Im Zweiten Weltkrieg
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3 Von der Kaiserzeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 3 Bis zur Weimarer Republik 1870/71–1919 Urkunde vom Ende des Militärdienstes, Pfeife von 1875 für 15.07.1860 (Harm Kuiper) Harm Kuite, geb. den 6. April 1855. Inschrift: Der letzte Veteran von 1870/71 „Zum Andenken an meine Dienstzeit! Harm Keute Zeitung vom 18.05.1933 (1. Bl. Nr. 114) geb. den 6. April 1855 zu Berge Hoogstede, 18. Mai: Veteran Reinders †. Eingestellt den 3. Novbr.1875 bei der 12. Komp. D.K. Regt Nr. 78 in Aurich Der letzte Alt-Veteran des Kirchspiels Arkel, Zum Andenken von seinem Bruder der Landwirt Reinders aus Berge, wurde am Hermmans Keute. Für das kurze Menschenleben, die Freundschaft Montag zur letzten Ruhe gebracht. Reinders viel zu schön. Ewigkeiten muss es geben, nahm als Unteroffizier an dem Feldzug wo sich Freunde wiedersehn.’ (Harm Kuiper) 1870/71 teil. Bis ins in sein hohes Alter hin- Solche Pfeifen oder auch Tassen und Teller mit ein war er rüstig, noch am Tage vor seinem dem Namen des Beschenkten gab es vor 1900 viele. Es handelte sich um Einzelstücke, die Ableben fertigte er zwei Paar Holzschuhe an. persönlich beschriftet wurden. Es gab sie zur In voller Gesundheit erreichte er ein Alter von Entlassung aus dem Militärdienst oder auch als Geschenk unter Freunden. (gjb) 87 Jahren. 170 BIS ZUR WEIMARER REPUBLIK 1870/71 - 1919 Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria auf zwei Dosen, sogenannte Kaiserdosen, etwa 50 cm hoch. (Harm Kuiper) Heimkehr aus der Gefangenschaft gekochtes Sauerkraut und das auch noch in 19.03.1918 ungenügenden Mengen. Auf die wiederholten Zeitung und Anzeigenblatt 1918. Beschwerden beim russischen Lagerkomman- Ausgewählt von Johann Jeurink danten über das schlechte Essen, hätte der immer zynisch und roh auf den nahen Fried- Zeitung und Anzeigenblatt, das Kreisblatt für hof verwiesen und jedes Mal geäußert: Dort den Kreis Grafschaft Bentheim, meldet unter ist noch viel Platz! Die Stimmung unter den „Hoogstede, 10. Juli 1916 Vizefeldwebel Cart- Gefangenen war unter diesen Umständen na- heuser, Zollaufseher hierselbst wurde für be- türlich alles andere als rosig. Soviel der jetzt sondere Tapferkeit vor dem Feinde mit dem Heimgekehrte wusste, ist dort in weiter, wei- „Eisernen Kreuz“ 2. Klasse ausgezeichnet.“ ter Fremde ein Kind unserer Gesellschaft, ein Am 19. März 1918 hat die Zeitung Nach- Emlichheimer, den Entbehrungen erlegen. Ob folgendes von seiner Flucht aus der Gefan- auch noch andere engere Landsleute sich in genschaft berichtet, wie Johann Jeurink her- dem Lager befanden, hat Herr Cartheuser ausgesucht hat: nicht ermitteln können, ist also nicht wahr- „Nach einer abenteuerlichen Flucht aus rus - scheinlich. sischer Gefangenschaft traf in der vorigen Als gegen Ende des vorigen Jahres die Woche Herr Zollaufseher Cartheuser hier wie- deutschen Gefangenen die Wellenschläge der der ein. russischen Umwälzung zu spüren bekamen, Vor ungefähr anderthalb Jahren geriet er reifte bei vielen von ihnen der Gedanke der als Vizefeldwebel in russische Gefangenschaft Flucht. Mit noch drei Gefährten trat Herr C. und wurde in einem Gefangenenlager tief im am 30. Januar, nachdem die Pläne lange er- russischen Reich, noch weit hinter Moskau, wogen waren und sich die vier russische Uni- mit anderen Leidensgefährten untergebracht. formen verschafft hatten, den Weg in Rich- Die Verpflegung war dort äußerst