Impressum

Herausgeber Schwalenberger Wald Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge Grotenburg 52, 32760 www.naturpark-teutoburgerwald.de

Text Sabine Schierholz

Aktualisierung der 2. Auflage: Jan-Eike Altpeter

Fotos Frank Grawe, S. 21 Rüdiger Haase, S. 2 & 3 Wolfgang Peters, S. 3, 6, 8, 16, 19, 21, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 29, 31, 36, 38, 39 alle übrigen: Sabine Schierholz

Abbildungen „Tanz unter einer Linde“, Hironymus Bock, Kreuterbuch, 1577, S. 17 „Schweinemast unter Eichen“, Hironymus Bock, Kreuterbuch, 1577, S. 31

Gestaltung und Layout NATURPARKTRAIL k-konzept | Agentur für Werbung GmbH, Detmold Schwalenberger Wald

Konzept der NaturZeitReise Büro grünplan, Dortmund Naturpark Auf den Spuren der Vergangenheit Teutoburger Wald/Eggegebirge 2. Auflage, Detmold 2019 Grotenburg 52 · 32760 Detmold www.naturpark-teutoburgerwald.de

Gefördert durch:

www.naturpark-teutoburgerwald.de L 948

Inhalt Glashütte Kleiner Heinberg Auf der Lied Vorwort 1 305 Naturparktrail Schwalenberger Wald 2 Siekholz Dörenberg Klima, Geologie, Böden und Gewässer Fischanger 5 L 614 K 74 Braker Feld L 946Landschafts- Die Nordroute Vom SchiederSee nach Harzberg 6 Hirsch- schutz- Von Harzberg nach Elbrinxen 12 Heinberg- sprung Lüdenberg Harzberg gebiet 227 Von Elbrinxen nach Schieder oder Schwalenberg 16 siedlung Exkurs: Kulturelle Bedeutung der Linde 17 Bahnhof Exkurs: Neobiota – gebietsfremde Arten 19 Von Waidmannsheil nach Schieder 22 Harzberg Stadtholz Exkurs: Häufige Baumarten des Schwalenberger Waldes 23 256 Exkurs: Kahlenberg und Kahlenturm 25 Von Waidmannsheil nach Schwalenberg 28 L 614 Schieder Die Südroute Kahlenberg Glashütte Von Schieder nach Schwalenberg 30 314 Alt-Schieder Viedhenkenberg Kleiner Pulskopf Exkurs: Hudewirtschaft und ihre Folgen 31 Exkurs: Die Ziegelei auf dem Mörth 35 Schweibusch Naturschutzgebiet Schwalenberg und seine historischen Anlagen 37 Großer Pulskopf Exkurs: Schwalenberger Stadtwasser 39 Elbrinxen L 886 Sehlberg S c h w a l e n b e r g e r Wanderkarte Waidmannsheil Das Mörth Eichwald Bennerberg Schwalenberger Wald 206 Adamsberg

L 946 Brakelsiek SCHIEDER-SCHWALENBERG L 886 K 72 W a l d L 827 Langengrund

Köllerberg L 827 Lothe Schwalenberg Im Riesen Dohlenberg Bomberg L 827 L 827 311

Westerberg K 71 336 K 70 NaturZeitReise — Bewegung durch Raum und Zeit

Bewegung in der Natur ist nicht nur wohltuend für Körper und Geist; heute möchten wir Sie einladen, die Landschaft einmal mit anderen Augen zu betrachten. Auf dem Natur- parktrail im Schwalenberger Wald wird die Dimension „Zeit“ mit ihren vielfältigen Facetten für den Natur- und Wander- freund erlebbar gemacht.

Im Laufe der Zeit hat sich die Natur- und Kulturlandschaft der Region stetig weiter- entwickelt. So wurde sie von den hier lebenden Menschen über Jahrhunderte gestaltet und geprägt. Aber auch der natürliche Zyklus von Pflanzen und Tieren in den Jahreszeiten und in ihren Lebensphasen spielt eine Rolle, ebenso wie die Kräfte der Natur, die die Landschaft durch Wind und Wetter über Jahrtausende formten. Dazu gehört schließlich auch die „bewegte“ Geschichte der Erde, die das Weserbergland vor vielen Millionen Jahren formte. Viele Ereignisse, die unseren Naturraum im Laufe der Zeit geprägt haben, sind auch heute noch in der Landschaft sichtbar, wenn man genau hinschaut. Durch Zeitfenster und Hinweistafeln entlang der Route wird die Aufmerksamkeit der Besucher auf solche Zeitzeugen gerichtet. So werden noch heute erkennbare Auswirkungen historischer Waldnutzung ebenso erlebbar gemacht wie erdgeschichtliche Ursprünge heutiger geologischer Formationen und der damit einhergehenden Vegetation unseres Naturraumes.

Tauchen Sie ein in vergangene Jahrhunderte und entdecken Sie viel Neues auf Ihrer Wanderung durch Raum und Zeit. Eine stilisierte Sanduhr weist als Markierungszeichen den Weg. Das Team des Naturparks wünscht Ihnen viel Vergnügen auf dem Naturparktrail Schwalenberger Wald.

Ihr

Dr. Axel Lehmann Verbandsvorsteher des Naturparks Teutoburger Wald/Eggegebirge

1 Naturparktrail Schwalenberger Wald

Der Naturparktrail „Schwalenberger Wald“ führt den Wanderer Entlang des Naturparktrails auf eine spannende Reise durch die geschichtsträchtige Kultur- gibt es also viel zu sehen und landschaft im Südosten des Lipper Berglands und zeigt, wie zu erleben - lassen Sie sich eng das heutige Landschaftsbild mit historischen Nutzungsfor- überraschen! Der Gesamt- men und Ereignissen verknüpft ist. Die Menschen bauten nicht rundweg ist ca. 32 km lang nur Dörfer und Straßen, sie veränderten die Landschaft durch und kann in zwei Teilrouten Viehhaltung, Land- und Forstwirtschaft. So sind die Teiche, die erwandert werden. Die süd- vernässten Böden sowie die Baumartenverteilung im Schwa- liche Route entlang der

lenberger Wald ebenso durch Eingriffe des Menschen entstan- Ortschaften Schwalenberg, NaturZeitReise den wie die Wallanlagen, Grenzsteine und das mittelalterliche Brakelsiek und Schieder ist Stadtwasser Schwalenbergs. 20 km lang, die nördliche Heute ist der etwa 2.750 ha große Schwalenberger Wald Natur- Route verbindet Schieder, schutz- und Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet mit einem Laub- Harzberg, Elbrinxen und Schwalenberg und ist 22 km lang. holzanteil von ca. 70 %. Sein Plateau, das Mörth (446 m), ist mit Wandertafeln an den wichtigsten Ausgangspunkten informie- Fichten bestockt. In den vernässten Bereichen wachsen die ren über Streckenführung und -länge. Der Naturparktrail ist Reste von Heide- und Moorpflanzengesellschaften. Warum das mit dem Symbol einer Sanduhr gekennzeichnet. so ist, erfahren Sie durch die Info-Tafeln am Wanderweg und in dieser Broschüre.

2 3 Klima, Geologie, Böden und Gewässer

Der Schwalenberger Wald ist ein Höhenzug im Südosten des Kreises und liegt im Osten Nordrhein-Westfalens. Er gehört geografisch zum Lipper Bergland und umfasst Höhenstufen zwischen etwa 130 bis 446 m NN. Das Klima ist kühl-gemäßigt, die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 7,7 °C, die Jahresniederschläge liegen im Mittel bei 855 mm (800 bis 950 mm). Der Höhenzug ist Teil des Lippischen Keupergebiets; als geo- logische Formationen treten die in diesem Bereich ungestör- ten Schichten des Mittleren und Oberen Keupers auf. Auf der untersten Schichtstufe stehen graue Mergel an, darüber folgen der Schilfsandstein, dann der Mergel der Roten Wand und darauf der Steinmergelkeuper. Die höchste Schichtstufe bilden die harten Gesteine des Rät, die als Bausteine (z.B. der Kilians- kirche in Lügde), als Pflaster- und Mühlsteine genutzt wurden.

