Nordafrikas Säkulare Zivilgesellschaften
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NORDAFRIKAS SÄKULARE ZIVILGESELLSCHAFTEN IHR BEITRAG ZUR STÄRKUNG VON DEMOKRATIE UND MENSCHENRECHTEN SIGRID FAATH (HRSG.) NORDAFRIKAS SÄKULARE ZIVILGESELLSCHAFTEN NORDAFRIKAS SÄKULARE ZIVILGESELLSCHAFTEN IHR BEITRAG ZUR STÄRKUNG VON DEMOKRATIE UND MENSCHENRECHTEN Sigrid Faath (Hrsg.) Berlin, September 2016 © 2016, Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Sankt Augustin/Berlin Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. www.kas.de Satz: Rotkel Textwerkstatt, Berlin Umschlagfoto: Xavier Allard – Fotolia.com Die Publikation wurde gedruckt mit finanzieller Unterstützung der Bundes- republik Deutschland. ISBN 978-3-95721-214-6 INHALT 7 | VORWORT Hans-Gert Pöttering 11 | VORBEMERKUNG DER HERAUSGEBERIN Sigrid Faath 15 | NORDAFRIKAS ZIVILGESELLSCHAFTLICHE WEGBEREITER FÜR DEMOKRATIE UND PLURALISMUS: ZUM UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND Sigrid Faath 29 | LÄNDERANALYSEN 31 | IN DER SACKGASSE: ÄGYPTENS MENSCHENRECHTSORGANISATIONEN IM VISIER DES SICHERHEITSSTAATES Jannis Grimm und Stephan Roll 53 | ALGERIENS SÄKULARE ZIVILGESELLSCHAFT: ZWISCHEN REFORMBEITRÄGEN UND SYSTEMERHALT Jasmin Lorch 85 | DIE SÄKULAREN ZIVILGESELLSCHAFTLICHEN ORGANISATIONEN IN LIBYEN SEIT 2011: ÜBERLEBEN IM CHAOS Ali Algibbeshi und Hanspeter Mattes 117 | MAROKKOS SÄKULARE ZIVILGESELLSCHAFT: VON DER VERFASSUNG GESTÄRKT, IN DER PRAXIS VOR EINER UNGEWISSEN ZUKUNFT Dörthe Engelcke 157 | TUNESIENS SÄKULARE ZIVILGESELLSCHAFT: EINE „SCHULE DER DEMOKRATIE“ MIT STÄRKEN UND SCHWÄCHEN Dirk Axtmann 203 | AUSBLICK 205 | NORDAFRIKAS SÄKULARE ZIVILGESELLSCHAFT: UNVERZICHTBAR FÜR EINE FREIHEITLICHE ZUKUNFT Sigrid Faath 229 | AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE 239 | DIE AUTOREN UND AUTORINNEN 243 | ANHANG 1 245 | KURZPROFILE SÄKULAR ORIENTIERTER ORGANISATIONEN DER ZIVILGESELLSCHAFT: Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien 249 | ÄGYPTEN (Zusammengestellt von Jannis Grimm und Stephan Roll) 273 | ALGERIEN (Zusammengestellt von Jasmin Lorch) 283 | LIBYEN (Zusammengestellt von Ali Algibbeshi und Hanspeter Mattes) 297 | MAROKKO (Zusammengestellt von Dörthe Engelcke) 327 | TUNESIEN (Zusammengestellt von Dirk Axtmann) 367 | ANHANG 2 369 | ZUSAMMENFASSUNG 7 VORWORT Seit 2011 befindet sich die arabische Welt im Umbruch. Zum einen beobachten wir einen konfliktreichen Prozess der Neuausrichtung der regionalen Ordnung mit unmittelbaren Folgen für Europa. Zum anderen finden in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens innenpolitische Auseinandersetzungen um die künftige Ausgestal- tung der Staats- und Gesellschaftsordnungen statt. Nicht überall wird ein Weg in Richtung Demokratie beschritten. Aber in allen Staaten existieren zivilgesellschaftliche Akteure, die sich mit einem unglaublichen Kraftakt für universelle Werte und Normen, für Rechts- staatlichkeit, für Partizipation und Säkularismus, kurz für Demokra- tie einsetzen. Es war daher eine politisch hervorragende Entscheidung, den Friedens- nobelpreis 2015 an das sogenannte Dialog-Quartett in Tunesien zu vergeben. Die vier Preisträger sind zentrale zivilgesellschaftliche