Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität

1 Einleitung

1.1 Ansatz und Ziele der Gesundheits („Public Health“) Studie Die politische Bedeutung der Bahnverbindung zwischen München und Verona ist in diversen verbindlichen Plänen und Programmen auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene ausgeführt. Als verknüpfendes Beispiel für die Verbindung zu Gesundheit und Lebensqualität kann das „Weissbuch Verkehr“ der Europäischen Union gelten, in welchem steht: “Die Lebensqualität der Bewohner Tirols bzw. Südtirols ist durch den kontinuierlichen und zunehmenden Lkw-Verkehr gefährdet; innerhalb eines akzeptablen Zeitraums ist daher über den Bau des neuen Brenner Tunnels (München-Verona) zu entscheiden”.

Die vorliegende Forschungs-Studie wurde von der BBT-SE in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen der aktuellen Verkehrssituation auf die Gesundheit und die Lebensqualität der im Projektraum lebenden Menschen vor („Ist-Situation“) und nach der Realisierung des Vorhabens („Szenarien“) zu beschreiben.

Die Erfassung des aktuellen Standes der öffentlichen Gesundheit und die Abschätzung der möglichen direkten und indirekten Auswirkungen des Projektes auf die Bewohner des Projektbereichs ist eine der Teil-Voraussetzungen für die Projekt-Genehmigung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zum „Schutzgut Mensch“.

Verkehr wirkt auf verschiedene Elemente der öffentlichen Gesundheit und der Lebensqualität ein (nächste Abbildung). Obwohl diese Wirkungszusammenhänge sehr komplex sind, können zwei Wirkungskategorien bzw Wirkungsrichtungen unterschieden werden:

 Unmittelbare oder direkte Auswirkungen des Verkehrs auf Körper und Psyche der einzelnen Menschen, die zu Erkrankungen, Invalidität und anhaltenden Störungen der individuellen öffentlichen Gesundheit führen und auch Heilungsprozesse negativ beeinflussen können;  Auswirkungen des Verkehrs auf die allgemeinen Lebensbedingungen von Menschen (indirekte Wirkungen), insbesondere bezogen auf die Mobilitätsbedingungen, das unmittelbare Wohnumfeld und die Möglichkeiten zur Teilnahme am sozialen Leben.

Deshalb war es notwendig, auch Gemeinden, die außerhalb des engeren Einzugsbereiches der geplanten Bahntrasse liegen („alle welche durch die Verkehrslage direkt oder indirekt betroffen sein könnten“) in die Erhebungen mit einzubeziehen.

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Um einen pragmatischen Zugang zu diesem komplexen Wirkungsgefüge zu ermöglichen wurde der Forschungsauftrag in Arbeitspakete aufgegliedert. Aufgabe dieser Arbeitspakete war es die verfügbaren und weitere notwendige Daten zu den wesentlichsten Teilbereichen des möglichen Wirkungsgefüges aufzubereiten. Durch die Integration der Daten aus den Arbeitspaketen in den Analysen wurden auf Basis der Literatur dann viele der möglichen Wirkungszusammenhänge überprüft.

Abbildung. Schnittfelder zwischen Verkehr, öffentlicher Gesundheit und Lebensqualität (Quelle: EURAC-Research 2005).

Die in den Arbeitspaketen (siehe unten) beschriebenen Daten und die Ergebnisse der weiterführenden, integrierten Analysen dienen einerseits als erweiterte Grundlage für die Begutachtung in der UVP und sollen andererseits – für den Fall der Genehmigung des

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Projekts – auch Basis für notwendige zukünftige Maßnahmen und deren Überprüfung nach Fertigstellung des Projekts sein.

1.2 Die Arbeitspakete Der Inhalt der Arbeitspakete wurde in Kooperation mit anerkannten nationalen und internationalen Experten abgestimmt und auch zwischendurch (Anpassungen waren notwendig) durch die Experten des jeweiligen Arbeitspakets einer Prüfung unterzogen. Die an dieser Kooperation hauptbeteiligten Institutionen und die Organisationsstruktur sind in der untenstehenden Abbildung dargestellt.

BBT — Public Health Arbeitspakete*

AP-1: Schall AP-5: Gesundheitsdaten INTEC- Head- IHSM -TU-Berlin Sozialversicherung IHSM

AP-2: Luft AP-6: Registerdaten TU-Graz, ISAC/CNR – Turin TILAK-Epidemiologie Prim Egartner

AP-3: Epidemiologie AP-7: Gesundheitsökonomie Erwachsene KfV-IHSM-INTEC IHSM –IMAD –INTEC

AP-4: Epidemiologie AP-10: Datenintegration Kinder und Berichtlegung IHSM-Kinderklinik-Ibk-Cornell IHSM-EURAC AP-8: GIS-Adaptierung EURAC

AP-9: Datenlink Gesamt-Planung: Lercher-IHSM Nachhaltigkeitsindikatoren Integration südliches Wipptal: EURAC EURAC * Mit hauptbeteiligten Institutionen

Abbildung. Organisationsstruktur der Arbeitspakete und Hauptbeteiligte

1.3 Wirkungsvorstellungen zum Verkehr

1.3.1 Lärm Die am Immissionsort eintreffende Schallexposition wirkt im wesentlichen über vier Hauptpfade auf den Menschen ein.

Die möglichen Wirkungen sind letztlich das Ergebnis einer komplexen Wechselwirkung, die von der Mischung aus individuellen Faktoren, Wohn- und Umweltfaktoren, beruflichen

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Belastungen und den mit ihnen verbundenen Bewältigungsmöglichkeiten abhängt. Nicht alle Endpunkte der breiten Palette der möglichen Gesundheitswirkungen des Lärms sind vollständig gesichert und im Detail verstanden. Eine hervorragende Übersicht ist zuletzt vom UBA-Berlin publiziert worden und auch öffentlich im Internet zugänglich (Babisch 2006).

Lärm Hauptwege zur Gesundheitsbelastung

Schallexposition

Maskierung Fordert Störung Psychophysiolog. Ärger akustischer Aufmerksamkeit Aktivierung Hilflosigkeit Information Lenkt ab Angst

Kognitive Beeinträchtigung, Belästigung Schlaflosigkeit, Herz-Kreislauf Wirkungen

Quelle: Modifiziert nach Miedema 2001

Abbildung: Lärm: Hauptwege zur Gesundheitsbelastung

1.3.2 Luftverschmutzung Der Beitrag der Luftverschmutzung zur Gesundheit durch den Verkehr ist im Detail untersucht und entsprechende Risikoabschätzungen wurden von verschiedenen Institutionen und Regierungen durchgeführt. Während die Pathogenese der Wirkung von Luftschadstoffen auf den Atemtrakt gut bekannt ist sind die erweiterten Wirkungen auf das Herz- und Kreislaufsystem und ihre pathogenetischen Pfade noch z.T. hypothetisch und werden erst in den letzten 15 Jahren systematisch untersucht. Die Amercian Heart Association hat eine gute Zusammenstellung des Status der Erkenntnisse gemacht (AHA 2004). Die Darstellung der möglichen pathogenetischen Wege ist vereinfacht in der folgenden Abbildung wiedergegeben.

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Quelle: nach AHA 2004 Feinstaub Exposition Entzündliche Lungen Reflexe ? ? Prozesse in der Lunge Direkte Wirkung Autonomes Systemische Nervensystem auf Herz und Gefässe Entzündungsprozesse

Einfluss auf Aktivierung Oxidativer Endotheliale Leitung und Leukozyten und Stress Dysfunktion Repolarisation Blutblättchen

Progression der Atherosklerose Akute Herzfrequenz Reaktionsantworten und und Rhytmus Gerinnungsfaktoren Plaque Rupturen

Herz- Rhytmusstörungen Herzinfarkt Thrombose

Abbildung 1: Pathogenetische Wege der Feinstaub Exposition

1.3.3 Stress und Nachhaltigkeit Lärmbelastung ist ein ebenso gut bekannter Umweltstressor wie Autofahren und Pendeln. Die kombinierte Exposition gegenüber Lärm, Schadstoffen und Stress im Straßenverkehr wird in der neueren Literatur zunehmend als Risiko gesehen. Der Auspendler-Anteil im Untersuchungsgebiet ist hoch und die Ergebnisse der Mobilitäts-Untersuchung und der Risikowahrnehmung bezüglich des Verkehrs haben bestätigt, dass Angst und Hilflosigkeit ständige Begleiter der Mobilität im Alltag des Wipptals sind.

Auch der Verkehrssicherheitsbericht hat aufgezeigt, dass im Vergleich mit anderen Alpenübergängen die Verkehrssicherheit der Brennerautobahn abschnittsabhängig eine große Herausforderung darstellt. In den Befragungen zur subjektiven Wahrnehmung der Entwicklung der Verkehrssicherheit wurde dies auch bestätigt. Wie die Kombination dieser Mehrfachbelastungen letztlich zusammenwirkt und welche Menschen besonders darunter leiden ist noch wenig erforscht.

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2 Wichtige Ergebnisse

2.1 Lärmsituation Die Feststellung der Lärmbelastung für das BBT Projekt besteht aus einer Kombination von allgemeiner, standardisierter Beurteilung und lokaler Abschätzung. Letzterer kommt hier ein besonderer Stellenwert zu weil der Verkehr in eine Umwelt eingebettet ist, welche Besonderheiten aufweist, die eine erhöhte Sensibilität für mögliche Wirkungen annehmen läßt (Lercher 1998):

 Verkehr: 24-stündiger Güterverkehr auf Schiene und Straße  Lärmabstrahlung und -ausbreitung: Die großen Steigungen machen den Lärm der Lastkraftwagen sehr auffallend. Die Lärmausbreitung wird durch das umgebende Gebirge, die Talstruktur, die vielen Steigungen sowie durch das typische Mikroklima beeinflusst.  Die Dämpfung durch Hindernisse, Bewuchs und Bodeneffekte wirkt sich in Alpentälern weniger stark aus als im Flachland, weil durch die steilen Hänge weit reichende Sichtverbindungen zur Strasse und Bahnlinie bestehen.  Die alpentypischen Wetterlagen mit Temperatur-Inversion und/oder Wind führen zu stärkerer Lärmausbreitung als bei „normalen“ Wetterlagen im Flachland.  In Bergregionen treten zwar Vorzugsrichtungen für den Wind auf, durch die Häufigkeit von ein- mündenden Seitentälern entstehen aber wieder große Inhomogenitäten der meteorologischen Situation  Wahrnehmung: die ländliche, typisch alpine Umgebung kann die Wahrnehmung von Lärm beeinflussen.

2.1.1 Lärmkarten der Ist-Situation Zur umfassenden Darstellung der Schallbelastung im Untersuchungsraum wurden außergewöhnliche Anstrengungen unternommen. Es musste ein Kompromiss zwischen Rechenaufwand und Genauigkeit gefunden werden. Dies führte zu einer Zwei-Zonen- Strategie für das topographische Modell: Im Tal- und Siedlungsbereich an den Hängen wurde mit einer Höhenauflösung von 20 m gearbeitet, darüber hinaus dann mit 100m. Die horizontale Auflösung liegt bei 20 m.

2.1.1.1 Beispiel Matrei Durch den Vergleich der 3D-Lärmkarte (Lden) mit dem Luftbild wird offensichtlich, wie stark auch der östliche Hang von der Talbelastung betroffen ist. Ferner ist erkennbar, dass die

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Rückseite der westlichen Anrainer-Häuser der Brenner Bundesstraße dort, wo die Verbauung nicht unterbrochen ist, tatsächlich eine ruhigere Seite („quiet side“) hat. Auf der Ostseite wird die Rückseite der Hauptstraßen-Häuser zusätzlich durch die Eisenbahn beschallt, sodass trotz Schallschutz an dieser Stelle keine wirklich ruhige Seite verbleibt.

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Abbildung: 3D Ansicht einer Lärmkarte (Schallpegel in dB(A) als Lden) aus etwa demselben Blickwinkel wie die Luftbildaufnahme links (Pfeile zeigen korrespondierende Punkte)

2.1.1.2 Beispiel Sterzing Das Zentrum von Sterzing ist durch die Autobahn in Hanglage im Westen sehr gut vor Schalleinwirkungen geschützt. Durch den Verlauf der Eisenbahn und der Hauptstraße im nordöstlichen Talbereich am Siedlungsrand kommt es jedoch für diese Anrainer von Sterzing und Pfitsch zu hohen, unakzeptablen Schallbelastungen. Nach der wiedererfolgten Zusammenführung von Schiene, Hauptstraße und Autobahn in Richtung Freienfeld wird die hohe Belastung des engen Talbereichs bis zu den Hängen erkennbar, die sich unverändert (und ohne Lärmschutz) bis Franzensfeste fortsetzt.

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Abbildung 2: Lärmkarte Sterzing: Schallpegel als Lden (Abend+Nacht adjustierte Schallpegel in dB(A))

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2.1.2 Vergleich der Zukunftsszenarien: Ohne (Minimum) und mit dem Brenner Basistunnel (Konsens) In den zwei folgenden Abbildungen können die beiden Szenarien (Minimum, Konsens) in ihren Auswirkungen auf das Nord- und das Südwipptal mit der Ist-Situation verglichen werden.

Das Minimum-Szenario als reine Fortschreibung der Ist-Situation zeigt weitere Verschlechterungen der Bevölkerungs-Belastung mit Schallpegeln über 65 Lden,dB(A).

2.1.3 Schlußfolgerungen Die Ist-Situation stellt eine Schall-Belastung für die Bevölkerung des Wipptals mit weitgehenden und häufigen Überschreitungen nationaler und Europäischer Richtwerte dar. Die Fortschreibung der Ist-Situation im Minimum-Szenario führt zu einer weiteren Verschlechterung und Verschärfung der Belastungs-Situation. Die Veränderungen der Schienenverkehrs-Belastung, wie sie das Konsens-Szenario vorgibt hat signifikante Auswirkungen auf die Gesamtbelastung der Bevölkerung im Hinblick auf den 24h-Schallpegel (statt rund 9% der Bevölkerung exponiert mit Schallpegeln von 65 Lden,dB(A) wird nach den Berechnungen eine Verringerung auf rund 2% der Bevölkerung erfolgen). Der positive Effekt des BBT (Vergleich Minimum vs Konsensus) ist in absoluten Zahlen der Bevölkerung ausgedrückt im nördlichen und südlichem Wipptal ähnlich ausgeprägt, wenn die Reduktion von Belastungen über 65 Lden,dB(A) als Richtschnur herangezogen wird (Nord 1395 vs 1296 Personen im Süden). Auf die Gesamt-Bevölkerung bezogen ist der Nutzen für das Südwipptal größer. Von noch größerer Bedeutung aus gesundheitlicher Sicht ist die Nacht-Belastung. 16.3% der Bevölkerung in Nord und Süd sind derzeit nächtlichen Belastungen über 55 dB(A),Leq ausgesetzt. Dieser Prozentsatz der Belasteten wird sich nach den Berechnungen im Konsens-Szenario auf 9.6% reduzieren. Eine weitere notwendige Reduktion für die Nacht ist nur durch Veränderungen der Autobahn-Belastung zu erreichen, welche vor allem im Pegelbereich zwischen 55 und 60 dB(A) einen signifikanten Beitrag leistet. Eine weitere Reduktion der Belastung ergibt sich im Konsens-Szenario durch die Verringerung der beaufschlagten Fläche (Abbildung unten). Diese Flächenbelastungs- Reduktion wird bevorzugt über 55 dB,Lden erfolgen. Es wird aber auch ein Anstieg der

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Belastung über 45 dB,Lden verhindert, wie er im Minimum-Szenario prognostiziert wird. Dieser Umstand kann zu einer Verbesserung der ökonomischen Bewertung dieser Flächen führen.

Schallbelastung in Lden über Schwellenwert in Quadratkilometer nach Szenario 160 140 120 100 Ist-Situation 80 Minimum 60 Konsens

Fläche [km^2] 40 20 0 >= 45 >= 55 >= 65 Schwellenwert in Lden

2.2 Luftsituation

2.2.1 Emission Die Emissionsberechnungen für das betrachtete Autobahnnetz im Untersuchungsgebiet ergaben für das Bezugsjahr 2004, dass 61 % der Stickstoffoxid-Emissionen durch Last- und Sattelzüge und 27 % durch PKW verursacht werden. Die Feinstaub-Emissionen werden hingegen zu 54 % durch PKW und zu 32 % von Last- und Sattelzügen generiert. Derzeit bewegen sich die Auspuff und nicht-Auspuff bedingten Feinstaubemissionen auf etwa dem gleichen Niveau. In Zukunft werden die nicht-Auspuff bedingten Emissionen deutlich dominieren.

Der Bau des Brenner Basis Tunnels würde auf Basis der übermittelten Verkehrsszenarien für das Bezugsjahr 2015 emissionsseitig nachstehende Reduktionen bezogen auf die gesamten Emissionen im Untersuchungsgebiet aus heutiger Sicht bewirken:

Stickstoffoxide: 12 % Feinstaub PM10: 8 % Kohlenwasserstoffe:12 % Kohlenmonoxid: 8 % Kohlendioxid: 11 % Schwefeldioxid: 11 % Distickstoffoxid: 8 % Ammonium: 8 %

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Methan: 7 % Benzol: 9 % Toluol: 6 % Xyluol: 7 %

Für einzelne Abschnitte entlang der A13 und der A22 liegen die Reduktionen der Schad- stoffemissionen noch höher: bis zu 18 % für Stickstoffoxide im Bereich Gries a. Brenner.

2.2.2 Immission Für den Ist-Zustand 2004 ergeben sich Grenzwertüberschreitungen vor allem beim

Jahresmittel an NO2 an einzelnen Gebäuden in Schönberg, Matrei a. Brenner und am Brennerpass. In Südtirol wurden keine Grenzwertüberschreitungen berechnet bzw. gemessen. Hier gilt auch ein höherer Grenzwert. Bezüglich PM10 kann das Belastungsniveau im gesamten Untersuchungsgebiet im Vergleich zu Tälern im Osten Österreichs, im Vergleich zum unteren Inntal oder dem Großraum Bozen als niedrig eingestuft werden.

Mit Hilfe der Ergebnisse der Luftschadstoffmodellierungen, welche eine gute Übereinstimmung mit den gemessenen Werten aufwies (nur rund 5% Abweichung) wurden die Vergleiche der Schadstoffentwicklung mit (Konsens-Szenario) und ohne (Minimum- Szenario) den Bau des Brenner Basistunnels berechnet.

Die zu erwartende Veränderung zwischen dem Konsens- und Minimumszenario für das Bezugsjahr 2015 ist in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. für den

Jahresmittelwert an NO2 aufgelistet. Die höchsten Reduktionen ergeben sich in Schönberg und in Steinach im Nahbereich der A13 mit 7 %.

2.2.3 Schlußfolgerungen Durch den Bau des Brenner Basis Tunnels werden die Überschreitungen von Grenz- und

Zielwertüberschreitungen für NO2 nicht völlig verhindert werden können. Die entsprechenden Flächen mit Überschreitungen in Nordtirol (in Südtirol werden hauptsächlich aufgrund der höheren Grenzwerte keine Überschreitungen prognostiziert) reduzieren sich jedoch für den Jahresmittelwert von 2,4 km² auf 1,7 km² (ca. 30 %), für den maximalen Tagesmittelwert von 2,9 km² auf 1,9 km² (ca. 35 %) und für den maximalen Halbstundenmittelwert bei einer statistischen Sicherheit von 84 % von 0,5 km² auf 0,2 km² (ca. 60 %). Dies würde eine Aufwertung der bestehenden und zukünftigen Siedlungsflächen neben der A13 bedeuten.

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Für den Luftschadstoff PM10 sind nach Bau des BBT weder beim Jahresmittelwert noch für die maximal erlaubte Anzahl an Überschreitungstagen eines Tagesmittelwertes von 50 µg/m³ Grenzwertüberschreitungen zu erwarten.

2.3 Gesundheit und Lebensqualität der Erwachsenen Zur umfassenden und integrierten Einschätzung des Einflusses der verkehrsbedingten Wirkungen auf Gesundheit, Lebensqualität, Umwelt und Mobilität von Erwachsenen wurden zwei Studien durchgeführt.

2.3.1 Die Telefonstudie Das Ziel der repräsentativ angelegten Telefonstudie im Rahmen der UVE-Untersuchungen war es für das gesamte Untersuchungsgebiet Aussagen über Lebensqualität und Gesundheit zu erhalten. Um aber trotzdem eine hinreichende Zahl von Personen mit Verkehrsexposition in der Stichprobe zu haben wurde die Ziehung aus definierten Bereichen um die Verkehrsträger durchgeführt. Aus diesen so vordefinierten Gebieten wurden Zufalls- Stichproben gezogen und dem durchführenden Institut (IMAD) für die Telefoninterviews zur Verfügung gestellt. Waren diese Adressen aufgebraucht, wurde eine weitere Zufalls- Stichprobe gezogen („Resampling“) und abgearbeitet bis die erforderliche Stichprobengröße erreicht war.

Interviews wurden nur bei Personen durchgeführt, die schon seit 1 Jahr in dieser Wohnung/ in diesem Haus lebten.

2.3.2 Die Vorortstudie Es war ein Hauptziel der Vorortstudie vor allem zusätzliche Personen aus dem Haupttal entlang der Verkehrstrassen für die Gesamtstichprobe zu gewinnen.

Diese geänderte Strategie für die Stichprobenerhebung war notwendig, um den Nachteil der Repräsentativitäts-Strategie der Telefonstudie auszugleichen. Wegen des großen Untersuchungsraums und des stark streuenden Siedlungsraums gelangen dann weniger Bewohner entlang der Verkehrstrassen in die Stichprobe. Notwendigerweise wurde gleichzeitig der Einbezug der Seitentäler, deren Funktion als Referenzbevölkerung entlang untergeordneter Verkehrswege bereits in der Telefonstudie hinreichend abgedeckt wurde, verringert. Es wurden dort nur noch zusätzliche Personen im Nahbereich der Verkehrsträger

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck erhoben. Interviews wurden wieder nur bei Personen durchgeführt, die schon seit 1 Jahr in dieser Wohnung/ in diesem Haus lebten. Die Beteiligung betrug 88 % auf Adressebene.

2.3.3 Ausgewählte Ergebnisse

2.3.3.1 Allgemeine Lebensqualität Insgesamt fällt die Einschätzung der Lebensqualität für die befragten Bereiche im Süden etwas besser aus als im Norden. Für Einzelbereiche zeigen die Bewertungen jedoch ziemliche Unterschiede: So werden z.B. die Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten im südlichen Wipptal signifikant besser eingeschätzt als im Norden. Die Verbundenheit mit der Region und die Nachbarschaftsbeziehungen werden im Norden besser eingeschätzt (siehe Abbildung unten).

Für die Teilbereiche Wohnqualität, Landschaft/Natur und das Aufwachsen der Kinder ist in den Rechenmodellen eine signifikante negative Beziehung zum Ausmaß der Lärmbelastung, deutlich geringer auch zur Schadstoffbelastung (NOx) nachweisbar ist. D.h. dass trotz der komplexen Bestimmung der Lebensqualität der Lärm und (in geringerem Ausmaß) die Schadstoffbelastung die Lebensqualität dieser Teilbereiche negativ beeinflusst.

2.3.3.2 Umweltqualität der näheren Umgebung Dieser aus dem Eurobarometer stammende Fragenteil beinhaltet sowohl spezifische Items „Grund zur Klage“ über Lärm und Luft, als auch ein integriertes Item „Grund zur Klage“ über das Verkehrsaufkommen. Diese Fragen bezogen sich jeweils auf die Wohngemeinde insgesamt und nicht auf die Wohnadresse. Bei der Klage über den Lärm zeigt das Nordwipptal eine stärker ausgeprägte Expositions- Wirkungs-Kurve als der Süden. Bei der Klage über die Luftverschmutzung liegt der Süden insgesamt vorne. Wird die Frage zum Verkehrsaufkommen herangezogen kommen sehr viel mehr Klagen aus dem Nordwipptal: die Kurven unterscheiden sich aber auch in Abhängigkeit vom Expositions- Indikator: für den Schadstoff NOx startet das Nordwipptal schon auf hohem Niveau bei niedrigen Belastungen und der weitere Wirkungs-Anstieg erfolgt dann ähnlich wie im Süden. Für die Gesamtschallbelastung hebt sich der Norden mit einer deutlich steileren Kurve vom Beginn an gegenüber dem Süden ab.