schlecht; tung Deutschland an. Das Fortkommen vom fast Tag für Tag gab es nichts als in Wasser Lager gelang ohne große Schwierigkeiten. Die 171 3 WAHLVERHALTEN UND KRIEGSZEITEN furchtbare Verwirrung, die allerorten in Russ- kleine Bestechungssumme. Einer könnte diese land herrschte, kam den Flüchtlingen zu stat- Schätze ja aus dem deutschen Graben holen, ten. Während einer Bahnfahrt von fünf Tagen meinte er. Gesagt, getan! Einer der vier sind sie nur einmal nach ihren Papieren ge- machte sich auf den Weg, während die ande- fragt worden. Als sie sagten sie hätten keine, ren von dem Russen festgehalten wurden. Zum bedeutete man ihnen, dann müssten sie auf Glück trug der abgesandte Bote noch eine der größeren Station aussteigen und sich mel- Summe Geld in der Unterkleidung eingenäht. den. Das taten sie natürlich nicht, sondern Außer Sichtweite des Russen, holte er diesen stiegen eher aus und gingen eine Strecke zu Schatz heraus und begab sich zurück: Schnaps Fuß. Das war fast noch sicherer; die Straßen hatte man im deutschen Graben auch nicht waren belebt mit Scharen russischer Solda- mehr, machte er den Russen deutlich, aber teska, die von der Front kamen und ohne die Geld könnte er erhalten. Damit gab sich der Demobilmachung abzuwarten nach Hause eil- Ruski dann auch zufrieden, und beglückt, dies ten. Kein Mensch behelligte die Flüchtlinge; letzte Hindernis überwunden zu haben, eilten jeder hatte genug mit sich selbst zu tun. die vier Flüchtlinge dem deutschen Graben zu. Schließlich zwangen räubernde Trupps sie Mit Jubel empfing man dort die deutschen zur Hergabe ihrer noch einigermaßen guten Brüder, nachdem sich die vier An- kömmlinge Schuhe, die sie gegen deren schlechte vertau- trotz der russischen zerlumpten Uniformen als schen mussten. Je näher die vier Deutschen gute Deutsche ausgewiesen hatten. Bieten aber der Front kamen – nach fünf Tagen auch wir dem glücklich heimgekehrten Herrn Bahnfahrt und zwei Tagen Marsch – desto Cartheuser ein herzliches: Willkommen in der schlimmer wurde es mit der Kontrolle. Ein Heimat!“ gutes Trinkgeld machte aber jeden Kontrolleur schweigen. Am 30. Juni 1919 meldet dieselbe Zeitung: Endlich kamen sie in unmittelbarer Nähe „Die Heimkehr der Kriegsgefangenen ist nun der deutschen Linie; da entstand ihnen im da. Aus der Mittel- und Niedergrafschaft er- letzten Augenblick ein Hindernis in dem rus- warten wir insgesamt noch 263 Kriegsgefan- sischen Wachtposten. Der stellte sie und wollte gene zurück. Aus Berge 3, Hoogstede-Bathorn sie nicht anders durchlassen als gegen 4 , Kalle 1, Scheerhorn 1, Tinholt 2.“ eine Flasche voll Schnaps und eine nicht zu Gefallenentafel Berge-Scheerhorn 1914/18 „Projekt Gustav Bock“, Lehrer in Scheerhorn 1919–1932 . Die Tafel hängt jetzt bei Harm Kuiper. (Harm Kuiper) 172 NSDAP und Reichsarbeitsdienst (RAD) 1929 –1938 Das Aufkommen der NSPAP 1929-1932 Am 13.05.1931 veranstaltet die Ortsgruppe Von Helmut Lensing und Gerrit Jan Beuker Neuenhaus eine Versammlung in Hoogstede mit dem Mitglied des Landtages Curt Bertram Ein erster, wahrscheinlich völlig unerwarteter aus Wolfenbütel „Landwirtschaft und National- Zusammenstoß mit der NSDAP ergibt sich aus sozialismus“. Einen Monat später, am 16. Juli einem Bericht des Landjägers (Polizisten) aus 1931 sind etwa 200 Personen in Hoogstede Emlichheim vom 6. September 1930. Pastor anwesend bei dem Thema „Warum Volksent- Buitkamp, Hoogstede, hat im Taufgespräch, an scheid?