Über diesen Ausgangsgesteinen hat sich eine Vielzahl von Bodentypen gebildet, die alle von einer Lößlehmdecke beein- flusst werden. Die Böden sind mittel bis gut nährstoffversorgt und auf dem Mörth, dem Plateau des Schwalenberger Waldes, vernässt. Dort, wo wasserführende Gesteinschichten mit undurchlässi- gen abwechseln und diese an den Hängen des Schwalenber- ger Waldes ausstreichen, gibt es zahlreiche Quellen, deren Wasser sich in vielen kleinen und zwei größeren Bächen, dem Schweibach und dem Steinbach, sammelt. Die Bäche des Schwalenberger Waldes fließen in die Niese, die Wörmke und schließlich in die Emmer, das größte Fließgewässer der Region. Alle Stillgewässer des Schwalenberger Waldes sind künstlich angelegt: ehemalige Tonkuhlen und Torfstiche, Artenschutzge- wässer Fisch- und Feuerlöschteiche.

4 5 DIE NORDROUTE Vom SchiederSee nach Harzberg

Parkmöglichkeit: Bahnhof Schieder, Tourist-Info/Rathaus Schieder, Freizeitzentrum SchiederSee (an den Wochenenden kostenpflichtig) Wegstrecke: Der Weg führt durch den Schlosspark Schieder entlang des südlichen Ufers des SchiederSees. Schwierigkeitsgrad: leicht Etappenläge: ca. 5 km Der See kann während des ÖPNV: Bahnhof in Schieder, Bushaltestelle Sommers mit einem Ausflugs- in Harzberg (z.B. Fischanger) schiff, Tret- oder Segelbooten Einkehrmöglichkeiten: am SchiederSee, in Schieder befahren werden; im Winter und bei Harzberg kann man auf dem See zahl- reiche überwinternde Der Bahnhof Schieder an der Strecke Hannover-Altenbeken Wasservögel beobachten. war der erste des ehemaligen Fürstentums Lippe und ist seit 1872 in Betrieb. Der erste prominente Fahrgast, der hier Rund um den SchiederSee „ausstieg“ war der Hermann, die Skulptur auf dem Denkmal führt ein 8 km langer, sehr bei Detmold. Die Einzelteile wurden in Bandels Werkstatt in bequemer Wanderweg, der Hannover angefertigt, mit dem Zug 1873 bis Schieder beför- auch für mobilitätseinge- dert und von dort aus mit Ochsengespannen nach Detmold schränkte Personen geeignet gebracht. Als das berühmte Denkmal 1875 eingeweiht wurde, ist. Der Naturparktrail führt reiste Kaiser Wilhelm I. ebenfalls in seinem Salonwagen über auf einem Abschnitt dieses Wasserdost am Wegesrand Schieder an. Weges am Südufer entlang und an den Einrichtungen des Freizeitzentrums vorbei: einem Die Uferzonen des SchiederSees weisen dort, wo sie nicht Spielpark für Kinder, Bootsanleger, Gastronomie, Wohnmobil­ gärtnerisch gepflegt werden, die typischen Arten stehender hafen und einem Ponyhof. Am gegenüber liegenden Ufer Gewässer auf: Rohrglanzgras, Rohrkolben, Blutweiderich und blickt man auf den Hainberg und die Herlingsburg, auf deren Schilf bieten Unterschlupf und Schutz für Wasservögel. Kuppe eine eisenzeitliche Ringwallanlage und zu deren Füßen der kleine Ort Glashütte liegt. Glasmacher gründeten hier 1715 eine neue Glashütte, nachdem sie die auf dem Mörth liegende Glashütte Honede 1714 wegen Brennholz­ mangels aufgeben mussten.

Jenseits des Freizeitzentrums liegt der schönste Wegeab- schnitt am SchiederSee. Er führt entlang eines bewaldeten Bergsporns, des Hirschsprungs, der in den See hinein ragt. Der Name Hirschsprung erinnert an die höfischen Jagdgesell- schaften, bei denen das Wild zu Steilhängen getrieben wurde, wo es nicht weiter konnte und so die Gelegenheit zum erfolg- reichen Schuss bot. Am Hirschsprung brüteten bis 1839 die sehr seltenen Schwarzstörche. Seit einigen Jahren besetzen sie 6 7 wieder Brutplätze in der Region und können mit viel Glück auf den Wiesen am Rand des Schwalenberger Waldes beobachtet werden. Im Altbuchenbestand am steilen Hang sieht man zerfallende Bäume mit Pilzkonsolen, Bohrlöchern und Spechthöhlen. Die- ses Totholz ist ein wichtiges Element im Lebensraum Wald und eine unverzichtbare Voraussetzung für naturnahe und arten- reiche Wälder. Eine Vielzahl von Organismen ist auf liegendes oder stehendes Totholz angewiesen: Pilze, Flechten und Moo- se, holzbewohnende Käfer, Bienen- und Wespenarten, viele Käferarten und Vögel wie Baumläufer, Kleiber sowie die vier Spechtarten des Schwalenberger Waldes: Bunt-, Grün-, Mittel-

Der SchiederSee und Schwarzspecht. Stehendes Totholz wird von anderen Arten besiedelt als bereits liegendes Totholz, da Sonneneinwirkung und Feuchteverhältnisse für unterschiedliche Mikrostandorte sorgen. Als Versteck oder Winterquartier sind liegendes Tot- holz und Baumstümpfe bei Amphibien wie der Erdkröte oder dem Feuersalamander beliebt, große Baumhöhlen in stehen- dem Totholz werden gerne von Fledermäusen, Siebenschläfern und höhlenbrütenden Vogelarten genutzt.

Der Weg verläuft auf einem Stück der alten Straße über den Hirschsprung und führt um eine kleine Bucht herum, die von der Freizeitnutzung des Sees abgetrennt als Rückzugsraum für Wasservögel dient. In dem vernässten Erlen- und Eschenge- hölz bieten dichte Bestände von Schilfrohr, Binsen, Brennnes- seln und Weidenröschen Versteck-, Brut- und Nahrungsraum für Amphibien, Insekten und Vögel. Auf den Wasserflächen zwischen den kleinen Inseln im See sieht man Wasservögel wie Haubentaucher, Teichrallen, Enten- und Gänsearten. 8 9 Bei Glashütte überquert der Wanderweg die Straße nahe erhoben. In so einem Zollhaus der Staumauer. In dieser befindet sich neben einem Wasser- gab es traditionell auch eine kraftwerk auch eine Fischtreppe, damit die Wanderung der Gastwirtschaft, denn Reisen Flussfische nicht behindert wird. Bei den technischen Anlagen macht hungrig und durstig. jenseits der Staumauer handelt es sich um die Kläranlage 1897 wurde die Erhebung des der Stadt Schieder-Schwalenberg. Die Emmer fließt ab der Chausseegeldes eingestellt, Staumauer als tief in den Lößlehm eingeschnittener und an der Gastronomiebetrieb blieb den Ufern mit Erlen und Weiden bestandener Fluss durch erhalten und ist noch heute eine Wiesenlandschaft, wie es sie vor der Errichtung des Sees im Besitz der Familie, die den auch bei Schieder gab. Diese Wiesen gehören zum 473 ha letzten Zöllner im Fischanger großen Naturschutzgebiet (NSG) Emmertal, das nicht zuletzt stellte. deshalb ausgewiesen wurde, um die negativen ökologischen Folgen des SchiederSees abzumildern. Die Nebenflüsse der An der Straße beim Fischan- Emmer und deren Täler sind ebenfalls Teil des NSG, so auch ger steht ein alter Chaussee- die Wörmke, in deren Tal man vom Wanderweg bei Elbrinxen stein, hier verlief einst die blicken kann. Grenze zwischen dem Fürs- tentum Lippe und dem Königreich Preußen. Der Wanderweg Zunächst aber kommt man führt durch einen Buchenmischwald, an dessen Waldrand bei nach einem kurzen Weg Harzberg - dort, wo die Landschaftsliege zum Verweilen einlädt durch einen alten Eichen- - ein alter Grenzstein steht, der auf der Fischanger zugewand- und Buchenbestand zum ten Seite die Lippische Rose und auf der Harzberg zugewand- „Fischanger“. Das Fach- ten den Preußischen Adler trägt. Von der Landschaftsliege am werkgebäude wurde 1818 Waldrand aus hat man eine schöne Aussicht auf die Wiesen als Forsthaus erbaut und war und Höfe Harzbergs. Wendet man sich auf dem Weg durch die ab 1820 (mit einer kleinen Felder noch einmal zurück, fällt wieder der Berg der Herlings- Unterbrechung) Zollhaus des burg besonders ins Auge. Fürstentums Lippe; hier wurde das Chausseegeld