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Schallpegel und sehr grosser Grund Luftqualität und sehr grosser Grund zur Klage über Lärm zur Klage über Luftverschmutzung

Wipptal Süd Wipptal Nord

Wipptal Nord Proportion grosser Grund Proportion grosser Grund 0.2 0.4 0.6 0.8

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 Wipptal Süd

0 20406080100 30 40 50 60 70 80 NOx-Jahresmittelwert in µg/m³ Gesamt-Schallpegel Verkehr,Lden,dB,A * in der Gemeinde * in der Gemeinde

Abbildung: Gesamt-Schallpegel (Lden,dBA) und Luftqualität (NOx) und sehr großer Grund zur Klage über Lärm bzw Luftverschmutzung

Schallpegel und sehr grosser Grund Luftqualität und sehr grosser Grund zur Klage über Verkehrsaufkommen zur Klage über Verkehrsaufkommen*

Wipptal Nord Wipptal Nord

Wipptal Süd Wipptal Süd Proportion grosser Grund 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 Proportion grosser Grund grosser Proportion 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.20.30.40.50.60.70.8

30 40 50 60 70 80 20 40 60 80 100 Gesamt-Schallpegel Verkehr,Lden,dB,A * in der Gemeinde NOx-Jahresmittelwert in µg/m³ * in der Gemeinde Abbildung: Gesamt-Schallpegel (Lden,dBA) und Luftqualität (NOx) und sehr großer Grund zur Klage über Verkehrsaufkommen

2.3.3.3 Belästigung durch Lärm, Erschütterungen und Luftschadstoffe Die Aufgliederung nach Region zeigt für den Norden eine stärkere Belästigung durch den Straßenverkehr insgesamt (Autobahn und Hauptstraße) an, der sich auch nach separater Behandlung für die Hauptstrasse noch widerspiegelt. Das Haupttal zeigt sich bei gleichem Schallpegel aber deutlich stärker belästigt. Beim Schienenverkehr zeichnen sich höhere Belästigungen ab etwa 55 dB,Lden für das südliche Wipptal ab. In der Zusammenschau wird die Dominanz der Schiene in Süd und Nord evident. Im Nordwipptal jedoch erst über 70 dB,Lden. Bei den Erschütterungen gibt es kaum Unterschiede zwischen Nord und Süd. Auch eine Adjustierung mit weiteren Beitragsfaktoren durch Rechenmodelle ändern die Expositions-Wirkungskurven nicht.

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Verkehrslärm - Belästigung: Nord vs Süd Schallpegel und Erschütterung: Bahn Nord vs Süd adjustiert

Schiene Süd

Schiene Nord Wipptal Süd

Strasse Nord

Proportion stark belästigt Strasse Süd Proportion starkbelästigt

Wipptal Nord 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 0.00.20.40.60.8

30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel Strasse/Schiene,Lden,dB,A Schallpegel Schiene,Lden,dB,A

Abbildung:Verkehrslärm – Belästigung: Nord vs Süd Abbildung: Schallpegel und Erschütterung Bahn: Nord vs Süd

Werden die Indikatoren der Luftqualität verglichen sticht die Belästigung durch Staubpartikel/Russ stärker hervor als die wahrgenommenen Abgase. Die Belästigung durch Staubpartikel/Russ und auch für Abgase ist im Süden insgesamt stärker ausgeprägt.

Die beste Diskriminierung für die Belästigung nach Region wird durch die Indikatoren PM10 und NOx erreicht, während der Indikator NO2 nur in der Lage ist, Partikelbelästigung von Abgasbelästigung zu unterscheiden.

Luftqualität und starke Belästigung Luftqualität und starke Belästigung durch Abgase und Partikel durch Abgase und Partikel

Staub/Russ Süd Staub/Russ Süd

Staub/Russ Nord Staub/Russ Nord

Abgase Nord Abgase Süd 0.2 0.4 0.6 0.8 Proportion stark belästigt Abgase Nord Proportion stark belästigt Abgase Süd 0.2 0.4 0.6 0.8 0.10.20.30.40.50.60.7 0.10.20.30.40.50.6 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7

20 40 60 80 100 0 1020304050 NOx-Jahresmittelwert in µg/m³ NO2-Jahresmittelwert in µg/m³ Abbildung: Luftqualität und starke Belästigung durch Abgase und Partikel: NOx

Abbildung: Luftqualität und starke Belästigung durch Abgase und Partikel: NO2

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Luftqualität und starke Belästigung durch Abgase und Partikel

Staub/Russ Süd

Staub/Russ Nord

Abgase Süd Proportion stark belästigt

0.20.40.60.8 Abgase Nord 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7

1415 16 17 18 19 20 21 22 PM10-Jahresmittelwert in µg/m³ Abbildung: Luftqualität und starke Belästigung durch Abgase und Partikel: PM10

2.3.3.4 Gesamtbelästigung durch Lärm, Erschütterungen und Luftschadstoffe Ein wesentlicher Kritikpunkt, der bei Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeitsprüfungen häufig eingebracht wird ist, dass nur die Wirkung von Einzelfaktoren, wie Lärm, Schadstoffe oder Erschütterungen abgeschätzt wird. Die nachfolgende Auswertung mit einer Summenvariable der Belästigung trägt dieser Forderung Rechnung. Es wird deutlich, daß sich die Regionen nicht mehr signifikant unterscheiden, wenn alle Teilbelästigungen zusammen betrachtet werden.

Schallpegel und Summenbelästigung: Lärm, Luft, Erschütterung

Wipptal Nord

Wipptal Süd Proportion stark belästigt 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 30 40 50 60 70 80 Gesamt-Schallpegel Verkehr,Lden,dB,A Abbildung 3: Schallpegel und Summenbelästigung: Lärm, Luft, Erschütterung

2.3.3.5 Störung im Alltag durch Lärm, Erschütterungen und Luftschadstoffe Hier werden ebenfalls die Ergebnisse mit den Summenvariablen berichtet, welche das allge- meine Belästigungsausmaß für Lärm, Erschütterung, Abgase und Staub durch Strasse und

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Schiene wiedergeben und damit dem integrierten Wirkungsabschätzungsgedanken entsprechen.

Es ist ein deutliches Störungsmuster nach Region erkennbar: Entlang der Straße (Lärm und Erschütterungen) liegt der Norden vor dem Süden, entlang der Schiene (Lärm und Erschütterungen) sind höhere Störungs-Prävalenzen im südlichen Wipptal erkennbar.

Schallpegel und Störung durch Strassenverkehrslärm: Schallpegel und Störung durch Schienenlärm: Kommunikation, TV/Radio, Erholung Kommunikation, TV/Radio, Erholung

Wipptal Süd

Wipptal Nord Wipptal Nord

Proportion stark belästigt Wipptal Süd Proportion stark belästigt 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel Strasse,Lden,dB,A Schallpegel Schiene,Lden,dB,A Abbildung: Schallpegel und Störung durch Straßenverkehrslärm: Kommunikation, TV/Radio, Erholung Abbildung: Schallpegel und Störung durch Schienenverkehrslärm: Kommunikation, TV/Radio, Erholung

Schallpegel und Störung durch Erschütterung: Strasse: Schallpegel und Störung durch Erschütterung: Schiene: Kommunikation, TV/Radio, Erholung Kommunikation, TV/Radio, Erholung

Wipptal Süd

Wipptal Nord

Wipptal Nord Proportion stark belästigt

Wipptal Süd Proportion stark belästigt 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel Strasse,Lden,dB,A Schallpegel Schiene,Lden,dB,A

Abbildung: Störung durch Lärm und Erschütterung des Straßenverkehrs: Kommunikation, TV/Radio, Erholung Abbildung: Störung durch Lärm und Erschütterung des Schienenverkehrs: Kommunikation, TV/Radio, Erholung Bei der Luftverschmutzung weisen beide Regionen ähnliche Störungshäufigkeiten auf.

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Luftqualität und Störung durch Abgasgeruch: Kommunikation, TV/Radio, Erholung

Wipptal Süd

Wipptal Nord Proportion stark belästigt 0.30.40.50.60.70.80.9

0 20406080100 NOx-Jahresmittelwert in µg/m³

Abbildung: Luftqualität und Störung durch Abgasgeruch: Kommunikation, TV/Radio, Erholung

Diese auf den Summen-Indizes beruhenden Expositions-Wirkungs-Kurven sind stabiler und zeichnen ein stärker integriertes Bild der Gesamtsituation in der Untersuchungsregion.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß sich im Detail das spezifische Belästigungs- und Störungsausmaß mit Blick auf die vorherrschende Exposition (Lärm, Erschütterung, Schadstoffe - Verkehrsquellen) zwar deutlich regional unterscheidet. Wird jedoch die integrierte Gesamtsituation der Belästigung und Störung betrachtet relativieren sich die Unterschiede und die Regionen weisen eine ähnliche Betroffeneheit auf.

2.3.4 Umgang mit dem Verkehr (Coping) Die Stressforschung geht davon aus, dass die Stressreaktion einer Person weniger von der Intensität des Stressors selbst, sondern vielmehr von der Einschätzung der individuell erleb- ten Belastung/Bedrohung (primary appraisal) und den wahrgenommenen Bewältigungsmöglichkeiten (Copingmöglichkeiten) abhängt (secondary appraisal). In diesem Prozess der Einschätzung verändern sich Einstellungen/Zuordnungen, Gefühle und Aktivitäten gegenüber dem Stressor Verkehr, welche durch die erfahrene Belastung/Belästigung und die versuchte Bewältigung (Adaptationsleistung) entstanden sind.

Die Public Health Studie hat auch diese Fragestellung bearbeitet, da es häufig die zu erbringenden oder unterlassenen Adaptationsleistungen selbst sind, welche gesundheitliche Auswirkungen nach sich ziehen.

In den zusammenfassenden Analysen haben sich hier deutliche Unterschiede zwischen dem Nord- und dem Südwipptal ergeben.

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In den nachfolgenden Abbildungen werden die Ergebnisse der summierten Belastungserfahrungen noch gruppiert nach Aktivitäten, Emotionen und anderen Betroffenheiten (Lebensqualität/Mobilität) dargestellt.

Diese Untergliederung der summierten Belastungserfahrungen macht deutlich, dass bei den reinen Aktivitäten zum Schutz gegen die Verkehrsbelastungen der Unterschied zwischen Nord und Süd am geringsten ausfällt. Die Wirkungskurve zeigt hier auch den steilsten Anstieg mit zunehmender objektiver Schallbelastung.

Größere Unterschiede und flachere Beziehungen zur Schallbelastung ergeben sich für die Gruppe „Lebensqualität/Mobilität“. Der stärkste regionale Unterschied zeichnet sich für die „emotionalen Belastungen“ ab. Vor allem für die letzte Gruppe fängt der Anteil von „stark Betroffenen“ bereits deutlich unter Schallpegeln von 50 dB,Lden an.

Schallbelastung und Bewältigungsstile: Schallbelastung und Bewältigungsstile: durch Aktivitäten mit starken Begleitemotionen Ärger, Angst, Hilflosigkeit

Wipptal Nord

Proportion starkbelästigt Wipptal Süd Proportion stark belästigt 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8

30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Gesamt-Schallpegel Verkehr,Lden,dB,A Gesamt-Schallpegel Verkehr,Lden,dB,A

Abbildung: Schallbelastung und Bewältigungsstile durch Aktivitäten Abbildung: Schallbelastung und Bewältigungsstile mit starken Begleitemotionen: Ärger, Angst, Hilflosigkeit

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Schallbelastung und Bewältigung: mit negativen Verkehrseinschätzungen Lebensqualitäts- und Mobilitätseinbussen

Wipptal Nord

Wipptal Süd Proportion stark belästigt 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8

30 40 50 60 70 80 Gesamt-Schallpegel Verkehr,Lden,dB,A

Abbildung 4: Schallbelastung und Bewältigung mit negativen Verkehrseinschätzungen: Lebensqualitäts- und Mobilitätseinbußen

2.3.5 Verkehr und Mobilität Da die Störung und Behinderung außerhäuslicher Standardwege im ländlichen Raum wegen der begrenzten Kapazitäten und geringen Ausweichmöglichkeiten aber auch wegen der schlechten Vorhersehbarkeit eine spezifische Stressquelle darstellt (mit möglichen Auswirkungen auf Lebensqualität und Gesundheit) wurden im Rahmen der Erhebungen für den Status quo auch spezielle Fragen zur subjektiven Wahrnehmung der Mobilität und ihrer Bewältigung eingebaut. Diese Fragestellung ist vor allem auch deshalb von Bedeutung, weil ein beträchtlicher Pendleranteil im Untersuchungsgebiet existiert, der sich auch kleinregional noch signifikant unterscheidet. So gibt es z.B. im nördlichen Wipptal insgesamt 10% mehr Auspendler als im südlichen Teil. Der Bereich der Auspendlerquoten reicht hierbei von 16% (Sterzing) bis 41% ().

Eine zusammenfassende Abschätzung der mit Mobilität assoziierten Bereiche über die letzten 10 Jahre zeigt das Ergebnis in der nächsten Abbildung. Hierbei konnten die Befragten auf einer Skala von -5 bis +5 angeben, wieweit sie Veränderungen in den letzten 10 Jahren im Wipptal wahrgenommen haben. -5 steht für außergewöhnliche Verschlechterung, +5 für außergewöhnliche Verbesserung. Der Wert 0 steht für keine Veränderung. In der Abbildung wird deutlich, dass sich in der Wahrnehmung der Bewohner die Verkehrsmobilität im Mittel nicht verändert und die Verkehrssicherheit etwas verschlechtert hat. Hingegen zeigen die von der Verkehrsentwicklung beeinflusste Lebensqualität und die Erfahrung der Stausituation eine deutliche Verschlechterung an.

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Diese Einschätzung ist im Norden signifikant stärker als im Süden und in den Haupttälern deutlicher als in den Seitentälern ausgeprägt.

Aus Public Health Sicht ist von Bedeutung, dass diese negativen Äußerungen zum Verkehr/Mobilität - mit Ausnahme der Frage zu den öffentlichen Verkehrsmitteln - auch mit dem Gesundheitszustand signifikant assoziiert sind (Abbildung daneben).

Veränderungen im Bereich der Mobilität 0,00 keine Änderung Mobilitätsfragen - nach Gesundheit -0,50 40 35

-1,00 30 25

-1,50 20

15 Prozent -2,00 10

5

-2,50 0 sehr gut gut zufriedenstellend bis schlecht

Schlechter -3,00 Gesundheitszustand Verkehrsmobilität Lebensqualität Verkehrssicherheit Stausituation Ärger über Verkehrsbelastungen Angst vor Stau Hilflosigkeit Mobilitätseinschränkung

Abbildung: Veränderungen der Mobilität im Wipptal Abbildung: Mobilitätsfragen nach Gesundheit

2.3.6 Schlafstörungen und Schlafmedikation Wir haben in unseren beiden Studien die Befragung nach Schlafstörung auf 5 Fragen bezogen, welche die wesentlichen in der Literatur genannten Störungsbereiche umfasst.

Signifikante Beziehungen für das Gesamtgebiet wurden in der Telefonstudie für den Gesamtpegel, den Straßenpegel (Autobahn und Hauptstraße) und der Hauptstrasse mit einen Schlafstörungsindex gefunden, der alle Störungsbereiche zusammenfaßt. Für den Bahnlärmindikator gab es insgesamt keinen signifikanten Trend. Wenn hingegen die Regionen extra untersucht wurden zeigte sich eine Beziehung des Schienenpegels im Südwipptal. Das Nordwipptal zeigt keine Assoziation zur Schiene (Schallschutz ?). Aber auch die Beziehung zum Gesamtpegel zeigte sich bei getrennter Analyse nur für das Südwipptal signifikant (siehe Abbildungen unten).

Werden dieselben Sub-Analysen mit der größereren Gesamtstichprobe (N=3630) durchgeführt, wird der Regionen-Unterschied für die Schiene noch deutlicher. Ferner zeigt sich, dass die Beziehung des Schlafindex zur Hauptstraße nur im Norden signifikant ist.

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Schallpegel Schiene - Schlafprobleme - Region Schallpegel Gesamt - Schlafprobleme - Region

Wipptal Süd Wipptal Süd Wipptal Nord Wipptal Nord 6 7 8 9 10 11 Summenscore Schlafprobleme Summenscore 567891011 Summenscore Schlafprobleme Summenscore 4681012 4 6 8 10 12 30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel Schiene,Lden,dB,A Gesamt-Schallpegel,Lden,dB,A Telefonstudie Telefonstudie

Abbildung: Schallpegel Schiene: Schlafprobleme nach Region Abbildung: Gesamtschallpegel: Schlafprobleme nach Region

Schallpegel Schiene - Schlafprobleme Nord - Süd Schallpegel Hauptstraße - Schlafprobleme Nord und Süd Separate Regression für Gebiet Separate Regression für Gebiet

Nordwipptal Nordwipptal

Südwipptal Südwipptal Summenscore Schlafprobleme Summenscore Summenscore Schlafprobleme Summenscore 78910 78910

30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel Schiene,Lden,dB,A Schallpegel Hauptstraße,Lden,dB,A Gesamtstichprobe (N=3630) Gesamtstichprobe (N=3630)

Abbildung: Schallpegel Schiene: Schlafprobleme nach Region Abbildung: Hauptstraßenlärm: Schlafprobleme nach Region Für die Medikamenteneinahme waren in der Telefonstudie keine direkten Beziehungen zu den Schallpegel-Indikatoren nachzuweisen. Eine hochsignifikante Beziehung ergab sich aber für Personen in schlechterem Gesundheitszustand bei kombinierter Schallbelastung (siehe Abbildung unten links. Die Schnittmenge zwischen Personen mit „schlechterer Gesundheit“ und gleichzeitiger Belastung durch 3 Verkehrsquellen lag in dieser Repräsentativerhebung (N=2000) immerhin bei 400 Personen.

In der Gesamtstichprobe (N=3630) mit größerer Teststärke waren direkte Beziehungen mit fast allen Schallpegel-Indikatoren nachzuweisen. Insbesondere auch mit der Schiene. Die Expositions-Wirkungskurven verliefen alle sehr ähnlich. Als Beispiel wird die Beziehung zum Schienenschallpegel nach Region dargestellt.

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Kombinierter Schallpegel - Schlafmedikation mit Schallpegel Bahn, Schlafmedikation und Gebiet schlechterem Gesundheitszustand

Nordwipptal Proportion mit Medikation mit Proportion Proportion mit Medikation mit Proportion

0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 Südwipptal 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Kombinierter Schallpegel,Lden,dB,A Schallpegel Bahn, Lden,dB,A Telefonstudie Gesamtstichprobe (N=3630)

Abbildung: Schallpegel, Schlafmedikation und Gesundheitszustand Abbildung:Schallpegel Bahn, Schlafmedikation und Gebiet

2.3.7 Krankheiten und ihre Behandlung

2.3.7.1 Atemwege und Allergien Die Studien haben sich auf Heuschnupfen, Asthma und chronische Bronchitis beschränkt. Der Heuschnupfen gehört mit 15.7% zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Untersuchungsgebiet. Hier sieht man eine unterschiedliche soziale Verteilung mit der größten Häufigkeit bei Personen mit hoher Schulbildung (22.8 %) vs 10% (Pflichtschule). Das nördliche Wipptal hat eine deutlich höhere Prävalenz (20.3%) und liegt klar vor den nördlichen Seitentäler (14.5%). Das südliche Wipptal unterscheidet sich kaum von seinen Seitentälern (11.9% bzw 11.3%). Die regionale Verteilung von Asthma und der chronischen Bronchitis zeigt ebenfalls eine größere Häufigkeit im Norden. Die chronische Bronchitis liegt mit 7.9% in der Häufigkeit etwas vor Asthma mit 6.5%. Weder in der Telefon- noch in der Vorort-Studie konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Lärm- oder den Luftindikatoren und Heuschnupfen nachgewiesen werden.

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Schallpegel - Diagnose: Heuschnupfen Schallpegel - Medikation: Heuschnupfen Telefon- vs Vorortstudie Telefon- vs Vorortstudie

Telefon

Telefon Vorort

Proportion Diagnose Proportion Vorort Proportion Medikation Proportion 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0.14 0.16 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0.14 0.16 30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Gesamt-Schallpegel,Lden,dB,A Gesamt-Schallpegel,Lden,dB,A

Abbildung: Schallpegel und Diagnose Heuschnupfen: Telefon- und Vorortstudie Abbildung: Schallpegel und Medikation Heuschnupfen: Telefon- vs Vorortstudie

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Bei Asthma und chronischer Bronchitis wurden Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Telefon- und der Vorortstudie deutlich: während in der Telefon-Studie schwache Zusammenhänge zwischen Schallexposition sowohl mit Asthma als auch mit chronischer Bronchitis (Diagnose und Medikation) gefunden wurden (siehe unten) konnten diese Ergebnisse in der Vorort-Studie nicht wiederholt werden. Es wird auch sichtbar, daß Personen mit schlechterem Gesundheitszustand eine stärkere Lärmabhängigkeit aufweisen.

Kombinierter Schallpegel und Diagnose: Asthma Schallpegel und Diagnose: Chronische Bronchitis nach Gesundheitszustand nach Gesundheitszustand

schlechter schlechter

gut gut Proportion Diagnose Proportion Diagnose sehr gut sehr gut 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 45 50 55 60 65 70 75 80 30 40 50 60 70 80 Kombinierter Schallpegel Hauptstraße+Schiene+Autobahn,Lden,dB,A Gesamt-Schallpegel,Lden,dB,A

Abbildung: Kombinierter Schallpegel und Diagnose: Asthma nach Gesundheitszustand Abbildung: Gesamt-Schallpegel und Diagnose: Chronische Bronchitis nach Gesundheitszustand

Schallpegel - Diagnose: Bronchitis Schallpegel - Medikation: Bronchitis Telefon- vs Vorortstudie - Haupttalanalyse Telefon- vs Vorortstudie und Subanalyse Haupttal

Telefon

Telefon Haupttal

Vorort Proportion Diagnose Proportion Proportion Medikation Proportion Vorort Haupttal 0.00 0.02 0.02 0.04 0.04 0.06 0.06 0.08 0.08 0.10 0.10 0.12 0.14 0.00 0.01 0.01 0.02 0.02 0.03 0.03 0.04 0.04 0.05 0.02 0.05 0.06 0.07 0.04 0.06 0.08 0.10 30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Gesamt-Schallpegel,Lden,dB,A Gesamt-Schallpegel,Lden,dB,A

Abbildung: Schallpegel und Medikation chronische Bronchitis: Telefon- vs Vorortstudie und Haupttal Abbildung: Schallpegel und Diagnose Bronchitis: Telefon- vs Vorortstudie – Haupttalanalyse

Für keinen der Luft-Indikatoren (NO2, PM10) konnte eine signifikante Beziehung zu Asthma oder chronischer Bronchitis nachgewiesen werden.

Da die Wirkungsmechanismen des Zusammenhangs von Lärm mit Asthma und chronischer Bronchitis noch wenig geklärt sind und das Ergebnis in der Vorort-Studie nicht wiederholt werden konnte ist Vorsicht bei der Interpretation angebracht. Da der Luftschadstoffindikator

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NO2 aber keinen Beitrag im Modell leistete und auch nach Weglassen keine Veränderung des Lärmkoeffizienten bewirkte ist eine Mischwirkung über NO2 („Konfounding“) wenig wahrscheinlich. Berufliche Einflüsse waren ebenfalls von geringer Bedeutung.

2.3.7.2 Psychische Erkrankungen Depressionen und depressionsbedingte Probleme zählen heute zu den drängendsten Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Die Depression gehört mit rund 8 % zu der mittleren Gruppe häufiger Erkrankungen im Untersuchungsgebiet. Südlich des Brenners ist die Häufigkeit mit 9.5 gegen 7.4% (Norden) um 2% höher. Pflicht- schulabgänger leiden mit fast 12% beinahe doppelt so häufig an Depressionen wie Personen, die eine Lehre absolviert haben.

Sowohl in der Telefonstudie als auch in der Gesamtstichprobe sind Beziehungen zu den Schallpegelindikatoren nachzuweisen. Der stärkste Zusammenhang war mit dem Kombinationsschallpegel in der Telefonstudie zu sehen.

