Neue Cds: Vorgestellt Von Eleonore Büning

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Neue Cds: Vorgestellt Von Eleonore Büning Freitag, 16.01.2015 SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs: Vorgestellt von Eleonore Büning „Unerhörte Nuancenvielfalt“ Johann Sebastian Bach English Suites 1, 3 & 5 Piotr Anderszewski (Klavier) Warner 082564 6219391 „Vom Erwerb abzuraten“ Jean Sibelius Complete Symphonies City of Birmingham Symphony Orchestra Leitung: Simon Rattle Warner Classics 082564 6198788 „Satte Klang- und Farbenfülle“ Richard Wagner Der Fliegende Holländer Anja Kampe (Sopran) Christopher Ventris (Tenor) u. a. Chöre des NDR, WDR und BR Royal Concert Gebouw Orkest Leitung: Andris Nelsons RCO 14004 „Gelungenes Album“ Giacomo Meyerbeer Lieder Andrea Chudak (Sopran) Andreas Schulz (Klavier) Antes Edition BM 319294 „Ersteinspielung“ La Fauvette Passerinette A Messiaen premiere with birds, landscapes & homages Peter Hill (Klavier) Delphian DCD 34141 Signet Treffpunkt Klassik – Neue CDs Heute mit Eleonore Büning, ich grüße Sie! Plötzlich war da keine Schlange auf dem Postamt. Der Verkehr floss leicht mitten in der Rushhour. Die Zeit stand still. Raus aus dem Job, rein in die Familie. Ausschlafen. Ausmisten. Zurückblicken. Und dann: Pläne schmieden. Fast alle Menschen gönnen sich so eine Auszeit zwischen den Jahren, nur wenige dienstleistende Sektoren der Arbeitswelt sind ausgeschlossen. Feuerwehrleute zum Beispiel, Ärzte. Und natürlich Musiker. Sie müssen nämlich die Konzerte rund um den „Ersten Ersten“ liefern, den Soundtrack für das große Aufräumen. Bach vor allem. Bach, empfahl einst ein gestandener DDR-Bachforscher auf dem Leipziger Bach-Kongress anno 1985, sei ideal dazu geeignet, wenn Hausfrauen ihre Schubladen aufräumen wollen; Bach schaffe Ordnung, Bach „gebe der verwirrten Seele Halt“. Das ist zwar polemisch gemeint – aber ich glaube, dieses alte Rezept hat sich doch bewährt. Deshalb fange ich gleich mit Bach an, mit den sogenannten „Englischen Suiten“ und dem Pianisten Piotr Anderszewski. Auf das Aufräumen folgt der Rückblick: Simon Rattle wird demnächst 60, da passt es, dass seine Sibelius-Edition mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra noch einmal wiederaufgelegt worden ist: eingespielt auf Lebens-Halbzeit, mit 29 Jahren. Außerdem habe ich Ihnen eine brandneue Gesamtaufnahme von Richard Wagners „Fliegendem Holländer“ mitgebracht, mit dem Royal Concergebouw Orkest unter Andris Nelsons und einer Spitzenbesetzung. Anschließend, als Antiwagner-Pille, gibt es Lieder von Giacomo Meyerbeer zu hören mit der jungen Sopranistin Andrea Chudak. Und zum guten Schluss kehren wir zurück ans Klavier, für eine „Weltersteinspielung“: Der britische Pianist Peter Hill hat ein bislang unbekanntes Stück von Olivier Messiaen gefunden: „La Fauvette Passerinette“. Soweit das Programm für die nächsten 1½ Stunden. Und hier kommt Piotr Anderszewskis Bach: Johann Sebastian Bach: Englische Suite Nr. 1 A-Dur BWV 806, 2‘20 Prélude 14 Monate hatte er pausiert. Im November meldete sich der Pianist Piotr Anderszewski zurück, mit seinem neuen Bach-Album. Er wolle sich, sagte er, auch mal wieder einlassen auf die „Konzerttretmühle“. Zurzeit ist Anderszewski also wieder live zu erleben und auf Bach-Tour. Soeben spielte er das Eröffnungsprélude der Englischen Suite Nr.1 A-Dur BWV 806. Anderszewski ist jetzt 45 Jahre alt. Ihm eilt der Ruf voraus, er sei ein Enfant Terrible, empfindsam, exzentrisch, unberechenbar, und entsprechend schwer zu vermarkten. Aber so ein Ruf ist natürlich auch schon wieder eine Marketingmaßnahme, und eigentlich sogar ein Gütesiegel. Exzentrik, die macht doch einen Künstler erst so richtig interessant! Und wer möchte schon, statt dem empfindsamen, lieber einen abgebrühten Pianisten hören? Einen Zuverlässigen, einen Routinier? Johann Sebastian Bach: Englische Suite Nr. 