Vom Plus Ins Minus
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Vom Plus ins Minus Analyse der Verlagerung von Unternehmenssitzen Herausgeber Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart Jägerstraße 30, 70174 Stuttgart Postfach 10 24 44, 70020 Stuttgart Telefon 0711 2005-0 Telefax 0711 2005-1354 www.stuttgart.ihk.de [email protected] Redaktion Philip Reimers Stand August 2017 © 201 7 Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Vervielfältigung auf Papier und elektronischen Datenträgern sowie Einspeisungen in Datennetze nur mit Genehmigung des Herausgebers. Alle Angaben wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernimmt die Industrie- und Handels- kammer Region Stuttgart keine Gewähr. Zertifiziertes Qualitätsmanagement nach DIN ISO 9001 Inhaltsverzeichnis 1. In aller Kürze 5 2. Es gehen mehr Unternehmen als kommen – ein Schuss vor den Bug? 6 2.1 Verlagerungsdynamik über die Gemeindegrenzen bleibt auf hohem Niveau 7 2.3 Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen und Rems-Murr im Plus 9 2.4 Auch bei den Gemeinden gibt es Gewinner und Verlierer 14 2.4.1 Große Kommunen: Mehr Fortzüge als Zuzüge 14 2.4.2 Mittlere Kommunen mit kleinem Plus 16 2.4.3 Kleine Kommunen gewinnen 44 Unternehmen hinzu 17 2.5 Produktion leicht im Plus, Handel und Dienste im Minus 20 2.5.1 Bauwirtschaft mit größter Standorttreue 21 2.5.2 Industrie und Bau mit positivem Verlagerungssaldo 22 2.6 93 Prozent der umziehenden Betriebe haben weniger als 20 Beschäftigte 23 3. Statistiken und Kennzahlen für die 179 Gemeinden der Region Stuttgart 25 3.1 Beschäftigung und Pendler 25 3.2 Bevölkerung und Realsteuern 29 4. Untersuchungsmethodik 33 Anschriften 34 1. In aller Kürze Die Region Stuttgart ist eine bedeutende Wirtschaftsregion, in der es sich gleicher- maßen gut leben und wirtschaften lässt. Jedoch gibt es keinen Grund, sich auf dem erreichten Niveau auszuruhen. Kommunen und Regionen stehen als Standorte von Unternehmen miteinander im Wettbewerb um Betriebe und deren Investitionen, um Fachkräfte und Konsumenten sowie um öffentliche Investitionen in die Infrastruktur. Basis dieser Analyse ist eine Untersuchung der Verlagerung von Unternehmenssit- zen in den letzten vier Jahren, das heißt von Umzügen von Betrieben innerhalb der Region Stuttgart, von Fortzügen aus der Region sowie Zuzügen in die Region: • Im Zeitraum 2013-2016 ist mehr als jedes siebte der ins Handelsregister eingetrage- nen Unternehmen mindestens einmal umgezogen. Pro Jahr haben durchschnittlich 2.349 Unternehmen ihren Standort gewechselt. Die Verlagerungshäufigkeit ist im Vergleich zur Vorperiode 2009-2012 um knapp 15 Prozent zurückgegangen. • Mehr als drei von vier Umzügen erfolgten innerhalb der Region Stuttgart, 57 Prozent innerhalb desselben Kreises sowie 40 Prozent in derselben Gemeinde. • Der Saldo aus Zu- und Fortzügen ist zum zweiten Mal in Folge gesunken. Zwischen 2005 und 2008 waren noch 288 Betriebe mehr in die Region gekommen als aus ihr fortzogen. Dieses Verlagerungsplus reduzierte sich zwischen 2009 und 2012 auf 60 Betriebe. Aktuell (2013-2016) hat die Region Stuttgart Unternehmen verloren (-39). • Die Landkreise Esslingen und Rems-Murr konnten mit einem Nettozuwachs von 73 beziehungsweise 58 Betrieben am stärksten vom Verlagerungsgeschehen profitieren. Der Trend zur „Stadtflucht“ hat sich für die Landeshauptstadt Stuttgart verstärkt: Der Nettoverlust an Unternehmen aus dem Umzugsgeschehen stieg von 115 auf 198. • Bei den Großen Kreisstädten hat Kirchheim unter Teck (+32 Unternehmen) Leinfel- den-Echterdingen (+21) an der Spitze des Verlagerungsrankings abgelöst. Leonberg (-29) und Göppingen (-21) haben absolut die größten Abwanderungsverluste. • In der Industrie und in der Bauwirtschaft sind etwas mehr Unternehmen zu- als weg- gezogen. Dieser Nettozuzug reicht jedoch nicht aus, um die Verluste an Handels- und Dienstleistungsunternehmen zu kompensieren. • 93 Prozent der umgezogenen Unternehmen hatten bis zu 20 Beschäftigte, was in et- wa dem Anteil dieser Unternehmensgröße im gesamten Betriebsbestand entspricht (92 Prozent). Nur bei den Unternehmen mit 50 bis 199 Beschäftigten fällt die Um- zugsbilanz leicht positiv aus, alle anderen Größenklassen haben dagegen per Saldo Betriebe verloren. 