Schallpegel kombiniert - Depression - Gesundheit Kombi-Schallpegel - Medikation Psyche - Gesundheit

zufriedenstellend bis schlecht zufriedenstellend bis schlecht

gut

sehr gut gut

Proportion Diagnose sehr gut Proportion Medikation 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 50 60 70 80 50 60 70 80 Kombinierter Schallpegel, Lden,dB,A Kombinierter Schallpegel tot.En,Lden,dB,A

Abbildung: Schallpegel kombiniert und Depression: Gesundheit Abbildung: Kombi-Schallpegel und Medikation Psyche: Gesundheit Diese Studien zeigen also eine sehr gute Übereinstimmung für einen Zusammenhang zwischen Lärm und Diagnosen oder Medikationen für depressive Verstimmungen.

2.3.7.3 Bluthochdruck Aus der Telefonstudie allein ergaben sich vor allem Hinweise für Einflüsse des Lärms, wenn mehrere Schallquellen („kombinierte Exposition“) einwirken (siehe Abbildungen unten). Man

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck sieht, dass zwischen 60 und 70 dB,A ein Anstieg der Diagnose-Häufigkeit stattfindet. Die Wirkungskurve zeigt auch einen steileren Anstieg mit einer 3-Quellen-Exposition (links).

Kombinierter Schallpegel (3 Quellen) und Bluthochdruck Kombinierter Schallpegel und Bluthochdruck Proportion mit Diagnose mit Proportion Proportion mit Diagnose mit Proportion 0.05 0.10 0.15 0.20 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25

45 50 55 60 65 70 75 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel Hauptstraße+Bahn+Autobahn,Lden,dB,A Schallpegel Hauptstraße+Bahn,Lden,dB,A Telefonstudie (N=2002) Telefonstudie (N=2002)

Abbildung: Kombinierter Schallpegel und Bluthochdruck (links 3 Quellen, rechts 2 Quellen) In der Gesamtstichprobe konnten wieder verstärkt Subanalysen nach Region durchgeführt werden. Sie haben die Information erweitert: Während im Norden vor allem Straßen- Lärmindikatoren Bedeutung haben sind es im Süden hauptsächlich die Schiene und die Kombinationen von Schiene und Straße.

Straßenlärm - Bluthochdruck: Süd-/Nordwipptal Schienenlärm - Bluthochdruck: Süd-/Nordwipptal

NORD SÜD

SÜD NORD Proportion mitDiagnose Proportion mit Diagnose 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0.14 0.16 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0.14 0.16

30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel Hauptstraße,Lden,dB,A Schallpegel Schiene,Lden,dB,A

Abbildung:Schallpegel Hauptstraße und Bluthochdruck Schallpegel Schiene und Bluthochdruck: Süd- / Nordwipptal Die zusammenfassende Analyse der verschiedenen Studien zeigt folgendes Bild: Werden die Wirkungskurven für die beiden Studien zusammen mit einer separaten Haupttalanalyse auf gleicher Y-Achse übereinander gelegt werden die Grundtrends noch einmal sichtbar: Die Haupttalanalyse ähnelt stärker der Telefonstudie, obwohl ein Grossteil der Teilnehmer in der Vorortstudie aus dem Haupttal stammt. Die Gesamtstichprobe aus dem Haupttal ist mit N=2640 größer (Telefonstudie (N=1886) und Vorortstudie (N=1546)) und zeigt das stabilste

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Ergebnis. Eine Signifikanz wird für die Haupttal-Analyse jedoch knapp verfehlt: ein 18 dB Anstieg des Schallpegels ergibt eine Risikoerhöhung um 15% -> Odds ratio 1.15(0.96-1.38).

Schallpegel - Diagnose: Bluthochdruck Telefon- vs Vorortstudie vs Haupttal

Haupttal Telefon

Vorort Proportion Diagnose 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0.14 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0.14 30 40 50 60 70 80 Gesamt-Schallpegel,Lden,dB,A

Abbildung: Gesamtschallpegel und Diagnose Bluthochdruck: Telefon- vs Vorortstudie vs Haupttal Für die Bluthochdruck-Medikation ergeben sich aus der Telefonstudie deutliche Hinweise für einen Einfluß von Hauptstraße und Schiene (linke Abbildung). In der größeren Gesamtstichprobe zeigt sich eine signifikante Beziehung nur für den Schienenlärm im Südwipptal, nicht jedoch im Norden.

Schallpegel und Medikation: Bluthochdruck Bahnlärm - Bluthochdruckmedikation: Nord-Süd die Hauptquellen

Hauptstrasse

Schiene Südwipptal

Autobahn Proportion Medikation Nordwipptal Proportion mit Medikation 0.05 0.10 0.15 0.20 0.00 0.05 0.05 0.10 0.10 0.15 0.15 0.20 0.20 0.25 0.30 30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Schallpegel der jeweiligen Quelle,Lden,dB,A Schienenlärm,Lden,dB,A

Abbildung: Schallpegel und Bluthochdruck-Medikation nach Quelle (Telefonstudie) Abbildung: Bahnlärm und Bluthochdruck- Medikation: Nord-Süd (Gesamtstichprobe) Eine Zusammenschau der Studien zeigt wieder ähnliche Trends, wie sie auch in den Blutdruckdiagnosemodellen zu sehen waren: Noch stärkerer Trend für die Telefonstudie, die Mittelposition der Haupttalanalyse und kein Trend für die Vorortstudie.

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Bahnlärm - Bluthochdruckmedikation Telefon- vs Vorortstudie vs Haupttal

Telefon

Haupttal

Vorort Proportion mit Medikation 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 30 40 50 60 70 80 Schienenlärm,Lden,dB,A

Abbildung: Bahnlärm und Bluthochdruckmedikation: Telefon- vs Vorortstudie vs Haupttal

2.3.7.4 Angina pectoris / Herzinfarkt / Medikation Herzkrankheiten Ein gesicherter Zusammenhang zwischen Diagnosen mit Angina pectoris, Herzinfarkt oder Medikation für Herzkrankheiten und Lärmbelastung durch Verkehr ist aus diesen Untersuchungen nicht abzuleiten. Die regionalen Besonderheiten in Exposition und Krankheitsverteilung machen es für diese Krankheit besonders schwierig gesicherte Beziehungen zu erhalten. Die Streuung der Ergebnisse ist hoch und die Übereinstimmung der Ergebnisse untereinander ist zu gering, um Unterstützung für einen Zusammenhang zu bieten.

2.4 Gesundheit und Lebensqualität der Kinder Die Weltgesundheitsorganisation hat in der Budapest-Konferenz von 2004 die Belastungen der Gesundheit und die Beeinträchtigung der Lebensqualität unserer Kinder durch Umwelt- und Verkehrseinflüsse ins Zentrum ihrer Bemühungen gerückt. Ziel des neuen WHO Kinder- Umwelt-Gesundheit-Aktionsplans für Europa (Children Environment Health Action Plan for Europe, CEHAPE, 2004) ist der Schutz der Kinder vor Umweltgefahren und die Verbesserung ihrer Umwelt- und Gesundheitsbedingungen.

Die durchgeführte Kinderstudie folgt im wesentlichen diesen Intentionen und den Vorstudien, welche von der Sozialmedizin bereits zu diesem Thema durchgeführt wurden (Transitstudie und Unterinntalstudie).

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2.4.1 Beschreibung der Kinderstudie Die Stichprobe der Kinderstudie umfaßte sämtliche Schüler der 3. und 4. Schulstufen der Volks- bzw. Grundschulen im Studiengebiet. Die Teilnahme war ausserordentlich hoch. Für die Analysen standen letztlich die Daten von 1310 Kindern zur Verfügung, was einem Anteil von 85,5% der Ursprungs-Stichprobe entspricht (siehe Übersicht unten).

Tabelle: Vollständige Datensätze der Kinderstudie nach Studienregion

Studienteilgebiet Population Komplette Datensätze N N % Nördliches Wipptal 816 684 83,8% Südliches Wipptal 409 359 87,8% Unterinntal 308 267 86,7% GESAMT 1533 1310 85,5%

In der vorliegenden Studie wurden Informationen von den Kindern, den Eltern und den Lehrern integriert.

Von den Kindern wurden medizinische Parameter als auch psychologisch-kognitive Informationen erhoben.

Der psychologisch-kognitive Testblock umfaßte einen Lesetest, einen Test zum Kurzzeitgedächtnis, einen Fragebogen zur Beurteilung der Wohnumwelt sowie einen Fragebogen zum körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefinden. Die Fragebogenerhebung wurde im Rahmen einer Unterrichtsstunde in den jeweiligen Klassenzimmern durchgeführt.

Im medizinischen Untersuchungsteil wurden Körpergröße, Körpergewicht, Blutdruck und Pulsfrequenz gemessen, das Hörvermögen kontrolliert und die Prüfung der Lungenfunktionen durchgeführt. Zusätzlich erfolgten verschiedene Analysen des gesammelten Harns auf Stress- und Immunparameter.

Über die Mutter des Kindes wurde mittels Fragebogen Informationen zur Wohnsituation des Kindes (Haustyp, Personen-Wohnraumdichte, Kinderschlafzimmer), zum Gesundheitszustand, zu Atemwegserkrankungen und Allergien sowie geburtliche Informationen aus dem Mutter-Kind-Pass eingeholt. Weiters wurden soziodemographische

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Merkmale der Mutter und bestehende Erkrankungen in der Familie (Prädispositionen des Kindes) erfragt.

2.4.2 Distanzen zu den Verkehrsträgern Es wohnen rund doppelt so viele studienbeteiligte Kinder aus dem südlichen Haupttal im Nahbereich der Autobahn als Kinder aus dem nördlichen Haupttal. Dagegen leben im nördlichen Haupttal gut doppelt so viele Kinder in der Nähe einer Bahntrasse. Zwei Drittel der Kinder (67%) leben also außerhalb der unten dargestellten Distanzen zu den Verkehrsträgern.

Tabelle: Distanz zum Verkehrsträger nach Studiengebiet

Gesamt Haupttal Nord Haupttal Süd Seitental Süd Seitental Nord Autobahn <150m 3,9% 9,9% 0 0 3,4% Brennerbundesstr <50m 6,9% 5,8% 0 0 3,5% Haupt- und Landstr<50m 14,0% 3,6% 24,4% 18,4% 14,6% Bahn<150m 14,0% 5,8% 0 0 5,8% Misch 8,4% 13,9% 0 0 5,7% Rest 52,8% 61,0% 75,6% 81,6% 67,1% Gesamt 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

2.4.3 Ausrichtung des Schlafzimmers Im südlichen Haupttal haben jeweils 6,4% Kinder ein Schlafzimmerfenster im Nahbereich von Bahn oder Autobahn. Im nördlichen Haupttal sind 11,1% der Schlafzimmerfenster auf die Autobahn und 12,7% der auf die Bahn gerichtet. Im Vergleichsgebiet aus dem Unterinntal haben 10% der Kinder vom Schlafzimmer aus Sicht auf den Nahbereich einer Bahntrasse und immerhin 15,4% haben ihr Schlafzimmer auf den Nahbereich einer Autobahn ausgerichtet.

Tabelle1: Ausrichtung des Schlafzimmerfensters der Kinder nach Studiengebiet Haupttal Haupttal Seitental Seitental Schlafzimmerfester auf.. Nord Süd Süd Nord Unterinntal Gesamt ruhiger Garten/Hinterhof 30,4% 36,6% 53,0% 49,4% 30,9% 40,9 ruhige Wohnstrasse 21,3% 27,3% 21,2% 27,5% 17,4% 27,9 wenig Durchzugsverk. 17,3% 13,9% 19,7% 17,6% 24,7% 23,8 viel Durchzugsverk. 9,7% 7,4% 6,1% 5,5% 6,9% 8,5 Bahntrasse 11,2% 7,4% 0 0 5,4% 7,1 Autobahn 10,0% 7,4% 0 0 14,7% 6,7

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2.4.4 Indikatoren für die Nachhaltigkeit der Wohngemeinde der Kinder Unter Anwendung der Ergebnisse der Nachhaltigkeitsuntersuchung der EURAC im Arbeitspaket 9 zeigt sich die folgende Lage: Knapp die Hälfte der teilnehmenden Kinder lebt in Gemeinden, die nach den objektiven als auch nach subjektiven Kriterien eine gute Beurteilung erhalten. Andererseits wohnt ungefähr jedes sechste Kind in objektiv und subjektiv nicht gut bewerteten Gemeinden.

Nachhaltigkeits-Indikatoren - Gesamtbeurteilung

50,0 43,8

40,0

30,0

20,0 16,2 15,9

10,0 3,7

0,0 Prozent der teilnehmenden Kinder objektiv + subjektiv objektiv gut - objektiv nicht gut - objektiv + subjektiv gut subjektiv nicht gut subjektiv gut nicht gut

Abbildung: Nachhaltigkeitsbeurteilung der Wohngemeinde - Gesamtbeurteilung

2.4.5 Lärmexposition der Kinder im Wohn- und Schulbereich Die Lärmbelastung durch Strasse und Schiene fällt je nach Wohnort der Kinder sehr unterschiedlich aus. Die berechnete Lärmbelastung für die Wohnung wurde jeweils für die am stärksten belastete Fassade erhoben. Das südliche Haupttal zeigt für die Straße die höchsten Belastungen. Im Unterinntal tragen Lärmschutzmaßnahmen (Vomp) aber auch die etwas entferntere Lage der ausgewählten Gemeinden (Stans, Jenbach) zur Autobahn bzw zur Bundesstraße zu einer geringeren Exposition bei.

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Lärmbelastung von der Straße (%) in vier Expositionskategorien

60,0

40,0

Prozent 20,0

0,0 Haupttal Nord Haupttal Süd Seitental Süd Seitental Nord Unterinntal Studiengebiet

unter 45 dB 20,6 3,6 36,2 50,0 37,8 45-55 dB 32,4 30,0 30,0 41,6 49,4 55-65 dB 32,4 45,3 26,2 7,5 12,9 über 65 dB 14,6 21,1 7,7 0,9

Abbildung: Lärmexposition Strasse – Studiengebiet

Die Exposition gegenüber Schienenlärm liegt für mehr als 50% der Kinder im nördlichen Wipptal über 55 dBA, im südlichen Wipptal und im Unterinntal jedoch knapp unter 30%.

Lärmbelastung von der Schiene (%) in vier Expositionskategorien

60

40

20 Prozent

0 Haupttal Nord Haupttal Süd Unterinntal Studiengebiet

unter 45 dB 25 41,7 18,0 45-55 dB 21,7 30,1 52,4 55-65 dB 29,2 14,1 25,8 über 65 dB 24,1 14,1 3,9

Abbildung: Lärmexposition Schiene – Studiengebiet

Die Lärmbelastung in den Schulen wurde ebenfalls für die am stärksten belastete Fassade erhoben. D.h. daß die Lärmberechnungen den schlechtesten Fall annehmen. Da die Klassenzimmer während der 4 Volksschuljahre gewechselt werden ist in der Praxis mit geringeren durchschnittlichen Belastungen zu rechnen.

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Nach diesen Berechnungen lernen 12,8% der Kinder in nicht akzeptabler Lärmumgebung, ein Viertel (25,5%) geht in Schulen mit einer Verkehrslärmbelastung, die nur mit hinterlüfteten Schallschutzfenstern akzeptabel ist.

Gesamtschallpegel durch Verkehr an der Schule

80 67,1 66,6 65,1 64,4 62,7 70 62,1 60,9 60,2 59,5 56,1 55,7 54,8 60 54,3 54,3 53,8 53,7 53,3 52,6 51,6 50 40 30 20 10 0 Gesamtschallpegel Tag dB(A) Gesamtschallpegel Matrei Krössbach Mareit Franzensfeste Steinach St. Peter Don Milani Schönberg Gries Pardaun Vals St. Kathrein Ellbögen-Erlach Gasteig Mittewald Vomp Brennero Innerratschings Nicht akzeptabel für Schulumgebung Nur mit hinterlüfteten Schallschutzfenstern tolerabel

Abbildung: Verkehrsschallpegel Schule – nicht akzeptable und nur mit Schallschutzfenstern tolerable Schulumgebung

Etwa ein Viertel der Kinder ist in Schulen mit akzeptabler Lärmbelastung und gut ein Drittel der Kinder (36,3%) besucht Schulen, die bezüglich Verkehrslärmbelastung sehr günstig sind.

Gesamtschallpegel durch Verkehr an der Schule

80 70 60 50,3 50,2 49,2 48,2 48,2 47,4 47,1 46,6 44,8 44,1 50 41,3 41 39,1 39 38,6 38,3 37,8 37,8 35,9 40 34,1 33,7 33,3 32,3 32 31,8 31,8 30,1 29,7 30 20 10 0 Gesamtschallpegel Tag dB(A) Gossensass Neustift Stans Neustadt Jenbach 1 Jenbach 2 Kematen Neder Wiesen "Domanig“ Stilfes Navis Egg Maiern Ridnaun St. Jodok St. Jodok Obernberg Trens Mauls Innerpflersch Akzeptable Schulumgebung Sehr günstige Schulumgebung

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Abbildun: Verkehrsschallpegel Schule – akzeptable und sehr günstige Schulumgebung

2.4.6 Rückzugsmöglichkeiten vor Lärm und tatsächliche Schallbelastung Die unter 2.4.4 angegebenen Schallbelastungen der Kinder stellen jeweils die maximal mögliche Belastung dar. Je nach baulich-räumlicher Wohnumgebung und Ausrichtung des Schlafzimmers kann die individuelle Schallexposition des Kindes deutlich niedriger sein.

So geben Kinder an Landesstraßen am häufigsten an nicht belästigt zu sein, aber auch eine Rückzugsmöglichkeit zu haben. Sie geben mit 2.7% aber auch am häufigsten an keine Rückzugsmöglichkeit zu haben.

Rückzugsmöglichkeit nach Verkehrsträger

16

14 2,7 12 10 6,9 8 6 1,3 1,6 4 0,5 2,2 1,1 5,4 3

(bezogen auf die Gesamtstichprobe) 2 1,9 1,9 2,5 1,2 0 0,9 0,6

50m 50m ition Prozent 1 e.<50m 1 os s xp hn < hn < e a tras s Ba tob isch u es M A nd Bu Haupt- u. Landstr <50

Kein störender Verkehrsläm Rückzugsmöglichkeit keine Rückzugsmöglichkeit

Fast die Hälfte der Kinder, die im Nahbereich einer Autobahn, der Brennerbundesstraße oder der Eisenbahn wohnen, haben zumindest ein ruhiges Schlafzimmer. Unter den Kindern, welche in der Nähe von mehr als einem der genannten Verkehrsträger leben (Kombinierte Exposition) hat nur ein Drittel ein ruhiges Schlafzimmer. Diese Wohnungen liegen in der Regel zwischen zwei Verkehrsträgern, womit die Vorraussetzungen für eine verkehrsberuhigte Ausrichtung des Schlafzimmers meist nicht mehr gegeben sind.

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Wird die gesamte Stichprobe (mit Seitentälern) betrachtet sind es 80% der Kinder, welche ein verkehrsberuhigtes Schlafzimmer haben.

Ausrichtung Schlafzimmer - Verkehrsträgerexposition des Hauses/Wohnung

92,7 100,0 80,0 80,0 65,5 54,3 60,0 52,9 47,1 45,7 52,6 47,4 34,5 40,0 20,0 Pozent 20,0 7,3 0,0 m n 0 0 m o <5 0 iti .<5 5 s Rest e str o d <1 p ss n n ra a t L ss Bah e u. d t- Mischex Autobahn <150m n p u Bu a H

keine/wenig Verkehrsexposition viel Verkehrsexposition

Kinder, die in einem Haus/Wohnung mit Ausrichtung auf eine Strasse mit viel Durchzugsverkehr oder auf eine Bahntrasse wohnen haben fast zur Hälfte ein Lärmschutzfenster in ihrem Schlafzimmer. In der Gesamtstichprobe sind es 30%.

Lärmschutzfenster vorhanden

60,0 48,9 50,0 45,5 36,5 40,0 27,2 27,8 29,6 30,0 24,9 20,0

Prozent 10,0 0,0 hr t se ehr m rke ahn terhof ras ve verk st s Gesa ug Autob Bahntrasse Wohn hz rchzugs ge urc u D D ig iger Garten/Hin ruhi el h en vi ru w

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die tatsächliche Verkehrslärmbelastung für den Großteil der Kinder im Untersuchungsraum (vor allem in der Nacht und für die Hausaufgaben) deutlich niedriger ist. Nur ein kleiner Anteil von Kindern aus den Seitentälern wohnt in der Nähe von lärmintensiven Verkehrsträgern. Ferner zeigen die integrativen Analysen, dass zahlreiche Kinder, die zwar eine relativ hohe Verkehrslärmbelastung

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(gemessen an der meist exponierten Hausfassade) aufweisen, durch baulich-räumliche Rahmenbedingungen (Ausrichtung, Abschattung, Lärmschutzfenster) eine relevante Abschwächung der tatsächlichen Lärmexposition erfahren. Dieser Umstand ist wahrscheinlich ein wesentlicher Grund dafür, daß sich psychische, kognitive und gesundheitliche Wirkungen bei den Kindern in dieser Studie noch nicht in dem Ausmaß manifestiert haben.

2.4.7 Exposition der Kinder durch Luftschadstoffe im Wohnbereich Die NO2-Konzentration beträgt im Jahresdurchschnitt für die Kinder im gesamten Studiengebiet 15,9 µg/m³. Die Vergleichsgemeinden aus dem Unterinntal sind mit einem Durchschnittswert von 33,7µg das am höchsten belastete Studiengebiet. Das Haupttal Süd ist mit 18,5 µg durchschnittlich etwas belasteter als das nördliche Haupttal mit 16,0 µg. In den Seitentälern liegt die durchschnittliche NO2-Konzentration unter 10 µg (Nord: 9,5; Süd: 9,3). Werden die zukünftigen Immissionsgrenzwerte herangezogen ist im nördlichen Haupttal für 11 Kinder (3,2%) und im südlichen Haupttal für 2 Kinder (0,9%) eine Grenzwertüberschreitung des Jahresmittelwerts nach dem Immissionsschutzgesetz Luft (30 µg/m³ nach IG-L ab 2012) festzustellen. Deutlich schlechter ist die Situation im Unterinntal: hier liegt für 61,7% der Kinder eine Grenzwertüberschreitung für NO2 nach dem IG-L vor.

Tabelle: NO2 – Belastungs-Kategorien und Grenzwertüberschreitungen nach Region

Stickstoffdioxid:NO2 µg/m³ 0-10µg 10-20µg 20-30µg 30-40µg über 40µg Haupttal Nord 5,7% 75,5% 15,5% 1,8% 1,5% Haupttal Süd 4,0% 75,8% 19,3% ,9% 0% Seitental Süd 82,2% 17,8% 0% 0% 0% Seitental Nord 64,9% 35,1% 0% 0% 0% Unterinntal 0% 6,4% 31,9% 41,8% 19,9% Studiengebiet gesamt 30,9% 48,8% 11,8% 5,7% 2,8%

Wird der Feinstaubindikator PM10 als Richtschnur herangezogen fällt bei den Jahresmittelwerten sofort auf, daß zwischen Haupt- und Seitentälern keine praktisch relevanten Unterschiede in den Jahresdurchschnittswerten zu sehen sind. Für keines der Kinder ergibt sich auch eine Grenzwertüberschreitung für den dzt gültigen Jahresmittelwert von mehr als 40µg/m³ PM10 (nach IG-L). Bezogen auf den ab 2010 angestrebten Grenzwert von 20µg/m³ PM10 würde für 2 Kinder (Haupttal Nord) eine Überschreitung vorliegen. Für

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck das Unterinntal waren keine vollständigen Daten verfügbar.

Tabelle: PM10 – Jahresmittelwerte nach Region

Feinstaub PM10 in µg/m³ Standardab- Gültige N Mittelwert Minimum Maximum weichung Haupttal Nord 335 16,0 15,0 22,2 1,0 Haupttal Süd 223 15,5 15,0 17,6 ,4 Seitental Süd 135 15,0 15,0 15,2 ,1 Seitental Nord 348 15,2 15,0 15,7 ,1 Studiengebiet Gesamt 1041 15,5 15,0 22,2 ,7

Der Vergleich zwischen NO2 und PM10 macht deutlich, daß in den Seitentälern ein beträchtlicher Grundstock an PM10-Belastung vorliegt, der primär nicht dem Verkehr, sondern anderen lokalen Quellen (insbesondere dem Hausbrand) zugeordnet werden muß. Ferner wird klar, daß PM10 in dieser Studie kein geeigneter Indikator für die Erfassung verkehrsbedingter Gesundheitswirkungen darstellt.