Organisationen, welche die jüngere Geschichte Tunesiens erheblich mitgeprägt haben: der Gewerkschaftsverband Union Générale des Travailleurs Tunisiens (UGTT), der Arbeitgeberverband Union Tuni- sienne de l’Industrie, du Commerce et de l’Artisanat (UTICA), die unter dem Ben Ali-Regime drangsalierte Ligue Tunisienne des Droits de l’Homme (LTDH) und die Anwaltskammer Ordre National des Avocats de Tunisie. Das Vierergespann stand im Sommer 2013 für das Engagement der demokratisch-orientierten tunesischen Gesell- schaft und hat erfolgreich als Korrektiv in den politischen Prozess eingegriffen und mit seiner Aufforderung zum Dialog verhindert, dass das Land ins Chaos abdriftet. Denn der Demokratisierungspro- zess im Ursprungsland des „Arabischen Frühlings“ stand damals auf der Kippe: Islamistischer Terror, aber auch die scheinbar sanfte Is- lamisierung der regierenden Ennahda-Partei in allen gesellschaftli- chen Bereichen drohten die ohnehin labilen politischen Strukturen völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mit dieser Auszeichnung würdigte das Osloer Nobelpreis-Komitee letztlich alle zivilgesellschaftlichen Organisationen, die stellvertre- tend für den Dialog, für eine aufgeklärte Verfasstheit des Staates und für die ursprünglichen Ideale des „Arabischen Frühlings“ stehen, und setzte somit ein wichtiges Signal. Denn nicht nur in Tunesien bemühen sich zivilgesellschaftliche Akteure – teilweise unter schwers- ten Bedingungen – um eine demokratische Gesellschaftsordnung. 8 Die Studie „Nordafrikas säkulare Zivilgesellschaft. Ihr Beitrag zur Stärkung von Demokratie und Menschenrechten“ setzt daher an der richtigen Stelle an und stellt die zivilgesellschaftlichen Akteure in den Staaten Nordafrikas in den Mittelpunkt der Analyse. Sie hat nicht den Anspruch, eine vollständige Bestandsaufnahme zu liefern, obgleich die Beiträge einen guten Einblick vermitteln, wie es um zivilgesellschaftliche Organisationen in den fünf nordafrikanischen Ländern Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten bestellt ist. Vielmehr stellt sie institutionalisierte und vernetzte Organisa- tionen vor, die als „Wegbereiter“ demokratische Prozesse vorantrei- ben. Die Beiträge machen aber auch deutlich, dass zivilgesellschaft- liches Engagement im schwierigen Umgestaltungsprozess erlahmen und ermüden kann. Daher ist es ganz besonders wichtig, sie zu würdigen, zu ermutigen und zu unterstützen. Das tut nicht zuletzt auch die Konrad-Adenauer-Stiftung mit ihrer Arbeit in der Region. Zugleich ist die vorliegende Studie die zweite in einer Reihe, die sich gesellschaftlichen und politischen Akteuren in Nordafrika widmet, die die Chancen und Grenzen für die Transformation ihrer Gesell- schaften maßgeblich bestimmen. Der Studie „Islamische Akteure in Nordafrika” von 2012, in der islamisch und islamistisch geprägte Organisationen und Gruppierungen, ihre Ziele und Aktivitäten vor- gestellt wurden, folgt nun eine über die säkularen zivilgesellschaft- lichen Organisationen. Mit dieser Reihe möchten wir zum einen eine Wissenslücke schließen, zum anderen aber will die Konrad-Adenau- er-Stiftung damit auch einen Beitrag zur Diskussion über die politi- schen Transformationsprozesse in