5 2. Es gehen mehr Unternehmen als kommen – ein Schuss vor den Bug? Die Wirtschaft der Region Stuttgart befindet sich in einem anhaltenden Boom: Ihre hochwertigen innovativen Produkte und Dienstleistungen sind in der ganzen Welt ge- fragt. Das hat in der regionalen Industrie zu stetig steigenden Erlösen geführt. Ihre Umsätze konnte sie zwischen 2013 und 2016 im Inland um 8,3 Prozent und im Aus- land um 23 Prozent steigern. Damit hat die auf allen wichtigen Märkten der Welt prä- sente regionale Industrie 2016 von jedem Umsatzeuro 66 Cent im Ausland verdient. Davon profitieren nicht nur die Industrie, sondern die gesamte regionale Wirtschaft sowie natürlich auch die hier lebenden Menschen, von denen immer mehr einer sozi- alversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen können. Zwischen 2013 und 2016 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kontinuierlich um ins- gesamt knapp neun Prozent auf über 1,2 Millionen Personen gestiegen. Die jahres- durchschnittliche Zahl der Arbeitslosen ging um 4,1 Prozent zurück. Auch die Zahl der im Handelsregister eingetragenen Unternehmen und Betriebsstätten hat kräftig zugenommen (neuen Prozent). Dabei war der Zuwachs an Betrieben in Bau, Handel und Dienstleistungen mit über zehn Prozent siebenmal so kräftig wie in der Industrie. Es hätten noch einige Unternehmen mehr sein können, wenn in den letzten vier Jah- ren weniger Unternehmen die Region Stuttgart verlassen hätten oder mehr von au- ßerhalb zugezogen wären. Der Nettoverlust an Betrieben (-39) entspricht einem An- teil von 0,06 Prozent an allen ins Handelsregister eingetragenen IHK-Unternehmen. Vor dem Hintergrund der sehr positiven Entwicklung der regionalen Wirtschaft klingt ein Minus von 0,06 Prozent sehr wenig. Trotzdem wäre es fahrlässig, deshalb das Verlagerungsgeschehen auf die leichte Schulter zu nehmen. Die Wahl eines Standorts zählt zu den wichtigsten betrieblichen Entscheidungen, da sie für den unternehmerischen Erfolg von grundlegender Bedeutung ist. Indem sich ein Unternehmen für ein Land, eine Region beziehungsweise eine Gemeinde und damit gegen alle anderen potenziellen Konkurrenzstandorte entscheidet, trifft es eine Aussage über die wirtschaftliche Attraktivität dieser Standorte. Eine Standortwahl trifft ein Unternehmen jedoch nicht nur bei seiner Gründung, sondern auch, wenn es sich zu einem späteren Zeitpunkt für eine Verlagerung und damit für eine Korrektur der ursprünglichen Standortwahl entscheidet. Da eine Unternehmensverlagerung mit er- heblichen Kosten verbunden sein kann, muss die Attraktivität des neuen Standortes schon merklich größer sein als die der alten Standortgemeinde. Durch die Summe der Verlagerungsentscheidungen lassen sich somit durchaus valide Erkenntnisse über die Standortattraktivität von Gemeinden gewinnen. In diesem Sinne ist der negative Umzugssaldo schon ein Schuss vor den Bug. Insbe- sondere da sich damit der Abwärtstrend im Umzugsgeschehen aus den Vorperioden 6 2. Es gehen mehr Unternehmen als kommen – ein Schuss vor den Bug? fortgesetzt hat. Dieses Indiz für eine nachlassende Standortattraktivität lässt zudem befürchten, dass viele Betriebe auch bei anderen wichtigen (Investitions-) Entschei- dungen sich zunehmend gegen die Region Stuttgart entscheiden könnten. 88 von 100 umgezogenen Unternehmen haben bis zu neun Beschäftigte. Aus frühe- ren Befragungen ist bekannt, dass 50 bis 60 Prozent dieser Kleinbetriebe aus priva- ten Gründen umziehen. Solche Umzüge wären natürlich auch durch perfekte Stand- ortbedingungen nicht zu verhindern. Bei den größeren Unternehmen dominieren hin- gegen wirtschaftliche Gründe die Verlagerungsentscheidungen. Trotz des insgesamt negativen Umzugssaldos gibt es in der Region mehr Gewinner als Verlierer. Vier Landkreise können einen positiven Umzugssaldo vorweisen, eine hat eine ausgeglichene Bilanz nur um ein Unternehmen verfehlt, die Landeshaupt- stadt hat dagegen nicht nur an ihr Umland sondern auch darüber hinaus Betriebe ver- loren. 90 der 179 Kommunen der Region haben durch Sitzverlagerungen Unterneh- men hinzu gewonnen, für 18 Gemeinden fällt die Bilanz ausgeglichen aus und 71 Kommunen haben per Saldo Betriebe verloren. Ein reger Austausch über die unter- schiedlichen Entwicklungen und deren Ursachen könnte da sicherlich nicht schaden. Jedoch beeinträchtigt nicht nur ein Nettoverlust an Betrieben die betroffene Gemein- de, sondern jeder einzelne Fortzug eines Unternehmens. Es sollten sich daher auch „Gewinner“-Gemeinden nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Ein Fortzug wiegt umso schwerer, je größer der Betrieb ist, weil mehr Arbeitsplätze, Einkommen und Steuer- einnahmen mit dem Unternehmen den alten Standort verlassen. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen in der Region Stuttgart eng miteinander verflochten sind. Verliert eine Produktions- und Dienstleistungskette ein wichtiges Mitglied, schwächt das die gesamte Kette beziehungsweise das gesamte Cluster. Zwischen 2013 und 2016 haben 1.216-mal Unternehmen der Region Stuttgart den Rücken gekehrt, um sich in anderen Regionen Baden-Württembergs oder in anderen Bundesländern nieder zu lassen. Das sind immerhin 1,9 Prozent des Bestandes. Wä- re zumindest ein Teil dieser Fortzüge verhindert worden, stünde die Region heute noch besser da. 2.1 Verlagerungsdynamik über die