2.4.8 Wahrnehmung des Verkehrs im Wohnbereich Das Haupttal und die Vergleichsgemeinden aus dem Unterinntal sind in Übereinstimmung mit der objektiven Belastung auch in der subjektiven Wahrnehmung der Kinder meist um ein Vielfaches stärker verkehrsexponiert als die Seitentäler. Die relativ höchste subjektive Verkehrswahrnehmung für sämtliche straßenbezogenen Teilaspekte wird von den Kindern aus dem südlichen Haupttal angegeben. Die akustische Wahrnehmung der Schiene ist zwischen Nord-, Südwipptal und Unterinntal ähnlich verteilt. Die Wahrnehmung von Autoabgasen fällt gegenüber der akustischen Wahrnehmung des Verkehrs deutlich zurück. Erschütterungen durch LKW-Verkehr und die Schiene wird auch noch von 3 bis 6% der Kinder in den Haupttälern wahrgenommen.

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Verkehrswahrnehmung

35,0 32

30,0 28

25,0 22 21 20,0 18 18 17 15 15,0 Prozent 10,0 9 9 6 6 6 6 5 5 4 4 4 4 5,0 3 3 3 2 2 2 1 1 1 1 0,0 Haupttal Nord Haupttal Süd Seitental Süd Seitental Nord Unterinntal

Autos hören LKW hören Bahn hören Autoabgase Erschütterungen LKW Erschütterungen Bahn

Abbildung: Wahrnehmung des Verkehrs nach Studienregion

2.4.9 Störung durch Verkehr im Wohnbereich Die höchsten Störungsquoten beziehen sich auf den Autolärm, wobei die Kinder aus dem südlichen Haupttal mit 12% die meisten PKW-bezogenen Störungen angeben. Im nördlichen Haupttal und in den Vergleichsgemeinden des Unterinntals sind 9-10%, in den Seitentälern rund 6% der Kinder durch den Autolärm sehr gestört. Vom Eisenbahnlärm fühlen sich im nördlichen Haupttal und im Unterinntal rund 6% sehr gestört. Im südlichen Haupttal reichen mit rund 11% die Störungsangaben fast an die Angaben für den Autolärm heran. Die Störungsraten für den Lärm von den LKWs betragen im gesamten Wipptal rund 6%, im Unterinntal sind sie dagegen mit 9% in etwa um die Hälfte höher.

Störung durch Verkehrslärm

14 12,1 12 10,8 9,8 9,4 10 8,6 8 6,6 6,7 6,4 5,9 5,8 6,1 6,0 6 5,1 4 2

Prozent "sehr gestört" 0 Haupttal Nord Haupttal Süd Seitental Süd Seitental Nord Unterinntal

Lärm Auto Lärm LKW Lärm Bahn

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Abbildung: Störung durch Verkehrslärm nach Studienregion

2.4.10 Allgemeine Belästigung durch Verkehrslärm im Wohnbereich

2.4.11 Lebensqualität Das körperliche und psychische Wohlbefinden sowie die wahrgenommene Funktionsfähigkeit in der Schule als Teilkomponenten der kindlichen Lebensqualität sind nicht direkt abhängig von der objektiven Verkehrlärmexposition oder vom Wohnen im Nahbereich einer Verkehrstrasse (Autobahn, Bahn, Bundes-, Haupt- und Landstrassen). Jedoch geben Kinder, die sich durch den Verkehrslärm subjektiv gestört fühlen ein geringeres körperliches und psychisches Wohlbefinden an, als die weniger Gestörten. Die Schlafqualität zeigt die engste Beziehung zur kindlichen Lebensqualität. Gesundheit, Lärmempfindlichkeit oder das Fehlen einer Rückzugsmöglichkeit vor Lärm folgen in der Bedeutung nach der subjektiven Störung durch den Verkehrslärm.

2.4.12 Leistungsaspekte

2.4.12.1 Lesen Die Leseleistung der getesteten Kinder entspricht in allen fünf Studiengebieten der alters- und geschlechtsspezifischen Norm. Wie erwartet steht die Leseleistung in Abhängigkeit vom Geschlecht, der Schulstufe und der mütterlichen Bildung. Keiner der verkehrsbezogenen Faktoren (Lärmbelastung zuhause, Lärmbelastung in der Schule, Nahbereich von Verkehrsträgern, Gestörtheit durch den Verkehr) zeigte einen direkten Effekt auf die Leseleistung. Erneut wurde jedoch beobachtet, dass Kinder, die lärmempfindlich sind oder keine Möglichkeit haben sich vom Lärm zurückzuziehen schlechter lesen als die restlichen Studienteilnehmer.

2.4.12.2 Kurzzeitgedächtnis Die geprüfte Kurzzeitgedächtnisleistung ist in den fünf Studiengebieten durchschnittlich gleich hoch. Mädchen sind etwas besser und hohes Bildungsniveau der Mutter ist ebenfalls mit besserer Gedächtnisleistung assoziiert. Die Unterschiede sind jedoch nur sehr gering. Ein relativ stabiler, aber insgesamt ebenfalls schwacher negativer Effekt konnte für die Verkehrlärmexposition - vor allem von der Strasse - beobachtet werden. Andere personen- und wohnraumbezogenen Faktoren waren nicht relevant.

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2.4.12.3 Schulleistungsverhalten Das Leistungsverhalten des Kindes wurde vom Klassenlehrer hinsichtlich der Teilbereiche Ablenkbarkeit, Aktiviertheit und allgemeines Schulleistungsverhalten beurteilt. Die Verkehrslärmexposition und das Wohnen in der Nähe von Verkehrsträgern zeigt keinen direkten Einfluss auf die Beurteilung des Kindes. Eine schwache Beziehung ist jedoch dahingehend zu beobachten, dass Kinder, die sich subjektiv vom Verkehr gestört fühlen, eher eine schlechtere Lehrerbeurteilung hinsichtlich des allgemeinem Leistungsverhaltens erhalten. Auch ein schlechter allgemeiner Gesundheitszustand des Kindes ist mit etwas schlechterer Leistungsbeurteilung durch den Lehrer verbunden. Lärmempfindliche Kinder werden als ablenkbarer eingeschätzt als nicht lärmempfindliche Kinder.

2.4.13 Schlafqualität Ein kleiner, aber statistisch gesicherter, direkter negativer Einfluss der objektiven Verkehrslärmexposition auf die berichtete allgemeine Schlafqualität der Kinder konnte nur im Basismodell beobachtet werden. Die Wohnposition zum Verkehrsträger oder die Ausrichtung des Schlafzimmerfensters zeigten keinen direkten Einfluss auf die Schlafqualität. Deutlichere Hinweise ergaben sich für indirekte Wirkungen. Je mehr sich die Kinder subjektiv vom Lärm gestört fühlen, desto schlechter schlafen sie insgesamt auch. Zusätzlich hatten lärmempfindliche Kinder mehr Probleme mit dem Schlafen als nicht lärmempfindliche Kinder, unabhängig von der (nächtlichen) Verkehrslärmbelastung. Weiters ist ein Raum, in den sich Kinder (auch tagsüber) vom Lärm zurückziehen können, in der Regel mit besserer Schlafqualität assoziiert. Diese Rückzugsmöglichkeit konnte als „Schutzfaktor“ auch beim Blutdruck nachgewiesen werden.

2.4.14 Gesundheit und Krankheit

2.4.14.1 Geburtshilfliche Indikatoren und Verkehr Es konnte kein direkter Zusammenhang zwischen perinatalen Indikatoren und den Schallpegelindikatoren beobachtet werden. Überraschenderweise zeigte der Luftindikator NO2 einen Trend mit der Dystrophie auf. Dieser Trend war jedoch nicht signifikant und wies eine hohe Streuung auf. Ergebnisse mit Expositionen unterhalb 20µg/m³ NO2 können in der Literatur nicht als gesichert angesehen werden, da noch Unklarheit über die möglichen Wirkungsmechanismen vorliegt.

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2.4.14.2 Diagnose und Medikation Heuschnupfen und Verkehr Es ergaben sich keine statistisch signifikanten Hinweise für eine gesicherte direkte Bezie- hung zur Luftverschmutzung oder zu den Schallpegelindikatoren. Die Ergebnisse entsprechen dem widersprüchlichen Bild aus den Übersichtsarbeiten.

2.4.14.3 Diagnose und Medikation Asthma und Verkehr Während sich im Diagnosemodell Hinweise für einen schwachen Einfluss des Luftschadstoffindikators NO2 ergeben, verschwindet die statistische Absicherung im Medikationsmodell. Es ist nicht auszuschließen, daß hier das Gesundheits-Verhalten der Eltern eine Rolle spielt. So gehen Mütter, welche sich durch die Verkehrsabgase gestört fühlen, offensichtlich eher mit ihren Kindern zum Arzt („Selektion“). Es könnte deshalb leichter zu einer Asthma-Diagnose kommen. Andererseits sind die Schadstoffbelastungen im Untersuchungsgebiet im Vergleich mit der Literatur doch niedrig und der Anteil höher belasteter Kinder ist sehr klein, sodaß große Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse angebracht ist.

2.4.14.4 Diagnose und Symptome Neurodermitis und Verkehr Es ergaben sich keine statistisch abgesicherte Hinweise für eine Beziehung zur Luftverschmutzung oder zu den Schallpegelindikatoren.

2.4.14.5 Lungenfunktion: Vergleich mit Standardkurven Dieser Vergleich hat deutlich gemacht, dass die Lungenfunktion der Kinder im Untersuchungsraum den Normwerten österreichischer Kinder jedenfalls entsprechen oder für einzelne Indikatoren sogar besser sind als diese.

2.4.14.6 Lungenfunktionsparameter und Verkehr Die verwendeten Indikatoren der Fluss-Volumen-Kurven zeigen keinen statistisch gesicherten Einfluss des Luftindikators NO2 im niedrigen und mittleren Dosisbereich bis 25 µg/m³. Die Teststärke war sehr gering. Wegen der großen Streuung der Werte ist deshalb nicht auszuschließen dass ein schwacher negativer Beitrag bei stärker empfindlichen Kindern möglich ist. Es ist ferner nicht auszuschließen, dass die Partikelbelastung (durch den Hausbrand) in den Seitentälern kleine Wirkungen durch NO2 in den Haupttälern verdeckt hat.

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2.4.14.7 Blutdruck und Verkehr Für den diastolischen Blutdruck sind keine direkten Zusammenhänge mit der Schallpegelexposition erkennbar. Dies ist auch in Übereinstimmung mit den meisten Studien aus der einschlägigen Literatur und den Ergebnissen der Unterinntalstudie.

Beim systolischen Blutdruck ist für den Untersuchungsraum als Ganzes ebenfalls kein gesicherter direkter Zusammenhang mit den Schallpegelindikatoren zu sehen. In den Analysen für die Sub-Regionen zeichnet sich eine schwach positive Beziehung zum Lärm für das nördliche Wipptal ab. Da die Gruppe sehr klein ist sollte diese Beziehung jedoch mit großer Vorsicht beurteilt werden. Bedeutsamer scheinen Hinweise für signifikante indirekte Schutzwirkungen durch den Umstand der „Rückzugsmöglichkeit“ des Kindes vor Lärm. Dieser präventive Faktor ließ sich nicht nur für den Gesamtraum, sondern auch in der Subanalyse des nördlichen Wipptals nachweisen. Durch eine „Rückzugsmöglichkeit“ des Kindes vor Lärm könnten also mögliche direkte Wirkungen der Lärmexposition verhindert werden.

2.4.14.8 Stresshormone, Immunsystem und Verkehr Stresshormone: Es ließen sich deutliche Unterschiede der Cortisolkonzentration in den Regionen nachweisen. Diese großen Unterschiede könnten natürlich schwache Beziehungen zu anderen Faktoren wie Lärm maskieren. Die deshalb durchgeführten Regionsanalysen hatten jedoch eine zu geringe Teststärke wegen der kleineren Stichproben.

Neopterin: Die überraschend großen Regionsunterschiede werden auch für Neopterin gefunden. Sie folgen im wesentlichen der Atopie-Häufigkeit (Asthma, Neurodermitis, Heuschnupfen) dieser Regionen. Mit Lärm konnte keine Beziehung beobachtet werden. Mit dem Luftindikator NO2 fand sich ein statistisch nicht signifikanter Trend, der wegen des unklaren theoretischen Wirkungs-Hintergrund kritisch betrachtet werden muß.

Zusammenfassend muß hier gesagt werden, daß die lange Untersuchungsdauer der Studie (von Oktober bis Ende Jänner) mit unterschiedlicher Infekthäufigkeit zu den Zeitpunkten der Harn-Probennahme sicher zu einer großen Streuung der Werte beigetragen haben.

2.4.15 Zusammenfassung Kinder Aus den integrativen Analysen ergeben sich deutliche Hinweise, dass nur ein kleinerer Anteil (10-15%) der untersuchten Kinder beim Aufenthalt in der Wohnung und während des Schlafs

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck einer höheren durchschnittlichen Verkehrslärmexposition (über 60 dB[A]) ausgesetzt ist, obwohl die berechnete Belastung an der Hausfassade sehr hoch sein kann. Auch die Erhebung der Schadstoffbelastung erbrachte für das Wipptal nur eine mäßige Belastung durch den Verkehrs-Indikator NO2. Die Konzentrationen für PM10 sind für Haupt- und Seitentäler im Durchschnitt ähnlich, sodaß ein wesentlicher Beitrag durch den Verkehr zu diesem Luftqualitäts-Indikator für das Untersuchungsgebiet wenig wahrscheinlich ist.

Das ist für die Perspektive der öffentlichen Gesundheit ein erfreuliches Ergebnis. Für die Untersuchung von Lärm- und Schadstoffwirkungen ergeben sich aber durch die kleinen Stichproben im oberen Belastungsbereich starke methodisch-statistische Einschränkungen.

Es ist deshalb nicht zufällig, daß für direkte objektive Wirkungen des Lärms und der existierenden Schadstoffbelastung auf „harte Endpunkte“ wie die Leistung oder Krankheiten wenig gesicherte und wenn, dann nur schwache Hinweise gefunden werden konnten. Zu diesen Befunden zählt eine geringfügig schlechtere Kurzzeitgedächtnisleistung und eine schlechtere Schlafqualität im Basismodell. In einer Regionalanalyse konnte ferner für das nördliche Wipptal ein statistisch gesicherter Zusammenhang zwischen systolischem Blutdruck und dem Gesamtschallpegel an der Hausfassade nachgewiesen werden.

Es sollte aber keinesfalls übersehen werden, dass die direkte subjektive Störung durch den Verkehrslärm selbst bereits eine relevante Beeinträchtigung der kindlichen Lebensqualität darstellt. Für die Störung der Kinder ergaben sich deutliche Hinweise sowohl für den Schienen- als auch für den Strassenlärm. Das südliche Wipptal lag hier vor dem Unterinntal und dem nördlichen Wipptal.

Stärkere Hinweise ergaben sich hingegen aus der Studie für indirekte Wirkungen des Lärms. Lärmempfindlichkeit sowie das Fehlen einer Rückzugsmöglichkeit vom Lärm machen Kinder empfänglicher für Lärmwirkungen: Sie fühlen sich vom Verkehrslärm gestörter, beurteilen ihre Wohngegend schlechter, haben eine schlechtere Schlafqualität und zeigen geringeres körperliches und psychisches Wohlbefinden. Zusätzlich ist bei den lärmempfindlichen Kindern auch die Leseleistung schlechter als bei den nicht lärmempfindlichen Kindern. Kinder ohne Rückzugsmöglichkeit weisen auch einen höheren systolischen Blutdruck auf.

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Wegen der relativ niedrigen Schadstoffbelastung ohne Grenzwertüberschreitungen für eine hinreichend große Gruppe von Kindern war es nicht überraschend, daß gesicherte Beziehungen zwischen den Luftschadstoffindikatoren (NO2, PM10) weder für Krankheiten wie Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis noch für Lungenfunktionsparametern, Blutdruck, Cortisol und Neopterin (im Harn) bei den Kindern im Wipptal zu beobachten waren. Die hohe Grundbelastung durch PM10 durch lokale Quellen ist jedenfalls zu verringern.

2.5 Verschreibung von Medikamenten und Verkehrsträger (Daten der TGKK) Durch ein Gespräch zwischen LR Zanon und den Direktoren der TGKK wurde der Zugang zu den Daten der Gebietskrankenkasse ermöglicht. Die Daten der Gebietskrankenkassen haben den Vorteil der Vollständigkeit und der Abdeckung eines großen, auch sozial repräsentativen Bevölkerungsquerschnitts. Natürliche Grenzen ergeben sich aus dem Umstand, dass diese Daten sensibler Natur sind und einer datenschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen. Dem wurde durch ein Genehmigungsverfahren und einer doppelten Anonymisierung entsprochen. Aus technischen Gründen standen für die Analysen nur der Medikamentenverbrauch – nicht aber Diagnosen zur Verfügung.

Eine Begrenzung auf die vom Arzt verschriebenen Medikamente bedeutet, dass Selbstmedikation nicht in die Berechnungen eingehen kann (macht ca 15-20% des Gesamtkonsums aus). Einige Studien haben die These unterstützt, dass Selbstmedikation für die Analyse mit Umweltbelastungen relevant sein kann, da es sich hier meist um leichte Ausprägungen von Symptomen, Erschöpfungszuständen oder Vorstufen von Krankheiten handelt. Andererseits gibt es unter den verschriebenen Medikamenten einige Gruppen, welche stärker Symptom-orientiert verschrieben werden und nicht nur bei klarer Ausprägung einer Krankheit (z.B. Magen-Medikation und Antiallergika) zur Anwendung kommen.

Eine starke inhaltliche Einschränkung der Daten aus der Sozialversicherung ergibt vor allem dadurch, dass von den fast vollständig erfassten Personen – abgesehen von Geschlecht und Alter - keine weitere Information mehr zur Verfügung steht. In Gegensatz dazu haben wir in den Studien des AP-3 eine Vielzahl von Zusatzinformation zum Lebensstil, zur Gesundheit und Disposition erheben können. Der zusätzliche Einfluß dieser Faktoren konnte in den statistischen Modellen dann kontrolliert werden, um Pseudozusammenhänge („Confounding“) auszuschließen. Insgesamt stellen Daten der Sozialversicherung aber eine

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck bisher zu wenig genützte Quelle dar, welche als Zusatzinformation auf dem Niveau der Gesamt-Bevölkerung von großem Wert ist.

Wir haben eine zweistufige Vorgangsweise gewählt. In einem ersten Schritt wurden Auswertungen auf der Ebene der Wohngemeinde durchgeführt und ein Vergleich zwischen Haupttal und Seitentäler durchgeführt. In dieser Auswertung konnten keine wirklichen systematischen Auffälligkeiten gefunden werden. Das Haupttal hat nur geringfügig höhere Medikationen (nicht statistisch signifikant). Nur die Gemeinde Mühlbachl fällt durch eine meist höhere Medikamenten-Verschreibung auf.

In einem zweiten Schritt wurde die Nähe zu den Verkehrsträgern untersucht. Es wurden Verkehrsbereiche innerhalb bestimmter Abstände (Autobahn, Brenner-Bundesstraße, Bahn, Landstraße, Mischgebiet) bestimmt und gegen Wohn-Bereiche abgegrenzt, die außerhalb dieser Verkehrsbereiche liegen. Die Verkehrsbereiche stellen somit verschiedene Typen von „Verkehrs-Exposition“ dar und die Medikamenten-Verschreibung wird mit den „nicht exponierten“ Siedlungsbereichen (Referenz-Bevölkerung) verglichen.

In den Analysen wurden folgende Muster der Medikamenten-Verschreibung sichtbar: Es sind durchgängig Risikoerhöhungen für Personen, welche im Einzugsbereich von bis zu 200 m Entfernung von der Schiene wohnen, zu finden. Die deutlichsten Beziehungen über einen weiten Altersbereich sind für Antidepressiva, Magentherapeutika und Antiallergika zu sehen (siehe unten). Diese 3 Medikationsgruppen zählen auch zu den Top 10 der kostenintensiven Verschreibungen mit den Magentherapeutika als Spitzenreiter (Pharma- Öko-Info, Jänner 2003). Insbesondere die Gruppe 11B (Magentherapeutika) steht bei den meisten Ärzten an der Spitze der Verschreibungen und macht typischerweise zwischen 6 und 11% des Medikamentenumsatzes aus.

Die Risikoerhöhungen werden hier als „Odds Ratio“ mit Vertrauensintervall (=Balken) angegeben. Der zentrale Schätzwert ist als kleiner vertikaler Strich im Balken verankert. Wie kann das interpretiert werden ? Liegt ein Balken, der die Unsicherheit der Risiko-Schätzung abbildet vollständig oberhalb der Null-Linie (bei 1), kann von einer statistisch abgesicherten Risikoerhöhung für diese Gruppe ausgegangen werden. Umgekehrt, wenn ein Balken vollständig unter die Null-Linie zu liegen kommt, haben wir es mit einer signifikant niedrigeren Medikamenteneinnahme in der betreffenden Gruppe zu tun.

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10B Psychopharmaka Antidepressiva 2004 nach Verkehrsträgerzuordnung (2) und Alter

Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m 95 % CI Haupt-/Landesstrassen <50m POR Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m 30 - 49a Eisenbahn <150m 50 - 69a Mischform >=70a 0,1 1 10 Prävalenz Odds Ratio

Abbildung: Risiko-Situation für verschiedene Verkehrsträger nach Alter (wenn verglichen mit den „nicht exponierten“ Siedlungsbereichen): Antidepressiva-Verschreibung

11B Hyperazidität 2004 nach Verkehrsträgerzuordnung (2) und Alter 2004

Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m 30 - 49a 95 % CI Eisenbahn <150m 50 - 69a Mischform >=70a POR 0,1 1 10 Prävalenz Odds Ratio

Abbildung: Risiko-Situation für verschiedene Verkehrsträger nach Alter (wenn verglichen mit den „nicht exponierten“ Siedlungsbereichen): Mittel gegen Hyperazidität

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Wir sehen sowohl bei den Magenmitteln als auch bei den Medikamenten gegen Depression eine Risikoerhöhung ab dem 30. Lebensjahr für die Personengruppen, welche im Naheinzugsbereich der Schiene wohnen. Die älteste Personengruppe weist dabei konstant die stärkste Risikoerhöhung auf. Für die Gruppe der Anti-Allergika ist eine signifikante Risikoerhöhung erst ab dem 50. Lebensjahr zu sehen. Für diese Medikamentengruppe gibt es jedoch die einzige Risikoerhöhung für die jüngste Altersgruppe (unter 15 Jahren), die hier wegen der bereits hohen Informationsdichte nicht in die Grafik eingearbeitet wurde.

Antiallergika: 24C Vasokonstriktorische Augentropfen / 24H Antiallergische Augentropfen / 25B HNO-Rhinologika / 28 Antihistaminika/Antiallergika 2004 nach Verkehrsträgerzuordnung (2) und Alter Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m 95 % CI Haupt-/Landesstrassen <50m POR Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m 30 - 49a Haupt-/Landesstrassen <50m 50 - 69a Eisenbahn <150m >=70a Mischform 0,1 1 10 Prävalenz Odds Ratio

Abbildung: Risiko-Situation für verschiedene Verkehrsträger nach Alter (wenn verglichen mit den „nicht exponierten“ Siedlungsbereichen): Antiallergika-Verschreibung Für die Stichprobe der nachgeordneten Straßen (Haupt-/Landesstraßen) ist fast durchgehend keine Risikoerhöhung festzustellen. Dieses Ergebnis gründet sich auch auf hinreichend große Stichproben (größer als die Eisenbahnstichproben). Für die Autobahnanrainer und Bundesstraßen-Anwohner sind die Stichproben nicht groß genug, um für alle Medikamentengruppen gesicherte Aussagen machen zu können.

Auch für die restlichen untersuchten Medikationsgruppen sind signifikante Risikoerhöhungen für einzelne Altersgruppen in der Schienen-Stichprobe nachweisbar. Medikamente zur Behandlung erhöhter Blutfett-Werte („Lipidsenker“) werden ebenfalls ab dem 50. Lebensjahr häufiger in der Schienen-Stichprobe verschrieben.