10 11 aus Holz- oder Steinkohle Von Harzberg aufgeschichteten Ziegel- stapel. Rund um das Mörth nach Elbrinxen und sogar auf dem Mörth selbst gab es Ziegeleien, die Parkmöglichkeit: Am Rastplatz nahe der ähnlich wie Glashütten und Freien Bildungsschule Köhlereien auf große Mengen Wegstrecke: Von Harzberg am Nordwestrand des Brennmaterial angewiesen Schwalenberger Waldes entlang bis waren. Sie mussten nahe an Elbrinxen den Verbrauchern liegen, da Schwierigkeitsgrad: mittel Ziegelsteine früher wegen Etappenlänge: ca. 6,5 km der schlechten Straßen nicht ÖPNV: Bushaltestellen in Harzberg gut über weite Entfernungen (z.B. Fischanger) und Elbrinxen transportiert werden konnten. (z.B. Schäferberg) Im Ziegeleimuseum in Lage Einkehrmöglichkeiten: in Elbrinxen wird eine funktionstüchtige Anlage ähnlich wie diese Harzberger Ziegelei gezeigt und Das kleine Dorf Harzberg mit weniger als 100 Einwohnern mehrmals im Jahr in Betrieb genommen. gehört zur Stadt Lügde. Harzberg wird erstmals 1453 urkund- lich erwähnt. Die Einwohnerzahl des Ortes hat sich über Jahr- Am Waldrand wächst auf der linken Seite des Weges ein jun- hunderte kaum verändert, weil die nahezu ausschließlich land- ger Eschenbestand, „Schuttkippe geschlossen, Schutt abladen wirtschaftliche Struktur Harzbergs kein Bevölkerungswachstum verboten“ ist dort auf Schildern zu lesen. zuließ. Der Wanderweg führt an einem stattlichen Gebäude An diesem Ort befand sich die Tongrube der Harzberger vorbei, das von seiner Erbauung 1912 bis 1966 die Harzberger Ziegelei, die nach der Nutzungsaufgabe mit Müll und Schule war und in dem sich heute die Bildungsschule Harz- Bauschutt verfüllt wurde. berg, eine Grundschule in freier Trägerschaft befindet. Nach einem kurzen Anstieg führt der Weg durch einen Bu- Von Harzberg aus verläuft der Wanderweg wieder ein kurzes chenhochwald und dann am Waldrand entlang. Er quert dabei Stück auf der alten Trasse der L 614, um bei der Ziegeleiruine viele kleine Bachläufe. Am Rand des Mörths entspringen viele Richtung Wald abzubiegen. Die Ziegelei wurde 1903 von den Quellen und zwar dort, wo tonige Keuperschichten gegen den Gebrüdern Maris gebaut und kam 1908 in den Besitz der Hang auslaufen. Überall im Wald sieht man tote oder abster- Familie Ridderbusch. Seit Anfang der 1960er Jahre der Betrieb bende Bäume mit Pilzkonsolen und zahlreichen Löchern in eingestellt wurde, erobert die ihren Stämmen – Nahrungs- und Brutbäume für viele Tierarten, Natur das Gelände Stück für Ringofen der Ziegelei zu denen auch der seltene Schwarzspecht gehört. Stück zurück. Das Gebäude mit dem Schornstein ist ein Unterbrochen wird das Bild des Buchenwaldes durch einen Ringofen, in dem man die Zie- kleinen Fichtenbestand. Dort stehen am Weg einige knorrige gel brannte, die in dem links Laubbäume, Robinien (Robinia pseudoacacia). Robinien sind stehenden Gebäude produ- zäh und trockenheitsresistent; sie können auf Rohböden wach- ziert wurden. Ein Ringofen ist sen, diese durch symbiotische Bakterien mit Stickstoff anrei- eine technisch aufwendige chern und mit Wurzelbrut festigen. Deshalb werden sie gerne Konstruktion, die nicht jede zur Sicherung und Begrünung von Halden oder Bahndämmen Ziegelei hatte. Vielerorts eingesetzt. Ihr hartes, witterungsbeständiges Holz ist eine wurden die Ziegel im Feld- Alternative zu Tropenhölzern und wird zu Gartenmöbeln u. ä. brandverfahren hergestellt, verarbeitet. Robinien stammen aus Nordamerika und können d.h. das Feuer fraß sich durch einen mit Zwischenschichten 12 13 sich in trocken-warmen Lagen unserer heimischen Flora durch- ab1646). Dieses überaus Wald setzen. Hier im Schwalenberger Wald ist es für die Bäume zu schädigende Vorgehen, alles kühl und nass, so dass sie keine schönen Stämme bilden. Holz aufbrauchen, weiter- ziehen und verwüstete Fläche In den Buchen jenseits des Fichtenbestandes gibt es ein Kolk- zurück lassen, ist eine der rabennest. Mit etwas Glück können die Wanderer dort die Hauptursachen für die frühere intelligenten Vögel beobachten. Entwaldung des Mörths. Der Weg führt im weiteren Vom Waldrand aus blickt man über Äcker und Wiesen in das Verlauf an einem kleinen Tal der Wörmke, jenseits des Tals liegen die Höhen des Weser- Quellgewässer vorbei, dem berglandes. Früher reichte der Wald bis an die Wörmke heran; Rosenborn, der für Elbrinxen auf den jetzigen Ackerflächen wuchsen Eichen, die gerodet eine besondere Bedeutung wurden, um den Holzbedarf zum Wiederaufbau Lügdes nach hat, denn nach alter Sage dem großen Stadtbrand von 1797 zu decken. werden die Elbrinxer Kinder In den wirtschaftlich schwierigen 1920er Jahren wurden aus dem Rosenborn geholt. weitere 10 ha Eichenwald östlich der Siedlung Glashütte in Das kleine Fließgewässer ist Ackerland umgewandelt. ein schönes Beispiel für die vielen Quellen und Bäche, die es am Mörth gibt und in deren sauberen und das ganze Jahr über Die kleine Siedlung Glashütte am Nordrand des Kleinen gleichmäßig kalten Wasser sich die Larven des Feuersalaman- Pulsberges (282 m) ist der Standort der letzten Glashütte im ders (Salamandra salamandra) entwickeln können. Schwalenberger Wald. Sie war bis 1816 in Betrieb und eine typische Wanderhütte. War das Holz in der Umgebung auf- Wenige Schritte weiter erreicht man einen asphaltierten gebraucht, zogen die Glasmacher weiter. Zuvor stand die Wanderweg, auf dem man entweder ins Tal nach Elbrinxen Elbrinxer Glashütte am Hallenberg (südwestlich von Harzberg, absteigen oder direkt weiter auf das Mörth aufsteigen kann. ab 1704) und davor am Unteren Harzberg (südlich Harzbergs, 14 15 Die wunderschöne Sommer- Von Elbrinxen nach linde (Tilia platyphyllos) ist ein beeindruckendes Naturdenk- Schieder oder Schwalenberg mal und gehört mit ihrem Stammumfang von 12 m zu Parkmöglichkeiten: Wanderparkplatz am Waldrand, an der den stattlichsten Bäumen Wittekind-Linde oder an der Deutschlands. Mitte des Storchenstation 19. Jahrhunderts wurde die Wegstrecke: Von Elbrinxen über das Plateau des Krone der Linde von einem Mörths nach Waidmannsheil und von heftigen Sturm so stark be- dort aus entweder nach Schieder schädigt, dass sie gekappt (Nordroute) oder nach Schwalenberg werden musste. Um das Jahr (Gesamtstrecke). 1860 ließ Fürstin Elisabeth zur Schwierigkeitsgrad: schwer, wegen des deutlichen Anstiegs Lippe Eisenbänder anbringen und die acht verbliebenen Äste Etappenlänge nach mit Eisenstangen verstreben. In den 1950er Jahren wurde die Schwalenberg: ca. 8,5 km Krone erneut gestutzt, bei einer Sanierung 1959 wurden die Etappenlänge Eisenbänder entfernt und die Baumkrone durch Stahlseile ge- nach Schieder: ca. 9,5 km sichert. Heute ist der altehrwürdige Baum kerngesund und legt ÖPNV: Bushaltestellen in Elbrinxen (z.B. jedes Jahr ein paar Zentimeter zu. Er steht vor der Elbrinxer Schäferberg) und Schwalenberg Kirche, eine romanische Saalkirche aus dem 12. Jahrhundert, (z.B. Am Oekerberg) und Bahnhof in die neben der großen Linde winzig wirkt. Auf Grund seines Schieder. Alters (800-1000 Jahre) wird der Baum auch als 1000-jährige Einkehrmöglichkeiten: am SchiederSee, in Schieder Linde bezeichnet. und in Schwalenberg

