Das Damwild Im Rhein-Main-Gebiet
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Das Damwild im Rhein-Main-Gebiet Im Norden des Rhein-Main-Gebietes, großräumig begrenzt durch die Städte Frankfurt am Main, Darmstadt, Wiesbaden und Mainz, liegt als grüne Oase der „Mönchbruch“, ein geschlossenes Waldgebiet von ca. 6.500 ha mit eingestreuten, großflächigen extensiv bewirtschafteten Wiesen und angrenzenden Ackerflächen von ca. 1.500 ha. Ein geschlossenes Waldgebiet? Oberflächlich gesehen - ja. Doch auch hier hat sich der Mensch - wie in vielen anderen Ballungs- und Verdichtungsgebieten - tief in die ursprüngliche Landschaft eingegraben. Waldinanspruchnahmen für Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete, Autobahnen, örtliche Erschließungsstraßen, Versorgungsleitungen, den Kiesabbau und nicht zuletzt für den Flughafen Rhein-Main haben zu einer erheblichen Reduzierung und Zerschneidung des Waldes geführt, die nicht ohne Auswirkungen auf Fauna und Flora bleiben konnte. Umso erstaunlicher ist, dass dieser Bereich auch heute noch einer Vielzahl wildlebender Tiere Lebensraum bietet. Neben dem Rehwild als Kulturfolger ziehen starke Sauen ihre Fährte, Fuchs, Hase, Kanin, Fasan, Rebhuhn und Ente sind in den an den Wald angrenzenden Revieren erfreulich oft anzutreffen. Erstaunt ist der Unbefangene jedoch am meisten über das Vorkommen eines zahlreichen Damwildbestandes. Bereits vor Jahrhunderten in Deutschland eingebürgert, ist diese zweitgrößte in Deutschland vorkommende Hirschart nicht nur eine Attraktion für Erholungssuchende zu allen Jahreszeiten; sie stellt auch an die Jäger die Anforderung, durch eine nachhaltige Bewirtschaftung und Hege dieses uns gegebene Kulturgut für spätere Generationen zu bewahren. Der heutige Bestand des Damwildes lässt diese langfristige Bewirtschaftung zu. Versuche, die Sozialstruktur zu zerstören, sind bisher gescheitert. Hoffen wir, dass Vernunft auch weiterhin unser Handeln bestimmt. Aber bedenken wir auch, dass Jagd nicht Selbstzweck darstellen darf, sondern die Erlegung eines jeden Stückes Wild sinnvolles Handeln voraussetzt. Wir sind nur Bestandteil der Natur, zu der auch unser jagdbares Wild gehört. Hüten wir uns, unseren Einfluss auf Gestaltungsmaßnahmen in der Natur überzubewerten, es könnte sein, dass wir feststellen müssen, dass wir nicht der Natur dienen, sondern sie als geduldiges Spielzeug benutzen bis wir feststellen, selbst nur Spielball der Natur zu sein. Der folgende Beitrag ist ein Versuch, die historische Entwicklung, Hege und Bewirtschaftung dieses Damwildbestandes unseren heimischen Jägern, aber auch an der Jagd weniger Interessierten näherzubringen. Trebur im Frühjahr 2011 Dietrich Kulsch Sachkundiger für den Damwildbezirk Mönchbruch Das Damwild im Rhein-Main Gebiet, Damwildbezirk Mönchbruch Das Damwildgebiet Rhein-Main liegt südlich der Stadt Frankfurt/M in den Landkreisen Groß-Gerau, Offenbach, Darmstadt-Dieburg sowie der kreisfreien Stadt Darmstadt. Es besteht aus den Bezirken Kranichstein-Dreieich und Mönchbruch, die gesondert bewirtschaftet werden, da ein Wildwechsel zwischen den Bezirken durch die das Gebiet von Norden nach Süden durchschneidenden Verkehrswege praktisch ausgeschlossen ist. Der Damwildbezirk