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20B Lipidsenker 2004 nach Verkehrsträgerzuordnung (2) und Alter 2004

Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150m Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m 30 - 49a 95 % CI Eisenbahn <150m 50 - 69a Mischform >=70a POR 0,1 1 10 Prävalenz Odds Ratio

Abbildung: Risiko-Situation für verschiedene Verkehrsträger nach Alter (wenn verglichen mit den „nicht exponierten“ Siedlungsbereichen): Lipidsenker-Verschreibung Ein signifikantes Ergebnis ist auch für die Gruppe der Beruhigungs- und Schlafmittel ab dem 50. Lebensjahr nachzuweisen.

Psychopharmaka: 08 Sedativa / 09 Hypnotika / 10D Psychopharmaka Tranquilizer 2004 nach Verkehrsträgerzuordnung (2) und Alter

Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform Autobahn <150 Brenner-Bundesstrasse <50m Haupt-/Landesstrassen <50m Eisenbahn <150m Mischform 30 - 49a Brenner-Bundesstrasse <50m 50- 69a Haupt-/Landesstrassen <50m >=70a Eisenbahn <150m 95 % CI Mischform POR 0,1 1 10 Prävalenz Odds Ratio

Abbildung: Risiko-Situation für verschiedene Verkehrsträger nach Alter (wenn verglichen mit den „nicht exponierten“ Siedlungsbereichen): Beruhigungs-/Schlafmittel-Verschreibung

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Bei den Medikamenten gegen Asthma, Bluthochdruck und Koronarsklerose des Herzens lassen sich Risikoerhöhungen nur für die älteste im Nahbereich der Schiene wohnende Personengruppe nachweisen. Begrenzungen, welche diese Studie betreffen: Die beobachteten Zusammenhänge zwischen Verkehrsträger und Medikation sind vorläufig als rein statistische Beziehungen zu bewerten. Durch das Fehlen zusätzlicher soziodemographischer und Gesundheitsinformation in der Datenbasis der TGKK ist eine Vermischung von Wirkungszusammenhängen nicht auszuschließen. Dieser Umstand der ungenügenden Kontrollmöglichkeit für mögliche Störfaktoren hinterläßt eine gewisse Unsicherheit. Die Zuteilung in die Verkehrsexpositionsgruppen nach Distanz zu den Verkehrsträgern verlangt ebenfalls eine vorsichtige Interpretation in Bezug auf Zuordnung der Wirkungen zur Verkehrsquelle. Nur für die Schiene und die kleineren Straßen waren die Stichproben groß genug, um statistisch abgesicherte Ergebnisse zu erhalten.

Unterstützung für die Ergebnisse dieser Studie

Die Ergebnisse der epidemiologischen Erhebungen zeigen ebenfalls Zusammenhänge zwischen Lärmbelastung und Depression, Bluthochdruck und Schlafstörungen, bzw Medikamenteneinnahme zur Behandlung dieser Erkrankungen. Für die Behandlung von Asthma wurden übereinstimmend keine Zusammenhänge in diesen als auch in den Feldstudien gesehen. Die große nicht-selektierte Gesamt-Stichprobe von 28.000 Personen verleiht eine deutlich höhere statistische Teststärke als die epidemiologischen Studien (maximum 3630 Personen). Die dichtere Besetzung des hohen Altersbereichs in den Stichproben der TGKK unterstützt dies zusätzlich. Es ist deshalb nicht überraschend, daß für weitere Medikationen Zusammenhänge gefunden wurden, die in den kleineren Feldstudien nicht nachzuweisen waren. Durch die geringe Mobilität der Bevölkerung in diesem Raum erhält diese Querschnitts-Erhebung eine gewisse Längsschnitt-Komponente hinzu, da die ältere Bevölkerung schon länger der zunehmenden Verkehrsbelastung ausgesetzt war. (Querschnitts-Kohorten-Studien-Element).

Auch in der Literatur wurden Zusammenhänge zwischen Lärmbelastung und einer Reihe von Medikationen, die hier untersucht wurden, nachgewiesen. Neu hingegen ist, daß die Schienenbelastungen so deutlich und stabil im Vordergrund der Ergebnisse stehen.

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2.6 Registerdaten und Verkehr

2.6.1 Einleitung Im Rahmen der Umweltverträglichkeitserklärung, im Folgenden abgekürzt mit UVE, des Brennerbasistunnels (BBT) werden neben vielen anderen Analysen auch Krebsinzidenzdaten, Mortalitätsdaten sowie Geburtendaten untersucht. Dabei ist die primäre Fragestellung eine methodisch saubere Erhebung des Ist-Zustandes in denjenigen Gemeinden, die im Einzugsgebiet der UVE liegen. Auf Grund der kleinen Bevölkerungszahlen ist vor allem bezüglich der Krebserkrankungen, die ja trotz aller öffentlichen Aufmerksamkeit immer noch seltene Erkrankungen sind, die Aussagefähigkeit sehr begrenzt. Daher haben wir uns entschlossen, für die Analyse der Krebsdaten jeweils fünf Beobachtungsjahre zusammenzufassen sowie für die Geburtendaten alle zur Verfügung stehenden Daten zu nutzen. Die Auswahl der Krebsgruppen richtete sich nach solchen Lokalisationen, für die ein Zusammenhang mit verkehrsbedingten Umwelteinflüssen nicht ausgeschlossen werden kann. Basis für die vorliegende Studie waren folgende Datensätze:

1. Mortalitätsdaten: Für Tirol wurden die offiziellen Todesdaten für das Bundesland Tirol verwendet, die von der Statistik bereitgestellt werden. Für Südtirol wurden nicht die offiziellen italienischen Todesdaten verwendet, sondern die Todesdaten, die vom Südtiroler Krebsregister und von der Sanitätsabteilung in Bozen gesammelt und dokumentiert werden. Für Tirol liegen die Daten für den gesamten Analysezeitraum 1991 bis 2000 vor, für Südtirol von 1996-2000. 2. Tumorinzidenzdaten: Für Tirol basiert die Analyse auf den Inzidenzdaten (Krebsneuerkrankungen), die vom Tumorregister Tirol gesammelt werden, und zwar seit dem Jahr 1988. Für Südtirol werden die Daten vom Tumorregister Südtirol seit dem Jahr 1995 dokumentiert. 3. Geburtendaten: Für Tirol werden die geburtshilflichen Daten vom Geburtenregister Tirol gesammelt. Seit dem Jahr 2000 werden lückenlos alle Geburten, die sich in Tirol ereignen, dokumentiert. Für Südtirol wurden die Daten vom Landesinstitut für Statistik Südtirol (ASTAT) gesammelt und uns von der epidemiologischen Beobachtungsstelle in Bozen (Koordinatorin Dr. Carla Melani) zu Verfügung gestellt. 4. Bevölkerungsdaten: In Tirol liegen Bevölkerungsdaten auf Gemeindeebene nur für die Volkszählungsjahre vor, daher wurden die Bevölkerungszahlen der beiden Volkszählungsjahre 1991 und 2001 verwendet, und zwar für den Zeitraum 1991-95 die Bevölkerungsdaten des Jahres 1991 sowie für den Zeitraum 1996-2000 die Bevölkerungsdaten des Jahres 2001. Aus Vergleichsgründen wurden für Südtirol ebenfalls die

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Bevölkerungsdaten des Jahres 2001 verwendet, obwohl in Südtirol Bevölkerungsdaten auf Gemeindeebene auch für alle Jahre vorliegen würden.

2.6.2 Analyse auf Gemeindeebene Diesen Auswertungen liegen im Unterschied zu den individuellen Daten in der nachfolgenden Analyse (2.6.3 „georeferenziert“) zusammengefaßte („aggregierte“) Daten, wie sie auf Gemeindeebene vorliegen, zugrunde.

2.6.2.1 Erwachsene: Krebs-Inzidenzdaten (Neuerkrankungen) Als epidemiologische Kennzahl wurde die so genannte SIR (Standardisierter Inzidenz Quotient) berechnet. Dabei handelt es sich um eine Maßzahl, die aus dem Quotienten von beobachteten Fällen und erwarteten Fällen gebildet wird. Für die Berechnung der erwarteten Fälle wurde die Inzidenzrate von Tirol einheitlich als Standard verwendet, um die nötige Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Eine SIR kleiner als 1 bedeutet, dass weniger Krebsfälle beobachtet wurden als nach dem Tiroler Landesdurchschnitt erwartet wurden und eine SIR von 2 bedeutet, dass doppelt so viele Krebsfälle beobachtet wurden, als nach dem Tiroler Landesdurchschnitt zu erwarten waren. Alle Signifikanzberechnungen wurden auf den 1%-Niveau durchgeführt bzw. 99%-Konfidenzintervalle (KI) berechnet. In der Abbildung unten ist ein Ergebnis signifikant, wenn das Konfidenzintervall vollständig oberhalb (erhöhtes Risiko) oder unterhalb (erniedrigtes Risiko) der roten Linie (SIR=1=Nullrisiko) liegt.

SIR Frauen und Männer Wipptal Nord Wipptal Süd

Alle bösartigen Tumoren (außer NMSC)

Magenkarzinom

Kolorektales Karzinom

Lungenkarzinom

Harnblasenkarzinom

Nierenkarzinom

Bösartige Neubildung in blutbildenden Organen

Kinder: Alle bösartigen Neubildungen (außer NMSC)

0 .5 1 1.5 2 3 4 0 .5 1 1.5 2 3 4

SIR 1991-95 99%-KI 1996-00 99%-KI

IET: 10.10.2005

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Bezüglich der einzelnen Krebsgruppen sind folgende Ergebnisse von Bedeutung: 1. Die Lungenkarzinome liegen tendenziell unter dem Landesdurchschnitt. Lungenkrebs ist zu etwa 85% durch Rauchen verursacht, dies könnte mit günstigeren Raucheranteilen im ländlichen Gebiet zusammenhängen. 2. Die Harnblasenkarzinome liegen in Wipptal Nord im wesentlichen im Trend. In Wipptal Süd ist die Inzidenz mit einer SIR von 1.9 statistisch signifikant erhöht, die Mortalität allerdings unter dem Tiroler Landesdurchschnitt. Dabei ist zu anzumerken, dass bei den Harnblasenkarzinomen die Abgrenzung zwischen semimaligne und maligne auch von den Pathologen im letzten Jahrzehnt immer wieder geändert wurde, daher könnte der Grund für die erhöhte SIR in Wipptal Süd auch diagnostische Ursachen haben. 3. Die Nierenkarzinome weisen in Wipptal Nord eine Inzidenz im Landesdurchschnitt auf. Eine tendenziell erhöhte Mortalität (siehe nächste Abbildung) ist statistisch nicht signifikant. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Häufigkeit mit 8-10 Fällen in fünf Jahren (ca. 2 Todesfälle/Jahr) nicht groß ist. In Wipptal Süd ist die Inzidenz ebenfalls im Landesdurchschnitt und die Mortalität bei zwei Fällen in fünf Jahren statistisch nicht signifikant unter dem Landesdurchschnitt.

2.6.2.2 Erwachsene: Mortalitätsdaten Die Sterblichkeitsdaten spiegeln im Vergleich mit den Neuerkrankungsdaten (Inzidenz) auch noch die Qualität der ärztlichen Versorgung für die jeweilige Krankheit wieder. Als epidemiologische Kennzahl wird hier die so genannte SMR (Standardisierter Mortalitäts Quotient) berechnet. Die Berechnung und Interpretation ist gleich wie bei der SIR (siehe unter 2.6.2.1). Die wichtigsten Ergebnisse sind untenstehend zusammengefaßt.

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SMR Frauen und Männer Wipptal Nord Wipptal Süd Alle bösartigen Tumoren (außer NMSC) Magenkarzinom Kolorektales Karzinom Lungenkarzinom Harnblasenkarzinom Nierenkarzinom Bösartige Neubildung in blutbildenden Organen Akuter Myokardinfarkt Krankheit der Atmungsorgane Pneumonie Verkehrsunfälle Andere Unfälle Kinder: Alle bösartigen Tumoren (außer NMSC) Kinder: Alle Todesursachen

0 .5 1 1.52 4 6 8 0 .5 1 1.52 4 6 8

SMR 1991-95 99%-KI 1996-2000 99%-KI IET: 10.10.2005

1. Tumorerkrankungen: Weder insgesamt noch beim Lungenkarzinom werden auffällige Abweichungen vom Standard beobachtet. Die statistisch signifikanten Abweichungen für Magenkarzinome in Wipptal-Nord im Zeitraum 1991-95 finden keine Bestätigung im nächsten Zeitraum von 1996-2000. 2. Akuter Myokardinfarkt: In Wipptal Nord liegen die Raten genau im Landesdurchschnitt, in Wipptal Süd unter dem Tiroler Durchschnitt. Allerdings fehlen Vergleichsdaten für Südtirol insgesamt, somit kann nicht beurteilt werden, ob die Raten von Wipptal Süd ebenfalls unter dem Südtiroler Durchschnitt liegen. 3. Krankheit der Atmungsorgane: In Wipptal Nord sind die Daten ohne statistisch signifikante Abweichungen, in Wipptal Süd liegen liegt die SMR mit 66 Fällen bei 2.0 (statistisch signifikant erhöht). Nach intensiven Diskussionen mit den einschlägigen Fachleuten sind wir zum Schluss gekommen, dass diese Erhöhung am wahrscheinlichsten mit Besonderheiten in der Codierung der Todesursachen in Südtirol zusammenhängt. 4. Pneumonie: Die Daten zeigen für Wipptal Nord keine signifikanten Abweichungen vom Tiroler Durchschnitt, für Wipptal Süd werden aber mit 31 Fällen etwa 3.6 mal so viele Fälle

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beobachtet wie man nach dem Tiroler Durchschnitt erwarten würden. Auch hier liegt für uns die wahrscheinlichste Erklärung bei unterschiedlichen Codiergewohnheiten in Südtirol. 5. Verkehrsunfälle und Andere Unfälle: in Wipptal Nord liegen die Raten im Landesdurchschnitt, für Wipptal Süd sind die Verkehrsunfälle mit einer SMR von von 1.5 über dem Tiroler Durchschnitt. Die Erhöhung ist jedoch statistisch nicht signifikant.

2.6.2.3 Ergebnisse bei den Kindern a) Mortalität und Krebsinzidenz: die wichtigsten Ergebnisse

1. Die Zusammenfassung aller Todesfälle für Kinder bis zum Alter von 19 Jahren ergibt Werte im Landesdurchschnitt. 2. Die Inzidenz aller bösartigen Krebserkrankungen ist in Wipptal Nord im Zeitraum 1991-95 im Landesdurchschnitt und im Zeitraum 1996-2000 mit 14 Fällen mehr als doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt. Demgegenüber liegt die Mortalität mit jeweils einem Fall im Landesdurchschnitt. Eine Aufschlüsselung der 14 Fälle auf die einzelnen Tumorgruppen ergab keine Häufung von besonderen Tumorlokalisationen und auch keine Häufung auf bestimmte Gemeinden. Eine Reihe von Tumorgruppen weist genau einen Fall auf, sodass eine Beurteilung aus dieser Sicht zu keinen Auffälligkeiten führt. Auch zeigt eine Analyse der Wohngemeinden keine Häufungen. In Wipptal Süd wurden vier inzidente Fälle beobachtet und überhaupt kein Todesfall. b) Geburtshifliche Parameter: Analysiert wurden insgesamt Daten von 1341 Geburten in Wipptal Nord und 842 Geburten in Wipptal Süd, jeweils in den Jahren 2000 bis 2003. Der Standard wurde wiederum vorgegeben durch die Tiroler Daten mit insgesamt 27338 Geburten. Als Indikatoren wurde der Anteil der Frühgeburten, der Anteil der Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 2500 g, die Kombination von beiden Eigenschaften sowie die 3%-Perzentile berechnet. Für diese Maßzahl wird das Gewicht jeder Geburt mit einer Standardverteilung verglichen, wobei das Geschlecht des Kindes und die Schwangerschaftswoche berücksichtigt werden. Die Standardverteilung wurde der Publikation von Voigt-Schneider entnommen. Sie wurde an einem Kollektiv von 565,000 Geburten ermittelt. Die verwendete epidemiologische Maßzahl (SGR) gibt dann an, wieviele Kinder verglichen mit der Standardverteilung im untersten 3%-Perzentil liegen bzw. die SGR vergleicht für die untersuchten Regionen die entsprechenden beobachteten Fälle mit den nach dem Tiroler Durchschnitt erwarteten Fällen. Die zusammengefaßten Ergebnisse sind der Abbildung unten zu entnehmen. Die Bedeutung der SGR folgt wieder der Interpretationweise, die schon für die SIR und die SMR angegeben wurde.

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Bei der Analyse der Geburtendaten zeigt sich eine Tendenz zu leichteren und frühgeburtlicheren Fällen in Südtirol. Ob es sich um methodische Unterschiede in der Dokumentation der Fälle handelt, kann derzeit nicht beurteilt werden.

SGR für perinatale Mortalität, Frühgeburten, Gewicht Wipptal Nord Wipptal Süd

Frühgeburten (bis SSW 36+6) (119) (50)

Geburtsgewicht < 2500g (98) (44)

Frühgeburten (bis SSW 36+6 und Gewicht < 2500g) (59) (26)

Unter 3%-Gewichtsperzentile (51) (39)

Perinatale Mortalität (10)

0 .5 1 1.5 2 3 0 .5 1 1.5 2 3

SGR (Obs) 99%-KI 2000-03

IET: 10.10.2005

Die SGR für die Geburtendaten sind in Wipptal Nord unauffällig, allerdings über dem Landesdurchschnitt. Dabei ist zu beachten, dass keine der SGR signifikant erhöht ist, die Konfidenzintervalle reichen jeweils von ca. 0.7 bis 1.6 und für die perinatale Mortalität auf Grund der kleinen Fallzahl von 0.5 bis 2.6. Für Wipptal Süd sind die SGR leicht erniedrigt und liegen bei 0.7 bis 0.8. Die SGR für Frühgeburten ist an der Signifikanzgrenze. Im Gegensatz dazu ist die SGR für die 3%-Gewichtsperzentile mit 1.4 erhöht bei einer Fallzahl von 39, allerdings nicht statistisch signifikant. Es ist anzumerken, dass in Südtirol insgesamt die Anteile der Frühgeburten deutlicher und der Kinder mit einem Gewicht bis 2500 g in Südtirol weniger deutlich unter dem Tiroler Durchschnitt liegen. Nach unserer Kenntnis der Geburtendaten könnte ein Unterschied in der Bestimmung oder Dokumentation der Schwangerschaftswochen einen Einfluss ausüben. Da die Gewichtsperzentile wesentlich durch die Schwangerschaftswoche beeinflusst wird, könnte dieser Unterschied auch die unerwarteten Ergebnisse für die 3%-Gewichtsperzentile erklären. Zusammenfassung In dieser Analyse gab es keine signifikanten Abweichungen vom Tiroler Durchschnitt. Bei den Südtiroler Daten sind einzelne Abweichungen zu erkennen, die eine Interpretation der Ergebnisse

Stand: 03.03.2014 Seite 56 von 95

Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck erschweren. Da in einer ökologische Analyse (mit zusammengefaßten Daten) keine Möglichkeit besteht, für Störfaktoren individuell zu korrigieren, ist es angesichts der relativ kleinen zu erwartenden Risikoerhöhungen durch Verkehrsfaktoren nicht verwunderlich, wenn sich in dieser Analyse keine eindeutigen Ergebnisse zeigen.

2.6.3 Analyse georeferenzierter Daten Geografische Informationssysteme (GIS) bieten heute die Möglichkeit, Krankheitsverteilungsmuster unabhängig von Verwaltungsgrenzen oder anderen zum Teil willkürlich vorgegebenen Raumeinheiten zu untersuchen. Die Hauptfrage dieser Analyse ist, ob die Aussagekraft über die Tumorfälle durch lokale Verteilungsanalysen, die sich nicht an Gemeindegrenzen orientieren, verbessert und vertieft werden kann. Basis für die vorliegende Studie sind die Inzidenzdaten (d.h. Daten über neu diagnostizierte Krebserkrankungen) in Tirol und Südtirol für die Diagnosejahre 1996–2000. Von beiden Tumorregistern wird unter anderem auch die Wohnadresse zum Zeitpunkt der Diagnosesicherung erhoben. Die Adressen wurden georeferenziert, d.h. den Adressen wurde eine Koordinate in einem geographischen Informationssystem zugeordnet. Die Adressendatenbank deckte im nördlichen Projektgebiet 89% und im südlichen Projektgebiet fast 100% ab. Durch Unvollständigkeit des Adressenbestandes konnten in Wipptal-Nord jedoch nur 68 -70% der Fälle eine Adresskodierung zugewiesen werden und in Wipptal-Süd 52 - 56% der Patienten. Der erste Prozentsatz bezieht sich auf die Analyse mit allen Tumoren, die zweite auf die Analyse mit Lungenkarzinom. Dieser Umstand der nicht vollständigen Zuordnung schränkt die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse natürlich ein.

2.6.3.1 Rasterdaten-Untersuchung Zu diesem Zweck wurde die Untersuchungsregion mit Quadraten (1000x1000m = 1 Rasterelement) überdeckt. Jedem Rasterelement wurde die Anzahl der beobachteten neudiagnostizierten Krebsfälle und die Bevölkerungszahl des Jahres 2001 zugeordnet. Als epidemiologische Kennzahl wurde die so genannte SIR (Standardisierter Inzidenz Quotient) berechnet. Dabei handelt es sich um eine Maßzahl, die aus dem Quotienten von beobachteten und erwarteten Fällen gebildet wird. Für die Berechnung der erwarteten Fälle wurde die Inzidenzrate von Tirol als Standard verwendet. Eine SIR kleiner als 1 bedeutet, dass weniger Krebsfälle beobachtet wurden als nach dem Tiroler Landesdurchschnitt zu erwarten waren und eine hohe SIR von 5 bedeutet, dass fünfmal so viele Krebsfälle beobachtet wurden, als nach dem Tiroler Landesdurchschnitt zu erwarten waren. Alle Signifikanzberechungen wurden auf den 1%-Niveau durchgeführt bzw. 99%-Konfidenzintervalle berechnet. Wegen der unvollständigen Geoferenzierung wurde eine entsprechende Korrektur der SIR vorgenommen. Zum Schutz der Anonymität wurden ferner Rasterelemente nicht dargestellt, wenn in

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck einem Quadrat weniger als 20 Personen auf einen Krebsfall kommen. Die technischen Details der Berechnung sind dem Fachbericht zu entnehmen.

Ergebnisse: In den Jahren 1996 bis 2000 wurden im Bezirk Wipptal-Nord 583 bösartige Tumoren und 53 Lungenkarzinome diagnostiziert und in Wipptal-Süd 390 Tumoren und 32 Lungenkarzinome. In 61% der Rasterelemente wurde in den Jahren 1996–2000 überhaupt kein Tumorfall diagnostiziert und in 90% kein Lungenkarzinomfall. Deshalb wurden nur Rasterelemente mit mindestens einem Tumorfall im Zeitraum 1996–2000 in die Analysen einbezogen. Wegen der kleinen Fallzahlen gibt es eine große Tendenz zur Instabilität der berechneten Maßzahl (SIR). Dies kann in der Folge zu Scheinmustern führen, die im extremsten Fall keinen Rückschluss auf die tatsächliche Verteilung zulassen. Für alle Krebsfälle bringt die Glättungsmethode eine hinreichende Stabilität zusammen, für die viel selteneren Lungenkarzinome nicht. Die geglättete Darstellung weist keine Rasterelemente mehr mit statistisch signifikant erhöhter SIR auf. Regionen mit erhöhter SIR sind die Region Schmirn-Vals, mit leicht erhöhten SIR-Werten zwischen Brenner und Gossensass, erhöhte SIR-Werte in Pfitsch sowie stark erhöhte Werte in Franzensfeste. Der größere Teil von Gebieten mit erhöhter SIR liegt entlang der Autobahn. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Verlauf der Autobahn stark mit der Bevölkerungsdichte korreliert. Deshalb wurde noch eine weitere Analyse vorgenommen, die einen Vergleich der Krebsfälle mit Distanz-Bezug zur Autobahn vornimmt.