Keramikfunde deuten darauf hin, dass das Dorf Elbrinxen Exkurs: Kulturelle Bedeutung der Linde bereits im 9. Jahrhundert existierte. Die älteste sichere Erwäh- In vielen Regionen Deutschlands wurde der Dorfmittelpunkt nung des Ortes als Elmerinckhusen stammt aus dem Jahr 1361. einst mit Linden bepflanzt. Linden waren Verkündstätten und In der Soester Fehde (1444-1447), wurde das Dorf zerstört, nur Versammlungsorte, hier wurde Gericht gehalten. In manchen die Kirche und die Kirchlinde blieben weitgehend erhalten. Dörfern Mitteldeutschlands sind noch Tanzlinden erhalten, die Das heutige Dorf ist eine Neusiedelung aus dem beginnenden mit speziellen Podesten ausgestattet waren, auf denen bei 16. Jahrhundert; der neue Ort wurde leicht nach Nordosten Dorffesten getanzt wurde. Auch in der näheren Umgebung verlagert. Die romanische Kirche und die grandiose Linde kann man so eine alte Tanzlinde besuchen: sie steht im davor markieren noch heute den mittelalterlichen Dorfmittel- Leopoldshöher Ortsteil Bexten. punkt.In Elbrinxen ist für jeden naturbegeisterten Wanderer In der Mythologie ist die Linde der Baum Freyas; sie galt als ein Abstecher zur Wittekind-Linde Pflicht und Vergnügen. Göttin der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit und diese symbolische Bedeutung wurden auch ihrem Baum zugedacht. Die Linde galt, bis sie im 19. Jahrhun- dert von der Eiche abgelöst wurde, als „der“ Baum der Deutschen. Dichter wie Walter von der Vogelweide („Unter der Linden“, von 1227) und Wilhelm Müller („Der Lindenbaum - Am Brunnen vor dem Tore“, 1822, vertont von Franz Schubert 1827) setzten der Linde in ihren Werken ein poetisches Denkmal. 16 17 Exkurs: Neobiota – gebietsfremde Arten Pflanzen- und Tierarten, die sich neu in einem Gebiet an- gesiedelt haben und meist von anderen Kontinenten dorthin gekommen sind, werden als „Neobiota“ (neo = neu, bio = Leben) bezeichnet. Dies können Tiere („Neozoen“) oder Pflan- zen („Neophyten“) sein. Nun sind Pflanzen und Tiere schon immer gewandert: nach den Eiszeiten haben sie Mitteleuropa neu besiedelt und mit den ersten Ackerbauern sind Nutz- pflanzen und Ackerwildkräuter nach Deutschland gekommen. Das Datum, ab dem Neuankömmlinge als Neobiota gelten, wurde festgelegt auf das Jahr 1492, denn mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus kam eine wahre Fülle neuer Arten Besonders interessant ist in den Sommermonaten ein Besuch nach Europa. der 1985 gegründeten Storchenstation Elbrinxen. Im Jahr 2019 Neobiota haben einen zweifelhaften Ruf, denn einige von zogen 11 Brutpaare 25 Jungstörche auf. In der Regel bleiben ihnen verbreiten sich schnell und haben keine natürlichen die Jungtiere bis Mitte August und die Altstörche bis Mitte Sep- Feinde. Damit können sie eine Bedrohung für gefährdete, tember in der Region, bevor sie sich auf den Weg in ihre Win- heimische Arten werden, welche oft sehr spezielle Lebensan- terquartiere machen. Die Vögel brüten auf den Nisthilfen rund sprüche haben. Zu den problematischen Neobiota gehören um die Storchenstation und auf den Dächern der umliegenden u.a. der Riesen-Bärenklau und der Waschbär. Bei Kontakt mit Gebäude. Die Nester sind vom Weg aus gut zu beobachten Riesen-Bärenklau kann es in Folge von Sonneneinstrahlung und oft findet man am Wegesrand eine Storchenfeder im Gras. zu ernsthaften Verletzungen der Haut wie z.B. Verbrennungs- erscheinungen kommen. Das Kleinblütige Springkraut, das im Der Weg von der Storchenstation zur Schwalenberger Wald fast überall an den Wegrändern wächst, Wittekind-Linde führt durch den von ist ebenfalls ein Neophyt. Die zierliche Pflanze stammt aus traditioneller bäuerlicher Landwirtschaft Asien und entkam 1837 aus einem botanischen Garten. Das geprägten Teil Elbrinxens. Der Blick auf Kleinblütige Springkraut kann große Bestände bilden, gilt die Wegränder, den Ilsenbach, der den aber als unproblematisch, da es an Orten wächst, die durch Weg ein Stück begleitet, die Gärten und Lichtmangel oder durch eine dicke Streuauflage für andere Bingelkraut die Flächen zwischen den landwirtschaft- Arten nicht nutzbar sind. Weitere Neophyten sind das Indische lichen Gebäuden lohnt sich, denn hier Springkraut (an feuchten und lichten Stellen zwischen Schwa- sieht man schöne, selten gewordene Fotomotive wie freilauf- lenberg und Brakelsiek), die Nachtkerze (bei Fischanger) und ende Hühner und typische Dorfpflanzenfluren. die Kanadische Goldrute (in der Mergelkuhle „Rote Wand“ bei Brakelsiek). Von Elbrinxen aus geht es durch einen schönen Buchenwald Riesen-Bärenklau Richtung Mörth, dem 446 m hohen Plateau des Schwalenber- ger Waldes. Der Anstieg ist recht erheblich, der Parkplatz am Waldrand liegt bei ca. 180 m, der Große Pulskopf, den man hier erklimmt, ist 420 m hoch. Im schattigen Buchenwald wachsen am Wegrand Bingelkraut (Mercurialis perennis) und Kleinblüti- ges Springkraut (Impatiens parviflora). Dort, wo die Wegränder etwas mehr Licht bekommen, fällt der Riesen-Bärenklau (Herac- leum mantegazzianum) besonders auf, der mit riesigen Blättern und bis zu 3 m hohen Blütenständen eine für eine krautige Art beeindruckende Größe erreicht. Der Riesen-Bärenklau ge- hört zu den Neobiota; er wurde im späten 19. Jahrhundert als Zierpflanze in Mitteleuropa eingeführt und wächst erst seit den 1970er Jahren am Mörth. 18 19 Die heute bewaldete Fläche um den Großen Pulskopf war 2013 einen „Himmelsteich“ anlegen ließ, der ausschließlich noch vor weniger als 250 Jahren kahl - eine Folge des Holzver- von Niederschlägen gespeist wird. Die tonigen Schichten im brauchs der Glashütten und der Waldweidewirtschaft. 1806 war Untergrund verhindern das Versickern des Wassers. etwa ein Viertel des Schwalenberger Waldes mehr oder weni- ger baumfrei, insgesamt rund 7 km². Auf dem Mörth hatte die Das Artenschutzgewässer Entwaldung besonders gravierende Folgen, denn das Klima ist soll u.a. dem Kammmolch besonders rau und undurchlässige tonige Bodenschichten be- als Laichplatz dienen, denn hinderten die Entwässerung der Böden. Organisches Material das Mörth gehört zu den wurde nur noch unvollständig zersetzt und es entstanden nasse höchstgelegenen Kamm- Rohhumusschichten, die von Torfmoosen besiedelt wurden. molch-Laichplätzen in Nord- Damals kamen hier typische Pflanzen der Hochmoore und rhein-Westfalen. Ursprünglich Heiden wie Scheidiges Wollgras, Sonnentau und Rosmarin- stammen die Tiere wohl aus heide vor. Mit der Entwässerung und Aufforstung der Fläche den Emmerauen. Über viele mit Fichten sind diese Pflanzen wieder verschwunden, ebenso kleine „Trittsteingewässer“ wie der Auerhahn, den es hier im 18. Jahrhundert noch gab. wie alte Torfstiche, den See- Kammmolchmännchen Noch heute ist die ehemals waldfreie Fläche im Gelände an rosenteich und Feuerlösch- der Grenzlinie zwischen Laub- und Nadelwald gut zu erkennen. teiche sind sie bis auf das Mörth gewandert. Schon jetzt leben Die natürliche Verjüngung der Fichten zeigt, dass diese Baum- erste Kammmolchlarven im Teich. Seltene Libellen wie Große art auf dem Mörth inzwischen Moosjungfer, Nordische Moosjungfer, Kleine Moosjungfer, fest etabliert ist. Mit dem Torf-Mosaikjungfer und Kleine Binsenjungfer nutzen den neuen Klimawandel könnte sich das Lebensraum. Die sauren, huminstoffreichen Gewässer auf dem wieder ändern, denn stei- Mörth und deren Uferzonen sind auch für Pflanzenarten der gende Temperaturen, höhere Moore wie die Torfmoose wichtige Ersatzlebensräume. Typisch Windgeschwindigkeiten und für die älteren Mörth-Gewässer sind flutende Teppiche der trockenere Böden erhöhen Zwiebelbinse und des Schwimmenden Laichkrauts. ihre Anfälligkeit gegenüber Windwurf und Borkenkäfer- Von Waidmannsheil aus kann man weiter der Nordroute folgen befall. und am Seerosenteich vorbei zum Kahlenturm und von dort nach Schieder zurück wandern. Torfmoos Nach einigen hundert Metern Alternativ kann man nach Schwalenberg absteigen und entlang kommt man zu der Schutzhüt- des Stadtwassers die Stadt erreichen oder am Südwestrand te „Waidmannsheil“, in deren Nähe der Naturpark Teutoburger des Schwalenberger Waldes über Brakelsiek nach Schieder Wald / Eggegebirge im Rahmen des Projekts „NaturZeitReise“ wandern (Gesamtroute).

