachten wir den wachsenden Einfluss globaler Finanz- märkte auf die Strategie und Struktur der Unternehmen (Finanzmarkt-Kapitalismus). Am Beispiel der Deutschen Börse wird gezeigt, dass das frühere korporatistische Kontrollsystem der Banken aufgelöst und durch eine Kontrolle der Investment-Fonds (neue Eigentümer) ersetzt wurde. Wei- terhin kann an diesem Beispiel die zunehmende Verrechtlichung der Finanzmärkte illustriert wer- den. I. Fragestellung Zentraler Gegenstand dieses Sonderheftes sind die Finanzmarkt-Institutionen und der Einfluss der Finanzmärkte auf die „Real“-Ökonomie. Zwei Themen stehen im Vorder- grund: Es geht zunächst um eine Analyse der institutionellen Struktur der Finanzmärk- te und um die Frage, wie sich diese Struktur während der vergangenen zwei Jahrzehnte verändert hat. In welchem Umfang wurde z.B. die staatliche Finanzmarkt-Regulierung internationalen Standards angepasst? Wer sind die zentralen Akteure auf den Finanz- märkten und über welche Machtressourcen verfügen sie? Es wird gezeigt, dass die Ban- ken an Einfluss verloren haben und in vielen Unternehmen durch die Investment- und Pensionsfonds als Eigentümer und Kreditgeber ersetzt wurden. In diesem Prozess spielt auch die Europäische Union als ein supranationaler Akteur eine wichtige Rolle: Der Wandel der institutionellen Struktur der Finanzmärkte wurde in vielen Bereichen durch eine europäische Gesetzgebung erzwungen.1 In einem weiteren Schritt geht es um die Frage, in welcher Weise die Finanzmärkte die Strategie und Struktur der Unternehmen beeinflussen. Ist das Produktions-Regime, das hier als Finanzmarkt-Kapitalismus bezeichnet wird, ein Wachstumsregime oder be- hindert es eher Wachstum? Können wir feststellen, dass die nationalen Produktions- Modelle abgelöst und durch ein mehr oder weniger „globales“ Produktionsregime er- setzt werden? In Bezug auf das Modell Deutschland stellt sich insbesondere die Frage: Wie resistent sind die Institutionen des Arbeitsmarktes, z.B. die Mitbestimmung und 1 Prominentes Beispiel ist die Übernahme-Richtlinie der EU; vgl. dazu Helmis (2001). Die neuen Eigentümer 9 der Flächentarifvertrag gegenüber einem globalen Konkurrenzdruck, der durch die Fi- nanzmärkte vermittelt wird? Der institutionelle Wandel, der auf den Finanzmärkten stattgefunden hat, soll im folgenden Abschnitt zunächst an einem Beispiel illustriert werden. Zu Beginn des Jah- res 2005 wurde der Vorstands-Vorsitzende der Deutschen Börse durch eine kleine Gruppe von Investment-Fonds zum Rücktritt gezwungen. An diesem Konflikt zwi- schen Management und Eigentümern lässt sich der Strukturwandel exemplarisch nach- weisen: Zunächst zeigt dieser Fall, dass die in Deutschland vorherrschende korporatisti- sche Regulierung der Aktienmärkte durch ein globales Marktregime ersetzt wurde. Wir können weiterhin den wachsenden Einfluss der Investment- und Pensionsfonds auf die Struktur und Strategie der Unternehmen beobachten. Und schließlich lässt sich an die- sem Beispiel die zunehmende Verrechtlichung der Finanzmärkte demonstrieren (Reregu- lierung). II. Die Macht der Investment-Fonds Die Finanzmärkte wurden in Deutschland bis in die 1990er Jahre von den großen Universalbanken kontrolliert. Es war ein korporatistisches System, dessen Rahmenbedin- gungen zwar durch den Staat gesetzt wurden, dessen operative Ausgestaltung aber in der Verantwortung der Banken lag. Insider-Handel blieb ein Kavaliersdelikt und der Schutz der Kleinaktionäre war – im Vergleich zu den USA – kaum entwickelt.2 Ausländische Beobachter haben die deutschen Banken in der Regel als eine Ord- nungsmacht wahrgenommen.3 Die Banken verfügten über ein ausdifferenziertes Kon- trollsystem, das ihnen ermöglichte, das Management der großen deutschen Aktienge- sellschaften zu überwachen. Dazu gehörten der Aktienbesitz der Banken, ihre Präsenz im Aufsichtsrat und die Verfügung über die Depotstimmrechte der Kunden. Im Ver- gleich zu den USA war das „Principal-agent“-Problem
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