“ Am 9. Oktober 1931 spricht Pg. dem unter anderem Gemeindevorsteher En- Landwirt Geschwend aus Hannover in Hoog- sink aus Tinholt teilnahm, auf dessen Frage stede über „Die Reichstagseröffnung“. Im lebhaft die Wahl der NSDAP befürwortet. Die Nordhorner Anzeiger vom 13. Oktober 1931 NSDAP ist die Nationalsozialistische Deutsche heißt es (Nr. 544): Arbeiterpartei. Sie gilt 1930 noch als gefähr- „Hoogstede: NSDAP-Versammlung wurde lich. Auf den Bericht des Landjägers folgt ein aufgelöst, da der Redner Redeverbot hatte. Schreiben vom Landrat Bentheim vom 10. Auch die danach folgende heimliche Ver- September 1930. Er ordnet die Überwachung sammlung in einer Scheune wurde aufgedeckt des Pastors Buitkamp aus Hoogstede an. und verboten. Redner flüchtete.“ Landjäger sollen überprüfen, ob dieser für die 1932 geht es Schlag auf Schlag weiter. NSDAP wirbt. Am 30. Januar 1932 treffen sich die Mitglieder Aus: Rep 430 Dez. 201 Akz. 5/66 Nr. 12 Bd. 1: der NSDAP in Hoogstede mit einem Schuldi- Überwachung der NSPAP 1929–931 rektor Bergmann. In Zeitung und Anzeigen- Aus dem Zeitungs- und Anzeigenblatt ist er- blatt vom 5. März 1932 findet sich eine An- sichtlich, dass schon ab 1930 regelmäßige Ver- zeige einer NSDAP-Kundgebung zur RP-Wahl anstaltungen auch in Hoogstede stattfinden, die am 8. März 1932 mit Pg. Kötteritz, in der Orts- ein Erstarken der NSDAP, der „Hitlerbewegung“ gruppe Hoogstede. Die Gegenpartei kommt in aufzeigen. Am 17.05.1930 wird eine Versamm- Emlichheim zusammen. Der Christlich Soziale lung mit „Pg“ (= Parteigenosse) Herzog aus Volksdienst (CSVD) ist eine Partei, die sich Oldenburg angekündigt. „Juden haben keinen entschieden gegen den Nationalsozialismus Zutritt“, heißt es schon in dieser Anzeige. Am kehrt. Die Zeitung vom 8. März 1932, (Nr. 56), 6. September 1930 lädt das Blatt ein zum Vor- enhält eine Anzeige für eine CSVD-Versamm- trag mit dem Landtagsabgeordneten Buer- lung am 11. März 1932 mit Gerichtsassessor meyer zum Thema „Hindenburg oder Hitler?“. Fratzicher aus Hannover in Emlichheim: Mit Am 22. März 1931 beruft die NSDAP Orts- Hindenburg zur Freiheit! Auch in Hoogstede gruppe Nordhorn eine Versammlung in Hoog- sieht man dem Treiben nicht mehr nur ein- stede ein. Es sind 42 Zuhörer da, „nur Anhänger fach zu. Am 15. März 1932 meldet die Zei- der Partei. Es kommt zu keiner Neuaufnahme. tung einen unerhörten Vorfall aus Hoogstede: 173 3 WAHLVERHALTEN UND KRIEGSZEITEN Gerüst angesägt, 15. März 1932 Tags darauf gibt es am 22. April wieder (Zeitung- und Anzeigenblatt Nr 62) eine NSDAP-Versammlung in Hoogstede mit Pg. Vienna aus Norden: „Preußen muß wieder „In Hoogstede hatte die NSDAP ein Gerüst ge- preußisch werden“, organisiert von der Orts- baut, an dem am Wahltag ein großes Hitler- gruppe Hoogstede. bild befestigt werden sollte. In der Nacht In den nachfolgenden Monaten und Jah- wurde dies jedoch angesägt, sodass es bei der ren macht die NSDAP immer mehr von sich Befestigung des Bildes zusammenbrach.“ reden. So vermeldet die Zeitung vom 2. Fe- In derselben Ausgabe wird erklärt, wie bruar 1933 (Nr. 27): „Trotz Sturm und Regen man auf fast hundert Prozent Wahlbeteiligung veranstaltete die NSDAP Neuenhaus, Veld- kommen konnte: In Scheerhorn gab es erstmals hausen, Uelsen, Lage und Hoogstede zu Ehren einen „Schlepperdienst“ zur Wahl, sodass fast Hitlers in Neuenhaus einen Fackelzug. Der im- 100% Wahlbeteiligung zustande kam. Selbst ponierende Zug wird angeführt von der Mu- die Lingener Tageszeitung vom 17. März 1932 sikkapelle Neuenhaus.