20 21 Exkurs: Häufige Baumarten des Schwalenberger Waldes Die Rot-Buche (Fagus sylvatica) ist die im Schwalenberger Wald dominante Baumart und würde unter natürlichen Bedingungen vorherrschen. Durch die Eingriffe des Menschen sind weitere Baumarten dazu gekommen. Häufigste Art neben der Buche ist die Fichte Buchenwald (Picea abies), mit der die baumfreien Flächen des Mörth aufgeforstet wurden.

Der in der Jugend schattentolerante Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) ist Austrieb der Rot-Buche Von Waidmannsheil eine der wenigen Baumarten, die mit den wuchsstarken Buchen mithalten nach Schieder und in die oberste Kronenschicht der Buchenwälder vordringen können. Folgt man dem Weg nach Schieder (Entfernung ca. 5,5 km), wandert man zunächst auf einem schnurgeraden Weg, unter- Die Eichen (Quercus robur und Trauben-Eiche brochen von wenigen Abknickungen durch den Fichtenwald Q. petrea), die ebenfalls in den Buchen- des Mörth, in dessen Unterwuchs Farne und Heidelbeere beständen vorkommen, können als (Vaccinium myrtillus) wachsen. Diese Wegeführung ist der Lichtholzart nicht mit den Buchen mit- schachbrettartigen Einteilung der Fichtenaufforstungen und halten. Als wertvolles Nutzholz werden den zwischen den Beständen angelegten Feuerschneisen sie gepflegt und gefördert. In der histo- geschuldet. rischen Hudewirtschaft wurden Eichen als Fruchtbäume besonders geschätzt. Fichtenforst An der Abzweigung mit dem Hinweis „Seerosenteich“ lohnt sich ein kleiner Abstecher. Der Seerosenteich ist das älteste An feuchten Bachufern und in Senken künstlich angelegte Stillgewässer des Mörth, denn er ist eine stehen Gemeine Eschen (Fraxinus der alten Tongruben der Ziegelei, die von 1790 bis 1849 auf excelsior). Eschen wurden zu Zeiten dem Mörth in Betrieb war. der Hudewirtschaft ebenfalls gefördert, Diese ehemalige Tongrube denn ihr proteinreiches Laub wurde als (Torfstich) wurde 1954 in einen Winterfutter geerntet. Dazu wurden die Feuerlöschteich umgewandelt Bäume „geschneitelt“, wie man das und vor Jahrzehnten mit See- heute noch von Kopfweiden kennt, die rosen bepflanzt. Sie verwan- jungen Äste mit dem Laub getrocknet, deln den Teich im Sommer in gebündelt und bis zum Winter gela- ein Blütenmeer und machen gert. ihn zu einem beliebten Aus- flugsziel. Mittlerweile ist der Teich teilweise verlandet und Besonders an den Waldrändern wach- besonnte Laichplätze für den Kammmolch fehlen. Im Seerosen- sen Hainbuchen (Carpinus betulus), oft Berg-Ahorn teich leben Teichmolche, die Verwandten des Kammmolchs. als Relikte alter Hecken. Hainbuchen- Rund um den Teich blühen im Frühling Siebenstern (Trientalis laub wurde als Winterfutter und das Holz zum Heizen und als europaea), Heidel- und Walderdbeere (Fragaria vesca). Nutzholz z.B. für Werkzeugstiele sehr geschätzt. Anders als ihr deutscher Name vermuten lässt, gehören sie aber nicht zu den Buchen- sondern zu den Birkengewächsen. 22 23 Überall sieht man im Wald Schäden und Veränderungen, wel- Exkurs: „… von weither ins Auge fallend…“ – Kahlenberg che nicht in den regulären Bewirtschaftungsrhythmus passen: und Kahlenturm Die vielen Wurzelteller zeugen noch heute von den Stürmen Fürst Leopold II zur Lippe erfreute sich während seines Auf- Kyrill (2007) und Friederike (2018), welche große Schäden enthalts im Schloss Schieder gerne an der schönen Aussicht anrichteten. Fichten sind Flachwurzler, deren Bewurzelung auf dem Kahlenberg und wollte „…ein schon von weither ins auf dem Mörth aufgrund der Bodenverhältnisse extrem flach Auge fallendes, interessantes Point-de-vue erhalten und vom ausfallen kann und die Bäume leicht zu Opfern von Stürmen Turm aus die umfassende und reizvolle Aussicht… ermögli- werden lässt. Auch das Absterben von Fichten, ausgelöst durch chen“. Damals war der Kahlenberg noch ein kahler Berg - dafür den Befall mit Borkenkäfer kann beobachtet werden. Auf den sorgten die hier weidenden Schweine und Ziegen. Der Name nun baumfreien Flächen können sich die ersten Strauch- und des Berges deutet darauf hin, dass der Wald hier früh zurück- Baumarten wieder ansiedeln. Zu diesen Pioniergehölzen gehö- gedrängt wurde; möglicherweise durch den Holzverbrauch der ren u.a. Birken, Holunder und Weiden. In den Mittelgebirgen ab dem 13. Jahrhundert in diesem Bereich ansässigen Glashüt- würde nahezu jede nicht mehr bewirtschaftete Fläche früher te. Und noch um 1950 hatte man vom Turm aus einen schönen oder später von Wald besiedelt, zunächst von Pioniergehölzen, Ausblick ins Emmertal. danach von Buchen- und Buchenmischwäldern Der Bau des Kahlenbergturms war auch eine Notstandsarbeit zur Verbesserung der Verdienstmöglichkeiten der ärmeren Be- Die „Birkenhütte“ an der völkerung. In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts verschlech- nächsten Wegekreuzung wur- terte sich die wirtschaftliche Lage vieler Lipper drastisch, denn de mit Birken umpflanzt, um durch die Industrialisierung des Leinengewerbes fielen die den Picknickplatz zu verschö- Heimarbeitsplätze der Spinner und Leineweber weg. nern. Auch auf den durch- 27 Tagelöhner und mehrere Maurer aus Schieder und Brakel- forsteten, lichten Waldflächen siek wurden 1840/41 beim Zuwege- und Turmbau beschäftigt, nahe der Schutzhütte stehen viele Handwerker aus der Umgebung waren bei den Turm- zahlreiche junge Birken. Die arbeiten und bei Lieferungen beteiligt. Im Winter 1840/41 lichtbedürftige Baumart fanden die vorbereitenden Arbeiten statt, 1841 wurde der Turm konnte dort keimen und auch errichtet. Die Osningsandsteine dafür kamen aus Feldrom im andere lichthungrige Wald- Teutoburger Wald, die Fenster wurden aus Lippstadt, das Dach pflanzen haben die Chance wurde aus geliefert. Zur Ausstattung des Turmes wur- genutzt: Auf der frisch auf- den bei einem Blomberger Tischler 12 Gartenstühle gekauft. geforsteten Fläche nahe der Hütte blühen Fingerhut, Wei- Sturmschäden des Orkans Kyrill denröschen und Brombeeren, weitere typische Arten solcher Schlagflurgesellschaften.

Von der Birkenhütte geht es durch einen jungen Buchen- bestand zum Kahlenturm auf dem Kahlenberg (314 m). Über dem Portal ist das Wap- pen der Fürsten zur Lippe angebracht, die Lippische Rose und Stern mit Schwalbe für die ehemalige Grafschaft Schwalenberg.