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Natters

Mutters Patsch Ellbögen Schönberg Telfes i. Stubaitali. Stubaital Navis Mieders Fulpmes Matrei a. Brenner Mühlbachl

Steinach am Brenner Trins Schmirn SIR

0.001 - 0.533 Vals 0.533 - 0.612 Gries a. Brenner 0.612 - 0.704 Gschnitz 0.704 - 0.810 Obernberg a. Br. 0.810 - 0.932 0.932 - 1.071 1.071 - 1.232 Brenner Pfitsch 1.232 - 1.417 1.417 - 1.630 Sterzing 1.630 - 1.876 Ratschings > 1.876

Freienfeld Autobahn

Franzensfeste

2.6.3.2 Ergänzende Autobahn-bezogene Untersuchung (500 m Band) Ordnet man den 376 Rasterelementen mit Bevölkerung eine fixe Distanz zur Autobahn zu (definiert als Abstand vom Mittelpunkt eines Rasterelementes zur Autobahn), dann liegen 66 Rasterelemente in einem Abstand von weniger als 500m zur Autobahn (im Folgenden bezeichnet als 500m-Band) und 310 außerhalb dieses 500m-Bandes. Wird die Anzahl der Krebsfälle sowie die Bevölkerung der Rasterelemente aufsummiert und der Quotient (SIR) mit dem erwarteten Standard berechnet, dann erhält man folgendes Ergebnis (Tabelle unten): Innerhalb des 500m-Bandes der Autobahn ergibt sich eine statistisch signifikant erhöhte SIR von 1.35 und außerhalb des 500m-Bandes eine statistisch signifikant erniedrigte SIR von 0.86. Diese Analyse bestätigt den Eindruck aus der Darstellung der geglätteten SIR-Werte, nämlich eine Abhängigkeit der SIR-Werte vom Abstand zu Autobahn. Führt man dieselbe Analyse für die Lungenkarzinome durch, so ergibt sich keine erhöhte SIR innerhalb des 500m-Bandes.

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Tabelle: Alle bösartigen Tumoren (ohne NMSC) nach Distanz zur Autobahn A utobahndistanz Bevölkerung Anzahl Erwartete SIR 95% KI Fälle Fälle Innerhalb 500m 11212 197 145.66 1.35 1.17, 1.55 Band Außerhalb 500m 34580 409 473.16 0.86 0.78, 0.95 Band

Zusammenfassung Auch wenn auf den ersten Blick eine Abhängigkeit der erhöhten SIR-Werte vom Verlauf der Autobahn besteht und die Distanzanalyse eine Unterstützung für diesen Trend bringt kann dieser Zusammenhang selbstverständlich auch andere Gründe haben. So ist wegen der Unmöglichkeit für bekannte Störfaktoren zu korrigieren und wegen der beträchtlichen statistischen Schwankungen durch die kleinen Fallzahlen ein schlüssiger Beweis nicht möglich. Es darf auch nicht vergessen werden, daß für mehr als ein Drittel der Fälle keine geographische Zuordnung möglich war. Ferner schließt das 500m Band in diesem engen Tal auch weitere Verkehrsträger (Hauptstraße und Schiene) mit ein, sodass ein ausschließlicher Bezug zur Autobahn nicht gesichert werden kann. Eine weiterführende Studie (Fall-Kontroll-Studie oder Kohortenstudie), welche für alle Probanden Störfaktoren erhebt und tatsächliche Expositions-Belastungen durch alle Verkehrsträger den Probanden individuell zuordnen kann könnte eine weitere Klärung bringen. Wegen der geringen Fallzahlen im Untersuchungsraum sollte eine derartige Untersuchung auf weitere hochrangige Verkehrsrouten ausgedeht werden, um eine größere Sicherheit der Ergebnisse zu gewährleisten.

2.7 Verkehrssicherheit

2.7.1 Einleitung Ziel dieses Teil-Arbeitspakets ist es einen Überblick über den verkehrssicherheitsmäßigen Ist-Zustand auf der Brennerroute A13 (Österreich) / A22 (Italien) zu geben. Außerdem soll die vorliegende Arbeit durch die Verwendung diverser Parameter der Unfallforschung einen Vergleich der Verkehrssicherheitssituation mit anderen alpenquerenden Autobahnen (A2 Gotthard Autobahn (Schweiz) und A10 Tauern Autobahn (Österreich)) ermöglichen. zu diesem Zweck wurde eine breite Palette existierender Daten gesammelt, z.T. nachbearbeitet, neu aufbereitet und verknüpft. Nicht immer war eine gleiche Datenbasis für das Nord- und das Südwipptal vorhanden oder konnte diese hergestellt werden. Deshalb wurde die A22 nicht in alle Analysen und die SS12 überhaupt nicht miteinbezogen. Nachstehende Tabelle zeigt die verfügbaren und vergleichbaren Verkehrsmengen des Jahres 2000 der Straßenverkehrsträger (A 13 Brenner Autobahn, B 182 Brenner Straße und der A 22 Autostrada

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck del Brennero). Der Straßengüterverkehrsanteil (DTLV) liegt mit 26% gegen 17% höher im südlichen Wipptal. Lkw-ähnliche Fahrzeuge wie Busse, Pkw mit Anhänger uä. sind nicht enthalten.

Tabelle 2: Verkehrsdaten 2000 der A 13, B 182 und A 22 A13 (Matrei) B182 (Matrei) A22 (Brenner-Sterzing)

DTV DTLV DTV DTLV DTV DTLV im Jahr 2000 27539 4755 4223 172 21492 5564

DTLV-Anteil 17% 4% 26%

Die Entwicklung der Verkehrsmengen zwischen 1989 und 2004 sind im Verkehrskapitel des Lärmberichts enthalten.

2.7.2 Verkehrsaufkommen und Unfallraten Ein Überblick über die Entwicklung des Verkehrsaufkommens und der Unfallraten (siehe Abbildung unten) auf der A13 Brenner Autobahn zeigt, dass die Unfallrate aller Unfälle entgegen dem steigenden Trend des Verkehrsaufkommens, eine rückläufige Entwicklung aufweist. Die Lkw- Unfallrate zeigt hingegen einen leicht ansteigenden Trend. Hier scheinen die verschiedenen Verkehrssicherheitsmaßnahmen der letzten 10 Jahre einen stärkeren Anstieg verhindert zu haben.

Entwicklung des Verkehrsaufkommens und DTV der Unfallraten auf der A13 Brenner Autobahn DTLV Ur-gesamt 200,0 Ur-LkwUPS Linear (Ur-gesamt) 175,0 Linear (Ur-LkwUPS) 150,0 125,0

(%) 100,0 75,0 50,0 25,0 0,0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Jahr

Abbildung 5: Entwicklung der Unfallrate auf der A13 – relativ Im Gegensatz zu der leicht sinkenden Trendlinie der Unfallrate der A 13 weist die Unfallrate aller Unfälle mit Personenschaden auf der B 182 Brenner Straße eine gegenteilige Entwicklung auf. Auch

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck die Unfallrate für Lkw steigt deutlicher an. Damit folgt die Unfallrate dem Verkehrsaufkommen. Spezifische Maßnahmen zur Verkehrssicherheit wie auf der A13 waren nicht ergriffen worden.

Entwicklung des Verkehrsaufkommens und der Unfallraten auf der B182 Brenner Straße 250 DTV 225 DTLV Ur-gesamt 200 Ur-LkwUPS 175 Linear (Ur-gesamt) Linear (Ur-LkwUPS) 150

(%) 125

100

75

50

25 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Jahr

2.7.3 Unfallraten im Vergleich der Alpenübergänge Die Gesamtübersicht der Unfallraten gibt jedoch nur einen unvollständigen Einblick, da die Unfallraten abschnittsweise in Abhängigkeit von Routen-Parametern (wie zB. Längsneigung, Kurvigkeit, Anzahl der Fahrstreifen) sehr unterschiedlich sein können. Zur Dokumentation dieser unterschiedlichen Gefährlichkeit wurde ein Vergleich mit anderen Alpenübergängen vorgenommen. Um eine Vergleichbarkeit der berechneten Unfallkennwerte der Lkw-Unfälle zu ermöglichen wurden nur Fahrzeuge >7,5 t als Lkw erhoben. Der Vergleich aller Abschnitte wurde mit dem österreichischen Unfallraten-Durchschnittswert (0,115=1) vorgenommen.

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Vergleich der Unfallraten aller Abschnitte 2,5 Ur rel. (0,115=1) 2,0

1,5

1,0

0,5 Unfallrate (Ur 0,115=1)

0,0 Matrei - Grenze Grenze - Matrei Sterzing - Brixen Brixen - Sterzing Brenner - Sterzing Sterzing - Brenner Schönberg - Matrei Matrei - Schönberg Golling - Pfarrwerfen Pfarrwerfen - Golling Amsteg - Göschenen Göschenen - Amsteg Innsbruck - Schönberg Schönberg - Innsbruck Mautstelle - Eben im Pongau Pfarrwerfen - Eben im Pongau Eben im Pongau - Pfarrwerfen Eben im Pongau1) -Mautstelle Abschnitte der A13, A10, A22 und A2

Abbildung 6: Vergleich der Unfallraten aller Abschnitte mit dem österreichischen Durchschnittswert Der transalpine Vergleich zeigt, dass die Unfallrate und damit das Unfallrisiko  auf dem Abschnitt Innsbruck – Schönberg: doppelt so hoch und  auf dem Abschnitt Schönberg – Matrei: fast nur halb so hoch als der österreichische Durchschnittswert ist.  auf allen Abschnitten der italienischen A 22 weit unter und  auf dem Abschnitt der A 2 Gotthard Route je nach Fahrtrichtung einmal unter, einmal über diesem österreichischem Durchschnittswert liegt.

2.7.4 Weitere Sonderauswertungen

2.7.4.1 Langzeitentwicklung der Lkw-Unfälle Die nachfolgende Unfallauswertung beinhaltet alle Unfälle mit Personenschaden der Jahre 1984 bis 2003 mit zumindest einem beteiligten Lkw>3,5to. auf der A13 Brenner Autobahn. Als Grenzen für die Beobachtungszeiträume wurden jeweils Marksteine der Verkehrsbeeinflussung herangezogen (Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen zwischen 22 und 5 Uhr für Lkw >7,5 t auf 60 km/h, Busse auf 90 km/h, Pkw auf 110 km/h und die Einführung des

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Nachtfahrverbotes für nicht lärmarme Lkw auf der A 12 Inntal Autobahn 1989, andererseits die Erhöhung der Lkw-Maut (doppelte Nachtmaut) auf der A 13 Brenner Autobahn 1996). Die Ergebnisse sind in der Abbildung grafisch dargestellt und nachfolgend kurz beschrieben.

Unfälle mit Personenschaden Unfälle pro Jahr A 13 - Brennerautobahn 50 1990 - 1996 1997 - 2003 45 1984 - 1989 40 35 30 25 20 15 10 5 0 r r Uh Uhr Uh 4 Uhr 2 4 5 2 Uhr 2 -2 2 2- 2 0- 5 22-5 Uhr 0- 5-22 Uhr 2 0-24 Uhr 5- 22-5 Uhr

LKW- Unfälle sonstige Unfälle

Abbildung 7: Langzeitentwicklung der Unfälle mit Personenschaden mit/ohne Lkw-Beteiligung nach verschiedenen Tageszeiträumen  Zu erkennen ist, dass die Anzahl der Lkw-Unfälle zwischen 0-24Uhr pro Jahr vom ersten auf den zweiten Beobachtungszeitraum zurückging, dann im dritten Zeitraum wiederum anstieg, jedoch geringer blieb als im ersten Zeitraum 1984-1989.  Der Anteil der Lkw-Unfälle nach Einführung des Nachtfahrverbotes nahm in den Stunden zwischen 22 und 5Uhr stark ab, verlagerte sich jedoch auf den Zeitraum von 5-22Uhr.  Im Gegensatz zu den Lkw-Unfällen stieg die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden pro Jahr in der Zeitreihe laufend an.  Zu der Entwicklung der Lkw-Unfälle ist festzustellen, dass erfahrungsgemäß Maßnahmen wie zB. Fahrzeug- und Ladegutkontrollen am Brennerpass, 40km/h Geschwindigkeitsbeschränkungen für Lkw>7,5 t talwärts und diverse Überholverbote, dazu beitrugen die Unfallzahlen nicht deutlicher ansteigen zu lassen. Werden die Unfälle mit Personenschaden noch nach Werktagen und Wochenende aufgegliedert, fällt der leichte Wiederanstieg in der letzten Zeitperiode für die LKW-Unfälle auf, während sich die anderen Unfälle in beiden Zeitabschnitten kontinuierlich erhöht haben.

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Unfälle mit Personenschaden A 13 - Brennerautobahn Unfälle pro Jahr 40 1984 - 1989 1990 - 1996 1997 - 2003 35

30

25

20

15

10

5

0 Uhr Uhr Uhr Uhr Uhr 5 15 22 Uhr 15 So Sa - So 22 Sa - So 22 o- o- M Uhr - Mo-Sa 1 M 5 5 Uhr 5 Uhr 1 1 1 Sa Sa Sa LKW- Unfälle sonstige Unfälle

Abbildung 8: Langzeitentwicklung der Unfälle mit Personenschaden mit/ohne Lkw-Beteiligung nach Werktagen und Wochenende

2.7.4.2 Lkw-Unfälle und Schwerverkehrsanteil nach Nationen Die nachfolgende Abbildung zeigt eine Gegenüberstellung von Lkw-Unfällen und dem Schwerverkehrsanteil auf der A 13 Brenner Autobahn gegliedert nach Nation. Die Gesamtverkehrsbeteiligung nach Nationen beinhaltet neben dem Transitverkehr auch den Ziel- Quellverkehr. Auffällig ist, dass trotz hohem Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen italienische Fahrzeuge verhältnismäßig gering am Unfallgeschehen beteiligt sind. Die Verkehrsbeteiligung der Lkw mit deutschem Kennzeichen und der Anteil am Unfallgeschehen ist annähernd gleich groß.

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Lkw- Unfälle mit Sach - und Personenschaden auf der A 13 Brenner Autobahn versus Lkw-Verkehr nach Nationen

40% Unfälle nach internat. Kennzeichen 30% Anteil der Lkw>3,5to. am Gesamtverkehr 20%

10%

0% A D I NL sonst ausgewählte Nationen

Abbildung 9: Lkw-Unfälle mit UPS und Anteil am Gesamtverkehr nach internationalem Kennzeichen

2.7.4.3 Lkw-Unfälle mit Personenschaden nach Tageszeit Der Abbildung unten kann entnommen werden, dass die Gesamtzahl aller Lkw-Unfälle >3,5 t zwischen 4-18 Unfällen pro Jahr schwankt. Die Summe der Unfälle zwischen 22 und 5Uhr00 ist seit Einführung des Nachtfahrverbotes (roter senkrechter Strich bei 1989) rückläufig. Die Zahl der Lkw-Unfälle in der Zeit zwischen 5 und 8Uhr00 lässt einen leicht ansteigenden Trend (vor allem ab 1992) erkennen. Dieses Zeitfenster beinhaltet neben dem erhöhten Lkw-Aufkommen in den Morgenstunden auch den verstärkten Berufspendelverkehr.

Lkw >3.5to - Unfälle mit Personenschaden auf der A13 20 Summe 22-05Uhr 18 Summe 5-22Uhr Summe 5-8Uhr 16 Summe 0-24Uhr 14 Linear (Summe 5-8Uhr) 12

10

8

6 Anzahl der UPS 4

2

0 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Jahr

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2.7.5 Zusammenfassung der Ergebnisse der Sonderauswertungen Die Ergebnisse der Sonderauswertungen von Unfällen lassen sich wie folgt zusammenfassen:  Die Unfallrate aller Unfälle mit Personenschaden (UPS) ist unter Betrachtung der drei Beobachtungszeiträume konstant. D.h. es ereigneten sich 1984 gleich viele UPS pro 1 Million Fahrzeugkilometer wie 2003.  Die Unfallrate ist an Wochenenden (Samstag 15Uhr bis Sonntag 22Uhr) geringer als werktags. Diese nach Zeiträumen differenzierte Unfallrate ist auch im Langzeitvergleich (seit 1984) konstant.  Das Nachtfahrverbot wirkte sich erwartungsgemäß positiv auf das Unfallgeschehen in den Nachtstunden aus, die Unfallzahlen sanken in den Nachtstunden ab. Durch die Überlagerung des Lkw-Verkehrs mit dem Berufspendelverkehr (5Uhr00 bis 8Uhr00) ist jedoch ein Anstieg der Lkw- Unfälle in den Morgenstunden zu verzeichnen.  Bei der Betrachtung der Unfallbeteiligung nach Nationen, relativiert mit der Verkehrsbeteiligung, zeigen sich italienische Fahrzeuge unterdurchschnittlich am Unfallgeschehen beteiligt.  Nach Anhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung für Lkw mit Anhänger von 70 auf 80 km/h im Jahr 1999 stieg die V85 leicht an (ca. 7km/h), sank jedoch in den Folgejahren wiederum auf den Ausgangswert von ca. 90 km/h ab.  Die Bautätigkeit auf der A 13 zeigt nach diesen Analysen keinen Einfluß auf die Unfallrate - vielmehr wird deutlich, dass sich die Unfälle entsprechend dem Verkehrsaufkommen auf das Jahr verteilen.  Der Anteil der Alkoholunfälle auf der A13 liegt bei 7,6% an allen Unfällen mit Personenschaden, der Anteil auf der B182 beträgt 3,4%. Der durchschnittliche Anteil der Alkoholunfälle an allen Unfällen mit Personenschaden in Tirol liegt in den Jahren 1994-2003 zwischen 5,6-7,9%. Die A13 rangiert somit im oberen Spitzenfeld, die B182 liegt unter dem Durchschnittswert.

2.7.6 Schussfolgerungen  Trotz deutlich höherer Fahrleistungen ereigneten sich 1984 gleich viele Unfälle mit Personenschaden (UPS) pro 1 Million Fahrzeugkilometer wie 2003.  Wird nach Fahrzeugkategorie unterteilt zeigt sich die Unfallrate aller Unfälle mit Personenschaden auf der A13 Brenner Autobahn seit 1984 leicht fallend, die Unfallrate der Lkw-Unfälle>3,5to. ist aber trotz Maßnahmen wie z.B. diverse Überholverbote für Lkw, 40 km/h Beschränkung für Lkw>7,5to. talwärts, leicht steigend.  Eine detaillierte Betrachtung der A13 Brenner Autobahn zeigt, dass die Unfallrate an Wochenenden (nahezu “Lkw-freier“ Zustand) geringer ist als werktags.  Das Nachtfahrverbot wirkte sich erwartungsgemäß positiv auf das Unfallgeschehen in den Nachtstunden aus, die Unfallzahlen sanken in den Nachtstunden ab.  Ein Vergleich der Unfallrate aller Unfälle mit Personenschaden der Jahre 1999 bis 2003 zeigt, dass  die Abschnitte der A 13 Brenner Autobahn die im Vergleich höchsten Unfallraten aufweisen (im Durchschnitt über alle Abschnitte 0,13) und drei der sechs betrachteten Abschnitte über dem österreichischen Durchschnittswert von 0,115 liegen.  Die Unfallraten der Lkw-Unfälle mit Personenschaden sind auf allen untersuchten Autobahnabschnitten höher als die Unfallrate aller Unfälle mit Personenschaden.  Die höchste Unfallrate aufgrund von Lkw-Unfällen entfällt auf den Abschnitt Innsbruck- Schönberg der A 13.

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 Ein transalpiner Vergleich aller erfassten Unfälle mit Personenschaden der Jahre 1999 bis 2003 zwischen der A13 Brenner Autobahn, der A22 Autostrada del Brennero, der A2 Gotthard Autobahn und der A10 Tauern Autobahn ergab die höchsten Unfallraten auf Teilabschnitten der A13 Brenner Autobahn. Das ist z.T. auf die schwierigeren Routenparameter (Kurvenradien, Steigungen/Gefälle) zurückzuführen.  Trotz höheren Schwerverkehranteils auf der A22 Autostrada del Brennero (Teilstück Brixen- Brenner) ist die Unfallrate aller Unfälle mit Personenschaden auf diesem Abschnitt deutlich niedriger als auf der A13 Brenner Autobahn.  Insgesamt zeigen die Detailanalysen, dass die A13 Brenner Autobahn trotz wesentlicher verkehrsbeeinflussender Massnahmen im Vergleich der Alpenübergänge Unfall-kritische Abschnitte besitzt, welche Unfallraten (UPS) deutlich über dem österreichischen Autobahnschnitt aufweisen (Abschnitt Innsbruck – Schönberg: doppelt so hoch). Der leichte Anstieg der LKW- Unfallraten und der Anstieg der Unfallraten zwischen 5 und 8Uhr sind klare Indikatoren für weiteren Handlungsbedarf im Verkehrssicherheitsbereich.

2.8 Expositions-Wirkungs-Kurven Lärm: Vergleiche von Standardkurven mit den Ergebnissen im Wipptal

2.8.1 Belästigung Die Umgebungslärmrichtlinie der EU beinhaltet sogenannte Standard Expositions-Wirkungs- Kurven für Lärm. Diese wurden von einer Vielzahl europäischer, amerikanischer und australischer Studien abgeleitet und sind als „Richtwerte“ für durchschnittliche Standardlärm- Expositions-Situationen gedacht. Diese Kurven werden in den untenstehenden Abbildungen mit den aus den Befragungen im Wipptal gewonnenen Kurven verglichen. In den Abbildungen sind jeweils zwei Informationen angegeben: die Ergebnisse der Vorortstudie allein (unregelmäßiges Viereck) und die aus dem kombinierten Datensatz von Telefonstudie und Vorortstudie abgeleitete Wirkungsinformation. Es ist sofort ersichtlich, daß alle Kurven deutlich über den Standard-Kurven zu liegen kommen. Die Hauptstraßen-Kurve liegt auch noch vor der Autobahn-Kurve. Das bedeutet, daß sich die Bewohner des Untersuchungsgebiets bei gleichem Schallpegel stärker belästigt fühlen.

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Expositions-Wirkungs-Kurve: Schiene Expositions-Wirkungs-Kurve: Autobahn 60% aus Vorortstudie 60% aus Vorortstudie 50% aus beiden Studien 50% aus beiden Studien Standardkurve Standardkurve 40% 40%

30% 30%

20% 20%

10% starkbelästigt% (HA) 10% % stark belästigt (HA) stark belästigt %

0% 0% 30 40 50 60 70 80 30 40 50 60 70 80 Lden Lden

Expositions-Wirkungs-Kurve: Hauptstraßen 60% aus Vorortstudie 50% aus beiden Studien Standardkurve 40%

30%

20%

% stark(HA) belästigt % 10%

0% 30 40 50 60 70 80 Lden

Abbildung: Prozent stark Belästigter durch Lärm für Schiene, Autobahn und Hauptstraßen: Ergebnisse aus Vorortstudie und Gesamtstudie im Vergleich mit einer Standardkurve.

Wir sehen diese höhere Belästigung als Ausdruck der mehrfachen Besonderheit der alpinen Lärm-Exposition-Situation an (siehe AP-1), welche eine erhöhte Sensibilität bedingt und erhöhte Schutzmaßnahmen erfordert.

Die nachfolgenden Abbildungen stellen die Ergebnisse der Berechnungen grafisch dar, welche sich unter Verwendung der Verkehrsszenarien mit und ohne Bau des BBT ergeben. Rechts sind die Ergebnisse dargestellt, wie sie mit Verwendung der Standardkurven zustande kommen – links die Ergebnisse mit Verwendung der Daten aus den Wipptalstudien. Es fällt sofort die rund 3 mal so hohe Anzahl von stark Belästigten bei Verwendung der Regional-Wirkungs-Kurve auf. Die Reduktion durch das Konsens-Szenario fällt deshalb zwar prozentuell geringer – in absoluten Zahlen – jedoch größer aus. D.h. die Standardkurve würde zu einer starken Unterschätzung der Ausgangsbelastung führen und folglich zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Belästigungs-Reduktion durch das Konsens-Szenario.

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3500 1000 900 3000 800 2500 700 600 2000 Nord Nord 500 1500 Süd 400 Süd Lärm belästigt Lärm belästigt 1000 300 200 500 100 Anzahl Personen stark durch 0 Anzahl Personen stark durch 0 Ist-Situation Minimum Konsens Ist-Situation Minimum Konsens

Abbildung: Veränderung der absoluten Zahl der stark Belästigten für die 3 Szenarien durch die Änderung der Verkehrslärmbelastung: Vergleich zwischen Nord- und Südwipptal (links: basierend auf Regional- rechts auf Standarddaten) Zusammenfassung Die Berechnungen machen klar, daß der absolut höchste Beitrag durch den Bau des BBT im Konsens-Szenario in einer Verringerung der starken Belästigung durch Lärm erfolgt. Wenn die Ergebnisse der Regionalstudien als Grundlage verwendet wird bei über 1000 Personen die Lärmbelästigung allein im Nordwipptal reduziert. Werden Standardkurven zugrundegelegt fällt die angenommene Wirkung um mehr als die Hälfte geringer aus. Ein hoher Belastungssockel der Belästigung bleibt allerdings bestehen, da sich die Lärm- Grundbelastung durch den Straßenverkehr durch den Bau des BBT nicht verändert.