5 e-Moll BWV 810, 2‘45 Gigue Also: Von Routine kann man bei Piotr Anderszewski gewiss nicht sprechen! Andererseits: Ausgerechnet Bachs „Englische Suiten“, aus denen er soeben die finale Gigue der fünften Suite, e-Moll, BWV 810 spielte, sind für ihn alles andere als Neuland. Sie gehören schon lange zu seinem bevorzugten Repertoire. Die sechste, die d-Moll-Suite, hatte er bereits 1996 als Debutant beim Polnischen Rundfunk eingespielt, eine Aufnahme, die, neu aufgelegt von seiner Plattenfirma Virgin 2004, bis heute im Katalog steht. Warum also jetzt ein neues Bach-Suiten-Album? Und was ist daran neu? Zumal es ja bereits dutzendweis gute Aufnahmen von Bachs „Englischen Suiten“ gibt, auch gute, ja sogar exzentrische, wie die von Glenn Gould zum Beispiel. Nun, diese Suiten haben es in sich. Alle Pianisten lieben sie, weil man so viel daraus machen kann. Sie heißen zwar „Englische“ Suiten, sind aber stilistisch und formal den französischen Cembalisten abgeschaut, aus deren Tanzsatzfolgen der junge Bach sich seine durchkonstruierte Konzeptkunst erschuf: als seine erste zyklische Klavierkomposition. Die Kontrapunktik der Ecksätze (der Préludes und Gigues) steht im Widerspruch zur Motorik der Couranten und zur harmonischen Raffinesse der Sarabanden – und fasst sie zugleich ein. Alte Tänze, getrimmt auf die avancierte Höhe der Tonsetzkunst – und dann in einer Nuss-Schale serviert. Das bedeute, einen „Ozean zu einem Swimmingpool reduzieren“, sagt Anderszewski bewundernd. Und es bedeutet auch, dass Artikulation und Ausdruck diese Widersprüche transparent machen müssen, weshalb diese Suiten auch auf dem Steinway gut aufgehoben sind. Wenn einer sie so spielt, wie Piotr Anderszewski es tut, dann werden daraus beinahe schon Charakterstücke im romantischen Sinne. Pedal, Rubato, Legato, Stakkato, Hell-Dunkel-Kontraste – all das sorgt für eine unerhörte Nuancenvielfalt: Alle pianistischen Mittel kommen zum Einsatz. Hier, zum Beispiel, Courante und Sarabande aus der dritten Suite g-Moll BWV 808. Johann Sebastian Bach: Englische Suite Nr. 3 g-Moll BWV 808, 10‘30 Courante & Sarabande & Les agréments de la même Sarabande Piotr Anderszewski spielte, aus der dritten Englischen Suite BWV 808, die Courante & Sarabande sowie „Les agréments de la même Sarabande“. Vielleicht haben Sie bemerkt, dass er die Sarabande wirklich zweimal gespielt hat. Einmal schlicht, ein zweites Mal mit exakt allen von Bach vorgeschlagenen Verzierungen. Andere Pianisten, etwa Murray Perahia, pflegen, beides in einem Aufwasch zu erledigen, indem sie jeweils bei der Wiederholung verzieren – also Bachs „Agréments“ als einen unverbindlichen Vorschlag für mögliche Verzierungen auffassen, nicht als Notentext, der gespielt werden muss. Anderszewski dagegen interpretiert die „Agréments“ als Werk eignen Rechts und macht sich so auf diese schöne Moll-Sarabande nicht nur einen doppelten, sondern gleich einen vierfachen eigenen Reim. So machen es nicht alle! Anderszewskis Bach-Album enthält die drei Ungeraden aus den sechs Englischen Suiten, also Nr. 1, 3 und 5. Es ist herausgekommen beim Label Warner Classics, und ich empfehle es Ihnen sehr. Bleibt vielleicht noch die Frage zu klären, warum diese französisch inspirierten Bach-Suiten ausgerechnet „Englische Suiten“ heißen. Die einzig gesicherte Spur ist die, dass Bachs jüngster Sohn, Johann Christian Bach, auf sein Exemplar notierte: „Fait pour les Anglois“. Aber wieso? Das bleibt nach wie vor rätselhaft. „Wie für die Briten gemacht“, damit könnte ja zum Beispiel ebenso gut Sibelius gemeint sein. Schließlich, Sir Simon Rattle selbst hat es so gesagt: „Working with Sibelius is like ‚coming home Jean Sibelius: Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43, 3‘25 Soweit eine Kostprobe aus dem ersten Satz der zweiten Symphonie von Jean Sibelius, in einer historischen Aufnahme. Simon Rattle dirigierte. Und, wie