Fingerhut 24 25 Am Kahlenturm beginnt der einen schönen Blick auf die Gartenfassade des Schlosses. Der Abstieg nach Schieder durch aus Tirol stammende Baumeister Joseph Falck erbaute Schloss einen jungen Laubholzbe- Schieder im Stil des niederländischen Klassizismus, einer in stand. Überwiegend wachsen Westfalen verbreiteten Variante des Barock. Die Treppenanlage, hier Buchen, aber auch einige die einen Wasserlauf mit drei Kaskaden flankiert, stammt noch Wildkirschen (Prunus avium) aus der ursprünglichen Gartenanlage. Rechts sieht man säumen den Weg. Ihre rötlichbraune Ringelborke mit den ein kleines Nebengebäude, schmalen Querstreifen hebt sich gut von der glatten, silbrig- das in der ersten Hälfte des grauen Rinde der Buchen ab. An der zweiten Kehre des Weges 19. Jahrhunderts erbaute liegt ein großer Sandsteinblock, von den Frösten der Eiszeit aus Prinzen- oder Teehaus. der obersten Gesteinsschicht herausgesprengt. Der Weg endet auf einem breiteren Weg, der nach weiteren 50 m auf einem Geht man links um das Schloss asphaltierten Weg Richtung Friedhof Schieder führt. Bevor man herum, kommt man auf das dem Naturparktrail weiter folgt, lohnt sich ein kleiner Abstecher „Palais“ zu; es diente einst nach links zu der 5,9 ha großen Wallanlage von Alt-Schieder. als Back- und Brauhaus und Wenn im Winter die unbelaubten Bäume den Blick freigeben, ist beherbergte die Schlosskapelle. Hinter dem Palais liegen die der Verlauf und die Höhe der Wälle besonders gut zu sehen. Auf Gebäude der ehemaligen fürstlichen Domäne Schieder. Die der innerhalb des Walles liegende Wiesenfläche standen einst ehemaligen Scheunen werden als Wohn- und Bürogebäude Häuser und Kirche des 822 n. Chr. erstmals erwähnten Ortes. genutzt. Hier hat auch die Biologische Station Lippe ihren Sitz gefunden. Tourist-Info und Bürger- und Rathaus Schieder sind im Vom Friedhof Schieder geht es zurück alten Rinderstall untergebracht und im Verwalterhaus befindet in den Ort. Keimzelle des heutigen sich ein Hotel. Ortes war die Domäne Schieder, die die Blomberger Augustinermönche als Der Weg um die Rasenfläche vor dem Schloss mündet in eine Gutshof errichteten und die nach der Lindenallee, die ursprünglich über die Emmer hinaus bis Siek- Reformation in den Besitz des lippi- holz reichte. Gegenüber dem Schloss flankieren Marstall und schen Herrscherhauses fiel. Das Schloss, Remise, beide 1832 erbaut, den Weg. Sie werden als Gesund- erbaut ab 1703, diente bis zur No- heitszentrum genutzt und durch ein kleines Hallenbad ergänzt. vemberrevolution 1918 der lippischen Herrscherfamilie als Sommerresidenz. Die beiden Wohnhäuser rechts und links der Lindenallee dien- ten als Gärtner- und Gewächshaus. Um den Landschaftsgarten Der Park wurde während der Bauzeit jenseits dieser Gebäude wurde der Schlosspark in der zweiten des Schlosses angelegt, dann mehrfach erweitert und umge- Hälfte des 19. Jahrhunderts erweitert. Der Teich, an dem der staltet, bis er seine heutige Größe von fast 18 ha erreichte. Folgt Weg nahe dem Freibad vorbei führt, heißt Butterborn. In dem man dem Wanderweg zur oberen Terrasse des ehemaligen Ba- kleinen Bruchsteingewölbe am Teich wurden die Milchprodukte rockgartens, der von 2002 bis 2009 rekonstruiert wurde, hat man für den fürstlichen Haushalt im Schloss frisch gehalten.

26 27 Von Waidmannsheil erfolgreich umzusetzen: 1883 gab es auf dem Mörth in nach Schwalenberg der Wolfskuhle den ersten 60-jährigen Fichtenbestand. Zunächst sanft, später deutlich bergab geht es vom Plateau Jenseits des Walls führt der des Mörths nach Schwalenberg (Entfernung ca. 4,5 km). Links Weg bergab durch Buchen- des Weges liegt im Wald eine Fläche, auf der während des wald, dem verschiedene „Kalten Krieges“ Raketen der Nato stationiert waren. Nach Baumarten wie Berg-Ahorn, kurzer Zeit verlässt der Weg die Fichtenforstregion und führt der zu den Edellaubgehölzen wieder in den Bereich des Buchenhochwaldes. In diesem zählt, beigemischt sind. Bereich des Weges liegen im Wald verstreut große Sandstein- Erdkröte blöcke, die durch starke Fröste während der Eiszeit aus den Der Teich am Weg ist der oberhalb liegenden Keuperschichten heraus gesprengt wurden ehemalige Feuerlöschteich Schwalenbergs. Im Brandfall konn- und hierher rollten oder rutschten. te ein Ablauf geöffnet werden. Das Wasser strömte dann in das Stadtwasser, die mittelalterliche Wasserversorgung, und kam An der Nadelwald-/Laubwaldgrenze ist noch der 1821 ange- etwa 10 Minuten später in der Stadt an. Der Naturpark hat die legte Schutzwall zu sehen, der hangparallel verläuft und den Restaurierung des alten Löschteiches veranlasst und konnte unterhalb liegenden Buchenwald vor den sauren Sickerwässern so den Lebensraum für Kamm-, Faden- und Bergmolch, für des Mörths schützte. Nicht nur die Sickerwässer, auch die von Grasfrosch und Erdkröten sichern. der kahlen Kuppe herab fließende Kaltluft gefährdeten die Buchen, besonders deren spätfrostempfindlichen Laubaus- Am Waldrand steht das 1870 errichtete Forsthaus Schwalen- trieb. Deshalb wurde der niedrige Wall mit Fichten bepflanzt, berg, ein Bruchsteinhaus mit liebevoll angelegtem Garten. um im Schutz dieser Bäume die Entwässerung und Aufforstung Von dort aus hat man bereits einen schönen Blick auf das des Mörths nach Fehlversuchen mit Erlen- und Birkenanbau malerische Schwalenberg.