2.8.2 Schlaf Es war etwas schwieriger, die umfassenderen Schlafskalen der Studien so umzuformen, daß ein Vergleich mit der Einzelfrage der Standardkurven durchgeführt werden kann. Ferner mußte auch der Nachtschallpegel (Lnight) verwendet werden, welcher in den Regionalanalysen keine besseren Ergebnisse erbrachte als der Schallindikator Lden. Trotz all dieser Transformationen mit einem gewissen Informationsverlust wurde eine lärmabhängige Risikoerhöhung (47%) für “stark im Schlaf Gestörte” errechnet, welche mit über 50 dB(A) in der Nacht (Lnight) an ihrer Hausfassade belastet sind.

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0.7

0.6

0.5

0.4

0.3

0.2

0.1

Proportion stark Schlaf gestört 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 Lnight, dB(A) alle Verkehrs-Quellen

Abbildung: Anteil „stark Schlaf gestört“ nach Schallbelastung durch alle Quellen (Nachtpegel: Lnight) Die nachfolgenden Abbildungen stellen wieder die Ergebnisse der Berechnungen grafisch dar, welche sich durch die Veränderungen der Verkehrsszenarien mit und ohne Bau des BBT ergeben.

900 1600 800 1400 700 1200 600 1000 500 Nord Nord 800 400 Süd Süd 600 300 200 400 Lärm im Schlaf gestört 100 Lärm im Schlaf gestört 200 Anzahl Personen stark durch 0 Anzahl Personen stark durch 0 Ist-Situation Minimum Konsens Ist-Situation Minimum Konsens

Abbildung: Veränderung der absoluten Zahl der stark Schlaf gestörten für die 3 Szenarien durch die Änderung der Verkehrslärmbelastung: Vergleich zwischen Nord- und Südwipptal (links: basierend auf Regional- rechts auf Standarddaten) Bei Verwendung der Regional-Wirkungs-Kurve ergeben sich rund 40% geringere Schätzun- gen für die durch Lärm bedingten Schlafstörungen als bei Verwendung der Standard-Kurve. Dies hat sicher mit der anderen Befragungstechnik in der Wipptalstudie zu tun, wo (Empfehlung der Literatur) vom Lärm unabhängig nach Schlafstörungen gefragt wurde. Des-

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck halb sind die Schätzungen für die Veränderungen durch den BBT sicher als konservativer, aber auch verläßlicher im Hinblick auf die erwartete Wirkung einzuschätzen.

Zusammenfassung Auch bei Verwendung der konservativen Annahmen aus den Regionalstudien ist mit einer signifikanten Reduktion an Fällen mit lärm-bedingten Schlafstörungen im Konsens-Szenario mit Bau des BBT zu rechnen. Wird eine Standardkurve herangezogen verdoppeln sich fast die Fälle, die eine Verbesserung ihrer Schlafsituation erfahren werden.

2.8.3 Bluthochdruck In der Abbildung (unten) ist die geschätzte Zahl der Personen mit Lärm assoziierten Bluthochdruck und deren Veränderung durch die Szenarien gemäß einer Standardkurve dargestellt. Die positiven Auswirkungen durch das Konsens-Szenario sind deutlicher als für die Schlafstörungen. Dies hat hauptsächlich mit der stärkeren Reduktion höherer Schallpegel durch den Bau des BBT zu tun. Für eine deutlichere Verminderung von Schlafstörungen wären weitere Verringerungen mittlerer Schallpegel notwendig. Da aber die Häufigkeit von durch Lärm bedingten Bluthochdruck geringer ist fällt die absolute Zahl der Personen auch entsprechend kleiner aus.

300

250

200 Nord 150 Süd 100

50 Anzahl Personen mit Lärm assoziierten Bluthochdruck 0 Ist-Situation Minimum Konsens

Abbildung: Veränderung der absoluten Zahl von Personen mit Lärm assoziierten Bluthochdruck für die 3 Szenarien: Vergleich zwischen Nord- und Südwipptal. Basierend auf einer Standard-Wirkungskurve. Zusammenfassung Die Berechnungen zeigen, daß sich für Bluthochdruck durch den Bau des BBT die stärksten relativen Verringerungen ergeben würden. Sogar im Vergleich mit der Ausgangslage (Ist-Situation) zeigt sich

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck eine Halbierung der Fälle mit Bluthochdruck. Im Vergleich mit dem Minimum-Szenario (ohne BBT) fällt die erwartete Wirkung noch einmal höher aus. Durch die geringere Häufigkeit von Bluthochdruck ist die absolute Verringerung an Fällen sehr viel niedriger als bei der starken Belästigung und den Schlafstörungen.

2.9 Lebensqualität, Lebenszufriedenheit und Lärm Die eingeschätzte Lebens- und Umweltqualität zeigte sich bereits bei den Einzelfragen (Kap 2.3.4.1 und 2.3.4.2) deutlich von der erfahrenen Lärmexposition bestimmt. Auch in einem umfassenderen Lebensqualitätsmodell, welches neben der Umwelt- auch die Arbeitssituation und die persönliche Lebenszufriedenheit berücksichtigte konnte der Einfluß des Lärms klar nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis weist auf die hohe Bedeutung des Lärms im Alltag der Wipptaler Bevölkerung hin und unterstützt die Vorstellung, daß die Reduktion der Lärmbelastung durch den Bau des BBT nicht nur die Belästigung verringern, sondern auch die Lebensqualität verbessern könnte.

0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2

Lebensqualität 0.1 0 überhaupt weniger ziemlich sehr grossen keinen grossen grossen Grund zur Klage über Lärm in der Wohngemeinde

Abbildung: Zusammenhang zwischen Lebensqualität (QoL) und Grund zur Klage über Lärm in der Gemeinde (Eurobarometer-Frage).

In den nachfolgenden zwei Abbildungen sind die Ergebnisse für die Lebensqualität und die Lebenszufriedenheit nach Region aufgegliedert. Die Haupttäler mit den großen Verkehrsträgern zeigen schlechtere Werte als die Seitentäler. Die Seitentäler folgen jeweils den Haupttälern im Trend, so dass auch ein soziokultureller Unterschied der Bewertung in Nord und Süd (unterschiedliches Ausgangs- oder Referenz-Niveau) in Betracht gezogen

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck werden muss. Das heißt, der Vorteil der “Zentralität” der Haupttäler scheint keine hinreichende Kompensation für die Bewohner darzustellen, wie das Ergebnisse aus dem städtischen Bereich suggerieren. Auffallend ist auch, dass die Ergebnisse der integrierten Lebensqualitätsmodelle den Norden insgesamt als zufriedener erscheinen lassen. Ob die in den Einzelfragen stärker artikulierte Belästigung und deutlichere Bewältigungs-Aktivität des Nordens hiermit im Zusammenhang steht bedarf weiterer Analysen. Es ist denkbar, daß Gruppen, die eine hohe Lebensqualität oder Lebenszufriedenheit besitzen stärker gegen den Verlust dieser Qualität ankämpfen.

Wipptal Süd Wipptal Süd

Wipptal Nord Wipptal Nord

Seitental Süd Seitental Süd

Seitental Nord Seitental Nord

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Lebensqualität (QoL) Lebenszufriedenheit

Abbildung: Lebensqualität (links) und Lebenszufriedenheit (rechts) im Gesamt-Untersuchungsraum

Zusammenfassung Die umfassenden Analysen zur Lebensqualität haben einen signifikanten Beitrag der Lärmbelastung in der Untersuchungsgegend aufgezeigt. Dies kann als starker Hinweis gelten, dass die Lärmbelastung im Haupttal einen zentralen Stellenwert einnimmt, denn die Auswertungen haben zusätzlich die Arbeitssituation und die persönliche Lebenszufriedenheit berücksichtigt.

2.10 Gesundheitsbeeinträchtigte Lebensjahre durch Lärm: DALY Umweltwirkungen auf die menschliche Gesundheit kommen auf unterschiedlichen Wegen zustande und betreffen eine breite Palette von Gesundheitsstörungen. Diese Störungen reichen von Belästigung bis Todesfolge (“Morbiditätspyramide”). Um diesen Anforderungen gerecht zu werden wurde das Konzept der “disability adjusted life years” (DALY) entwickelt und mußte an die Notwendigkeiten der Abschätzungen für Umweltrisiken angepasst werden. Umweltbelastungen führen nämlich oft zu Gesundheitsstörungen, die nicht Krankheiten im strengen Sinne sind (z.B. Belästigung). Diese Art der „leichteren“ Gesundheitsbeeinträchtigungen sind bezüglich der erfahrenen Einschränkung auch von Experten nur schwer einschätzbar. Zur Berechnung der DALYs sind nämlich

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck zwei Gewichtungen des Gesundheits-Indikators notwendig: D, die Dauer des Zustands, und S, die Schwere der Gesundheitsbeeinträchtigung. Die Grundlage für die Bewertung der Schwere S bildet eine Skala von 0 bis 1, wobei 1 den Tod und 0 die vollkommene Gesundheit beschreibt. Die Schwere für starke Belästigung und Schlafstörung wird von Experten öfters unterschiedlich beurteilt als Krankheiten wie Herzinfarkt. Weil Belästigung und Schlafstörung durch Lärm aber sehr viel häufiger vorkommen und auch länger andauern können als ein Herzinfarkt ist bestimmt die verwendete Schwere-Einschätzung der Störung stark das Endergebnis. Um diese Unsicherheiten bei der Schwerebeurteilung zu beschreiben werden typischerweise zwei Schätzwerte (ein unterer und ein oberer) angegeben. Er basiert auf zwei unterschiedlichen Schwerefaktoren S (Bei schwerer Belästigung und Schlafstörung 0.002 und 0.02, bei ischämischer Herzkrankheit 0.35 und 0.50) (Details dazu im Fachbericht). Anschließend sind die Schätzungen für die gesundheitsbeeinträchtigten Lebensjahre durch Lärm im Wipptal für die Verkehrs-Szenarien graphisch dargestellt. Obwohl die absoluten Zahlen unterschiedlich sind bleibt der relative Unterschied zwischen den zwei Szenarien ähnlich - unabhängig davon, ob der untere oder obere Schätzwert verwendet wird: es sind rund 25% DALYs weniger im Konsens-Szenario mit dem BBT und die DALYs fallen leicht unter den Ausgangswert der Ist-Situation zurück. Es wird aber auch deutlich, daß eine bedeutende Restbelastung trotz der verbesserten Situation durch den BBT zurückbleibt. Diese Restbelastung kann nur über eine gleichzeitige Verringerung der Gesamt-Straßenbelastung weiter reduziert werden.

Konsensus Konsensus IHD Tod IHD Tod IHD Krankheit IHD Krankhei t Minimum Minimum Schlaf Schlaf Belästigung Belästigung

Ist-Situation Ist-Situation

0.00 5.00 10.00 15.00 20.00 0.00 5.00 10.00 15.00 20.00 DALY (Nord) DALY(Süd)

Abbildung: DALYs für das Nord- und Südwipptal (unterer Schätzwert)

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Konsensus Konsensus

IHD Tod IHD Tod IHD Krankhei t IHD Krankheit Minimum Minimum Schlaf Schlaf Belästigung Belästigung Ist-Situation Ist-Situation

0.00 50.00 100.00 150.00 0.00 50.00 100.00 150.00 DALY (Nord) DALY(Süd)

Abbildung: DALYs für das Nord- und Südwipptal (oberer Schätzwert) Zusammenfassung Wird die Veränderung des Indikators „Gesundheitsbeeinträchtigte Lebensjahre“ oder DALY in den Szenarien als Kriterium für die potentielle Verringerung der Gesundheitslast durch den BBT herangezogen ergibt sich folgende Datenlage: Durch den Bau des BBT kommt es vor allem zu einer Reduktion der Beeinträchtigung des Schlafes und des Wohlbefindens durch eine Reduktion der Belästigung im Projektgebiet. Die Gesundheitslast wird um ca 25% verringert und fällt auch hinter die Ist-Situation zurück. Die noch verbleibende Gesundheitslast ist nur durch weitere Maßnahmen zur Reduktion des Straßenverkehrs verringerbar.

2.11 Gesundheitskosten durch Lärm Die Bewertung von Gesundheits-Wirkungen mit Geldwert hat grundsätzlich dasselbe Ziel wie die DALYs: verschiedene Auswirkungen sollen vergleichbar gemacht werden. Die Kosten von Gesundheitswirkungen werden in der Regel ergänzt durch gleichzeitig anfallende Zusatz-Kosten für das betroffene Individuum und die Gesellschaft (Produktionsausfall und immaterielle Kosten). Die immateriellen Kosten können insbesondere bei Todesfällen oder chronischen Erkrankungen wesentlich größer sein als die materiellen Kosten. Es ist aber schwieriger einen Konsens darüber herzustellen. Aus der folgenden Tabelle ist die mögliche Schwankungsbreite von drei Berechnungsgrundlagen ablesbar.

Tabelle: Vergleich der Schätzung der immateriellen Kosten für Lärmbelästigung (Ist-Situation Wipptal) mit 3 verschiedenen Berechnungsgrundlagen

Basis für die Schätzung Geldwert

Zahlungsbereitschaft 1.300.000 €

DALY* (unterer Schätzwert mit S=0.002) 870.000 €

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DALY* (typischer Schätzwert mit S=0.01) 4.300.000 €

* Gesundheitseinschränkungen mit unterschiedlicher Bewertung des Schweregrads S

Die Wahl des Schweregrads (S) für die verschiedenen Gesundheitsbeeinträchtigungen (S=1=Tod; S=0=vollkommene Gesundheit) bestimmt im wesentlichen die Kostenschätzung. Bei den weiteren Berechnungen wurde der untere Schweregrad (S=0.002) als unteres Vertrauensintervall für die Schätzung der Kosten durch starke Belästigung herangezogen.

Die Kosten für den Produktionsausfall und direkten medizinischen Kosten sind naturgemäß leichter bestimmbar. Die höchsten Kosten erwachsen durch Krankenhauseinweisungen. Insgesamt sind die direkten medizinischen Kosten sehr viel niedriger, da die Zahl der betrof- fenen Personen, für die eine Krankenhauseinweisung notwendig ist sehr klein im Vergleich mit der Zahl der stark Belästigten ist (weitere Details im Spezialbericht AP-7.2).

Die nachfolgenden Abbildungen stellen die gesundheitlichen Gesamtkosten durch die Lärmbelastung (ohne Hauptstraße) für das Nord- und Südwipptal getrennt dar. Der Hauptgrund dafür, dass das Gesamtbild so verschieden ist, wenn die untere mit der oberen Kosten-Schätzung verglichen wird, liegt in der Unsicherheit der Schätzungen der immateriellen Kosten (abhängig von der angenommenen Schwere S, die für die Belästigung verwendet wird).

Konsensus Konsensus BH-Behandlung BH-Behandlung Depression Depression Minimum Schlaf Minimum Schlaf Belästigung Belästigung IHD Krankheit IHD Krankheit Ist-Situation IHD Tod Ist-Situation IHD Tod

0 500 1000 0 500 1000 Kosten (Nord [1000 Euro] Kosten (Süd [1000 Euro]

Abbildung10: Berechnete Gesamtkosten (in 1000 Euro) für die Lärmexposition im Wipptal für die Szenarien nach Gebiet (unterer Schätzungsbereich).

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Konsensus Konsensus BH-Behandlung BH-Behandlung Depression Depression Minimum Schlaf Minimum Schlaf Belästigung Belästigung IHD Krankheit IHD Krankheit Ist-Situation IHD Tod Ist-Situation IHD Tod

0 5000 10000 15000 0 5000 10000 15000 Kosten (Nord [1000 Euro] Kosten (Süd [1000 Euro]

Abbildung: Berechnete Gesamtkosten (in 1000 Euro) für die Lärmexposition im Wipptal für die Szenarien nach Gebiet (oberer Schätzungsbereich).

Zusammenfassung

Die Berechnungen machen deutlich, dass die Fortschreibung des status quo in das Minimum Szenario zu einem signifikanten Anstieg der Lärm-Kosten in beiden Regionen führt. Verglichen mit der Ist-Situation und dem Minimum-Szenario ergibt sich für das Konsensus- Szenario eine signifikante Verringerung der Gesamt-Lärm-Kosten. Es wird aber auch offensichtlich, dass trotz der signifikanten Verringerung der Gesamtkosten durch den Bau des BBT ein beträchtlicher Stock an Lärmkosten zurück bleibt. Dieser Umstand hängt vor allem mit dem hohen Beitrag der Belästigung zusammen, der sich aus einem breiteren Expositionsbereich (40-55 dB(A)) rekrutiert, wo der Einfluss der Autobahn überwiegt. Der hohe Kosten-Beitrag aus diesem erweiterten Schallpegelbereich ist vor allem auf die von den Standard-Kurven abweichende Wirkungskurve des Wipptals für die Belästigung (Abbildungen im Kapitel 2.8.1 oben) zurückzuführen.

2.12 Nachhaltige Entwicklung, Raum und Verkehr

2.12.1 Grundlagen Zielsetzung des vorliegenden Berichtsteiles ist es, das Projektgebiet mit Hilfe von räumlichen, ökonomischen und sozialen Indikatoren zu beschreiben, zu gliedern und schließlich einen Bezug zu den Verkehrsstrukturen herzustellen. Zu diesem Zweck wurde ein bereits in Südtirol laufendes Nachhaltigkeitsindikatorenprojekt speziell an das Projektgebiet und die vorliegende Fragestellung angepasst. Zusätzliche Indikatoren (z.B. Lärmbelastung der Bevölkerung, gesundheitsbezogene Wohnfaktoren) wurden einbezogen, um Aspekte der Nachhaltigkeit zum Thema „öffentliche Gesundheit“ zu integrieren. Andere Indikatoren, die für die Verkehrs-Fragestellung als weitgehend irrelevant eingestuft wurden oder für die keine oder keine vergleichbaren Daten verfügbar waren,

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck wurden ausgeschlossen. Weiters wurden Lebensqualitäts-Befragungsergebnisse der Vorortstudie Erwachsene (AP-3) verwendet, um den subjektiven Teil in den integrativen Ansatz einzubringen. Zur Verknüpfung der objektiven und subjektiven Indikatoren wurde, in Anlehnung an das Lebensqualitätskonzept, das nachfolgende Konzept (Abbildung unten) verwendet. Mit dieser Abbildung soll verdeutlicht werden, dass die objektiven Strukturen die subjektive Wahrnehmung zwar stark beeinflussen, diese jedoch auch von anderen Bedingungen („moderating conditions“), abhängen, die oft weniger gut bekannt sind. Deshalb können die objektiven und die subjektiven Ergebnisse auch unterschiedlich ausfallen (siehe im Endergebnis als Beispiel Vals und Mutters).

objektive Strukturen subjektive Wahrnehmung

Wie hoch ist die Lärmbelastung durch moderating Wie belästigt fühlen Sie sich durch Straßenverkehr in Dezibel? conditions Straßenverkehrslärm?

… … Gesundheit Gesundheit Wirtschaft Wirtschaft

Quelle: EURAC research (abgeänderte Darstellung nach Stamm & Lamprecht, 2003)

Während die objektiven Strukturen des Projektgebietes vor allem Aspekte der nachhaltigen Entwicklung widerspiegeln, beziehen sich die Ergebnisse zur subjektiven Wahrnehmung stärker auf die erfahrende Lebensqualität und das Wohlbefinden. Der Erfassung der objektiven Strukturen wurde hier entsprechend dem Grundkonzept stärkeres Gewicht gegeben.

Durch die Integration der objektiven und subjektiven Ergebnisse erhält man schließlich ein Gesamt-Ergebnis zur Beschreibung und Einteilung des Projektgebietes und kann den Bezug zu den Verkehrsstrukturen geographisch herstellen. Die methodische Basis für die Integration der Ergebnisse bildet die Rangsummenmethode, die unten dargestellt ist. Letztlich sind die Rangplätze ausschlaggebend, welche die Gemeinden bei den einzelnen

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Indikator-Werten einnehmen. Die Gemeinde mit dem am besten eingestuften Indikatorwert erhält den ersten Rang. Die übrigen Ränge werden dann entsprechend dem absteigenden Indikatorwert zugeteilt. Ob ein hoher Indikatorwert positiv oder negativ ist wurde durch das im Grundkonzept erarbeitete Zielsystem und die Ergebnisse einer mehrstufigen Expertenbefragung bestimmt.

Wertung und Reihung der einzelnen Indikator 1 Indikatoren

Indikator 2 … hoher Indikatorwert ist…   absteigend sortiert   aufsteigend sortiert Indikator n

Gemeinde 1 1. Gemeinde 2 2. Gemeinde 3 3. Aggregation  Ranking

Die Integration der objektiven und subjektiven Ergebnisse erfolgt dann durch eine Gegenüberstellung und Verknüpfung der Resultate für die objektiven Strukturen und die subjektive Wahrnehmung. Die Gruppenzuteilung erfolgt mit dem Rangmittelwert als Grenzwert (siehe Abbildung unten). Gemeinden der Gruppe 1 liegen im „grünen“ Bereich, da sowohl objektive Strukturen, als auch subjektive Wahrnehmung über dem Durchschnitt liegen. Gemeinden der Gruppe 4 liegen im „roten“ Bereich, da sowohl objektive Strukturen, als auch subjektive Wahrnehmung der Situation unter dem Durchschnitt liegen. In den übrigen Gruppen liegen entweder die objektiven Strukturen oder die subjektive Wahrnehmung unter dem Durchschnitt.

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Gruppe 3 Gruppe 1

die objektiven Strukturen sind sowohl die objektiven Strukturen, unterdurchschnittlich, wogegen die als auch die subjektive Wahrnehmung subjektive Wahrnehmung sind überdurchschnittlich überdurchschnittlich ist

Gruppe 4 Gruppe 2

die objektiven Strukturen sind

subjektive Wahrnehmung subjektive sowohl die objektiven Strukturen, überdurchschnittlich, wogegen die als auch die subjektive Wahrnehmung subjektive Wahrnehmung sind unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich ist

objektive Strukturen  

Quelle: EURAC research, 2005

2.12.2 Die eingesetzten Indikatoren

Die im Projekt verwendeten objektiven Indikator-Daten waren sowohl im Nord- und Südwipptal auf Gemeindeebene vorhanden, grundsätzlich vergleichbar oder harmonsierbar. Die objektiven Indikatoren beschreiben im wesentlichen die ökologische, die ökonomische und die soziale Situation einer Gemeinde. Für die Beschreibung der objektiven Strukturen wurden insgesamt 42 Indikatoren verwendet, welche durch eine Expertenrunde acht zusammenfassenden Bereichen (Wirtschaft, Gesellschaft, Bevölkerungsdynamik, Bodenversiegelung, Landschaft, Tourismus, Arbeit und gesundheitsbezogene Wohnfaktoren) zugeordnet wurden. Der Bereich „gesundheitsbezogene Wohnfaktoren“ diente als Integrationsteil zum Thema „öffentliche Gesundheit“.