Kranichstein-Dreieich umfasst eine Fläche von ca. 9400 ha mit einem Frühjahrsbestand von ca. 120 Stück Damwild, der Bezirk Mönchbruch, der ausschließlich im Kreis Groß-Gerau liegt, weist bei einer Fläche von knapp 8500 ha im Früjahr 2010 einen Bestand von ca. 800 Stück Damwild auf. Der Bezirk Mönchbruch gliedert sich wiederum in 4 Unterbezirke, die durch Verkehrswege (2 Bundesautobahnen, 1 Bundesstraße) voneinander getrennt sind. Da die Verkehrswege beiderseits durch Verkehrssicherheitszäune geschützt sind, ist ein Wildwechsel zwischen den Unterbezirken nur bedingt an Unter- und Überführungen der Straßen möglich. Die Geschichte des Damwildes im Rhein-Main Gebiet beginnt mit dem Tod des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen-Kassel und der im Testament verfügten Aufteilung seines Landes auf die vier ehelichen Söhne. Sein Sohn Georg I (1547 - 1596) erhielt die Grafschaft Hessen-Darmstadt, die im wesentlichen der Obergrafschaft Katzenelnbogen mit den Ämtern Darmstadt, Zwingenberg, Dornberg, Lichtenberg und Rüsselsheim entsprach. Durch Erbschaften, Kauf und Tausch kamen weitere Ämter während seiner Regentschaft (1567 - 1596) hinzu. So konnte u. a. aus dem Reichsforst Dreieich das Amt Kelsterbach mit den Siedlungen Langen, Egelsbach, Mörfelden, Kelsterbach, Nauheim und dem Gundhof (Walldorf) erworben werden. Später kamen noch Mönchbruch, Gräfenhausen und Königstädten hinzu. Damwild wurde im 16. Jahrhundert fast ausschließlich in Tiergärten und Wildparks gehalten. Als jagdbares Wild spielte es keine Rolle. Schriftwechsel zwischen dem Landgrafen Georg I. und dem Mecklenburger Herrscherhaus zeigt, dass u. a. 2 Stück Damwild käuflich erworben und im neu angelegten Wildpark bei Kranichstein (Darmstadt) ausgesetzt wurden. Ein weiteres Stück Damwild erhielt Georg I. zu seiner Hochzeit von den Erbacher Grafen. Aus dem Wildpark gelangte Damwild sehr schnell in die freie Wildbahn. Im Jahre 1629 wurden in den Grenzen des heutigen Damwildgebietes bereits 228 „Damböcke“ und 446 „Damgeisen“ gezählt. Als jagdbares Wild hatte Damwild aber auch weiterhin keine große Bedeutung. Die Parforcejagd wurde 1708 durch den Landgrafen Ernst Ludwig aus Frankreich nach Darmstadt geholt. Sie war sehr aufwändig, so dass sich nur wenige Höfe in Deutschland diese Jagdart leisten konnten. Sie galt dem einzelnen Rothirsch oder starken Keiler. Neben der Beizjagd, die am Darmstädter Hof im Barock allerdings nur noch selten ausgeübt wurde, spielten die eingestellten Jagen (sog. Teutsches Jagen) eine herausragende Rolle. Hierbei wurde oft über Wochen von den Bauern, die Frondienste zu leisten hatten, das Wild zusammengetrieben und eingepfercht, bevor es am Tag der Jagd den Schützen vor die Büchse getrieben wurde. In einem derartigen Treiben wurden im Dezember 1750 im Gerauer Wald „15 Hauptschweine, 14 angehende Schweine, 17 Keiler, 53 Bachen, 158 Frischlinge und einige Stück Rowild“ erlegt. 