28 29 Exkurs: Hudewirtschaft und ihre Folgen DIE SÜDROUTE Im Herbst, zur Zeit der Eichelreife, wurden die Schweine in die Von Schieder Hudewälder getrieben, damit sich die Tiere an den nahrhaften Früchten fett fressen konnten; Hirten begleiteten sie in den nach Schwalenberg Wald. Der Begriff „Hude“ leitet sich von „hüten“ ab. Die Hirten Parkmöglichkeiten: Bahnhof Schieder, Tourist-Info/Rathaus sorgten nicht nur dafür, dass die Schweine im Wald blieben, Schieder sie förderten auch gezielt die Eichen, denn: „Auf den Eichen Wegstrecke: Der Weg zwischen Schieder und wachsen die besten Schinken“. Sie schützten die Stämme jun- Schwalenberg führt entlang des ger Eichen mit dornigen Schlehen- und Weißdornzweigen vor südwestlichen Randes des den gierigen Mäulern der Schweine und kappten die jungen Schwalenberger Waldes und gewährt Bäume in etwa zwei Meter Höhe, um deren Verzweigung und viele schöne Ausblicke in die Land- damit deren Fruchtansatz zu fördern. Alte Hudebäume, wie schaft des Niesetals bis ins Steinheimer sie im Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge z.B. noch im Becken. NSG Externsteine, am Eisernen Anton bei Bielefeld und im Hu- Schwierigkeitsgrad: leicht dewald Gehrden zu sehen sind, sind in der Regel tief und breit Etappenlänge nach beastet. Im Naturschutzgroßprojekt „ und Teutoburger Schwalenberg: ca. 8,5 km Wald“ wird der Wald zwischen Oerlinghausen und ÖPNV: Bushaltestellen in Schwalenberg seit 2011 wieder beweidet. (z.B. Am Oekerberg) und Brakelsiek Nicht nur Schweine wurden (z.B. Abzw. Lothe) und Bahnhof in zur Weide in den Wald ge- Schieder trieben, sondern auch Rinder, Einkehrmöglichkeiten: in Schieder, in Brakelsiek Schafe, Pferde und Ziegen. (nur an Wochenenden) und in Diese Waldweidewirtschaft Schwalenberg prägte das Waldbild sehr. Junge Bäume konnten sich Von Schieder aus führt der Weg durch den Schlosspark, vorbei nicht entwickeln, da sie von an Schloss und Domänengebäuden Richtung Alt-Schieder, der den Tieren abgefressen mittelalterlichen Wallanlage, deren Freifläche innerhalb der wurden. Auch Winterfutter Hauptwallanlage als Holzlagerplatz des Landesverbandes und Stalleinstreu wurden aus Lippe dient. In der Mergelkuhle in der Nähe Alt-Schieders be- dem Wald geholt. Durch die findet sich eine alljährliche Entnahme des Gedenkstätte für die Toten Falllaubs und -holzes verarm- der Weltkriege. ten die Böden. Es entwickelte sich eine Heide, auf deren Auf diesem Teil des Natur- ausgelaugten Böden im parktrails sieht man im von dichten Geflecht des Heide- Buchen dominierten Wald krautes Baumsämlinge keine einige stattliche Eichen. Chance mehr hatten. Trotz Früher wurde dieser Bereich aller Bemühungen um eine für die Waldhude, speziell für Entflechtung von Waldbau und Weidewirtschaft ab etwa 1750 die Schweinehude genutzt. dauerte es im Bereich des Mörth bis 1875, bis im Rahmen des Der Schweibach, den der Schwalenberger Ablösungsverfahrens Waldhude und Streu- Weg überquert, ist ein schö- mahd beendet wurden. Mehrfach wurde in diesem Zeitraum ner, naturnaher Mittelgebirgs- besonders die Ziegenhude im Wald verboten. Um aber die bach von hervorragender ärmere Bevölkerungsschicht vor dem (Ver-)Hungern zu be- Wasserqualität. wahren, wurde die Waldhude in Not- und Kriegzeiten immer wieder erlaubt. 30 31 Der Weg führt vorbei an dem Schiederaner Ortsteil Sehlberg. alten Obstwiesen, an denen Am Ortsrand Schieder sieht man links des Weges die erste von der Wanderweg vorbei führt, mehreren Mergelkuhlen. Der bläuliche Mergel dieser Kuhle überleben historische Obst- wurde einst für den Wegebau abgebaut. Die große „Sehlberg- sorten, die heute keinen kuhle“ bei Brakelsiek wird als Grillplatz genutzt. wirtschaftlichen Wert mehr haben. Biesterfelder Renette, Die Mergelkuhle „Rote Wand“ am Adamsberg zwischen Jägerbirne und Extertaler Brakelsiek und Schwalenberg ist als Bodendenkmal ausgewie- Renette sind hier dank der sen. Hier wachsen Elsbeeren (Sorbus torminalis), der „Baum Pflege durch engagierte Na- des Jahres 2011“, der in Lippe seine nördliche Verbreitungs- turschutz- und Heimatvereine grenze erreicht. Mit rotem Mergel wurden die Äcker gedüngt; noch zu finden. der hohe Kalkgehalt und die krümelige Struktur des Mergels verbesserten Bodenstruktur und Erträge. Dort, wo die alten Brakelsiek ist eine Neuansiedlung des 16. Jahrhunderts, die Mergelkuhlen ungestört und offen blieben, sind sie zu wert- schnell zu einem großen Dorf wurde. 1848 war ein schwarzes vollen Lebensräumen für bedrohte Tierarten wie Zauneidechse Jahr für das Dorf: am 10. Mai lösten spielende Kinder eine und Geburtshelferkröte geworden. Brandkatastrophe aus. 54 Gebäude brannten nieder, 51 Fa- milien mit 212 Personen wurden obdachlos. Brakelsiek ist die Entlang des Weges sieht man alte Heimat zweier Zieglerdichter, Friedrich und Heinrich Wienke, Grenzsteine der Gemeinden und in deren Texten viel von den Lebens- und Arbeitsverhältnissen Relikte historischer Nutzung der der Lippischen Ziegler überliefert ist. Landschaft wie Feldgehölze und Hecken, die im Frühsommer mit Beim Blick über die Landschaft fällt jenseits von Brakelsiek ein blühenden Schlehen und Weiß- einzelner bewaldeter Hügel in der sonst nur sanft gewellten dornsträuchern nicht nur ein ästhe- Landschaft auf: es ist der Stoppelberg bei Rolfzen. tischer Genuss sind, sondern auch Nahrungsquelle vieler Insektenar- Der Naturparktrail quert viele größere und kleinere Wege, die ten, darunter auch der Honigbiene. in den Schwalenberger Wald hinein führen. Manche sind tief Früher waren solche Landschafts- in das Gelände eingeschnitten und ihre Böschungen sind mit elemente allgegenwärtig und alten Hainbuchen (Carpinus betulus) bewachsen, die aus ehe- umgaben die Dörfer wie einen maligen Hecken heraus gewachsen sind. Sie haben knubbe- Schutzmantel. Sie lieferten Obst, Holz für Drechsler, Böttcher, lige Verdickungen an den alten Schnittstellen oder wachsen Spinnrad- und Stellmacher, Brennmaterial, Wild- und Heil- mehrstämmig aus einem Stock heraus. Die senkrecht zu den kräuter. Heute sind sie oft letzte Rückzugs- und Lebensräume Hängen verlaufenden Bodenwellen sind oft Reste historischer für Wildpflanzen und -tiere in der Kulturlandschaft. Auf den Wege. Tief und breit ausgefahren im Laufe der Jahrhunderte

32 33 bilden sie oft ganze Wegebündel, denn wann immer eine der Exkurs: Die Ziegelei auf dem Mörth unbefestigten Spuren durch Nutzung und Witterungseinflüsse Bei den ersten Entwässerungsmaßnahmen fand man auf dem unbefahrbar wurde, umgingen die Fuhrleute diese Bereiche. Mörth Ton; darauf hin wurde dort 1790 eine Ziegelei gebaut. Bis 1813 gab es in Lippe ausschließlich unbefestigte Wege, Sie wurde bis zur Erschöpfung der Tongruben im Jahr 1849 ein zusätzliches Problem für die Ziegelei auf dem Mörth, denn betrieben, war jedoch aufgrund der abgeschiedenen Lage und die Ziegel mussten über solche Wege den steilen Hang hinab der Anweisung der Fürstlichen Rentkammer, Torf als Brennma- transportiert werden - ein Albtraum für Fuhrleute und Zugtiere. terial zu verwenden, nie konkurrenzfähig. Torf ist kein geeig- netes Material für den Ziegelbrand; es kommt zu Temperatur- Wie viele andere Relikte schwankungen, die die Qualität der Ziegel mindern. Der letzte historischer Bewirtschaftungs- Ziegelmeister Conrad Klöpper durfte nach dem wirtschaft- formen sind auch unbefes- lichen Ruin in dem Ziegeleigebäude auf dem Mörth wohnen tigte Wege und Hohlwege bleiben und bat die Rentkammer 1853 um Unterstützung: selten geworden; sie sind „Meine Frau und ich haben oft in 5 bis 6 Tagen keinen Mund mit modernen (über-)breiten voll Brot gehabt. Ich mit meiner Frau müssen, so wahr wie Gott land- und forstwirtschaftlichen lebt, verhungern in diesem Winter, wenn uns nicht besonders Maschinen nicht befahrbar. geholfen werden kann.“ Wo es solche Wege noch Conrad Klöpper ließ 1827 auf dem Mörth auch einen Töpfer- gibt, sind ihre Böschungen ofen bauen, in dem er bis zur Aufgabe der Ziegelei irdenes Ge- Schlehen wertvolle Lebensräume schirr hergestellte; Scherben und Fundamente des Töpferofens für Pflanzen und Tiere der fand man bei Ausgrabungen 1989. Von den Gebäuden der al- Waldränder und Rückzugsräume für Tierarten der freien Land- ten Ziegelei sieht man nichts mehr, sie lag abseits der heutigen schaft. Früher wurden entlang dieser Wege Holz zum Heizen Wege in der Rodenstatt, einer eisenzeitlichen Ringwallanlage. und für andere Verwendungszwecke entnommen (Hainbuche und Weißdorn für Gerätestiele, Haselruten für Flechtwerk, Schlehenzweige zum Schutz der Obstbäume auf Viehweiden) den Wald; ein angenehmes und Wildobst geerntet. An den Wegrändern zwischen dem Gehen auf sanft nachge- ehemaligen Forsthaus Brakelsiek und der Mergelkuhle „Rote bendem Untergrund. Dieser Wand“ kann man zur Brombeer- und Schlehenzeit reiche Ernte Wegabschnitt ist Teil des halten. Auf keinen Fall sollte man versäumen, die prächtigen lippischen Pilgerweges, der alten Eichen zu bewundern, die so viele Jahrhunderte über- zu Meditation und Andacht dauerten. Von den Ruhebänken aus kann man den Blick in die einlädt. Hier wachsen zwei liebliche Landschaft schweifen und je nach Jahreszeit weißblü- nicht so häufige Baumarten hende Hecken, goldgelbe Getreidefelder und buntes Herbst- des Schwalenberger Waldes: Roteiche laub auf sich wirken lassen. Jenseits der „Roten Wand“ führt die aus den Alpen stammen- der Naturparktrail über ein naturbelassenes Wegstück durch de Lärche (Larix decidua), ein winterkahler Nadelbaum, und die nordamerikanische Rot-Eiche (Quercus rubra).