Tabelle 3: Im Rahmen des Projektes ausgewählte Aspekte zur Beschreibung der objektiven Strukturen mit den jeweiligen Indikatoren

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Aspekt Wirtschaft Einheit

Konzentration der Beschäftigten auf den Primärsektor % (der gesamten Beschäftigten)

Konzentration der Beschäftigten auf den Sekundärsektor % (der gesamten Beschäftigten)

Versorgungsdichte Verkaufspunkte/1000 Einwohner

Touristische Aufnahmekapazität Betten/1000 Einwohner

Firmendichte (ohne Landwirtschaft) Betriebsstätten/1000 Einwohner

Neueintragungsquote Unternehmen % (des gesamten Firmenbestand)

Aspekt Gesellschaft Einheit

% (Anteil der Personen mit einem Bildungsgrad höheren Schulabschluss)

Wahlbeteiligung % (Anteil abgegebene Stimmen)

Besuchsquote in Kindergärten % (Anteil Kinder in Kindergärten)

% (der gesamten weiblichen Erwerbsquote Frauen zwischen 25 und 39 Jahren Bevölkerung von 25 – 39)

Bevölkerungsdichte im Besiedlungsgebiet Einwohner/ha

% (der Gesamtzahl der Anteil landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetriebe bewirtschafteten Betriebe)

% (bezogen auf die Anteil allein lebender Personen unter 60 Jahren Gemeindebevölkerung)

% (bezogen auf die Anteil allein lebender Personen über 60 Jahren Gemeindebevölkerung)

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Fortsetzung Tabelle 3

Aspekt Bevölkerungsdynamik Einheit

- (Verhältnis zwischen Bevölkerung Altersstrukturkoeffizient >65 und Bevölkerung < 14 Jahren)

% (Anteil Geburten an Natürliche Bevölkerungszuwachsrate Gesamtbevölkerung)

% (Anteil Wanderungssaldo an Nettozuwanderungsrate Gesamtbevölkerung)

Aspekt Bodenversiegelung Einheit

% (Anteil am gesamten Besiedelte Fläche im Dauersiedlungsgebiet Dauersiedlungsgebiet)

Flächenverbrauch für Straßen und Eisenbahn pro m2/Einwohner Einwohner

Flächenverbrauch für Siedlung pro Einwohner m2/Einwohner

Anteil ständig bewohnter Wohnungen % (Anteil an gesamten Wohnungen)

Aspekt Landschaft Einheit

- (Konzentration bestimmter Landwirtschaftliches Nutzungsmuster Kultursorten auf landw. Nutzfläche)

Grad des menschlichen Einflusses auf die Ökosysteme - (Maß für die Natürlichkeit von (Hemerobie) Ökosystemen)

- (Anzahl verschiedener Landschaftsvielfalt Nutzungsklassen)

m2 (effektive Maschenweite als Grad Unzerschnittene Landschaft der Zerschneidung)

Aspekt Tourismus Einheit

Nächtigungsintensität Nächtigungen/Einwohner

Vollauslastungstage gastgewerblicher Betriebe Tage/Jahr

Anteil Nächtigungen Urlaub auf dem Bauernhof % (Anteil an Gesamtnächtigungen)

% (Verhältnis zu gesamten Anteil Ferienwohnungen Wohnungsbestand)

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Fortsetzung Tabelle 3

Aspekt Arbeit Einheit

% (Anzahl der Beschäftigten bezogen Erwerbsquote auf Bevölkerung zwischen 15 und 64)

% (Anzahl der weiblichen Beschäftigten zwischen 45 und 59 Erwerbsquote Frauen zwischen 45 und 59 Jahren bezogen auf weibliche Bevölkerung zwischen 45 und 59)

% (Anteil Arbeitslose bezogen auf Arbeitslosenrate Bevölkerung zwischen 15 und 64)

% (Anteil Arbeitslose zwischen 15 und Jugendarbeitslosenrate 24 bezogen auf Bevölkerung zwischen 15 und 24)

- (Absolute Differenz zwischen Differenz zwischen den Arbeitslosenraten von Männern Arbeitslosenraten von Männern und und Frauen Frauen)

Berufsauspendlerquote % (bezogen auf Gesamtbevölkerung)

Berufseinpendlerquote % (bezogen auf Gesamtbevölkerung)

Aspekt gesundheitsbezogene Wohnfaktoren Einheit

% (Anteil von Gebieten mit Quiet Areas Lärmbelastung unter 45 dB)

% (Verhältnis zwischen belasteter Lärmbelastung der Bevölkerung Bevölkerung und Gesamtbevölkerung)

km (über das vorhandene Wege- und Mittlere Entfernung zum nächsten Arzt Straßennetz)

km (über das vorhandene Wege- und Mittlere Entfernung zum nächsten Krankenhaus Straßennetz)

% (mittlerer Jahresbelastung über 20 Feinstaubbelastung der Bevölkerung 3 μg/m PM10)

% (mittlerer Jahresbelastung über 30 Stickstoffdioxidbelastung der Bevölkerung 3 μg/m NO2)

Quelle: EURAC research, 2005

Bei der Interpretation der Ergebnisse der einzelnen Gemeinden sollte beachtet werden, dass sich die vorhandenen Nachhaltigkeitsindikatoren insbesondere für den Vergleich zwischen den Gemeinden eignen. Es sollte daher berücksichtigt werden, dass das Potential der

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Gemeinden aufgrund äußerer Gegebenheiten recht unterschiedlich ist und somit ein guter Indikatorwert nicht notwendigerweise das Ergebnis einer herausragenden Gemeindepolitik sein muss. So wird z.B. der Grad des menschlichen Einflusses in der Gemeinde Sterzing schon aufgrund der Tallage und der Zentralörtlichkeit höher sein als in der Gemeinde Pfitsch.

Subjektive Indikatoren: Für die Beschreibung und Bewertung der subjektiven Wahrnehmungen wurden die Ergebnisse der folgenden neun Fragen (Einschätzung auf einer Skala von 0 bis 10) aus der Vorortstudie Erwachsene (AP-3) verwendet.

1. Wie gut sind die Wohnbedingungen im Wipptal? 2. Wie gut sind die Nachbarschaftsbeziehungen im Wipptal? 3. Wie gut ist die Sicherheit im Wipptal? 4. Wie gut sind die Verkehrsverbindungen im Wipptal? 5. Wie gut sind die Arbeitsmöglichkeiten im Wipptal? 6. Wie gut ist die Landschaft und Natur im Wipptal? 7. Wie gut sind die Bedingungen für das Aufwachsen der Kinder im Wipptal? 8. Wie gut sind die Verdienstmöglichkeiten im Wipptal? 9. Wie gut ist die Gesundheitsversorgung im Wipptal?

2.12.3 Objektive Strukturen: Einzelindikatoren Nachfolgend werden die Ergebnisse der Einzelindikatoren zusammenfassend beschrieben. Die vollen Ergebnisse sind im Fachbericht verfügbar.

Aspekt Wirtschaft. Nennenswert ist die vergleichsweise hohe Konzentration auf den Primärsektor der Südtiroler Gemeinden. In der Ranggruppe 1-7 sind zentrale Orte wie Sterzing oder zu finden, sowie Gemeinden des Stubaitales, was die relative wirtschaftliche Stärke des Stubaitales unterstreicht. Die touristische Aufnahmekapazität ist im Nordtiroler Teil des Projektgebietes höher als im Südtiroler Teil.

Ranggruppen für den Aspekt Gesellschaft. Insgesamt deuten die hohen Spannweiten der Ergebnisse auf eine geringe Trennschärfe des Aspekts Gesellschaft innerhalb des Projektgebietes hin. Auffallend ist der Bildungsgrad, der in den Gemeinden Natters, Mutters

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Public Health Studie BBT Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin Sektion Sozialmedizin, Medizinische Universität Innsbruck und Sterzing am höchsten ist. Diese Gemeinden befinden sich in unmittelbarer Nähe eines zentralen Ortes (Innsbruck) bzw. Sterzing stellt selbst einen zentralen Ort dar.

Ranggruppen für den Aspekt Bevölkerungsdynamik. Die Ranggruppe 1-7 zeichnet sich durch einen niedrigen Alterstrukturkoeffizienten (Verhältnis alt zu jung), sowie durch hohe Bevölkerungszuwachsraten aus. Im Gegensatz dazu haben z.B. die Gemeinden Brenner und mit Abwanderung zu kämpfen. In diesem Zusammenhang spielt das Schengener Abkommen sicherlich eine Rolle.

Ranggruppen für den Aspekt Bodenversiegelung. Die Gemeinde Matrei am Brenner hat zwar den höchsten Anteil besiedelter Fläche am Dauersiedlungsgebiet, hat aber niedrige Verbrauchswerte je Einwohner und kommt somit in Ranggruppe 1-7. Durch die hohen Flächenverbrauchswerte je Einwohner positionieren sich die Gemeinden Brenner und Franzensfeste eindeutig in der Ranggruppe 20-26. Diese hohen Werte sind mit ein Ergebnis der negativen Bevölkerungsdynamik in diesen Gemeinden.

Ranggruppen für den Aspekt Landschaft. Die Gemeinden mit hohen Anteilen an alpinen und hochalpinen Flächen haben die besten Ergebnisse bei dem Aspekt Landschaft. Dagegen schneiden stark besiedelte und intensiv genutzte Gemeinden in der Talsohle tendenziell schlechter ab.

Ranggruppen für den Aspekt Tourismus. Unter den erstgereihten Gemeinden haben z.B. Ratschings und Neustift im Stubaital eine hohe Nächtigungsintensität und eine relativ gute Vollauslastung der gastgewerblichen Betriebe. Hohe Anteile an Urlaub auf dem Bauernhof haben dagegen Schmirn, und Gschnitz.

Ranggruppen für den Aspekt Arbeit. Die Attraktivität der Gemeinde Sterzing als Arbeitsstätte spiegelt sich in der niedrigsten Auspendler- und einer hohen Einpendlerquote wider. Die höchste Einpendlerquote hat die Gemeinde Matrei am Brenner. Die Gemeinde Franzensfeste hat die niedrigste Erwerbsquote, was zum Teil sicherlich auf den ungünstigen Altersstrukturkoeffizienten zurückzuführen ist.

Ranggruppen für den Aspekt gesundheitsbezogene Wohnfaktoren. Bis auf die Erreichbarkeit medizinischer Einrichtungen sind die gesundheitsbezogenen Wohnfaktoren im Haupttal insgesamt schlechter als in den Seitentälern.

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Natters Schönberg im Stubaital

Mutters Patsch

# Ellbögen Telfes Matrei am Brenner im Stubaital Pfons Mieders Fulpmes Navis

# Mühlbachl Schmirn

Trins

Neustift im Stubaital Gries am Vals Brenner Gschnitz Obernberg am Brenner Val di Vizze / Pfitsch Brennero / Brenner

Vipiteno / Sterzing Galleria / Tunnel Linea ferroviaria / Eisenbahnlinie Racines / Ratschings Campo di Trens / Autostrada / Autobahn Freienfeld ------

Rango 1-7 / Rang 1-7 Fortezza / Franzensfeste Rango 8-19 / Rang 8-19 0510Kilometers Rango 20-26 / Rang 20-26

2.12.4 Objektive Situation: Zusammenfassende Darstellung Ranggruppen aufgrund der Ergebnisse für die objektiven Strukturen. Die Gemeinden der Ranggruppe 20-26 befinden sich hauptsächlich entlang der Brennerachse, während die Gemeinden der Ranggruppe 1-7 tendenziell in Seitentälern zu finden sind.

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Natters Schönberg im Stubaital

Mutters Patsch

# Ellbögen Telfes Matrei am Brenner im Stubaital Pfons Mieders Fulpmes Nav is # Mühlbachl Steinach am Brenner Schmirn

Trins

Neustift im Stubaital Gr ies am Vals Gschnitz Brenner Obernberg am Brenner Val di Vizze / Pfitsch Brennero / Brenner

Vipiteno / Sterzing Galleria / Tunnel Linea ferroviaria / Eisenbahnlinie Rac ines / Rats chings Campo di Trens / Autostrada / Autobahn Freienfeld ------

Rango 1-7 / Rang 1-7 Fortezza / Franzensfeste Rango 8-19 / Rang 8-19 0 5 10 Kilometers Rango 20-26 / Rang 20-26

Quelle: EURAC research, 2005 (Daten: siehe Indikatorensammlung)

2.12.5 Ergebnisse zur subjektiven Wahrnehmung Die Ergebnisse der 9 Fragen zu den allgemeinen Lebensbedingungen aus der Vorortstudie Erwachsene wurden hierfür ausgewertet. Sie dienen vor allem der Ergänzung und Integration der objektiven Indikator-Daten. Aufgrund der Antwortverteilungen und der daraus berechneten Mittelwerte zeigt sich, dass die subjektive Wahrnehmung der allgemeinen Lebensbedingungen in den Seitentälern besser ist, als in den Kernzonen des Wipptals.

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2.12.6 Integrierte Beurteilung Dazu wurden die Ergebnisse der einzelnen Aspekte zur Beschreibung der objektiven Strukturen aggregiert und den Ergebnissen zur subjektiven Wahrnehmung gegenübergestellt. Auf diese Weise erhält man als Ergebnis eine Einteilung der Gemeinden des Projektgebietes in vier Gruppen, in welche die ordinale Information der berücksichtigten Indikatoren einfließt.

In der nachfolgenden Abbildung sind die vier Gruppen dargestellt. In den Gemeinden der Gruppe 1 sind sowohl die objektiven Strukturen, als auch die subjektive Wahrnehmung überdurchschnittlich. In der zweiten Gruppe sind die Rangplätze für die objektiven Strukturen überdurchschnittlich, allerdings sind jene für die subjektive Wahrnehmung unterdurchschnittlich. Umgekehrt verhält es sich mit der dritten Gruppe, in der die Ergebnisse für die objektiven Strukturen unterdurchschnittlich sind, während die subjektive Wahrnehmung überdurchschnittlich ist. Die Rangplatzergebnisse der Gemeinden der Gruppe 4 sind sowohl für die objektiven Strukturen als auch für die subjektive Wahrnehmung unterdurchschnittlich.

Abbildung: Gruppeneinteilung der Gemeinden des Projektgebietes aufgrund der Integration der objektiven und subjektiven Ergebnisse. In den meisten Gemeinden stimmt die Bewertung der objektiven Strukturen mit der subjektiven Wahrnehmung überein. In den Gemeinden Vals und Mutters unterscheiden sich die objektiven und die subjektiven Bewertungen extrem stark. Auch in Sterzing und Steinach ist der Unterschied beträchtlich.

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 Mieders Neustift im Stubaital Vals Vipiteno / Sterzing Racines / Ratschings Natters Fulpmes Obernberg am Schmirn Brenner Telfes im Gschnitz Stubaital Pfons Val di Vizze/ Mühlbachl Pfitsch Navis Fortezza / Trins Franzensfeste Ellbögen Brennero / Campo di Brenner Matrei am Trens / subjektive Wahrnehmung Patsch Brenner Freienfeld

Schönberg im Gries am Steinach am Mutters Brenner Stubaital Brenner

objektive Strukturen  

Quelle: EURAC research, 2005 (Daten: siehe Indikatorensammlung)

Um die integrierten Ergebnisse in Beziehung zu den Verkehrsstrukturen zu bringen, werden sie in der letzten Abbildung unten auch kartografisch dargestellt.

Abbildung 11: Einteilung der Gemeinden des Projektgebietes aufgrund der Integration der objektiven und subjektiven Ergebnisse. Es zeigt sich deutlich, dass die „grünen“ Gemeinden der Gruppe 1, bei denen sowohl die objektive Einordnung, als auch die subjektive Wahrnehmung über dem Durchschnitt liegen, tendenziell abseits der Hauptverkehrsachse liegen, wogegen Gemeinden, die der Gruppe 4 zugeordnet wurden, eher entlang der Hauptachse liegen. Nur Steinach und Freienfeld liegen wegen der stärker gewichteten objektiven Bedingungen in der Gruppe 2. Sterzing wiederum profiitert von der guten subjektiven Bewertung.

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Natters Schönberg im Stubaital

Mutters Patsch

# Ellbögen Telfes Matrei am Brenner im Stubaital Pfons Mieders Fulpmes Navis

# Mühlbachl Steinach am Brenner Schmirn

Trins

Neustift im Stubaital Gries am Vals Brenner Gschnitz Obernberg am Brenner Val di Vizze / Pfitsch Brennero / Brenner

Vipiteno / Galleria / Tunnel Sterzing Linea ferroviaria / Eisenbahnlinie Autostrada / Autobahn Racines / Ratschings Campo di Trens / ------Freienfeld Gruppo / Gruppe 1 2 Fortezza / Franzensfeste 3 0510Kilometers 4

Quelle: EURAC research, 2005 (Daten: siehe Indikatorensammlung)

Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass das Projektgebiet stark von der Hauptverkehrsachse durch das Wipptal geprägt wird. Die geographische Darstellung der letzten Abbildung legt auch nahe, dass ein bedeutsamer negativer Einfluss der Hauptverkehrsachse auf die untersuchten Aspekte in einzelnen Gemeinden vorliegt. Vor diesem Hintergrund ist es besonders erstrebenswert Maßnahmen zu setzen, welche zu einer Entlastung der Hauptverkehrsachse durch das Wipptal führen.

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3 Kurzzusammenfassung

3.1.1 Ist-Situation Die umfangreichen Auswertungen der Erwachsenenstudien (AP-3) haben auf statistische Zusammenhänge zwischen Verkehr, Mobilität, Lebensqualität, Gesundheit, Krankheit und Medikamenten-Konsum hingewiesen. Die stärksten und stabilsten Beziehungen haben sich gegenüber der Lärmbelastung gezeigt. Hier ist insbesondere der Zusammenhang mit der Belästigung, der Schlafstörung, dem Bluthochdruck und den Depressionen zu nennen.

Eine gesicherte Beziehung zwischen Luftbelastung und Krankheit konnte hingegen nicht nachgewiesen werden, jedoch für die Belästigung.

Die Lärm-Expositions-Wirkungs-Kurven aller Verkehrsträger zeigen gegenüber denjenigen in der Umgebungslärm-Richtlinie angegebenen eine deutliche Abweichung zu höherer Belästigung bei gleichem Schallpegel („erhöhte Sensibilität des Raums“). Die Schiene weist, vor allem im höchsten Schallpegelbereich die stärksten Abweichungen auf („Bonus-Verlust“).

Mehr als 15 km² sind durch die Verkehrsträger insgesamt mit Schallpegeln über 65 Lden,dB(A) beaufschlagt („Raumbelastung“).

Auch die Auswertung der Verschreibungshäufigkeit von Medikamenten (AP-5) machte auf eine deutliche Risikoerhöhung für Adressen im Naheinzugsbereich (bis ca 200 m) der Schiene aufmerksam.

Die Analysen der Verkehrssicherheit (AP-7) ergaben, dass aufgrund aller erfassten Unfälle mit Personenschaden der Jahre 1999 bis 2003 im Gesamtvergleich von A13 Brenner Autobahn mit A22 Autostrada del Brennero, A2 Gotthard Autobahn und der A10 Tauern Autobahn, die Abschnitte der A13 Brenner Autobahn die im Vergleich höchsten Unfallraten aufweisen. Dies, obwohl bereits eine grosse Anzahl von Massnahmen im letzten Jahrzehnt gesetzt wurden. Dieses Ergebnis wird unterstützt durch die Analyse der subjektiven Wahrnehmung der Verkehrssicherheit und der Ängste vor Staus, welche deutlich machten, dass sich die Mobilitäts-Situation als ernsthafte Belastung nicht nur für die Bewohner des Haupt- sondern auch für die Bewohner der Seitentäler („indirekte Wirkung“) entwickelt hat.

Die integrierte Lebensqualitätsanalyse weist einerseits auf den Lärm als signifikanten Beitrag zur Verrringerung der allgemeinen Lebensqualität hin (AP-7), während über die

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Nachhaltigkeitsindikatoren ein Großteil der Gemeinden entlang der Hauptverkehrsachse im unteren Quadranten nachhaltiger Lebensqualität eingeordnet werden müssen (AP-9).

Die Gesundheitsbelastungs-Analyse („Burden of Disease“, „DALYs“) weist ferner im AP-7 darauf hin, dass vor allem durch starke Belästigung und häufige Schlafstörungen die gesundheitsorientierte Lebensqualität der Bewohner im Untersuchungsgebiet deutlich beeinträchtigt ist.

Die Anwendung von Standard-Kurven für lärmbedingte Bluthochdruckwirkungen hat eine Belastung des Untersuchungsgebiets in Abhängigkeit von der Lärmbelastung nahegelegt (AP-7).

Die gesundheitsökonomischen Berechnungen haben auf hohe lärmbedingte Kosten durch starke Belästigung, häufige Schlafstörungen und Bluthochdruck hingewiesen (AP-7).

Die Nachhaltigkeits-Untersuchung (AP-9) schlussfolgert, dass die Analysen einen bedeutenden negativen Einfluss der Hauptverkehrsachse auf die in den einzelnen Gemeinden untersuchten Indikatoren nahelegen.

Diese Summe der Ergebnisse macht deutlich, dass das Haupttal durch seine 3 Hauptverkehrsträger Schiene, Autobahn und Hauptstraße als ausgewiesenes Belastungsgebiet bezeichnet werden muss und aus gesundheitlicher, raumplanerischer und verkehrsplanerischer Sicht ein eindeutiger Handlungsbedarf besteht.

3.1.2 Prognose für die Szenarien 2015 Unter der Voraussetzung des Eintreffens der verkehrlichen Bedingungen in den zur Verfügung gestellten Szenarien können auf Basis der in der Public Health Studie erhobenen Befunde folgende direkte und indirekte Schlussfolgerungen gezogen werden.

Die verschiedenen Berechnungen haben übereinstimmend aufgezeit, dass es im Minimum- Szenario (Fortschreibung existierender/prognostizierter verkehrlicher Verhältnisse) zu einem signifikanten Anstieg der Belastungen für Raum, Lebensqualität, Erholung und Gesundheit kommt (siehe Kap 2.8, 2.10 und 2.11).

Die Berechnungen für das Konsens-Szenario (mit Bau des BBT) zeigen, dass es zu einer signifikanten Reduktion vor allem der lärmbedingten Gesundheitseinbussen und Gesundheitskosten für das öffentliche Gesundheitswesen nicht nur gegenüber dem Minimum-Szenario sondern auch gegenüber der Ist-Situation kommen kann. D.h. die

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Gesundheitsbelastung wird abhängig vom Gesundheitsindikator zwischen 10 bis 20% unter die derzeitige Belastung (Ist-Situation) fallen (siehe Kap 2.8, 2.10 und 2.11). Hingegen wirken sich die angenommenen Verlagerungseffekte des Konsens-Szenario lärmseitig nicht signifikant aus. Auch die geringfügigen Änderungen der Schadstoff-Situation sind vornehmlich durch technische Verbesserungen („Standards“) bedingt und weniger durch tatsächliche Verlagerungswirkungen des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene.

Ein Unterbleiben von Massnahmen, insbesondere der angenommenen nächtlichen Reduktion der Schienenbelastung durch den Bau des BBT, würde zu dem im Minimum- Szenario berechneten Anstieg der Gesamtbelastung führen.

Die Ergebnisse aller Analysen weisen jedoch ebenso darauf hin (siehe Kap 2.8, 2.10 und 2.11), dass auch nach Bau des BBT eine hohe lärmbedingte gesundheitliche Restbelastung insbesondere bei Belästigung, Schlafstörung, aber auch bei Bluthochdruck- und Depressionsbehandlung zurück bleibt. Auch die Lärmbelastung des Raums bleibt mit gut 10 km² Beaufschlagungsfläche über 65 dB(A), Lden nach wie vor auf zu hohem Niveau. Eine nicht zu unterschätzende Restbelastung stellen ferner die indirekten Auswirkungen von Stau-Erfahrung, Ärger und Angst im Straßenverkehr dar, die sich nicht nur auf das Haupttal beschränken, sondern auch die nördlichen Seitentäler mit ihrer höheren beruflichen Mobilität betreffen.

Das Wipptal verbleibt auch nach dem Bau des BBT eine sensible Region in Hinblick auf mögliche Lärm- und Stresswirkungen im Zusammenhang mit dem Verkehr.

3.1.3 Empfehlungen Es wird empfohlen, jede Anstrengung zu unternehmen, die Verkehrsflüsse insgesamt auch auf der Straße (insbesondere während der Nacht) zu reduzieren, da von diesen Massnahmen eine erweitere Prävention von Gesundheitswirkungen zu erwarten ist. Denn die hohe gesundheitliche und räumliche Grund- bzw Restbelastung wird wesentlich durch den Bereich der Schall-Exposition (40-60 dB(A),Lden) aufrechterhalten, in welchem der Einfluss der Strasse (Autobahn und Hauptstraße) gegenüber der Schiene dominiert und die Sensibilität des Wipptals gegenüber allen Verkehrsbelastungen zu Buche schlägt („abweichende Expositions-Wirkungs-Kurven für Lärm“, siehe Kap 2.8).

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Wegen des im Minimum-Szenario bis 2015 prognostizierten Anstiegs der meisten gesundheitsrelevanten und raumrelevanten Parameter durch den weiteren Anstieg der Lärmbelastung ist eine sofortige Einleitung von Massnahmen zu empfehlen.

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