200 weitere eingefangene Sauen wurden wieder freigelassen. Auf einer weiteren Jagd im Jahre 1750 wurden in Anwesenheit des Erzbischofs von Mainz im Gerauer Wald 250 Stück Rotwild erlegt. Die Erlegung eines Damhirsches wird erst aus dem Jahre 1763 dokumentiert. Es handelte sich um einen weißen Hirsch mit dem „raren Gehörn“, den Landgraf Ludwig VIII., der wohl passionierteste Jäger unter den Landgrafen, im Gerauer Wald erlegte. Der Hirsch wurde als „feist, stark von Leib und gesund“ befunden. Die Trophäe hängt als einziger Damhirsch im Hirschsaal des Kranichsteiner Schlosses. Der Kopf des Hirsches ist außerdem in einem Ölgemälde von G. A. Eger und einem Stich von Johann Elias Ridinger festgehalten. Die Zeit Anfang bis Mitte des 18. Jahrhunderts zeichnet sich auch durch die Errrichtung einer Vielzahl von heute noch vorhandener Jagdschlösser und Jagdhäuser im Bereich Mönchbruch aus. Bekannt sind die Jagdschlösser Mönchbruch, Wolfsgarten oder der Wiederaufbau von Dornberg mit Fasaneriemauer sowie das Jagdhaus Wiesenthal. Letzteres wird heute als Forsthaus genutzt. Die enormen Wildschäden auf den landwirtschaftlichen Flächen und die von den Bauern für die Jagd zu erbringenden Frondienste führten 1770 dazu, dass zwischen der Bevölkerung und dem Herrscherhaus die Errichtung eines Wildgatters vereinbart wurde. Die Reviere Groß-Gerau, Mönchbruch und Mitteldick mit ca. 24.700 Morgen wurden eingezäunt. Der Zaun bestand aus Brettern und sollte das Ausbrechen des Wildes verhindern. Er mußte von den angrenzenden Gemeinden bezahlt werden. Auch die jährlichen Unterhaltungskosten hatten die Gemeinden zu tragen. Zur Kontrolle waren 14 Zaunknechte erforderlich, die in den sogenannten „Falltorhäusern“ an den Zugängen zum Wildpark wohnten. Das Falltorhaus an der Bundesstraße 44 zwischen Groß- Gerau und Mörfelden-Walldorf wurde bis ins 20. Jahrhundert als Forsthaus genutzt. Auch heute noch wird es - nach seinem Verkauf - als Büro und Wohnhaus bewirtschaftet. Nach dem Bau des Wildgatters wurde verfügt, dass sämtliches außerhalb des Zaunes vorkommende Hochwild - ohne Rücksicht auf Schonzeiten - zu erlegen sei. Die ursprüngliche Größe des Wildparks, dessen Umfang im Laufe der Jahre immer wieder verändert wurde, zeigt die Karte aus dem Jahr 1820. Der Damwildbestand hatte im Laufe der Jahre erheblich zugenommen, während das Rotwild verschwand. Dies zeigen auch die Abschüsse im Wildgatter von 1771 - 1820. Es wurden erlegt: 308 Stück Rotwild 8.805 Stück Damwild 1.072 Stück Schwarzwild 662 Stück Rehwild 1.439 Hasen 1.526 Kaninchen 431 Stück Flugwild, überwiegend Schnepfen 1806 avancierte Landgraf Ludwig IX. mit Gründung des Rheinbundes zum Großherzog. Die Jagdfron, Wild- und Jagdschäden sowie Mißernten führten Anfang des 19. Jahrhunderts dazu, dass die Bevölkerung, besonders die Bauern, weitere Erleichterungen forderten. Hierzu gehörten die Aufhebung der Jagdfron, niedrigere Wildbestände und Entschädigungen für Wild- und Jagdschäden. Daraufhin wurden im Jahre 1810 Wildschadensvergütungen eingeführt und 1824 die Jagdfron aufgehoben. Die Unruhen im Jahre 1848 führten dazu, dass die Bevölkerung in die Wälder zog, um den Wildbestand zu reduzieren. Nachdem 1848/49 die Frankfurter Nationalversammlung einberufen wurde, konnte auch das Jagdrecht verhandelt und alle privilegierten Jagdrechte entschädigungslos abgeschafft werden. In Hessen-Darmstadt bedurfte es allerdings einer einmaligen Entschädigung. Das durch das Jagdregal eingeschränkte Jagdrecht bzw. Jagdausübungsrecht stand von nun an auch real dem jeweiligen Grundeigentümer zu. Nach 1858