Wieder auf dem befestigten Weg lohnt sich ein Abstecher nach rechts zur großen Gogerichtseiche (ca. 150 m). Nach links geht es weiter nach Schwalenberg entlang des Waldrandes. Die Buchen weisen auf der Waldrandseite eine tiefe Beastung auf, die dort, wo der Waldrand an eine Weide grenzt, von den Weidetieren auf Maulhöhe abgefressen wird. Im Bestand und zur Waldseite hin haben die Buchen nur dann tiefe Äste (oder deren abgestorbenen Reste), wenn sie in ihrer Jugend frei standen.

34 35 An einem kleinen Bachlauf wachsen junge Eschen (Fraxinus Schwalenberg und seine excelsior) mit glatten, silbergrauen Stämmen. Ihr protein- reiches Laub wurde früher als Laubheu, ihre Rinde als Chi- historischen Anlagen nin-Ersatz geschätzt und das Holz ist ein wertvolles Bau- und Möbelholz. Auch die Eberesche (Sorbus aucuparia) trägt den Parkmöglichkeiten: Parkplatz an der Mengersenstraße, Begriff „Esche“ im Namen, ist aber mit der Elsbeere verwandt. Wanderparkplatz am Forstweg Man sieht diesen kleinen Baum mit den weißen Blüten und (Eselkamp) roten „Vogelbeeren“ an Weg- und Waldrändern. Etwas weiter Wegstrecke: Rundweg durch die Stadt entlang des wächst am Wegrand Indisches Springkraut (Impatiens glan- Stadtwassers zur Magdalenenquelle dulifera), ein Neophyt aus Asien, der sich stark ausbreitet und und zurück (ca. 3 km). Ausgangspunkt einheimische Arten verdrängt. für eine Wanderung auf das Mörth oder nach Brakelsiek und Schieder. Wo der Weg freien Blick in Schwierigkeitsgrad: leicht die Landschaft bietet, kann Etappenlänge: ca. 3 km man zuerst die Burg Schwa- ÖPNV: Bushaltestelle in Schwalenberg lenberg, später auch die am (z.B. Am Oekerberg) Burgberg liegende Stadt Einkehrmöglichkeiten: im Ort vorhanden sehen. Im Tal davor liegen Wiesen, Weiden und ehema- Schwalenberg, ein Städtchen wie aus dem Märchenbuch. Graf lige Feldgärten mit Obstbäu- Volkwin IV. gründete um 1231 den Ort und baute seine Burg men, Hecken und verfallenen auf den Bergsporn. Von der ursprünglichen Burg ist heute Schuppen. Vom Wanderpark- kaum noch etwas erhalten, das Gebäude auf dem Burgberg Indisches Springkraut platz und Rastplatz mit Tret- wurde 1627/28 im Stil der Weserrenaissance umgestaltet, der becken am Forstweg/Neue heute noch erhaltene Flügel der Burg wurde 1911 und 1913 Torstraße, wo auch eine Sonnenuhr zu finden ist, bei der der umfassend erneuert. Der Burgberg, der bis Mitte des 20. Jahr- menschliche Schatten die Uhrzeit anzeigt. Dort kann man einen hunderts beweidet wurde, wuchs nach Aufgabe der Ziegenhal- Abstecher in die historische Stadt machen oder am Forsthaus tung mit Gehölzen zu. Um den ursprünglichen Zustand eines Schwalenberg vorbei auf das Mörth wandern. weitgehend baum- und strauchfreien Bergsporns wieder her- zustellen, wird er seit den 1990er Jahren durch die Schafe der Biologischen Station Lippe beweidet. Das geschieht nicht nur aus landschaftsästhetischen Gründen. Auf dem Hang wachsen selten gewordene Kräuter und Wiesenblumen, die Nahrungs- und Entwicklungsraum für viele Insektenarten sind. An der be- waldeten Südseite des Burgberges befindet sich der jüdische

36 37 Menschen statt. Sorgsam gehen die Schwalenberger auch mit ihrer historischen Bausubstanz um. Im Ort sieht man viele liebevoll restaurierte Fachwerkhäuser mit schönen Gärten. Das bedeutendste Fachwerkgebäude der Stadt ist das 1579 erbau- te Rathaus mit Anbauten aus den Jahren 1603 und 1907. Vom Volkwinbrunnen auf dem Marktplatz aus führt ein sehr schöner Weg entlang des Stadtwassers bis zur Magdalenenquelle.

Weitere Informationen und Ausflugstipps gibt es auch in der Jüdischer Friedhof Tourist-Information in der Marktstraße.

Friedhof Schwalenbergs. Die Gruppe alter Grabsteine am Waldrand ist ein bedeutendes Kulturdenkmal und ein überaus Exkurs: Schwalenberger Stadtwasser anrührender Ort, zu dem ein Abstecher sich unbedingt lohnt. Das Schwalenberger Stadtwasser Schwalenberg wird „die Malerstadt“ genannt. Bereits im aus- ist eine technische Meisterleistung gehenden 19. Jahrhundert kamen Künstler, vorwiegend der aus dem Mittelalter, die wahr- Düsseldorfer Schule, nach Schwalenberg und wohnten hier als scheinlich von Zisterzienser-Mön- Feriengäste. Mit der aufkommenden Sommerfrischebewegung chen geschaffen wurde. Die Mag- im frühen 20. Jahrhundert wurde daraus eine kleine, aber be- dalenenquelle, die das Stadtwasser deutende Malerkolonie. Die inzwischen geschlossene „Künst- speist, liegt ca. 900 m Luftlinie lerklause“ war der Treffpunkt der Schwalenberger Kunstszene vom Ortskern entfernt am gegen- und ist vom Detmolder Künstler Friedrich Eicke mit Schwalen- überliegenden Hang des Schwa- berger Szenen bemalt. Auch der „Schwalenberger Malkasten“ lenberger Waldes. Das Quellwasser wird auf einer Strecke von erinnert an diese Zeit und wurde von Künstlern mit kleinen 2,2 km um das Tal herum in den Ort geleitet; der Höhenunter- Werken verziert. schied zwischen der Quelle und dem Ortsrand beträgt gerade einmal 10 m. Auf dem Schwalenberger Marktplatz endet das Auch wenn die ursprüngliche Künstlerkolonie nicht mehr Stadtwasser seit den 1950er Jahren im Volkwinbrunnen. Zuvor existiert, ist Schwalenberg noch immer die Malerstadt, in der befand sich an dieser Stelle ein offenes Auffangbecken, das bis es mehrere Ateliers, Galerien, Ausstellungsgebäude wie das zum Bau einer verrohrten Wasserleitung 1934 als Viehtränke, Robert-Koepke-Haus und ein Künstlerhaus für Stipendiaten Waschplatz und Frischwasserentnahme für die Hausstellen gibt. Alljährlich finden im Rahmen der „Schwalenberger diente. Die Inschrift am Volkwinbrunnen greift die Sage auf, Sommerakademie“ Malkurse für künstlerisch ambitionierte dass zwei auf der Burg gefangen gehaltene Adelige sich durch die Anlage des Stadtwassers ihre Freiheit erarbeiteten. Rathaus Schwalenberg

38 39 Naturparktrail Schwalenberger Wald Zentrales Thema dieses Naturparktrails ist die Landschafts- und Waldgeschichte des Schwalenberger Waldes.

Gesamtrundweg ca. 32 km Nördliche Teilroute ca. 22 km Südliche Teilroute ca. 20 km

Wanderroute „NaturZeitReise“

Wandertafel

Zeitzeuge

Zeitfenster

Panorama

Gaststätte

Schutzhütte

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