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WIRTSCHAFT

SPIEGEL-Gespräch „Ich werde Kasse machen“ -Gründer James H. Clark über seine Firma und die Zukunft des Internet

SPIEGEL: Herr Clark, wie haben Sie das SPIEGEL: Ist das Ganze nur eine Speku- SPIEGEL: Bis jetzt hat sich Netscape vor Wunder vollbracht, daß eine so junge lationsblase? Oder glauben Sie tatsäch- allem dadurch hervorgetan, daß Sie Ihr und winzig kleine Firma wie Netscape an lich, daß Sie die enorm hohen Erwar- wichtigstes Programm verschenkt haben. der Börse höher bewertet wird als be- tungen wirklich erfüllen können? Wie wollen Sie da ein Geschäft machen? kannte Computerkonzerne wie Apple Clark: Wir wollen der wichtigste Soft- Clark: Man kann es auch anders sehen. oder Sun? ware-Hersteller in der Multimedia-Welt Wir haben 20Millionen Kunden und kei- Clark: Ich glaube nicht, daß unser Bör- und im Bereich der Datenkommunikati- nen Pfennig dafür bezahlt. Und daß un- sengang ein Wunder war. Viele Anleger on werden. Und unsere Chancen stehen ser Kalkül stimmt, zeigt der Jahresab- haben einfach erkannt, daß sich auf dem nicht schlecht. schluß. Internet ein völlig neuer Markt mit ex- plosionsartigen Wachstumsraten entwik- kelt. Da haben sie instinktiv zugegriffen, und das hat den Preis hochgetrieben. SPIEGEL: Zeitweilig wurde Netscape an der Börse mit knapp sieben Milliarden Dollar bewertet. Halten Sie diese Sum- me für ein Unternehmen mit gerade mal 80 Millionen Dollar Umsatz für gerecht- fertigt? Clark: Sie müssen verstehen, daß ich da- zu nichts sagen kann. Gleichgültig, ob ich etwas Positives oder Negatives über den Kurs sage, verstoße ich gegen die Börsenvorschriften.

Das Gespräch führten die Redakteure Peter Hein- lein und Klaus-Peter Kerbusk.

James H. Clark ist einer der derzeit erfolgreichsten Un- ternehmerim Computergeschäft. DerIn- formatiker, der nach seiner Promotion zunächst als außerordentlicher Profes- sor an der renommierten Stanford Uni- versität lehrte, hatte 1982 in Kalifornien die Computerfirma ge- gründet.DieFirmaerkanntefrühdieviel- fältigen Möglichkeiten der Computer- technik bei der Produktion von Spielfil- men und Videospielen und entwickelte unter anderem die lebensecht wirken- den Trickfilmsequenzen für den Holly- wood-Bestseller „Jurassic Park“. Vor zwei Jahren verkaufte Clark einen Groß-

teil seiner Aktien und räumte seinen W. . WEBER Platz als Chairman von Silicon Graphics. Zusammen mit dem damals 22jährigen Stanford-Studenten Dollar auf zeitweilig 75 Dollar. Andreessen und sein Finanzier gründete Clark die Firma Netscape Commu- Clark, 51, waren damit Multimillionäre geworden. Dabei setz- nications. Andreessen hatte eine sogenannte Browser-Soft- te der Newcomer im ersten Halbjahr 1995 gerade mal 17 Mil- ware entwickelt, die die oft schwierige und verwirrende Be- lionen Dollar um, im letzten Quartal waren es allerdings nutzung des weltumspannenden Internet stark vereinfachte. schon gut 81 Millionen Dollar. Unter dem Strich blieb den- Der Netscape-Browser ist heute weltweit der mit Abstand am noch ein Verlust von 3,4 Millionen Dollar. Die Börse zeigte meisten benutzte Navigator bei den Internet-Surfern. Als die sich davon unbeeindruckt, sie bewertete die Zukunftsaus- junge Firma im August vergangenen Jahres an die Börse kam, sichten der in Mountain View (Kalifornien) ansässigen Firma löste sie eine wahre Kaufhysterie bei den Anlegern aus. geradezu euphorisch. Zeitweise kletterte der Kurs bis auf Schon am ersten Börsentag schoß der Kurs von zunächst 28 171 Dollar (siehe Grafik).

106 DER SPIEGEL 8/1996