Nordafrika leisten und zu den notwendigen Schlussfolgerungen für die deutsche und europäische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik kommen. Es ist meine Überzeugung, dass die vorliegende Studie dazu einen wichtigen und notwendigen Beitrag leistet. Mein herzlicher Dank gilt daher vor allem der Herausgeberin, Dr. habil. Sigrid Faath, sowie den Autoren für ihre Bereitschaft, an diesem Werk mitzuwirken. Für Europa ist Nordafrika ein Teil der unmittelbaren Nachbarschaft. Die Flüchtlingskrise im Mittelmeerraum und der Flüchtlingsstrom nach Europa, aber auch die jüngsten Terroranschläge in Paris, Brüssel und Istanbul haben noch einmal die direkten Auswirkungen der Entwicklungen in der südlichen Nachbarschaft auf Europa vor Augen geführt. Vor diesem Hintergrund müssen wir viel stärker als 9 bisher die Bestrebungen in unseren Nachbarländern im Süden un- terstützen, eine stabile und demokratische Ordnung aufzubauen. Die Aufbruchsstimmung in der arabischen Welt vor fünf Jahren ist inzwischen der Ernüchterung gewichen. Aber die Menschen haben ihre Hoffnung auf eine demokratische und gerechte Gesellschafts- ordnung nicht aufgegeben. Die Konrad-Adenauer-Stiftung fühlt sich all denen verpflichtet, die in diesem Sinne eine wertvolle Arbeit leis- ten, und will mit dieser Studie auch dieser Verpflichtung Ausdruck verleihen. Dr. Hans-Gert Pöttering Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung Präsident des Europäischen Parlaments a. D. 11 VORBEMERKUNG DER HERAUSGEBERIN Fünf Jahre sind seit den Massenprotesten des Jahres 2011, die in Tunesien, Ägypten und Libyen zu Machtwechseln führten und Rück- wirkungen in allen Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens hat- ten, vergangen. Die Hoffnungen großer Teile der Bevölkerung vor allem in den Staaten, in denen es zu Machtwechseln kam, wurden enttäuscht: Das Jahr 2011 war in keinem dieser Länder der Beginn für einen Politikwandel, der mehr soziale Gerechtigkeit und Entwick- lung in allen Landesteilen, Rechtsstaatlichkeit und gute Regierungs- führung mit sich gebracht hätte. Der politische und gesellschaftliche Aufschwung islamistischer Or- ganisationen, der 2011 in diesen Ländern einsetzte, leitete viel- mehr eine konfliktreiche und teilweise blutige Auseinandersetzung um die Neuverteilung der Macht ein. Machtpolitische Erwägun- gen drängten die sozialen Forderungen der Protestierenden in den Hintergrund. Gleichzeitig kam es zu einer politischen und gesell- schaftlichen Bipolarisierung zwischen Verfechtern und Gegnern ei- nes islamistischen Staats- und Gesellschaftsmodells mit bislang un- terschiedlichen Ergebnissen: In Libyen setzen sich die bewaffneten Auseinandersetzungen fort, ein libyscher Staat ist praktisch nicht existent; in Ägypten setzte das Militär den gewählten islamisti- schen Präsidenten im Juli 2013 ab und revitalisierte die autoritären Kontrollmechanismen; in Tunesien übernahm im Februar 2015 eine Koalition aus im Prinzip säkular orientierten Parteien und der isla- mistischen Ennahda-Partei die Regierung, wodurch effektives Re- gierungshandeln erschwert wird. In Marokko stellt seit 2012 eben- falls eine von Islamisten geführte Koalition die Regierung; Versuche der Islamisten,