leicht zu hören war, nicht seine Berliner Philharmoniker, vielmehr das City of Birmingham Symphony Orchestra. Das war auch mal sein Orchester gewesen – damals, als diese Aufnahme entstand: im Juni 1984, vor rund 30 Jahren, in der Butterworth Hall des Kulturzentrums der Warwick-University in Coventry. Rattles Gesamtaufnahme aller Sibelius-Symphonien für EMI Electrola wurde damals hochgelobt und seither öfters wieder recycelt, gerade kürzlich ist diese Gesamtaufnahme noch einmal wieder neuaufgelegt worden, in einer 4-CD-Box. Wenn Sie sich nun nach diesem kurzen ersten Eindruck fragen, wieso denn bloß? Dann sind Sie mit dieser Frage nicht allein. Auch die Sibelius-Liebhaber fragen sich das, vielleicht sogar fragen sich das auch die Rattle-Fans, denn man tut keinem Dirigenten einen Gefallen, wenn man ihn an seine holzschnittartigen, glanzlosen Gesellenstücke erinnert. Sibelius ist ja heute kein Komponist mehr, den man erst entdecken müsste. Es liegen etliche Gesamtaufnahmen vor, die deutlich besser, nämlich trennschärfer und klangsinnlicher klingen, als diese frühe Rattle-Arbeit. Zum Beispiel gibt es da die wunderbar transparent leuchtende, blühende Gesamtaufnahme, die Sir Colin Davis mit dem London Symphony Orchestra stemmte, im Barbican Centre um 2000 herum. Dann das nicht ganz so klangsatte, aber dynamisch mitreißende finnische Lahti Symphony Orchestra mit Osmo Vänskä, bei BIS Records. Sir Simon Rattle selbst hat 2010 gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern einen Zyklus sämtlicher Sibelius-Symphonien einstudiert und aufgeführt, der deutlich besser gelungen ist, wenn ich mich recht erinnere. Aber es gibt davon keine Plattenaufnahme. Auch da muss man sich fragen: wieso? Warum wird stattdessen immer noch diese suboptimale Gesamtaufnahme aus den Anfangsjahren des City of Birmingham Orchestra weiter angeboten wie saures Bier? Es muss außermusikalische Gründe dafür geben. Bevor ich auf die Suche danach gehe, will ich Ihnen aber das eben Gesagte kurz plastisch vorführen. Wir bleiben bei der zweiten Symphonie, beim Anfang des
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    CHAPTER DANIEL MEYER-DINKGRÄFE WERKTREUE AND REGIEOPER Terms The debate regarding the role of the director in the context of an opera production has focused on the alleged binary opposite of Werktreue and Regieoper (applied to opera from the term coined in conjunction with theatre as Regietheater). Werktreue can be understood as the director’s commitment to do as much justice as possible to the perceived intentions of the composer and librettist in the process of translating the libretto from page to stage in conjunction with the conductor who is in charge of the score. The director becomes the servant of the art form, in the service of the librettist, as much as the conductor is in the service of the composer. Related terms are traditional, conventional and orthodox. Regieoper, in contrast, places emphasis on the ideas that the director develops inspired by, and in relation to the combination of libretto and score. The director is no longer anyone’s servant and develops an idea, often referred to as a concept, for the production and puts that idea or concept into practice over the rehearsal period. The historical development in opera is one from Werktreue to Regieoper, in parallel to the development within theatre: initially, the role of the director was to ensure singers or actors knew when to enter and exit the stage, leaving the activity of actors in theatre predominantly to improvisation, and not expecting from singers more than predominantly stationary delivery as close as possible to the ramp. According to Heeg, any binary is inappropriate that sets the work of art as it was originally intended, against the director’s personal arbitrariness (2008: 30).
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